Das Menschenbild der Neurowissenschaften

Zoomposium mit Prof. Dr. Dieter Birnbacher „Das Menschenbild der Neurowissenschaften“

Zoomposium mit Prof. Dr. Dieter Birnbacher „Das Menschenbild der Neurowissenschaften“

In unserer Zoomposium-Interview-Reihe zum Thema „Bewusstsein“ konnten wir diesmal den sehr bekannten deutschen Philosophen mit den Schwerpunkt Ethik Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Birnbacher, geboren 1946 in Dortmund, gewinnen.

Der Schwerpunkt des Interviews wird aber nicht nur auf ethischen Fragen zu den aktuellen Erkenntnissen der kognitiven Neurowissenschaften liegen, sondern wir gehen auch auf die Möglichkeiten einer „modernen Neurophilosophie oder einer „induktiven Metaphysikim Sinne Schopenhauers ein.

Hierbei wird natürlich einmal wieder das vermeintliche „Körper-Geist-Problems“ mit seiner „Abhängigkeit des Bewusstseins von Hirnprozessen“ thematisiert werden.

Den Ausblick bildet die Frage nach der Möglichkeit „bewusster Maschinen“ und deren ethische Konsequenzen. Wobei explizit auch auf das Problem von KI  in Form der „Entkoppelung” von Bewusstsein und Intelligenz einegangen werden wird.

 

Forschungsschwerpunkte:

Ethische und anthropologische Grundlagen- und Anwendungsprobleme der modernen Medizin: Organtransplantation, Reproduktionsmedizin, Sterbehilfe, Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitssystem, Stammzellenforschung, Gentechnik.

– Ethische Probleme im Spannungsfeld von Transhumanismus und Biokonservativismus: Inwieweit dürfen und sollen wir die Natur des Menschen verändern? Hat die Unterscheidung von Künstlichkeit und Natürlichkeit ethisches Gewicht?

Anthropologie und Neurophilosophie: Probleme des Epiphänomenalismus, Emotionstheorien.

– Schopenhauerforschung

 

Interviewfragen „Das Menschenbild der Neurowissenschaften“:

1. Herr Prof. Birnbacher in Ihrem Aufsatz von 2015Das Menschenbild der Neurowissenschaften und die Ethik des Kaisers neue Kleider?“ gehen Sie auf die großen Erfolge der Neurowissenschaften zur Aufklärung der „menschlichen Kognition” ein.

Hat sich Ihr „Menschenbild” aufgrund der aktuellen Fortschritte der kognitiven Neurowissenschaften seit dem grundlegend verändert oder sind es in dieser Hinsicht nur weiterhin „des Kaisers neue Kleider”?

 

2. In „Schopenhauer und die moderne Neurophilosophie” (2005), weisen Sie daraufhin, dass man Neurophilosophie sowohl als Monist als auch Dualist betreiben kann, wichtig sei nur, dass man „jeden menschlichen Bewusstseins- oder anderen mentalen Vorgang für Ausdruck oder Produkt eines Gehirnvorgangs zu halten hat.“

Bedeutet dies, dass man auch heutzutage noch guten Gewissens Dualist sein kann?

Könnten Sie an einem Beispiel verdeutlichen, was der Unterschied zwischen „Ausdruck eines Gehirnvorgangs” einerseits und „Produkt eines Gehirnvorgangs” andererseits ist?

 

3. In demselben Essay postulieren Sie, dass der „Apriorismus der Kantischen Transzendentalphilosophie” durch „eine synthetische, philosophische und naturwissenschaftliche Überlegungen aufeinander beziehenden Neurophilosophie” ersetzt werden könnte.

Bedeutet dies in Konsequenz, dass die bisherigen Konzepte der „Philosophie des Geistes“ in der jetzigen Form überholt sind und durch eine „induktive Metaphysik“, wie sie Schopenhauer bereits formuliert hatte, ersetzt werden könnten?

 

4. Sie schreiben in „Die Abhängigkeit des Bewusstseins von Hirnprozessen (2007): ”Die Fähigkeit, neuronale Erregungen in Bewusstseinsphänomene umzusetzen, kann offenbar nicht einem einzigen lokalisierbarem „Zentrum“ zugeschrieben werden. Das Bewusstsein scheint eher so etwas wie ein „Schwingungsphänomen“ zu sein […].“

Könnten Sie dies einmal genauer erläutern und was bedeutet dies für die Annahme eines „Körper-Geist-Problems”?

Inwieweit passt dies zu Ihrer weiteren Aussage, dass „Bewusstseinsreignisse mit körperlichen Prozessen einhergehen?

 

5. In „Ethik und Robotik“ (2005) gehen Sie auf die möglichen ethischen und juristischen Konsequenzen eines „künstlichen Bewusstseins“ ein.

Halten Sie so etwas wie „bewusste Maschinen“ für technisch realisierbar und ethisch vertretbar?

Der Historiker Yuval Harari sieht ein Problem von KI darin, das sich Bewusstsein und Intelligenz „entkoppeln” (Stichwort: big data).

Glauben Sie, dass wir in Zukunft von einer leistungs-starken, aber unbewussten KI oder eher von einer leistungs-schwächeren, bewussten KI kontrolliert werden könnten. Was halten Sie für wahrscheinlicher bzw. schlimmer?

Das vollständige Video findet man in unserem Youtube-Channel Zoomposium unter:

https://youtu.be/H0T4R1eL3Cs

© Dirk Boucsein (philosophies.de) & Axel Stöcker (die-grossen-fragen.com)

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
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Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Freiheit kann nicht auf den eigenen Körper reduziert werden, denn seine Abhängigkeit als spezifische Zusammensetzung sichert das Überleben der ganzen Einheit, die nun einmal nicht frei von Vorgaben (Gesetzen) ist. Wie kann ich als Mensch demzufolge wirklich frei sein und dadurch auch frei entscheiden und demnach handlungsfähig werden? Die eigenen Erfahrungen über die Person mitzuteilen, die sich aus der Geburt einer Substanz ergibt, die mich aus ihrer Dimension in meiner Person als Mensch anspricht. Die eigene Person kann nicht vom Menschen getrennt werden, vielmehr erfährt sie unter seiner Prämisse ihren Namen und reflektiert damit seine Erfahrungswerte durch ihre eigenen.

Handlungsfähig wird der Mensch erst durch eine gewisse Schizophrenie, die sich aus seinem Herz und der Person ergibt, die sich ihm durch ihre Substanz mitteilen kann. Identität hängt nicht am Körper, sie verbindet ihren Geist durch seine Substanz mit der Beständigkeit, die auch das gemeinsame Herz für die Lebensform des Menschen in seiner repräsentativen Form mit sich bringt.

Ich denke, die Seele ist die Ausgangssituation für das Herz, das in ihr schlägt, bis es der Lebensform zugeführt wird, die sich abschließend daraus ergibt. Psyche erwächst als repräsentative Einheit aus dem Herz, das sie selbst bis zu dem Grad erfüllen kann, der über ihre Geburt in seiner Lebensform entscheidet. Damit ist Psyche eine Wachstumsstrategie, die sich aus der Seele und ihrem Herz ergibt. Der Mensch kann durch die Intelligenz, die ihm gegeben ist, sein eigenes Herz wahrnehmen und es in der Substanz wiedergeben, die seine Psyche zum einen und ihre Seele zum anderen abzubilden in der Lage ist. Damit bleibt die Seele unversehrt und reflektiert sich durch das Herz des Menschen als seine Psyche.

Emotionen, die das menschliche Herz am Leben erhalten und zum Leben erwecken, sind gleichzeitige Erscheinungsformen des Lebens, das sich auf verschiedenen Ebenen abspielt, jedoch aus ein und derselben Dimension besteht. Dieser Dimension entspricht die Einheit von Zeit, die sich einem Raum erschließt, aus dem alles Leben hervortritt. Immerhin erschließt sich unser menschliches Fassungsvermögen durch 7 Tage, 12 Monate und 1 Jahr durch die Nachfolge, die sich daraus ergibt. Unser diesbezüglicher Entwicklungsprozess ist, auf seine körperliche Funktionalität beschränkt, die aus 9 Monaten Transzendenz besteht und immer auf ihre Einheit zurückführt. Das Geburtsdatum eines Menschen geht demzufolge immer aus dem gesamten »Datensatz« der Transzendenz hervor, die diese eine Geburt mit seiner Einheit verbindet.

Es ist demnach eine Sache der Zeit, wie lange der Mensch braucht, Transzendenz als die Einheit anzunehmen, die auch als Teil seiner Geburt ihren Anspruch an ihn anlegt. Ich denke, Lebensenergie ist etwas Beständiges, das ich mir als Mensch erarbeiten muss, jedoch in Person bereits angelegt ist.

Ich hoffe, dass ich diesen Beitrag mit meinen Gedanken ergänzen kann.

1wolfgangstegemannWolfgang Stegemann

Erstaunlich, was für Vorstellungen durch die Welt geistern. Da entwickelt das Mentale gegenüber der Physis eine eigene Dynamik, wird also von ihr teilweise unabhängig, entwickelt eine eigene Ontologie. Wie will man das naturwissenschaftlich erklären?
Die Naturwissenschaft sagt, es gibt keine immaterielle Substanz oder Funktion.
Und man will Herrn Birnbacher zurufen, Materialismus bitte nicht mit Mechanismus verwechseln. Materialismus bedeutet nicht, dass sich im Hirn Rädchen drehen, er bedeutet nur, dass es nichts Immaterielles (als Substanz oder Funktion) gibt. Wie kommt man nur auf eine so primitive Definition von Materialismus?
Und dann wundert man sich, dass Mentales nicht physikalisch erklärbar ist und mutmaßt, das es vielleicht prinzipiell nicht möglich ist (und erfindet das Immaterielle). Es ist deshalb nicht möglich, weil man Mentales (Psychologisches) gar nicht mit den Begriffen der Physis (Physik) erklären kann, da es sich um zwei völlig verschiedene Beschreibungssprachen handelt. Und der zweite Grund, warum es nicht geht: die Physik beschreibt tote Materie, für alles Lebendige hat sie gar keine Begriffe und Methoden. Da braucht es die Biologie, also eine biologische Ontologie (denn schließlich haben wir es beim Menschen ja mit biologischen Wesen zu tun und nicht mit metaphysischen). Und wenn man dort methodologisch sauber vorgeht, dann klappt es plötzlich, das Mentale biologisch-ontologisch zu beschreiben. Und weg ist aller Dualismus.
Übrigens ist Dualismus nicht etwas, was man sich aus dem epistemologischen Sammelsurium aussuchen könnte. Dualismus ist der Versuch, Dinge zu erklären, die man scheinbar nicht erklären kann. Man macht einfach aus einem Ding künstlich zwei, aus einem biologischen Wesen einen Körper und einen Geist. Spooky!
Wenn realistische Konzepte nicht weiterhelfen, greift man zur Metaphysik.

Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Oh, es ist beeindruckend, wie sie diesen Beitrag von Prof. Dr. Dieter Birnbacher auf ihr Niveau reduzieren, statt sich mit seinen Gedanken auseinanderzusetzen und sie um ihre zu ergänzen. Schade, denn ich denke, Sie hätten mehr zu diesem Thema beizutragen.

1wolfgangstegemannWolfgang Stegemann

Liebe Frau Steffens,
warum antworten Sie nicht mit Argumenten statt mit argumenta ad hominem?

Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Ich habe meine Argumente bzw. Denkanstöße bereits eingebracht.

Dirk Freyling
Dirk Freyling
1 Jahr zuvor

Bevor unnötig Mißverständnisse aufkommen, Spiritualität ist für analytisch denkende, von kulturreligiösen Indoktrinationen befreite Selbst-Denker kein „Problem“. Bedeutet: Auch wenn diverse Lebensaspekte weder meßbar noch formalisierbar sind, bilden diese ohne Zweifel eine wahrnehmbare Realität (ab).

Zu diesbezüglichen philosophischen Ansätzen… Plakativ, vereinfachend zur Kenntnisnahme, Selbstanalyse und Mitdenken folgende „Streitschrift“ aus Sicht eines unromantischen Realisten: Ein funktionierender Zellhaufen ist kein Mensch, wie er im Rahmen des Interviews beschrieben wird. Beweis: Ein Neugeborenes das ausgesetzt und von einem Apparat oder Tier ernährt wird, lernt nicht Sprechen und kaum Denken. Es wird sich seinem Ernährer anpassen, ihm ähnlich werden, und sollte es einmal einen Menschen treffen, wird es, wenn es nicht lieber flieht, ihn „wie eine Kuh anglotzen“. Zu sagen jedenfalls haben sie sich nichts. Der Mensch mag im Wilden einen Menschen sehen, der Wilde im Menschen nur ein anderes Tier.

Der Mensch kommt als Möglichkeit auf die Welt und entwickelt sich erst in (der) Gesellschaft zum Menschen. Zunächst aber sind wir nur „Hardware“, deren Komponenten genetisch minimal unterschiedlich, schlimmstenfalls defekt sein können. Erst mit der Vernetzung außerhalb des Mutterleibes entsteht die Fähigkeit zum Sprechen, Rechnen, in Beziehung setzen, aber noch ist diese Fähigkeit ohne Programm. Einem Kleinkind ist es völlig gleichgültig, ob es Deutsch oder Englisch, das Zehner- oder Zwölfersystem, assoziatives oder logisches Denken lernen wird, sein Betriebssystem funktioniert für jedes Programm, vorausgesetzt, es bekommt überhaupt ein Programm vermittelt. Ohne sprachliche Anregung z. B. bleibt es stumm.

Das Interview und angesiedelte mögliche Diskussionen „leiden“ allesamt an der Willkür respektive einer Art gefühlter Beliebigkeit der Thesen, Postulate, Ideen oder wie man auch immer das Gesagte und Geschriebene (be)nennt. Speziell aus Ordnungs-Sicht sind generelle »No-Gos« einer Kontroverse Begriffe ohne konkrete, verbindliche Definition. Beispiel: Was soll Metaphysik sein? Für mich als Denkmodellkritiker und Denkmodellbauer formalisierbarer Phänomenologie bedeutet Metaphysik in „erster Instanz“ »etwas nicht Formalisierbares« und somit aus physikalischer Sicht Unbrauchbares im Sinne mathematisch-physikalisch erfassbarer und notwendiger Voraussagefähigkeit. Das mag sehr reduziert erscheinen, doch ich definiere klar was ich mit dem Begriff Metaphysik unmissverständlich verbinde. Interessanterweise liefert selbst die deutsche Wikipedia einen „ganzen Schwung“ Umschreibungsversuche des Begriffes Metaphysik. Der Begriff als solcher ist (aber) nicht das Problem. Das Problem sind Menschen und hier insbesondere Philosophen die diesen bemühen um etwas auszudrücken. Weitere Problembegriffe sind beispielsweise Feld und Schwingung. Was ist ein Feld? Was soll schwingen?

Egbert Scheunemann hat das „generalisiert“ so ausgedrückt: [2]„Wer wissen will, wie die Physis, die Natur, funktioniert oder wie das Universum – wahrscheinlich – entstanden ist; wie unser Hirn, unser Geist, unser Bewusstsein, unser Denken und Sprechen funktionieren und interagieren und wie die Gesetze des Denkens, wie Logik und Mathematik mit den Gesetzen der Natur zusammenhängen; wer wissen will, wie man Krebs oder die Massenarbeitslosigkeit im Kapitalismus bekämpft oder welches menschliche oder gesellschaftliche Problem auch immer löst – der sollte niemals bei den genannten2 Philosophen nachlesen oder bei welchen Philosophen auch immer. Er sollte die Standardwerke der Physik, der Chemie, der Biologie, der Neurowissenschaften, der wissenschaftlichen Linguistik, der Medizin oder der durch die Ideologie des vollkommenen Marktes nicht verblendeten Wirtschaftswissenschaftler lesen. Selbst auf ‚klassische’ Fragen der Philosophie – was kommt nach dem Tod, was ist der Sinn des Lebens – findet man bei keinem der genannten Philosophen oder bei welchem Philosophen auch immer eine auch nur andeutungsweise befriedigende Antwort. Philosophie ist in erkenntnistheoretischer wie erkenntnispraktischer Hinsicht vollendet sinnlos und maximal kulturhistorisch interessant in dem Sinne, wie Medizinhistoriker Interesse zeigen an wirren bis sinnlosen bis kontraproduktiven Behandlungsmethoden vormoderner Wunderheiler und Schamanen. Der Wahrheitsgehalt des eben Gesagten wird notabene durch den Austausch des Begriffes Philosophie durch die Termini Religion, Mystik oder Esoterik in keiner Weise tangiert.“

[2]Quelle: http://www.egbert-scheunemann.de/Quintessenz-Philosophie-Scheunemann.pdf

Übrigens: Inwieweit ich Herrn Scheunemanns Weltansichten teile, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Zumindest hat er unmissverständliche Aussagen im Angebot die nicht selten polarisieren. Ich bin in jedem Fall für klare Standpunkte. Denn nur diese bilden die Grundlage für authentische Kontroversen. »Falsche“ Höflichkeiten« respektive „gespielte Toleranz“ sind eines ehrlichen Menschen unwürdig. Wenn man mit Kritik nicht umgehen kann, sollte man es unterlassen zu publizieren oder Publikationen zu kommentieren, oder wie es im Englischen allgemein formuliert heißt: „If you can’t stand the heat, get out of the kitchen.“

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor
Reply to  Dirk Freyling

Die Philosophiekritik Ihres Freundes Scheunemann ist so ziemlich das Dümmste, was ich diesbezüglich gelesen habe. Aber was will man von jemandem erwarten, der auf so einfältige Weise die Relativitätstheorie kritisiert.
Übrigens: man sollte nicht die Physik als Modell der Welt betrachten und sich dann beschweren, dass diese Modelle nicht einer absoluten Wahrheit entsprechen.
Und: bloße destruktive Kritik ohne Gegenpositionen ist langweilig.

Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Ich denke, konstruktive Kritik drückt sich durch ihre eigene Ungewissheit über das aus, was in seiner Komplexität (noch) nicht greifbar, dennoch in ihrer Einheit bereits existent ist. Soll heißen, die Wissenschaft ist ein gegenwärtiges Konstrukt all dessen, was verifizierbar in seiner Dokumentation erscheint. Zukunft ist eine vorstellbare Version dessen, was ihrer Einheit anhängig ist, die Einheit, von der die Zeit ausgeht, die sich in festen Tagen etabliert hat und damit auf uns zukommt. Die Zeit im Menschen zu finden, das gibt mir ein Gefühl der Unabhängigkeit, die sich aus ihrem Wert ergibt, den ich durch meine Geburt miterleben darf. Können Sie exakt belegen, wann der 1. Mensch geboren ist? Ich kann es nicht, dennoch scheint seine Existenzform, insbesondere durch ihr Wissen aus allem, was es in seiner eindeutig verifizierten Form, der Mathematik, durch ihre Gesetzmäßigkeiten abgewinnen kann, fest im Leben verankert. Wie erklären Sie sich ein Wissen, das, sicher unbestritten, voranschreitet, ohne sich mathematisch belegbar verifizieren zu lassen, wie es beim Menschen der Fall ist? Wodurch erhalten wir die Form des Wissens und wem verdanken wir den Fortschritt einer Schrift, der wir Daten entnehmen können, die jede Person als Mensch bereits mit sich bringt? Ich greife diesbezüglich gern auf das Herz zurück, ohne dessen Funktionstüchtigkeit ich sicher nicht ins Leben gefunden hätte. Damit stellt sich mir die Frage, woher das Herz die Informationen nimmt, die für meine Lebensform als Mensch nötig sind, ohne sie vorher zu kennen? Des Weiteren ist es für mich als Person von Interesse, wie ich mich von diesem Herz, unabhängig seiner Identität, weiterentwickeln kann.

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Die Position des Herrn Scheunemann ist so dämlich, dass ihm nicht die Ehre gebührt, zitiert zu werden..
Wer behauptet, es käme auf klare Standpunkte an, ist nicht weniger dumm. Es ist doch eine aus der Erfahrung gespeiste Tatsache, dass alles was es gibt, unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann, und es sich unter jedem Blickwinkel betrachtet anders darstellt. Das gilt für Lebendiges und Unlebendiges, es gilt für das ganze Dasein überhaupt. Nicht die Analyse, sondern die Synthese zeichnet aus, nicht die Reduktion, sondern der Blick auf das Ganze (und dies auf einen geeigneten Begriff (oder Punkt) zu bringen). Wer glaubt, er könne die äußere unlebendige Welt in ein einfaches formalisierbares Schema zwingen, das so und nicht anders sei, verfällt nur seinen eigenen Vorurteilen, und wer seine Gesprächspartner nicht zum Widerspruch auffordert, zeigt, dass er Angst vor Ihnen hat. Gott sei Dank gibt es Leute, die alle möglichen Standpunkte haben, und es es ist das Lebendige der Wissenschaft, die Menge der Möglichkeiten auf eine einzige letzte zu reduzieren, die dann in der zeitweisen Konvention als wahr (das heißt als Grundlage für weiteres) erachtet werden kann.

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Tatsachen eröffnen Möglichkeiten, und Möglichkeiten, die sich realisieren, schaffen neue Tatsachen, die wieder neue Möglichkeiten eröffnen. In diesem Kreislauf verändert sich die physikalische und geistige Welt. Wer keine neuen Möglichkeiten zulässt, ist raus aus diesem Gefüge, Außenseiter, der zum weiteren Gang der Welt nichts beitragen kann.

Dirk Freyling
Dirk Freyling
1 Jahr zuvor

Herr Stegemann,
zur Kenntnisnahme: Herr Scheunemann war (noch nie) und ist nicht mein Freund.

„Aber was will man von jemandem erwarten, der auf so einfältige Weise die Relativitätstheorie kritisiert.“

Da ich die Kommentardiskussion zum Thema des »Menschenbildes in den Neurowissenschaften« nicht mit themenfremden Sachverhalten „überschatten“ möchte, schreiben Sie mir doch mal an meine Email-Adresse (mit Ihren Worten) warum Scheunemanns Kritik der Relativitätstheorie einfältig ist.

„Übrigens: man sollte nicht die Physik als Modell der Welt betrachten und sich dann beschweren, dass diese Modelle nicht einer absoluten Wahrheit entsprechen.“

Wer behauptet so etwas?
Ich mit Sicherheit nicht. Herr Scheunemann, soweit ich informiert bin, auch nicht.
Ein Quellenhinweis Ihrerseits ist somit von „Nöten“, um Ihre Aussage zu untermauen. Anderenfalls handelt es sich um Ihre gefühlte Wahrnehmung.

„Und: bloße destruktive Kritik ohne Gegenpositionen ist langweilig.“

Ihre Aussage bezieht sich auf was genau?

„Die Philosophiekritik Ihres Freundes Scheunemann ist so ziemlich das Dümmste, was ich diesbezüglich gelesen habe.“

Nun, ich finde seine Wortwahl, sprich seine Formulierungen bezüglich seines Unmuts über Philosophen unmissverständlich. Es wäre und ist jedoch nicht meine bevorzugte Art zu schreiben. Dumm sind seine Ausführungen, wie auch immer betrachtet, nicht. Ich glaube Sie meinen auch nicht „dumm“, Sie meinen umgangssprachlich eher „frech“ und das stört Sie offensichtlich sehr.

Hier schließt sich der Kreis. Die Ausführungen von Prof. Dr. Dieter Birnbacher zum »Menschenbild in den Neurowissenschaften« (und den Kommentar von Roswitha Steffens) haben Sie (doch) in Ihrem Erstkommentar ähnlich wie Herr Scheunemann (in der Wortwahl) vorgetragen. Sie schreiben u.a. …„Erstaunlich, was für Vorstellungen durch die Welt geistern.“ …“Wie kommt man nur auf eine so primitive Definition von Materialismus?“

Sie zeigen wiederholt Leidenschaft und Emotionen. Das ist kein Problem für mich, ich bin sozusagen diesbezüglich „schmerzbefreit“. Fraglich ist aus analytischer Sicht jedoch, ob Sie die nötige Denkmodelldisziplin und Sachkompetenz besitzen.

Ich habe mal in meinen Kommunikations-Archiven nachgeschaut und bin auf Folgendes „aus Ihrer Feder“ gestoßen: Sie schreiben in Ihren Modell-Ausführungen u.a.:

i) „In Analogie zu dem Bestreben eines Atoms, seine Elektronenhülle zu vervollständigen und damit empfänglich für entsprechende Atome zu sein, sehe ich in einem biologischen System eine Valenz, die geeignet ist, mit Elementen zu koppeln.“

Das ist eine sehr problematische Analogie, da die so erreichte stabilere Konstellation Vitalität unterdrückt und letztendlich beendet. Lebende Strukturen sind stets Nichtgleichgewichte, somit verbieten sich zur Erklärung Bestrebungen im Sinne des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik (der toten Materie).

ii) „Biologische Systeme streben nach der Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts.“

Diese Aussage ist grundlegend falsch. Alle Lebewesen sind im Ungleichgewicht mit der Umgebung. Asymmetrie und Ungleichgewicht sind die Lebensparameter schlechthin.

iii) Des Weiteren bauen Sie in Ihre Modell-Begründungen physikalisch-mathematische Objekte, wie die Schrödingergleichung, ein. Explizit schreiben Sie: „Jeder Impuls entfaltet auf der jeweiligen Ebene seine Wirkung gemäß der Ebenenspezifik und bewirkt auf der „darunter“ liegenden Ebene bestimmte Effekte. Für das Verständnis der Signalwegung nach unten kann auf den Formalismus der Schrödingergleichung zurückgegriffen werden.“

Das ist eine sehr naive Form von Namedropping. Es gibt keinen Sachbezug zwischen Ihrer banal-kryptischen Aussage und der Schrödingergleichung, die, wie Sie es sonst selbst gerne formulieren, nur zur Beschreibung toter Materie dient. Gemäß ihrer Denkmodellaussagen verbietet sich die Implementierung von solchen mathematisch-physikalischen Theoriefragmenten. Und wenn Sie diese dennoch inkonsistent einbauen, müssten sie konkret begründen, wie genau diese in Ihrem Denkmodell agieren. Das können Sie nicht, da Ihr Denkmodell nicht formalisierbar ist.
Ich mache es kurz. Sie sind ein Geschichtenerzähler. Ihre Geschichten kreisen um Ihr eigenes Denkmodell, aufgeladen mit Wünschen und Emotionen.

Hier sind wir wieder bei den Philosophen. Es gibt Parallelen zwischen der Modernen Theoretischen Physik und der „begleitenden“ Philosophie. Beide haben sich seit den letzten hundert Jahren nicht wesentlich weiterentwickelt. Wenn Sie mich fragen, was Sie tun sollten um etwas Signifikantes über Menschen zu lernen, dann gibt es zwei Standardwerke, die Sie lesen und analytisch verstehen müssen. Das eine ist von Gustave le Bon »Psychologie der Massen«, das andere ist exemplarisch ein Nietzsche-„Konzentrat“. »Nietzsches Schrift-Werk« in der Urform ist „langatmig“ und „schwer“ zu lesen. Das „Konzentrat“ bringt es jedoch effizient in Form von Aphorismen auf den Punkt: Der Seher – Auswahl aus Nietzsche – Herausgegeben von Dr. Gottfried Linsmayer im Ostmarken Verlag Wien 1942.

Wie auch immer. Philosophie ohne Phänomenologie ist erkenntnislos. Phänomenologie ohne Formalisierung ist beliebig. Auch wenn viele es nicht wissen oder nicht verstehen (würden), die Standardmodelle der Physik sind einerseits (SM) mit 25 freien Parametern, variablen Kopplungskonstanten, mehreren Dutzend postuliert essentiellen Theorieobjekten, postulierten Wechselwirkungen, assoziierter Verknüpfungszahlen (Quantenzahlen), diverser Substrukturierungs-Thesen, Confinement-These, nicht direkt meßbaren Objekt-Entitäten und „andererseits“ u.a. nicht korrespondierender Differentialgeometrie (Stichwort: Einstein-Friedmann-Gleichungen) eh keine physikalischen sondern („mathematisch kodierte“) philosophische Denkmodelle, aber was nützt diese „(Begriffs-)Errungenschaft“ den Philosophen?

Und das Inhaltsspektrum der Neurowissenschaften ist auf Grund der immens vielen freien Parameter, unbekannten Wechselwirkungskaskaden, Rückkopplungen und Substrukturen um Dimensionen größer als das der Theoretischen Physik.

Ich sehe die Haupt-Aufgabe der Philosophen im Aufzeigen und Fordern von phänomenologischen Begründungen zu den (Standard-)Denkmodellen, egal in welchem naturwissenschaftlichen Gebiet diese etabliert sind. Das setzt jedoch ein gewisses „Maß“ an Mathematik voraus, was leider meist (noch) nicht vorhanden ist. Ich bin auf Wunsch durchaus bereit erst einmal das 1×1 der höheren Mathematik in Assoziation zur Denkmodellphysik zu vermitteln. Diskussionen über dokumentierte Inkonsistenzen, fehlende Phänomenologie und mathematische Willkür in den Standardmodellen mit Nichtwissenden möchte ich jedoch keine führen. Lernen Sie erstmal, was Sie zum Verstehen lernen müssen und dann schauen wir mal, ob Sie immer noch der Meinung sind, das „Philosophieren“ hilft, die Welt zu verstehen.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor
Reply to  Dirk Freyling

Dass Sie meine Ausführungen nicht verstehen, wundert mich nicht. Ihr erkenntnistheoretischer Ansatz lautet: alles muss anschaulich sein. Wer sich mit der Frage nach der Welt beschäftigt, dem empfehle ich einen Grundkurs in Erkenntnistheorie. Die hat übrigens nichts mit Mathematik zu tun. Und die Mathematik nichts mit Phänomenologie.
So, und jetzt halte ich mich an Herrn Boucseins Empfehlung und beende das Gespräch.

Dirk Boucsein
Dirk Boucsein
1 Jahr zuvor

Liebe Freunde der Philosophien,

zunächst einmal meinen herzlichen Dank für Eure rege Beteiligung und Eure Kommentare zu dem Beitrag.

Allerdings glaube ich, dass ich jetzt doch einmal ein wenig für „Abkühlung in der Küche“ sorgen muss, da Eure Debatten drohen etwas zu hitzig zu werden.

Das hat auch nichts mit „falschen Höflichkeiten“ oder „gespielter Toleranz“ zu tun, wenn man einfach auf die Netiquette im Diskurs achtet. Also bitte lasst doch solche Prädikation der Argumente und Klassifizierung der Zitatquellen, wie „dämlich“, „dumm“, etc. aus Eurer Diskussion heraus, da man sich auch durchaus sachlich äußern kann und trotzdem nicht einer Meinung sein muss. Das heißt hier nicht umsonst „Freunde der Philosophien“, da man 1. freundlich sein soll und 2. andere Philosophien einfach mal so stehen lassen kann (auch, wenn sie einem nicht passen ;-).

Ansonsten würde ich mich auf einen sachlichen Austausch der Argumente freuen, der vielleicht auch noch ein wenig auf das Interview mit Professor Birnbacher inhaltlich und thematisch eingehen würde.

Vielen Dank für Euer Verständnis
und viele Grüße

Dirk

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Herr Birnbacher scheint einen Eigenschaftsdualismus (in der angloamerkanischen Philosophy of Mind “property dualism” genannt) zu vertreten.

Dieser verlegt den ontologischen Substanzdualismus sozusagen in die Materie selbst; Materie besitzt dann zwei Eigenschaften, eben “physische” und “psychische”. Beispielsweise David Chalmers hat eine solche Position früher vertreten. Der deutsche Philosoph Franz von Kutschera vertritt ebenfalls eine solche Position, die er als “polaren Dualismus” bezeichnet. Diese Position überschneidet sich teilweise auch mit Formen des Panpsychismus.

Aus der Diskussion innerhalb der ersten Hälfte des Videos wurde wieder deutlich dass viele Philosophen, die sich mit dem Leib-Seele Problem beschäftigen, nach Lösungen suchen – und nur Positionen zum Bewusstseinsthema akzeptieren – die ihnen intuitiv anschaulich werden. Man glaubt also eher dem was subjektiv logisch, evident, oder einleuchtend klingt, auch wenn es für solche Positionen keine empirische Evidenz gibt, ja gar nicht geben kann, als dem was empirisch besser abgesichert ist, aber intuitiv weniger evident erscheint.

Leider hat die Philosophie (des Geistes) es nie geschafft Kriterien zu entwickeln oder zu akzeptieren denen empirische Wissenschaft zumindest grundsätzlich folgt: damit ist verbunden dass man nicht alles annimmt was evident klingt, oder was in logische Gedankengebäude der Philosophie passt. Stattdessen versucht man Hypothesen zu entwickeln die wirklich prüfbar sind. Solange die Philosophie des Geistes das nicht akzeptiert sehe ich keine Basis für eine wirklich interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Einige Philosophen kritisieren dabei gerne und schnell die Neurowissenschaften. Dies ist mitunter sicher auch angebracht und korrekt. Aber wenn der Wissenschaftler umgekehrt ein Paradigma, Modell, oder Denkgebäude der Philosophie als fehlgeleitet kritisiert, ja dann wird das von manchen Philosophen als Hoheitsbeleidung aufgefasst. Schlimmstenfalls wird der Naturwissenschaftler dann sogar als naiv dargstellt, als jemand der Philosophie eben nicht ernsthaft versteht.

Ferner, und das schließt am obigen Punkt bezüglich “subjektiver Evidenzgefühle” an, sucht man nach einer Erklärung für Bewusstsein die Bewusstsein a priori mit neuronaler Aktivität verbindet bzw. überbrückt. Das ist aber prinzipiell unmöglich, genauso wie die bei Wasser und H2O nicht geht; man kann nur a posteriori zeigen dass beide „identisch“ sind bzw. zwei Perspektiven sind die miteinander epistemisch korrespondieren. Mehr wird auch bei der “Entstehung” von Bewusstsein aller Wahrscheinlichkeit niemals möglich sein. Ich halte es daher wirklich für Zeitverschwendung wenn Philosophen weiter versuchen und erwarten dass diese Schlucht zwischen Erleben und neuronaler Aktivität über a priori Konstrukte überbrickt wird – es wird niemals geschehen.

Dirk Boucsein
Dirk Boucsein
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

Hi Philipp,

vielen Dank für Deinen fachwissenschaftlichen Input, der hoffentlich hilft die Diskussion wieder etwas aus dem (meta-)physikalischen in den (neuro-)philosophischen Bereich verschieben zu können, wo das Interview mit Professor Birnbacher auch eigentlich eher angesiedelt ist.

Ja, ja, da ist er wieder der „good old dualism blues“, den man irgendwie nicht losbekommt, wie „Ohrwürmer“ ;-). Deine Songtexte zu diesem Thema sind mir logischerweise schon hinlänglich bekannt, aber ich wollte auch mal wieder ein „paar Riffs“ auf meiner „Blues-Gitarre“ beitragen.

Mich hatte Deine Beschreibung der „dualistischen Lager“, die einen scheinbar nicht überbrückbaren Graben zwischen den „kognitiven Neurowissenschaften vs. Philosophie des Geistes“ entstehen lässt, wieder an die Beschreibung in meinem Essay „Filterblase“ erinnert, wenn ich hieraus einmal zitieren darf: „Sprecher aus dem Off: „Bitte belästigen Sie mich nicht mit Fakten, ich habe meine Meinung schon gebildet!“

An der Tür zur Filterblase prangt auf leuchtenden Lettern „Geschlossene Gesellschaft!“ und „Zutritt unerwünscht!„. Das „Selective exposure“-Verhalten (Thies, 2017, S. 102) oder die „identitätsschützende Kognition“ (Dan M. Kahan, 2017) schließt fremdes Gedankengut bereits im Vorfeld, gleichsam an der „Zellmembran des informationellen Selbst“, aus.“

Das deckt sich m. E. mit Deinen Beobachtungen: „Einige Philosophen kritisieren dabei gerne und schnell die Neurowissenschaften. Dies ist mitunter sicher auch angebracht und korrekt. Aber wenn der Wissenschaftler umgekehrt ein Paradigma, Modell, oder Denkgebäude der Philosophie als fehlgeleitet kritisiert, ja dann wird das von manchen Philosophen als Hoheitsbeleidung aufgefasst.“

„Da sitzen wir nun in unseren gemütlich eingerichteten Echokammern und hören nur noch unsere eigenen Argumente als Podcast in der Repeatschleife über unsere Lautsprecherboxen, „High Fidelity“ (HiFi) im wahrsten Sinne des Wortes als „hohe Wiedergabetreue“ unserer eigenen Meinung.“

Dabei wäre doch gerade bei diesem Thema ein echt interdisziplinäres Joint Venture auf gleicher Augenhöhe, wie Du oder ihr das in Eurem „Northoff-Team“ macht, mehr als notwendig. Die Sichtweise des anderen Lagers zu akzeptieren, nachzuvollziehen, die eigene Perspektive zu überdenken und ggf. Konzepte und Argumente der anderen Partei zu übernehmen. Na, ja „It’s a long way to Tipperary“ an „Hope dies last“. Ich lege schonmal die „alten Platten“ auf meine „HiFi-Anlage“;-)

Liebe Grüße
Dirk

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hi Dirk,

Du hat recht, hier geht es um die Thesen von Herrn Birnbacher. Es ist ja auch so: Kritik zu üben ist immer einfach, seinen eigenen Standpunkt ausführlich begründen umso schwerer. Ich würde als philosophierender Physiker gerne auch einmal eine eigene Idee einbringen, Herrn Birnbacher hat mich in seinem Interview dazu ermuntert. Also hier meine Thesen, die etwas unausgegoren sind, aber vielleicht als Anregung nützlich. Falls nicht nützlich vergessen wir sie einfach:

Herr Birnbacher konstatiert, dass a) Materie und Geist zwei kategorial verschiedene Entitäten sind, und b) dass beide existieren, was zu den tiefsten Grunderfahrungen des Menschen gehört. Jede Metaphysik des Körpers und des Geistes beruht also auf empirischen Tatsachen.

Wie nun kommt es, dass zwei solche existierende verschiedene Entitäten sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben? Das ist die Mutter aller Fragen, um die es hier geht (aus meiner naiven Sicht der Dinge). Diese Frage kann die Naturwissenschaft nicht beantworten, weil sie für „Geist“ keinen Begriff hat, denn dieser gehört nicht zu ihrem Untersuchungsgegenstand. Vor allem hat die Physik als Mutter der Naturwissenschaften keinen Begriff, weil nach dem Realitätsverständnis der Physik die physikalische Welt aus Gegenständen, Eigenschaften und Kräften (Kraftfeldern) besteht (wissenschaftlicher Realismus in all seiner Vagheit), und aus sonst nichts, und so etwas wie ein Geist kommt nun mal darin nicht vor.

Philosophen nun wissen, dass diese Realitätsvorstellung einer sehr beschränkten Sicht auf die Welt entstammt, und in der physikalischen Realität doch sehr viel mehr vorkommt als nur Gegenstände, Eigenschaften und (Kraft-)Wirkungen. Ich bin ja bekannt dafür, das Augenmerk immer auch auf eine weitere Entität zu lenken, nämlich auf die Möglichkeiten, die es auch in der Realität gibt, und die schließlich neben den Kräften auch von den Gegenständen (ihrer jeweiligen Konstellation) erschaffen werden. Schließlich wissen wir aus Erfahrung, dass physikalische Tatsachen Spielräume, Freiheiten, begrifflich zusammengefasst Möglichkeiten erschaffen für zukünftige physikalische Tatsachen, also etwas, das lenkend vielleicht auch ursächlich für zukünftige Ereignisse ist. Diese von den Gegenständen in ihrer jeweiligen Konstellation für andere Gegenstände geschaffenen Möglichkeiten einfach aus der Realität auszublenden, und so zu tun, als gäbe es diese nicht, genau das macht die Verengung des physikalischen und naturwissenschaftlichen Blickwinkels auf die Realität aus. In der Alltagspraxis dagegen berücksichtigen wir Möglichkeiten bei all dem, was wir tun, und zu tun vorhaben, und diese sind für uns so gebräuchlich, dass wir uns darüber gar nicht mehr bewusst sind. Das meine ich, wenn ich sage, wir haben einen im Alltag erweiterten Blickwinkel auf die Realität, weil wir die Entität Möglichkeit als einen Teil der Realität ansehen – im Gegensatz zur Physik und im Gefolge die Naturwissenschaften, die zwar das Wort Potenz (und Potentialität) kennen, aber den Begriff Möglichkeit nicht als reale Entität ansehen, als in gewisser Weise „wirksame“, in jedem Fall gleichrangige Entität neben Gegenständen, Eigenschaften und Kräften (kommen alle in unterschiedlichen Seinsformen vor).

Und da sind wir beim Begriff Geist. Was macht denn der Geist? Er befasst sich mit Möglichkeiten (so selbstverständlich, dass wir es nicht mehr merken), weil genau diese für das Überleben notwendig sind, denn sie liefern dem lebenden System die Spielräume für zukünftiges Geschehen, die er für sein Überleben kennen muss. Jedes Lebewesen ist in einem ständigen Austausch mit seiner Umgebung begriffen, letztlich mit dem Rest des Universums, der Körper jenseits vom Gleichgewicht, damit dieser überhaupt den körperlich lebendigen Zustand aufrechterhalten kann. Zudem hat sich in der Evolution eine weitere Fähigkeit ausgebildet, nämlich ein komplexes Neuronenetz, was in der Lage ist, sich mit einer anderen nicht-gegenständlichen Entität auszutauschen, die aber in der Realität ebenfalls vorhanden ist, nicht sichtbar und physikalisch greifbar, aber vorhanden, und die sich Möglichkeit nennt. Dieser zweite nicht-gegenständliche Austausch zwischen Lebewesen und umgebender Realität begründet geistige Tätigkeit, ist also eine nicht-physische und nicht-physikalische, sondern geistige Aktivität, kurz „Geist“ genannt.

Kurz gesagt: die Umwelt besteht aus zwei Teilen, der wirklichen (gegenständlichen) Welt und der noch nicht wirklichen modalen Welt, der Welt der Möglichkeiten. Und jedes reale Lebewesen steht im Austausch mit seiner Umwelt, der Kärper mit der gegenständlichen Welt und des Neuronensnetz mit der Welt der Möglichketen, und den Austausch des Neuronennetzes mit der Welt der Möglichkeiten nenen wir Geist. Ganz einfach, oder. Die einfachen Dinge sind entweder genial oder naiv, und ich was nun gilt, darüber ist es wert zu diskutieren-.

Also meine Beitrag bitte nicht gleich kommentarlos verwerfen, sondern möglichst heftig widersprechen, damit ich sehen kann, ob irgendwas an ihr Bestand hat.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Hallo Bernd,

du hast nach Widerspruch zu deinen Ideen gefragt. Ich möchte dir nicht direkt widersprechen, sondern dich nur auf einen Punkt hinweisen der vielleicht zum Denken anregen kann.

Du schreibst:
„Wie nun kommt es, dass zwei solche existierende verschiedene Entitäten sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben? Das ist die Mutter aller Fragen, um die es hier geht (aus meiner naiven Sicht der Dinge).“

Mein Punkt:
Ich würde nicht in einem ersten Schritt (1) zwei Entitäten postulieren, um dann notwendigermaßen in einem zweiten Schritt zu fragen (2) wie beide Entitäten ontologisch zusammenhängen.
Das erste metaphyische Postulat führt zwangszweise zur zweiten metaphysischen Frage. Jedes philosophische Problem beruht auf bestimmten Prämissen. Aber man muss die Prämissen nicht blind in den Einkaufswagen werfen, sondern darf auch die Rückseite (die Zutaten) des Produkts betrachten, um das Produkt darauf eventuell wieder zurück ins Regal zu stellen.

Stattdessen würde ich fragen: was geschieht im menschlichen Körper damit Bewusstsein realisiert wird? Ich würde jedenfalls nicht mit einer prinzipiellen Trennung zwischen zwei Seiten beginnen.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

„… Diese Frage kann die Naturwissenschaft nicht beantworten, weil sie für „Geist“ keinen Begriff hat, denn dieser gehört nicht zu ihrem Untersuchungsgegenstand.“

PS: eine empirische Wissenschaft die sich mit dem „Geist“ beschäftigt, oder sagen wir besser mit dem Erleben, gibt es schon. Es ist die Psychologie. Allerdings ist die akademische Psychologie eher ein Flickenteppich, eine Disziplin die in zig Domänen zerrissen ist und die keine wirklich zusammenhängende Einheit darstellt.

Dirk Boucsein
Dirk Boucsein
1 Jahr zuvor

Hi Bernd,

vielen Dank für Deinen Kommentar zum „Birnbacher-Interview“, den ich selbstverständlich „nicht gleich kommentarlos verwerfe[n]“, sondern auf den ich gerne eingehen möchte. Es liegt mir auch fern, Dir „möglichst heftig [zu] widersprechen“. Im Gegenteil ich bin froh, dass ich meine „alte Schallplatte“ zum Dualismus mal vom Plattenteller nehmen kann und mir mal was Neues in „meiner Echokammer“ anhören kann, wie ich eben auf Philipps Kommentar geantwortet habe.

Du konstatierst m. E. vollkommen korrekt zu dem Interview: „Herr Birnbacher konstatiert, dass a) Materie und Geist zwei kategorial verschiedene Entitäten sind, und b) dass beide existieren, was zu den tiefsten Grunderfahrungen des Menschen gehört. Jede Metaphysik des Körpers und des Geistes beruht also auf empirischen Tatsachen.“

Meiner Meinung nach liegt die schon oft erwähnte „Bruchkante“ in der Beschreibung des Phänomens „Bewusstsein, da man hier mit dem oben beschriebenen Konzept automatisch zwei verschiedene „ontische Bruchstücke“ bekommt, die man selbst mit dem besten „epistemischen Kleber“ nicht wieder zusammen bekommt. Und nein, man muss deshalb nicht automatisch an Panpsychismus oder Substanzdualismus glauben.

Da dies eigentlich auch nur diese besagten „Klebeversuche“ darstellen und nicht wirklich das Phänomen beschreiben können, sondern einfach alles in einen „idealistischen“ oder „materialistischen Topf“ werfen. Aus meiner bescheidenen Sichtweise würde ich lieber den Fokus von der Konstitution von „Entitäten“ auf den „Prozess“ lenken (s. Whitehead Essay). Erst in dem Prozess konstituieren sich die Entitäten. Dann fällt da auch nichts mehr auseinander und muss auch nichts mehr geklebt werden.

Zu Deiner Grundsatzfrage: „Wie nun kommt es, dass zwei solche existierende verschiedene Entitäten sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben? Das ist die Mutter aller Fragen, um die es hier geht (aus meiner naiven Sicht der Dinge). Diese Frage kann die Naturwissenschaft nicht beantworten, weil sie für „Geist“ keinen Begriff hat, denn dieser gehört nicht zu ihrem Untersuchungsgegenstand.“

Das sehe ich auch so. Mit dem Begriff „Geist“ können eigentlich nur deutsche Philosophen oder „Geistliche“ etwas anfangen ;-). Aber selbst das englische „mind“, das dem deutschen „Verstand“ oder „Vernunft“ näher kommt, ist ein schwer zu definierender Begriff. Mich hat immer mehr das Phänomen des „Bewusstseins in der 1. Person Perspektive“ interessiert.

Und ja, dieser Forschungsbereich ist in den Naturwissenschaften sehr schwierig als „Untersuchungsgegenstand“ zu definieren und zu analysieren. Die „Mikroskope“ der meisten Neurowissenschaftlicher sind auf die „ontischen Bruchstück“ Materie eingestellt. Daher wir ein materielles neuronales Korrelat im Gehirn als Grund für den darüber „supervenierenden Geist“ gesehen. Insofern passt der Begriff „Geist“ doch ganz gut, da diese „Geisterbeschwörung“ schon seit über 50 Jahren erfolgt.

Wenn man die „Teleskope“ mal ein wenig anders ausrichten würde und die Komponente „Evolution“ endlich mal ernst nehmen würde, käme man an einem strukturalen Prozess-Konzept, wie „embodiment“ und „embededdness“ zum Thema „Bewusstsein“ gar nicht mehr vorbei.

Mittlerweile denke ich, dass ich Dein Konzept zu den „Möglichkeiten“ in der modernen Physik verstanden habe (vielen Dank nochmal für Dein lesenswertes Buch). Aus meiner Sicht kann Dein Konzept der Möglichkeiten tatsächlich auch als Analogie auf die Konstitution von „Bewusstein“ übertragen werden.

Eine mögliche Anknüpfungsstelle könnte ich in der Beschreibung der Relationen als strukturalen Prozess ausmachen. Die Realisierung einer möglichen Relation zwischen „Geist und Materie“ kann in dem Prozess auch nur aus der Unbestimmtheit aller Möglichkeiten entstehen. Erst durch die Realisierung konstituiert sich dann die mögliche Entität. Und nicht umgekehrt das „alte Mantra“ weiterbeten, dass „die Materie den Geist konstituiert“ (Materialismus) oder andersherum (Idealismus). Aber bevor ich jetzt zu metaphysisch werde, höre ich lieber auf.

Liebe Grüße
Dirk

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Stein,
ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe. Aber stellen Sie sich vor, Außerirdische würden auf diesen Planeten blicken. Was würden sie sehen? Etwa Wesen mit einem Körper (Entität) und einem darüberschwebenden (supervenierenden) Geist (Entität), ähnlich einem Heiligenschein?
Und würden sie eine weitere Entität namens Möglichkeit sehen? Eine merkwürdige Vorstellung, oder? Ich denke, sie würden Lebewesen mit einem Hirn sehen, von dem sie annehmen, dass es etwas wie ein Navigationssystem ist, das dem Träger gleichzeitig Empfindungen beschert.
Und sie würden Determinismen und Indeterminismen erkennen, Kausalitäten und Zufälligkeiten.
Sie würden es jedenfalls wesentlich einfacher sehen als wir, die wir unsere Realität oft unnötig verkomplizieren und Dinge hineingeheimnissen, die es gar nicht gibt, Geist(er) z.B. 😉

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Stegmann,

vielen Dank für Ihren Kommentar! Ich glaube Sie verstehen mich nicht richtig.

Was wir sehen können ist das, was mit dem Licht wechselwirkt.

Eigenschaften und Kräfte sehen wir nicht, und doch gehören diese zur (wissenschaftlichen) Realität – oder nicht ? Oder zählen physikalische Eigenschaften und Kräfte nicht zur Realität der Naturwissenschaften oder Neurowissenschaften? Sie zählen doch genauso dazu wie körperliche und unkörperliche Gegenstände, zum Beispiel Planeten, Elektronen, Massenpunkte und Neuronennetze. Wenn Sie von Materie sprechen, oder einem lebendigen Körper – von was sprechen Sie dann? Scheinbar müssen wir das klären, bevor über ein Thema der Neurowissenschaften gesprochen werden kann!

Ich hatte das, was in der wissenschaftlichen Realität vorkommt, und somit Gegenstand von Betrachtungen sein kann, in meinem Kommentar ja schon genannt: physikalische Gegenstände, Eigenschaften, Kräfte und Möglichkeiten, und alle diese in verschiedenen Seinsformen. Nun frage ich mich, ob man das verstehen kann? Es ist die Grundlage jeder Vorstellung von Realität. Einen Geist hatte ich soweit ich mich erinnern kann, dazu nicht mit aufgezählt. Es sind nur die vier, ohne Geist.

Ein Lebewesen ist doch selbst auch Teil der Realität, man kann diesem zur widerspruchsfreien Beschreibung physikalische Gegenständlichkeit, Eigenschaften, Kräfte und Möglichkeiten zuordnen, genau wie seiner Umwelt, mit der er sich austauscht (Stoffwechsel, Wirkung ausüben, Möglichkeiten berücksichtigen). Oder sehen Sie das anders? Ich meine, das ist trivial.

Steht das mit Ihren Ansichten in einem Widerspruch?

Grüße Bernd Stein

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Stein,
Sie wollen wahrscheinlich darauf hinweisen, dass zu unserer Realität sowohl materielle wie auch geistige Dinge gehören. Natürlich ist das so. Allerdings gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen beiden. Die materiellen Dinge existieren auch ohne uns, die geistigen in Form von Bedeutungen, Symbolen oder Sprache nicht. Es sind Artefakte, die wir geschaffen haben. Sie führen somit kein ontologisches oder existentielles Eigenleben. Sie sind keine Entitäten. Wenn morgen die Menschheit ausgelöscht wird, gibt es dieses Geistige nur noch in materieller Form als Bücher, Festplatten oder Bauwerke und zwar ohne jede Bedeutung, ohne Geistiges.
Ähnlich ist es mit dem Bewusstsein. Es ist keine eigene Entität, sondern spezifischer Ausdruck von Körperlichkeit.

Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Geistlichkeit gab es bereits in einer unbestimmten Form, bevor sie in der ihr unterstellten Substanz bestimmt werden konnte! Darin enthalten ist jegliche Form von Materie, die ihren Gesetzmäßigkeiten nach noch heute von einem Menschen bestimmt werden kann. Was der Bestimmung des Menschen überlassen bleibt, das ist sein eigenes Vermögen, dem ich sicher nicht entspreche, andernfalls hätte ich keine Probleme mit der Form seines Lebens, die der Form meines Lebens nicht annähernd entsprochen hat.

Heute erlebe ich diesen von mir entfremdeten Menschen als Angriffsfläche dessen, was es zu verantworten gilt, indem es sein Recht auf Leben in der Existenz offenbart, die das bereits mit sich bringt. Damit ist auch der geistliche Ursprung all dessen gemeint, was von Beginn an, seit Gott in der Wissenschaft als Urknall bezeichnet, wohl noch der Aufklärung bedarf.

Ich glaube kaum, dass sie mir widersprechen, wenn ich ihnen heute von einem Wort berichte, das ich definitiv nicht erfunden habe, welches dennoch in mir nach Aufklärung suchte. Gott, das Wort, das ich allein niemals aufklären könnte, das mich dennoch in seine Pflicht nahm, der mich zu stellen ich bereit bin. Vielleicht verursachte dieses Wort in mir den Urknall, der sich von der Wissenschaft reflektieren lässt und dazu die Person brauchte, die sich hinter die Wissenschaft stellte. Deren Zeitraum soll sich über die gesamte Menschheitsgeschichte erstrecken und nicht an ihrer Geburt scheitern.

Sind wir denn heute in der Lage, menschliche Gesundheit als den Wert festzulegen, den es zu erreichen gilt? Auch wenn das für die heutige Zeit utopisch klingen mag, so glaube ich an eine gesunde Natur, von der nicht nur ich leben kann. Sie, die mich in ihrer Form als Mensch bereits integriert hatte, nur mich in seiner Form bisher noch nicht gefunden hat, sie spricht damit ihr eigenes Gedächtnis durch die Integrität an, die mein Herz als Mutter mit sich bringt. Nun bin ich aber deshalb nichts Besonderes, ich bin eine Mutter, die sich durch ihre Kinder mit der Zeit herumschlagen musste, die sie nicht mehr zu brauchen schien. Ohne Rücksicht auf den Verlust ihrer Kompetenz musste ich mich selbst für das Recht aus der Würde einsetzen, die auch der Mensch durch Gott mit sich bringt. Das brachte mir persönlich Erkenntnis über ihn und die zeigte mir, wie viel Mitsprache ich habe, wenn ich mich für seine Kinder einsetze, insbesondere dann, wenn ich auf deren geistigen Ursprung durch Gott verweise.

Auch wenn Sie meine Worte im Zusammenhang mit der Wissenschaft, die Sie betreiben, vielleicht nicht verstehen, so begründen eben diese Worte eigentlich nur ein Verständnis dafür und verlangen im Grunde nicht mehr für sich. Das Ziel ist es doch, in Frieden leben zu können, egal ob aus wissenschaftlicher Expertise, die sicher auch Grenzen kennt, oder durch den Glauben an Jesus, der auf Gott begrenzt ist.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

„Wenn Sie von Materie sprechen, oder einem lebendigen Körper – von was sprechen Sie dann? Scheinbar müssen wir das klären, bevor über ein Thema der Neurowissenschaften gesprochen werden kann!“

Man stelle sich einen Verbrennungsmotor auf einem Prüfstand vor. Der Motor saugt Luft/Sauerstoff an und spritzt Benzin ein. Im 3 Arbeitstakt entsteht durch die Verbrennung eine Kraft die den Kolben nach unten drückt. Die Kurbelwelle wandelt die lineare Bewegungen über die Pleuel in ein Drehmoment um. Dieses Drehmoment können wir dann am Schwungrad messen und darauf theoretisch die maximale Leistung bei Drehzahl X berechnen.

Gibt es hier nun ein Energie/Drehmoment-Motor Problem? Wird die Energie im Motor zu einer Art Geist die wir dann mit den mechanischen Komponenten des Motors nicht mehr in Einklang bringen können? Steht die Energie bzw. das Drehmoment irgendwie „neben“ dem Motor sodass ein ontologisches, ja metaphysisches Problem entsteht?

Natürlich erlebt der Motor nichts. Erleben ist eine Eigenschaft von organisch-biologischer Materie und deren Prozesse in Lebewesen. Wenn wir verstehen wollen wie der Motor funktioniert, ja wenn wir ihn selbst nicht geschaffen hätten, dann müssten wir den Motor untersuchen und eine Funktion verstehen. Dann kann es verständlich werden wie der Motor Drehmoment entwickeln kann.

Wer behauptet dass Bewusstsein etwas ganz anderes als neurophysiologische Aktivität sei, so als ob das Drehmoment im Motor etwas ganz prinzipiell anderes sei als der Verbrennungsprozess und die Interaktion aller Einzelteile, der denkt dualistisch und sucht den Geist in der Materie.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

Hier ein neues Paper das fMRI mit AI verbindet. Die Bilder in der ersten Reihe haben die Versuchspersonen gesehen.
Die Bilder in der zweiten Reihe hat die AI basierend auf fMRI Daten und learning rekonstruiert.

https://www.science.org/content/article/ai-re-creates-what-people-see-reading-their-brain-scans

https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2022.11.18.517004v2

Der Dualist kann natürlich bis in alle Ewigkeit behaupten dass das alles nur Korrelationen seien.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

Nur damit es keine Missverständnisse gibt: die KI liest nicht einfach nur Gehirndaten aus und macht daraus Bilder, so als würde sie Muster im Gehirn 1:1 als Bilder ausgeben.
Diue Bilder sind schon Ergebnis von Trainings, in denen bestimmte Muster mit bestiommten Kirchtürmen korreliert wurden. Der Kirchturm wird also nicht als solcher aus dem Gehirn abgelesen.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Das ist klar. Die AI benötigt natürlich eine ground truth, ansonsten könnte sie ja nicht wissen womit die Daten korrespondieren sollen (also mit welchen Bildern). Deshalb muss sie das natürlich zuvor lernen.

Es gab auch früher schon solche AI tranings via machine learning. Zum Beispiel konnte man dann mit ca. 80% Genauigkeit über functional connectivity Analysen (also über die zeitliche Korrelation von Signalen über Gehirnbereiche hinweg) sagen ob eine Frau oder ein Mann im Scanner liegt, und zwar ohne dass die Probanden irgendwelche Aufgaben erledigen mussten.

Bermd-Jürgen Dr.Stein
Bermd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Stegmann,

sie schreiben

„Sie wollen wahrscheinlich darauf hinweisen, dass zu unserer Realität sowohl materielle wie auch geistige Dinge gehören.“

Das will ich überhaupt nicht. Die Frage ist: was gibt es in der wissenschaftlichen Realität, wie ist das Realitätsverständnis der Naturwissenschaften, was betrachten die Naturwissenschaften als in der Realität gegeben an: das sind a) physikalische Gegenstände, die ens per se, die Substanz an sich, b) die Eigenschaften, ganz gleich ob Universalien oder Nominalien, und c) die Kräfte, die Relationen begründen. Das ist die Ontologie, die beim naturwissenschaftichem Streben nach Erkenntnis als Grundlage allen materiellen Seins angesehen wird. Vom einem Geist ist nicht die Rede. Ich füge lediglich eine weitere Entität hinzu, die – genau wie Eigenschaften und Kräfte – auch eine nicht-gegenständliche Seinsform hat. Diese Entität nenne ich Möglichkeit. Mit einem Geist habe ich bei dieser Ontologie null komma nichts am Hut.

Man kann dann sagen: die äußere unlebendige und geistunabhängige Realität besteht aus physikalischen Gegenständen, Eigenschaften, Kräften und Möglichkeiten, wobei die Eigenschaften zur Individuierung und Klassifizierung der Gegenstände dienen, die Kräfte konstituieren Beziehungsbildung, und die Möglichkeiten zur Einschränkung von Veränderungen. Das ist die Beschreibung einer Ontologie, nicht mehr.

Von welcher Ontologie gehen Sie den aus, wenn Sie von „Strukturbildung“ reden ?

Grüße

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Ich fürchte, ich weiß weder, was Sie meinen noch worauf Sie hinaus wollen.

»Von welcher Ontologie gehen Sie den aus, wenn Sie von „Strukturbildung“ reden ?«

Für mich ist Strukturbildung bereits Ontologie.

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Stegmann,

Strukturbildung ist die Bildung von Strukturen. Als Strukturen bezeichnet man üblicherweise das Geflecht aus Beziehungen von Gegenständen. Die von Ihnen gennannte Ontologie ist daher rückführbar auf eine tiefer liegende Ontologie, die aus Gegenständen, Eigenschaften und Beziehungen (Kraftwirkungen aufeinander) besteht, und deren Veränderung Naturgesetzen unterliegt. Statt Naturgesetze, die ontologisch nicht fassbar sind, sage ich, sie unterliegt begrenzten Möglichkeiten. Ihre „Ontologie“ ist daher bereits das Produkt aus der von mir postulierten Ontologie. Sie ist nicht irgend was anderes.

Falls Sie das anders sehen, müssten Sie als Erstes erklären, was Sie mit „Struktur“ meinen. das hatte ich Sie schon öfters gefragt. Ohne Erläuterung oder Definition ist die von Ihnen postulierte Struktur nicht verstehbar, genauso wenig wie die Ontologie, die dem Realitätsverständnis des Strukturenrealisten zugrunde liegt, was ich von Anfang an beklagt habe.

Im Übrigen sind Sie nicht mit meiner Theorie garnicht im Widerspruch. Ich behaupte ja nur, dass alle lokalen Änderungen einer Struktur möglich sein müssen, bevor sie sich realisieren, und die Möglichkeiten einer Änderung von den Rand- und Umgebungsbedingungen bestimmt werden, in die Struktur eingebettet ist.

Wenn Möglichkeiten also ontologische Realität sind, dann ist jeder Körper jenseits vom Gleichgewicht dem Stoffumsatz mit seiner Umgebung ausgesetzt, aber eben auch nur begrenzten Möglichkeiten einer Veränderung. Es gibt also z w e i Austauschvorgänge: der stoffliche Umsatz, und der „Austausch“ mit den Möglichkeiten. Letzterer „Austausch“ legt ja nur immer wieder neu die Grenzen fest, den Korridor, oder den Spielraum der Veränderungen. Es ist aber ein „Austausch“ (Wechselspiel) im allgemeinen Sinne. Bei einem Gegenstand wie das Gehirn bezeichne ich diesen hochkomplexen zweiten Austausch als „geistigen Vorgang“. Auch ihre Struktur unterliegt diesen beiden Austauschprozessen. Was ist daran so schwer zu verstehen ?

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

»Falls Sie das anders sehen, müssten Sie als Erstes erklären, was Sie mit „Struktur“ meinen. das hatte ich Sie schon öfters gefragt. «

Und ich habe schon des öfteren erklärt, dass ich einen Unterschied zwischen belebter und unbelebter Natur mache. Lebende Strukturen sind nicht auf ihre Elemente reduzierbar, wenn man sie verstehen will. Und ich rede fast ausschließlich von lebenden Strukturen, über nicht lebende kann ich wenig sagen, die Physik weiß ontologisch/ epistemologisch gesehen auch nicht sehr viel darüber.
Ich sehe die Möglichkeiten eher im Ausprobieren neuer Modelle, auch wenn diese nicht alles erklären können (sonst wären sie keine Modelle, sondern die reine Wahrheit, was kompletter Unfug wäre, dies anzunehmen).
Wie lebende Strukturen entstehen, habe ich auch schon oft genug dargestellt.

»Wenn Möglichkeiten also ontologische Realität sind,…«

Das ist mir zu abstrakt. Ich würde Möglichkeiten nicht als Ontologie bezeichnen. Möglichkeit ist nur ein Wort, warum fassen Sie es als Physiker nicht präziser, z.B. als Phasenraum, der ja nicht geschlossen sein muss.

»Es gibt also z w e i Austauschvorgänge: der stoffliche Umsatz, und der „Austausch“ mit den Möglichkeiten.«

Das halte ich für eine Tautologie.

»Bei einem Gegenstand wie das Gehirn bezeichne ich diesen hochkomplexen zweiten Austausch als „geistigen Vorgang“«

Dualiiiiismus! 😂

»Auch ihre Struktur unterliegt diesen beiden Austauschprozessen. Was ist daran so schwer zu verstehen ?«

Sie unterliegt nur einem Austausch, nämlich dem mit der Umwelt. Und den sehe ich innerhalb eines Möglichkeitsraumes, aber eben im Sinne eines Phasenraumes mit vielen freien Parametern.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Wenn ich noch einmal kurz dazwischengrätsche:

Bernd, du schreibst an Wolfgang folgendes:
„Strukturbildung ist die Bildung von Strukturen. Als Strukturen bezeichnet man üblicherweise das Geflecht aus Beziehungen von Gegenständen. Die von Ihnen gennannte Ontologie ist daher rückführbar auf eine tiefer liegende Ontologie, die aus Gegenständen, Eigenschaften und Beziehungen (Kraftwirkungen aufeinander) besteht, und deren Veränderung Naturgesetzen unterliegt. Statt Naturgesetze, die ontologisch nicht fassbar sind, sage ich, sie unterliegt begrenzten Möglichkeiten. Ihre „Ontologie“ ist daher bereits das Produkt aus der von mir postulierten Ontologie. Sie ist nicht irgend was anderes.“

Ich halte diese Schlussfolgerung bzw. Reduktion für einen Fehler wenn es um die Biologie, Neurowissenschaften und Psychologie geht. Du betrachtest hier eine Ontologie der Physik. Die Physik eliminiert genau die Strukturen von denen Wolfgang spricht. Genau weil die Physik von diesen spezifischeren Strukturen abstrahiert (sie in ihrer Reduktion eliminiert) ist die Physik auch überall anwendbar oder gültig: egal ob bei einem Atom, einem Stein, oder bei einem Lebewesen. Die Gesetzte der Physik sollen überall gelten. Damit sie überall gelten muss aber massiv von Strukturen und Prozessen auf höheren Ebenen abstrahiert werden; es geht dann letztendlich nur noch um die Gesetze selbst die überall Geltung besitzen.

Deshalb hat die Physik auch keine Terminologie für Entitäten, Prozesse oder Stukturen die auf der Ebene der Biologie oder Psychologie stattfinden.

Ihr redet somit letztendlich aneinander vorbei. Du setzt eine Ontologie der Physik voraus. Mit dieser Ontologie kann man die Ebene der Biologie und Psychologie aber nicht beschreiben und erst recht nicht erklären, da sie eliminativ gegenüber den Eigenschaften von Biologie und Psychologie ist.

Bermd-Jürgen Dr.Stein
Bermd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

Hallo Herr Stegmann,

dass Sie einen Unterschied zwischen belebter und unbelebter Natur machen, erklärt Ihren Strukturbegriff leider immer noch nicht.

Sie schreiben: „Ich würde Möglichkeiten nicht als Ontologie bezeichnen.“. Nun ist es aber so, dass es in jedem Moment immer Möglichkeiten gibt, zum Beispiel dass es morgen regnet, dass meine Kunden am Montag immer noch nicht bezahlt haben, dass meine Tanzfreundin mich zur Fiesta einläd, dass Sie sich über meinen Kommentar ärgern.

Oder gibt es diese Möglichkeit nicht? Unmöglich? Es gibt doch in jedem Moment abhängig von den äußeren Umständen alle möglichen Möglichkeiten, und zwar immer und überall, sie sind fundamentaler Bestandteil unserer Lebenswirklichkeit.

Was es da immer und überall gibt, nennt man Ontologie. Eine fundamentale ontologische Enität, die uns beim Durchleben der Wirklichkeit ständig in den verschiedensten Formen begleitet.

Würden Sie eher sagen, da ist ein uns begleitender Phasenraum?

Wenn Sie mit Phasenraum der Raum der Möglichkeiten meinen, wären wir ja schon fast einig.

Grüße
Bernd-Stein

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Lieber Herr Stein,
warum gehen wir nicht einfach von dem aus, was ist. Und da sehen wir dann ein Universum voller Materie – was immer man darunter verstehen will.
Nur Materie? Nein, auf einem kleinen Planeten hat sich Materie zu etwas zusammengeschlossen, das aktiv ist, sich ständig ‚aus eigenem Antrieb‘ verändert und sich sogar fortentwickelt zu immer komplexeren Strukturen. Wir nennen es Leben. Schon der Begriff Leben beschreibt nicht ein Teil, sondern bereits die komplette Struktur. Und diese Struktur ist etwas ganz anderes als die Summe ihrer Teile.
Man kann also sagen, Leben folgt einer völlig anderen Ontologie, als der Rest des Universums.
Wenn man diese grundlegende Unterscheidung nicht von vornherein trifft, ist man von Beginn an auf dem Holzweg, denn man beschreibt Leben dann ausschließlich mit physikalischen Begriffen, die gar nicht für diese Struktur gemacht sind, sondern nur für ihre Einzelteile (das nennt man dann Physikalismus).

Strukturen in der unbelebten Natur sind also ganz andere, passive, passiv veränderte oder passiv entwickelte. Sie unterliegen der allgemeinen Bewegung der Materie, sie folgen den vier Grundkräften.

Vor diesem Hintergrund kann man die ganze Welt betrachten und alle möglichen Schlussfolgerungen ziehen. Aber dieses Ziehen von Schlussfolgerungen ist so komplex und differenziert, dass es sich verbietet, es in einem Nebensatz abzuhandeln. Sie können alle Philosophien der Geschichte durchforsten und werden fast überall einzelne Aspekte finden, die bedenkenswert sind. Und jeder filtert das heraus, was ihm am besten gefällt.

Meine Vorstellung ist, es gibt keine transzendentale Wahrheit, sondern immer nur eine, aus unserer (menschlichen) Sicht. Und die ist immer relativ, besser: relativistisch. Ich denke, mehr kann man in einem Blog nicht sagen, soll es nicht schnell babylonisch werden.

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Stegmann,

Sie sagen mir, Leben – das sind komplexe Strukturen und diese sind nicht auf physikalische Strukturen rückführbar.

Ist das nicht eine Behauptung a priori? Sie postulieren dann, es gibt eine physikalische Welt bestehend aus Materie, und es gibt eine lebendige Welt, basierend auf einer anderen Ontologie genannt Struktur. Das ist ein ziemlich einfaches Bild, was Sie apodiktisch zeichnen, und diese Simplifizierung trifft schon an ihrer Wurzel gar nicht zu. Warum nicht?

Das physikalische Universum besteht – anders als Sie behaupten – gar nicht aus Materie allein, sondern zur physikalischen Ontologie gehören auch Eigenschaften und Kräfte, Felder und Wellen, Quantenobjekte die sowohl ontisch bestimmt und ontisch unbestimmt sein können. Dann kommt noch hinzu, dass diese Ontologie unvollständig und umstritten ist. Das einzige was in den physikalischen Theorien sicher ist, bestimmt ist, und empirisch adäquat ist, das sind die von den Gegenständen eingegangenen Beziehungen, die Kräfte, die daraus entstehenden Funktionalismen. Die Physik hat überhaupt keine bestimmte Gegenstandsontologie, sondern ist eine Wissenschaft, die über funktionale Zusammenhänge Bescheid weiss. Nur die von den Theorien vorhergesagten Kraftwirkungen sind empirisch adäquat, alles andere nicht. Die Physik weiß, wie etwas funktioniert, aber n i c h t , was da agiert – sie weiss etwas über das wie, aber nichts über das was. Sie hat überhaupt keine gültige Ontologie.

Dann sagen Sie, dass man diese grundlegende Unterscheidung von vornherein treffen muss, weil man Leben dann ausschließlich mit physikalischen Begriffen beschreiben muss, die gar nicht für diese Struktur gemacht sind, sondern nur für ihre Einzelteile (das nennt man dann Physikalismus).

Wenn sie behaupten, das derjenige, der die Welt mit den Augen der Physk betrachtet, als Physikalist ende, dann verwenden Sie unzutreffende Begriffe aus dem vorletzten Jahrhundert. Vor allem ist dies eine Abgrenzung, die auf völlig falschen Vorstellungen beruht. Sind Kräfte und Beziehungen, die die Physik erforscht, vielleicht Gegenstände? Das ist noch eine völlig andere Kategorie. Die Physik untersucht materielle Strukturen, weil die Beziehungen zwischen den Gegenständen das Strukturgeflecht bilden, und diese Beziehungen durch Wechselwirkungen zustande kommen (Austausch von Energie, Impuls, Drehimpuls, und Wechselwirkungen). Sie hat als Gegenstand ihrer Untersuchungen ein ganz anderes Thema, als das, was Sie ihr unterstellen (ich muss die Physik hier leider in Schutz nehmen). Die Physik ist Strukturwissenschaft durch und durch. Ihre Einzelteile sind überhaupt nicht bestimmt. Man weiß nicht einmal ob sie Wellen oder Teilchen sind. Man weiß aber dass beide lokale gleichartige Beziehungen herstellen, und nur über diese weiss man Bescheid.

Und Sie wenden doch die Physik an bei Ihren Untersuchungen von Leben. Sie untersuchen lebendige Strukturen mit physikalischen Methoden. Oder bestehen ihre Messgeräte nicht aus materieller Ontologie, sondern sind dies lebende Messgeräte, und tauschen die lebedigen Strukturen mit dem Messgerät statt Energie und Impuls vielleicht den Physikern unbekannte morphologische Entitäten aus?

Finden Sie nicht, dass es erfolgsversprechender ist, der Physik einfach ein paar neue Begriffe zu empfehlen, zum Beispiel den Begriff der Möglichkeit, mit der das Potentielle, noch nicht Geschehene, aber am Ende vom einzig Möglichen herbeigezwungene Geschehen beschrieben werden kann. Das ist nun überhaupt nichts materielles und Möglichkeiten unterliegen im Entstehen und Vergehen nicht einmal raumzeitlichen Beschränkungen (wie Gedanken auch). Man kann dann Kausalität und Naturgesetze ganz anders denken. Sie haben dann eine Ontologie, die das, was Ihrer Meinung nach angeblich physikalische Ontologie ist, weit in den Schatten stellt, und vor allem konkretisiert werden kann, im Gegensatz zu der von Ihnen favorisierten Ontologie, eine nicht-physikalische Struktur, von der ich immer noch nicht weiß, was das denn nun letztendlich sein soll, und Sie – davon gehe ich jetzt mal aus – wahrscheinlich auch keine konkrete Vorstellung haben.

Ich meine, man kann die Dinge differenziert sehen, und muss nicht dem Dogmatismus verfallen, alles physikalische als unzulänglich für die eigene Ideen und Konzepte anzusehen.

Grüße
Bernd Stein

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Lieber Herr Stein,
mir geht es nicht um die Physik und ebensowenig um eine Kritik an der Physik, sondern ausschließlich um den Zuständigkeitsbereich für das Lebendige. (Von mir aus können Sie die Physik als Strukturwissenschaft beschreiben, das ist ja alles eine Frage der Epistemologie).
Die Atomisten beschreiben Leben als bloße Ansammlung von Elementen, die irgendeine Komplexität ergeben.
Meine Vorstellung hingegen ist, dass Leben (als Strukturbegriff) eben nicht einzelene Elemente beschreibt, sondern eine Struktur. Bei dieser Aussage geht es nicht um die Analyse (z.B. eines Neurons), sondern um die Erklärung (z.B. des Bewusstseins). Das ist ein riesengroßer Unterschied.
Da ich Leben als Struktur sehe und nicht als Ansammlung einzelner Elemente, sage ich, es braucht eine Wissenschaft, die sich dieser Struktur widmet. Und das ist nicht die Physik, sondern die Biologie (die adäquate Begriffe noch entwickeln sollte).
Die Physik ist notwendig, um die einzelnen Elemente zu untersuchen, sie kann über die Struktur von Leben aber nichts aussagen, weil sie dafür nicht zuständig ist, es nicht ihr Gegenstandsbereich ist und sie auch keine Kategorien dafür hat.

Nun könnte man sagen, ist doch egal, lass die Physik doch auch mitspielen. Wenn man das aber tut, läuft das darauf hinaus, dass die Erklärung von Leben dann eine physikalische oder besser physikalistische ist. Wäre das schlimm?
Ja. Weil die Physik dann erklären muss, wie aus der Zusammenarbeit einzelner Neuronen Bewusstsein entsteht. Das kann sie aber nicht und kommt dann quasi automatisch zu dem Schluss, Neuronen und Bewusstsein müssen zwei verschiedene Ontologien sein. Und dann sind wir wieder beim Dualismus, den die Physik auch nicht will und dann einfach sagt, es gibt gar kein Bewusstsein. Erleben ist dann einfach nur das Feuern einzelner Neuronen.

Sie sehen, wie man mit bestimmten Ausgangsbedingungen schnell in eine Falle rutscht. Seien Sie sicher, dass ich mir seit Jahrzehnten über diese Fragen epistemoligisch, erkenntnistheoretisch und wissenschaftszheoretisch den Kopf zerbreche und deshalb sage, man kann dies nicht en passant in einem Blog erörtern.

Bermd-Jürgen Dr.Stein
Bermd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Philip,

ich betrachte nicht die Ontologie der Physik. Ich betrachte das, was man anschaulich und widerspruchsfrei Ontologie nennen kann. Meine genannte Ontologie ist auch die Ontologie der Philosophie.

Was meinst Du, wenn Du sagt: „Die Physik eliminiert genau die Strukturen von denen Wolfgang spricht. Genau weil die Physik von diesen spezifischeren Strukturen abstrahiert (sie in ihrer Reduktion eliminiert) ist die Physik auch überall anwendbar ….“.

Das verstehe ich schlichterweise nicht. Ich weiß nicht, wie „die Strukturen von denen Wolfang spricht“ beschaffen sind. Wenn ich wüsste, wie sie beschaffen sind, dann könnte ich nachvollziehen, welche Eigenschaften und Merkmale wegreduziert werden (so wie die Strukturen der Planeten wegreduziert werden, und nur Massenpunkte übrig bleiben). Ich kann daher Deine Aussage, da wird was wegreduziert, nicht nachvollziehen: W a s wird denn da wegreduziert? Vielleicht die Struktur als Ganzes, bis nichts mehr da ist?

Im übrigen bezeichnet Abstraktion von etwas eine begriffliche Verallgemeinerung. Wieso soll die Physik hier etwas begrifflich von der „Struktur“ verallgemeinern. Die Begriffe der Physik und ihre Methoden sind eher konkretisierend, als verallgemeinernd.

Das ist das Problem, dass Du und auch Wolfgang Stegmann in Rätseln sprecht, wenn es um die Dinge konkret geht. Offenbar handelt es sich bei den Strukturen von Herrn Stegmann um „ens per se“ ohne Eigenschaften, oder um etwas Unbeschreibliches, oder Beliebiges, das dann als Grundlage für weitere beliebige Aussagen herhalten kann.

Ich habe ja im Prinzip nichts dagegen, wenn man eine Ontologie nicht beschreiben kann, dann muss sie aber mindestens instrumentell anwendbar sein, also für Vorhersagezwecke nützlich. Das kann ich aber bei der besagten Struktur auch nicht erkennen. Es reicht eben im wissenschaftlichen Diskurs nicht aus, zu sagen, na ja, sie ist a n d e r s als das, was aus physikalischer Sicht Struktur ist. Anders heißt vieles und bezeichnet das Vage schlechthin. Was ist diese Struktur denn nun ?

Dass wir aneinander vorbei reden, ist schon lange der Fall. Das liegt daran, dass Ihr als Neurowissenschaftler offenbar davon ausgeht, die Neurowissenschaften hätten eine eigene Ontologie, eigene Methoden, eigene Begriffe, ohne zu sagen, welche das denn nun sind. Zu sagen, den Materie-Geist-Dualismus gibt es nicht, begründet zunächst gar nichts, sondern wirft nur zusätzliche Fragen auf, zum Beispiel die Frage, warum tiefste menschliche Erfahrungen, die unmittelbarste Empirie, die wir haben, ignoriert wird. Das hat auch Herr Birnbacher gefragt, und darauf müßt ihr eine Antwort geben, die man verstehen kann.

Ich bin jemand, der die physikalischen Methoden für sehr beschränkt hält, weil die Physik das Potentielle aus der Realität ausblendet. Sie hat ein sehr eingeschränktes Realitätsverständnis. Deshalb wird die Physik nie herausfinden, wie ein solcher Dualismus zustande kommt. Wie wollt ihr als Neurowissenschaftler denn nun besser sein? Wenn ihr als Neurowissenschaftler nicht zu einer klaren Semantik in der Lage sind, wie wollt ihr dann zu einer Epistemik in der Lage sein. Es entsteht der Eindruck, das Vagheit, Unbestimmbarkeit, Abgrenzung und das Besonders-Sein in den Neurowissenschaften zum Prinzip gemacht wird – allen voran die Abgrenzung vor Hinterfragung.

Bernd
Grüße

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Hallo Bernd,

„Was meinst Du, wenn Du sagt: „Die Physik eliminiert genau die Strukturen von denen Wolfgang spricht. Genau weil die Physik von diesen spezifischeren Strukturen abstrahiert (sie in ihrer Reduktion eliminiert) ist die Physik auch überall anwendbar ….“.“

Die Physik kann man als eine Materiewissenschaft betrachten, die Biologie als eine Strukturwissenschaft.
Betrachte zum Beispiel das Fallgesetz. Das Fallgesetz betrachtet man an einem System, also einem Ausschnitt aus der Wirklichkeit. Das Fallgesetz wird nun durch mathematische Formeln ausgedrückt. Die Physik betreibt nun eine materielle Reduktion. D.h. sie betrachtet ein konkretes System nur als Spezialfall allgemeinerer Systeme. Für diese allgemeinen Systeme werden nun physikalische Gesetze aufgestellt, z.B. die newtonschen Gesetze. Diese sind aber weniger von der Struktur abhängig als die konkreten Systeme. Genau diese Abstraktion weg von konkreten Systemen mit bestimmten Eigenschaften (z.B. strukturellen) ermöglicht es überhaupt erst dass physikalische Gesetzte quasi überall (oder fast überall…) anwendbar sind bzw. Geltung besitzen.

Eine solche Form der wissenschaftlichen Reduktion ist in der Biologie schlicht unmöglich. Wenn du eine solche Form der Reduktion in der Biologie betreibst, wenn du als ausgebildeter Physiker die Chance hättest dort zu forschen und zu arbeiten, dann würdest du nach kürzerer Zeit merken dass du damit nicht weit kommst.

„Zu sagen, den Materie-Geist-Dualismus gibt es nicht, begründet zunächst gar nichts, sondern wirft nur zusätzliche Fragen auf, zum Beispiel die Frage, warum tiefste menschliche Erfahrungen, die unmittelbarste Empirie, die wir haben, ignoriert wird. Das hat auch Herr Birnbacher gefragt, und darauf müßt ihr eine Antwort geben, die man verstehen kann.“

Das Leib-Seele Problem ist ein metaphysisches Problem, ich hoffe dass dir das bekannt ist? Das Problem beruht selbst auf metaphysischen Prämissen. Du müsstest mir also erst einmal konkret zeigen dass diese metaphysischen Prämissen „wahr“ sind, bzw. müsstest du mich von deren Korrektheit überzeugen. Ich halte die Prämissen des Problems bereits für falsch. Diese Prämisssen sind aufgrund ihrer metaphysischen Natur auch empirisch weder „beweisbar“ geschweige denn widerlegbar. Diess metaphysische Problem ist eine reine Glaubenssache. Meine Position dazu habe ich auf diesem Blog bereits mehr als genug dargestellt. Im übrigen halte ich das gerade in der Philosophie für völlig festgefahren – diese Leute kann man nicht vom Gegenteil überzeugen, das Problem ist viel zu dogmatisch eingebuddelt.

„Wie wollt ihr als Neurowissenschaftler denn nun besser sein? Wenn ihr als Neurowissenschaftler nicht zu einer klaren Semantik in der Lage sind, wie wollt ihr dann zu einer Epistemik in der Lage sein. Es entsteht der Eindruck, das Vagheit, Unbestimmbarkeit, Abgrenzung und das Besonders-Sein in den Neurowissenschaften zum Prinzip gemacht wird – allen voran die Abgrenzung vor Hinterfragung.“

Dann hast du einen ganz falschen Eindruck von mir bekommen. Wenn du philosophisch argumentierst, dann antworte ich dir philosophisch. Empirisch interessiert mich folgende Frage: welche Dynamiken des Gehirns, die wir empirisch analysieren, korrespondieren mit Bewusstsein? Was sagen uns diese Dynamiken über das Bewusstsein, welche Überlegungen und theoretischen Schlussfolgern lassen sich daraus ziehen um die neuronale mit der phänomenalen Ebene besser zu verbinden? Solche Dynamiken lassen sich über verschieden Messverfahren bzw. Variablen berechnen. Beispiele:
– Komplexitätsmessungen (Sample Entropy, Multiscale entropy, Lempel-ziv complexitiy, etc.)
– Scale-free activity (skaleninvariante Aktivität): spektraler Exponent der Steigung der Powerverteilung im log-log Frequenzraum bzw. Power spectrum
– Autokorrelation des Signals als Abschätzung intrinsischer Zeitskalen der Gehirnaktivität
– Einsatz der dynamic systems theory, also Nutzung des Phasenraums (state space, phase space) um Attraktoren etc. darzustellen, Messwerte im Phasenraum zu berechnen, usw.

Das sind also Teilweise Messungen die auch in anderen Wissenschaften (wie der Physik) Anwendung finden.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

PS: Und ontologisch behaupte ich: eine bestimmte Dynamik der Nervenaktivität ist das Bewusstsein.
Es gibt keine zwei Seiten; es gibt keinen Materie-Geist Dualismus. Ich versuche also gar keinen Materie-Geist Dualismus zu lösen bzw. darauf eine Antwort zu geben.

Nenne mich Dynamizist (oder so).

Meine Ontologie ist daher einfacher, da sie keine besondere Substanz (oder zweite Materieeigenschaft) postuliert.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

PPS:

der Unterschied ist dass du unser Erleben auf etwas anderes attribuierst als die physiologische Aktivität des Körpers. Du attribuiert Erleben auf einen „Geist“ oder ein „Bewusstsein“ und stellst dann notwendig eine metaphysische Frage, nämlich die Frage wie beide Seiten zusammenhängen.

Du verstehen?

Ich gehe diesen Schritt nicht mit, ich halt das für ein philosophisches Pseudoproblem.
Statt also mit Begriffen zu spielen (wie hängt Geist/Bewusstsein ontologisch mit Materie zusammen?) stelle ich mich lieber den richtigen Problemen: ich schaue was es empirisch zu holen gibt (und was nicht) und baue darauf meine Gedanken auf.

Worum du dich drehst ist etwas ganz anders. Du drehst dich um das uralte Problem das immer wieder nur aufgekocht wird und unlösbar ist. Du kannst von den Neurowissenschaften keine Antworten auf metaphysische Probleme verlangen.

Philo Sophies
1 Jahr zuvor

Dear I. S. N.-I.,

ah okay. Now I see what you’re getting at. In German there is also religious „belief“. However, they meant this more in the sense of the epistemic „assumption“.

Then, of course, the whole thing looks completely different. Sure, then you can logically put the assumption as primacy and then let the knowledge follow. I researched again on Wikipedia about „Edmund’s“ statements and found the following, which you probably already knew:

„Intentionality means that consciousness is characterized by the fact that it is always related to something. Often summarized simply as „awareness of something“ or the relationship between an act of consciousness and the outside world, Brentano defines it as the main characteristic of mental phenomena, whereby he distinguishes these from physical phenomena. Every mental act has a content, refers to an object (the intentional object). Every belief, desire, etc. has an object to which it refers: the believed, the desired. Husserl himself works the Concept first used in his fifth Logical Investigation in a systematic way.

Although „knowledge“ is linked to psychological and physiological processes, it is not identical with them. A logical norm can never be derived from an empirical psychological proposition. Empirical propositions are merely probable and can be falsified. Logic, on the other hand, is not subject to causality like empiricism. Philosophy as a science can therefore not bind itself to naturalism. Philosophy, epistemology, logic and pure mathematics are ideal sciences whose laws express ideal truths a priori. Phenomenology as a „review of the given“ should be the unconditional basis of all knowledge.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Husserl)

That should go something along the lines of your question.

Thank you for your interest and
best regards

Philo Sophies

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hi Philip,

„Die Physik kann man als eine Materiewissenschaft betrachten, die Biologie als eine Strukturwissenschaft.
Betrachte zum Beispiel das Fallgesetz…“

Lieber Philip, das ist Unsinn, was Du da schreibst.

Physikalische Theorien sind letztendlich Interpretationen der Mathematik, die den Kern einer jeden Theorie bildet. Und dieser Kern, die mathematischen Gleichungen, beschreiben immer, in jeder Theorie (auch das Fallgesetz), eine ganze Schar von Phänomenen, eine Gesamtmenge von Abläufen unter verschiedensten Bedingungen. Erst wenn ich Rand- und Anfangsbedingungen in die Gleichungen einfüge, das heißt wenn allgemeine Terme durch konkrete Zahlen ersetzt werden, dann beschreibt die Gleichung keine ganze Schar von Abläufen mehr, sondern nur noch einzelne, und wenn ich so viele Randbedingungen einsetze, das alle Variablen durch konkrete Zahlen ersetzt sind, dann sagt mir die Gleichung einen konkreten Messwert vorher. Der Kern physikalischer Theorien ist nichts Reduziertes, nichts Allgemeines, sondern je nach Rand- und Anfangsbedingungen werden vieles mögliche Abläufe, oder nur ein einzig mögliches Ereignis, vorhergesagt. Und die Gleichungen enthalten Terme, die die Wechselwirkung empirisch adäquat beschreiben, aber keinen Terme, der die Ontologie empirisch adäquat beschreibt. Oder kennzeichnet der Term m (Masse) in den Gleichungen der Newtonschen Theorie vielleicht die Planeten empirisch adäquat? Nein, es sind Massenpunkte, das sind modellhafte Stellvertreter der Objekte in der Realität, von denen nur die richtigen Kräfte ausgehen, die aber keinerlei Ähnlichkeit mit den realen Objekten (Planeten) haben. Das ist simpelste Wissenschaftstheorie: physikalische Theorien sind immer nur empirisch adäquat, was die von der Theorie postulierten Kräfte anbetrifft, aber nicht empirisch adäquat, was die reduzierten und idealisierten Modellbausteine anbetrifft.

Da die Physik sich nur mit den Kräften auskennt, und gar keine sichere Ontologie hat (die hat sie schon seit 100 Jahren nicht mehr) , ist sie Strukturwissenschaft per excellence, denn Kräfte stellen Beziehungen her, wechselseitige Einwirkungen aufeinander, was sind Beziehungen sonst? Und Strukturen werden aus Beziehungen gebildet, aus was sonst? Das die Physik zur Beschreibung lebendiger Entitäten keine Begriffe hat, und diese deshalb nicht zum physikalischen Untersuchungsgenstand gehören, habe ich immer behauptet. Aber dass man, weil die Physik sich mit Materie befasst, und mit nichts anderem, und deshalb physikalische Methoden in den Neurowissenschaften nicht anwenden kann, ist doch Humbug. Die Physik befasst sich überwiegend mit Strukturen, diese sind nur viel einfacher als lebendige Strukturen, aber das disqualifiziert doch einen Physiker nicht, lebendige Materie mal aus dem Blickwinkel der Physik zu betrachten. Ob das erfolgreich ist, hängt davon ab, welche Blickwinkel-Erweiterung und neue Begriffe man dem Physiker anraten will. Aber ausgrenzen kannst Du die Physik schon deswegen nicht, weil Du ja selber physikalische Methoden beim Messen anwendest.

Eine dogmatische Abgrenzung der Neurowissenschaften von der Physik führt letztendlich zu den morphologischen Feldern der Esoterik, oder bestenfalls zu Konzepten und Theorien, die aus a-priori-Annahmen einer unverstandenen Ontologie aufgebaut sind, nämlich der Struktur vom Kommentator Wolfgang Stegmann, von der ich immer noch nicht weiss, was das sein soll.

Grüße
Bernd

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Dann ist mein Kommentar bezüglich der Physik für dich Unsinn.

Kommen wir zum Bewusstsein zurück. Du schreibst einerseits an Wolfgang dass dein Ontologie keinen Geist beinhaltet. Andererseits stellst du immer wieder ein Geist-Körper Problem in den Raum und kritisierst dass ich darauf keine Antwort gebe. Ich habe dir nun geantwortet warum ich diese Frage nicht versurche zu beantworten, eben da ich sei als Scheinproblem betrachte das auf Prämissen ruht die ich nicht teile.

Aber deine Ontologie in Verbindung mit deiner Frage ist doch widersprüchlich. Wenn du einerseits sagst dass es keinen Geist mit ontologischem Status gibt, wieso stellst du dann anderseits genau dieses metaphysische Problem auf?
Dann kritisiere ich dich nämlich und halte dir vor dass es genau deine Ontologie und Epistemologie ist die verwirrt ist, und nicht meine.

Auf deine Antwort bin ich gespannt.

PS: ich akzeptiere es nicht den Begriff Geist durch Bewusstsein auszutauschen, denn Bewusstsein ist letztendlich nur ein moderner Begriff für den Geist. Wenn du mich fragst: ja, es gibt, zumindest so verstanden, auch kein Bewusstsein. Es gibt bewusste physiologische Prozesse, aber die bleiben genauso physiologisch wie nicht-bewusste, auch wenn wir dann etwas erleben.

PPS: “ … die aus a-priori-Annahmen einer unverstandenen Ontologie aufgebaut sind“.
Ich finde es etwas amüsant dass gerade du das schreibst, der ja zuvor selbst einen kategorielan Unterschied zwischen Erleben und physiologischen Prozessen aufgestellt und hier Herrn Birnbacher zustimmt. Ich zitiere dich wieder:

„… sondern wirft nur zusätzliche Fragen auf, zum Beispiel die Frage, warum tiefste menschliche Erfahrungen, die unmittelbarste Empirie, die wir haben, ignoriert wird.“

Das ist keine Empirie, sondern eine ontologisierte Phänomenologie. Du schlussfolgerst hier nur von deinem naiven Erleben, also einem naiven Realismus (und nicht Empirie!) auf die Ontologie.
Das zeigt mir dann nur auf welchem epistemischen Niveau du dich bei dem Thema Bewusstsein bewegst.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

Ergänzung:

Bernd, nur damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich behaupte nicht dass neurowissenschaftliche Beschreibungen und Erklärungen zum Thema Bewusstsein gegen die Physik verstoßen dürfen. Auch behaupte ich nicht dass die Neurowissenschaften eine gänzlich eigene Ontologie einführen muss.

Ich sage lediglich dass das wissenschaftliche Reduktionsprogramm der Physik hier nicht weiterhilft. Denn wenn du dieses anwendest betreibst du keine Neurowissenschaften mehr, sondern du wirst sofort Physik betreiben und auch in der Physik enden. Das ist eine ganz andere Art von Wissenschaft.

Die Physik fragt beispielsweise was Materie fundamental ist. Diese Frage halte ich für Bewusstsein für völlig irrelevant. Für Bewusstsein muss man verstehen wie das Nervensystem und andere Prozesse des Körpers sich selbst organisieren und darüber hinaus auch noch mit der Umwelt im Zusammenhang stehen. Ob jetzt Felder, deine Möglichkeiten, Strings, etc. ontologisch fundamental sind interessiert hier nicht. Der Physiker untersucht keine physiologischen Prozesse, denn dann würde er in erster Linie Physiologie betreiben, aber nicht Physik.

Du hast schon alle Hände voll zutun wenn du eine kleine wirklich überprüfbare Hypothese für den Neuroimagingbereich formulierst und diese auch wirklich testen möchtest.

Im übrigen ignoriere ich auch unser menschliches Erleben nicht. Im Gegenteil, das Bewusstsein ist genau das was mich interessiert und das ich versuche zu untersuchen. Du darfst das Thema Bewusstsein aber nicht so einseitig auffassen und nur mit dem uralten Leib-Seele Problem verbinden. Das Leib-Seele Problem, also das Problem das ca. in der ersten Hälfte des Interview mit Herrn Birnbacher diskutiert wurde, ist ein genuin philosophisches Problem. Man muss das Problem nicht annehmen. Nur weil man behauptet dass es sich dabei um ein Pseudoproblem handelt heißt das nicht dass das Thema Bewusstsein gänzlich vom Tisch wäre. Das Thema des Bewusstseins kann man auch ganz anders auffassen und angehen. Aber es führt zu weit auch diesen Aspekt noch hier zu diskutieren.

Wir können das gerne einmal live machen; das ist deutlich produktiver als via Chat hier.

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Philip,

ich verstehe nicht, welche Sicht auf die Welt Du hast. Deine Argumente verstehe ich nicht. Es ist sehr schwer, Deine Argumente nachzuvollziehen: Sieh mal hier: „Das ist keine Empirie, sondern eine ontologisierte Phänomenologie. Du schlussfolgerst hier nur von deinem naiven Erleben, also einem naiven Realismus (und nicht Empirie!) auf die Ontologie.“

Was mache ich da? Ich versuche mal eine Erklärung, ich versuche einen Sachverhalt verständlich zu beschreiben:

Der Sachverhalt ist: ich habe Gedanken. Das sind für mich reale Entitäten, Gedanken sind real, weil sie in jedem Gegenwartsmoment existieren, man kann sinnvoll von ihnen sprechen, es gibt einen Begriff, ich weiß daher genau, um was es sich handelt, und ich gehe davon aus, dass auch Du Gedanken hast, und genau weißt, wovon ich spreche. Sie sind existent. Ihre Gesamtheit bezeichne ich jetzt mal als Geist, bin aber da nicht festgelegt auf diesen Begriff, ich verwende diesen jetzt einfach mal rein operational.

Dieser „Geist“ in AnfüZeichen existiert als Erfahrungstatsache. Wie sonst. Es gehört zu den tiefsten Erfahrungen des Menschen, dass es ihn, mindestens in Form von Gedanken, gibt. Damit ist über seinen ontologischen Status nichts gesagt. Ich sage nur, es gibt ihn und er ist eine Erfahrungstatsache, wir brauchen für die Behauptung, dass es ihn gibt, keinen empirischen Nachweis erbringen, weil dieser Nachweis seiner Existenz in jedem Moment dadurch erbracht wird, das wir Gedanken haben und von ihrer Existenz (nur Existenz!) widerspruchsfrei sprechen können

Ist dies alles zu verstehen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du etwas grundsätzlich anderes behaupten willst, obwohl ich mir da nie sicher bin. Das ist die Grundlage, von der man ausgehen muss: es gibt einen Geist, und dies ist eine Erfahrungstatsache. Vielleicht hast Du ja ein anderes Wort für Geist, und nennst diesen Nervenaktivität, oder Struktur, aber dann hast Du bereits eine Eingrenzung und Spezifikation vorgenommen, die ich nicht teilen würde. Welchen Seins-Satus der Geist hat, das wissen wir schichtweg n i c h t . Man kann ihn nicht als Materie bezeichnen, nicht als Eigenschaft, nicht als Kraft, nicht als Feld und Welle, um mal die physikalische Ontologie zu nennen, der „Geist“, die Summe aller Gedanken, hat eine Form des Seins, für die wie keinen Begriff haben. Wenn Du den Geist nun „Struktur“ nennst, dann wählst du einen falschen Begriff, weil dieser Begriff bereits eine Bedeutung hat. Also wäre ein anderer „neuer“ eher angemessen, aber momentan habe ich keinen.

Würdest Du mit dieser Beschreibung accord gehen ?

Grüße Bernd

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Hallo,

“Der Sachverhalt ist: ich habe Gedanken. Das sind für mich reale Entitäten, Gedanken sind real, weil sie in jedem Gegenwartsmoment existieren, man kann sinnvoll von ihnen sprechen, es gibt einen Begriff, ich weiß daher genau, um was es sich handelt, und ich gehe davon aus, dass auch Du Gedanken hast, und genau weißt, wovon ich spreche. Sie sind existent. Ihre Gesamtheit bezeichne ich jetzt mal als Geist, bin aber da nicht festgelegt auf diesen Begriff, ich verwende diesen jetzt einfach mal rein operational.”

Das was du erlebst ist ein physiologischer Prozess. Damit meine ich nicht dass das was du in der Ersten-Person-Perspektive erlebst auf die Dritte-Person-Perspektive reduzierbar ist. Was ich meine ist: das was du erlebst ist nicht ein Geist, ein Bewusstsein, oder mentale Gedanken. Das was du erlebst ist die reale Physiologie selbst. Nicht die Physiologie aus Sichtweise der Dritten-Person-Perspektive der Biologie, aus der Beobachtung; nein, sondern aus Sichtweise des Organismus selbst.

Das sieht, erkennt, oder negiert das Leib-Seele Problem der westlichen Philosophie (heute der Philosophie des Geistes) aber nicht. Das Leib-Seele Problem beginnt bereits mit einer Trennung zwischen Bewusstsein und physiologischen Körperprozessen. Es postuliert einen Geist (ein Bewusstsein); ansonsten könnte man diese metaphysische Frage, also wie beide Seiten ontologisch zusammenhängen, ja gar nicht erst stellen.

Es handelt sich aus meiner Sichtweise nur um einen epistemischen Unterschied. Aber es gibt keinen ontologischen Unterschied. Ich vertete auch NICHT die Identitätstheorie der Philosophie des Geistes, die ja auch eine Position innerhalb des Leib-Seele Paradigmas ist. Denn beide Seiten sind auch nicht identisch; es gibt gar keine zwei Seiten!
Es gibt deshalb für mich kein metaphyisches Bewusstseinsproblem, zumindest nicht so wie es das Leib-Seele Problem diskutiert. Das Problem beruht auf rein logisch-denkbaren Prämissen, nicht auf empirischen.

„Dieser „Geist“ in AnfüZeichen existiert als Erfahrungstatsache. Wie sonst. Es gehört zu den tiefsten Erfahrungen des Menschen, dass es ihn, mindestens in Form von Gedanken, gibt. Damit ist über seinen ontologischen Status nichts gesagt. Ich sage nur, es gibt ihn und er ist eine Erfahrungstatsache, wir brauchen für die Behauptung, dass es ihn gibt, keinen empirischen Nachweis erbringen, weil dieser Nachweis seiner Existenz in jedem Moment dadurch erbracht wird, das wir Gedanken haben und von ihrer Existenz (nur Existenz!) widerspruchsfrei sprechen können“

Du denkst und argumentierst cartesianisch. Ich bin nicht überrascht. Das habe ich deinen früheren Beiträgen zum Thema schon entnommen. Siehe meine Antwort oben. Natürlich erleben wir. Das ist ein Fakt, ja. Der Fehlschluss ist die Attribution unseres Erlebens auf einen „Geist“. Damit trennst du a priori „Geist“ von physiologischen Prozessen. Dann musst du nachträglich wieder fragen wie du beide Seiten zusammenbekommst. Dann bist du im metaphysischen Leib-Seele Problem. Wenn du das NICHT behaupten solltest, dann frage ich dich: wo ist dann dein philosophisches Problem? Worüber diskutierst du überhaupt?

„Das ist die Grundlage, von der man ausgehen muss: es gibt einen Geist, und dies ist eine Erfahrungstatsache. Vielleicht hast Du ja ein anderes Wort für Geist, und nennst diesen Nervenaktivität, oder Struktur, aber dann hast Du bereits eine Eingrenzung und Spezifikation vorgenommen, die ich nicht teilen würde. Welchen Seins-Satus der Geist hat, das wissen wir schichtweg n i c h t . Man kann ihn nicht als Materie bezeichnen, nicht als Eigenschaft, nicht als Kraft, nicht als Feld und Welle, um mal die physikalische Ontologie zu nennen, der „Geist“, die Summe aller Gedanken, hat eine Form des Seins, für die wie keinen Begriff haben. Wenn Du den Geist nun „Struktur“ nennst, dann wählst du einen falschen Begriff, weil dieser Begriff bereits eine Bedeutung hat. Also wäre ein anderer „neuer“ eher angemessen, aber momentan habe ich keinen.

Würdest Du mit dieser Beschreibung accord gehen ?“

Ein ganz klares NEIN! Du bist für mich Dualist bzw. denkst dualistisch. Du postulierst einen Geist insofern als dass du annimmst dass dieser etwas anderes als beispielsweise physiologische Prozesse sei. Du denkst genau so wie ich dich von Anfang an richtig verstanden habe; ich habe schon verstanden was du sagen möchtest. Aus meiner Sicht drehst du dich um ein metaphysisches Pseudoproblem. Empirisch wird dazu niemals etwas kommen.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

Um es noch klarer zu machen: es gibt deshalb auch K E I N E Interaktion zwischen „Bewusstsein“ und „Gehirnprozessen“. Weil es ontologisch gar keine zwei Seiten gibt. Das Gehirn schafft auch kausal NICHT das Bewusstsein, weil das auch schon wieder Dualismus wäre. Bewusstsein ist auch kein Epiphänomen. Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben.

Es gibt keine Evidenz für einen „Geist“. Und zu behaupten dass das was du erlebst „Geist“ sei, was auch immer das im Detail sein soll, ist ein reines a priori Argument das unser Erleben somit schon kategorial vom Rest der Welt „abtrennt“. Du bist sofort im Dualismus wenn du das machst, so wie ca. 90% der Leute die über dieses Thema diskutieren.

Nochmal: du findest im Gehirn keinen Geist, kein Bewusstsein. Du findest auch woanders in der Welt keine Evidenz dafür, zero, nichts. Es gibt einen epistemischen Unterschied zwischen unserer Phänomenologie (=unserem Erleben) und dem was die Wissenschaft und Beobachtung in der Dritten-Person-Perspektive „sieht“ und analyisert, ja! Aber du machst, so wie viele Leute, implizit oder explizit einen ontologischen Unterschied daraus. Man kann das epistemisch-ontologischen oder phänomenologisch-ontologischen Fehlschluss nennen. Ein Fehlschluss von unserem Erleben und von unterschiedlichen epistemischen Betrachtungsweisen auf das was wirklich existiert.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

NOCH ein letzter Nachtrag:

Es ist, auf gut Deutsch, scheiss egal ob man das ontologisch Struktur oder sonst wie nennt. Da kann man sich streiten, alle schön und gut.

WICHTIG ist überhaupt zu verstehen was da empirisch abläuft. Man muss die Prozesse verstehen und wirklich „packen“ – man muss etwas „zeigen“, also empirisch. Wie man dass alles danach mit ontologischen Begriffen ausschmückt ist doch wirklich zweitranging. Für mich jedenfalls. Und wie will man überhaupt Ontologie betreiben ohne empirisch zu verstehen was da im Körper, Nervensystem, Gehirn und der Interaktion mit der Umwelt abläuft? Durch „logisches Nachdenken“ am Schreibtisch?

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Philipp schreibt sinngemäß, es gibt keine zwei ontologische Seiten des Bewusstseins. Das ist genau der Punkt, um den es geht. Und diesen Punkt muss man unterscheiden davon, dass es zwei Beobachtungsperspektiven des Bewusstseins gibt.
Es gibt also nur eine Ontologie, aber zwei Beobachtungsperspektiven. Wenn man sich das merkt, kann man nichts mehr falsch machen.
Vermischt man aber diese zwei Dinge (Ontologie und Perspektive), macht man genau den Fehler, den die 4 E’s machen und kommt dann folglich zu der Vorstellung, es gäbe keinen Unterschied zwischen Subjekt und Objekt.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Bevor es zu Missverständnissen bei den zwei Beobachtungsperspektiven gibt:
die eine ist mein eigenes Erleben
die andere ist die Beobachtung meines Erlebens von außen durch einen anderen Beobachter.

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Philip, Hallo Herr Stegmann,

ich habe mir gedacht, das es auf der untersten Ebene der Herangehensweise an das Grundthema der Neurowissenschaften bereits Differenzen gibt. Die muss man mal herausarbeiten.

Dennoch, ich verstehe nicht, was Du meinst:
„Das was du erlebst ist die reale Physiologie selbst. Nicht die Physiologie aus Sichtweise der Dritten-Person-Perspektive der Biologie, aus der Beobachtung; nein, sondern aus Sichtweise des Organismus selbst.“

Es ist doch eine Erfahrung, dass ich mich selbst als Subjekt und Objekt gleichzeitig sehen kann. Das heißt: der lebende Organismus kann sich selbst als Subjekt, und gleichzeitig alles, was er produziert, eben beides, als objektive reale Gegebenheit erkennen. Ich kann ich mich in einem Spiegelbild erkennen, ich bin dann Subjekt und Objekt gleichzeitig. Klar, dass ich dieses Erkennen vor dem Spiegel erlebe, ist ein physiologischer Prozess, das Sprechen darüber auch. Der physiologische Prozess hat die erstaunliche Fähigkeit, sich selbst als Subjekt und Objekt zu verarbeiten. Mein Gehirn kann aus sich heraustreten und sich selbst betrachten, und zu sich sagen „Da bist Du ja, du komischer denkender Atomhaufen, auch du Schreck, ich bin es ja selbst“ Ja und ? Muss ich deshalb die Physik und die Metaphysik aufgeben? Im Gegenteil, beides ist doch eine wichtige Handhabe, um dieses Problem anzugehen.

Grüße Bernd

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor

Hallo Bernd,

du zitierst mich und schreibst:

„Bernd: Dennoch, ich verstehe nicht, was Du meinst:
„Philipp: Das was du erlebst ist die reale Physiologie selbst. Nicht die Physiologie aus Sichtweise der Dritten-Person-Perspektive der Biologie, aus der Beobachtung; nein, sondern aus Sichtweise des Organismus selbst.““

Mich wundert nicht dass du nicht verstehst was ich meine, da du bereits im Paradigma der westlichen Philosophie (bzw. Großteile dieser) über das Thema Bewusstsein denkst, also im sogenannten Leib-Seele Problem. Ob dir das bewusst ist oder nicht spielt keine Rolle, es wird jedenfalls an deinen Beiträgen deutlich sichtbar.

Ich versuche es noch einmal kurz und knapp zu erklären, du musst mir ja nicht zustimmen, aber vielleicht verstehst du dann meine Position, auch wenn du sie wahrscheinlich für Unsinn halten wirst.

Nehmen wir die visuelle Wahrnehmung, also unser Sehen. Du wirst nun sagen: Unser Sehen ist der Geist, also das Bewusstsein. Und dann stellst du die Frage: wie hängt das Bewusstsein mit neurophysiologischer Aktivität zusammen? Wie kann es nur sein dass aus neurophysiologischer Aktivität das Bewusstsein entspringt (in welcher Art und Weise auch immer)?

Was ich dir sagen möchte ist folgendes: Das was wir sehen ist nicht der „Geist“ oder das „Bewusstsein“. Das war wir sehen ist der physiologische Prozess des Nervensystems in Interaktion mit der Umwelt selbst!

Das was du siehst _ i s t _ die Physiologie deines Körpers! Das ist für dich unvorstellbar? Ja, das glaube ich dir, deshalb postulierst du ja ein Bewusstsein, einen Geist, und landest deshalb im Leib-Seele Problem. Dann fragst du notwendig: wie hängt das Erleben mit dem Körper zusammen? Uns bums, boom, Peng, du bist in einem unlösbaren metaphysischen Problem!

Die Prozesse in Lebewesen können eben nicht nur quantitativ-mechanistisch sein, also so wie sie in der Perspektive der Wissenschaft beobachtet werden, sondern sie sind qualitativ! Das passt aber nicht in das Weltbild des Physikalismus, des Dualismus, des Idealismus, etc. Es passt nicht in das Paradigma des Leib-Seele Problems. Das sprengt die Vorstellungskraft dieses philosophischen Problems. Viele Philosophen werden behaupten: das ist ein Kategorienfehler! Physiologische Prozesse sind objektiv, Bewusstsein ist subjektiv-qualitativ. NEIN! Das IST bereits der verdammte Dualismus!

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

„Ich kann ich mich in einem Spiegelbild erkennen, ich bin dann Subjekt und Objekt gleichzeitig. Klar, dass ich dieses Erkennen vor dem Spiegel erlebe, ist ein physiologischer Prozess, das Sprechen darüber auch. Der physiologische Prozess hat die erstaunliche Fähigkeit, sich selbst als Subjekt und Objekt zu verarbeiten.“

Das ist eine Fähigkeit die man psychologisch synchrone Identität nennen kann. Man kann zwei gleichzeitig ablaufende Phänomene, also das eigene Erleben sowie das Sehen des eigenen Spiegelbildes als >identisch< erkennen. Das können einige Tiere, z.B. Schimpansen, sowie eben der Mensch. Die meisten Tiere können das nicht.

Menschen haben z.B. auch noch eine permanente Identität, die über die synchrone hinausgeht, nämlich die Identifikation des Selbst/Ich über längere Zeitetappen hinweg. Schimpansen können das, soweit das aus Verhaltensbeobachtung und -experimenten möglich ist, beispielsweise nicht.

Wir sind evolutionär aber nicht daraus ausgelegt unmittelbar in unserem naiven Alltagserleben zu erkennen, ja zu „sehen“ (so wie das eigene Spiegelbild) dass neurophysiologische Aktivität und unser Bewusstsein einfach zwei Bezugssysteme, Begriffe oder Kategorien sind, die wir zwar in unserem Erleben, in der Sprache, im Denken trennen, bei denen aber ontologisch kein Unterschied besteht. Hier besitzen wir phylogenetisch keine passende „Kategorie“ die uns das unmittelbar evident macht, es erscheint uns Konterintuitiv.

Und genau aus diesem scheinbaren Widerspruch erwächst das Leib-Seele Problem: es geht von zwei Seiten aus und fragt dann wie diese ontologisch zusammenhängen.

Philipp
Philipp
1 Jahr zuvor
Reply to  Philipp

… und große Teile der Philosophie des Geistes (zum Leib-Seele Problem) akzeptieren nicht dass es wissenschaftliche Erklärungen geben kann die gegen naives Alltagsverständnis laufen und dabei trotzdem valide sein können, ja das gerade in solchen Grenzbereichen keine Erklärungen mehr möglich sind die unter naives Alltagsverständnis und -anschauung unmittelbar befriedigen. Es geht dann nur noch „in abstracto“.

Viele Philosophen des Geistes suchen nach einer Erklärung jene die Prämisse des Leib-Seele Problems, also die von zwei Seiten, aber annimmt. Diese zwei Seiten sollen dann irgendwie „verbunden“ werden. Die Sache ist: es gibt ontologisch eben keine zwei Seiten, die gibt es nur epistemisch. Wer behauptet dass es zwei Seiten gibt nur weil er dies so erlebt… das ist eben das alte a priori Argument, dann spannt man eine künstliche Dichotomie auf. Dann soll man gerne beweisen dass es diese zweite Seite gibt…

Ferner kommt hinzu dass für einige Philosophen die Welt des logisch möglichen höher gewichtet wird als die des empirisch möglichen. Was nur allein logisch möglich ist (wie philosophische Zombies, siehe David Chalmers) wird dann schon Problem. Die natürliche Welt wird hier unter die logisch mögliche subsummiert.

Das ist in meinen Augen einfach eine …schlechte Philosophie die im Vakuum rumphilosophiert.

Philo Sophies
1 Jahr zuvor

Dear I. S. N.-I.,

with pleasure. Thank you for your interesting replication.

Yes, I know only too well this division or weighting according to the „last stage of intellectualism“. In its consequence, however, it only ever leads to dualism, which results in competition between the thinking of the natural science and humanities camps.

„Science tries to establish facts by a systematic and consistent experimental approach“, this is true. But how is it to accomplish this if it has no concepts for this purpose? Only by the fact that there was e.g. abductively the concept of the „relativity theory“, corresponding facts could be supplied afterwards. By the way, most scientists, like Einstein, Heisenberg, Schrödinger, Whitehead, etc. were all also very good philosophers. The one does not exclude the other.

The mental science, like philosophy „tries to determine truth and reality by systematic, deep thinking“, that is correct. But the emphasis here is on the „attempts.“ How is philosophy supposed to arrive at „truth and reality by systematic, deep thought“ if it lacks the facts to do so. The „logical proofs“ of the „critical thinking and the rational concept formation“ are always subject to a „Munchausen’s trilemma“, since they come in an infinite regress to no real proof, since simply the facts are missing, in order to withstand a falsification in the sense of the critical rationalism.

So, how about a real „joint venture“ at eye level, where philosophy provides the concepts and science provides the facts, as for example in „concept fact iterativity“ in „neurophilosophy“ (https://philosophies.de/index.php/2021/02/15/die-neurophilosophie/).

Thank you for your interest and
many greetings

Philo Sophies

Lieber I. S. N.-I.,

gerne. Vielen Dank für Ihre interessante Replik.

Ja, ich kenne diese Einteilung oder Gewichtung nach der „letzten Stufe des Intellektualismus“ nur zu gut. In ihrer Konsequenz führt sie allerdings immer nur zu einem Dualismus, der sich in einer Konkurrenz zwischen dem Denken des naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Lagers auswirkt.

„Die Wissenschaft versucht, Fakten durch einen systematischen und konsequenten experimentellen Ansatz zu ermitteln“, das ist richtig. Doch wie soll sie dies bewerkstelligen, wenn sie hierzu keine Konzepte hat? Nur dadurch, dass es z. B. abduktiv das Konzept der „Relativitätstheorie“ gab, konnten im Nachhinein entsprechende Fakten nachgeliefert werden. Die meisten Wissenschaftler, wie Einstein, Heisenberg, Schrödinger, Whitehead, etc. waren übrigens allesamt auch sehr gute Philosophen. Das eine schließt das andere doch nicht aus.

Die Geisteswissenschaft, wie z. B. die Philosophie „versucht, Wahrheit und Realität durch systematisches, tiefes Nachdenken zu ermitteln“, das ist richtig. Die Betonung liegt hier aber auf dem „versucht“. Wie soll die Philosophie zu „Wahrheit und Realität durch systematisches, tiefes Nachdenken“ gelangen, wenn ihr hierzu die Fakten fehlen. Die „logischen Beweise“ des „kritischen Nachdenkens und der rationalen Begriffsbildung“ unterliegen doch letzenendes immer einem „Münchhausen-Trilemma“, da sie in einem infiniten Regress zu keinem wirklichen Beweis kommen, da einfach die Fakten fehlen, um einer Falsifikation im Sinne des kritischen Rationalismus stand zu halten

Also, wie wäre es denn mal mit einem echten „Joint Venture“ auf Augenhöhe, wo die Philosophie die Konzepte liefert und die Wissenschaft die Fakten schafft, wie z. B. in der „concept fact iterativity“ in der „Neurophilosophie“ (https://philosophies.de/index.php/2021/02/15/die-neurophilosophie/).

Vielen Dank für Ihr Interesse und
viele Grüße

Philo Sophies

Bernd-Jürgen Dr.Stein
Bernd-Jürgen Dr.Stein
1 Jahr zuvor

Hallo Dirk,

Du schreibst:
„die „logischen Beweise“ des „kritischen Nachdenkens und der rationalen Begriffsbildung“ unterliegen doch letzenendes immer einem „Münchhausen-Trilemma“, da sie in einem infiniten Regress zu keinem wirklichen Beweis kommen, da einfach die Fakten fehlen, um einer Falsifikation im Sinne des kritischen Rationalismus stand zu halten.“

Das hört sich so an, als würde die Philosophie im erfahrungsfreien Raum argumentieren. Das ist aber nicht der Fall. die Metaphysik beispielsweise argumentiert auf der Grundlage kultureller Erfahrung, den tiefsten und allgemeinsten Erfahrungen überhaupt, und kann so Erkenntnisse gewinnen, die aus verschiedenen Blickwinkeln auf die Welt zustande kommen. Die Physik dagegen, die „empirischste“ Wissenschaft überhaupt“, gewinnt ihre Erkenntnisse vielfach nur aus einer bestimmten Deutung der Mathematik, und bestätigt diese Deutung immer nur t e i l w e i s e durch die Empirie. In Abwägung würde ich sagen, dass die Metaphysik in allen grundsätzlichen Fragen eher empirisch gesicherte Tatsachen behaupten kann, als die Physik.

Das mag etwas provokativ sein, aber der Philosoph denkt, und Denken geht nun mal jeder naturwissenschaftlichen Tätigkeit voraus. Ist das Denken in Theorien, die falsifiziert werden, nicht eine Art des Denkens, die die Philosophie in ihrer Art des Denken bereits vorwegnimmt?

Grüße Bernd

Dirk Boucsein
Dirk Boucsein
1 Jahr zuvor

Hallo Bernd,

vielen Dank für Deinen Kommentar zum Verhältnis von „Physik und Metaphysik“ und Deine Verve für die Philosophie, die ich besonders bei einem gestandenen Physiker gerne unterstützen möchte.

Aber genau das war eben nicht meine Intention, mal wieder den Dualismus „Geistes- vs. Naturwissenschaftler“ aufzumachen, sondern für ein echtes „Joint Venture“ zu plädieren.

In diesem Sinne wünsche ich allen ein frohes und friedliches Osterfest 🐰 und
liebe Grüße

Dirk 🙋‍‍♂️