Gastbeitrag von Dipl. Ing. Jürgen Uphoff: „Das Kardinal-Prinzip der Natur? Dialektische Phänomenologie der Materie – Versuch einer Grundlegung“
Der Autor Jürgen Uphoff des hier vorliegenden Essays hatte bereits vor Kurzem einen Gastbeitrag „Die Quantentheorie – Methodische Kritik“ auf meiner Seite veröffentlicht. Hier kommt nun die „Fortsetzungsgeschichte“, die vielleicht auch durch die rege und gehaltvolle Diskussion in den Kommentarbereichen von Bernds Essay „Das Ding an sich“ angeregt worden ist.
Jürgen versucht aus meiner Sicht dieses Problem mit dem „Ding-an-sich“ nochmal aus einer ganz anderen Perspektive zu beleuchten, deren Methodik er als „Dialektische Phänomenologie der Materie“ bezeichnet und meines Erachtens eine „Synthese aus Ontologie und Epistemologie“ anstrebt. Hierbei beabsichtigt er den Begriffen „Materie“ und „Bewusstsein“ eine Neudefinition zu geben, die er mit Hilfe der Hegelschen Dialektik herleiten möchte. Nach meiner bescheidenen Meinung gelingt hierbei nicht die Überwindung des vermeintlichen Dualismus, die ich auch schon häufiger in alten Essays (z. B. „Der Paradigmenwechsel – oder die Sanierung des dualistischen Wissenschaftsgebäudes“) erwähnt hatte.
Aber das war von Jürgen wahrscheinlich auch gar nicht intendiert, da es ihm wahrscheinlich eher um eine neue Form des Monismus für den Materialismus geht. Aber bevor ich hier zuviel „hineinorakele“, soll Jürgen besser zu Worte kommen und seine Idee vorstellen. Über einen ebenso regen Kommentaraustausch oder positive, wie negative Rückmeldungen würden der Autor und ich sich sehr freuen.
Das Kardinal-Prinzip der Natur?Dialektische Phänomenologie der Materie – Versuch einer Grundlegung
Schlüsselbegriffe
Materie / Bewusstsein, Sein / Seiendes, Kausalität / Randbedingung, Gleichgewicht / Ungleichgewicht, Spannungszustand / Wechselwirkung, Logik / Dialektik, Widerspruch / Synthese, Zufall / Notwendigkeit, Reproduktion / Emergenz.
Einleitung
Wir nehmen mit unseren nach außen gerichteten Sinnen eine äußere Welt wahr, die wir in unserem wissenschaftlichen Bewusstsein (im Folgenden nur Bewusstsein) zunächst als chaotische Mannigfaltigkeit registrieren, die aber dann schließlich in einer Theorie geistig reproduziert werden kann.
Der aktive Teil des Bewusstseins, der Verstand, wird durch diese chaotische Datenfülle angeregt, sie zu bearbeiten, zB. aufgrund seiner angeborenen Tendenz zur Musterbildung, oder einer Einteilung in Klassen nach dem Kriterium der Ähnlichkeit etc. Allgemein sieht es so aus:
Der menschliche Reproduktions- & Wahrnehmungsapparat verfügt über eine reproduzierende & vergleichende Beobachtungsgabe.
Der menschliche Verstand versucht das, was er wahrnimmt, in einer konsistenten Theorie zu verstehen und in der Regel mathematisch formalisiert abzubilden.
Die menschliche Vernunft versucht die Theorie zu interpretieren, um eine Ontologie zu konstruieren, die die objektive Realität abbilden soll.
Aufgabe der philosophischen Reflexion ist es, herauszufinden, ob der universellen Evolution auch ein universelles Prinzip zugrunde liegt, wie es abgeleitet und begründet werde kann. Ein grundlegendes Prinzip verdient auch eine prinzipielle Begründung! Dabei orientiere ich mich im Allgemeinen an den Resultaten der Naturwissenschaften, was jegliche transzendenten Erklärungs- oder Begründungsmuster ausschließen soll und den Fokus allein auf jene Entitäten der Natur richtet, die physikalisch abgedeckt sind. Im Konkreten wähle ich den Prozessmechanismus von chemischen Reaktionen als Mustervorlage weil ich vermute, dass dieses chemische Prozess-Muster eine konkrete Erscheinungsform des allgemein-universellen Grundmusters darstellt und experimentell gut zugänglich ist.
Ein chemisches System reagiert dann, wenn es durch einen inneren oder äußeren Einfluss dazu angeregt wird unter der Bedingung, dass reaktionsfähige Materie vorhanden ist, die Anregung einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, also stark genug ist und das Endprodukt stabiler ist, also ein Energie-Gradient vorliegt.
Als Beispiel diene eine der einfachsten chemischen Reaktionen, die Verbrennung von Ruß zB. bei einem Kaminbrand. Die Verbrennung ist grundsätzlich eine chemische Reaktion mit dem Sauerstoff »O2«, konkret hier mit Ruß, chemisch: Kohlenstoff »C«, der zu Kohlendioxid »CO2« oxidiert wird. Die Reaktionsgleichung sieht wie folgt aus:
C + O2 => CO2 + ΔH ΔH: Reaktionsenthalpie, eine Energieform
Das Freiwerden der Enthalpie ΔH weist darauf hin, dass das Reaktionsprodukt CO2 weniger Energie enthält, als die Summe der Ausgangsstoffe C und O2 – mithin einen stabileren Zustand einnimmt, sodass die Reaktion sofort spontan einsetzen müsste, sobald Kohlenstoff mit dem Luftsauerstoff in Berührung kommt, da natürliche Systeme stets auf den stabilsten Zustand evolvieren. Wir wissen aber, dass sich permanent Ruß mit Luft-Sauerstoff im Kamin befindet, trotzdem fackelt nicht permanent der Kamin ab! Das liegt daran, dass das System C + O2 selbst schon eine gewisse Stabilität, oder umgekehrt eine chemische Trägheit hat und diesen Zustand nicht ohne Zwang verlassen kann; es bedarf eines Anstoßes, einer Aktivierungsenergie EAkt., in Falle der Verbrennung einer Zündenergie EZünd, die die Zündtemperatur vom Kohlenstoff überschreitet bis zur Verbrennungstemperatur und dann geht die Post ab: alte chemische Bindungen werden aufgerissen, neue müssen entsprechend den veränderten Bedingungen angepasst und etabliert werden; das System reagiert auf den invasiven Eingriff mit einer strukturellen Anpassung mit entsprechend neuen Eigenschaften.
Der gesamte 3 phasige Prozess kann in einem Energie-Diagramm anschaulich dargestellt werden:
Meine Hypothese
Aus dem chemischen Reaktionsprofil lässt sich ablesen, dass es hier ein Muster von drei Phasen gibt, das stets durchlaufen wird, wenn so etwas wie ein chemischer Prozess stattfindet – in unterschiedlicher Länge und Intensität.
Phase A: System im stabilen Gleichgewicht = Ausgangs- Zustand.
Phase B (1. Negation): Eine Störung bzw. Anregung bringt das System aus dem Gleichgewicht und erzeugt einen instabilen Ungleichgewichts-Zustand der Störungsverarbeitung.
Phase C (2. Negation): Die Synthese führt über strukturelle Anpassung erneut in ein stabiles Gleichgewicht durchaus mit neuen Eigenschaften und höherer Komplexität.
Dieses konkrete chemische Muster lässt sich durchaus auf das Allgemeine übertragen: Entstehung, Entwicklung und Bewegung im allgemeinsten Sinn sind dann grundsätzlich Resultate widersprüchlicher materialer diploider Verschmelzungsprozesse. Dabei stellt sich heraus, dass das Vorhandensein eines Substrates zwar notwendig, aber nicht hinreichend ist, dass das Wesentliche, die treibende Kraft nicht eine besondere Substanz oder Eigenschaft ist, sondern eine Relation: es muss ein Anderes, einen Widerspruch, einen Unterschied geben, der eine Spannung zwischen den zwei Zuständen erzeugt und erst diese befähigt zu einer Wechselwirkung; das „Essenzielle“ wird nicht durch eine „Substanz“, sondern durch eine bestimmte Wechselwirkung in Form einer Relation, Struktur, Beziehung, Kommunikation oä. zwischen unterschiedlichen Zuständen repräsentiert:
Wesentlich ist die Erzeugung eines Gradienten, das Verlassen des Gleichgewichtszustandes.
Es ist egal, w a s den Gradienten erzeugt, essentiell ist, d a s s er erzeugt wird.
Beispiele.
In der Thermodynamik sorgt ein Temperatur-Gradient zwischen zwei Zuständen (zB. Fluide) für Prozess-Bewegung (Wärmekraftmaschinen, Kühlschränke); der Höhenunterschied eines Stausees erzeugt den elektrischen Strom; unterschiedliche Einkommen erzeugen sozialen Unfrieden und ein ausgebrannter (= aus dem Gleichgewicht gekommener) Stern kollabiert und explodiert. Diesen völlig unterschiedlichen Beispielen liegt ein Gemeinsames zugrunde: der Gradient und infolgedessen Bewegung, die Fähigkeit der Wechselwirkung & Veränderbarkeit, die Prozesshaftigkeit.
Voraussetzungen, Klärung, Definitionen, Verhältnis M/B
Wenn etwas wahrgenommen wird, können wir davon ausgehen, dass auch etwas existiert, das wahrgenommen werden kann: die objektive Realität, die wir jetzt mit dem Begriff der Materie (als Summe aller Objekte und Strahlung) repräsentieren.
Als erstes soll geklärt werden, in welchem Verhältnis das erkennende Bewusstsein (Subjekt) zum Gegenstand der Erkenntnis (Objekt) steht: auf der einen Seite die Natur bzw. die objektive Realität mit ihren realen Objekten, die Materie – auf der anderen das subjektive menschliche Bewusstsein, das sie abzubilden versucht.
Das ist die Haltung des philosophischen naiven Realismus mit klarer Subjekt-Objekt-Trennung: es existiert eine objektive Realität außerhalb des menschlichen Bewusstseins, die tendenziell von diesem erkannt werden kann. Diese Haltung spiegelt die Situation wider, wie wir sie als tatsächlich wahrnehmen. Sie ist die adäquate Entscheidung über den Zustand der Ausgangs-situation des erkennenden Bewusstseins. Hier schon Kritiken zB. aus der Quantenmechanik, anzubringen, wäre tautologisch.
Die vorerst nur vorläufigen Begriffs-Definitionen legen wir wie folgt fest:
Definition Materie
Materie ist eine philosophische Kategorie zur Bezeichnung des außerhalb des menschlichen Bewusstseins existierenden Seienden.
Definition Bewusstsein
Bewusstsein ist eine philosophische Kategorie zur Bezeichnung der kognitiven menschlichen Instanz, deren Verstandestätigkeit tendenziell in der Lage ist, die Materie und ihre Bewegungs- & Erscheinungsformen in Theorien abzubilden.
Diese beiden Seins-Bereiche der materiellen Ontologie & ideellen Epistemologie sind zunächst (analytisch) sauber auseinander zu halten und ihr Verhältnis ist zu bestimmen.
Verhältnis Materie / Bewusstsein
Materie & Bewusstsein stellen sich in dieser Situation zunächst als Verhältnis von wahrnehmbaren Objekten und deren kognitiver Repräsentation als Bewusstseins-Inhalte dar; erst im aktiven mentalen Verarbeitungsprozess der Daten bestimmen sich Bewusstseinsinhalte & repräsentierte Materiesymbole und -begriffe wechselseitig.
Das zunächst rudimentäre Bewusstsein sieht sich mit einer unübersehbaren Mannigfaltigkeit konfrontiert, die als sinnliche Wahrnehmung durch die wahrnehmenden Sinne dem Bewusstsein als Bewusstseins-Inhalte vorliegen. Dieser vorerst chaotische empirische Datenbestand „affiziert“ den Verstand des Bewusstseins, dieser reagiert zunächst nur rein phänomenologisch mit dem, was ihm von Natur aus mitgegeben wurde: Musterbildung, Klassifizierung aufgrund wahrnehmbarer Merkmale, Neugier, etc.; schließlich setzt eine systematische Erkenntnis-Tätigkeit ein, dergestalt, dass sich in der Auseinandersetzung im Bewusstsein selbst sukzessive ein differenziertes Erkenntnis-Instrumentarium, Methodenvielfalt sowie umfassende Fertigkeiten und Fähigkeiten entwickeln während sich auf der anderen Seite langsam die wundersame Verwandlung des Daten-Chaos in Strukturen einer Theorie zeigt.
Außenwelt <=> Sinne, Wahrnehmung < => menschliches Bewusstsein, Erkenntnisapparat
Dialektik des sich entwickelnden Wissens/Bewusstseins und der sich entwickelnden Fertigkeiten/Fähigkeiten
Das Schaubild verdeutlicht die Situation: durch den sinnlichen Datenstrom bzw. Datenbestand der Wahrnehmung initiiert, entstehen im allgemeinen menschlichen wissenschaftlichen Bewusstsein zwei Wachstumsprozesse, die sich wechselseitig modellieren; der eine erzeugt aus den Sinnesdaten eine strukturierte Theorie, der andere erzeugt kumulative Kompetenz.
Die sinnliche Wahrnehmung allein reicht für eine hinreichend sichere Erkenntnis nicht aus, weil wir nicht mal sicher entscheiden und wissen können, ob, wie weit und in welcher Weise sie eingeschränkt ist oder wie nahe sie an der tatsächlichen Realität ist. Man liegt sicher nicht daneben, wenn man davon ausgeht, dass sie einschränkt und filtert. Eine weitere Einschränkung findet durch die „algorithmische Kompression“, dem mathematischen Formalismus statt, bei dem „Marginalien“ unter den Tisch fallen.
Und die sinnliche Wahrnehmung ist zudem nicht zuverlässig, denn am realen Bewusstsein hängen auch meist unbewusste menschliche Projektionen: Bedürfnisse, Wünsche und Prägungen, die die Objektivität der Daten & Theorien „verwässern“, zu verfehlten Interpretationen führen und im Laufe der Theorien-Entwicklung erkannt und korrigiert werden müssen: die Geschichte der Naturforschung ist auch eine Geschichte der Rücknahme dieser Projektionen und damit einer Objektivierung der Theorien.
Wenn wir streng objektiv vorgehen wollen, dann stellt sich die Frage nach dem voraussetzungslosen, aber eben nicht konsequenzlosen Anfangszustand und es ergeben sich (außer der Asymmetrie) folgende zwei Probleme:
- Wenn wir allgemein nach dem Grund oder Ursache eines Ereignisses fragen, wenden wir den Kausalsatz an; damit wenden wir an, was eigentlich entwickelt werden sollte und das führt uns in den Zirkelschluss: wir setzen voraus, was begründet werden soll.
- Außerdem bringt der Kausalsatz uns in eine unendliche Regression, denn wir können unendlich oft die Ursprungs-Frage stellen und kommen zu keinem finalen Ergebnis. Das Problem der Letztbegründung wird durch das Münchhausen-Syndrom karikiert: Man kann sich nicht selbst an den Haaren aus einer Situation ziehen! Übersetzt: Man kann keinen Sachverhalt bzw. keine Aussage durch sich selbst begründen, wie schon Aristoteles bemerkte.
Entweder startet ein grundlegender Werdungsprozess aus einem voraussetzungslosen Anfang (wie immer der auch aussieht), oder er ist schon ewig existent, was auf das Gleiche hinausläuft. Die Ewigkeit als zeitliche Unendlichkeit wie auch die räumliche Unendlichkeit sind schwer (be-) greifbar, weshalb nur der voraussetzungslose Anfang zu betrachten übrig bleibt und wenn der nicht zu ermitteln ist, muss er postuliert werden! Gleiches gilt für den Kausalsatz.
Der Ultimative Anfangszustand
Einen absolut homogenen und isotropen Zustand (wie Hegel’s reines Sein) als Postulat zu setzen, ist mE. eine nicht zulässige Vor-Auswahl und schon rein statistisch extrem unwahrscheinlich – verglichen mit den unendlich vielen Möglichkeiten „inhomogener & anisotroper“ Zustände: es gibt unendlich viele Möglichkeiten eines inhomogenen Zustandes, aber nur ein einziger ist ein vollkommen rein homogener & isotroper, er ist der unwahrscheinliche Sonderfall aller möglichen Zustände.
(Hegels reines Sein ist eben die höchste Begriffs-Abstraktion: bar jeder Eigenschaft (außer der der nackten Existenz), steril und komplett impotent: es erzeugt nichts, weil kein Gradient da ist, weshalb Hegel ja auch die negative Begriffsbestimmung (das Nicht-Sein) braucht.)
Wenn wir aber nach der ontologischen Entstehung und dem Zustand der Materie fragen, ist der reine Zustand eine Idealisierung; realistischer und umfänglicher ist ein bestimmter Grad (n) an „Kontamination“, an Inhomogenität & Anisotropie und Hegels System ergäbe sich bei n = 0.
Bei n > 0 existieren lokale Fluktuationen: Ansammlungen, Unregelmäßigkeiten, Keime der Bewegung mit zunächst schwacher Virulenz. Da es ein geschlossenes einheitliches System ist, können Impulse nicht abfließen, sondern verursachen etwas. Es entstehen Rückkopplungs-Prozesse, bei denen Größen auf sich selbst rückwirken und Interferenz-Prozesse, bei denen sich Bewegungen überlagern, Interferenzen bilden und sich aufschaukeln können, die die Fluktuationen durch Selbstverstärkung anwachsen lassen. Erreichen diese Prozesse einen bestimmten quantitativen Schwellenwert, bilden sie die Fähigkeit der Orts-Bewegung & Wechselwirkung, die zu Interaktion und Anregung und damit systemverändernd zu Evolution führt.
Der voraussetzungslose Anfangszustand ist also gekennzeichnet durch die Einheit & die Zusammengehörigkeit zweier strukturloser polarer Zustandsphasen: der homogenen und nicht-homogenen, eine Einheit von Unordnung & Ordnung, Chaos & Kosmos (oder mit Hegel: von reinem Sein und dem, was nicht das reine Sein ist, das Nicht-Sein).
In einer Axiomatik könnte das erste Axiom dann wie folgt lauten.
Axiom 1 (Postulat).
Es sei der Anfangszustand der Materie (M0) gesetzt als Einheit des Seins,
als intrinsische Zusammengehörigkeit eines homogenen Zustands (M0+)
und seiner Negation, der Fluktuation (M0–)
M0 = (M0+, M0–)
Axiom 1 definiert den Anfangszustand, legt die ganzheitliche systemisch-widersprüchliche Perspektive fest und fordert bei Problemstellung die Beachtung der coincidentia oppositorum und gilt nicht nur für den ultimativen Anfang, sondern entsprechend für jeden Anfang eines Prozesses, der freilich definiert werden muss.
Ist eine der Fluktuationen geeignet, irgendeinen Gradienten zu erzeugen, startet ein systemverändernder Prozess; das kann dadurch passieren, dass die Interferenz einer Fluktuation einen Schwellenwert überschreitet, die als Störung oder Anregung des Systems aufgefasst werden kann. Das System wird durch diesen Spannungszustand angeregt und destabilisiert (negiert) und es reagiert auf diese Anregung mit einer turbulenten instabilen Zwischenphase, in der es sich durch Neuorientierung an die veränderten Bedingungen strukturell anpasst. Dementsprechend könnte das zweite Axiom dann lauten:
Axiom 2 (1. Negation)
Kommt es unter oder anhand der Wirkung der Negation (Fluktuation)
zu einer Eigenschaft, die geeignet ist, einen Gradienten zu erzeugen
und damit das Gleichgewicht-System nach Axiom 1 zu stören bzw. anzuregen,
wird das System aus dem Gleichgewicht in ein Un-Gleichgewicht getrie-
ben und nimmt einen instabilen Zwischenzustand der Neu-Orientierung
& -ausrichtung an.
Axiom 2 stellt den Zusammenhang zwischen Ausgangszustand und seiner Negation, der Fluktuation, her und fragt nach dem Gradienten als der Ursache der Instabilität bzw. Veränderung.
Diese Orientierungsphasen im turbulenten Chaos können extrem kurz oder länger ausfallen, je nach Intensität und Komplexität. Bei diesen Prozessen der Negation eines Zustandes wird Energie transferiert, die in der energiereichen und deshalb instabilen Zwischenphase organisiert werden muss. Das geschieht durch Umlagerung und struktureller Neu-Orientierung und führt uns zu
Axiom 3. (2. Negation)
Es sei M die Synthese, das Seiende, als Resultat der Wechselwirkung,
in der der Gradient des aktivierten instabilen Systems durch abermalige Ne-
gation (NdN) aufgelöst und in einen neuen stabilen Gleichgewichts-Zu-
stand mit möglicher veränderter Komplexität und synergetischen neuen
Eigenschaften getrieben wird.
Axiom 3 ist die Negation der ersten Negation (NdN) und definiert einen Zustand als resultierende Synthese der vorangegangenen invasiven Störung bzw. Anregung; das involviert zugleich, dass die Synthese prinzipiell die beiden Bestimmungen seiner Konstituenten in sich trägt. Die Synthese ist der relative Abschluss dieser triadischen Basis-Dynamik der Dialektik.
Formal lässt sich dieses Grundprinzip der materiellen Bewegung wie folgt wiedergeben:
Der Index “0” bedeutet, dass es sich um die Anfangsbedingungen handelt, die postuliert werden, während „M“ ohne Index als Funktion (f) seiner Konstituenten die tatsächliche prinzipiell erfassbare Existenz der Materie repräsentiert, symbolisiert die Wechselwirkung der Komponenten, aus der durch Synergieprozesse mögliche neue System-Eigenschaften „E“ hervorgehen.
Da ja erst eine Störung das System aus dem Gleichgewicht bringt, lässt sich daraus folgern, dass ein Gleichgewicht ein bevorzugter Zustand ist, den das System nicht ohne Zwang verlässt und den es entsprechend der Anpassung „automatisch“ wieder einnimmt; während die erste Negation, die Fluktuation, etwas Kontingentes, Zufälliges an sich hat, sieht es bei der 2. Negation, der Synthese, nach einem Zwang zum Gleichgewicht, nach etwas Gesetzmäßigem, Notwendigem, aus – vor Allem, weil sich rein logisch unendlich viele mögliche Ungleichgewicht-Zustände geradezu aufdrängen.
Das konkrete Seiende M hat nun die 2. Bestimmung der Zeitlichkeit, des Gegenwärtigen an sich (das Sein hatte nur eine einzige, die der Existenz): es hat definitiv eine Ursache (der Widerspruch im Sein, Axiom 2), kann selbst zur Ursache werden, wenn es zur Wechselwirkung angeregt wird und ist damit evolvierfähig (Axiom 3) und hat – mind. der Möglichkeit nach – ein Ende. Alle Materiestücke lassen sich als Teilmenge des Seienden auffassen.
Das Produkt ist also das Resultat der zufälligen Störung und der gesetzmäßigen Verarbeitung derselben, dergestalt, dass das System energetisch gezwungen wird, durch eine erneute Negation einen Qualitätsumschlag, eine Anpassung der Struktur vorzunehmen, eigene Anteile umzulagern, fremde Anteile zu integrieren & zu konservieren; die Synthese selbst erscheint mit neuer synergetischer Eigenschaft E ausgestattet – als konkretes Seiendes (M).
Die Axiome 2 & 3 sind demnach auch keine hypothetischen Postulate mehr, sondern ergeben sich aus dem Axiom 1 und der Annahme einer einsetzenden Dynamik. Mir ist bewusst, dass diese – wahrscheinlich prinzipiell weder zu verifizierende noch zu falsifizierende – ultimative Anfangsverteilung der Protagonisten immer noch recht unbestimmt ist. Das hätte nur dann eklatante Konsequenzen, wenn ein durchgängiger strammer Determinismus vertreten würde und das Resultat der kosmischen Evolution in der A-Verteilung schon codiert vorläge.
Konsequenzen – Charakterisierung der Materie
Das in die Zeit getretene Seiende lässt sich nun der Totalität der Materie M zuordnen, so wie Materie als Teilmenge des Seienden definiert werden kann. Nach dem vorstehend Ausgeführten lässt sich „Materie“ nun durch folgende Grundsätze (die auch als Grundsätze der materialistischen Anschauung gelten können) charakterisieren:
- Ontologisch handelt es sich bei der Totalität der Materie um eine zusammengehörige Einheit kontrastierender Eigenschaften mit einem gemeinsamen Singularitäten-nahen Ursprung. Ihre Phänomene sind grundsätzlich Resultate mindestens diploider Verschmelzungsprozesse dialektisch-synthetischer Natur und deshalb prinzipiell mit einer Doppel-Bestimmung behaftet.
- Das treibende Moment eines materialen Prozesses ist der intrinsische Widerspruchs-Charakter, der durch Mechanismen der Negation seine eigene Dynamik erzeugt.
- Dieser Negation liegt ein Qualitätsumschlag zugrunde, der sich einstellt, wenn quantitative Änderungen einen system-spezifischen Schwellenwert überschreiten: bei der ersten Negation ist es die durch Zufall entstehende Wechselwirkung und Vertreibung aus dem Gleichgewicht, bei der zweiten (NdN) die gesetzmäßige Rückkehr des Gleichgewichts (wie energetische Verhältnisse es erzwingen) auf erweiterter Stufenleiter, da die Komplexität des Systems zunehmen kann.
- Durch die Unabhängigkeit von externen Quellen erweist sich die Materie als autopoietisch (selbsterzeugend & -organisierend), selbstreferentiell (selbstbezogen) und autonom (eigengesetzlich), wie die Nichtlineare Physik sie beschreibt (Systemtheorie).
- Strukturale Grundeinheit im Netz der Wechselwirkungen ist das Kausalitäts-Prinzip, das zu jedem Ereignis und Zustand ein auslösend wirkendes Ereignis (Ursache) fordert. Axiom 1 & 3 beziehen sich auf Zustände, Axiom 2 bezieht sich auf die Dynamik, die sie verbindet.
- Da die Materie sich in ihrer widersprüchlichen Selbstbewegung aus einem Singularitäten-nahen in einen hochkomplexen Zustand entwickelt hat, bildet sie dementsprechend eine zusammengehörige intrinsische Einheit.
- Die Bedingungen, die zu einem Widerspruch führen (zB. zufällig auftretende Fluktuationen oder Störungen von außerhalb eines Systems) sind eher kontingenter (zufälliger) Art, aber die Tendenz zum Gleichgewicht wird energetisch erzwungen, was bedeutet, dass wir im Naturgeschehen ebenfalls eine Einheit von Zufall & Notwendigkeit haben, was die enorme Vielfältigkeit & Vielgestaltigkeit der Materie plausibler macht.
Epistemologisch zwingt die Dialektik zu einer Ganzheitsbetrachtung und die Dinge aus ihrem immanenten widersprüchlichen Verhalten, aus ihrem Gradienten unter bestimmten Randbedingungen heraus zu verstehen. Versteht man den Gradienten, versteht man den Vorgang.
Dialektik ist von der Art, die auf eine einseitige Aussage antwortet: ja stimmt, da ist aber noch der andere Aspekt hinzuzufügen … eine skeptische Methode, die ihre eigene Lösung findet.
Anmerkung zum Verhältnis Dialektik und klassische Logik.
„Unter der klassischen Logik versteht man ein logisches System, das die Aussagen-, die Prädikatenlogik erster oder höherer Stufe sowie im Allgemeinen den (logischen) Identitätsbegriff enthält. Eine erste Axiomatisierung eines solchen Systems hat Gottlob Frege in seiner Begriffsschrift (1879) entwickelt.
Die klassische Logik ist durch genau zwei Eigenschaften gekennzeichnet:
Jede Aussage hat nur einen einzigen von genau zwei Wahrheitswerten, meist falsch und wahr (Prinzip der Zweiwertigkeit/Bivalenzprinzip).
Der Wahrheitswert jeder zusammengesetzten Aussage ist eindeutig durch die Wahrheitswerte ihrer Teilaussagen bestimmt (Prinzip der Extensionalität).“
So steht’s in Wikipedia! Hiernach sollte klar sein:
Die klassische eindimensionale Logik ist ein Regelwerk des folgerichtigen Denkens und keine Erkenntnismethode, die uns Auskunft über die tatsächliche Realität gibt.
Sie ist starrer Natur und fokussiert auf einen Zeit-Punkt, macht sozusagen eine Momentaufnahme und behauptet dann zu Recht die Unvereinbarkeit bestimmter Aussagen.
Beispiel:
A und Nicht-A: „A ist zugleich Nicht-A“
zB. „die Rose ist rot und zugleich nicht rot.“)
(Die logische Negation wird idR. mit der Verwendung von „ist nicht …“ gebildet, nicht mit „blau“.)
denn es gilt:
nicht (A und Nicht-A): „A und Nicht-A können nicht zugleich wahr sein
(die Rose kann nicht zugleich rot und nicht rot sein).
In der klassischen Logik der Aussagen (in Subjekt-Objekt-Relationen) geht es um „sichere Wahrheit dieser Aussagen“, da ist der Widerspruch ein apodiktischer: das Wort „nicht“ hat die Bedeutung apodiktisch etwas zum Verschwinden zu bringen, auszuschließen.
In der Dialektik geht es um adäquate, korrelierte Abbildung von Tatsachen und man spricht davon, dass bipolare Systeme sich selbst identisch und zugleich nicht identisch sind, da sie grundsätzlich aus einem Gradienten hervorgehen und den Widerspruch, die Tendenz bzw. die Möglichkeit zur Änderung, immanent in sich tragen.
Beim dialektischen Widerspruch handelt es sich nicht um die rigorose Entfernung eines Teils eines Systems, aber der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch wird nicht verletzt, sondern behält auch in der Dialektik seine Gültigkeit. Falsche Aussagen sind auch in der Dialektik falsch!
Die Dialektik kann als eine 3-dimensionale Methodik und als das „Prinzip der Materie“ schlechthin aufgefasst werden; sie ist wesentlich dynamischer Natur, ein Prinzip des Werdens.
Die e i n e Dimension stellen die zwei Pole dar, die z w e i t e den vorwärtstreibenden Widerspruch unter gegebenen Bedingungen und die d r i t t e kennzeichnet die unterschiedlichen Ebenen der Aufwärtsentwicklung (Synthesen) zu höherer Komplexität.
Sie fokussiert nicht starr auf einen Zeitpunkt, sondern betrachtet das raumzeitliche zusammenhängende komplexe Ganze als permanente Bewegung & Veränderung: steter Wechsel von Gleichgewichts- & Ungleichgewichts-Zuständen infolge ihrer eigenen Widersprüchlichkeit. In der Dialektik hat das Wort „nicht“ keinen vernichtenden Charakter oder keine ausschließende Funktion: in der Identität von Sein und Nicht-Sein repräsentiert es das, was über ein (analytisch betrachtet) isoliertes Sein hinausgeht und zu ihm in Opposition, im Widerspruch steht; es macht den Unterschied, das Anders-Sein, das aber dennoch zum Sein dazugehört und, wenn es virulent wird, dieses in seiner absoluten Bedeutung negiert und in letzter Konsequenz verändert und entwickelt.
In der gedanklichen Reproduktion natürlicher Verhältnisse verbietet die klassische Logik als Denkregel einen Widerspruch, in der Dialektik dient der die Bewegung erzeugende Widerspruch geradezu als Existenz-Bedingung der Materie, weil sonst die Eigendynamik eines Systems nicht beschrieben und verstanden werden kann. Hier finde ich allerdings den Begriff „Gradient“ angebrachter, da er auch in den Naturwissenschaften und der Mathematik gebräuchlich ist.
Bezug zum derzeitigen physikalischen Sachstand
M.E. unterstützt die Entwicklung des physikalischen Weltbildes die Plausibilität obiger Ausführungen:
Die Entwicklung einer Theorie erfolgt stets über einen eigenen zB. experimentellen Widerspruch, oder einen Widerspruch der Vorgängerin (zB. der Widerspruch zwischen Mechanik und Elektrodynamik, dessen Lösung zur SRT führte oder die „anormale“ Perihel-Bewegung des Merkur in der Newtonschen Mechanik, die in der ART erledigt wurde).
Das Aktivierungsprinzip findet sich manifest im chemischen Formalismus wieder, aber auch im Grundgesetz der Mechanik, wenn erst die Trägheit überwunden werden muss, um ein Kfz in Bewegung zu bringen.
Dass Gleichgewichtskonzept ist Thema der Thermodynamik, auch weitab vom Gleichgewicht (Ilya Prigogine).
Thematisch beherrscht die Quantenmechanik die elektrodynamischen Quantenfelder, kennt aber die Gravitation nicht – die Relativitätstheorie beherrscht die Gravitation und ihre räumliche Struktur, kennt aber keine Quanten; die Vereinigung dieser beiden Grundlagen-Theorien verbindet die quantenhafte poröse Struktur des materiellen Raumes mit der Verteilung der aus ihm gebildeten Materie-Objekte (als eine Interpretations-Variante). Die Wechselwirkung der Quantenobjekte (Moleküle und kleiner) ist elektrodynamischer Art, die großräumigen kosmischen Strukturen Sache der Gravitation.
Dann wäre der beschriebene ultimative Anfangszustand von der Art einer „quantisierten Riemann‘schen Mannigfaltigkeit,“ die die Möglichkeit der Materie-Produktion in sich selbst trägt. Als Inhomogenitäten erweisen sich Quantenfeld-Prozesse, Fluktuationen, Dichteschwankungen, Impulse, Interferenzen, etc.
Zusätzlich bestätigen die Nichtlinearen Theorien (System- & Chaos-Theorie, ua.) die Fähigkeit der Materie zur Selbstorganisation gerade auch im Hinblick auf Asymmetrien; sie sind es, die ein System letztendlich in einen innovativen Prozess führen.
Die philosophische Konsequenz
Der Vorteil der Dialektik liegt mE. wegen des System- & Einheitsgebotes bei ihrer relativen Geschlossenheit mit implementierter Eigen-Dynamik in Form Gradienten-induzierter Bewegungs- & Prozessfähigkeit auf der Hand. Sie ist die adäquate, weil plausibelste Methode einer zu re-konstruierenden Ontologie. Die dialektische Auffassung der Widersprüchlichkeit als Prozess-Treiber ist ausnahmslos in allen dynamischen Bereichen & Systemen zu finden, von der physikalischen bis in die psychologisch-mentale Ebene.
Obige Ausführungen dienen ebenfalls als Begründung und Charakterisierung eines Materialismus, dessen Maxime u.a. besteht darin, das Natur & Kosmos existieren, weil die Materie in sich widersprüchlich und zur Gradientenbildung & Wechselwirkung befähigt ist; diese Materie schafft ihre eigene Realität und die Beschaffenheit der Realität ist eine Funktion der Materie so, wie die Bedingungen der Realität die Bewegungsform der Materie (mit-) bestimmen.
Der Unterschied zwischen einer dialektischen und einer nicht-dialektischen Perspektive ist u.a. folgender: es lässt sich historisch-genealogisch zeigen, dass in der Bewertung/Beurteilung hins. in Rede stehender Themen von Nicht-Dialektikern oft einseitig verabsolutiert wird: entweder freier Wille oder nicht, entweder vererbt oder sozialisiert, entweder Teilchen oder Welle, entweder Raum oder Materie, etc.. Das „entweder … oder“ wird in der Dialektik ersetzt durch eine „sowohl … alsauch“-Konstruktion, die aus dem 1. Axiom folgt und dementsprechend eine Ganzheitsbetrachtung erfordert. Beim Thema „Teilchen oder Welle“ tritt dann kein separierender Dualismus auf (den es in einer Einheitlichkeit garnicht geben kann), sondern die vereinigende Dialektik: Quanten sind dann eine Einheit von Teilchen- & Wellen-Eigenschaften. Wenn man noch hinzunimmt, dass der elektrodynamische Feld-Charakter der Materie in den Tiefen des Mikrokosmos über den Teilchencharakter überwiegt und Elektronen dann eben nicht mehr als ponderable Kügelchen aufgefasst werden können, sondern als elastische Mikro-Felder (ähnlich dem Wellenpaket Schrödingers), hätten wir ein paar Deutungsprobleme weniger. Allerdings müsste es sich in einer Forderung der Modifikation der Schrödinger-Gleichung manifestieren, ähnlich wie D. Bohm es vorgeschlagen hat.
Der Kosmos, um zum anderen Weltpol zu kommen, in dem wir leben, ist o.a. Ausführungen nach mit hoher Wahrscheinlichkeit das Resultat eines Ereignisses in einem übergeordneten System, das wiederum Teil eines überübergeordneten Systems ist, usw. bis zum beschriebenen (genauer: postulierten) Ultimativen Anfangszustand, der freilich noch unverstanden ist.
Das und die Einheit der Welt ergibt sich folgerichtig aus der Allgemeinen Relativitätstheorie, dass der Kosmos zwar nicht in einer Singularität (denn sie ist lediglich eine mathematische Fiktion), aber nahe einer Singularität (Bojowald) entstanden ist und vermutlich als Photonen-Feld extrem komprimiert war (dieser Bereich der Singularität liegt nicht mehr im Definitionsbereich der ART, womit eine Gültigkeitsgrenze definiert wird).
Laut kosmologischer Theorie sind durch die Expansion resp. Abkühlung der Photonen nacheinander an bestimmten Schwellenwerten zunächst die Fundamentalteilchen (Quarks etc.) dann die Elementarteilchen (Protonen, Neutronen, Elektronen) „ausgefroren“, welche sich zum Atom des kosmisch-chemischen Primär-Stoffs, dem Wasserstoff, konstituieren (alle anderen 91 natürlichen chemischen Elemente sind formal Vielfache und Abkömmlinge des Wasserstoffs mit ein paar zusätzlichen Neutronen für die Stabilität).
Die Objekte des Kosmos – Galaxien, Sterne, Planeten, Menschen – die aus diesen Atomen bestehen, sind demnach keine Objekte, die einem Raum hinzugefügt (woher auch?), sondern aus der Raum-Materie des Kosmos von diesem selbst gebildet werden. Sie bewegen sich nicht in einem räumlichen Behälter, sie sind der Behälter incl. Inhalt selbst; sie pflanzen sich physikalisch fort wie Licht im elektrodynamischen Feld (ist es ja doch auch verdichtetes „stehendes Licht“ (Sallhofer), was nicht wirklich verwundert, da sie doch das Resultat von Initial-Fluktuationen des Anfangszustandes sind.
Diese mittlerweile im Prinzip unbestrittene Tatsache zwingt uns die einheitliche Sichtweise geradezu auf!
Materie in Form der ponderablen Masse kann somit als hochverdichteter Raum mit immer höherer Komplexität gedeutet werden – der Mensch ist hochverdichtete und hochorganisierte kosmische Materie; wir sind der verdichtete kosmische Raum selbst und die Einheit und Zusammengehörigkeit der kosmischen Materie ist physikalisch real.
Einsteins Feldgleichung kann rein formal wie folgt gedeutet werden:
(Rμν: Ricchi-Krümmungs-Tensor, gμν: metrischer Tensor; R: Ricchi-(Krümmungs-) Skalar; (beinhaltet die) Gravit.-Konstante); Tμν: Materie-Tensor (repräsentiert alle Materieformen (Teilchen & nicht-gravitativen Felder)
a.) Setzt man den Materietensor Tμν = 0 (entfernt theoretisch alle Materie aus dem Kosmos), ergibt sich: . Es existiert also immer noch so etwas wie ein metrisches Feld unabhängig von Materie (s. Vakuumlösungen der ART).
b.) Setzt man das metrische Feld gμν = 0 (entfernt theoretisch alle Trägheitskräfte), ergibt sich: . Es bleibt die Materie, freilich ohne Schwerkraft.
Das kann bedeuten: die Riemannsche Mannigfaltigkeit in der ART ist möglicherweise die große Klammer innerhalb der sie sich sowohl als kontinuierliches metrisches Feld (der „Raum“) alsauch als diskrete Objekte (massebehaftete ponderable Materie) manifestiert, geklammert von den Extremen a) und b).
Einen Sinn lässt sich freilich nicht finden (das ist Sache des Menschen, wenn er einen braucht).
Es ist ein permanentes Kommen & Gehen, Entstehen & Vergehen, nichts hat Bestand, wenn wir der Expansionstheorie und dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik glauben dürfen. Doch bevor unser Kosmos durch unendliche Verdünnung oder Wärmetod ein Schattendasein im Hades fristet, wird er in sein übergeordnetes (oder ein untergeordnetes) System übergehen – doch das ist spekulativ, wenn auch nicht unwahrscheinlich.
Damit halte ich im Resultat die Frage „Sind materieller Kosmos und menschlicher Geist inkompatibel?“ für beantwortet und es ist absolut faszinierend, wozu die Materie in der Lage ist, wenn sie in ihrer Phänomenologie das Stadium der extrem komplexen Organisation eines Gehirns (nicht nur des Menschen) erreicht hat.
Das bedeutet letztendlich aber auch, dass „transzendente Kräfte, Gott & Seele“ nicht wirklich Bestandteil der Wirklichkeit sein können, wohl aber das „mentale Denken als Bewegungsform des Gehirns“.
Und wenn wir Menschen oder fremde Aliens über den Kosmos, seine Entstehung und Struktur, nachdenken, ist es – ganz unesoterisch – so, als würde der Kosmos sich durch sein eigenes Erzeugnis über sich selbst klarzuwerden versuchen. Was das zu bedeuten hat, ist das eigentliche Geheimnis und noch ein Mysterium. Und da wir in dieser Hinsicht mit Sicherheit nicht das Endprodukt der kosmischen Entwicklung sind, wäre es aus meiner Sicht extrem spannend, zu erfahren, wie der nächste Sprung der Evolution, der sich bestimmt schon längst irgendwo im Kosmos ereignet hat, aussehen könnte …
Einleitung: Dirk Boucsein, Text: Jürgen Uphoff
Hallo Jürgen,
Meine Kritik, vorläufig en gros:
eine mit Verlaub unkritische ‚Theorie‘, die das Wollen in 68er-Manier über das Denken stellt und entsprechend den materialistisch-postmodernen (d.h. desolaten) Status Quo der Wissenschaft feiert. Aus der ‘Theorie‘ fließt Absolut nichts und schon gar nicht ist sie erhellend, richtungsweisend oder anwendbar. ‚Hegel‘ und ‚Phänomenologie‘ stehen auf dem Etikett, drin ist alles von Marx bis Deleuze.
Hegel hingegen: „Nur das Ganze ist die Wahrheit“! Aber nichts fürchtet der materialistische Monismus mehr als das Ganze, weil er es prinzipiell nicht abbilden kann. Eher spricht er Einhörnern Existenz zu, als sich um Kontext, Kohärenz und Sinn zu sorgen.
Heinz
Hallo Heinz,
es ist mir offensichtlich nicht gelungen, die Dialektik etwas populärer zu machen … Deinem Verriss kann ich aber nicht entnehmen, warum nicht. Kannst du etwas Näheres dazu sagen?
Hallo Jürgen,
leicht verspätet…
Ich sehe Deinen Beitrag als R e c h t f e r t i g u n g des wissenschaftlichen Status Quo (bzw. der sich ständig verschärfenden Widersprüchlichkeit der Moderne allgemein). Das ist legitim, philosophisch aber weder überzeugend noch sehr interessant:
…weil Du im Titel und in der Herleitung Begriffe/Autoritäten aufrufst (Dialektik, Phänomenologie, Hegel), die für das Gegenteil einer materiell-prozessualen Interpretation der Dialektik stehen, in die Dein Beitrag aber letztlich mündet. Platons Dialektik besteht in der Entwicklung eines Gesprächsgegenstands zwischen zwei Personen im Dialog. Hegels Dialektik beschreibt die Entwicklung von Begriffen im Kontext der Seins/Nichts Identität mit der Randbedingung der Aufhebung. Die besagt, daß Wissen kumulativ, nicht episodisch-revolutionär ist. In Hegels Selbstbewegung des Wissens bewegt sich außer Begriffen und Einsichten gar nichts. Phänomenologie, schließlich, ist die philosophische Strömung, die den Erkenntnisfortschritt aus den unmittelbaren Erscheinungen herleitet. Dieses Prinzip erscheint bei Dir invertiert, insofern als das episodisch-revolutionäre Entwicklungsprinzip der Materie, das Du unterstellst, erst zu den Erscheinungen führt.
…weil Deine ‚Dialektik‘ im postmodernen „Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“ operiert und damit zutiefst unkritisch gegen sich selbst ist. Die existenzielle Krise des Westens hat ihren Ursprung sozusagen in Pipi Langstrumpf.
…weil Deine Axiomatik alles andere als voraussetzungsfrei ist. Schon in Deinem ersten Axiom taucht ein halbes Dutzend erklärungsbedürftiger Begriffe auf: Anfangszustand, Materie, Einheit, Homogenität, Zusammengehörigkeit, Fluktuation. Warum steht der Materie statt Fluktuation nicht das Feld gegenüber, das Universum, Gaia, Donald Duck oder der Geist (mind)? Und in den folgenden Axiomen treten unvermittelt weitere Begriffe hinzu (Eigenschaft, Gradient, etc.), so daß sich insgesamt mehr Fragen als Antworten ergeben. Alles verschwindet in mildtätiger Komplexität.
Daher meine Fundamentalkritik: Zeige mir Deine Axiomatik und ich sage Dir was Du beweisen willst! (petitio principii)
Gruß,
Heinz
P.S. Nachdem, wie Du vorschlägst, der Sinn (der m.E. in der Struktur des Denkens liegt, d.h. in den Sinnen) bestenfalls optional ist („für den der ihn braucht“), bin ich aus einer solchen sinn-losen Diskussion raus.
Hallo Heinz,
dein zweiter Kommentar ist etwas gehaltvoller, du schreibst:
„P.S. Nachdem, wie Du vorschlägst, der Sinn (der m.E. in der Struktur des Denkens liegt, d.h. in den Sinnen) bestenfalls optional ist („für den der ihn braucht“), bin ich aus einer solchen sinn-losen Diskussion raus.“
Das ist schade! Vor Allem, weil du dir selbst von hinten ins Bein schießt. Du interpretierst die meisten meiner Aussagen falsch und ziehst dann den Schwanz ein, weil dir deine eigenen Schlussfolgerungen nicht gefallen, statt mal nachzufragen.
zB.: Der fehlende „Sinn“ oder die fehlende „Sinnhaftigkeit“ bezieht sich auf die Ereignisse in der Natur, nicht auf eine Diskussion darüber.
zB.: Mein Beitrag ist keine „R e c h t f e r t i g u n g des wissenschaftlichen Status Quo (bzw. der sich ständig verschärfenden Widersprüchlichkeit der Moderne allgemein!“
Er ist der Versuch, eine dialektische Sichtweise zu begründen, weil sie in der wissenschaftlichen Philosophie völlig unterrepräsentiert ist!
zB. schreibst du: „…weil Du im Titel und in der Herleitung Begriffe/Autoritäten aufrufst (Dialektik, Phänomenologie, Hegel), die für das Gegenteil einer materiell-prozessualen Interpretation der Dialektik stehen, in die Dein Beitrag aber letztlich mündet.“
Mein Beitrag mündet in:
„Damit halte ich im Resultat die Frage „Sind materieller Kosmos und menschlicher Geist inkompatibel?“ für beantwortet und es ist absolut faszinierend, wozu die Materie in der Lage ist, wenn sie in ihrer Phänomenologie das Stadium der extrem komplexen Organisation eines Gehirns (nicht nur des Menschen) erreicht hat. Das bedeutet letztendlich aber auch, dass „transzendente Kräfte, Gott & Seele“ nicht wirklich Bestandteil der Wirklichkeit sein können, wohl aber das „mentale Denken als Bewegungsform des Gehirns“.
Materialistischer kann man gar nicht sein, finde ich.
zB.: Der Begriff „Phänomenologie“ bezeichnet in Hegels Titel die „Lehre von den Erscheinungsformen des Geistes“! Dagegen setze ich die reale „Phänomenologie der Materie“, wie sie von der Wissenschaft beschrieben wird.
zB. schreibst du: „…weil Deine ‚Dialektik‘ im postmodernen „Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“ operiert und damit zutiefst unkritisch gegen sich selbst ist. Die existenzielle Krise des Westens hat ihren Ursprung sozusagen in Pipi Langstrumpf.“
Das ist keine Kritik mehr, sondern verkennende Abwertung!
Heinz! Du hast offensichtlich einen scharfen Verstand, der aber leider durch deinen aggressiven Unterton verwässert und unglaubwürdig wirkt. Sollte ich dich irgendwann gekränkt haben, so war das ganz sicher nicht meine Absicht. Warum versuchst du nicht erstmal zu verstehen und nennst dann ganz kooperativ & sachlich die deiner Meinung nach kritischen Punkte?
LG/Jürgen
Also Heinz, übertreib hier mal nicht. „Nur das Ganze ist die Wahrheit“, das ist ein Floskel, denn das Ganze gibt es nicht, es sei denn als Gegensatz zum Einzelnen, und dann ist es nicht mehr das Ganze, sondern nur noch Teil. Also begebe Dich in die Niederungen des Diskurses und ziege, das Du analytisch klar und stringent argumentieren kannst.
Grüße Bernd
Hallo Jürgen,
zuächst großen Respekt für Deinen Beitrag! Eine so konzentrierte und vereinheitlichte Darstellung von dem, was unter äußerer (geistunabhängiger) Welt aus naturwissenschaftlicher Sicht verstanden werden kann, ist wohl selten zu finden (bin allerdings nicht sehr belesen).
Du schilderst Deine Sicht auf die Welt, und die geht ins Grundsätzliche und ich denke, das muss auch so sein, und ich finde das sehr gut. Das ist eine naturwissenschaftliche Sicht, mit Vielem bin ich einverstanden, mit Manchem und mit einigem Wesentlichen nicht.
Mit Deiner Sicht, dass die Welt nur bipolar verstanden werden kann, bin ich voll und ganz auf Deiner Seite.
Man muss da aber aufpassen. Bipolarität kann man auch falsch verstehen, das falsche Verständnis führt dann zu Widersprüchen (Das was ist, läßt sich dann nicht mehr logisch beschreiben). Ein Beispiel: Einheit und Gesamtheit ist keine Bipolarität, wenn sich Gesamtheit auf die Summe vom Einheiten reduzieren lässt. Erst Einheit und Ganzheit sind bipolare Entitäten, wenn Ganzheit keine individuierbaren Einheiten mehr enthält (Einzelnes und Nicht-Einzelnes sind dialektische Gegensätze).
Physikalisches Beispiel: wohlbestimmte Teilchen und verschränkte Teilchen. Das ist eine physikalische Bipolarität, aber die ist nun mal naturwissenschaftlich nicht verstanden. Man muss also als Naturwissenschaftler aufpassen, wenn man Bipolarität in der Form dialektischer Gegensätze zur Grundlage der Welt erklärt. Ich bin voll bei Dir, wenn Du sagst, es gibt eine Dialektik in der Natur, die die Grundlage aller Dynamik ist. Aber das ist eine Dialektik, die erklärt werden muss, und das schafft die Naturwissenschaft – wie ich meine – nicht. Insofern sind zum Beispiel der Welle-Teilchen-Dualismus keine dialektischen Gegensätze, dieser Dualismus lässt sich nicht so erklären oder einbinden in das Weltbild, wie Du es darstellst.
Von daher übe ich auch Kritik, aber natürlich nicht an der Gesamtschau, die Du wunderbar zeichnest.
Aber – natülich sidn wir hier, um konstruktive Kritik zu übene – diese Zeichnung ist eine Sicht, die das Realitätsverständnis des Naturwissenschaftlers nicht in Frage stellt. Aus diesem Verständnis heraus, kann man die Welt so sehen, wie Du schreibst. Aber man könnte, aus diesem Verständnis der Natur, und der Dialektik in der Natur, auch bestimmte Probleme bekommen, die unüberwindbar sind. Das könne wir gerne in der weiteren Diskussion herausarbeiten.
Zum Beispiel am Begriff des Gradienten, etwas, was Du als physikalische Gegebenheit postuliert. Es gibt Gegenstände, die sind da, aber die bilden einzeln und als Gesamtheiten nie einen Gradienten aus, die aber – wie gesagt – massenweise vorhanden sind, mit einer Dynamik, die nicht durch Gradienten hervorgerufen wird. Was ist die Grundlage deren Dynamik? Und worin besteht die Dialektik dieser Materieform? Gemeint ist die Strahlung, die den Kosmos ausfüllt und uns erst das Überleben ermöglicht hat (die uns zu einem Wechselwirkungspartner mit dem Rest des Universums macht). Ein seltsames Medium, das sich – obwohl wir damit wechselwirken – jeder ontologischen Erkenntnis entzieht. Diese Dynamik, die eine andere als die Gradientendynamik ist, darfst Du zum Beispiel aus der Gesamtschau nicht ausblenden.Ich finde Sie aber dort nicht.
Grüße Bernd
Hallo Bernd,
vielen Dank für deine konstruktive Kritik.
Du schreibst:
Man muss da aber aufpassen. Bipolarität kann man auch falsch verstehen, das falsche Verständnis führt dann zu Widersprüchen (Das was ist, läßt sich dann nicht mehr logisch beschreiben). Ein Beispiel: Einheit und Gesamtheit ist keine Bipolarität, wenn sich Gesamtheit auf die Summe vom Einheiten reduzieren lässt. Erst Einheit und Ganzheit sind bipolare Entitäten, wenn Ganzheit keine individuierbaren Einheiten mehr enthält (Einzelnes und Nicht-Einzelnes sind dialektische Gegensätze).
Ein valider Einwand! Nach welchem Kriterium sind Entitäten dialektische Bipolaritäten? Ich bin mir nicht sicher, ob man das a priori bestimmen kann. Sie ergeben sich aus der Biographie des Prozesses.
Aber mal sehen, ob ich es verstanden habe. Beispiel: Doppelspalt im Single-Modus (nur je 1 Teilchen zu einem Zeitpunkt); nach hinreichend vielen Durchgängen entsteht das Interferenzmuster; ein Punkt ist die Einheit, alle Punkte in der Anordnung (Ordnungsparameter) sind die Gesamtheit, sind das Muster, das sich aber nicht auf die Summe der Einheiten reduzieren lässt: nach deiner Definition bipolar. Ein Versuch ganz ohne Spalten ergäbe eine rein zufällige Verteilung der Aufschlagpunkte (kein Ordnungsparameter), wo das Ganze nicht mehr ist als die Summe seiner Teile: nicht bipolar. Insofern kann ein und dasselbe Paar (hier: Einheit & Gesamtheit) sowohl bipolar alsauch nicht bipolar (also keine dialektische Komponente) sein.
Vielleicht kann man allgemein sagen, dass ein dialektisches Paar dann vorliegt, wenn es einen parametrisierten Bezug zwischen ihnen gibt.
Aber das ist eine Dialektik, die erklärt werden muss, und das schafft die Naturwissenschaft – wie ich meine – nicht. Insofern sind zum Beispiel der Welle-Teilchen-Dualismus keine dialektischen Gegensätze, dieser Dualismus lässt sich nicht so erklären oder einbinden in das Weltbild, wie Du es darstellst.
Richtig, das ist auch die Aufgabe der Philosophie. Aber wenn die Natur grundsätzlich dialektisch funktioniert, dann haben Quanten grundsätzlich die Doppelbestimmung an sich, sowohl Welle alsauch Teilchen zu sein – dann sind sie ein dialektisches Paar. Das sind sie per sé – auch makroskopisch, eben weil sie aus Feldern bestehen, die auch Teilchencharakter zeigen, nur unterdrückt die Dekohärenz den Feldcharakter einer Kanonenkugel.
Der Dualismus ergibt sich doch nur aus der Unzulänglichkeit der Schrödinger-Gleichung – daraus, dass zwischen Schrödinger und von-Neumann, zwischen unitär und nicht-unitär, zwischen Wahrscheinlichkeit und Sicherheit der Heisenberg-Cut gelegt und krass getrennt wird. Ich denke, dass, wenn an einer Stelle in einer Theorie ein Dualismus auftaucht, mit der Theorie an der Stelle etwas nicht stimmen kann (wie beim Unendlichkeitszeichen)! Ein Dualismus widerspricht dem Einheitsgedanken.
Aber man könnte, aus diesem Verständnis der Natur, und der Dialektik in der Natur, auch bestimmte Probleme bekommen, die unüberwindbar sind. Das könne wir gerne in der weiteren Diskussion herausarbeiten.
Daran hätte ich schon Interesse!
Zum Beispiel am Begriff des Gradienten, etwas, was Du als physikalische Gegebenheit postuliert. Es gibt Gegenstände, die sind da, aber die bilden einzeln und als Gesamtheiten nie einen Gradienten aus, die aber – wie gesagt – massenweise vorhanden sind, mit einer Dynamik, die nicht durch Gradienten hervorgerufen wird. Was ist die Grundlage deren Dynamik?
Da triffst du einen wunden Punkt! Mit dem Begriff war ich auch nicht ganz im Reinen!
Von daher übe ich auch Kritik,
Und das ganz hervorragend!
LG/Jürgen
Hallo Jürgen,
Hegel verwendet statt des Begriffs Bipolarität den Begriff Gegensatz, und bezeichnet diesen als logische Bestimmung des Wesens einer Sache. Isolierten Gegenständen kommt keine Bestimmung zu, sie sind immer nur im Verhältnis zu ihrem Gegensatz bestimmt.
In der Physik sind meso- und makroskopischen Gegenstände wohlbestimmt (auch in ihrem Verhältnis zu einem Gegensatz), aber die atomaren und subatomaren Gegenstände sind nicht wohlbestimmt. Auf keinen Fall sind Quantenobjekte wohlbestimmt, weder an sich, noch im Verhältnis zu irgendeinem Gegensatz. Den Begriff Bipolarität kann man daher keinesfalls auf Quantenobjekte anwenden, erst Recht nicht auf die, denen man Wellen- und Teilcheneigenschaften zuordnen kann. Teilchen und Wellen sind lediglich unterschiedliche und keine gegensätzlichen Gegenstandskategorien, und die Zuordnung von Wellen- und Teilcheneigenschaften zur Wesensbestimmung, je nach Umgebung, ist ein Kategorienfehler. Wie ich schon sagte: die Physik kann die Welt nicht konsistent beschreiben. Daher ist die rein naturwissenschaftliche Weltsicht mit vielen Problemen behaftet, und gerät an vielen Stellen in Erklärungsnot.
Ich glaube, dass in der Physik die Bipolarität der abstrakte Begriff für ein Verhältnis (Relation) ist, aber nicht jede Relation ist bipolar, daher ist der Begriff Bipolarität genauso wie der Begriff „Gegensatz“ nicht auf alle physikalischen Systeme anwendbar, erst recht nicht auf komplexe Systeme.
ich denke, nicht die Bipolarität bestimmt das Sein, sondern die Relation, also das was die Gegensätze verbindet, im Verein mit den Gegensätzen (als Zweiheit in der Einheit). Das bildet die Grundstruktur. Aber auch das ist angreifbar, weil das physikalische Feld darin keinen Platz hat – es sei denn, das Feld ist nur der Begriff für die physikalische Verschränkung (entanglement) genau dieser Grundstruktur.
Grüße Bernd
Hallo Bernd,
„Den Begriff Bipolarität kann man daher keinesfalls auf Quantenobjekte anwenden,“
Warum nicht? Wenn wir davon ausgehen, dass die Natur dialektisch arbeitet – und da scheinen wir uns ja einig zu sein – dann haben Quantenobjekte diese Doppelbestimmung von Teilchen & Wellencharakter intrinsisch an sich. Das ist ja auch experimentell Fakt. Es ist nur die Frage der Interpretation, ob Dualismus oder Dialektik. (Bohr fühlte sich zum Dualismus genötigt, weil er zwischen Mikro-Quanten- und Makrosystem unterschied, was in einer einheitlichen Theorie inkonsistent ist). Wenn man noch den Hinweis hinzunimmt, dass der Feldcharakter mit abnehmendem Radius der Objekte gegenüber dem Teilchencharakter zunimmt, dann verlieren die Quanten auch ihre Mysteriösität und ihr Verhalten wird plausibler!
Was spricht gegen diese Überlegung?
„Teilchen und Wellen sind lediglich unterschiedliche und keine gegensätzlichen Gegenstandskategorien, und die Zuordnung von Wellen- und Teilcheneigenschaften zur Wesensbestimmung, je nach Umgebung, ist ein Kategorienfehler.“
Mag sein, aber man stellt diese Eigenschaften aber nunmal fest! Wir haben einen bestimmten Zustand vor der Messung (Schrödinger-Gleichung, Wellencharakter) und einen davon unterschiedlichen Zustand nach der Messung (von-Neumann, Teilchencharakter). Analog im real life vor und nach einer Wechselwirkung.
Die Dialektik fordert aber den organischen Zusammenhang, der wird von der KI nicht geleistet; also muss ein Formalismus her, der genau das tut: das wird annähernd von Bohm geleistet.
Ich finde, an diesem Beispiel wird klar, wie fruchtbar es sein kann, zusätzlich mit übergeordneten philosophischen Prinzipien zu arbeiten: Physik & Mathematik versagen hier, weil anhand von Rechnungen & Resultaten nicht zwischen KI, DBB und VWI entschieden werden kann, welche Theorie uns ein korrektes Abbild der Wirklichkeit verschafft. Das dialektische Prinzip fordert nun einen Formalismus, der den gesamten Vorgang konsistent & transparent beschreibt und man sollte mE. der DBB mehr Beachtung schenken oder auch nicht aufhören, nach der Vervollständigung oder Revision der Schrödinger-Gleichung zu suchen.
Oder findest du den derzeitigen Zustand philosophisch befriedigend?
„ich denke, nicht die Bipolarität bestimmt das Sein, sondern die Relation, also das was die Gegensätze verbindet, im Verein mit den Gegensätzen (als Zweiheit in der Einheit).“
Da stimmen wir eigentlich überein; das Essentielle ist die Beziehung zwischen den Objekten, sind nicht die Objekte selbst; sie sind notwendig, aber nicht hinreichend. Und hier hat der Begriff „Gradient“ doch seine Relevanz und behält seine Schlüsselfunktion: solange es zwischen Systemen und Objekten keinen graduellen Unterschied gibt (Gleichgewicht herrscht), solange passiert auch nichts, erst wenn eine Störung/Anregung das System aus dem Gleichgewicht bringt (einen Gradienten etabliert), geht’s weiter. Der Gleichgewichts-Zustand scheint ein Attraktor zu sein, auf den hin Systeme evolvieren.
LG/Jürgen
Dirk! Warum löst die Dialektik das Dualismus-Problem angeblich nicht?
Hi Jürgen,
sorry, dass ich mich erst jetzt melde, aber ich habe momentan beruflich sehr viel „um die Ohren“.
Ich weiß jetzt allerdings nicht genau, worauf Du Dich mit Deiner Frage beziehst, auf einen bestimmten Essay oder im Allgemeinen?
Um nur ganz kurz zu antworten, wenn die Frage in eine allgemeine, methodische Richtuing läuft. Weil die Dialektik aus meiner Sicht den Dualismus nicht überwindet, sondern nutzt; selbst wenn sie im Hegelschen Sinne eine Synthese anstrebt.
Wenn ich dies in ein Bild bringen darf. Meines Erachtens arbeitet die dialektische Methodik, wie eine „Papierschere“, die immer an den „dualistischen Kanten“ „schnippselt“, um sie dann wieder neu „zusammenzukleben“.
Aus diesem Grunde muss sie zwingendermaßen reduktionistisch arbeiten. Für Phänomene in der Quantentheorie, aber auch in der Bewusstseinsforschung halte ich einen holistischen Ansatz für zielführender, wie er zum Beispiel in der transklassichen Logik von Gotthard Günther der „Polykontexturalität“ und der damit verbundenen Kenogrammatik verwendet wird.
Um dies wieder in ein Bild zu bringen. Wir brauchen ein „Neues Denken“, das gleich einem „Bällchenjongleur“ mehrere Bälle gleichzeitig werfen und berechnen kann, da es um eine „Prozessontologie“ und nicht um statischen Relationen geht.
Ich weiß nicht, ob das Deine Frage beantwortet und ich weiß auch nicht, ob das so in aller Kürze rübergekommen ist, was ich sagen wollte. Wenn ich wieder ein bisschen mehr Zeit habe, spiele ich natürlich wieder weiter mit. Ob mit „Papierschere“ oder „Bällchen“ ist mir gleich ;-). Von mir aus auch nochmal bei einem Treffen in Münster.
Liebe Grüße
Dirk
Hi Jürgen,
Du schreibst:
„… dann haben Quantenobjekte diese Doppelbestimmung von Teilchen & Wellencharakter intrinsisch an sich. Das ist ja auch experimentell Fakt.“
„… aber man stellt diese Eigenschaften aber nunmal fest! Wir haben einen bestimmten Zustand vor der Messung (Schrödinger-Gleichung, Wellencharakter) und einen davon unterschiedlichen Zustand nach der Messung (von-Neumann, Teilchencharakter). Analog im real life vor und nach einer Wechselwirkung.“
Beides ist nicht richtig. Quantenobjekte haben diese Bestimmung intrinsisch nicht und es gibt auch keinen experimentellen Nachweis dafür. Die Quantentheorie verweist nicht darauf, wie die Objekte sind, sondern wie sie in Experimenten erscheinen, und da propagieren Quantenobjekte scheinbar einmal wie ein Teilchen und ein andermal wie Wellen, aber dass sie Teilchen wären oder manchmal Wellen ist lediglich eine aus der Not geborene Deutung der Mathematik und der experimentellen Ergebnisse (Schein vor Sein). De Broglie hat in seiner Dissertation überhaupt keine ontologische Deutung gegeben, sondern er hat in einem einzigen Satz gesagt, dass man wegen p =h/lamda Teilchen Wellen zuordnen könnte, und hat aus dieser Idee dann über 20 Seiten eine erfolgreiche instrumentelle Anwendung dieser Idee dargelegt. Das war schon genial. Weil das so gut funktioniert hat, haben dann andere Physiker spekuliert, dass Quantenobjekte auch Wellen- und Teilchencharakter haben müssten. Es ist aber ein einfach nicht wegzutilgender Irrtum in der Physik, dass wenn ein Modell gut funktioniert, die idealisierten Modelobjekte dann den real agierenden Objekten gleich oder ähnlich sein müßten. Das muss überhaupt nicht der Fall sein – überhaupt nicht!
Quantenobjekte sind vor der Messung nicht in einem bestimmten Zustand, nur wenn sie in einem Eigenzustand des jeweiligen Messoperators sind, sind sie in einem definierten Zustand bezügl. der jeweiligen Messgröße. Im Allgemeinen sind Quantenobjekte nicht in einem definierten Zustand, man kann den Eigenschaftsbegriff und die klassische Logik bei der Beschreibung von Quantenobjekten nur eingeschränkt anwenden. Der Substanzbegriff ist in Frage gestellt. Ein Teilchen ist auch immer eine Idealisierung und es hat als dialektische Gegenüber auch nicht ein raumfüllendes Etwas (was soll das denn sein?), sondern als Teil eben das Ganze, physikalisch gesehen eigentlich den verschränkten Zustand aller Teilchen.
Dass hier Dinge kritisch zu sehen sind, schmälert Deinen Verdienst nicht, eine einheitliche Gesamtschau des physikalischen Realitätsverständnisses dargestellt zu haben. Es ist aber die Sicht des Naturwissenschaftlers, die von Dir dargestellt wird. Diese Sicht ist mit philosophischen Argumenten sehr leicht anzugreifen. Es ist eigentlich Aufgabe der Philosophie dies zu tun, sie ist aber der Physik ergeben und kritisiert nicht. Die Realität ist ganz sicher nicht so beschaffen, wie Du sie darstellst.
In unserem Alltag bespielsweise gibt es in der Realität Gegenstände und deren Beziehungen einerseits, aber andererseits auch eine gewaltige Potentialität. Diese Potentialität wird von der Physik komplett ignoriert, sie kommt im wissenschaftlichen Realismus nicht vor. Viele Physiker behaupten, es gäbe Naturgesetze und eine Kausalität, die das reale Geschehen gesetzmässig regeln würde. Man kann das aber auch ganz anders sehen, nämlich so, dass die Naturgesetze nicht regeln, sondern nur die Beliebigkeit des Geschehens eingrenzen auf das, was möglich ist, und aus diesem Grund zusammen mit den physikalischen Umgebungsbedingungen für jeden Gegenstand ein definierte Potentialität herstellen, die den Rahmen für das Geschehen setzt, konkret Naturgesetze und physikalische Tatsachen begrenzen die Möglichkeiten des Geschehens, am Ende immer auf eine einzige Möglichkeit. Es gibt nicht eine kausale Wirkung von einem Gegenstand auf einen anderen, sondern der Rest des Universums schafft eine letzte Möglichkeit für das was lokal geschieht. Man kann also sagen, die naturwissenschaftliche Sicht ist eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Realität, denn dass Naturgesetze und physikalische Tatsachen so etwas wie Möglichkeiten schaffen oder eingrenzen, ist der Physik so fern wie der Glaube des Atheisten an den lieben Gott – in unseren Alltag gehen wir aber wie selbstverständlich mit diesem Umstand um.
Es gibt da ganz viele Kritikpunkte, es ist aber nicht wichtig, die einzeln aufzuführen. Dein Beitrag ist aus meiner Sicht wichtig, denn er zeigt, dass man – wenn man sich als Philosoph auf die physikalischen Theorien stützt -, durchaus zu einer umfassenden Bestätigung der aus dem Denkrahmen der zeitgenössischen Physik folgenden Weltsicht kommen kann, vielleicht sogar muss. Oder anders ausgedrückt: wenn man zu einer Lösung der Probleme kommen will, die diese Weltsicht mit sich bringt, darf man sich nicht auf fremde Theorien stützen, sondern muss konsequent „von außen“ kritisieren. Man kann die philosophischen Probleme, die die Quantentheorie aufwirft, nicht mit den Begriffen und Methoden lösen, die die Physik bereitstellt. Ich glaube gar, man kann sich nicht gemeinsam mit den Physikern lösen. Das ich auch der Grund, warum ich in Deinem vorherigen Beitrag einer Diskussion der quantenphysikalischen Probleme ausgewichen bin. Man kann nur als Außenstehender eine Lösung finden.
Was ist gut an Deinem Beitrag finde ist der Verweis auf den Gradienten in Nicht-Gleichgewichtssystemen. Du postulierst, dass es diesen einfach gibt. Das ist auch richtig, Es gibt ihn einfach, und keiner weiss, woher er kommt. Er ist universell, er entspricht der Tatsache, dass alle Systeme von sich aus einem Zustand minimaler potentieller Energie zustreben, und dafür ist keine Ursache bekannt – das Geheimnis des Kosmos, der fundamentale Antrieb allen Geschehens:
Es ist immer nur eines möglich, nämlich die Abnahme der potentiellen Energie bis ein Zustand erreicht ist, in dem alles stillsteht, auch die Zeit.
Viele Grüße
Bernd
Hallo Bernd,
Du schreibst:
„Beides ist nicht richtig. Quantenobjekte haben diese Bestimmung intrinsisch nicht und es gibt auch keinen experimentellen Nachweis dafür. Die Quantentheorie verweist nicht darauf, wie die Objekte sind, sondern wie sie in Experimenten erscheinen, …“
Wenn das so wäre, dürftest du genausowenig behaupten, „dass Quantenobjekte diese Bestimmung intrinsisch nicht haben.“
Der dialektische Standpunkt ist als wissenschaftstheoretischer Grundsatz verbindlich, wenn wir uns dazu bekennen (was der Fall ist, bin mir bei dir aber nicht sicher); das bedeutet, dass wir davon auszugehen haben, dass die Entitäten eine Doppelbestimmung haben bzw. die Wechselwirkung/Messung nur dann zustande kommt, wenn ein stabiler Zustand/Gleichgewicht gestört und verlassen wird und ein neuer eingenommen wird.
Methodisch heißt das, dass wir den Boden der KI verlassen, weil sie undialektisch arbeitet!
Die Interpretationen der Kopenhagener sind:
„1. Aufhebung des Kausalsatzes wegen Indeterminismus (s. 6.)
2. Aufhebung der klassischen Objektivierung – „Verbandelung“ mit dem Messprozess.
3. Einführung des statistischen Charakters einzelner Teilchen
4. Aufhebung des klassischen Substanzbegriffes durch Einführung der Komplementarität
5. Interferenz von Wahrscheinlichkeiten
6. Ergänzung durch eine zweite Gleichung für den irreversiblen, „indeterministischen“ Teil des Messprozesses erforderlich; „Kollaps“ der ψ-Fkt. (v. Neumann-Postulat“
Ich bin nicht bereit; diese Interpretation zu akzeptieren!
„Es ist aber ein einfach nicht wegzutilgender Irrtum in der Physik, dass wenn ein Modell gut funktioniert, die idealisierten Modelobjekte dann den real agierenden Objekten gleich oder ähnlich sein müßten. Das muss überhaupt nicht der Fall sein – überhaupt nicht!“
Was willst du damit sagen? Dass eine physikalische Theorie philosophisch nichts hergibt?… oder nicht funktioniert? Dass die Resultate unverlässlich sind?
Man kann sicher nicht von einer logischen Gewissheit ausgehen, aber von einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, wenn die Resultate hinreichend korrelieren. Wenn nicht, würden wir immer noch Faustkeile verwenden …
„Quantenobjekte sind vor der Messung nicht in einem bestimmten Zustand, nur wenn sie in einem Eigenzustand des jeweiligen Messoperators sind, sind sie in einem definierten Zustand bezügl. der jeweiligen Messgröße.“
Das behauptet die KI! Und das ist nur eine Interpretation!
Aus euren Köpfen ist offensichtlich die KI nicht wegzudenken, habe ich den Eindruck…
Die Probleme, die du anführst, sind die Folge der Inkonsistenz der Kopenhagener Interpretation! … sind die Folge einer schlechten Theorie, um es mal ganz deutlich zu sagen! Wir treiben Philosophie, Bernd, nicht Physik! Wir stellen genau diese Interpretation in Frage und suchen eine bessere Alternative! Und die gibt es! Nur weil DBB ein realistisches & glaubhaftes Bild von dem natürlichen Geschehen gibt, muss sie nicht falsch sein! Was ist konkret an DBB auszusetzen?
„Die Realität ist ganz sicher nicht so beschaffen, wie Du sie darstellst.“
Mit deinem Agnostizismus weißt du „ganz sicher“, dass die Realität nicht so beschaffen ist, wie ich sie darstelle??? Woher diese plötzliche Sicherheit über die Realität?
Und was konkret stimmt warum nicht?
„Diese Sicht ist mit philosophischen Argumenten sehr leicht anzugreifen.“
Nur zu! Darauf bin ich gespannt!! Sollte sich ein eklatanter Denkfehler ergeben, wäre ein erstes Resultat erreicht.
Abgesehen davon gibt es ja nicht nur die Quantenmechanik. Wir könnten genauso gut über die Dialektik der Relativitätstheorien reden – wäre vllt. sogar erstmal sinnvoller.
Wie wäre es mit einem phänomenologischen Ansatz. Ich bin nicht von irgendeiner beliebigen Theorie ausgegangen, sondern von dem, was phänomenologisch zugänglich ist. Und da kann man davon ausgehen, dass unser Gehirn Realität in neuronale Muster transformiert. Machen wir den nächsten Schritt und geht von folgendem aus: das Gehirn kann neuronale Aktivitäten synchronisieren, um den statistischen Eigenschaften seiner Eingaben zu entsprechen. Dies könnte bedeuten, dass das Power-Spektrum des Gehirns sich an das Power-Spektrum der Inputs anpasst, um die Informationsverarbeitung zu optimieren, wie Philipp im Nachbarthema beschrieben hat.
Das bedeutet, dass das Gehirn keine ‚objektiven‘ transzendenten Daten liefert, sondern lediglich phänomenale (die natürlich in einen logischen Zusammenhang mit anderen phänomenalen Daten gebracht werden können).
Andererseits gibt es auch Hinweise darauf, dass die Anpassungsfähigkeit des Gehirns begrenzt ist. Das Power-Spektrum des Gehirns scheint durch intrinsische Eigenschaften, wie z.B. die neuronale Architektur und die neurochemische Modulation, stark beeinflusst zu sein. Diese intrinsischen Eigenschaften könnten die Anpassung an externe Inputs begrenzen. Mit anderen Worten treffen Phänomene immer auf bestimmte kognitive Strukturen, hier in Form theoretischer Überlegungen.
Das Fazit daraus wäre, was wir auf der Mikroskala beobachten, ist die Beobachtung aus unserer gewohnten Makroskala, die wir nach makroskopischen Gesichtspunkten interpretieren. Da die Mikroskala uns verschiedene Interpretationsmöglichkeiten anbietet, stehen wir vor dem Problem einer uneinheitlichen Sichtweise, die sich unserer Logik und unserem Kausaldenken entzieht.
Unser Streben, Ontologien zu entwickeln, wird hier verunmöglicht. Begriffe wie Dualismus und Dialektik ergeben daher als ontologische Begriffe keinen Sinn.
Ob ein Teilchen Welle oder Teilchen ist, ist unerheblich. Wichtig ist nur, dass wir damit arbeiten können.
Eigentlich wollte ich diesen Kommentar gerade alleinstehend veröffentlichen, doch das Argument von Makro- und Mikroskala und die Schwierigkeit ihrer Interpretation paßt eigentlich gut als Anknüpfungspunkt, weil des die Sprachlosigkeit der Neurowissenschaften deutlich macht. Übertrieben: wir verstehen nichts, aber manchmal funktionierts.
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Meine Recherche hat ergeben, daß kein einziger Text von Achim Stephan frei und öffentlich zugänglich ist. Es ist gelinde gesagt enttäuschend, daß mit viel Steuergeld ‚erbrütetes‘ Wissen hinter der Bezahlschranke von teurer Fachliteratur verschwindet. Breite Wissensvermittlung scheint dabei jedenfalls nicht im Mittelpunkt zu stehen.
Deshalb ein notgedrungen allgemeiner Kommentar zum Thema Emergenz:
Emergenz ist das wissenschaftlich legitimierte Wunder der Naturalisten und Reduktionisten. Sie tritt an den kategorialen Nahtstellen der klassischen Naturwissenschaften auf, wenn die ‚Welt‘ bottom-up (inter- oder multidisziplinär) erklärt werden muss. Wenn man aber Wissenschaft im Sinne Hegels versteht:
Die wahre Gestalt, in welcher die Wahrheit existiert, kann allein das wissenschaftliche SYSTEM derselben sein
verschwinden die kategorialen Grenzen in der wissenschaftlichen (perfekten) Metapher und schaffen so ein sprachliches Ganzes. Es geht Hegel offensichtlich nicht um die Inhalte der Wissenschaften, sondern um deren Struktur, d.h. um ihr Verhältnis zueinander. Das Problem der Emergenz entsteht genau dann, wenn man z.B. die wissenschaftliche Metapher „Vogeleltern kümmern sich um ihre Brut“ jenseits ihres wohlbestimmten Sinns zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Theorie macht. Wir können uns sogar ohne Verrenkungen vorstellen, daß Börsenkurse durch atomare Prozesse entstehen, aber nur deshalb, weil atomare und soziologische Prozesse kategorial distinkt (Absolut unwidersprüchlich) sind und deshalb als perfekte Metapher funktionieren. Das ist der Sinn von Hegels:
Nur das Ganze ist die Wahrheit.
Die wissenschaftliche Metapher überbrückt sprachlich und sinnhaft die notwendige! kategoriale Wissenslücke und erzeugt so zuallererst zusammenhängendes Wissen. ‚Emergenz‘ hingegen ist das selbstgeschaffene Problem derer, die diese Wissenslücke nicht akzeptieren. Sie schafft Komplexität und sichert so nie versiegende ‚wissenschaftliche‘ Arbeit.
Heinz
Die Benachrichtigungsfunktion hat mich dazu verleitet ins falsche Thema zu springen. Paßt aber trotzdem ganz gut…
Hallo Heinz, was ist Dein Vorschlag, wie man der Wahrheit näher kommen kann?
Grüße
Bernd
Hallo Bernd,
Du kommst mit Deinem Hinweis auf Kants kategorischen Imperativ dem Problem sehr nahe, bist aber noch weit von der Lösung entfernt.
Handle [positiv!] nach einer Maxime, welche zugleich als ein allgemeines Gesetz gelten kann! (Kant)
Was Du nicht willst [negativ!] , daß man Dir tue, das füg‘ auch keinem Anderen zu! (Steinzeitregel)
Beide Regeln haben exakt das gleiche Ziel, aber nur Regel b) ist für das Individuum durchführbar. Beispiel: Ich möchte nicht betrogen werden, also betrüge ich nicht. Nun versuche mal Nicht-Betrügen in positives Recht (z.B. Aktienrecht, siehe Cum-ex) zu übersetzen, denn der kategorische Imperativ betrifft das Wollen, nicht das Nicht-Wollen. Aber das geht nicht, weil sich Nicht-Betrügen nur in einem unendlichen positiven Codex festschreiben ließe. Und je genauer man versucht Nicht-Betrügen in positives Recht zu übersetzen, desto löcheriger wird es, weil es mehr und mehr positive Bestimmungen erfordert.
Die Steinzeitregel b) beruht sozusagen auf einem Verbot (einer Negation), dem aber eine unaufzählbare Menge von Nicht-Verboten (Nicht-Falschheiten) gegenüber steht. Die positive Regel a), der Algorithmus, hingegen führt zu rechtmäßigem Fehlverhalten, bzw. voll, d.h. wasserdicht ausgeführt, zum Verbot von allem. Positives Recht ist ultimativ Freiheitsentzug.
Der desolate Zustand der modernen Wissenschaften gründet im Übergang von der (nach Regel b)) Nicht-Falschheit des Denkens und Tuns in den (nach Regel a)) Richtigkeits- und Wahrheitsanspruch des Denkens und Tuns. Kurz: das Problem, daß ihr diskutiert hat keine Lösung außer shut-up-and-calculate. Das Problem ist der Positivismus! Logik kann nicht anders als sich in sich selbst verheddern. Aber da rede ich mir wohl den Mund fusselig…
Mein Vorschlag, wie man sich der Nicht-Falschheit (die Wahrheit gibt es nicht!) annähern kann: In der Geschichte zurückgehen und sehen, wo die Wissenschaft falsch abgebogen ist.
Heinz
P.S. Kant ist Teil der Lösung UND des Problems.
Hallo Heinz.
„Der desolate Zustand der modernen Wissenschaften“
Kannst du mir diesen Satz mal erläutern?
LG/Jürgen
Hallo Jürgen,
’Marode’ ist nur die zugespitzte Zusammenfassung meiner schätzungsweise zwanzig Kommentare.
Du machst in Deiner Argumentation den Zeitgeistfehler an Symptomen herumzudoktern (Zähmung der positivistischen Bestie).
Das Problem z.B. der QM ist aber keines, das im Quantenkämmerlein gelöst werden könnte, nicht einmal im Rahmen der Naturwissenschaften, denn es ist die Folge dessen, was wir Aufklärung nennen. Und die besteht im Übergang von einer konservativen (bewahrenden) zu einer progressiven (experimentellen) Gesellschaft.
Heidegger (Der Begriff der Zeit): „Das Dasein möchte, daß ständig Neues in die eigene Gegenwart begegnet“.
Daran mangelt es uns heute ja nun wirklich nicht. Und wenn man dann die massiven Probleme dieses „sich hinaushalten ins Nichts“ euphemistisch Herausforderungen nennt, ist man schon nahe am Selbstverständnis heutiger Forschung*. Sie zwingt Neues in die Gegenwart und schafft damit vielfältige neue ‚Herausforderungen‘. Achtung: Dieser Prozess entwickelt sich lawinenartig. Mit dieser Art der Forschung holen wir uns Monster ins Wohnzimmer und sagen ihnen: sch…t mir ja nicht auf den Teppich und wehe ihr beißt mich. Und was sagen die Monster: grhmmm…und bekommen das Gütesiegel der Ethikkommission.
Ernsthaft: Das Problem, daß wir hier diskutieren läßt sich auf den von mir weiter oben angeführten Übergang von der ‚Steinzeitegel‘ (Negation) auf die ‚Kantregel‘ (Affirmation) reduzieren. Kants Regel war der Versuch einer Schadensbegrenzung der Aufklärung und der ist gescheitert, weil das Wollen in einer semantisch nicht mehr zu beherrschen Innovations-Regulationslawine enden muss (Revolutionsspirale). In diesem Sinn ist die QM keine physikalische Theorie, sondern die (algorithmische) Denkvorschrift, wie Messdaten zu interpretieren sind, um der ‚Theorie‘ zu entsprechen. Entweder man folgt ihr oder man lehnt sie komplett ab. Eine Diskussion ist nicht möglich. Da glaube ich mich wenigstens mit Bernd einig zu sein.
Ich stehe Deiner Ideologie extrem kritisch gegenüber, weil sie das existentielle Problem der Moderne affirmativ=logisch-axiomatisch gesundbetet und so mit einer neuen Denkvorschrift verhüllt.
* Das Wort Wissenschaft setzt sich aus zwei (indogermanisch und althochdeutschen) Wortstämmen zusammen, die zusammen die Bedeutung von Sehen/Erkennen der Ordnung/des Plans haben. Von Machen, Tun und Wollen ist da nicht Rede. Das, was wir heute Forschung nennen, ist keine oder eben marode Wissenschaft.
gruß,
Heinz
Hallo zusammen,
ich hab mit dem Kantschen Imperativ nichts zu tun.- wer hat davon geredet?
Grüße Bernd
Alles sehr richtig Herr Stegmann, ich bin voll einverstanden, auch damit, dass wir Ontologien nicht erkennen können. Ich bin aber der Meinung dass wir mehr erkennen können, als das, womit wir gut arbeiten können. Unser Verstand kann nämlich auch Transzendentes denken. Die unversellen Werte Kants sind ein Beispiel, das sind Werte, die nicht auf einer von den Menschen oder Gott gemachten Ordnung basieren. Sie unterschätzen also die Fähigkeit des Verstandes, beszüglich des Naturalismus und seiner vermeintlichen Objektivität haben Sie – aus meiner Sicht – völlig Recht.
Grüße
Bernd
Lesen Sie vielleicht meinen Beitrag hier zum besseren Verständnis meiner Überlegungen:
https://medium.com/neo-cybernetics/anthropic-relativism-part-3-28a7adb2e373
„Sie unterschätzen also die Fähigkeit des Verstandes“.
Ich zweifle nicht an der Kraft unseres Verstandes, ich betone die epistemischen Grenzen unseres Verstandes. Alles Transzendente liegt jenseits dieser Grenzen. Wie gesagt, die Frage ist nicht, ob wir das Ding an sich erkennen können, sondern es gibt gar kein Ding an sich.
„… ich bin voll einverstanden, auch damit, dass wir Ontologien nicht erkennen können.“
Einspruch.
Bernd, hast du schon einmal darüber nachgedacht dass die Trennung zwischen Epistemologie und Ontologie relativ ist?
Wenn mich ein anderes Lebewesen betrachtet, dann bin ich für dieses Lebewesen das Ding-an-sich, denn es kann nur Phänomene wahrnehmen, also das was sich in seinem Körper als Physiologie abspielt. Aber es kann nicht wahrnehmen was ich wahrnehme.
Was ist jetzt für beide Lebewesen phänomenologisch, was epistemisch, und was ontologisch?
Eben, es ist relativ – relativ vom Beobachter.
Die Rede vom Ding-an-sich oder von der „eigentlichen“ Ontologie ist aus meiner Sicht eine menschlich in die Welt hineingedachte Schimäre.
Hallo Wolfgang,
du schreibst:
„Und da kann man davon ausgehen, dass unser Gehirn Realität in neuronale Muster transformiert. Machen wir den nächsten Schritt und geht von folgendem aus: das Gehirn kann neuronale Aktivitäten synchronisieren, um den statistischen Eigenschaften seiner Eingaben zu entsprechen.“
Soweit ich sehe, ist das ein Zirkel, weil du wissenschaftliche Kenntnisse anwendest (Biologie des Gehirns), um ein Prinzip der wissenschaftlichen Erkenntnis zu begründen.
„Ob ein Teilchen Welle oder Teilchen ist, ist unerheblich. Wichtig ist nur, dass wir damit arbeiten können.“
Das ist Einstellungssache. Da gibt es durchaus andere Auffassungen.
LG/Jürgen
„Soweit ich sehe, ist das ein Zirkel, weil du wissenschaftliche Kenntnisse anwendest (Biologie des Gehirns), um ein Prinzip der wissenschaftlichen Erkenntnis zu begründen.“
Erkenntnisstheorie bedeutet am Ende immer einen Zirkelschluss. Entweder ich akzeptiere dies, oder ich bin Idealist. Die Frage ist vielmehr, an welchem Punkt ich beginne, an der Phänomenologie oder an einer Theorie die sich letztlich selbst bestätigt.
Hallo Leute,
Danke für Eure bisherigen Kommentare. Ich versuche mal eine Zwischenbilanz:
Bernd betont die Bedeutung des Begriffs „Bipolaritäten“, der aber auf quantenmechanische Probleme nicht oder nur eingeschränkt angewendet werden kann.
„Aber man könnte, aus diesem Verständnis der Natur, und der Dialektik in der Natur, auch bestimmte Probleme bekommen, die unüberwindbar sind. Das könne wir gerne in der weiteren Diskussion herausarbeiten.“
=> Fände ich sinnvoll!!
„Man kann das aber auch ganz anders sehen, nämlich so, dass die Naturgesetze nicht regeln, sondern nur die Beliebigkeit des Geschehens eingrenzen auf das, was möglich ist“
Ein interessanter Gedanke! Es ist sowieso die Frage, ob Natur intrinsisch mathematisch bzw. nomologisch ist, oder ob es nicht eine menschliche Projektion aus den politisch-sozialen Diskursen der alten Griechen ist. Ethische Gesetze schaffen Ordnung im sozialen Miteinander, Naturgesetze schaffen Ordnung in den wahrgenommenen Daten.
Wolfgang Stegemann schlägt einen phänomenologischen Ansatz vor, „weil unser Streben, Ontologien zu entwickeln, hier verunmöglicht wird. Begriffe wie Dualismus und Dialektik ergäben daher als ontologische Begriffe keinen Sinn.“
=> qed! Das müsste mE. nochmal begründet werden…
Heinz Luediger fühlt sich bemüßigt, „deshalb ein notgedrungen allgemeiner Kommentar zum Thema Emergenz“ zu bringen.
Heinz & Bernd bringen Kants kategorischen Imperativ ins Spiel, dessen Relevanz für das Thema (Dialektik in Natur & Wissenschaft) ich noch nicht nachvollziehen kann.
Heinz‘ Vorschlag, „wie man sich der Nicht-Falschheit (die Wahrheit gibt es nicht!) annähern kann: In der Geschichte zurückgehen und sehen, wo die Wissenschaft falsch abgebogen ist.“
=> finde ich ganz sinnvoll.
Wie lassen sich diese Anregungen & Impulse zusammenführen?
Ich bringe zur Erinnerung nochmal die Grundsätze der Dialektik:
1. Der Begriff der Materie stellt – als philosophische Kategorie zur Bezeichnung der objektiven Realität außerhalb des menschlichen Bewusstseins – den Ausgangspunkt und grundlegenden Begriff des Gesamtgebäudes des dialektischen Materialismus dar.
2. Der Begriff der Bewegung ist nicht auf einfache mechanische Ortsveränderung reduziert, sondern ist als Existenzweise der Materie allgemeine Veränderung überhaupt.
3. Die Einheit und der Zusammenhang der Materie.
4. Raum und Zeit als Existenzformen der Materie
Der Begriff der Dialektik repräsentiert die Methode:
5. Das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und umgekehrt.… kennzeichnet den Mechanismus der Veränderung.
6. Das Gesetz der Doppelten Negation… weist auf die Tendenz und Richtung von Prozessen hin. Eine Störung/Anregung muss verarbeitet und ein Gleichgewichts-Zustand wieder hergestellt werden.
7. Der dialektische Widerspruch (Gradient) als Motor & Triebkraft der Prozesse.… hat zur Folge, dass jede Entität doppelt bestimmt ist und die Veränderung im Kern in sich hat.
LG/Jürgen
Jürgen,
diesmal fühle ich mich wirklich zu einem Kommentar bemüßigt:
Warum erklärst Du uns nicht einfach mal, was das Substrat deiner Ideologie ist: DIE ZEIT!
…aber bitte keine weiteren Zirkelschlüsse (Du hattest Dein Konstrukt als voraussetzungslos angekündigt).
Heinz
Hallo Heinz,
du schreibst:
„Warum erklärst Du uns nicht einfach mal, was das Substrat deiner Ideologie ist: DIE ZEIT!“
Wie gewöhnlich, liegst du auch hier wieder voll daneben!
Warum versuchst du nicht mal einen wirklichen Dialog hinzukriegen, mal etwas mehr Kooperation statt immer nur ermüdend-zynische Konfrontation und arrogante Überheblichkeiten?
Ich bin hier, um meine Begeisterung für Wissenschaft & Philosophie zu teilen, mich auszutauschen, mein „Gedankengebäude“ zu überprüfen und meinen größtenteils autodidaktisch erworbenen Wissensbestand bei Bedarf zu korrigieren und zu erweitern. Und wenn ich statt eines bornierten Verrisses, mit dem ich nichts anfangen kann, eine fundierte Kritik bekäme, die argumentative Schwachpunkte oder Inkonsistenzen in meinen Ausführungen anspricht, hätte ich mehr davon.
Das nächste Beispiel ist dein nächster Satz:
„…aber bitte keine weiteren Zirkelschlüsse (Du hattest Dein Konstrukt als voraussetzungslos angekündigt).“
Auch daneben! Du hast nicht verstanden, worum es an der Stelle in meinem Beitrag geht: ich habe mein Konstrukt nicht als „voraussetzungslos angekündigt“, sondern gerade diese Voraussetzungslosigkeit (des Anfangszustandes) und das Problem des Zirkelschlusses (bzgl. der Kausalität) thematisiert‼! – aber vllt. wolltest du es garnicht verstehen…?
Schön das Du begeistert bist, aber lass uns nicht dumm sterben. Was ist die ZEIT?
allen einen schönen 1. Mai(gang),
Heinz
Na, Heinz. Ich denke, du hast nicht wirklich Interesse an dem Thema Methodik, Dialektik…
Jürgen
Jürgen,
Du versuchst da eine diachrone Dialektik (geschichtliche Abfolge von Zuständen, Attraktoren, Revolutionen, etc.) zu diskutieren und hast nicht die leiseste Ahnung was ZEIT ist, d.h. in welcher Dimension sich dieser Prozess abspielt.
Macht nix, die hatte Marx auch nicht.
Aber vielleicht solltest Du mal drüber nachdenken warum seine materialistische Dialektik zu den experimentell best- und meistfalsifizierten Theorien gehört, die wir kennen.
Heinz
Hallo Heinz,
du schreibst:
„Du machst in Deiner „Argumentation den Zeitgeistfehler an Symptomen herumzudoktern (Zähmung der positivistischen Bestie).“
Ja dumm, das mache ich andauernd!
„Ich stehe Deiner Ideologie extrem kritisch gegenüber, weil sie das existentielle Problem der Moderne affirmativ=logisch-axiomatisch gesundbetet und so mit einer neuen Denkvorschrift verhüllt.“
Und ich dachte, die Verhüllung wäre originell …. Im Übrigen kenne ich das „existentielle Problem der Moderne“ nicht mal!
„Das Problem, daß wir hier diskutieren läßt sich auf den von mir weiter oben angeführten Übergang von der ‚Steinzeitegel‘ (Negation) auf die ‚Kantregel‘ (Affirmation) reduzieren. Kants Regel war der Versuch einer Schadensbegrenzung der Aufklärung und der ist gescheitert“
Ja, dumm gelaufen … Was ist das für ein „Problem, das wir hier diskutieren“?
Ernsthaft: Schau mal, Heinz! Mein Zugang zum Problem ist viel naiver. Wie ich schon sagte, interpretierst du mich meistens falsch oder über und kleisterst mich mit Etiketten zu, von denen ich noch nie gehört habe. Aber du bist wohl der Philo-Voll-Profi hier – jedenfalls bemühst du dich artikulativ darum (-; Aber Du musst ein paar Ebenen runtersteigen, wenn wir uns verständigen wollen, und mir vllt. mal mit einem konkreten Quellenhinweis sachlich auseinanderlegen, wo es in meiner Argumentationskette hakt, oder mal die eine oder andere Rückmeldung. Mir geht es weniger um eine Diskussion, bei der die Argumente des Gegenübers genüsslich mit dem verbalen Seziermesser zerstückelt werden und ich will hier auch nicht ideologisch indoktrinieren – ich will mir ein Bild machen von der Welt, in der ich lebe und von den Wissenschaften, die es mir vermitteln! Und ich will mich austauschen mit Leuten, die ähnlich gelagert sind. So naiv und so philosophisch einfach ist das!
„Du versuchst da eine diachrone Dialektik (geschichtliche Abfolge von Zuständen, Attraktoren, Revolutionen, etc.) zu diskutieren und hast nicht die leiseste Ahnung was ZEIT ist, d.h. in welcher Dimension sich dieser Prozess abspielt.
Macht nix, die hatte Marx auch nicht.“
Ja, ist schon klar, Heinz. Die „Zeit“ ist eines deiner Themen und natürlich immens wichtig – ich sehe nur die Relevanz bzgl. der Dialektik nicht. Oder meinst du „Zeit“ im Sinne von „Kontext“? Und Marx sprichst du ein geschichtliches Bewusstsein ab??? Da besteht aber Nachholbedarf bei dir! Aber gut, zu Zeit:
Allgemein: „Zeit“ ist ein Artefakt, das zustande kommt, weil das menschliche Bewusstsein einerseits in der Lage ist, zu erinnern und zu re-konstruieren und andererseits vorauszusagen und zu prognostizieren: so kommen die Begriffe „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ zustande; zieht man eine virtuelle Verbindungslinie, hat man Zeitstrahl & -strömung (nur: was fließt denn da worin?).
Konkret in den Naturwissenschaften bilden wir die Verhältnisse als „zeitlichen Ablauf“ mit der Zeit als Parameter ab, weil wir sie sonst nicht verstehen.
Im Gegensatz zum „Raum“ ist „Zeit“ physikalisch komplett impotent: mE. also kein Bestandteil der tatsächlichen Realität und es ist nicht die Zeit, die die Wunden heilt oder eine Revolution auslöst! Soviel dazu.
„Aber vielleicht solltest Du mal drüber nachdenken warum seine materialistische Dialektik zu den experimentell best- und meistfalsifizierten Theorien gehört, die wir kennen.“
Hab ich! Es kommt darauf an, wer die Validierung in Auftrag gegeben oder durchgeführt hat:
Westerwelle, Bildzeitung & Co.: )-:
Fromm, Altvater, Heinrich & Co.: (-: !
(Über Marx können wir gerne in einem separaten Thread diskutieren, aber den hast du wahrscheinlich schon abgevorurteilt…).
Wenn du die Dialektik – oder das, was ich darüber geschrieben habe – für untauglich hältst, dann leg mir das doch mal auf meinem Niveau auseinander. Ist dMn. die Revision oder die Tonne angesagt?
LG/Jürgen
Wieso bringe ich den Kantschen Imperativ ins Spiel?
Die universellen Werte Kants habe ich als Beispiel angeführt, das der Mensch in der Lage ist, über alle vorgegebenen Ordnungne hinaus zu denken.Das hat mit dem Thema hier nichts zu zun, sondern war eine Kritk auf den Beitrag von Wolfgang, der behauftet hat, der Verstand sei in gewisserweise „beschränkt.
Das hab ich falsch interpretiert, sorry! Jürgen
Hallo Jürgen,
ich gehe man konkret auf Deine Thesen ein:
Deine These: 1. Der Begriff der Materie stellt – als philosophische Kategorie zur Bezeichnung der objektiven Realität außerhalb des menschlichen Bewusstseins – den Ausgangspunkt und grundlegenden Begriff des Gesamtgebäudes des dialektischen Materialismus dar.
meine Antithese: Der Begriff der Materie – von der Physik pragmatisch gehandhabt – ist physikalisch und philosophisch unbestimmt und daher als Ausgangpunkt eines Ideengebäudes ungeeignet. Denn was sind ontologisch gesehen Strahlung und Felder? Durch welche Begriffe und Methoden wird Materie bestimmt? Die ontische Bestimmung von Gegenständen der klassischen Physik ist nicht auf Quantenobjekte übertragbar, usw., usw.
Deine These 2. Der Begriff der Bewegung ist nicht auf einfache mechanische Ortsveränderung reduziert, sondern ist als Existenzweise der Materie allgemeine Veränderung überhaupt.
meine Antithese: Der Begriff der Bewegung ist dialektischer Gegenpol zum Begriff der Ruhe – beide bedingen sich gegenseitig, eines ist ohne das andere ist denkbar. In der Qantenphysik ist aber immer nur eine Größe definiert: Ort (Stillstand) oder Geschwindigkeit (Bewegung). Die Quantenphyik lässt also die Idee von Ruhe und Bewegung als gleichzeitig existierende reale Entitäten nicht zu.
Deine These: 3. Die Einheit und der Zusammenhang der Materie.
meine Antithese: Was soll damit gemeint sein? Wenn Masse äquivalent Energie ist (E=mc2) und Energie äquivalent Masse – worin soll dann die „Einheit der Materie“ bestehen? In einer Urform, in der Energie und Masse als Einheit verbunden sind? Die Physik würde das als esoterische Idee bezichnen.
Deine These: 4. Raum und Zeit als Existenzformen der Materie
Antithese: Der Raum ist nichts weiter als die Menge aller möglichen Abstände, ist also zuerst durch Relationen definiert, und nicht durch die Relata. Ohne Abstand keine Relata. Insofern ist Raum keine Existenzform der Materie, sondern eine Existenzform, die die Menge aller Relationen in sich vereint. Das gleiche gilt aber auch für Felder – die sind aber was anderes als nur Raum.
Überall ontologische Unbestimmtheit physikalischer Entitäten wo man nur hinsieht!
Deine These: Der Begriff der Dialektik repräsentiert die Methode.
Dialektik ist die Grundlage für eindeutige Begriffsbildung, sie hat mit physikalischen Methoden nichts zu tun. Physikalische Begriffe werden hauptsächlich aus gültigen mathematischen Beschreibungen realer Phänomene gewonnen. Was z.B. ist der Gegenpol zu physikalischer Realität – um bei der Physik zu bleiben?
Deine These 5. Das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und umgekehrt.… kennzeichnet den Mechanismus der Veränderung.
meine Antithese: Veränderung (von Grenzen) kann man auch als Realisierung des Möglichen auffassen, also als Konkretisierung von Potentialitäten. Um Veränderungen metaphysisch zu erklären, bedarf es dann mehr als ein rein physikalisches Realitätsverständnis, in dem Potentialität als Seinsform des Realen nicht vorkommt.
Du kannst an meinen Antworten erkennen, dass die universale Sicht des Realisten leicht angreifbar ist. Man kann alles was Du in Deiner sehr einheitlichen und geschlossenen Gesamtschau voraussetzt und folgerst, auch ganz anders sehen. All das ist 100 Jahre diskutiert worden, ohne dass These und Antithese in einen Konsens gemündet wären. Du gibst eine sehr schöne Darstellung der Sicht des Realisten auf die Welt, und man kann das alles auch vertreten, aber man kann das eben auch ganz anders sehen, und das geht nun schon 100 Jahre hin und her.
Daher nochmals: einen wirklichen Fortschritt wird es nur geben, wenn man sich außerhalb der Physik stellt, außerhalb des Verständnisses der externen geistunabhängigen Welt, wie sie uns die Physik weismachen will – konkret: außerhalb ihrer Vorstellung, dass die Welt aus Gegenständen mit Eigenschaften und Kräften aufgebaut ist und Quantenobjekte Besonderheiten sind, mit denen man sehr pragmatisch umgehen muss.
Auf diese physikalische Sicht der Dinge eine Gesamtschau der materiellen Welt aufzubauen ist, zum Scheitern verurteilt.
Deshalb plädierst Du für eine Diskussion, die schon geführt wurde, aber nichts gebracht hat. Es kann sein, dass sich die Kommentatoren deshalb so schwer tun, konkret zu antworten. Ich glaube auch, dass Heinz selbst nicht weiß was Zeit ist. Das kommen also noch die eigenen unklaren Vorstellungen und Vorurteile, von denen wir alle selbst ja auch nicht lassen können.
Grüße
Bernd
Bernd,
ganz kurz: wenn Du meinen letzen Beitrag (Die Illusion der Zeit…) liest, wirst Du verstehen, daß ich der Zeit jede Existenz abspreche. Das ist was anderes als nicht zu wissen was die Zeit ist.
Heinz
P.S. Ansonsten: Ja, man kann LOGISCH alles behaupten – und das Gegenteil. Aber wenn wir unsere Rechner zuklappen und Kochen, Segelfliegen oder den Rasen mähen, dann gibt es auf einmal Wahrheiten, die wir alle teilen. How come?
„daß ich der Zeit jede Existenz abspreche.“
Na, da schau an: es schälen sich Gemeinsamkeiten heraus …
Sollen wir noch mal weiter suchen? (-;
LG/Jürgen
Cont‘d
Ganz einfach: da draußen bei den Phänomenen und Qualia, die der Positivismus als vor- oder unwissenschaftlich bezeichnet, kann man sich zwar täuschen – aber nicht lügen. Die Phänomene sind zeitlos und es gilt die Regel: no time-no lies.
Die Nichtanschlußfähigkeit der QM an die Phänomene und die natürliche Sprache entlarvt sie – sagen wir es höflich – als Wahrheitsinsel, da hilft auch die ausgebuffteste Dialektik nichts. Das gilt m.E. für jede algorithmisch, d.h a-semantisch getriebene Forschung.
Bernd, Du hat es auf den Punkt gebracht: die Lösung liegt nicht in einer Vermittlung (oder Synthese) von A und nicht-A, sondern jenseits der bekannten Physik.
@ Jürgen:
Die materialistische Dialektik sagte ich ist EXPERIMENTELL widerlegt worden. Um es ganz deutlich zu machen: von weltweit 67 Staaten, die den Marxismus/Leninismus seit 1922 eingeführt haben, ist er in 66 Staaten gescheitert und wer möchte schon in Cuba leben…trotzt Cuba Libre.
Heinz
Oh Mann! Jetzt enttäuscht du mich aber, Heinz! Dieses völlig unqualifizierte Westerwelle-Bild-Zeitungs-Totschlag-Argument dürfte eigentlich jenseits der Kante deines Niveaus sein!
Du hast Google-KI antworten lassen, oder?
LG/Jürgen
Hi Wolfgang,
so ganz gefallen mir Vorstellungen doch nicht. Du behauptest, unsere neuronalen Abläufe wären so, dass sie immer nur in Relation gesetzt würden zu den Erfahrungen, die wir mit der makro- und mesoskopischenWelt machen, und aus Mangel an Erfahrung mit der mikroskopischen Welt hätten wir dann Probleme mit der Interpretation der Mikrowelt.
Man müßte das mal konkretisieren.
Es ist doch so: wir beobachten und bilden Begriffe zur Beschreibung der gemachten Beobachtungen, die im intersubjektiven Dialog besonders nützlich sind. Wir sind es also, die zuerst begriffliche Zordungen bilden, zur Beschreibung der Welt, im Sinne eines nützlichen Umgangs mit dieser. Wie die Dinge an sich sind, wissen wir nicht. Wir erklären sie vielmehr zu dem, was sie sein sollen, damit wir sie gut handhaben können.
Unser Verstand biegt sich die Außenwelt zurecht, so dass wir gut damit umgehen können. Darin ist er Meister, und ganz neben der Wahrheit wird er auch nicht liegen, sonst wäre die Methode nicht so erfolgreich. Aber mehr läßt sich mit der Methode der Beobachtung und Erfahrung auch nicht machen. Insofern ist der Verstand beschränkt. Und das gilt für Beobachtungen der Mikro und Makrowelt gleichermassen. Da gibt es nicht etwas Unterschiedliches zu erkennen, es sei den wir machen es nach der Beobachtung unterschiedlich, und das haben wir gemacht und nach 100 jahren Quantenphysik sollte es doch langsam dämmern, dass diese unterschiedlichen Zuordnungen nicht die Wahrheit sein können, statt auf Teufel komm raus daran festzuhalten und ganze Weltanschauungen darauf aufzubauen.
Es ist also eine unzureichende Begriffsbildung, mangelbehaftete Zuordungen und unsere falschen Schlussfolgerungen, die Dir vortäuschen, unser Verstand wäre begrenzt. Der Verstand ist nicht begrenzt auf Grund innerer intrinsischer Struktur. Er ist begrenzt, weil er bei weniger Beobachtungen und Erfahrungen unzutreffende Begriffe und unzureichende Beschreibungen generiert. Er irrt lediglich der Wahrheit entgegen, er ist vor Irrtümern bei diesen Beschreibungen nicht gefeit. Er deutet falsch, vielleicht weil neuronale Abläufe einer Gewohnheit folgen, aber nicht deshalb falsch, weil wir für die Mikrowelt grundsätzlich keine geeigenten Zuordnungsbegriffe für eine richtige Beschreibung finden können. Wir können. Man muss nur die Begriffswelt der Physik verlassen, aber da will nur keiner mitmachen.
Grüße
Bernd
Lieber Bernd,
wenn du meine Beiträge genau liest, wirst du feststellen, dass ich nichts anderes sage als du. Mit der Ausnahme, dass unser Verstand begrenzt ist, und zwar epistemisch. Warum? Weil wir die Welt nur neuronal wahrnehmen können. Also subjektiv. Unbegrenzt wäre unser Verstand, wenn er alle unendlich vielen Modalitäten in sich vereinigen würde. So aber ist er auf die Neuronalität begrenzt. Oder weisst du, was Schwerkraft ist?
Du hast recht, wenn du sagst, man müsse sich außerhalb der Physik begeben, wenn man sie verstehen will. Also muss man Philosophie betreiben. Jedes mal, wenn ein noch so bekannter Physiker philosophisch wurde, kam entweder Physikalismus heraus oder Esoterik. Jeder Hinz und Kunz meint im übrigen, sich über Philosophie äußern zu können. In keiner Wissenschaft würde man sich das ohne Ausbildung trauen. Und was kommt dabei heraus? Küchenphilosophie.
Die Physik funktioniert in der Praxis sehr gut, also lass sie doch machen. Wenn du mehr wissen willst, frag also keinen Physiker, sondern einen Philosophen.
Wenn ich sage, der Verstand ist begrenzt, meine ich nicht, dass wir innerhalb unserer epistemischen ‚Blase‘ nicht viel, oder sogar fast alles ‚erkennen‘ können. Aber eben nur innerhalb.
Nimm als Beispiel irgendeine beliebige Entität, die völlig anders ist, als wir Menschen. Sie hat ein vollkommen anderes Verhältnis zur Welt, nämlich ihr eigenes subjektives.
‚Erkenntnis‘ ist relativ. Daher vertrete ich einen epistemischen Relativismus. Und innerhalb dieser unserer subjektiven Erkennntniswelt vertrete ich einen relativen Realismus.
Du hast mal gefragt, wie muss die Welt beschaffen sein, damit wir sie erkennen. Ergänze die Frage durch: wie muss unser Erkenntnisapparat beschaffen sein, dass wir die Welt erkennen. Das relativiert es.
Ich frage mich gerade, was, wenn die dunkle Materie identisch ist mit Schwerkraft, sie also kein ‚Stoff‘ ist, sondern etwas, was wir nicht verstehen, weil wir dafür keine Sensoren haben, weil dafür kein Evolutionsdruck herrschte.
Man muss seine eigenen Überzeugungen ständig infrage stellen können, ansonsten bleibt man stehen und verhungert.
Aber man muss sinnvolle, abgeleitete Fragen stellen und nicht aus dem hohlen Bauch Philosophie betreiben. Und das ist Arbeit und keine Schwafelei.
Hallo Hr. Stegemann,
Sie benutzen die Begrifflichkeiten der wissenschaftsnahen Philosophie des 20. Jahrhunderts als wären sie in Stein gemeißelte Wahrheiten. Wenn man sich aber – und es fein zergliedert – die etwa zwei Dutzend Denkpositionen zwischen reduktivem Naturalismus und sagen wir der Doppelaspekt-Theorie von Thomas Nagel anschaut und insbesondere deren kreuzweise Infragestellung und Widerlegungsversuche, wird man feststellen müssen, daß da philosophisch nichts ist, an dem man sich wirklich festhalten könnte. „Wenn du nicht weiter weißt, frage einen Philosophen“! Ja welchen denn? Allein im Bereich des Relativismus zähle ich mindestens ein halbes Dutzend Spielarten (Ihre nicht mitgerechnet), die alle ihre eigenen Voraussetzungen (eigene Logik) mitbringen und teils an die Bedürfnisse von Spezialdisziplinen angepaßt sind. Wenn aber Philosophie ein Kontinuum ist – ist sie nichts.
Ich sehe es so: Mit ‚Quines‘ Eingliederung der Philosophie in den Wissenschaftsbetrieb (die natürlich viele Betreiber und Gründe hatte) verschwand eine Klammer (wenn man will: Zensur) des Denkens, die den Wissenschaften ihr heutiges postmodernes (punkiges) Aussehen verlieh und zu Koexistenzbedingungen führte, die ich multilateralen Nichtangriffspakt genannt habe. Und der wiederum ist die Vorbedingung des Simulacrums, d.h. ironischer Wissenschaft. Dann aber sollte man dieser ironischen Wissenschaft mit nicht weniger Ironie begegnen als in sie hineingelegt wurde…
Nachdem es d i e Philosophie also nicht mehr gibt, ist „Küchenphilosophie“ vielleicht die beste Philosophie, die wir zur Zeit haben.
Gruß,
Heinz Luediger
Hallo Heinz,
du steckst Wolfgang leider in die falsche Kategorie. Das was du hier ansprichst ist die Diskussion um das Leib-Seele Problem in der Philosophie des Geistes. Wolfgang hält dieses Problem für ein Pseudoproblem (ich übrigens auch).
Seine Position im allgemeinen und seine Aussagen im speziellen haben also nichts, ja rein gar nichts, mit der von dir indirekt angesprochenen Diskussion zutun.
Wenn du ihn also in die Kategorie „nur eine weitere naturalistische Position aus dem 19. Jahrhundert“ steckst hast du ihn falsch verstanden. Seine Aussagen haben mit dem von dir angesprochenen Framework/Paradigma „reduktiver Naturalismus, Doppel-Aspekt Theorie“ etc. nichts zutun. Er muss außerhalb dieses Frameworks verstanden werden.
Philipp
Hallo Philipp,
es ging mir nicht darum irgendwen in irgendeine Schublade zu stecken, sondern mit wenigen Schlagworten ein möglichst breites Spektrum an Positionen aus Philosophie und Kognitionswissenschaft aufzureißen. Das ist offensichtlich missglückt; hätte aus Gründen der Klarheit wohl zwei oder drei Zeilen mehr spendieren sollen.
Kritik akzeptiert,
Heinz
Bezüglich deiner Aussage dass man in diesen Positionen keinen festen Halt finden kann (da jede dieser ontologischen oder metaphysischen Positionen Vor- und Nachteile innerhalb dieser Debatte haben) stimme ich zu. Mit Vor- und Nachteilen meine ich dass Position X beispielsweise Probleme von Position Y bereinigt oder gleich vermeidet, dafür aber wiederum mit anderen logischen Problemen daherkommt.
Das liegt meiner Meinung nach einfach daran da das zugrundeliegende Problem bereits fehlerhaft konstruiert ist. Deshalb kann es auch nicht gelöst werden. Die ganze Debatte ist für mich ein Fechten mit Luftschlössern – es ist riesig groß aufgeblasen und manche Philosophen bauen ihre ganze Karriere darauf; aus meiner Sicht steht letztendlich gar nichts dahinter; es ist ein konzeptuelles Spielchen das eigentlich blutleer ist.
Aber das ist ein anderes Thema.
Philipp
Hallo Bernd,
mir fällt gerade noch eine Denkfigur ein, die meinen Standpunkt vielleicht besser verdeutlicht:
Wir Menschen betrachten die Welt aus einer ersten-Person-Perspektive, wobei diese erste-Person-Perspektive die der Spezies Mensch ist. Wir haben also einen humanesken subjektiven Blick auf die Welt. Und das spiegeln unsere Theorien wider.
Was bedeutet hier nun Objektivität? Sie spielt sich ab im Verhältnis der Spezies Mensch (bzw. jeder beliebigen Entität) zur Welt. Nur in dieser spezifischen Relation findet Erkenntnis statt. Eine andere gibt es nicht. Unsere ist also nur eine von unendlich vielen. Und wenn wir behaupten, unsere ist die einzig richtige, könnten sich andere Entitäten melden und dasselbe behaupten.
Diese Sichtweise schließt jede Objektivität im Sinne Platons vollständig aus.
Diese Sichtweise kann man herunterbrechen bis zum Individuum und hat dann dort die aus der Diskussion bekannte erste-Person-Perspektive des Individuums.
Hallo Hr. Stegemann,
ich möchte versuchen Ihre Denkfigur einen kleinen Schritt weiterzuführen.
Wenn unsere Weltsicht (die des Menschen) die Sicht durch eine Theorienbrille ist, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Theorien zueinander stehen müssen. Denn die Theorie Hesiods, daß ein Amboss neun Tage und Nächte braucht um vom Himmel (der Spitze des Olymps) bis auf die Erde zu fallen, paßt in die Weltsicht des 21. Jahrhunderts nicht hinein. Das gilt auch für das geozentrische Weltbild, Phlogiston‘ und ‚Äther‘.
Das heißt, daß ein beliebiger Theorienkanon keine Weltsicht, sondern Chaos erzeugen würde. Gleichzeitig scheidet die Berufung auf einen autoritativen Theorienkanon aus. Somit scheint mir eine Diskussion unseres Erfahrungs/Erkenntnisapparats anhand seiner Inhalte nicht möglich zu sein.
Daher mein Vorschlag: Jedes unwidersprüchliche Set von Theorien ergibt eine valide Weltsicht qua Unwidersprüchlichkeit. Daraus folgt tautologisch die Definition einer nicht-falschen Theorie: unwidersprüchlich in weitesten Kontexten.
Unser menschlicher Theorienkanon ist durch die unwidersprüchlichen Sinnestheorien ‚ausgerichtet‘ und ‚grundiert‘ und impliziert schon die erste-Person-Perspektive, die das relative aber f ü r u n s unhintergehbare Grundgerüst jeder weiteren Theoriebildung ist. Diese besteht nicht in analytischer Zergliederung oder revolutionärem Umsturz, sondern in synthetischer Erweiterung (Entfaltung). Das Dokumentations- und Verhandlungszentrum der Theoriebildung ist die Sprache (als Ganzes).
Gruß,
Heinz Luediger
P.S. Natürlich ist nicht-falsch nicht gleichbedeutend mit logisch-wahr.
„Wenn unsere Weltsicht (die des Menschen) die Sicht durch eine Theorienbrille ist, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Theorien zueinander stehen müssen.“
Wenn Sie morgens die Augen aufmachen, dann sehen Sie keine Theorien, sondern einfach nur die Welt, und zwar aus Ihrer persönlichen subjektiven erste-Person-Perspektive. Und da Sie zur Spezies Mensch gehören, sehen Sie die Welt aus der ersten-Person-Perspektive der Menschheit.
Jeder anderen Entität geht es genauso, d.h. es gibt nur subjektive Welten. Dem ist erst einmal nichts hinzuzufügen.
Außer, dass das ganze Philosophietheater eines Platon oder Hegel erkenntnistheoretisch eine Selbsttäuschung ist.
Hallo Bernd,
du schreibst:
„Man muss nur die Begriffswelt der Physik verlassen, aber da will nur keiner mitmachen.“
Das tut weh! (-;
…bestätigt aber auch meinen Eindruck. Ich kann noch nicht sagen, woran es liegt, aber die Rückmeldungen/Kommentare bzgl. meiner Beiträge zeigen mir, dass nicht klar geworden ist, welche Absichten ich damit verfolge. Wir beide nähern uns zwar langsam an, reden aber immer noch größtenteils aneinander vorbei. Ich versuche mal ein paar Klarstellungen:
1. Ein Konsens besteht – der Literatur nach – im Folgenden:
i.) Die Funktion von Naturwissenschaft ist nicht nur eine pragmatische, sondern auch eine weltanschaulich-orientierende.
ii.) Die Aufgabe der Physik besteht darin, wie sie sich im Instrumentalismus kundtut: valide Resultate zu erzeugen.
iii.) Die Aufgabe der Philosophie ist es, i.) und ii.) zusammenzuführen: über die Physik und ihre Methoden zu reflektieren, die Resultate in einen Zusammenhang zu bringen und auf ihren Bezug zur Realität hin zu interpretieren.
1. 2. Dieser Grund-Auffassung über das Verhältnis Physik/Philosophie schließe ich mich an. Sie ist nicht Thema der Diskussion.
3. Es gibt in der Philosophie diverse konkrete Auffassungen darüber, wie die Resultate interpretiert werden können, zB. naiver Realismus, Positivismus, Strukturalismus, etc.
4. Meine Auffassung ist nicht, wie du einschätzt, die des naiven Realismus (ich habe ihn an den Anfang der Betrachtung gesetzt, weil er der historischen naiven (unentwickelten) Erkenntnissituation entspricht). Schlagwortmäßig: Dialektik …sie äußert sich im Verhältnis mentale Konstruktion / objektive Realität resp. Empirie / Formalismus oder Induktion/Deduktion, : aus den physikalischen Daten wird eine formalisierte Theorie (Physik) und eine daraus abgeleitete Ontologie konstruiert, von der man annimmt, dass sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die tatsächliche Realität korrelativ und approximativ abbildet.
Konkret heißt das: mir ist bewusst, dass, auch wenn ich nach Newton algorithmisch die Gravitation dynamisch beschreiben kann, ich damit noch nicht sicher weiß, worum es sich wirklich handelt. Daran ändert auch Einsteins Geometrodynamik grundsätzlich nichts, aber sie bringt mich weiter, gibt mir einen Hinweis auf Entstehung, Zusammenhang und Struktur des Kosmos – das ist plausibler als Aristoteles und mehr als Newton.
Ich weiß auch nicht wirklich, was ein Atom ist, aber diese Modell-Konstruktion gibt mir eine Vorstellung davon, was passiert, wenn Materie sich umwandelt oder warum ein Spektrum mir sagt, wie warm es auf der Sonne ist oder warum die Suppe in der Mikrowelle heiß wird und der Schmuckstein nicht!
Ich kann deinen Pessimismus (so meine Wahrnehmung!) nicht teilen. Unser „Wissen“ ist grundsätzlich hypothetisch, historisch und gesellschaftlich (mit-) bestimmt: ein konstruiertes Modell bzw. eine modellhafte Konstruktion und genau das ist auch das deduzierte Weltbild. Aber es ist ein mit der Qualität & Quantität empirischer Daten wachsendes, ein sich entwickelndes Wissen/Weltbild! Immer relativ offen und dynamisch, aber mit verlässlichen absoluten Strukturen wie Materialität, Widersprüchlichkeit, Ganzheit & Einheit & gradienten-induzierter Dynamik (ist etwas geschraubt, ja).
So. Diese dialektische Sichtweise hat sich im Laufe der Beschäftigung mit Philosophie (Heraklit, Hegel, Marx, Engels, ua.) & Wissenschaft herausgebildet, habe ich persönlich validiert und etabliert und steht insofern gar nicht zur Diskussion! (vergiss die „Thesen“ an Heinz! war ne überstürzte Verzweiflungstat.)
Die Dialektik ist/war in den Philosophien der Naturwissenschaften der westlichen Länder unterrepräsentiert, weil die starke Repräsentation in der DDR/Sowjetblock schon rein politisch dafür sorgte. Außerdem wurde die Dialektik von den DDR-Autoren stets nur empirisch abgeleitet, es fehlt mE. eine rationale oder logische Begründung.
Dieser Beitrag war der Versuch, der Dialektik der Naturphilosophie und einer konstruierten Ontologie ein Fundament zu geben und für sie werben. Das ist kein physikalischer Beitrag!
Mein erster Beitrag lief definitiv unter „Aufgaben der Naturphilosophie“. Das ist auch kein physikalischer Beitrag!
Beide Beiträge liegen also auf der philosophischen Meta-Ebene, dementsprechend verwende ich auch ziemlich konsequent philosophische Begrifflichkeiten.
Und wenn ich mir jetzt deinen Kommentar zu meinen vermeintlichen Thesen anschaue, dann finde ich überwiegend rein physikalische Gegen-Argumente!
Das ist ein physikalischer Beitrag!
Das sieht mir aber schon nach einem Widerspruch aus!
Und wie Heinz auch schon andeutet: logisch lässt sich auch immer das Gegenteil behaupten.
„Man muss nur die Begriffswelt der Physik verlassen, aber da will nur keiner mitmachen.“
Deswegen tut’s weh! (-;
LG/Jürgen