Gastbeitrag von Dr. Bernhard Weßling: „Was für ein Zufall“
Durch Zufall („Was für ein Zufall“ ?!? 😉) habe ich Herrn Dr. Bernhard Weßling über unseren Youtube-Kanal „Zoomposium„ kennengelernt. Nach einem Video-Meeting hatte ich ihn gebeten die Thesen aus seinem neuen Buch „Was für ein Zufall! Über Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit“ einmal thesenartig zusammenzufassen, um sie als Diskussionsgrundlage auf meiner Seite vorzustellen.
Daher bin ich nun auf mögliche, auch zufällige Resonanzen sehr gespannt und freue mich – ebenso wie Herr Dr. Weßling – über zahlreiche Kommentare. Aber hier zunächst einmal sein Thesenpapier, das natürlich nur einen Ausschnitt darstellt und nicht die informative Tiefe seines Buches abbilden kann:
Bernhard Weßling: „Was für ein Zufall“ – thesenartige Zusammenfassung
Im folgenden stelle ich mein Buch „Was für ein Zufall! Über Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit“ (SpringerNature Oktober 2022) in Form kurzer Thesen vor.
1) Es wird ausschließlich der sog. „essenzielle Zufall“ (Definition nach Jacques Monod1) behandelt, also solche zufälligen Ereignisse, für die die Eintritts-Wahrscheinlichkeit extrem nahe Null liegt. Beispiele: Mutationen (nicht „dass“ eine Mutation auftritt, sondern was für eine mit welchen Folgen); Tore oder Nicht-Tore in der Nachspielzeit; Verzweigung in Baumkronen, Muster von Blättern; Schneeflockenstrukturen; Mündungsdelta von Flüssen wie auf dem Buchcover; Wetter; Klima. Mit Zufällen, die sich wahrscheinlichkeitsmathematisch untersuchen lassen, beschäftigen wir uns in dem Buch nicht.
2) Die oben genannten Beispiele zeigen, dass „Komplexität“ eng mit Zufall zusammenhängt.
3) Komplexität in Prozessen und Strukturen entsteht nach Ilya Prigogine (Nobelpreis 1977 für seine Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik) durch Export von Entropie aus einem System heraus aufgrund überkritischem Import von Energie und Materie in offene Systeme hinein; damit sind solche Systeme weit vom thermodynamischen Gleichgewicht entfernt. – Ich erkläre „Entropie“ in sehr leicht verständlichen Worten und mit Beispielen aus dem Alltag (und das nicht wie üblich mit dem banalen Beispiel schlecht aufgeräumter Kinderzimmer oder Schreibtische).
4) Es wird deutlich, dass – im Gegensatz zum weit verbreiteten Wunsch nach „Gleichgewicht“ überall – unsere Welt, unser Leben, die Erde, die Ökosysteme, die Wirtschaft, das gesamte Universum sich nicht im Gleichgewicht befindet, sondern im thermodynamischen Nicht-Gleichgewicht. „Gleichgewicht ist Verfall und Tod.“ (Ludwig von Bertalanffy) – Die Forderung im Grundgesetz, wonach das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht angestrebt und erhalten bleiben müsse, ist aus thermodynamischen Gründen nicht erfüllbar.
5) Der Zufall entsteht in Nicht-Gleichgewichts-Systemen durch die Nicht-Linearität fast aller dort stattfindenden Prozesse.2 Er ist wesentlicher Bestandteil des Eigenschaftsspektrums von Nicht- Gleichgewichts-Systemen, in denen wir leben (auch „Gesellschaften“ sind solche Systeme).
6) Die weithin schnell dahergesagte und für bewiesen gehaltene Ansicht, der Zufall werde durch die Eigenschaften der Elementarteilchen, der Quanten, erzeugt, ist mit der Dekohärenztheorie nicht vereinbar. Diese Ansicht ist zudem weder durch theoretische Darlegungen, noch durch irgendwelche experimentellen Beobachtungen belegt.
7) Diese Ansicht entspringt dem Glauben (der Überzeugung) v. a. vieler Physiker und im Gefolge Philosophen und Wissenschaftsjournalisten, dass es eine grundlegende Quanten-Theorie geben müsse und geben werde, die alles in unserer Welt, alle Gesetzmäßigkeiten, die wir auf höheren Ebenen der Organisation der Materie kennen bzw. untersuchen, erklären kann. Beispiel: Die Evolutionstheorie werde sich letztlich auf das Verhalten der Quanten zurückführen lassen (Reduktionismus).
– Damit wird die Tatsache geleugnet, dass auf jeder höheren Ebene der Organisation der Materie durch dortige spezifische Wechselwirkungen neuartige Gesetzmäßigkeiten erst entstehen, solche Gesetzmäßigkeiten, die sich nicht auf Naturgesetze tiefer liegender Ebenen zurückführen lassen – „Emergenz“.
8) So gibt es „Entropie“ auch erst mit der Entstehung der Materie „nach“ dem Beginn des Universums, Entropie ist eine emergente Größe.
9) Damit kommen wir zum Wesen der Zeit: Auch die Zeit ist ein emergentes Phänomen. Sie entsteht durch den Fluss der Entropie und ist gewissermaßen das „Flussbett“, eine „Matrix“, worin Entropie fließt. Zeit ist proportional zum Entropiefluss, also gibt es keine absolute Zeit, sondern in jedem Subsystem seine eigene Zeit.
– Daraus folgt die Möglichkeit der experimentellen Überprüfung meiner Hypothese im Weltraum bei hohen Geschwindigkeiten bzw geringer Gravitation (Relativitätstheorie).
10) Das Empfinden von Zeit bei uns Menschen darf nicht verwechselt werden mit dem Wesen der Zeit, genausowenig, wie wir unser Empfinden von Farben und Formen nicht mit dem Wesen des Lichts (elektromagnetische Wellen) oder mit dem Empfinden von Geräuschen und Tönen mit dem Wesen des Schalls (Luftdichteschwankungen) in einen Topf werfen dürfen.
Es folgt eine kurze Einführung in die jeweiligen Kapitel des Buches.
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Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel
Vorwort
Ein Überblick über die Fragestellungen, die im Buch behandelt werden. Es wird um komplexe Strukturen und Wechselwirkungen in dynamischen Systemen gehen. Wir werden in Biochemie, Evolution, Kolloidchemie und -physik, in Astronomie, Kosmologie, Quantenphysik und Philosophie hineinschauen. Zugleich ist das Buch eine erste qualitative Heranführung an die Grundzüge der Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik.
Kapitel 1: Der Zufall nimmt seinen Lauf
Der Autor schildert zahlreiche Zufälle, die seinen Weg in die Wissenschaft, in die Grundlagenforschung öffnen, in einem kleinen Unternehmen, das er schon sehr früh als Geschäftsführer und Gesellschafter verantwortet. Diese Zufälle führen ihn immer tiefer in wissenschaftlich zuvor wenig beachtete Gebiete. Dort warten überraschende Phänomene auf ihre Entdeckung.
Kapitel 2: Der Zufall ist überall
Anhand von zahlreichen Beispielen aus der neueren Zeit (Corona-Pandemie), der wissenschaftlichen For- schung, der Technologie, der Wirtschaft, der Geschichte und der Politik kann man erkennen: Es sind die sogenannten essenziellen Zufälle, die den Lauf der Geschichte bestimmen, und das in allen Aspekten des Lebens und der Natur, v. a. der Evolution. Wir beschäftigen uns auch mit bisher von anderen Autoren aus Physik und Philosophie vorgelegten Erklärungen über die Ursachen des Zufalls. Davon abgegrenzt wird der essenzielle Zufall.
Kapitel 3: Kreativität ist Zufall im Gehirn
Zufall findet ständig auch in unserem Gehirn statt. Es gibt ernstzunehmende wissenschaftliche Erkenntnisse, die „Zufallsgeneratoren im Gehirn“ nahelegen. Vielen teilweise berühmten Menschen sind grundsätzliche Erkenntnisse, Entdeckungen und Erfindungen im Traum oder in Situationen gelungen, in denen sie nicht bewusst über das zu lösende Problem nachdachten. Dem Autor gelang die Auflösung eines rätselhaften und zuvor unbekannten Phänomens ebenfalls in einer Situation, in der systematisches logisches Denken nicht möglich war. Auch das Phänomen der Improvisation, vor allem bekannt aus der Jazzmusik, ist nachweislich nur möglich, wenn Kontrollmechanismen des Gehirns wie im Traum ausgeschaltet sind, so dass der Zufall freien Lauf hat.
Kapitel 4: „Gleichgewicht ist gut, Nicht-Gleichgewicht ist schlecht“ – stimmt das?
Die bisher weit verbreiteten Vorstellungen von Gleichgewicht werden diskutiert, auch der Begriff Fließgleichgewicht. Auf leicht verständliche Weise wird die Entropie erklärt und wieso trotz des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik („stetiger Anstieg der Entropie im Universum“) komplexe Strukturen entstehen können. Damit lernen wir die Grundzüge der Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik kennen. Wir verstehen, dass alles um uns herum und wir selbst Nicht-Gleichgewichts-Systeme mit dissipativen Strukturen sind. Sonst wäre auch Mayonnaise nicht steif. „Gleichgewicht bedeutet für Organismen Tod und Verfall.“ (Ludwig von Bertalanffy, Begründer des Begriffes Fließgleichgewicht)
Kapitel 5: Fast an der Wissenschaft verzweifelt
Erstaunlicherweise ist die Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik an Universitäten und im Studium kaum prä- sent, geschweige denn sonst in der Gesellschaft. Dies, obwohl die Begründung für den Nobelpreis 1978 an Ilya Prigogine klar darlegt, wie wichtig diese Theorie für das grundlegende Verständnis unserer Welt ist. Den meisten revolutionär neuen Erkenntnissen der Wissenschaft erging es ähnlich. Ganz anders war die viel kompliziertere Relativitätstheorie schnell anerkannt und steht seither oft und auf vielfältige Weise im Zentrum auch populärwissenschaftlicher Artikel und Bücher. Für die unterschiedliche Akzeptanz neuartiger Ideen hat Thomas Kuhn eine Erklärung in seinem Buch Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen vorgelegt: das Paradigma, auf dessen Basis die Wissenschaftler arbeiten.
Kapitel 6: Die Geburt des Zufalls in komplexen Systemen
Anhand charakteristischer Beispiele aus der Biologie (Biochemie, Evolution), dem Wetter, Klimageschehen, komplexen Netzwerken und der Kosmologie („Urknall“) wird die Dynamik und Nicht-Linearität von Nicht- Gleichgewichts-Systemen näher beleuchtet. Es wird klar, dass höhere Organisationsebenen der Materie ihre eigenen, im Vergleich zu niedrigeren Ebenen neue Gesetze entwickeln. Emergenz von Eigenschaften und Gesetzen ist ein wichtiger Aspekt. Das nicht-lineare Verhalten dieser komplexen Systeme ist die Ursache für das Auftreten des Zufalls. Abschließend erklärt uns das Phänomen der Dekohärenz, warum die Quanten (Elementarteilchen) mit ihrer Unbestimmtheit den Zufall in der makroskopischen Welt nicht bewirken können.
Kapitel 7: Was fließt da, wenn die Zeit fließt, und wohin fließt sie?
Zuerst wird diskutiert, was verschiedene Physiker über die Zeit denken: Ist sie eine Illusion? Bedeutet die Zeitlosigkeit der Quanten, dass es die Zeit nicht gibt? Kann sich der Zeitpfeil umkehren? Leben wir in einem von vielen Universen? Wir denken dann darüber nach, was die Formulierung „die Zeit vergeht“ bedeuten könnte. Es wird erläutert, dass die Zeit nicht fließen und nicht vergehen kann. Schließlich wird eine neuartige Hypothese vorgestellt, die die Zeit als emergentes Phänomen durch den Fluss der Entropie beschreibt. Diese neue Hypothese ist experimentell überprüfbar.
Kapitel 8: Unsere Wahrnehmung der Zeit
Es ist wichtig zu verstehen, dass unsere Wahrnehmung nichts damit zu tun hat, was das Wesen der Zeit ist, ebensowenig wie unsere Wahrnehmung von Farbe etwas mit der Natur des Lichts oder die von Klang mit der Natur des Schalls. Wir lernen kennen, wie der Körper Rhythmen organisiert, was für Uhren die Zellen ha- ben und wie und wo das Zeitempfinden im Gehirn stattfindet. Zum Schluss wird erläutert, warum viele Menschen im Alter die Zeit als immer schneller vergehend empfinden. Eine enge Verbindung zum Wesen der Zeit (siehe Kapitel 7) wird deutlich.
Schlussbemerkungen
Kurze zusammenfassende Diskussion.
1 Im Buch auf Seite 37 lautet der 1. Satz meiner Beschreibung des „essenziellen Zufalls“: „Essenzielle Zufälle sind solche Ereignisse, die unter gegebenen Bedingungen tatsächlich eingetreten sind, aber im Vergleich zu anderen möglichen Ereignisketten eine extrem geringe oder nicht einmal berechenbare Eintrittswahrscheinlichkeit hatten.“
2 Auf S. 179 fasse ich zusammen: „Der Zufall entsteht an Verzweigungspunkten in dieser komplexen Eigenschaftslandschaft der Nicht-Gleichgewichte, der Instabilität und Nicht-Linearität dieser Systeme. Und das ist es, was unser Leben und die gesamte Natur ausmacht. Während sich die Strukturen und Vorgänge fernab vom Gleichgewicht bilden, während also Entropie im Übermaß exportiert wird, gelangt jedes System immer wieder an Weggabelungen, an denen es verschiedene Richtungen einschlagen kann. Dies führt vor allem dann zu zufälligen Ereignissen, wenn sich zwei oder mehr Kausalketten überschneiden. Kausalketten, die zuvor voneinander unabhängig waren, sich unabhängig voneinander entwickelt hatten.“
© Einleitung: Philo Sophies, Text: Dr. Bernhard Weßling
Hallo Herr Weßling.
wirklich ein interessanter Beitrag !
Und vielen Dank für die Möglichkeit einer Diskussion !
Ihre durchaus interessanten Thesen kann ich teilweise beipflichten, teilweise möchte ich widersprechen bzw. zusätzliche Aspekte beifügen:
a) Das quantenphysikalische Theorien die Existenz eines Zufalls nicht begründen – dem möchte ich ohne Wenn und Aber zustimmen, führe dies aber nicht auf die Dekohärenztheorie zurück, sondern auf tieferliegende Ursachen.
b) Was Sie unter essentiellen Ursachen verstehen, müßten Sie vielleicht noch einmal näher begründen. Man benötigt einen klaren Ursachenbegriff (der philosophisch nicht existiert), um Zufall zu definieren (als ursachenlos), sonst erhält man nur eine Näherung, aber vielleicht ist ja dies genau die Definition, die Sie meinen.
c) nicht einverstanden bin ich mit dem Umstand, dass Entropie etwas mit Zeit zu tun hat: das Anwachsen der Entropie im Laufe der Zeit ist „nur“ ein Hauptsatz, kein Naturgesetz. Auf der Ebene der Atome kann die Entropie auch lokal abnehmen, läuft die Zeit dann dort rückwärts – geht sie also nur im makroskopischen Bereich in eine Richtung, oder vielmehr auf allen Größenebenen in zwei Richtungen ? Im Übrigen könnte man genauso gut als Zeit-„Erzeuger“ die Streben der Energie abgeschlossener Systeme hin zum Minimum nehmen. Das ist im Gegensatz zur Entropie sogar ein Naturgesetz. Ich meine, dass Energie und Entropie Parameter spezifischer Veränderungen sind. Oder anders gesagt: z u e r s t gibt es Zeit und Veränderungen (beide gemeinsam), dann erst gibt es die Systemgrößen Entropie und Energie, die die die vorhandenen Veränderungen parametrisieren. Noch einfacher: von Veränderungen (einem Vorher und Nachher) kann man erst sprechen, wenn es schon eine Zeit gibt, oder wenn Veränderungen ein Vorher und Nachher und damit eine Zeit erzeugen.
Nichtsdestotrotz finde ich es höchst bemerkenswert, dass Sie sich mit den komplexen Systemen so intensiv befassen, die ja nun allemal viel schwieriger zu fassen sind, als die einfachen physikalischen Systeme. Bei den physikalischen Systemen kann man leicht kritisieren, weil die Begriffe metaphyisch nicht klar sind, bei den komplexen Systemen nicht, weil dafür die richtigen Begriffe fehlen. Dabei stecken in den komplexen Systemen die Geheimnisse, mit denen die Welt erklärt werden könnte.
Ich würde gerne eine kleine Diskussion führen, vielleicht können wir mit dem Begriff der Emergenz einmal anfangen, oder auch mit etwas anderem, auch mit der Zeit. Was halten Sie davon ?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen !
Es grüßt Sie herzlich,
Dr. Bernd-Jürgen Stein
moin Herr Stein,
vielen Dank für Ihren Kommentar! Es ist natürlich schwierig, ein komplexes Phänomen wie „Zufall“ und dann auch noch „Zeit“ beginnend mit meinen Thesen zu diskutieren, ohne daß Sie mein Buch darüber gelesen haben. Denn da gehe ich ja ins Detail der Begründungen.
U. a. schreiben Sie „Was Sie unter essentiellen Ursachen verstehen, …“ – aber davon schreibe ich gar nicht. Vielmehr erwähnte ich den „essenziellen Zufall“, auf den ich mich im Buch konzentriere, und natürlich definiere ich ihn im Buch (übrigens nach Jacques Monod, Nobelpreisträger).
Dann schreiben Sie „Man benötigt einen klaren Ursachenbegriff (der philosophisch nicht existiert), um Zufall zu definieren (als ursachenlos)“.
– Ich definiere Zufall eben nicht als „ursachenlos“, im Gegenteil: ich stelle im Buch fest, daß es kein Ereignis gibt, das ohne Ursache stattfindet, und ich leite her, warum ich das Auftreten von Zufall in den Eigenschaften der Nicht-Gleichgewichts-Systeme (thermodynamisch betrachtet) sehe.
Wir können jetzt hier auch nicht über die Entropie diskutieren, erst recht nicht über das Verhältnis von Entropie und Zeit, wenn Sie meine tiefer gehende Argumentation im Buch nicht kennen. Ich möchte Sie einladen, sich mein Buch komplett anzuschauen: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-37755-7
Freundliche Grüße. Dr. Bernhard Weßling
Halo Herr Weßling,
Ihr Buch ist bestellt.
Moin Herr Dr. Stein, vielen Dank, das freut mich, und dann gern weitere Diskussion, vielleicht direkt per email (bernhard@bernhard-wessling.com)
Hallo,
Herr Stein, in Ergängzung zu dem was Sie über Entropie angemerkt haben.
Die Assoziation von Entropie und Zeit geht auf Clausius zurück. Clausius traf die berühmte Aussage dass die Entropie des Universums stets anwachsen würde. Diese Aussage ist u.a. aufgrund der folgenden zwei Punkte nicht gerechtfertigt bzw. sinnlos:
Niemand hat jemals die Entropie des Universums gemessen.
Entropie wächst nicht von Natur aus stetig an, auch wenn es sehr häufig behauptet wird.
Veränderungen der Entropie sind nur für genau definierte Systeme (E, V, N) sinnvoll. Entropie ist eine Zustandsgröße die mit Zeit nichts zutun hat.
Später, d.h. nach Clausius, wurde Entropie dann direkt mit dem Zeitpfeil durch Arthur Eddington in seinem Buch „The Nature of the Physical World“ zusammengebracht. Eddington assoziierte einen Antieg der Entropie auch mit mehr „Unordnung“, was ebenfalls nicht korrekt ist. Ordnung und Unordnung sind zu subjektive Begriffe. Wenn man sich einmal die Verteilungen von Phänomenen mit höherer und niedrigeren Entropiewerten anschaut, dann würden viele Menschen sagen dass die Verteilung von niedrigerer Entropie weniger ordentlich ist als beispielsweise eine Normalverteilung bei höheren Entropiewerten.
Auch ist es nicht klar ob überhaupt ein Zeitpfeil existiert.
Noch querer wurde es als später Heisenberg ein solches Verständnis von Entropie für das Leben bzw. für Organismen einführte (Stichwort Negentropie). Leider war das ebenfalls absoluter Unsinn, der sich aber, dank dem berühmten Autor, bis heute verbreitet findet.
1. Niemand hat jemals die Entropie eines Gesamtorganismus gemessen.
2. Messungen der Entropie, beispielsweise der Gehirnaktivität, zeigen je nach Stimuli eine Verringerung (und nicht eine Erhöhung) der Entropiewerte. Empirsch gemessene Entropiewerte können sich nach Umwelteinflüssen verringern.
Stephen Hawking hatte in früheren Versionen seines Buches „Eine kurze Geschichte der Zeit“ übrigens einiges über Entropie geschrieben. In späteren Versionen wurde das fast alles entfernt. Wahrscheinlich hat der Autor selbst gemerkt dass auch er einige weit verbreitete aber ungerechtfertige Annahmen vorschnell übernommen hatte.
Interessant finde ich Punkt 4 bzw. Kapitel 4. Die Annahme eines Gleichgewichts stammt, soweit ich es gelernt habe, insbesondere aus der Verbreitung der Normalverteilung durch Gauss, Galton, Laplace, etc. Nahezu alle komplexen und nicht-linearen Phänomene weisen aber keine Normalverteilung auf. Mit der aber angenommen Normalverteilung gehen auch Ideen wie soziale Gleichheit etc einher.
Hallo,
vielen Dank für Ihren Kommentar, der weitgehend eine Antwort auf Dr. Stein ist.
deshalb nur zum letzten Absatz: Eine der wesentlichen Aussagen meines Buches ist es, daß die allerallermeisten Systeme, die wir selbst sind, uns umgeben, oder von denen wir sonstwie erfahren, sich nicht im (thermodynamischen) Gleichgewicht befinden, sondern weit entfernt vom Gleichgewicht. Was ich in Kapitel 4 liefere (zusammen mit den Kapiteln davor), ist eine erste und einfach verständliche Einführung in die Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik von Ilya Prigogine (Nobelpreis 1977).
Ich möchte Sie einladen, sich das ganze Buch anzuschauen, dann können wir gern näher diskutieren.
Freundliche Grüße! Dr. Bernhard Weßling
Hallo Herr Weßling und danke für Ihre Antwort.
Erst einmal möchte ich Ihnen sagen dass mein Kommentar, im Bezug auf die Kritik von Stein zur Entropie, nicht als Kritik Ihnen gegenüber gemeint war. Ich bezog mich lediglich auf die überausgedehnte Verwendung des Konzepts der Entropie.
Was Sie schreiben ist mir eventuell bekannt (es kommt dann letztendlich darauf an was Sie genau meinen, aber die Details sind jetzt an dieser Stelle egal), da ich selbst an einem „System“ forsche das nicht im Gleichgewicht ist, nämlich unser Nervensystem. Daher sind mir nicht-lineare Systeme etc. halbwegs bekannt. Die Idee das Gleichgewichts dominierte auch zu lange die Medizin (Homeostasis) und wird nun langsam von dem Konzept der Homeodynamik überholt, nachdem es seit über 30 Jahren postuliert wird. Gleichgewicht wäre der Tod. 🙂
Gruß,
Philipp
„Gleichgewicht wäre der Tod. 🙂“, schreiben Sie, danke, ja, vielleicht schauen Sie noch einmal in meine Thesen und die Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel meines Buches. Dort (und natürlich erst recht in meinem Buch) habe ich Bertalanffy zitiert, der genau das (in etwas anderen Worten) gesagt und geschrieben hat, obwohl er derjenige ist, der den Begriff „Fließgleichgewicht“ begründet hat.
Ich wehre mich in meinem Buch gegen diesen Begriff und erkläre warum.
Ich habe dort auch erklärt, warum ich den Begriff Homöostase (Homeostasis) für falsch und unpassend halte, wenn es um Organismen geht. (Eigentlich paßt er glaube ich nirgendwo)
Natürlich ist auch das Nervensystem nicht-linear und weitweit entfernt vom Gleichgewicht.
Vielleicht mögen Sie ja etwas tiefer in mein Buch hineinschauen.
Freundliche Grüße. Bernhard Weßling
Hallo,
ich habe jetzt zwei Kapitel (4 und 8) sowie Ihre Anmerkung zur Homöostase in Kapitel 5 Ihres Buchs gelesen.
Ihre Entscheidung die Verwendung dieses Konzepts abzulehnen (entgegen der Empfehlung eines Ihrer früheren Leser) war meiner Ansicht nach richtig, denn das Konzept läuft gegen Ihre Aussagen und Überzeugungen zum Thema „Ungleichgewicht“ in Ihrem Buch.
Organe wie das Herz oder die Lunge zeigen im gesunden Zustand auch kein periodisches Signal, d.h. sie schlagen nicht genau „regelmäßig im Gleichgewicht“. Wenn man Zeitreihen des Herzschlags sowie der Atmung über längere Zeit aufnimmt zeigen diese eine Mischung aus Variabilität und Regularität. Ich lasse die Details hier weg; jedenfalls ist eigentlich schon lange empirisch klar dass das Konzept der Homöostase widerlegt ist. Es wird mitunter auch behauptet dass dieser Prozess natürlich gewisse Adaptionen aufweist, aber auch das rettet dieses Konzept nicht mehr – ich müsste zu weit ausholen.
Bezüglich der Zeitwahrnehmung schreiben Sie ein paar Punkte denen ich zustimme, anderen Punkten wiederum weniger. Eine Überlegung von mir ist die Zeitwahrnehmung auf die Zeitskalen des Nervenystems sowie der Interaktion und Relation zu anderen Systemen des Körpers zurückzuführen.
Beispielsweise schlägt das Herz einer Maus während ihres gesamten Lebens (sagen wir 3 Jahre) in etwa so häufig wie das Herz eines Elefanten (sagen wir 55 Jahre). Die Maus besitzt eine größere Körperoberfläche im Vergleich zu dem Gewicht und dem inneren Volumen ihres Körpers als der Elefant; sie verliert also schneller Wärme bzw. kann Wärme weniger gut speichern. Daher müssen viele physiologische Systeme schneller arbeiten. Nun besteht die Überlegung dass die Maus ihr Leben vielleicht als in etwa genauso reich erlebt wie der Elefant, bedingt dadurch dass manche ihrer physiologischen Systeme schneller arbeiten und daher auch in einer anderen Relation zur Umwelt stehen als die Systeme des Elefanten.
Das Zeiterleben entsteht so als Produkt der einzelnen Relationen verschiedener Subsysteme (und deren Umweltinteraktion). Das ist natürlich nur eine Hypothese.
Philipp
Guten Morgen, vielen Dank, daß Sie sich ein paar Kapitel vorgenommen haben. Kapitel 8 baut auf Kapitel 7 auf, und eigentlich ist die Frage der Zeitwahrnehmung für mich auch eher sekundär. Ich wollte (und mußte) überwiegend nur klarmachen, daß die Wahrnehmung etwas ist, das mit dem physikalischen (oder chemischen) Reiz, der ursächlich vorliegt, nicht identisch ist und uns keinerlei Hinweise darauf liefert, was denn nun der Auslöser der Wahrnehmung ist. (Beispiel: „Farbe“ wahrzunehmen, sagt uns nichts über die Natur des Lichts – elektromagnetische Wellen)
Was die Natur der Zeit nicht ist bzw ist, diskutiere ich in Kapitel 7 (das im Grunde auf Kapitel 4 und 6 fußt), und dann kann man in Kapitel 8 bemerken, daß die physiologischen Grundlagen der Zeitwahrnehmung praktisch „Uhren“ darstellen, die – wie jede andere Uhr auch – mit Entropieproduktion verbunden ist. Dann aber muß das Gehirn aus den physikalischen Reizen eine Wahrnehmung erzeugen, das ist dann wieder ganz was anderes als die Natur des Reizes.
Guten Morgen,
nachdem ich ganz persönliche Erfahrungen mit der Wahrnehmung machen durfte, möchte ich diese an dieser Stelle mit Ihnen teilen.
Den Auslöser für meine Wahrnehmung könnte ich am besten als Durchbruch einer Schranke in meinem Gehirn beschreiben, der sich von mir weder artikulieren noch ignorieren ließ. Erst seit dieser Zeit kann ich verarbeiten, was an mir geschehen ist. Es war mir nicht möglich, in Worte zu fassen, was dieser Vorfall in mir ausgelöst hat.
Worte scheinen einer bestimmten Ordnung unterworfen zu sein, in der ich mich einfinden musste, damit sie aus mir hervortreten kann. Was an mir geschehen ist, das dürfte für Außenstehende noch schwerer nachvollziehbar sein, als es dies bereits für mich ist.
Ich nehme jedoch an, dass in meinem Fall Dopamin eine Rolle spielt, denn es fand bei der Behandlung meiner Psychose Einzug in die Akten. In welcher Weise dies meinen heutigen Zustand erklären kann, der stabil ist, das weiß ich nicht. Es geht mir trotz einer 2010 diagnostizierten Psychose mit ungewissem Ausgang heute unter 10 mg Aripiprazol sehr gut. Das Schwerste an der Psychose war meine Einstellung als Mutter zu verarbeiten, die der Würde gerecht werden wollte, die für ihre Kinder zwar zu gelten schien, jedoch ohne ihre Ansprechpartner wertlos bliebe.
Wahrnehmung scheint ein laufender Prozess zu sein, der die ganze Menschheit betrifft, denn ich könnte nicht wahrnehmen, was der Fall ist, wäre da nicht das, was der Fall sein sollte. Ich denke, es ist auf meine Konstitution als Mutter zurückzuführen, dass der Verarbeitungszeitraum von ihrer Geburt unabhängig ist und deshalb entscheidend auf das Leben Einfluss nimmt, das ihr nachfolgt. Vielleicht bringt die Substanz der Mutter das Leben des Vaters mit sich, doch das ist nur eine Vermutung meinerseits. Sie beruht auf der bloßen Annahme, dass weder ich noch er der Nabel der Welt sind, jedoch trotzdem über den Bestand sprechen können, den wir durch unsere gemeinsamen Kinder erreichen können.
Dazu sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass ich eine Tochter und einen Sohn geboren habe, die beide mittlerweile auf eigenen Beinen stehen und, obwohl bereits erwachsen, noch zu Hause wohnen. Der Grund dafür ist für beide der gleiche, da Wohnraum in der Preisklasse eines Arbeiters und einer Schülerin, die nebenbei arbeiten muss, nur schwer zu finden ist.
Wie nur unschwer zu erkennen ist, geht es bei der Wahrnehmung um die Lebensbedingungen, die herrschen auf der einen Seite und die, die vonnöten sind, auf der anderen Seite. Wer, wenn nicht wir als Mensch, sind in der Lage, unsere Lebensbedingung so zu bestimmen, dass wir uns nicht selbst damit schaden, schwächen oder gar töten?
Einen schönen Tag und liebe Grüße
Roswitha Steffens
Hallo Philipp,
du schreibst:“Eine Überlegung von mir ist die Zeitwahrnehmung auf die Zeitskalen des Nervenystems sowie der Interaktion und Relation zu anderen Systemen des Körpers zurückzuführen.“
Dem stimme ich insofern zu, als die individuelle Zeit sich in der Veränderung des Nervensystems durch Reize ausdrückt, also durch den individuellen Entropieverlauf. Es ist quasi die subjektive innere Systemzeit.
Es gibt aber auch eine äußere ‚objektive‘ Zeit, die ebenso relativistisch ist, messbar durch (Cäsium-) Uhren und die einen völlig anderen Entropieverlauf zeitigt.
Daraus folgt, dass zwischen Subjekt und Objekt diesbezüglich kein physikalischer Zusammenhang, somit keine physikalische Kopplung existiert, es sei denn, sie wird herbeigeführt. Das heißt aber, sie ist nicht ontologisch. Der Energieaustausch zwischen Subjekt und Objekt ist davon nicht berührt.
Das, was als Kopplung bezeichnet werden kann, liegt demnach auf einer rein psychologischen oder Verhaltensebene.
Dies scheint mir hinsichtlich embodiment und extended mind evident.
Hi Wolfgang,
die philosophischen Aspekte des „embodiment“ und des „extended mind“ würde ich nicht verteidigen, zumal die ich „extended mind“ Hypothese (Clark, Chalmers und co) sowieso nicht teile.
Norbert Wiener hatte die Hypothese dass es neben einem „Energiefluss“ (Entropie?) auch einen „Informationsfluss“ geben kann, wobei der Informationsfluss entgegengesetzt zum Energiefluss verlaufen kann. Diese Hypothese konnte Wiener aber während seiner Lebzeit nicht mit Evidenz füttern (soweit mir bekannt). An dem Begriff „Information“ würde ich mich hier erst einmal nicht stören, sondern lass mich zuerst ein Beispiel geben.
Heute gibt es z.B. Studien über „complexity matching“ die Evidenz für Wieners Idee bieten. Die Effizienz der Informationsübertragung hängt dabei von dem relativen Grad der Komplexität beispielsweise zweier Systeme ab die miteinander in Interaktion stehen (z.B. zwischen zwei Menschen, oder zwischen einem Mensch und unbelebten Umweltstimuli).
Bei gesunden und jungen Menschen entspicht z.B. der Schrittintervall bei normaler Gehgeschwindigkeit (was für die jeweilige Person normal schnell ist) 1/f pink noise. Bei älteren Menschen nimmt diese Form der Komplexität (die pink noise inne ist) ab und der Schrittinterval verschiebt sich etwas mehr Richtung white noise. Das gleiche gilt für die Körperbalance während die Person steht. (Eventuell ist das einer von mehreren Gründen warum ältere Menschen häufiger fallen.)
Geht nun ein älterer Mensch gemeinsam mit einem jüngeren Menschen, so „normalisieren“ sich die Schrittintervalle des älteren Menschen wieder mehr Richtung pink noise. D.h. die Komplexität der Schrittintervalle steigt wieder an. Dieser Effekt kann auch noch ein oder zwei Wochen nachwirken. Es „fließt“ also „Information“ von dem komplexeren System (jüngerer Mensch) über zu dem weniger komplexen System (älterer Mensch).
Komplex bedeutet hier auch „mehr“ non-linear statt linear, oder mehr im „Ungleichgewicht“ statt im „Gleichgewicht“ (also ganz im Sinne Weßlings), auch wenn das begrifflich paradox klingen mann.
Der Bereich in dem beide Systeme operieren müssen um einen optimalen Informationsaustausch zu erlauben lässt sich in einem cross-correlation cube darstellen (in dem verlinkten Paper unten in Figure 7 dargestellt).
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7556002/pdf/fphys-11-563068.pdf
Man muss es nicht „Kopplung“ nennen, sondern man findet verschiedene Begriffe und kann dann natürlich den Begriff wählen den man aufgrund eigener theoretischer Überlegungen für am sinnvollsten hält.
Worauf ich hinaus wollte ist dass es solche Adaptionen sehr wahrscheinlich auch zwischen dem Nervensystem und der Umwelt im Bezug auf das Zeiterleben gibt (bzw. bin ich davon ohnehin überzeugt). 😉
Hallo Philipp,
natürlich findet zeitliche und räumliche Synchronisation statt, und zwar immer dann, wenn eine temporäre Kopplung stattfindet. Ansonsten eben nicht!
Darum geht es mir. Es gab mal eine gesellschaftstheoretische Richtung, die aus dem Marxschen Begriff ‚das Sein bestimmt das Bewusstsein‘ eben einen solchen mechanistischen Bezug gemacht hat. Ganz anders die Kritische Psychologie um Klaus Holzkamp, wo die Subjektivität innerhalb des Sozialen betont wurde. Mein Doktorvater Wolfgang Jantzen hat dies auf der subjektiven Ebene weitergeführt und gezeigt, wie sich eben durch solche nichtlinearen Prozesse (damals war Prigogine noch ein ganz neuer Hype) spezifische individuelle Lebenslinien ergeben. Ich halte diese Betonung für näußerst wichtig.
Dass wir nicht nur in eine soziale, sondern auch in eine physikalische Welt eingebunden sind, ist selbstverständlich. Die Frage ist aber, wie ‚autonom‘ können wir uns darin bewegen.
Hi Wolfgang,
zu deiner Frage „… dass wir nicht nur in eine soziale, sondern auch in eine physikalische Welt eingebunden sind, ist selbstverständlich. Die Frage ist aber, wie ‚autonom‘ können wir uns darin bewegen.“ kann ich im Bezug auf die Zeit meine subjektive Ansicht schreiben.
Zuerst:
Ich wollte nicht implizieren dass die Umwelt uns unidirektional determiniert, oder dass die neuronale Aktivität des Gehirns sich umgekehrt vollständig an die Umwelt anpassen muss damit wir Zeit erleben.
Nun zu der Frage:
Zusammen mit drei Kollegen habe ich einen Artikel geschrieben der sich gerade im Publikationsverfahren befindet. U.a. habe ich dort versucht den Zusammenhang zwischen (1) intrinsischen Zeitskalen des Gehirns (sogenannten intrinsic neuronal timescales, INT) sowie (2) temporal rezeptiven Zeitskalen oder Fenstern des Gehirns (temporal receptive windows, TRWs) aufzuzeigen.
Die INT sind intrinsische Zeitskalen der Eigenaktivität des Gehirns (Stichwort Autonomie). Dabei handelt es sich um ein Repertoire verschiedener Längen von Zeitskalen mit unterschiedlichen Stärken (Amplitude, Power). Wie lange diese Zeitskalen wirklich sind, d.h. in welchem Frequenzbereich sie operieren, wissen wir nicht. Sie werden insbesondere und indirekt über die Autokorrelation des Signals gemessen. Über die Autokorrelation wird gemessen wie lange signifikante Korrelation (Muster oder Rhythmen) im Signal auftreten bevor diese verebben. Jetzt besteht aber das Problem dass diese signifikante Korrelation insbesondere von der Aufnahmegeschwindigkeit (sampling rate) des Geräts abhängt. Beispielsweise das EEG nimmt sehr schnell auf. EEG Aufnahmen zeigen deshalb sehr kurze Autokorrelationen. Umgekehrt ist fMRI wie dir bekannt sehr langsam, deshalb zeigt das fMRI uns um Welten längere Autokorrelationen als das EEG. Genau bestimmten können wir die Autokorrelation nur über das Anstechen eines einzelnen Neurons (single unit recording). Aber ein Neuron sagt natürlich nichts über die Gehirnaktivität auf einer „höheren Ebene“ aus.
Die TRWs beschreiben rezeptive Zeitfenster innerhalb der z.B. bestimmte Areale des Gehirns reagieren können bzw. eine Reaktion im Signal auf extrinsische Stimuli zeigen. Sensorische Areale wie der visuelle Cortex haben kürzere TRWs, Assoziationsareale oder Netzwerke wie das default-mode network haben längere TRWs. Kürzere TRWs reagieren schnell und empfindlich, weisen aber nur eine kurze Autokorrelation auf. Längere TRWs reagieren langsam und träge, weisen aber eine lange Autokorrelation auf.
Kürzere und längere TRWs sind wichtig. Wenn wir nur kurze TRWs hätten würde die Umwelt mit uns Ping-Pong spielen. Das Gehirn würde sofort und unmittelbar auf alle Inputs reagieren und wir könnten uns von der Umwelt nicht mehr abgrenzen. Umgekehrt wäre es wenn wir nur lange TRWs hätten. Wir wären rein intrinsisch determiniert, hätten aber keinen guten Bezug zur Umwelt mehr. Deshalb benötigt es eine gesunde Balance bestehend aus beiden Seiten.
Meine Hypothese: INT und TRWs sind intrinsisch miteinander verbunden bzw. ist die Trennung ein Stück weit künstlich/operational. Die TRWs sind letztendlich nichts anderes als die Adapation der INT auf signifikante Umweltstimuli. Weßling bespricht in seinem Buch hinsichtlich der Zeitwahrnehmung z.B. die Insula. Ich untersuche u.a. auch die Insula gerade in einem Datensatz. Die Insula ist insofern ein besonderes Areal als dass sie inputs aus vielen interozeptiven und exterozeptiven Quellen „intergiert“ bzw. diese in der Insula zusammenlaufen. Die Insula besitzt relativ schnelle Zeitskalen, kann also schneller reagieren.
Zum Zeiterleben:
Damit wir als gesunde Menschen kooperien können, oder damit wir vernünftig miteinander leben können, benötigen wir natürlich eine Welt die wir in unserem Erleben halbswegs teilen. Unsere Zeitwahrnehmung muss also nah beieinander liegen. Meine Hypothese ist dass das Zeiterleben grundsätzlich aus der Interaktion zwischen INT und TRWs entspricht, wenn man beispielhaft diese beiden Variablen heranzieht. Das Zeiterleben wird daher weder intrinsisch allein durch das Gehirn determiniert, noch unidirektional durch die Umwelt vorgegeben. Es ist eine Mischung aus beidem. INT und TRWs Messwerte der Autokorrelation hängen auch mit Entropiemesswerten zusammen (aber das nur am Rande).
Wenn ein depressiver Mensch die Zeit als zu langsam erlebt, und ihm deshalb die Umwelt als zu schnell erscheint, dann wäre meine Hypothese dass dies durch die Verschiebung der Aktivität (mehr Power) hin zu langsameren Zeitskalen in mittleren Bereichen des Gehirns mit verursacht wird. Umgekehrt sind sensorische Areale und deren TRWs schlechter mit der Umwelt gekoppelt. Umgekehrt verhält es sich in der Manie; dem Maniker ist die Umwelt (z.B. wir) zu langsam, ihm geht nichts schnell genug und die Manie zeigt teilweise umgedrehte neuronale Verschiebungen im Vergleich mit der Depression.
Ich sehe das mein Beitrag schon zu lang wird. Deshalb das Fazit:
Das Erleben von Zeit benötigt natürlich erst einmal die Bereitstellung eine geordneten Eigenaktivität des Gehirns. Diese tritt dann aber in Interkation mit der Umwelt oder wird durch diese beeinflusst oder modeliert. Es bedarf einer bestimmten Balance beider Seiten. Dann wird ein „gesundes“ Zeiterleben innerhalb eines bestimmten Kontinuums möglich, wobei manche neuropsychiatrische Erkrankungen in die extremen Endpole dieses Kontinuums fallen. Bei letzteren wäre die Balance zwischen Umwelt-Gehirn abnormal verschoben.
Guten Morgen! Ich habe Ihre Antwort auf Herrn Stegemann gelesen, obwohl sie nicht an mich gerichtet ist, und möchte dennoch ein 2. Mal auf etwas hinweisen:
Das Erleben, die Wahrnehmung von Zeit bei uns hat nichts mit dem Wesen der Zeit zu tun, genauso wenig wie die Wahrnehmung von Farben mit dem wesen des Lichts (elektromagnetische Wellen) oder die Wahrnehmung von Tönen, Klängen, Geräuschen mit dem Wesen des Schalls (Luftdichteschwingungen).
Das Wesen der Zeit diskutiere ich in meinem Buch in Kapitel 7, die Wahrnehmung der Zeit, das Zeiterleben in Kapitel 8, wobei ich mich keineswegs festlegen will oder kann, welche genauen Mechanismen im Körper / Nervensystem / Gehirn uns das Zeiterleben ermöglichen.
Letztlich steuere ich auf die Frage hin, warum es den meisten Menschen im Alter so vorkommt, als vergehe die Zeit schneller, und wie man das verhindern kann. Interessanterweise hat das widerum mit der Entropie zu tun.
Hallo Philipp,
die Balance von INT und TRW würde ich als ontologisches Prinzip bezeichnen, unabhängig von der jeweiligen Umwelt. Wir transformieren Realität in die Sprache des Gehirns, wir sprechen also neuronal (so wie der Einzeller proteinsynthetisch spricht). Und diese Sprache erlebe ich als Bewusstsein, unabhängig auch von meinen Organen, die ja ebenso künstlich sein könnten.
Trifft ein Reiz ein (von innen oder von außen), steigt die Entropie und mein Gehirn versucht, diesen Reiz in seine Struktur zu integrieren (wie beim Metabolismus) oder ihn zu vermeiden. Gelingt beides nicht, wird man krank. Das heißt, die Realitäts – ‚Verarbeitung‘ findet im Gehirn statt. Wie gesagt, es ist weniger eine Verarbeitung, sondern eine Transformation. Für uns gibt es nur eine transformierte Welt und die zeigt sich in unserem Gehirn und nirgends sonst. Und das hat nichts mit Solipsismus zu tun.
Die vier E’s missachten dies und werfen alles in einen Topf.
Zeit geht nicht von einer Wahrscheinlichkeit aus, sie beginnt bei 0, andernfalls wäre Messbarkeit auf ihrer Basis ein bloßes Zufallsprodukt der Indifferenz eines Wertes, aus dem persönliches Ermessen sprechen würde.
Komplexität hängt nicht mit Zufall zusammen, da der Zufall nicht komplex ist, sondern nachvollziehbar durch die Einheit in der er stattfindet.
Komplexität ist ein Wort, das zum Ausdruck bringt, was der Mensch aus einer Denkstruktur, die mit der Zeit wächst, durch eine Konstante ziehen kann, die seiner Einheit ihr Maß mitgibt. Immerhin besteht die Zeit aus Daten, die im Umgang mit der Einheit, also ihrem Datum zur Geburt beiträgt, was erst im Wandel durch ihr Wort seinen Sinn ergibt. Anhand der Zeit wird also Komplexität wahrnehmbar durch die Form, in der sie eintritt und ermessen kann, was das für diese Form von Leben bedeutet.
Es stimmt, Wünsche sind weit verbreitet, jedoch nicht nur gegenwärtig, sondern schon immer. Das bringt mit sich, dass sie einer Gleichzeitigkeit unterworfen sein müssten, um eintreten zu können, unabhängig von dem, der sie bereits formuliert hat.
Gleichzeitigkeit löst somit ein gewisses Gleichgewicht aus, dessen sich der eine mehr, der andere weniger bewusst ist. So entsteht aus Gleichzeitigkeit eine Datenstruktur, die ohne Messbarkeit gültig ist, solange sie zu der Schriftform führt, die lesbar zur Verfügung steht. So ist Zeit ein Produkt der Geburt, die ihr Geburtsdatum selbst entschlüsselt, indem es in seiner Einheit auf sie Substanz zurückfällt, die ihre Geburt bereits hervorgerufen hat.
Es mag Nicht-Gleichgewichtssysteme geben, doch die Menschheit ist keinem System unterworfen, sie ist das Element aus dem System, das sich als Existenzminimum in seiner Form als Mensch ergibt. Das bringt allerdings Pflichten mit sich, die ich in Ihrem Recht wahrnehmen kann, eine Theorie in den Raum zu stellen, die zu einer Diskussion führt, die wir hier austragen.
Die Evolutionstheorie endet dort, wo sie begonnen hat, bei Gott. Denn einzig das Wort, findet in seinem Recht auf Ausdruck in die Gesetzmäßigkeiten, die sich aus seiner Einheit in ihrer Komplexität nachvollziehen lassen.
Zu den Punkten 8 – 10 nur soviel, Entropie kommt durch ihre Gesetzmäßigkeit in unseren Wahrnehmungsbereich, was uns zwar ihrer Wahrnehmbarkeit unterwirft, sie jedoch für keinen Menschen ausschließt.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser der obigen thesenartigen Zusammenfassung meines Buch „Was für ein Zufall! Über Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit“. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-37755-7
(siehe auch http://www.bernhard-wessling.com)
Wie Sie ganz oben sehen konnten, habe ich diese Thesen auf Einladung von Herrn Boucsein geschrieben und hier veröffentlicht. Das sind natürlich jetzt sehr knappe Thesen, die nicht erklärt, nicht hergeleitet oder sonstwie eingeführt werden. Diese werden, so wie sie da stehen, vermutlich unweigerlich zu Nachfragen oder Widerspruch führen, ohne daß die Komplexität der Argumentation im Buch berücksichtigt wurde. Und ich müßte dann mit Argumenten und Beispielen, die im Buch stehen, antworten und diskutieren.
Dafür habe ich aber das ganze Buch geschrieben und nicht nur ein kurzes Thesenpapier.
Mit diesem Kommentar dazu möchte ich nur darlegen, daß ich mir sehr wohl Gedanken gemacht habe, warum ich ein ganzes Buch geschrieben habe und nicht nur einen Aufsatz, in dem ich die Thesen noch etwas mit Erklärungen angereichert hätte. Ich möchte die Leser über die erzählende Form und meine Argumentationskette an die weitgehend ungewohnte oder sogar abgelehnte Sicht auf die Welt (Gleichgewicht, Zufall, Unvorhersehbarkeit, Komplexität, Entropie, Zeit, Emergenz) heranführen, so wie ich selbst schrittweise durch das Verstehen-Wollen meiner überraschenden und zuvor nicht erklärbaren Beobachtungen / Messungen / Daten herangeführt wurde.
Danach lohnt sich eine Diskussion.
Für diejenigen, die mich nicht kennen und nicht auf meine Webseite geschaut haben: Ich habe die Erkenntnisse und Schlußfolgerungen, die ich in meinem Buch einführe und erkläre, nicht am Laptop denkend und schreibend gewonnen. Vielmehr fußen sie auf mehr als 40 Jahren praktischer experimenteller Grundlagen- und angewandter Forschung als Chemiker. Diese Forschung führte zu Produkten, die – wenn Sie so wollen – als Beweis für die Richtigkeit der Erkenntnisse hergestellt, verkauft und erfolgreich angewendet werden (vermarktet übrigens in meinem Unternehmen, in dem ich geschäftsführender Gesellschafter war, neben meiner Funktion als Chef-Forscher).
Dr. Bernhard Weßling
Sehr geehrter Dr. Bernhard Weßling,
ich vermute, Ihre Argumentationskette beruht auf Ihren Erfahrungswerten aus Ihrer Arbeit unter Forschungsbedingungen, die Ihr Weltbild ergeben. Was diesem Weltbild in seiner Argumentationskette fehlt, das ist in der Komplexität begründet, die sich aus der Argumentation ergibt, die sich an einer ewigen Konstante ausrichtet. Entropie erwächst für jeden Menschen anders, abhängig von ihrer Konstitution, doch bleibt sie wahrnehmbar durch seine Konstante, die zumindest als Ich bereits eindeutig definiert ist.
Was mich Ihrer Argumentation entzieht, das ist das Leben selbst, das sich nicht aus Forschungsgrundlagen ergibt, sondern in seiner Grundlage als Mensch erforscht sein will. Somit erzielt Entropie, die sich aus allen wissenschaftlich erworbenen Daten ergibt, das Ergebnis, das von einem Menschen verifiziert werden kann, der sich seiner selbst bewusst durch diese Einheit wahrnimmt und von ihr als solcher wahrgenommen wird.
Damit kein Missverständnis auftritt, ich zweifle nicht Ihre Argumentation an, sie mag weiterführend auf Ihrem Fachgebiet dienen. Die Grundlage für deren endgültige Verfassung ist jedoch, war und wird immer bleiben, was als menschliche Substanz in die Einheit einfließt, durch die Zeit überhaupt erst definiert und somit aus unserem Wortschatz hervortreten kann.
Vielleicht waren einzelne Menschen zu sehr auf ihre Begabungen fokussiert und ließen sich durch deren Unterstützung von dem Leben fernhalten, das jeden Menschen zum Gedächtnis aus seiner Geburt führt. Indem das Leben selbst damit auf die Geburt verweist, der wir in ihrer Einheit bereits zugeordnet sind, sodass diese Einheit, aus der bereits in ihr verewigten Existenz als Mensch schöpfen kann und so im Gleichgewicht bleibt. Die Gleichzeitigkeit aller Ergebnisse, verfasst in der von ihnen vorausgesetzten Einheit, entspräche so dem Wissensstand, bei dem jeder Lehrer für seine gegenwärtigen Schüler ansetzen könnte.
Ich hoffe sehr, Sie können mit meiner Einlassung auf Ihre Argumente etwas anfangen, sodass wir beide einen Nutzen davontragen können.
Herzliche Grüße
Roswitha Steffens
Sehr geehrte Frau Steffens, sicherlich ist es so, daß Sie und ich (wie auch sonst alle anderen Menschen) alles mögliche im Leben und in der Welt unterschiedlich wahrnehmen, unterschiedliches für wichtig oder unwichtig halten. Und ganz bestimmt hatte ich nicht vor, mit meinem Buch „über Zufall, Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit“ alle, aber auch wirklich ALLE Aspekte des Lebens und der Welt zu behandeln. Das ist nicht möglich und würde mich überfordern. Deshalb habe ich im Buch NICHT neben den nochmal erwähnten Hauptthemen des Buches auch noch „das menschliche Leben“ behandelt.
Aber eins möchte ich doch zu Ihrem Kommentar antworten: Ich sehe nicht, wie Sie, eine Trennung zwischen meiner wissenschaftlichen und unternehmerischen Arbeit und meinem Sein als Mensch. Das ist für mich eine Einheit, und wenn Sie ein wenig auf meiner homepage herumgestöbert haben, werden Sie feststellen, daß ich nicht nur als Forscher, Wissenschaftler und Unternehmer aktiv bin, sondern auch in meiner Freizeit über Jahrzehnte hinweg sehr systematisch wild lebende Kraniche erforscht habe, 4 Arten in Europa, Asien und Nordamerika, dabei auch sehr aktiv und an einer Stelle entscheidend hilfreich tätig war in einem Artenrettungsprojekt (Schreikranich in Nordamerika). In meinem Buch „Der Ruf der Kraniche“ können Sie merken, daß ich auf diese Weise sehr tief in die Natur eingetaucht bin, das ist zwangsläufig so, wenn man stunden- und tagelang allein, teilweise in der Wildnis, teilweise bis zu 50 km vom nächsten Menschen entfernt nur mit Kranichen zusammen ist und sich zugleich vor Alligatoren, Giftschlangen und Killerbienen fürchtet. Und alles teilweise in pechschwarzer Nacht und bei Minusgraden.
Seit 14 Jahren bin ich auch größter Investor und dort seit 5 Jahren einer der beiden Geschäftsführer eines biologisch arbeitenden landwirtschaftlichen Betriebs. Von nur etwa 10 Mitarbeitern sind wir inzwischen auf über 70 gewachsen, von etwas mehr als 100 Hektar Pachtland beackern wir nun 450 und betreiben 7 eigene Hofläden.
Das geht nur mit Menschen und für Menschen, und zugleich ist es mit der Natur engstens verknüpft. Auf unseren Äckern finden Sie eine Artenvielfalt, die höher ist als in manchen (oder den meisten!) Naturschutzgebieten. Und das nicht mehr auf einer klein-klein-Minifläche, sondern auf 450 Hektar Land.
Vielleicht können Sie damit erkennen, daß ich mich keineswegs vom „Leben“ fernhalte, sondern alles sehr als eine – allerdings ungeheuer komplexe – Einheit betrachte.
An Wolfgang Stegemann:
“Trifft ein Reiz ein (von innen oder von außen), steigt die Entropie und mein Gehirn versucht, diesen Reiz in seine Struktur zu integrieren (wie beim Metabolismus) oder ihn zu vermeiden.”
Das kommt letztendlich darauf an was du mit Entropie meinst und ob dieses Entropieverständnis messbar ist. Ich weise nur kurz darauf hin dass empirische Entropiemessungen zeigen dass die Komplexität/Entropie/Information/etc. von aufgenommener Gehirnaktivität nicht zwangsweise bei eingehenden Stimuli ansteigt, sondern sich auch verringern kann. Ob Werte von Entropiemessungen ansteigen oder sich verringern hängt von mehreren Faktoren ab, beispielsweise von der Art des Stimulis und wie häufig/schnell dieser auftritt.
Zu den INTs und TRWs: Es lässt sich z.B. in Modellen bzw. Simulationen zeigen was passieren würde wenn wir die Retina direkt mit Arealen verbinden die starke und lange Zeitskalen besitzen, statt mit Arealen die eine Verschiebung der Power Richtung schnelleren Frequenzen (wie V1 des visuellen Cortex) aufweisen. Dann wäre in Arealen mit längeren und stärkeren Zeitskalen keine „Integration“ eingehender Stimuli über die Zeit mehr möglich. Stattdessen „überschreiben“ eingehende Reize direkt die laufende Gehirnaktivität. Wir können uns also gar nicht mehr Richtung von der Umwelt differenzieren. Das meinte ich als ich schrieb „die Umwelt würde mit uns Ping Pong spielen“. Es war nur als Antwort auf deine Frage der Autonomie unsererseits gegenüber der Umwelt gemeint. Autonomie bedarf natürlich einer Abgrenzung, und längere INT und TRWs sind eine empirische Möglichkeit das auszudrücken…
An Bernhard Weßling:
“Das Erleben, die Wahrnehmung von Zeit bei uns hat nichts mit dem Wesen der Zeit zu tun, genauso wenig wie die Wahrnehmung von Farben mit dem wesen des Lichts (elektromagnetische Wellen) oder die Wahrnehmung von Tönen, Klängen, Geräuschen mit dem Wesen des Schalls (Luftdichteschwingungen).”
Dass Sie das so sehen wurde bei beim lesen Ihres Buches sofort klar. Wenn Sie mich fragen unterschreibe ich das so nicht, da Sie so radikal unser Erleben vom Rest der Welt abtrennen. Ob es Zeit gibt ist eine metaphysische Frage. Es existieren aber Veränderungen in der Umwelt und diese Veränderungen (sagen Sie von mir aus „in der Zeit“) haben auch einen Einfluss darauf wie wir Zeit erleben, da diese Veränderungen stets die Aktivität unseres Nervensystem beeinflussen; das können Sie gar nicht so radikal trennen. Und natürlich sind elektromagnetische Wellen des Lichts „farblos“ solange kein Lebewesen da ist um sie wahrzunehmen. Es existieren aber Lebewesen und wenn Licht mit bestimmten Wellenlängen auf die Retina des Auges fällt sehen verschiedene Lebewesen unterschiedliche Farbmischungen. Ich betrachte es daher als relationales Phänomen zwischen den elektromagnetischen Wellen einerseits und dem was das Lebewesen erlebt andererseits.
An Wolfgang Stegemann und Philipp:
zu “Trifft ein Reiz ein (von innen oder von außen), steigt die Entropie und mein Gehirn versucht, diesen Reiz in seine Struktur zu integrieren (wie beim Metabolismus) oder ihn zu vermeiden.”
Es kommt weniger darauf an, was Sie oder ich „mit Entropie meinen“, als vielmehr, wie sie definiert ist, was sie beschreibt. Es gibt einerseits die thermodynamische Definition, andererseits die mathematische nach Boltzmann als Maß der Unordnung. Je mehr Unordnung in einem System, umso weniger Information enthält es = Entropie ist angestiegen. Umgekehrt also verursacht ein Reiz im Gehirn den Anstieg von Information = die Entropie sinkt. Das ist im Einklang mit dem thermodynamischen Verständnis, wonach der Aufbau von Struktur (in diesem Fall: mehr Information = höhere, komplexere Struktur) mit Verminderung von Entropie in diesem (offenen) System „Gehirn“ verbunden ist.
Das ist genau der Denkfehler, den man macht, wenn man Gehirn und Information nachrichtentechnisch versteht. Ein Reiz ist eben keine Information, es ist ein Reiz. Die Information befindet sich im Gehirn als Struktur, und die wird durch einen Reiz ‚gestört‘. Das Gehirn versucht die Entropie zu minimieren, indem es den Reiz integriert oder vermeidet. Es gibt nun mal keinen äußeren Sender, keine Nachricht und keinen inneren Empfänger.
Aber diese Diskussion hatten wir schon zur Genüge an anderer Stelle. Lesen Sie am besten Tononis Integrierte Informationstheorie, die auf Boltzmann aufsetzt (und nicht auf Shannon).
an Philipp:
„… Sie so radikal unser Erleben vom Rest der Welt abtrennen.“ Nein, ganz bestimmt tue ich das nicht. Nur ist es eben so, daß wir nicht direkt Licht als solches als „elektromagnetische Wellen“ empfinden, sondern das, was über die lichtempfindlichen Zellen im Auge und weitergeleitet über die Nerven das Gehirn schließlich aus diesem Reiz, den die elektromagnetische Welle erzeugt, macht.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß der Himmel nicht „blau“ IST, sondern wir EMPFINDEN ihn als blau. Unser Auge wird nur von einer Auswahl elektromagnetischer Wellen gereizt, die uns die Empfindung „blau“ hervorrufen.
Ähnlich beim Schall, der nun mal zunächst kein „Ton“ oder „Geräusch“ ist, sondern eine Luftdichteschwankung. Wir empfinden aber nicht diese Luftdichteschwankungen als solche, sondern übers Trommelfell und dann die Nerven macht unser Gehirn daraus Geräusche, Töne, Klänge. (die übrigens subjektiv unterschiedlich wahrgenommen werden, ähnlich wie auch Farben)
So ist es auch mit der Zeit. Ich weiß nicht, ob Sie Kapitel 7 schon gelesen haben, für das die Kapitel 4 und 6 die Voraussetzungen sind. In Kapitel 7 lege ich ja eine neue Hypothese vor, die wir jetzt mal nicht diskutieren, sondern, was Sie über das Zeitempfinden und meine Diskussion dessen in Kapitel 8 sagen.
Sie schreiben: „Ob es Zeit gibt ist eine metaphysische Frage.“ Wenn das so wäre, wäre diese naturwissenschaftlicher Untersuchung nicht zugänglich, sondern bestenfalls philosophischer Gedanken. dann schreiben Sie: „Es existieren aber Veränderungen in der Umwelt und diese Veränderungen (sagen Sie von mir aus „in der Zeit“) haben auch einen Einfluss darauf wie wir Zeit erleben, da diese Veränderungen stets die Aktivität unseres Nervensystem beeinflussen; das können Sie gar nicht so radikal trennen.“
Nun antworte ich: das mache ich doch gar nicht, im Gegenteil! Veränderungen sind begleitet Entropiefluß (nun schauen Sie bitte mal schnell in Kapitel 7 hinein), und unser Zeitempfinden (Kapitel 8) ist gekoppelt oder wird verursacht durch Prozesse in unseren Zellen, die ebenfalls Entropiefluß erzeugen. Also trenne ich es doch gar nicht, sondern im Gegenteil: Wir sind ein Bestandteil dieser Welt, in uns (in den Zellen, im Gehirn) laufen im Prinzip ähnliche Prozesse ab wie überall auf der Welt, nur verusachen sie bei uns auch noch „Empfindungen“.
Wodurch empfinde ich überhaupt? Ist Empfindsamkeit der Auslöser für das Nervensystem derer, die sie teilen oder ermöglicht sie zur Erkenntnis über die Einheit aus einem Entwicklungsprozess, der durch sie erfassbar wird? Ich denke, an dieser Frage scheiden sich die Geister! Da wo die einen gerade damit beginnen, die ganze Menschheit als eine vielleicht sogar außenstehende Lebensgemeinschaft durch ein rein subjektives Zusammengehörigkeitsgefühl anzunehmen, da gehören die anderen dieser Menschheit in ihrer vollendeten Form bereits an. Solange wir als Menschen über Information verfügen, bedeutet dies für jeden von uns, dass wir unterscheiden können, was, wann für ihn, den Menschen, zur Information wurde, indem er weiß, woraus sein gesamtes Informationsmaterial besteht. Ein auf Zahlen basierendes Informationsmaterial ermöglicht in seiner begrenzten Form immer nur die Wiedergabe dessen, was sich in seiner Form aus ihren Gesetzmäßigkeiten ergibt. Erst der Mensch jedoch kann aus seiner endgültigen Form das Informationssystem gewinnen, durch das er unterscheiden kann, was seiner Substanz entspricht.
Vielleicht kann Evolution nur bis zu einer bestimmten Grenze ohne den Menschen stattfinden, der sie in ihrer Form als Mensch zur Disposition stellt. Es gibt kein unbegrenztes Wachstum, denn andernfalls wären die Zahlen von null bis neun ohne weitere Bedeutung und ihre Schreibweise bliebe im Verborgenen. Dahingegen gibt es für das menschliche Verhalten in seiner natürlichen Umgebung klare Vorgaben, die es gilt aus den Gesetzmäßigkeiten der Einheit zu gewinnen, die der Zahl 0 in Person unterstellt ist und damit ohne sie nicht definierbar ist. Der Mensch besteht aus zwei gleichwertigen Teilen, die sich einander zusprechen, was sie eint. Daraus ergibt sich eine Person ohne jegliches Geburtsrecht, bis zu der Informationseinheit, die sich aus ihrer Geburt ergibt. Das hat nichts mit Diskriminierung oder gar Ausschluss aus der Gesellschaft zu tun, es ist die Bedingung dafür, Teil des Lebens zu werden, das in seiner Einheit erst durch den Menschen begründet werden kann.
Ich denke, die Menschheit wurde als Grundlage für einen weiterführenden Entwicklungsprozess, der sich aus der Evolution ergibt, eingesetzt. Durch ihre Verbindung zu diesem Entwicklungsprozess führt das immer auf die Einheit zurück, die sich aus der Informationsweitergabe zu einem Gedächtnis ergeben hat, dessen Wiedergabewert aus einer bestimmten Datenstruktur besteht. Ich nehme an, diese Datenstruktur will zunächst erreicht sein, indem sie dem Gedächtnis unterworfen ist, das in seiner Einheit den Zugang zu ihrem Bewusstsein ermöglicht, sodass der Mensch, dieses Phänomen seiner wahren Existenz voll bewusst miterlebt. Der Mensch erhebt sein Recht auf Leben, indem es in der Substanz, bereits vor seiner Geburt existierte, was sich aus all den Zeiträumen ergibt, die er nun endlich in seiner endgültigen Form nachvollziehen kann. Dies wiederum ermöglicht die Einheit, die sich dadurch belegen lässt, dass sie anhand seiner eigenen Gegenwart und ihrer Vergangenheit um die Zukunft wirbt.
Ich weiß nicht, ob Sie mit meiner Herangehensweise an die Thematik etwas anfangen können, doch ich hoffe, ich kann durch diesen Umgang mit ihrer Argumentation wenigstens etwas Sinnvolles beitragen.
Hallo Herr Weßling,
hier meine Antworten auf Ihre Punkte:
“Es kommt weniger darauf an, was Sie oder ich „mit Entropie meinen“, als vielmehr, wie sie definiert ist, was sie beschreibt. Es gibt einerseits die thermodynamische Definition, andererseits die mathematische nach Boltzmann als Maß der Unordnung. Je mehr Unordnung in einem System, umso weniger Information enthält es = Entropie ist angestiegen.”
“Umgekehrt also verursacht ein Reiz im Gehirn den Anstieg von Information = die Entropie sinkt.”
Ich kenne verschiedene Definitionen bzw. Ursprünge des Konzepts der Entropie, da ich mehrere Bücher über Entropie gelesen habe. Ein Experte bin ich nicht, verstehe es aber halbwegs.
Zum Nervensystem und Organismus:
Was ein Stimulus/Reiz im Gehirn verursacht hängt nicht nur von dem Stimulus ab, sondern auch von dem vorherigen Zustand der laufenden Eigenaktivität des Gehirns. Es ist sinnlos wenn Sie pauschal schreiben dass die Entropie im Gehirn nach oder während eines bestimmten Stimulus ansteigt. Es gibt empirische bzw. mathematische Methoden mit denen Entropiemessungen von time-series Aufnahmen aus allen Imagingmodalitäten möglich sind, egal ob sie Aufnahmen von einzelnen Neuronen oder das EEG etc. anwenden.
Die Entropie steigt bei einem Stimulus nicht pauschal an, das ist empirisch nicht zutreffend, wie ich oben schrieb. Sie können natürlich behaupten dass Sie andere Formen von Entropie meinen, diese dann aber sehr wahrscheinlich, so vermute ich, in der Praxis gar nicht berechnen könnten. Aber dann kratzt es für mich schon an Metaphysik die auf logischen Argumenten und Konzepten beruht, aber empirisch nicht mehr überprüfbar ist. Ich möchte nicht prinzipiell gegen Sie argumentieren, aber es stimmt nun einmal nicht dass Entropiemesswerte bei eingehenden Stimuli ansteigen. Jeder Gutachter der vom Fach ist würde Sie dafür sofort anspringen wenn Sie das über das Gehirn behaupten. (Ich gehe erst einmal von Daten und Berechnungen aus – die schönsten Theorien sind falsch wenn die Grundlagen schon gegen diese sprechen.)
“Das ist im Einklang mit dem thermodynamischen Verständnis, wonach der Aufbau von Struktur (in diesem Fall: mehr Information = höhere, komplexere Struktur) mit Verminderung von Entropie in diesem (offenen) System „Gehirn“ verbunden ist.”
Höhere Entropiewerte bei empirischen Entropiemessungen bedeuten dass das Signal bzw. die time-series „komplexer“ ist, nicht umgekehrt. Das gilt nicht nur für Messungen der Gehirnaktivität, sondern auch für time-series Aufnahmen der Herzfrequenz etc. Beispielsweise bei gesunden und jungen Menschen sind Entropiemesswerte der Variabilität des Herzschlags höher als bei älteren Menschen. Das Signal ist komplexer und besitzt eine relativ hohe Variabilität die man nicht so einfach komprimieren kann. Deshalb sind Messwerte der Komplexität (wie z.B. Lempel-Ziv complexity, approximate oder sample entropy) höher, da das Signal eine komplexere Struktur besitzt.
hallo, guten Abend, Philipp.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht so recht, worauf Sie hinauswollen. Sie schreiben „Es ist sinnlos wenn Sie pauschal schreiben dass die Entropie im Gehirn nach oder während eines bestimmten Stimulus ansteigt.“ das habe ich aber doch gar nicht geschrieben!
Ich schrieb im Gegenteil (und Sie haben es oben ja zitiert, ich kopiere nur): „“Umgekehrt also verursacht ein Reiz im Gehirn den Anstieg von Information = die Entropie sinkt.”“ also: sinkt, und nicht ansteigt.
Ich hätte etwas genauer schreiben müssen: Wenn der Reiz im Gehirn etwas bewirkt (es gibt ne Menge Reize, die gar nichts bewirken), dann ist es ein Anstieg von Information, identisch mit Strukturaufbau. Und Strukturaufbau geht unwiderruflich einher mit Entropieverminderung.
Ich vermute auch, dass beim Kommentieren etwas durcheinander geraten ist. Meine Aussage, dass ein Reiz die Entropie ansteigen lässt, bezog sich auf ein ’normales‘ intaktes biotisches System. Dort lässt ein neuer Reiz die Entropie ansteigen.
Natürlich gibt es auch den Fall, dass ein System bereits eine hohe Entropie hat (psychische Störung) und ein Reiz trifft ein, der die Entropie sinken lässt (oder nichts bewirkt).
Was ich sagen wollte ist, dass ein Reiz eben nicht gleichbedeutend mit Information ist, da Informatiion nicht nachrichtentechnisch zu verstehen ist, sondern als Eigenschaft des Gehirns (Tononi spricht z.B. von effektiver Information als Maß der integrierten Information).
Sieht man es nachrichtentechnisch, müsste man Sender, Nachricht und Empfänger annehmen und wäre mitten in einem Dualismus gelandet.
“hallo, guten Abend, Philipp.
Ich schrieb im Gegenteil (und Sie haben es oben ja zitiert, ich kopiere nur): „“Umgekehrt also verursacht ein Reiz im Gehirn den Anstieg von Information = die Entropie sinkt.”“ also: sinkt, und nicht ansteigt.
Ich hätte etwas genauer schreiben müssen: Wenn der Reiz im Gehirn etwas bewirkt (es gibt ne Menge Reize, die gar nichts bewirken), dann ist es ein Anstieg von Information, identisch mit Strukturaufbau. Und Strukturaufbau geht unwiderruflich einher mit Entropieverminderung.”
Ich möchte darauf hinaus dass gemessene Entropiewerte von Gehirnaktivität, egal welche Modalität zur Messung gewählt wird (EEG, fMRI, MEG, Mikroelektrode für einzelne Neurone, etc.), nicht pauschal zu- oder abnehmen wenn ein spezifischer Stimulus dargeboten wird und eine messbare Reaktion erfolgt.
Was Sie jetzt geantwortet haben ist also auch nicht korrekt. Ich schreibe nun zum dritten Mal dass empirisch gemessene Entropiewerte sowohl steigen als auch sinken können. Ich weiß nicht warum Sie das immer ignorieren, aber dann sei es eben drum.
“…dann ist es ein Anstieg von Information, identisch mit Strukturaufbau. Und Strukturaufbau geht unwiderruflich einher mit Entropieverminderung.”
Sie sprechen von einem Entropiekonzept dass Sie bezüglich physologischen Aufnahmen nicht messen könnten…
Eine erhöhte Komplexität des Signals geht mit einer Erhöhung (und nicht Verminderung) der messbaren Entropiewerte einher.
– Ein einfaches und nahezu periodisches Signal hätte einen niedrigen Entropiewert und ist für physiologische Systeme pathologisch.
– Ein Signal mit einer „guten“ Mischung aus Regularität und Variabilität besitzt höhere Entropiewerte und findet sich in gesunden physiologischen Systemen. Dieses System besitzt auch einen höheren „Informationsgrad“.
Ich glaube, wir reden gerade zum Teil aneinander vorbei.
Meine Aussage bezog sich auf die allgemeine Ebene, wo Organismen Energie mit der Umwelt austauschen und sich so in einem ständigen Ungleichgewicht (dynamischen Gleichgewicht) befinden. Nehmen sie Nahrung auf (oder Reize), erhöht sich die Entropie und sinkt erst wieder, wenn die Nahrung in den Organismus eingebaut wurde (die Reize assimiliert wurden).
Zoome ich nun ganz nahe heran, sehe ich, wie Philipp, dass diese Sinuskurve in Wirklichkeit fraktalisiert ist und im Detail in alle möglichen Richtungen abweichen kann.
Warum thematisiere ich das? Nur, um der Vorstellung entgegen zu wirken, dass Information importiert wird, z.B. in Form von Reizen. Diese Vorstellung ist eine Analogie zur Nachrichtentechnik, in der es einen Sender, eine Nachricht und einen Empfänger gibt. Ein Reiz enthält aber keine Nachricht, er wird im Gehirn mit einer Bedeutung (psychologisch) versehen, auf spezifische Weise in das System integriert (oder nicht bzw. stört das System dauerhaft).
Ich rede von wirklichen Messungen von Entropie in physiologischen Aufnahmen, nicht mehr und nicht weniger. Messungen der Entropie haben nichts mit möglichen fraktalen physiologischen Prozessen zutun, das ist eine andere Geschichte. Basierend auf einer time-series Aufzeichnung lassen sich verschiedene Entropiemaße mathematisch berechnen.
Dann lassen sich beispielsweise Aufnahmen ohne Stimuli mit Aufnahmen die Stimuli beinhalten vergleichen.
Der Entropiewert der physiologischen Aufnahme kann sowohl steigen als sich auch verringern (in gesunden und jungen Menschen, ich rede hier nicht von psychiatrischen oder neurologischen Patientengruppen). Ob der Wert steigt oder sinkt kann von vielen Faktoren abhängen.
Ich analysiere für eine Studie gerade selbst zwei datasets, die beide Aufnahmen der Spontanaktivität sowie verschiedene Task/Stimuli designs besitzen. In einem dataset steigen Werte von Komplexitätsmessungen (Sample Entropy, Lempel-Ziv complexity) an, in dem anderen dataset sinken sie. Ich habe auch meine Interpretation, in Verbund mit anderen Messvariablen, warum das jeweils so ist, aber die Interpretation ist in unserer Diskussion uninteressant. Worauf ich hinaus wollte war schlichtweg dass es falsch ist zu behaupten dass die Entropie von Gehirnaktivität immer sinkt oder steigt wenn ein signifikanter Stimulus oder Input dargeboten wird.
Dabei handelt es um keinen spezifischen Befund von mir, sondern quasi unendlich viele Studien bestätigen das.
Es scheint mir eher so dass ihr über das redet was Heisenberg in die Welt geworfen hat, nämlich der Idee dass der Organismus der Entropie der Umwelt standhalten muss indem er stets seine eigene Entropie verringert oder geringt hält.
Das ist Philosophie… Heisenberg hat ein solches Verständnis von Entropie einfach auf das Leben und die Welt übertragen, natürlich ohne jegliche Messungen. Hätte nicht Heisenberg diese Idee in die Welt geworfen sondern eine unbekannte Person so würde heute niemand mehr darüber reden.
Deshalb sage ich ja, wir reden aneinander vorbei. Ich rede von der ganz großen Skala, du von der Mikroskala, die du empirisch erforschst. Außerdem scheinst du mit der Shannon-Entropie zu arbeiten, ich hingegen gehe von Boltzmann bzw. Prigogine aus. Schließlich bin ich kein empirischer Hirnforscher. Aber wir sollten es an dieser Stelle beenden, es läuft sonst auf Spitzfindigkeiten hinaus.
Wir reden nicht aneinander vorbei. Wenn ihr behauptet dass der Organismus seine eigene Entropie konstant halten müsse da die Umwelt dazu neigen würde die Entropie des Organismus zu verringern oder zu erhöhen, dann muss man dass irgendwie zeigen.
Es bedarf dann zwangsweise empirischer bzw. mathematischer Messmethoden von Entropie.
Es stellt sich konkrekt die Frage: was wurde aufgenommen und welche Methode zur Entropiemessung angewendet? Dann lassen sich solche Aussagen stellen und natürlich auch theoretische Überlegungen anstellen.
Ansonsten nennt mir bitte wie ihr die Entropieveränderungen zwischen Zustand A (vor Stimulus) und B (nach Stimulus) messen könnt. Welche Daten nimmt man auf und mit welcher Variable wird gemessen? Wenn man das nicht beantworten kann muss man zwangszweise zugeben dass die Theorie nicht auf Beobachtungen beruht.
Mit Spitzfindigkeiten hat das gar nichts zutun.
PS, Wolfgang, dein Einwand von „Spitzfindigkeiten“ nervt mich hier richtig. Das ist der Unterschied zwischen Wissenschaft und Metaphysik. Im „großen“ und Abstrakten könnte ich mir auch die schönsten Theorien erfinden. Man muss es zumindest halbwegs konkret(er) zeigen bzw. auf Befunde hinweisen die für die eigene Theorie sprechen. Und Tononi misst „integrierte Information“ übrigens selbst u.a. mit Lempel-Ziv complexity, also genau die Methode die ich u.a. auch anwende! Also erzähle mir nicht dass Tononi ein ganz anderes Informationsverständnis anwendet. Denn auch er kann nur mit Wasser kochen.
Das steht in jedem Schülerlexikon:
Es liegen offene Systeme vor, also Systeme, bei denen über die Systemgrenze hinweg Energie und Entropie importiert bzw. exportiert werden.
Dem System wird hochwertige Energie zugeführt und von diesem zur Selbstorganisation genutzt. Das System gibt entwertete Energie an die Umgebung ab. Daher werden solche Systeme auch als dissipative Systeme (Energie zerstreuende Systeme) bezeichnet. Der Energieimport und -export und der damit unter Umständen verbundene Stoffimport und -export ist ausgeglichen. Es gilt:
Eimport=Eexport
Mit dem Import hochwertiger Energie erfolgt auch ein Entropieimport. Mit der Abgabe entwerteter Energie erfolgt ein Entropieexport. Darüber hinaus sind die Vorgänge im System nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik mit Entropieproduktion verbunden. Damit ergibt sich als Bilanz für die Entropie des Systems:
ΔSSystem=ΔSimport+ΔSerzeugt−ΔSexport
Darüber wollte ich eigentlich gar nicht sprechen. Mir ging es – ich wiederhole mich – darum, dass Information nicht importiert werden kann, sondern erst im Gehirn entsteht.
Und jetzt vertabschiede ich mich.
Entropie kann weder importiert noch exportiert werden. Wer so etwas über Entropie schreibt hat nicht verstanden was Entropie ist.
Im übrigen sind unter bestimmten Voraussetzungen die Entropie der Thermodynamik sowie die Entropie/Information von Shannon identisch. Dafür muss zuerst die Verteilungsform berechnet werden jene die fehlende Information bzw. Entropie im Sinne Shannons maximiert. Dann lässt sich der maximale Wert der Shannon Entropie basierend auf dieser Gleichgewichtsverteilung berechnen. Die Shannon Entropie wird final mit der Boltzmannkonstante multipliert und vom Logarithmus 2 zum natürlichen Logarithmus umgewandelt. Das Resultat ist die Entropie eines idealen Gases in einem E V N System.
Richtig gelesen, wir beginnen mit der Shannon Entropie der Informationstheorie die erst einmal gar nichts mit Thermodynamik der Physik zutun hat und landen bei der thermodynamischen Entropie eines physikalischen Systems.
Im Detail nachzulesen z.B. in den folgenden zwei Büchern von Arieh Ben-Naim:
Entropy: The Truth, The Whole Truth, And Nothing But The Truth
Entropy Demystified: The Second Law Reduced To Plain Common Sense
Und eines von vielen guten Papern von Ben-Naim über den Unsinn der aus dem Konzept der Entropie gemacht wird:
https://www.mdpi.com/1099-4300/21/12/1170
Ich zitiere mal aus dem Paper:
(1)
There is no other concept which was gravely misused, misapplied and in some instances, even abused.
(2)
There is no other concept to which so many powers were ascribed, none of which was ever justified.
(3)
There is no other concept which features explicitly in so many book’s covers and titles. And ironically some of these book though mentioning entropy, are, in fact totally irrelevant to entropy.
(4)
There is no other concept which was once misinterpreted, then the same interpretation was blindly and uncritically propagated in the literature by so many scientists.
(5)
There is no other concept on which people wrote whole books full of “whatever came to their mind,” knowingly or unknowingly that they shall be immune from being proven wrong.
(6)
There is no other concept in physics which was Equated to time (not only by words, but by using equality sign “=”), in spite of the fact that it is totally timeless quantity.
(7)
There is no other concept in which the role of “cause” and “effect” have been interchanged.
(8)
Finally, I would like to add my own “no-other-concept” that has contributed more to the confusion, distortion and misleading the human minds than entropy and the Second Law.
Schön, dass es Leute gibt, die die wahre Wahrheit kennen.
Nun, Sie scheinen ein anderes Konzept von „Entropie“ zu haben, anders jedenfalls, als es definiert ist. Denn natürlich kann Entropie exportiert werden, nämlich in Form von niederwertiger IR-Strahlung, in Form von stofflichem Abfall (das können Gase sein wie CO2, leicht erwärmtes Wasser, nicht mehr weiter nutzbare sonstige Abfallstoffe). das hat Ilya Prigogine mit seiner Nicht-Gleichgewichts-Thermodynamik gezeigt. Es ist der wesentliche Kern meines Buches, in diese Thermodynamik einzuführen.
Ich denke, Entropie unterliegt einer ganz persönlichen Definition, die aus ihrer Wahrnehmbarkeit resultiert. Das heißt, wenn eine Person etwas wahrnehmen kann, so muss dies nicht zwangsweise auf dem Menschen basieren, sondern unterliegt allem, auf das dieser Mensch gegründet ist. Steht dieser Menschengrund für diese Person fest, so kann sie sich aus der Identität erheben, die sich in seiner Feste begründet. So nimmt die Person eine Entropie wahr, die sich ihr als Mensch erschließt und dafür seine Einheit als ihre Grundlage weitergibt. Entropie des Raumes ergäbe ohne eine sie weiterführende Konstante, die für den Menschen wahrnehmbar ist, wohl keinen Sinn. Dem Menschen als Person erschließt sich demzufolge einzig er selbst als Mitmensch einer anderen Person, unabhängig aller Veränderung, die der Raum in seiner Einheit noch mit sich bringt.
Entschuldigen sie bitte, so einfach ist das nicht, aber wir müssen das nicht diskutieren. „Entropie“ ist nicht etwas, was Sie für sich einfach definieren können, wie Sie mögen, genauso wenig wie Sie „kilometer“ für sich anders definieren können, oder „1 Stunde“ oder „1 Kilokalorie“. Das ist nun mal für alle auf der Welt eindeutig definiert, und wenn man etwas anderes meint, muß man einen anderen Begriff nehmen, und wenn es den dafür, was Sie ausdrücken möchten, nicht für jedermann klar (oder nach-recherchierbar) definiert gibt, müssen Sie halt einen Begriff festlegen und den definieren. Aber Sie (oder auch andere) können nicht einfach sagen „‚Entropie‘ ist für mich etwas anderes als das, was es für Thermodynamiker ist.“
Wer, wenn nicht der Mensch, sollte einer Zustandsänderung unterworfen sein, die einerseits von ihm wahrgenommen werden kann und andererseits durch ihn wahrnehmbar wird? Außerdem, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, unterscheiden wir uns zwar in unserer Konstitution als Mensch, was jedoch an seiner Wahrnehmbarkeit von Entropie nichts verändert, sondern sie wahrscheinlich spezifischer dokumentieren und damit auch besser analysieren lässt. Wie sie anmerken, gilt es Entropie nachzuvollziehen, indem sie zum einen an einen Ort gebunden ist, dessen Präsenz ihre Wahrnehmbarkeit ermöglicht und zum anderen, unabhängig davon, ihre Substanz weiter fördern kann. Indem Wahrnehmung sich der Einheit aus der Entropie annimmt, ohne sich ihrer eigenen Substanz zu berauben, ergibt alles, was sie mit sich bringt, einen Sinn. Im Grunde genommen ergibt sich Entropie aus einem Bewusstsein für die Gegenwart, deren Veränderung durch die Menschheit sichtbar wird, die sich aus der Substanz ergibt, die sie selbst mit sich bringt. In Bezug auf Thermodynamik kann ich an dieser Stelle nur die Körpertemperatur, ihre Abhängigkeit von äußeren Umständen und die daraus resultierenden Konsequenzen durch das Herz anbringen, das auch für den Menschen von existenzieller Bedeutung ist. Kann das Herz durch Entropie einem Bewusstsein zugeordnet werden, das von ewiger Existenz zeugt und dennoch seinen gegenwärtigen Zustand als Mensch wahrnimmt? Ich weiß es nicht, doch ich kann es mir vorstellen, denn wie anders könnte ich dies hier in seiner Form verfassen, die mindestens einen Denkanspruch erhebt.
Ich glaube, wir sprechen hier nicht die gleiche Sprache, auch wenn es beides deutsch ist. Entropie kann man nicht wahrnehmen, man kann sie nur berechnen. Sie ergibt sich aus thermodynamischen Gesetzen, Naturgesetzen. Das hat mit Ihrer oder meiner Wahrnehmung überhaupt nichts zu tun. So wie ich zuvor schrieb: 1 Kilometer ist 1 Kilometer, es ist definiert, was das ist, egal wie Sie oder ich diesen Kilometer wahrnehmen.
Wahrnehmung kann man nicht berechnen, sie gründet auf der Feststellung von Zuständen, die einer Entwicklung unterworfen sind, die sich durch sie zum Ausdruck bringen kann. Es mag also sein, dass Entropie, also eine Zustandsänderung nur messbar einen Beweis darstellen kann, wahrnehmbar jedoch ist sie ein Entwicklungsprozess, dem auch der Mensch als solcher unterworfen ist. Menschlichkeit wächst in ihrer Substanz am System als Teil der Entropie zu ihrer Einheit heran, wie anders könnte die Menschheit sonst ihre Existenz nachweisen und damit den Entwicklungsprozess der Entropie in seiner ganzen Fülle wahrnehmen? Durch Kommunikation erfährt die Person Entropie in ihrer Funktion als Prozess der Wendung, hin zu seiner menschlichen Form und gibt ihr damit eine Wahrnehmungsfähigkeit mit, die seiner Einheit entspricht und ihre Einheit fördert. Wahrnehmung ist ein auf Zeit gründendes Phänomen, das in seiner Form transformiert, sodass sie bewirkt, sodass sie bewirkt, was das zum Ausdruck bringen kann. Jede Geburt ist Entropie im wahrsten Sinne des Wortes, denn ihre Fruchtbarkeit führt aufgrund seiner Potenz zu dem Gedächtnis, das in seiner jeweils gültigen Form den Entwicklungszustand ergibt, den sie nachweisen kann. Damit steht dem weiterführenden Entwicklungsprozess nichts mehr im Weg, was in seiner endgültigen Form der Menschheit schaden könnte. Wir sind über die Zeit hinweg, die sich an einen Menschen wendet, der sie in ihrer Einheit nicht reflektieren kann. Das sollte uns Menschen genug sein, die wir in unserer Lebensform seinem Erhalt dienen können und hoffentlich auch wollen.
Hallo Herr Weßling,
um Ihr Buch zu lesen und dann an der Diskussion teilzunehmen habe ich Ihr Buch unter der angegebenen Internetadresse bestellt und auch bezahlt. Es kommt aber keine Büchersendung an, ich warte seit 14 Tagen. Was ist los bei dem Verlag?
Sorry, dass ich Sie mit diesem Kram belästige.
’nabend Herr Stein, erstmal kann ich’s natürlich beantworten (denn ich bin ja nicht der Verlag …). Hatten Sie per email eine Auftragsbestätigung bekommen? In der Bestätigung stimmte auch die Adresse? Hatten Sie per Rechnung bezahlt (also überwiesen) oder per Kreditkarte, und alles war bestätigt worden? Hatten Sie eine Lieferankündigung bekommen, sowas wie „wird ca. am soundsovielten von DHL geliefert“? (entschuldigen Sie bitte, ich kann ja jetzt nur fragen und raten, was vielleicht schief lief)
Sorry, so weit hätte ich auch denken können, ich schau nach. Ich hoffe ich kanns bald klären.
Vielen Dank jedenfalls für Ihre prompte Antwort.
Es hilft vielleicht auch, sich an den Kundendienst zu wenden, wenn Sie es selbst nicht klären können: customerservice@springernature.com
ich habe nochmal weiter nachgeschaut: bei jeder Bestellung bei Springer (ich bestelle dort immer wieder mal was) bekomme ich eine email mit Bestellbestätigung. Dann, wenn es nicht ein ebook ist, das ich ja sofort runterladen kann, bekomme ich zusätzlich eine sog. „Springer Nature Information“ mit allen Details (Bestellnummer, Kundennummer etc …), und daß das Buch kurzfristig zur Lieferung vorgemerkt sei.
Dann steht in dieser Information:
„Wenn Sie zusätzliche Hilfe oder Informationen benötigen, gehen Sie bitte auf unsere Support-Seiten im Internet unter support.springernature.com oder kontaktieren Sie uns telefonisch oder per E-Mail.
Tel: +49 6221 345 – 0
Email: buchhandel-buch@springernature.com„
Hallo Herr Weßling,
ich habe jetzt Ihr Buch (quer)gelesen, dies mit großem Interesse und Vergnügen, und in vielen Punkten kann ich Ihnen zustimmen. Sie befassen sich mit komplexen Systemen (bin da kein Experte), und dass hier Besonderheiten auftreten, ist sehr verständlich. Komplexe Systeme (ich meine damit z.B. strukturierte Molekülhaufen) sind in ihrem Verhalten schwer zu verstehen, und ich finde es sehr bemerkenswert, dass Sie sich an diese schwierigen Systeme mit so viel Elan herangetraut haben. Ich kann auch verstehen, welche Probleme es macht, wenn man außerhalb des Wissenschaftsbetriebs Pradigmen in Frage stellt (bin selbst Unternehmer und stelle auch Paragdigmen in Frage).
Wenn in komplexen Systemen neue Gesetzmäßigkeiten, in gewisser Weise „emergente“ Phänomene, und neue Gesetzmäßigkeiten, und der Zufall, auftreten, dann stellt sich automatisch die Frage, nach der Ursache und wie kommt regelhaftes Verhalten in die Welt – oder umfassend gefragt: was begründet einen kausalen Zusammenhang und was ist ein Naturgesetz. Beides, wo der kausale Zusammenhang und die Naturgesetze herkommen, ist ein physikalisches und philosophisches Rätsel bis heute. Das ist es mir etwas zu pragmatisch, wenn sie behaupten, diese würden in komplexen Systemen fern vom Gleichgewicht bei niedriger Entropie einfach so neu entstehen (Gesetzmäßigkeiten). Das ist eine ad hoc Begründung, die nicht sehr schön ist. Wie eine Naturgesetzlichkeit auf höherer Ebene oder gar Emergenz zustande kommt, können wir gerne einmal diskutieren, insbesondere über Emergenz, ein Begriff der mich immer an Spukhaftes erinnert, es sei denn man gibt eine Definition darüber her.
Nur am Rande: komplexe Systeme sehe ich als etwas anderes an als verschränkte Systeme. Ich kann mir aber vorstellen, dass innerhalb von komplexen Systemen lokal Bildung und Zerfall von Verschränkung stattfindet. Verschränkung begründet aber keine neuen Naturgesetze, verlangt aber eine neue Interpretation der Mathematik, die die die Naturgesetzlichkeiten von Systemen generell symbolisch zusammenfassend beschreibt.
Nicht richtig finde ich, wie Sie den Zeitbegriff verwenden. Schon ganz am Anfang Ihres Kapitels schreiben Sie etwas über den Urknall:
„Als das Universum begann, als zuerst Energie und zugleich Materie überhaupt erst entstand, konnte es vorher gar keinen Umsatz geben. Also war die Entropie sogar Null, genauer: nicht existent. Und auch dann erst, mit dem Entstehen der Entropie, begann die Zeit zu existieren.“
Das sieht so aus, als wäre die Zeit eben erst nach dem Urknall entstanden, zusammen mit dem „Entstehen“ von Entropie. Das ist aber unlogisch gedacht: man kann nur von Entstehen sprechen, wenn es die Zeit schon gibt. Wer von „Entstehen“ spricht, setzt voraus, dass es ein VORHER und ein NACHHER gibt, also zwei Zeitpunkte. Sie folgen also dem unlogisch konstruierten Modell der Physik, die die Entstehung der Welt (den Urknall) in einem raumzeitlichen Kontext beschreibt, welcher selbst aber erst nach der Entstehung der Welt aufgefaltet wird. Auch dass auf der Quantenebene keine Zeit existiert, kann nicht logisch und konsistent behauptet werden. Wo sollen sonst die Veränderungen, die dort stattfinden, herkommen? Physikalische Veränderungen (Verschiebung von „Grenzen“) sind – metaphysisch gesprochen – immer mit zwei Abständen korreliert, einem Zeit- und einem Raumabstand, dies aus logischen Gründen (nicht aus physikalischen Gründen). Diese fehlende Logik in vielen Stellen, wo Sie grundlegende Sachverhalte besprechen, trübt das insgesamt so positive Bild Ihres Buches.
Ich will es hierbei erst einmal bewenden lassen, gerne komme ich aber auf das Thema Entropie später zurück. Das ist ein sehr interessanter, vielfach mistverstandener Begriff, genauso wie Energie, Impuls oder Drehimpuls, deren metaphysische („meta“ = über die Physik „hinausgehend“) Grundlegung Naturwissenschaftlern vielfach nicht klar ist. Aber dazu ein andermal. Ich hoffe, meine Kritik verschreckt Sie nicht, sie ist – vor dem Hintergrund Ihres anregenden Buches – konstruktiv gemeint. Und Wissenschaft muss für Kritik offen bleiben.
In diesem Sinne herzliche Grüße aus Bonn
Bernd Stein
Vielen Dank, Herr Stein, für Ihren Kommentar! „quer lesen“ ist ja schon wenigstens etwas :-), danke, aber vielleicht nicht so ganz ausreichend für eine intensive Diskussion. Denn der Gegenstand meines Buches ist komplex, und auch wenn ich es sehr allgemeinverständlich dargestellt habe, habe ich die Komplexität (so meine ich, und so haben es mir einige experten auch bestätigt) ausreichend tief gehend wiedergegeben. Zu ein paar wenigen Ihrer Punkte, für die ich Ihnen danke, möchte ich kurz kommentieren.
Sie schreiben:
„… komplexen Systemen (bin da kein Experte), und dass hier Besonderheiten auftreten …“
Ich denke, man kann und sollte das nicht so sagen. Denn im Gegenteil gibt es gar keine nicht-komplexen Systeme in unserer Welt. Das, was Sie als „Besonderheiten“ ansprechen, ist der Normalfall: alles in unserer Welt ist komplex, ist durch komplexe Prozesse entstanden, die alle im Nicht-Gleichgewicht sind.
Sie schreiben:
„… außerhalb des Wissenschaftsbetriebs Paradigmen in Frage stellt …“
Nun, ich bin ja nicht außerhalb des Wissenschaftsbetriebs; ich bin zwar nicht innerhalb der universitär beschäftigten Kreise, aber eng mit ihnen im Austausch (zumindest: gewesen), einerseits in gemeinsamen Forschungsprojekten zu speziellen Fragen in meiner Grundlagenforschung, andererseits in zahllosen Konferenzen, Seminaren, Workshops, und ich war ja auch jahrzehntelang Mitglied (der einzige nicht-Professor) im „Scientific Advisory Committee“ unserer weltweiten riesengroßen Forschergemeinde (10.000e Forscher umfassend), einem jahrzehntelang informell funktionierenden Organismus.
Sie schreiben:
„Nicht richtig finde ich, wie Sie den Zeitbegriff verwenden. Schon ganz am Anfang Ihres Kapitels schreiben Sie etwas über den Urknall:
„Als das Universum begann, als zuerst Energie und zugleich Materie überhaupt erst entstand, konnte es vorher gar keinen Umsatz geben. Also war die Entropie sogar Null, genauer: nicht existent. Und auch dann erst, mit dem Entstehen der Entropie, begann die Zeit zu existieren.“
Das sieht so aus, als wäre die Zeit eben erst nach dem Urknall entstanden, zusammen mit dem „Entstehen“ von Entropie. Das ist aber unlogisch gedacht: man kann nur von Entstehen sprechen, wenn es die Zeit schon gibt.“
Das ist nicht unlogisch, sondern genau das, was ich meine, und genau darüber geht die Diskussion (die ich ja in Kapitel 7 ausführlich darstelle): Es gibt die Meinung (die Sie offenbar auch vertreten), daß die Zeit „immer schon“ existiert(e), auch ohne Universum. Es gibt auch die Meinung, daß die Zeit eine Illusion sei. Ich vertrete die Meinung (bin damit nicht allein), daß die Zeit erst mit der Entstehung des Universums auch entstand. Vorher gab es das Nichts (abgesehen von Quantenfluktuationen, aber Quanten sind zeitlos, also auch ihre Fluktuationen). Meine Hypothese ist eben, daß die Zeit erst entstand, als Entropie zu fließen begann, und daß die Zeit quasi das „Flußbett“ für den Fluß der Entropie ist.
Der Vorteil meiner Hypothese ist, daß sie experimentell überprüfbar ist (und ich behaupte und erkläre es in Kapitel 7), daß sie bereits überprüft wurde, auch wenn die Physiker das so nicht sehen. Es ist aber tatsächlich durch den Vergleich der Atomuhren im Weltall mit denen auf der Erde bestätigt, was ich als Hypothese vorschlage (Sie können das bei mir nachlesen). Der Nachteil aller anderen Hypothesen (oder vielleicht aus der Sicht ihrer Vertreter: der Vorteil) ist, daß sie nicht überprüfbar sind. Weder der Glaube, die Zeit existiere unabhängig von allem, unabhängig davon, ob ein Universum existiert (wobei wir dann immer noch nicht wüßten, was die Zeit denn eigentlich ist, die da existiert und abläuft), noch der Glaube, die Zeit sei eine Illusion.
(Ich schreibe deshalb „Glaube“, weil man es glauben kann und darf, aber es läßt sich weder beweisen noch widerlegen, wie auch der Glaube an Gott oder an ein Leben nach dem Tod. Meinen Ansatz nenne ich „Hypothese“, weil sie experimentell untersucht werden kann.)
Hallo Herr Weßling,
ich habe Ihr Busch schon ernsthaft gelesen, jedenfalls die zentralen Aussagen, und habe bei diesen Aussagen einige Bedenken, die ich gut begründen kann. Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass die Zeit schon immer existierte. Woraus schließen Sie das? Ich bin der Meinung, dass man die Entstehung von etwas nicht beschreiben kann, ohne Zeit vorauszusetzen. Das ist kein Argument gegen den Inhalt Ihrer Beschreibung, sondern gegen die Form.
Es ist im wissenschaftlichen Diskurs doch üblich, analytisch klar und logisch stringent zu argumentieren. Das tun Sie nicht, wenn Sie behaupten, die Zeit ist erst entstanden, als die Entropie „entstand“. Es ist ein begrifflich-logischer Widerspruch. Ich weiß natürlich, dass die Physik viele Modelle hat, die unlogische Entitäten postulieren, ja es ist durchaus üblich, in der Physik unlogische Kontexte zu setzen (und sich die Ontologie passend machen), um am Ende auf pragmatische Weise ein (oft sehr brauchbares) Ergebnis zu bekommen. Das wird ja auch toleriert, weil etwas Praktisches dabei herauskommt (nur deshalb). Aber Sie gründen Ihre Behauptungen über die Entstehung einer der fundamentalsten Entitäten überhaupt so auf einen logischen Widerspruch. Damit haben Sie an der Wurzel Ihrer Argumentation einen schweren Mangel. Nicht weil ich Ihre Aussagen inhaltlich anzweifle, sondern weil die Gründung ihrer Behauptung formalen Ansprüchen des wissenschaftlichen Diskurses nicht genügt (die Logik nicht wahrt). Das soll nur ein Hinweis sein, weil sie mich leider in diesem Punkt mistverstanden haben.
Hier noch eine nähere Begründung: Man kann Zeit und Entropie und die Gesetzmäßigkeiten, die in komplexen Systemen herrschen, aus physikalischer (naturwissenschaftlicher) Sicht betrachten, oder aus philosophischer. Jede Sache hat ja mehrere Aspekte, und die philosophische Betrachtung schein mir weiter- und tiefergehend zu sein, die Logik geht sowieso oder Physik voraus. Daher will ich philosophisch argumentieren: die Begriffe der Physik sind nicht gut geeignet, um damit fundamentale Fragen (z.B. nach Zeit, Raum, Energie, Impuls, Substanz und Wirkung) zu beantworten. Die meisten Fachbegriffe sind aus operationalen Gründen entstanden, sie sind für instrumentelle Anwendungen gemacht (z.B. der Feldbegriff), aber eine tiefere metaphysische Gründung haben diese Begriffe nicht. Das wird auch nirgendwo bestritten. Ich denke daher, dass physikalische Aussagen über den fundamentalen Status von Entropie, auf Zeit und Energie, Impuls und Raum, zu kurz greifen müssen. In jedem Fall sollte aber die Argumentation von Anfang an nicht so leicht angreifbar sein, indem man das „Entstehen“ von Zeit beschreibt.
Sie sprechen mit jemandem, der die Physik sehr gut kennt (habe sie studiert), aber ihre Grenzen (hier begrifflichen Grenzen) gerne überschreitet, und das geht nur, indem man die Dinge aus einem philosophischen Blickwinkel betrachtet. Betrachten wir mal die fundamentalen physikalischen Größen wie Energie, Impuls, Drehimpuls und Entropie. Man kann dann sofort feststellen, dass es relationale Größen sind, es sind n i c h t intrinsische Eigenschaften, sondern Beschreibungsgrößen von Systemen. Damit Entropie, Energie, Impuls usw. existieren, muss ein S y s t e m aus Objekten existieren, und dem System kann man ein Merkmal zuordnen, die das System (nicht die Einzelteile) kennzeichnet. In vielen irrigen Darstellungen spricht man von Energie oder Entropie so, als würde es sich um einen „Stoff“ oder ein „Agens“ handeln, das irgendwie von einem auf ein anderes Objekt übertragen wird, so als hätte das Objekt vorher wenig Energie und nachher mehr (oder umgekehrt). Energie und Entropie ist nichts Stoffliches oder Substanzartiges. Sie parametrisieren und kennzeichnen das Verhalten eines Systems. Worauf ich hinaus will: Von der Entropie kann man also erst sprechen, wenn es m i n d e s t e n s zwei Einzelobjekte gibt, die ein System bilden, vorher macht der Begriff keinen Sinn. Ich denke wir sind uns da einig. Sie müssen nur noch sagen, wo diese beiden Objekte zeitlos hergekommen sind, wenn die Entropie Voraussetzung ist, dass von Zeit gesprochen werden kann. Ich behaupte nicht, dass ich irgendeine bessere Theorie hätte als Sie, ich stelle nur diese philosophische Frage: wo kommen die Objekte des Systems zeitlos her, wenn Zeit zusammen mit der Entropie dieses Systems entstanden ist.
Sorry, bin etwas ausschweifend geworden. Ich hoffe Sie verstehen meinen Gedankengang. Er stellt die Glaubwürdigkeit ihrer Argumentation an der Wurzel von allem in Frage. Gerne höre ich Ihre Replik. Auf Ihr Argument bin ich sehr gespannt.
Es grüßt Sie herzlich
Bernd Stein
Moin Herr Stein,
Sie schreiben:
»“Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass die Zeit schon immer existierte. Woraus schließen Sie das? Ich bin der Meinung, dass man die Entstehung von etwas nicht beschreiben kann, ohne Zeit vorauszusetzen.“»
Nun, Ihre Frage, woraus ich schließe, daß Sie die Zeit für schon immer existent halten, beantworten Sie selbst mit dem 2. Satz, den ich zitierte, der auf Ihre Frage direkt folgt: Man könne die Entstehung von etwas nicht beschreiben, ohne Zeit vorauszusetzen, also muß es die Zeit ja vor dem Entstehen der Entropie und vor dem Universum gegeben haben.
Sie werfen mir unlogisches Denken und Formulieren vor; mir scheint aber, daß Sie hier lediglich etwas für ‚unlogisch‘ halten, was Ihnen nicht nur ungewohnt, sondern unvorstellbar vorkommt. Nämlich daß ETWAS aus NICHTS entstehen kann. Das ist aber genau der Gegenstand der Theorie von Prigogine und anderen, die sich auf Tyron und Hawking abstützen (diese Theorie habe ich in meinem Buch skizziert). Und darauf basiert meine Hypothese zum Wesen der Zeit, die sich experimentell überprüfen läßt, wie ich dargelegt habe.
Dann schreiben Sie weiter:
»“Man kann Zeit und Entropie und die Gesetzmäßigkeiten, die in komplexen Systemen herrschen, aus physikalischer (naturwissenschaftlicher) Sicht betrachten, oder aus philosophischer. Jede Sache hat ja mehrere Aspekte, und die philosophische Betrachtung scheint mir weiter- und tiefergehend zu sein, die Logik geht sowieso der Physik voraus. Daher will ich philosophisch argumentieren: die Begriffe der Physik sind nicht gut geeignet, um damit fundamentale Fragen (z.B. nach Zeit, Raum, Energie, Impuls, Substanz und Wirkung) zu beantworten.“»
Damit sagen Sie mir, daß Sie und ich uns nicht verstehen werden. Denn ich denke und schreibe im Gegensatz zu Ihnen primär ausgehend von naturwissenschaftlich (Physik, Chemie, Biologie …), experimentell und theoretisch untermauerter Grundlage; die Philosophie muß sich daran anschließen. Nicht umgekehrt. Daß naturwissenschaftliche Erkenntnisse nicht „ewig wahr“ sind, sondern sich entwickeln, ist eine andere Frage (siehe mein Kapitel 5). Aber man kann sich nicht einfach, ohne experimentelle Belege und theoretische Verallgemeinerung, hinstellen und behaupten, mit seiner eigenen, von physikalischen Grundlagen unabhängigen „philosophischen“ Vorstellungen „Zeit, Raum, Energie, Impuls, Substanz und Wirkung“ angemessen beschreiben zu können. Damit haben Sie mir klargemacht, daß eine Diskussion zwischen uns nicht zu einem Ergebnis führen kann.
Dann fragen Sie:
»“Worauf ich hinaus will: Von der Entropie kann man also erst sprechen, wenn es m i n d e s t e n s zwei Einzelobjekte gibt, die ein System bilden, vorher macht der Begriff keinen Sinn. Ich denke wir sind uns da einig. Sie müssen nur noch sagen, wo diese beiden Objekte zeitlos hergekommen sind, wenn die Entropie Voraussetzung ist, dass von Zeit gesprochen werden kann.“»
Ich schreibe das ja auch, daß man von Entropie erst sprechen kann, wenn ein System gebildet wurde, und zwar bestehend aus Materie und Energie (und Gravitation). Das ist alles erst aus dem NICHTS entstanden. Im NICHTS gibt es NICHTS, auch keine Zeit. Das, was dann Entropie aufweisen kann, ist zeitlos entstanden, und wie das geschehen sein könnte, haben E. Gunzig, J. Géhéniau und I. Prigogine beschrieben, ich habe deren Theorie auf S. 126 skizziert (Fußnote 58 dort), das scheinen Sie – wie manches andere – beim Querlesen übersehen zu haben. Ich sage nun, daß mit dem Entstehen von Entropie und Entropiefluß erst die Zeit entstand, und daß sie ein emergentes Phänomen ist. (Es gibt viele andere emergente Phänomene, z. B. Evolution.)
Aber, wie weiter oben gesagt: eine Diskussion lohnt sich nur, wenn man auf einer gemeinsamen Ausgangsbasis steht. Das scheint bei uns nicht der Fall zu sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute! Bernhard Weßling
Muss ich nicht wissen, woraus ein Wort besteht, bevor ich mit ihm so interagieren kann, dass ich seinem Inhalt in meiner Definition keinen Schaden zufüge, indem ich die Regeln seiner Definitionsform beachte? Leider bin ich wissenschaftlich nicht sonderlich versiert, doch im Umgang mit Worten versuche ich mich an die Vorgaben zu halten. Durch sie kann ich ihren Gehalt schöpfen, ohne damit andere in ihrem Umgang damit einzuschränken oder ihn gar selbst definieren zu wollen. Würde ich das tun, so verlören wir aneinander das Potenzial, das sich in seiner ursprünglichen Potenz als Mensch zeigen kann und auch will. Sicher gibt es Worte, die den wissenschaftlichen Diskurs erleichtern, da sie von der gleichen Erkenntnis aus verschiedenen Einheiten sprechen, doch die Dimension von Erkenntnis gewinnt erst durch ihre gemeinsame Sprache eine Bedeutung, der sie auch wirklich gewachsen ist. Anders gesagt, wie wollten Sie ein Wissen vermitteln, das ihnen zwar uneingeschränkt einleuchtet, anderen jedoch durch ihre formelle Sprache nicht zugänglich ist. Ich glaube, und das ist der springende Punkt, an die Einheit der Zeit und diese Einheit stelle ich den Daten gegenüber, aus denen unter anderem auch ihr Wissen hervorgeht. Damit gewinne ich durch die Zeit, in der ich lebe, Informationen, die in ihrer Einheit verifiziert, einzig durch die Sprache ins Leben finden, die aus eben dieser Einheit hervorgeht, da das Leben selbst keine Sprache mit sich bringt. Es liegt also an einer Bildung, die Sprache in der Einheit akzeptiert, die das Leben zum einen hervorbringt und zum anderen braucht, damit es als solches überhaupt verifiziert werden kann. Der Mensch bringt den Tod mit sich, den er durch den Glauben überwindet, der seinem Vorbild entspricht, indem er selbst zu diesem Vorbild wird. Damit stellt sich der Mensch seinem Gedächtnis in der Glaubensverantwortung, die zu diesem Gedächtnis führt, das in seiner Substanz und ihrer Einheit zur Sprache gebracht sein will. Ich nehme an, Zeit ist diese Substanz aus dem Gedächtnis, das der Mensch für sein Herz braucht, damit es zu einem Bewusstsein führt, dessen Existenz über seinen ewigen Bestand Zeugnis ablegen kann.
Um Ihre Ausführungen über den Zufall und die Zeit zu Wort zu bringen, braucht es seine Substanz, die in ihrer Einheit unbestritten ist und so kommuniziert werden kann, dass sie sein Gedächtnis ausspricht. So verliert das Wort nichts von seiner ursprünglichen Konsistenz, die sich aus seinem ersten Auftreten ergibt, und es mithilfe der Einheit unterscheiden kann, die sich aus Zeit ergibt. Das lässt mich wiederum vermuten, dass die Menschheit mit einem Gedächtnis arbeitet, das der Mensch verkörpert, der sein Herz an ihre Einheit bindet. Ehrlich gesagt ist es mir persönliche zu hoch, ein weiterführendes Verständnis aus ihren Worten zu erlangen. Da mein Wissen jedoch auf einem gewissen Vertrauen in die Wissenschaft basiert, hilft mir das dabei, wissenschaftlich versierte Aussagen nicht infrage zu stellen, sondern durch meinen Glauben vielleicht in ihren Annahmen so anzusprechen, dass dies innovativ wirken kann.
Hallo Herr Weßling,
ich glaube nicht, dass Zeit schon immer existierte. Es gab eine Situation ohne Zeit, so wie in einem gedachten lichtschnellen Bezugssystem theoretisch auch keine Zeit existiert. Ich bin aber der Meinung, dass – ohne dass man einen Zeitbegriff hat – nicht sinnvoll von „entstehen“ sprechen kann. Nicht ich, sondern S i e, lieber Herr Weßling, setzen voraus, dass Zeit schon besteht, weil Sie das von Ihnen beschriebene „Entstehen“ von der „Zeit“ formal und inhaltlich nicht trennen können. Nicht mehr und nicht weniger behaupte ich, natürlich nicht als Wahrheit, sondern als Argument in einer Diskussion mit Ihnen.
Ihre Behauptung auf Seite: 205:
„Zum andern aber muss man sich darüber klar werden, wie und wann Entropie entsteht: Sie geht einher mit (bzw. ist ein Nebenprodukt von) Energie− und Materieumsatz. Als das Universum begann, als zuerst Energie und zugleich Materie überhaupt erst entstand, konnte es vorher gar keinen Umsatz geben. Also war die Entropie sogar Null, genauer: nicht existent. Und auch dann erst, mit dem Entstehen der Entropie, begann die Zeit zu existieren.“
Und dann weiter auf Seite 210:
„Die Zeit entsteht durch das Fließen der Entropie. Die Entropieproduktion bzw. der Entropieexport aus offenen Systemen heraus führt zu einem Entropiefluss durch den dreidimensionalen Raum, wodurch die vierte Dimension der Raumzeit, die Zeit, gebildet wird. Die von uns gemessene Zeit ist proportional zur Entropieproduktion, zum Fließen der Entropie. Die Zeit ist eine Art Matrix, in der die Entropie fließt.“
Ich muss zugeben, dass ich Schwierigkeiten habe, das zu verstehen. Sie schreiben, dass Zeit durch das Fliessen der Entropie entsteht, andererseits ist die Zeit eine Art Matrix, in der die Entropie fließt. Also ist die Matrix des Flusses durch den Fluss selbst entstanden, oder Matrix und Fluss sind dasselbe? Die Physik sieht die Entropie als zeitabhängige veränderliche Größe an, mit der man eine universale Systemeigenschaft parametrisieren kann. Ob die Entropie sich nun vergrößert oder vermindert, ist dies nicht eine Frage der jeweiligen Systemgrenze? Sie schreiben ja selbst, dass man eine Systemgrenze wählen kann, so dass sich der zugehörige Entropiebetrag immer vergrößert (Universum), sich im Universum immer auch kleine Systeme finden lassen, in der sich der Entropiebetrag lokal mindert. Welcher Fluss ist denn nun gemeint. Die Gesamtfluss-Resultierende? Eine Gesamtflussresultierende haben Sie erst, wenn das Universum überhaupt erst einmal da ist. Langer Rede kurzer Sinn: Bevor Sie Entropie haben, muss doch erst einmal eine Veränderung von Ordnung in einem Bezugssystem möglich sein. Fluss von Entropie setzt doch ein raumzeitliches Bezugssystem voraus. Damit landen Sie wieder im Widerspruch, dass ein raumzeitliches Bezugssystem nicht Voraussetzung der für die Entstehung von Zeit ist, sondern deren Folge.
Sie erwidern nun, dass das der Fluss der Entropie in einem außerraumzeitlichen System bestehend aus Energie und Masse begonnen hat. Ohne dass Sie dieses System – eine Entstehung und seine Ausprägung – näher beschreiben, ist dies eine esoterische Behauptung. Es kann ja sein, dass es ein solches System gegeben hat. Ich habe zwar gelernt, dass die Energie eine Erhaltungrösse ist, die definiert ist auf Grund einer kontinuierlichen Symmetrie in der Raumzeit. Vorraumzeitlich ist dann gar kein Energiebegriff bildbar. Aber vielleicht meinen Sie ja eine andere Energieart, aber die ist ohne genauere Beschreibung ebenfalls eine esoterische Bildung. Sie müssen halt, wenn Sie dem üblichen Vorwurf der Esoterik entgehen wollen (den ich übrigens nicht als garstig empfinde, Esoteriker sind sehr nachdenkliche Leute), eine genaue Beschreibung, möglich eine Erklärung, geben, von dem was Sie unter diesem vorraumzeitlichen Zustand verstehen. Ich glaube, dass dies mit den Begriffen der Physik nicht machbar ist, die Physik hätte dies in ihren Urknallmodellen längst getan. Dabei gibt es in der Physik zum Beispiel zahlreiche zeitlose Phänomene, wie zum Beispiel die Kraftentstehung in einem Feld oder das berühmte quantenmechanische Messproblem. Es wäre also andere Zeit, hier Klarheit zu schaffen, was nicht geschieht, was aber im Rahmen Ihres Buches und Ihrer zentralen Thematik gut gepaßt hätte,
Sie schreiben ja auch eindringlich, dass Sie das Wesen der Zeit erklären wollen. Das Wesen der Zeit ist aber dasselbe wie das Wesen des Raumes: Raum und Zeit sind nichts weiter als Abstände (die Menge aller möglichen Raum- und Zeitstrecken). Raum und Zeit bilden einen Ordnungsrahmen, in dem alle Objekte mit äußeren Grenzen auf „Abstand“ gehalten werden. Dier Ordnungsrahmen verhindert, dass zwei Objekte nicht gleichzeitig an derselben Raumzeitstelle vorkommen können, sodass man sie individuieren kann (mit Ausnahme: die Bosonen, die sind lichtschnell und befinden sich nicht diesem Ordnungsrahmen. Kleiner Nebensatz: von den Bosonen gibt es im Universum10 Mio mal soviel wie Fermionen. Das Universum leistet sich einen raumzeitlichen Ordnungsrahmen mal gerade für ein 10Millionstel seiner Anteile, man soll das Problem seiner Bildung also nicht überschätzen). Man kann die Entstehung von Raum und Zeit zum Beispiel so verstehen, dass die „allgemeinen Abstände“ der Gegenstände in der vorraumzeitlichen Phase durch Wechselwirkung auf zeitliche und geometrische Abstände reduziert wurden (zur Erklörung: es gibt einen allgemeinen Abstandsbegriff, wie Abstand zwischen Arm und Reich, oder Abstand von oben nach unten in einer Hirarchie, oder auf Abstand halten zur Bildung eines Unterschieds). Die Physik hält für diesen „Entstehungsvorgang“ von Raum und Zeit aus Wechselwirkung sogar Grundgleichungen bereit, in denen man primär nicht-raumzeitliche Parameter als Zeit- und Raumabstände deuten kann. Man kann also über die Entstehung der Raumzeit ganz viel ganz Unterschiedliches schreiben, und alles wird irgendwo Aspekte des Vorgangs mehr oder weniger erklärungstief beleuchten. Der Vorgang der Entropieänderung ist ja tatsächlich fundamental mit dem Zeitbegriff verbunden, genauso wie der dialektisch zu Ihrem Entropiefluss vorhandene „Drang“ allen Geschehens hin zum Gleichgewicht, wenn man das Geschehen sich selbst überlässt. Alle, wirklich A L L E isolierten Systeme streben zum Gleichgewicht, zu einem Zustand minimaler Entropie, das hat auch etwas mit einer unumkehrbaren (Zeit-)Richtung zu tun. Den Entropiebegriff aber zu erhöhen, und die „Matrix“, die den Fluss der Entropie ermöglicht, als Zeit oder das Wesentliche der Zeit zu bezeichnen, scheint mir nicht angebracht, da Sie zu viel Unschlüssiges voraussetzen, bzw. für Ihre tiefgreifenden Voraussetzungen keine Begründung liefern.
Sie sehen, welche Mühe ich mir gebe, Ihre Gedanken und Texte zu verstehen und gründlich und ausgewogen zu kommentieren. Daher verstehe ich nicht, dass Sie mich als Gesprächspartner nicht weiter haben wollen. Wir könnten doch einmal darüber reden, wie aus dem Nichts Energie und Masse entstanden sind.
Es freut mich weiterhin von Ihnen zu hören und grüße Sie herzlich
Bernd Stein
Wenn die Zeit nicht schon „immer“ existiert (was ich ja auch sage), dann beginnt sie irgendwie, und irgendwann bei t = 0. Entropie ist keine, wie Sie schreiben, „zeitabhängige veränderliche Größe“, sondern Entropie ist definiert in der Chemie mit dH = dQ – TdS, da ist kein Zeit-Termin drin. Auch in der Boltzmann-Definition S = kln P gibt es keinen Zeit-Term.
Wenn ich sage, daß die Zeit mit dem Fließen der Entropie entsteht und gleichsam das Flußbett für’s Fließen der Zeit ist, sage ich auch, daß dieses Flußbett (oder die Matrix, in der die Entropie fließt) mit dem Fließen der Entropie entsteht. Überall, wo keine Entropie fließt, gibt es auch keine Zeit.
Ich wiederhole mich noch einmal (aber jetzt zum letzten Mal), daß ich beschrieben habe, abgestützt auf Prigogine et al., wie (nach deren Theorie) Materie und Energie ohne Urknall entstanden sein könnte. In dem „Augenblick“ t = 0, als Materie entstand (also nicht die Quanten!), entstand auch die Zeit, und zwar durch den Fluß der Entropie.
Sie schreiben:
„Alle, wirklich A L L E isolierten Systeme streben zum Gleichgewicht, zu einem Zustand minimaler Entropie, das hat auch etwas mit einer unumkehrbaren (Zeit-)Richtung zu tun.“ Ja, aber Sie haben offenbar nicht mitbekommen, daß mein ganzes Buch, wie übrigens die ganze Welt, aus OFFENEN und nicht aus isolierten, abgeschlossenen Systemen besteht. Und davon handelt die Nicht-Gleichgewichts-.Thermodynamik in die ich mit meinem Buch einführe.
Sehr geehrter Herr Stegmann,
ich will keine Kausalität erklären, weil ich das nicht kann, das kann niemand.
Intrinsische Eigenschaften kommen ideaisierten Modellobjekten zu, wie Gegenstände in freier Bewegung oder wechselwirkungsfreier Umgebung. So etwas kommt in der Realität nicht vor. Alle Gegenstände sind nur durch Wechselwirkung epistemisch zugänglich, einen Baum und ein Auto können Sie nur erkennen, weil sich das Licht an ihnen streut und ein Quantenobjekt nur, wenn es eine Wechselwirkung mit einem Meßgerät eingeht. Und nur durch diese Wechselwirkung zeigen die Gegenstände was sie sind. Wie soll denn ein Gegenstand zu seiner intrinsischen Bestimmung kommen? Ist er einfach mit Masse und Spin entstanden? Oder ist er mit der Fähigkeit der Wechselwirkung entstanden und mit dieser zu seinen Eigenschaften gekommen. Über diese Fragen habe ich auf dieser Website einen Beitrag verfasst und ich möchte Sie bitten, die Frage, ob dort Unsinn steht oder nicht, dort und nicht hier zu diskutieren.
Was den relationalen Charakter physikalischer dynamischer Größen wie Energie und Impuls anbetrifft, so ist dies eine physikalische Binsenweisheit, die man schon in der Oberstufe der Gymnasien lernt: alle diese Größen hängen vom Bezugssystem ab, sie sind nicht einmal Galilei-invariant, jeden Energiewert, jeden Impulswert kann ich durch Wechsel des Bezugssystems auf Null bringen. Und Sie behaupten, das sind keine relationalen Größen?
Freundliche Grüße
Bernd Stein
Lieber Herr Stein,
Sie schreiben: „Was den relationalen Charakter physikalischer dynamischer Größen wie Energie und Impuls anbetrifft, so ist dies eine physikalische Binsenweisheit…“
Sie wissen aber schon, dass dies lediglich Begriffe, also Interpretationen oder Konstrukte sind, um die Welt beschreibbar zu machen. Was wir phänomenologisch wahrnehmen, sind weder Energie noch Impuls, sondern Objekte der mesoskopischen Welt. Und dort reden wir von Objekten. Und diese Objekte üben kausale Kraft aus (und sind natürlich analytisch beschreibbar). Es sind die Objekte unserer Lebenswelt, mit denen wir uns auseinandersetzen. Alles andere ist theoretisches Konstrukt.
Ich bin übrigens der Auffassung, dass das Universum aus einem Quantenfeld besteht, welches sich in der Mesoskopie zu ‚Objekten‘ verdichtet. Dass wir dieses Quantenfeld nicht verstehen, liegt daran, dass wir eben in einer mesoskopischen Welt leben. Würden wir in einer mikroskopischen Welt leben, sähen wir womöglich ein Teilchen in einem Feld, so wir wir einen Wassertropfen in einem See sehen können, sobald wir mit dem Finger hineinfassen.
Wie gesagt, die Vorstellung, einen logischen Satz auf das ganze Universum anzuwenden, also zu verallgemeinern, halte ich für eine philosophische Halsstarrigkeit, daher lehne ich den Strukturenrealismus ab.
Wenn wir allerdings über Leben reden, kommt noch eine ganz andere Dimension hinzu, nämlich die, dass Leben eine völlig neue Organisatiopnsform von Materie darstellt, aber das ist wieder eine andere Diskussion.
zu Herrn Stein betr seine Aussage
„Gegenstände in freier Bewegung oder wechselwirkungsfreier Umgebung. So etwas kommt in der Realität nicht vor. Alle Gegenstände sind nur durch Wechselwirkung epistemisch zugänglich, einen Baum und ein Auto können Sie nur erkennen, weil sich das Licht an ihnen streut und ein Quantenobjekt nur, wenn es eine Wechselwirkung mit einem Meßgerät eingeht. Und nur durch diese Wechselwirkung zeigen die Gegenstände was sie sind. Wie soll denn ein Gegenstand zu seiner intrinsischen Bestimmung kommen?“
Es ist aber nun mal so, daß die Gegenstände (Objekte) auch da sind, wenn wir sie nicht wahrnehmen. Nur unsere Wahrnehmung erfordert eine Wechselwirkung mit etwas, was wir wahrehmen oder messen können, und sei es, daß wir es mit einer Technologie messen, die noch vor 10 oder 20 Jahren undenkbar wahr (Messung von Gravitationswellen).
– Die schwarzen Löcher wären auch verschmolzen, wenn wir es nicht wahrgenommen hätten, und sehr oft können wir nur die Folgen von Ereignissen wahrnehmen. Und viel mehr, als wir wahrnehmen oder messen können, hat stattgefunden und findet ständig statt.
zu Herrn Stegemann betr seine Aussage
„Ich bin übrigens der Auffassung, dass das Universum aus einem Quantenfeld besteht, welches sich in der Mesoskopie zu ‚Objekten‘ verdichtet. Dass wir dieses Quantenfeld nicht verstehen, liegt daran, dass wir eben in einer mesoskopischen Welt leben.“
Ich weiß nicht, warum Sie sagen, daß wir in der „mesoskopischen Welt leben“, denn im allgemeinen (natur)wissenschaftlichen Sprachgebrauch ist „mesoskopisch“ der Bereich zwischen atomaren Clustern und etwa 1 Mikrometer, also letztlich im Nanometer-Maßstab.
Dann schreiben Sie weiter:
„Würden wir in einer mikroskopischen Welt leben, sähen wir womöglich ein Teilchen in einem Feld.“
Nein, ganz bestimmt nicht, denn der „mikroskopische“ Bereich der Welt ist, wie der Begriff es schon sagt, der Bereich zwischen etwa 1 und einigen Dutzend Mikrometern, das, was wir mit einem Mikroskop sehen können. Darüber ist es die makroskopische Welt (und darin leben und sehen wir mit unseren unbewaffneten Augen).
Die Quanten bilden die Atome, und die Dekohärenztheorie erklärt, warum wir in der meso-, mikro- und makroskopischen Welt keine Quantenphänomene mehr direkt feststellen können (sondern nur in extrem gezielt konstruierten Schutzräumen mit sehr viel Aufwand).
Auch das erkläre ich in meinem Buch „Was für ein Zufall! Über Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit“ (siehe http://www.bernhard-wessling.com/was-fuer-ein-zufall)
Zitat.“Der Mikrokosmos ist die Welt des winzig Kleinen, im Gegensatz zum Makrokosmos, der Welt des riesig Großen.
Dazwischen liegt der vom Menschen direkt wahrnehmbare Bereich, der Mesokosmos.“
Aber spielt die Auslegung eine Rolle???
Ich weiß nicht, von wem das Zitat ist, und die Auslegung spielt sicher keine Rolle. Ich habe ja nur kommentiert, wie in der Physik bzw allg den Naturwissenschaften makro-, mikro- und mesoskopisch definiert ist, und daß die Quantenwelt eben nicht die mikroskopische Welt ist sondern mehr als 1.000 Größenordnungen (!) kleiner ist. Eigentlich können wir den Quanten gar keine Größen im Sinne von Mikro- oder Nanometern zuordnen. Ich bin halt immer (wo es geht) für klare und einheitliche Begriffe.
Hallo Herr Weßling,
natürlich gibt es die Objekte unabhängig von uns und unserer Beobachtung. Aber w i r beschreiben die Objekte in unseren Theorien und w i r ordnen ihnen Eigenschaften zu, um sie zu individuieren und zu klassifizieren. Die Frage ist, wo nehmen wir das Wissen über eine Eigenschaf her, warum geben wir einem Gegenstand genau diese Eigenschaft, warum nennen wir diese so und nicht anders. Die Antwort lautet: weil wir das Ergebnis von Wechselwirkungen in einem Eigenschafsbegriff sehr effektiv zusammenfassen können. Eigenschaften sind daher nicht fundamental, wie die Philosophie jahrtausendelang geglaubt hat, sondern reduzierbar auf Schlussfolgerungen aus Wechselwirkungsprozessen.
Diese Frage hängt ganz eng mit dem quantenphysikalischen Meßsystem zusammen. Denn vor einer Messung können wir einem Quantenobjekt – anders als einem klassischen Objekt – keine Eigenschaft und keinen Ort zuordnen. Es geht einfach nicht, denn die Theorie sagt uns nichts, null komma garnichts darüber, welche Eigenschaften das Objekt hat, und beobachten können wir es nicht. Aber nach der Wechselwirkung des Quantenobjekts mit dem Messgerät „hat“ das Quantenobjekt eine gemessene oder beobachtete Eigenschaft. Will man dem Objekt einen Zustand zuordnen, dann springt es sozusagen aus einem unbestimmten Zustand in einen bestimmten (das heißt definierten) Zustand. Es „eignet“ sich eine Eigenschaft an, weil wir jetzt wissen, welche Eigenschaften es hat. Und dies übrigens instantan, zeitlos, ohne das es eine physikalische Theorie gäbe, die dies beschreibt. Es ist ein vollkommen unverstandener zeitloser „Prozess“ (ein Widerspruch in sich), den die Physik (und auch sonst kein Mensch) nicht versteht.
Also: natürlich existiert das Quantenobjekt vor der Messung in einer Apparatur, aber um es zu verstehen, müssen wir ihm eine Bestimmung geben, die nicht willkürlich oder beliebig sein kann, sondern einen Grund haben muss. Wenn Sie einen solchen Grund wissen, teilen Sie uns diesen mit. Die Behauptung, die beobachtbaren Wechselwirkungen sind es, die uns erlauben, den Gegenständen zutreffende Bezeichnungen zu geben, ist nur ein Vorschlag. Wenn Sie einen anderen haben, hören wir den gerne.
Natürlich gibt es Leute, die behaupten, ein Gegenstand hat diese oder jene Eigenschaften einfach so, ist sozusagen aus dem Nichts mit diesen Eigenschaften entstanden (z.B. mit einer Masse). Das ist glaube ich auch Teil Ihrer Theorie der Zeitentstehung. Das sind dann intrinsische Eigenschaften. Die intrinsische Eigenschaft Masse hat aber nicht ins Standardmodell hinein gepaßt. Erst nachdem Higgs und andere eine Theorie aufgestellt hatten, in der masselose Objekte mit deinem Äther wechselwirken und dadurch wenigstens eine träge Masse kriegen, hat man es in das Modell einigermaßen integrieren können. Gegenständen intrinsische Massen zuzuordnen ist reine Bequemlichkeit bei der Theoriebildung – behaupte ich. ich hoffe ich kriege ernsthaften Widerspruch, weil das Thema von sehr fundamentaler Bedeutung ist.
Hallo Herr Stein,
Sie schreiben, „..,, dass es relationale Größen sind, es sind n i c h t intrinsische Eigenschaften, sondern Beschreibungsgrößen von Systemen.“
Wenn Sie überall nur relationale Größen sehen, wie wollen Sie dann Kausalitäten erklären? Wenn Sie mit dem Auto gegen einen Baum fahren, dann gibt es zwei Objekte, deren intrinsische Eigenschaften Sie genau beschreiben können. Und: Das Objekt Auto hat das Objekt Baum (und sich selbst) beschädigt. Es ist kompletter Unsinn, zu sagen, A hat eine Wirkung auf B, und im gleichen Atemzug zu behaupten, es gäbe gar kein A und B bzw. A und B wären nur aus der Beziehung zwischen beiden erklärbar. A existiert und lässt sich beschreiben, ohne dass es von B tangiert wird. Ich halte diesen Relationismus für groben philosophischen Unsinn.
Wenn ich übrigens von Struktur als Merkmal des Lebendigen spreche, meine ich genau diesen Relationismus nicht. Dort existieren die Objekte (Moleküle) auch ohne, dass sie ins Leben eingebunden sind. Leben lässt sich nur eben nicht durch sie atomistisch erklären. Der Relationismus begeht hier einen Kurzschluss, würde man ihn ausargumentieren, sähe man, dass er sinnlos ist.
Das ist genau der Fehler, der begangen wird, wenn man von einem logischen Satz ausgeht und diesen dann ontologisch zu einer Allaussage verallgemeinert. Das ist assouiative Philosophie, keine analytische. Dann kommt man auch auf die Idee, die Welt besteht aus Quantenfeldern. Bei einem Autounfall spielen Quantenfelder keinerlei Rolle, ihre Veränderung ist bestenfalls Folge dieses Ereignisses. Genau aus diesem Grund sind alle quantenmechanischen Erklärungen des Bewusstseins esoterischer Unsinn.
Dear B G.,
i am not the author, but i also have an opinion on the subject, so i would like to respond to your comment.
Yes, that is indeed how you could define time. However, I think measuring the „flow of cause/effect“ is very problematic. Modern physics to this day has no precise definition for time. It would be still the „time“ ripe for a New Metaphysics, as Alfred North Whitehead had proposed it already a long „time“ ago.
By the way, I don’t consider the concept of entropy to be useful either, because for me it is rather a statistical phenomenon.
Moreover, the subjective perception of time is a completely different shoe than the concept of time in physics. Here one must separate very cleanly.
Thank you for your interest and
many greetings
Philo Sophies
sorry, „Philo Sophies“, I don’t know whom you are replying to by saying „dear B. G.“, I am not B. G.“, but I am the author.
re „what is the nature of time“, I am not talking about „flow of cause/effect“, but „entropy flow“ or „flux“. And sure, what I am proposing, is a new hypothesis which can and should be debated. Bit it has nothing to do with „flow of cause/effect“.
Then you say „I don’t consider the concept of entropy to be useful either, because for me it is rather a statistical phenomenon.“ It is not a statistical phenomenon, but Boltzmann had introduced a statistical interpretation of the entropy which is S = k*ln P. But that is not the true deep nature of entropy, it is a description using statistical methods.
The true nature of entropy is TdS = dQ/T (S being the entropy), i.e.,entropy is a thermodynamical phenomenon, with the dimensions J/K, hence some „energy/temperature“.
I think, before refusing to accept some thermodynamic phenomenon, one should study thermodynamics, isn’t it?
The units of entropy, that is, J/K, are unnecessary for entropy. The units J/K (energy and temperature) in the original definition of entropy are nothing but a historical accident. The units’ origin is rooted in the pre-atomistic era of thermodynamics.
Temperature was defined earlier than entropy, and earlier than the kinetic theory of heat.
Later, when temperature was identified as a measure of the average kinetic energy of atoms, keeping the former unit of K (Kelvin) was no longer required.
For example, Ben-Naim suggested to redefine temperature by T̄ = kT. Thew new temperature T̄ has the units of energy and there would be no need for the Boltzmann constant k. Hence, entropy would be S = ln W. Consequently, this would render entropy a dimensionless state function.
Hi Mr. Weßling,
i do not understand the above formula TdS = dQ/T.
If S ist the entropy and T is the temperature and Q is the energy, then S hat the dimension energy/temperature².
The physical aspect of the entropy S is „flux of energy rated by temperature“ not rated by temperature².
many greetiungs
Bernd Stein
sorry, it was a typo, it must read: dS = dQ/T
Die gesamte Diskussion leidet, wie die ‚moderne‘ Wissenschaft überhaupt, an einem illusionären Zeitbegriff. In der klassischen Physik gibt es keine Zeit, nur einen Parameter t, der es gestattet, einen Wissenskörper sequentiell zu beschreiben und zu bearbeiten. Ein parallel-prozessierendes grünes Männchen vom Mars, würde diesen Parameter t nicht benötigen. Die klassische Physik ist buchstäblich zeitlos. Erst mit der Physik des 20. Jahrhunderts gewinnt dieser Parameter t die Bedeutung einer geschichtlichen Zeit. Das Naturgesetz degeneriert in der Folge zum Modell und die Wissenschaft zum Narrativ (Big Bang, Alice and Bob…). Der althergebrachte Begriff für Narrativ ist Märchen, und genau wie das Märchen hat auch die ‚moderne‘ Wissenschaft keinen Gegenstand im Hier und Jetzt. In der Folge orakelt sie über die Vergangenheit, die Zukunft und das unerreichbare Nicht-Hier im Größten und Kleinsten.
Geschichtliche ‚Zeit’ existiert ausschließlich als Abweichung von der Erwartung, als zunächst inhaltsloser Event. Klassisch führte dieser ggf. zu neuen Prinzipien (Naturgesetzen). Es dauerte z.B. zweitausend Jahre bis Newton die Bewegung als Prinzip aus der falschen! Aristotelischen Auffassung als Geschehen in historischer Zeit befreite. Heute hingegen führt die Abweichung von der Erwartung zur Anpassung des Narrativs, d.h. zur Anpassung des Modells. Dieser permanente Wandel ist unvermeintlich weil die Zukunft unbedingt offen ist. Das aber bedeutet, daß heutige Wissenschaft auf immer der ‚Zeit‘ hinterherhinkt. Die Abweichung von der Erwartung wird zur Methode – fail, fail better, keep on failing.
Hallo Herr Luediger,
ich habe einige Ihrer Artikel im Internet gelesen und wollte Sie fragen ob ich Sie bezüglich Ihrer Position zur Zeit richtig verstehe, wo Sie gerade hier sind. Wollen Sie sagen dass Zeit keinen ontologischen Status hat bzw. nicht existiert, das es sich bei der Zeit rein um eine instrumentalistische Größe handelt? Falls Sie das meinen sollten: in die Richtung tendiert mein Denken über Zeit ebenfalls.
Über welche Zeit reden Sie? Es gibt verschiedene Zeiten.
1. Die Raumzeit des Universums, aus der man sowohl Zeit wie Raum analytisch herauslösen und beschreiben kann.
2. Die quantenmechanische Zeit, die für uns genauso unscharf ist, wie die Quantenwelt selbst
3. Unsere subjektive Zeit, die unser Gehirn generiert, schließlich transformiert unser Gehirn Realität in unsere neuronale Realität. Und nur diese letztere existiert für uns.
Die Welt ist für uns mesoskopisch und hier ist die phänomenale Zeit real. In der makroskopischen Welt existiert die Raumzeit, die sich am Ende schließlich in nichts auflösen wird.
Die mikroskopische Welt ist unscharf, da wir sie nicht ’sehen‘ können. Wenn wir messend eingreifen, verändert sie sich. Wären wir so klein wie ein subatomares Teilchen, würden wir dieselben Kausaliäten und Zeiten sehen, wie wir in unserer mesoskopischen Welt.
Die Zeit pauschal abzulehnen, ist falsch. Es widerspricht nicht nur der Physik, sondern auch unserem Erleben. Es gibt aber keine einheitliche Theorie der Welt, keine ToE, keine Vereinigung der drei Welten bzw. ‚Zeiten‘. Es gibt immer nur den Zustand, den wir transformieren.
Sehr geehrter Herr Dr. Stegemann,
ich finde es extrem schwierig, ein so komplexes Thema auf einem Blog zu diskutieren, während (zumindest nach dem, was ich erkennen kann) Sie mein Buch „Was für ein Zufall! Über Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit“ gar nicht kennen – dort habe ich im 7. Kapitel meine neue Hypothese entwickelt, und diese beruht ja auf dem, was ich über Komplexität und Unvorhersehbarkeit in den Kapiteln zuvor entwickelt habe.
Unsere subjektive Zeit diskutiere ich im 8. Kapitel, und daß Quanten zeitlos sind, diskutiere ich im Verlauf des Buches (v.a., im 7. Kapitel) ebenfalls.
Ich beschreibe und erkläre, warum es meiner Ansicht nach keine universelle, sondern im Prinzip nur eine lokale Zeit gibt.
Ich kann mein Buch hier nicht wiederholen. Sie können sich hier (www.bernhard-wessling.com/was-fuer-ein-zufall) und hier (auf der Verlagsseite: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-37755-7) über mein Buch informieren, und Sie werden feststellen, daß es um viel mehr geht als „nur“ die Zeit.
Mein Kommentar bezog sich nicht auf Ihr Buch, sondern auf den Kommentar von Herrn Luediger, der sagt, Zeit wäre eine Illusion.
Cher C. M.,
merci beaucoup pour votre commentaire intéressant. J’ai également relu l’allégorie de la caverne de Platon et j’ai trouvé ceci :
„Or, disais-je, cher Glaucon, tu dois relier toute cette image à ce que j’ai dit précédemment, assimiler la région qui nous apparaît par le visage à la demeure dans la prison, et la lueur du feu qui s’y trouve à la force du soleil ; et si maintenant tu poses l’ascension et la contemplation des choses supérieures comme l’ascension de l’âme dans la région de la connaissance, ce qu’est ma foi ne t’échappera pas, puisque c’est cela que tu désires connaître. Dieu peut savoir s’il a raison ; ce que je vois du moins, je le vois de telle sorte que, parmi toutes les choses connaissables, on aperçoit en dernier lieu, et avec peine, l’idée du bien ; mais quand on l’a aperçue, on la reconnaît aussitôt comme étant pour tous la cause de tout ce qui est juste et beau, produisant dans les choses visibles la lumière et le soleil dont elles dépendent, mais dans les choses connaissables, elle seule, en tant que souveraine, produit la vérité et la raison, et que, par conséquent, quiconque veut agir raisonnablement, que ce soit dans ses propres affaires ou dans les affaires publiques, doit la voir. (Politeia, 7e livre 106. c) Explication et application de l’image).
Pour transposer cette image un peu plus actuelle au débat sur le réalisme dans les sciences, mais en restant dans la parabole, nous sommes assis dans notre caverne (monde) avec notre monde d’idées/représentations (ombre sur le mur). Les entités sont soit projetées sur le mur par une petite étincelle sous la forme d’une bougie (mythe), sous forme d’ombres et de floues – donc interprétables et soumises à la foi. Ou bien, à l’autre extrême, nous recevons les choses sur le mur avec un projecteur halogène (logos), de sorte que l’on ne peut plus reconnaître l’essence des choses (pour autant qu’elle existe encore) à force d’objectivité. Nous avons suffisamment de lumière pour distinguer les plus petits détails sur le mur et au loin. Mais ce n’est que grâce à la métaphysique que nous parvenons à localiser les différentes sources de lumière et peut-être à trouver les prises de courant correspondantes.
Quoi qu’il en soit, je suis d’avis que nous ne pouvons pas voir à l’extérieur de la caverne, nous ne remarquons même pas que nous sommes assis dans la caverne (ce qui est déjà discutable à ce stade, car on ne pourrait pas vraiment se poser de questions à ce sujet). De temps en temps, il y a peut-être un rayon de lumière supplémentaire qui tombe du plafond (ou d’ailleurs), que l’on peut remarquer ou non, mais dont on ne peut pas vraiment vérifier la source.
C’est pourquoi ces points de vue ne font pas de nous des „maîtres et possesseurs de la nature“, mais seulement des observateurs de celle-ci en tant que principe anthropique. Hans Blumenberg a dit un jour qu’en fin de compte, toutes nos recherches ne nous permettent pas de „découvrir“ la nature, mais seulement nous-mêmes.
Quoi qu’il en soit, je ne le sais pas non plus avec certitude,
Mais je vous souhaite certainement une bonne période de l’Avent.
Erst jetzt stosse ich auf Ihr schönes Buch über den Zufall und die Selbstorganisation. Vielen Dank, dass Sie die Diskussion über dissipative und Nichgleichgewichtsstrukturen aufrecht erhalten. Meines Erachtens basieren die meisten Probleme und Krisen unserer Zeit in der Überforderung durch die enorme Komplexität, die die Menschen in den letzten Jahrzeht geschaffen haben, aber nicht verstehen. Leider wird Komplexitätsmanagement in Politik- und Managementausbildungen nicht gelehrt.
In den 80er und 90er Jahren habe ich neben Jantsch‘ „Die Selbstorganisation des Universums“ auch die Bücher von Ilya Progogine gelesen und danach als selbstständiger Berater in komplexen Projekten versucht, die Nichtgleichgewichtstheorie anzuwenden. Mein Hauptproblem war immer, die „richtigen“ Variablen (Dimensionen) zu finden. Ich hatte das Benard-System im Kopf, das ich oft experimentell nachvollzog und sogar in einem Change Management Kurs, den ich an der Uni ZH erteilte, den Studenten vorführte. Leider sind die drei Variablen, die in den Lorentz-Gleichungen vorkommen, sehr abstrakt und gehen aus anderen Variablen hervor, die vorher in den Navier-Stokes und Wärmeleitungsgleichungen auftauchten. Es gelang mir auch nur qualitativ nie, in einem komplexen Projektsystem eine ähnliche Variablenwahl zu finden.
Dann begann ich, meine komplexen Systeme mir System Dynamics à la J.W.Forrester zu modellieren. Dort konnte ich aus der Beschreibung des Projektsystems direkt nicht-lineare Differentialgleichungen herleiten und zusehen, wie sich das System entwickelt.
Meine Gedanken habe ich in meinem Blog (der damals noch „Komplexität in Management udn Gesellschaft“ hiess) aufgeschrieben und in meinem Buch „Projektdynamik – Modelle für komplexe Umgebungen“ verarbeitet. Heute halte ich meinen Blog etwas breiter.
Erst vor Kurzem habe ich jedoch über den Zufall gebloggt, nachdem sowohl Frau Hossenfelder als auch Herr Lesch in Huldigung des Laplaceschen Dämons einen harten Determinismus vertreten….und das im 21. Jahrhundert! Hier bin ich ganz Ihrer Meinung, dass es durchaus einen makroskopischen Zufall gibt. Nichtgleichgewichtssysteme werden durch nichtlineare Differentialgleichungen beschrieben. Da gibt’s Singularitäten, über die hinaus Lösungen nicht einfach fortgesetzt werden können!
Nachmals herzlichen Dank für Ihr schönes Buch, sehr genussvoll zu lesen ist!