Quantenjahr

Beitrag zum „Quantenjahr 2025“

Beitrag zum „Quantenjahr 2025“

Vorwort

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zur Geburtsstunde der „Quantenmechanik“ im Jahre 1925, hat die UNESCO 2025 als „International Year of Quantum Science and Technology“ ausgerufen. Aber wie das mit solchen „UNESCO Jubeljahren“ häufig so ist, sie gehen im „medialen Mainstream“ unter, besonders wenn es sich um solch „schwerverdauliche Kost“ wie die Quantenmechanik handelt.

Umso froher war ich daher, dass der befreundete WissenschaftblogAkademie Olympia einen Beitrag zu diesem Thema aktuell verfasst. Der wissenschaftshistorische Text sollte mittels ChatGPT leicht provokativ gewürzt“ und „populärer“ gestaltet werden, damit er der geneigten Leserschaft vielleicht ein wenig bekömmlicher wird. Einen Vorschlag übertrieb ChatGPT zu unserer Belustigung. Diese Variante soll nun hier veröffentlicht werden. Denn was sollte gegen eine „fröhliche Wissenschaft“ im Sinne Nietzsches entgegen gehalten werden, wenn sie unterhaltsam informiert. Aber kommen wir nun lieber zum Inhaltlichen:

Zum Quantenjahr 2025

Schrödingers Quantensprung 1926: Vom Teilchen-Wahnsinn zur Wellenvernunft?

Das „Quantenjahr 2025“ ist ausgerufen. 100 Jahre Quantentheorie – ein Jahrhundert wissenschaftlicher Fortschritt, aber auch ein Jahrhundert Missverständnisse, Deutungsgefechte und manchmal blankes Staunen. Warum eigentlich 2025? Max Born und Werner Heisenberg verbannten in diesem Jahr das Elektron von seiner Bahn. Kein klassischer Tanz um den Atomkern mehr. Stattdessen: Matrizen, Messwerte, Mathematik pur. Ein radikaler Schnitt mit der Vorstellbarkeit.

Doch der eigentliche Befreiungsschlag kam 1926: Erwin Schrödinger lieferte die wellenmechanische Gleichung. Und mit ihr einen neuen Blick auf die Quantenwelt – sanft, schwingend, fast poetisch. Während Born und Heisenberg das Elektron zu einem Schatten seiner selbst machten, stellte Schrödinger es als stehende Welle in den Mittelpunkt. Kein Sprung, kein Spuk, keine Statistik. Nur Physik.

Bahnen ins Nichts: Die Krise des Bohrschen Modells

Bohrs Atommodell von 1913 war ein Notbehelf. Elektronen auf definierten Bahnen sollten erklären, warum Atome Licht in ganz bestimmten Farben aussenden. Aber die Theorie hinkte: Elektronen sollten eigentlich Energie abstrahlen und in den Kern stürzen. Warum sie es nicht taten? Tja, das wurde mit „Quantensprung“ erklärt. Klingt heute spektakulär, war damals ein Eingeständnis der Ratlosigkeit.

Zehn Jahre lang versuchte man verzweifelt, Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Doch je mehr man vom Elektron wissen wollte, desto weniger wusste man eigentlich. Max Born schrieb über eine „Krise der Physik“ – und meinte das durchaus ernst.

Heisenberg macht Schluss mit lustig

1925 dann der Befreiungsschlag: Heisenberg setzte das Elektron auf Diät. Keine Bahn, kein Ort, keine Vorstellung. Nur noch das, was gemessen werden kann. Mathematisch brillant, philosophisch gewagt. Die klassische Physik, die noch an Dinge glaubte, musste passen. Es zählten nur noch sogenannte Observablen.

Born, Heisenberg und Jordan lieferten bis Jahresende ein Rechenmodell, das funktionierte. Der Erfolg gab ihnen recht. Und das war vielleicht das größte Problem: Erfolg verdrängte Verstand.

Schrödinger kontert mit Klang

Zum Glück war da noch Schrödinger. Inspiriert von de Broglies Idee, dass Teilchen sich wie Wellen benehmen könnten, schuf er eine Gleichung für stationäre Wellen im Atom. Plötzlich machte alles Sinn. Die seltsame Quantelung war nichts Mystisches mehr, sondern eine natürliche Konsequenz von Randbedingungen – wie bei einer Geigensaite, die nur ganz bestimmte Töne erlaubt.

Das war keine Kapitulation vor dem Unverständlichen. Das war ein Triumph der Anschaulichkeit. Max Planck war begeistert. Endlich schien die Quantenwelt wieder greifbar.

Doch Schrödingers Triumph war kurz. Born reinterpretierte seine Gleichung: Nicht reale Wellen, sondern Wahrscheinlichkeiten. Schrödingers sanfte Schwingung wurde zur nebulösen Möglichkeit. Und die Kopenhagener Schule um Bohr setzte sich durch.

Kritiker im Abseits

Einstein wetterte. Popper warnte. Schrödinger schwieg. Die Kritiker wurden zu Rufern in der Wüste. Popper sprach von einem „Schisma der Physik“. Doch gegen die Kopenhagener Armada hatten selbst brillante Einzelkämpfer wenig Chancen. Der Mainstream hatte sich festgelegt: Widersinn ist erlaubt, solange die Gleichung stimmt.

Spuk adé: Schrödingers Erbe

Und doch: Das Doppelspaltexperiment, das angeblich das Teilchen in zwei Hälften teilt, wird banal, wenn man sich von der Teilchenidee löst. Photonen und Elektronen sind keine Billardkugeln, sondern Feldphänomene mit Schwingungskern. Keine Zauberei, nur Physik. Und der Zufall? Der liegt im Zerfall der Schwingung – nicht im Wesen der Natur.

Und die vereinheitlichte Feldtheorie?

Einstein glaubte bis zuletzt an eine elegante Lösung: Alles ist Feld. Keine Teilchen, keine Sprünge, kein Zufall. Doch die Mathematik war hart, die Experimente fehlten. Und das Interesse verflog.

Was bleibt, ist Schrödingers Idee einer stehenden Welle – einfach, klar, schön. Vielleicht zu schön für eine Welt, die sich ans Absurde gewöhnt hat.

Wer die „Katze aus der Box“ lassen möchte oder mehr zu den angesprochenen Ideen Schrödingers erfahren will, findet dies hier.

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
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Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
4 Monate zuvor

Sehr schön. Fast schon eine Gesellschaftskomödie. Leider scheint der Abgang von Bohm endgültig, aber man soll in dieser Endlosstory nie nie sagen, wer weiß schon, welche Wendung uns noch überraschen wird.

Wenn ich ergänzen darf um eine Problematik, die ich in einem parallelen Thread schon angesprochen habe: zu welchem Formalismus sollen wir denn nun greifen? Sind Kontinuums- und diskrete Mathematik unvereinbar oder teilweise aufeinander abbildbar? Was ist primär, die Raumstruktur oder der Gegenstand = Widerstand? Sollten wir analogisieren oder digitalisieren? Können wir die Relativität von Ruhe und Bewegung nach einer Seite auflösen? Gibt es das Zenon-Paradoxon, oder ist es ein Scheinproblem? Ist Ruhe nur der Grenzwert der Bewegung, oder Veränderung nur die scheinbare Verwirrung oder ein unscheinbarer Fehler in der Ordnung? Konkreter: ist der Limes a einer konvergenten Folge aᵢ identisch mit a, ist die fouriertransformierte identisch mit der untransformierten Funktion, ist f(x)=1 für 2n≤x<2n+1 und f(x)=0 für 2n-1≤x<2n eine harmonische Schwingung (weil sie sich als unendliche Summe harmonischer Schwingungen begreifen läßt)?

Fragen über Fragen. Allerdings scheint der Wille zur Beantwortung etwas erlahmt, die Lebendigkeit dieser geistigen Auseinandersetzung einer Erschöpfung gewichen, einer pragmatischen Ignoranz, und so frage ich mich, ob diese Komödie überhaupt noch genügend Zuschauer hat (und engagierte Darsteller). Schade, ohne solch großes Theater verarmen wir dramatisch.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
4 Monate zuvor

Hi zusammen,
wir wirken dem Verarmen entschlossen entgegen, indem wir alles, was gängig ist, begründet in Frage stellen, was hier passiert. Aber fassen wir uns an die eigene Nase: jeder steckt in seinen Denkgewohnheiten fest, wir alle. Besonders die Physiker haben es da schwer, weil das Aufgeben von Denkgewohnheiten mit dem Aufgeben von Deutungshoheiten verbunden ist. Und Physiker nehmen ihre Kritiker nicht ernst, weil sie glauben, die würden Physik nicht verstehen. Ein Trauerspiel ist es: im Jahr der Quantenphysik nicht eine einzige – keine einzige ! – Veranstaltung in Deutschland, die die philosophischen Probleme der Quantenphysik thematisiert. Sind wir da schon geistig pleite oder verarmen wir noch? ich glaube, dieses Forum ist die einzige Stelle in Deutschland, wo über diese Themen noch niveauhaft diskutiert wird. Das sollte im Quantenjahr mal an die quanteninteressierte Öffentlichkeit gebracht werden. Vielleicht sollte ich mal einen Brief an den Veranstalter, die DPG in Bad Honnef, schreiben.
Was haltet Ihr davon ?
Grüße
Bernd

Christian
Christian
4 Monate zuvor

Hallo Bernd!

Welche warmen Worte, dass hier der einzige Ort in Deutschland sei, an dem die philosophischen Probleme der QT niveauhaft diskutiert wird! Ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt, dazu treibe ich mich nicht weit im genug im www herum, aber es freut mich schon, wenn es zumindest eine Person so empfindet.

Wobei der Text dieses Artikels ja eher nur provokativen Charakter hat – dann an das LLM wurde ja dieser Arbeitsauftrag erteilt. Dennoch interessant, dass hier keine Widersprüche gegen den Arbeitsauftrag formuliert wurden. Immerhin ist das Programm ja ein wenig klugscheißerisch, immer auf die Abweichung zu der Mehrheit der wissenschaftlichen Quellen hinzuweisen.

Ich ertappe mich dabei, mich nicht von „KI“ und „AI“ als Betitelungen dazu hinreißen zu lassen, mehr als nur eine Textgenerierungs-Maschine sehen zu wollen oder zu können. Dieser Text ist mal wieder ein gutes Beispiel: Ein Input, ein Promt, ein Output als (durchaus beeindruckende) Variation des Inputs.

Also: Die DPG wird einen Verweis auf diesen LLM-Artikel nicht beeindrucken können. Aber wenn die Tentakel bis zu einem Veranstalter der DPG reichen, dann kann ein Hinweis auf diesen Freundeskreis der „Akademie Olympia“ sicherlich dennoch von kleiner, aber feiner Wirkung sein. 🙂

Sei herzlichst gegrüßt
Christian

Dirk
Dirk
4 Monate zuvor

Lieber Bernd,
vielen dank für Deine netten Worte. Manchmal kommt man sich hier auch wie der berüchtigte „Rufer in der Wüste“ vor.
Daher auch einen großen Dank an Dich, da immer wieder durch Deine hervorragenen Kommentare, bemerkenswerten Beiträge und guten Ideen unser gemeinsames Boot „MS Wissenschaft“ nach vorne bringst.
Also rudern wir mal weiter 😉
Herzliche Grüße
Dirk
PS: Ich kann ja mal die DPG in Bad Honnef kontaktieren und fragen, wie die das so sehen mit der „MS Wissenschaft“.

Christian
Christian
4 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

interessant, dass du hier den nicht erwähnten Bohm in den Vordergrund stellst. Ist er für dich die einzige Alternative?

Bei mir bildet Bohm kein näheres Interesse, auch wenn mir bewusst ist, dass die Fachwelt hier die Konkurrenz sieht, welche ab und an lobende Worte erfährt.

Warum? Weil die Bohm’sche Interpretation auch wieder nur ein Teilchenmodell ist. Ein Teilchenmodell in einem (ungeklärten) Feld, welche die Teilchen zu führen vermag.

Der späte Popper neigte diesem Modell zu, ihn störte jedoch der Rückschritt zu einem vermeintlichen Determinismus bei Bohm. Er mochte hinter den Pilotwellen etwas sehen, das eine Art „Indeterminiertheitsfeld“ sei, welche Abläufe im statistisch gefordertem Maß lenken soll. Er nannte es „Propensitäten“ also „Neigungen“.

Doch ich mag Bohm und Popper als Teilchentheoretiker hinter mir lassen. Wenn du nach Darstellen auf der Bühne des Theaters suchst: Unter aktuellen Professoren der Philosophie der Physik sei Dennis Lehmkuhl in Bonn erwähnt, welcher als Einstein-Kenner (Mitwirkung am Einstein-Paper-Project) mit einer reinen Feldtheorie wieder zu arbeiten versteht.

VG, Christian

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
4 Monate zuvor
Reply to  Christian

Hallo Christian,

“ … Bohm in den Vordergrund stellst. Ist er für dich die einzige Alternative?“
Nein, im Gegenteil. Bohm ist eine Möglichkeit unter vielen, die schwierige, scheinbar paradoxe Lage gedanklich zu bewältigen, und manchmal kann man ein Problem lösen, indem man einen Umweg einschlägt. Besonders eindrucksvoll ist das, wenn man dabei auf eine ganz einfache Lösung stößt. Das wäre für mich ein starkes Argument. Das alles sehe ich bei Bohm nicht gegeben, daher ist für mich überzeugender, auf den Bohmschen Weg zu verzichten und nicht mit Gewalt das klassische Weltbild zu verteidigen. Da ist Einstein, der auch die radikalen Konsequenzen der Quantentheoretiker nicht ziehen wollte, einleuchtender, das Feld, das sich in einem schwingenden Zustand befinden kann, zum Grundbegriff zu machen.
Ich habe Bohm ins Spiel gebracht, weil es die seltenen Umschlagspunkte gibt, die theoretische Reorganisationen erzwingen, Paradigmenwechsel, wie zB das Michelson-Morley-Experiment, die Bellschen Ungleichungen, oder soeben das im Spektrum berichtete Experiment, das scheinbar endgültig zwingt, sich vom Bohmschen Ansatz zu verabschieden. Der ehrenwerte Bohm mag aus dem Spiel raus sein, die anderen Ansätze sind jedenfalls noch nicht begraben, das Drama/die Komödie einer die letzten Dinge begreifen wollenden Physik geht weiter. Ich finde es spannend und wundere mich über das große Desinteresse verglichen mit früheren Zeiten.

Christian
Christian
3 Monate zuvor

Hallo Wolfgang.

Danke für dein Engagement für diese Fragestellung!

Ja, meine persönliche Meinung ist, dass auch hier zu viel Druck auf Konformität mit „orthodoxen Interpretationen“ ausgeübt wird. Wobei es interessant ist, dass durchaus oftmals betont wird, dass Physiker sich bewusst seien, beispielsweise mit der Unvereinbarkeit von QT und ART ein offenes Problem zu haben, welches Potential habe, von einem zukünftigen Theoretiker erst noch gelöst zu werden. Am Ende fragt man sich aber, ob diese Gemeinde willens und fähig wäre, eine solche Stimme überhaupt wahrzunehmen, denke ich oft.

Mein primäres Argument: Das Feiern der Erfolge der anti-realistische Interpretation (Bohr, Born, Heisenberg) fußt mit Born ja indirekt auf der Korrektheit der wellenmechanischen Gleichung Schrödingers, welche wiederum ein eigenes Erklärungsmuster im Sinne von Feldern zulässt.

Einstein: Diese Theorie – oder Religion? – ist so fein ausgeheckt, dass sie dem Gläubigen einstweilen ein sanftes Ruhekissen bietet. Also lasse man ihn liegen.

(Aus dem Gedächtnis zitiert.)

VG, Christian

PS: Gerade der Punkt mit den Schwingungen im Feld zieht Einstein nicht ein in seiner Feldtheorie. Auch Weyl nicht. Nicht einmal Schrödinger, sofern ich es überblickt habe. Da suche ich noch Mitstreiter, welche sich in der Akademie Olympia Gedanken machen – oder wie ich Quellen suchen – welche diesen Weg als Option realistisch erschienen lassen (um Bernd mit dem Wort noch einmal geneckt zu haben 😉

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
3 Monate zuvor
Reply to  Christian

Ich bin froh darüber, daß ich in diesem Forum Resonanz finde für mein kritisches Nachdenken, wie berechtigt auch immer es ist.

Zur Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit von ART und QT. Es wäre natürlich sehr erfreulich, wenn es zu einer Auflösung scheinbarer Widersprüche, also zu einer einheitlichen Formulierung der Physik auf allen Größenordnungen käme. Es gibt aber (noch) keinen zwingenden Grund, warum das sein muß. Wir müssen offen bleiben.

LG.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
4 Monate zuvor
Reply to  Christian

Hallo Christian,
wie oft soll mich denn noch sagen: der Bohmsche Ansatz ist ein realistischer Ansatz und jeder realistische Ansatz zur Erklärung der physikalischen Welt im Großen wie im Kleinen landet in der Sackgasse: im Kleinen, weil weder Experiment noch Mathematik erklären, wie die Welt Kleinen beschaffen ist (so stellt sich der Realist die Welt vor: dass sie auf bestimmte Weise beschaffen ist) – im Großen, weil das Feld und die Strahlung, die nun mal von der reinen Teilchenmenge her 99,99999 % des Universums ausmachen, ebenfalls nicht durch Experiment und Mathematik klar gemacht werden. Was so nicht erklärt wird, erklärt auch keine Theorie. Deshalb ist der realistische Ansatz verfehlt. Mit einem konstruktivistischen Ansatz kann man die Welt erklären. Du bist auch ein unverbesserlicher Realist, der glaubt, es gäbe eine reale Entität genannt Feld. Was das als Realobjekt sein soll, weisst Du aber auch nicht.
Verzeih mir die harten Worte, bin Arbeitsstress.
Grüße Bernd

Christian
Christian
3 Monate zuvor

Hallo Bernd!

Eine späte Antwort, leider gerät diese Kommentarspalte bei mir immer wieder zu schnell in Vergessenheit, wenn ich mir nicht gleich Zeit für eine Antwort nehme.

Streitbare Geister mag ich, auch gern klar ausgedrückt, wo der Schuh klemmt, daher freue ich mich, wenn ich den realistischen Standpunkt verteidigen muss.

Deine Sätze deuten jedoch an, dass du vermutlich überzeugt bist, dich schon so lang mit „hoffnungslosen Realisten“ gestritten zu haben, dass kaum von mir etwas kommen könnte, das dir neu vorkommen könnte. Daher wird meine Antwort aber dennoch unsere Zuhörer interessieren, stelle ich mir vor.

Zum einen etwas Namedropping:

Mit Popper würde ich mich als hypothetischen Realisten bezeichnen, was ausdrückt, dass ich mir bewusst bin, dass die Sache lückenhaft ist und Letztbegründungen fehlen.

Einstein (und Schrödinger) war überzeugter Feldtheoretiker, und zwar umfassend, wie der lustig, provokante Text anreißt. Und Zweifel an dieser Stelle an Einstein grenz an Zweifeln an der Gültigkeit der ART. Und als Relativitätstheorie-Zweifler will hier hoffentlich niemand dastehen.

Denn das neue Fundament der UFT wird bei der ART angesetzt, ich weiß nicht, ob dir das bekannt ist. Die neue Stoßrichtung der Feldphysik seit Weyl ist eine Geometrisierung bis hin zum elektromagnetischen Feld. Die Argumentation hatte sich damals also umgekehrt: Nicht mehr Gravitation aus einem elektromagnetischen Grundfeld heraus (beispielsweise Gustav Mie, vielleicht auch Lorentz und Planck), hin zu einem interessanten Spiel mit Tensoren im nicht-euklidischen Raum mit vielen Freiheitsgraden, die Riemann der Mannigfaltigkeit ermöglichte. In diesen Rahmen galt es, den Elektromagnetismus aufzunehmen.

Mit diesem Stichwort des Möglichen liegt der Ball wieder auf deiner Seite 🙂

VG, Christian

Heinz Luediger
Heinz Luediger
3 Monate zuvor
Reply to  Christian

Zwischenruf aus dem Sommer-off…

…verstehe nicht warum 

a) das Feld als real betrachtet wird
b) man die ART nicht anzweifeln sollte/kann

a) niemand hat je ein physikalisches Feld als solches beobachtet! Was beobachtet werden kann sind Fernwirkungen von Materie auf Materie (elektrisch, magnetisch, optisch, gravitational). Damit gewinnt das Feld die notwendige sprachliche und mathematische Freiheit, räumlich entfernte Phänomene widerspruchsfrei in Beziehung zu setzen. Das Feld ist hypothetisch nicht im Sinn von möglicherweise existent, sondern von ideell, fiktiv oder Als-Ob. Es erfüllt seinen Zweck genau dadurch, daß es selbst unbeobachtbar ist. Das Feld ist der ‚Joker‘ der Fernwirkungsphysik.

b) ART und QM sind Theorien in zweiter Instanz, d.h. Theorien über die hypothetischen Entitäten klassischer Theorien (Teilchen und Welle bzw. Gravitation). Beide sind nicht durch Phänomene, sondern NUR durch Daten gestützte Theorien und daher gegenstandslos. D.h. sie haben keinen Bezug zur Ganzheit der phänomenalen Erfahrungswelt. Damit gehören beide Theorien in die ‚Welt‘ formal-möglicher Spiele. Der Magister Ludi aus Kastalien läßt nochmals grüßen…

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
3 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Lieber Heinz,
ART und Q sind keinesfalls nur durch Daten gestützte Theorien. Wobei Du bei Aussagen über Fundamentales Dein Verständnis von dem, was Du als „Daten“ bezeichnest, vor Deiner Aussage erklären müßtest. Sonst wirken sie wie „dahingeschmissen“, egal, was wie der Leser das versteht, hauptsächlich was Kluges gesagt.Über das Feld lohnt sich zu reden, vor allem mit Christian, weil dieser die Besonderheit dieser zur klassischen Physik gehörenden Entität immer hervorgehoben hat, aber die Besonderheit besteht nicht darin, dass hier ein Joker der Fernwirkungstechnik „Feld“ genannt wird, weil ein Feld im Allgemeinen gar keine Fernwirkung hat. Das Feld um eine Feldquelle ist sowohl hinsichtlich Eigenschaften als auch seiner Wirkung unbeschreibbar, und daher ist die Beschreibung „Joker“ schon daneben gegriffen.Erst wenn in das Feld ein Testobjekt „eintaucht“, entstehen Wirkungen, aber dann ist es kein Feld um eine Feldquelle mehr sondern Feld um eine Feldquelle mit Testobjekt, also eine besondere Konstellation – und aus dieser Beziehung zwischen Feldquelle+Feld und Testobjekt läßt sich erschließen, was ein Feld sein könnte. Das zu später Weinstunde zu beschreiben, würde zu weit führen. Bitte genieße Deinen Urlaub in Kastanien oder Kastilien, und denke über das Feld nach, aber bitte nicht mit unüberlegter Gedankenakrobatik um Dich werfen.
Grüerzi
Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
3 Monate zuvor

Lieber Bernd,

einige Bemerkungen:

…es gibt weder Quanten- noch Relativitätsphänomene, jedenfalls nicht, wenn man den Phänomenbegriff nach Kant verwendet.

…die Unterscheidung von Daten (Messwerten) und Phänomenen (Kant’schen Erscheinungen) ist sauber und eindeutig.

…es ist nicht das erste mal, daß Du meine Ausführungen verwirfst, um sie dann mit Deinen eigenen Worten zu wiederholen. Ja, es ist richtig, daß es zur Detektion eines Feldes der Materie bedarf, genau das habe ich ausdrücklich gesagt! Und ja, aus der Reaktion der Materie kann ggf. auf das Feld geschlossen werden (ich habe es in-Beziehung-setzen genannt). Was nach Deinem Verriss und anschließender Wortakrobatik bleibt, ist also exakt die Bestätigung meiner Ausführungen, was sehr unerquicklich ist… 

Lieber Bernd, wir erleben (wenn auch in Zeitlupe) den Zusammenbruch der Theoretischen Physik des frühen 20. Jahrhunderts (nicht etwa eine partielle Unstimmigkeit). Der Kern dieses Scheiterns liegt in der positivistischen Struktur ihrer Theorien, d.h. in der Verdinglichung aller ideellen Entitäten (Raum, Zeit, Feld, etc.). Die Theoretische Physik will das DASS und das WIE des DASS wissen, also das Sein und das Werden dieses Seins. Dieser Versuch ist sprachlich nicht gangbar und führt notwendig in jenes begriffliche Nirwana von Dynamik, Möglichkeit, Zeit und Kausalität, das Aristoteles absurderweise mit „Physik“ überschrieb. Es geht also nicht um eine Retusche oder Reparatur der Theoretischen Physik, sondern um eine Rückkehr zur Methode der klassisch-zeitlosen Physik – zum Theorie-Phänomen-Paar. Nur in ihm ist dem Nichtwissen – als Bedingung des Wissens – a priori Rechnung getragen. Wie armselig sind dagegen die a posteriori Kuhn‘schen Wissenschaftsrevolutionen, die Wahrheiten behaupten um sie bei nächster Gelegenheit zu schlachten.

Heinz 

P.S. Was Du zu retten versuchst ist längst klinisch tot. Deshalb interessiert auch niemand das Quantenjubiläum. Heisenbergs Aufsatz von 1925 bezieht sich schon in der Einleitung auf „prinzipiell beobachtbare Größen“ und erteilt so dem Nichtwissen eine klare Absage. Doch die Sprache kontert mit dem Doppelspaltdilemma, woran auch Schrödingers Wellengleichung (sorry Dirk) nichts ändert. Es gilt die Regel: wer alles weiß, weiß nichts! Vielleicht kann man diesen Topik bei anderer Gelegenheit noch mal ausfalten. Ich ziehe mich zunächst wieder in ins Sommer-Tief zurück

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
3 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz, Du machst einfach immer weiter:

Für mich ist das keine verstehbare Argumentation: „Es geht also nicht um eine Retusche oder Reparatur der Theoretischen Physik, sondern um eine Rückkehr zur Methode der klassisch-zeitlosen Physik – zum Theorie-Phänomen-Paar. Nur in ihm ist dem Nichtwissen – als Bedingung des Wissens – a priori Rechnung getragen.“

genauso wie:

„es gibt weder Quanten- noch Relativitätsphänomene, jedenfalls nicht, wenn man den Phänomenbegriff nach Kant verwendet.“

Soll ich das erst nehmen?

Immerhin schwimmen wir im Licht wie die Fische im Wasser, und wenn Du den Stecker in die Steckdose steckst, dann machst Du Dir quantisierte physikalische Einheiten zu Nutze. Aber es gibt da ja nichts – wir erleben den Zusammenbrauch der theoretischen Physik! Es ist die theoretische Physik, die die Gesetzmäßigkeiten, nach denen diese Einheiten funktionieren, herausgefunden hat, woraus ganze Industrien entstanden sind.

Und dann kommst Du und behauptest: „Die Theoretische Physik will das DASS und das WIE des DASS wissen, also das Sein und das Werden dieses Seins.“ Die theoretische Phyisk hat mit dem Sein und dem Werden des Seins nichts, aber wirklich null Komma garnichts, am Hut.

Sie versucht reale Funktionalismen in der mathematischen Sprache zu beschreiben, wobei die in diesen Funktionalismen agierenden Objekte (Modellobjekte) idealisiert und abstrahiert sind, und mit der Realität nichts zu tun haben. Das war schon in den klassischen Theorien so und ist es in der Quantenphysik geblieben. Oder gehören Massepunkte zur Realität? Ach so, in der klassischen Physik war ja alles anders. Da gab es das Theorie-Phänomen-Paar. Ja zu welchem Paar gehörte denn der Massepunkt ?

Grüße Bernd

Christian
Christian
3 Monate zuvor

Hallo Bernd,

schade, dass ihr eher in Streit geratet, denn inhaltlich finde ich den Dissenz anregend.

Ich bin nicht Physiker genug, um dein Beharren auf einen Testkörper besonders stark schätzen zu können. Mir scheint, dass diese aus der Frühzeit des Elektromagnetismus (Faraday, Maxwell, Hertz) stammt und mit den Wegen, die ich beschreibe, zumindest in der geometrischen Deutung des Feldes obsolet geworden sind.

Daher kann ich dich nur auffordern, dir die Felder neu aus dem Blickwinkel der nicht-euklischen Raumstruktur anzusehen, wie ich es ausgeführt habe. Vielleicht denkst du dann neu über Felder.

VG
Christian

Christian
Christian
3 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

vielen Dank für die schöne Diskussion, die mir leider jetzt erst in die Hände fällt!

Eigentlich will ich an dieser Stelle nur bestätigen, dass deine Aussagen stimmen, was den Protagonisten aber bewusst war, wenn sie Felder in eine nicht-euklidische Geometrie-Welt verorteten.

Die Argumentationskette ist etwas länger und hat nach Einstein primär etwas damit zu tun, dass sich durch diesen „Trick“ die Widersprüche zwischen Newton und Maxwell auflösen, um bei der SRT zu beginnen. Oder eben auch das Sprechen von einer Fernwirkung entfällt, welche schon Newton selbst als philosophisch unrealistisch ansprach.

Ich denke, es lohnt sich, diesen Pfad zu nehmen, auch wenn hier eher hypothetische Entitäten zum Einsatz kommen, wie du schön sagst.

Beste Grüße
Christian

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
3 Monate zuvor
Reply to  Christian

Hallo Christian,

ad schreibst Du: „Die neue Stoßrichtung der Feldphysik seit Weyl ist eine Geometrisierung bis hin zum elektromagnetischen Feld.“

Was ist denn eine Geometrisierung des Feldes?

Man kann mit einem Feld alles mögliche machen, zum Beispiel an jeden Raumpunkt einen Operator anheften (Quantenfeldtheorie) und dann sagen, die Menge aller Operatoren bilden das Feld, wobei die Operatoren nur mathematische Objekte sind, und mit der physikalischen Realität nicht zu tun haben – aber wenn dieses sogenannte Feld für Vorhersagen nützlich ist, dann sei´s drum. Man darf nur nicht vom Funktionieren eines Modells oder eines mathematischen Instruments auf die Realität, wie sie ist, schließen. Das geht voll daneben, obwohl viele Physiker und vor allem Philosophen das gerne machen.

Die ART ist auch keine Feldtheorie ! Das Art ist eine Theorie, mit der das Zusammenspiel zwischen Raum, Zeit, Masse und Energie sehr exakt beschrieben werden kann. Aber Vorsicht: das heißt noch lange nicht, dass der Raum oder das Feld oder die Zeit und die Masse verstandene physikalische Größen wären. Das sind sie nicht. Nur der Orts-, Energie- und Impulsbegriff sind verstanden, der Impulsbegriff aber nur halb!

Auch der Kraftbegriff ist unverstanden. Kraft ist kein fundamentaler Begriff. Eine Kraftwirkung entsteht wenn Drehimpulse längs Zeit- und Wegstrecken ausgetauscht werden. Und um Bewegungsgleichungen unter beliebiger Krafteinwirkung zu beschreiben, brauche ich den Kraftbegriff gar nicht. Ich muss nur die Energie kennen. Und die Gravitation? Ist das eine Kraft? Vielleicht ein Feld? Oder nur „Lenken“ von Objekten längs einer besonderen Metrik im Raum. Und wie kommt es, dass beim Beschleunigen Trägheitskräte entstehen – so aus dem Nichts ?

Kraft als ontologische Entität, ja selbst als allgemeine physikalische Größe, ist unverstanden.

Genauso wie das Feld eben auch unverstanden ist, auch wenn jeder den Begriff verwendet, aber einen einheitliche Semantik gibt es nicht. Und das klassische Kraftfeld verstößt auch noch gegen den dritten Newtonschen Hauptsatz: es soll ja lokal eine Kraftwirkung auf einen Gegenstand ausüben, der Gegenstand übt aber keine Kraftwirkung auf das Feld aus – gem. actio = reactio – sondern übt nur eine Gegenkraft auf die Feldquelle aus. Au weia – auch hier: nichts verstanden.

Woraus die Ontologie des physikalischen Feldes bestehen könnte, habe ich in meinem Beitrag „Die Lösung der Rätsel der Quantenphysik“ beschrieben. Man benötigt zum Verständnis eine Erweiterung des physikalischen Begriffsapparats. Aber die Philosophie traut sich nicht, solche Vorschläge an die Physik heranzutragen. Sie setzt ja in ihrer Ontologie und Metaphysik immer auf den Theorien der Physiker auf, und ist gar nicht mehr in der Lage, eigene Vorstellungen zu entwickeln. Aber den Physikern immer nur zu sagen: „oh wie schön“ bringt die Philosophen nicht weiter. Ich kann nur sagen: mach Dich von den Physikern unabhängig, und achte nicht auf irgendwelche dauernd in den Ring geschmissene neuen Deutungen des Feldes, die von Physikern vorgebracht werden. Mit dem derzeitigen Methoden- und Begriffsapparat lassen sich die philosophischen Probleme der Physik nicht lösen.

Grüße Bernd

Christian
Christian
3 Monate zuvor

Hallo Bernd,
dein Kommentar hatte viele Stichworte enthalten, zu deren Beantwortung ich mir etwas mehr Zeit nehmen wollte. Aber nun fasse ich mich doch kurz, damit die Antwort nun endlich erfolgt:
1) Geometrie als Feld: Links müssen wohl immer freigegeben werden, daher mag ich auf meinen Blog verweisen und dort bitte das Wort „Geonen“ in die Suche eintippen. Du landest bei Zitaten aus einem Vortrag von John Archibald Wheeler „Einstein’s Vision“. Konkreter spricht Wheeler von einer „Geometrodynamik“. In den Zitaten findest du es stärker als es vielleicht je Einstein selbst ausgedrückt hat, dass es Einstein um eine Feldbeschreibung auf Basis der nicht-euklidischen Geometrie des Raums geht. – Wheeler sprach wohl öfter in Princeton mit Einstein. 
2) ART: Nach Einstein wird über ein Gravitationsfeld gesprochen, Grundlage ist jene nicht-euklidische Geometrie des Raums.
Grüße 
Christian

Christian
Christian
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
noch ein Einwurf zum Kraftbegriff: Hier finde ich den Weg von Gustav Mie anregend, dass immer dann Kraft zum Vorschein kommt, wenn eine Unausgeglichenheit in der Struktur der Raumzeit betrachtet wird. Das entspricht hervorragend den Forderungen der Relativität, in einem Inertialsystem mit keinen relevanten Differenzen auch keine Kräfte erkennen zu können. 
Bildlich: Parallel zum Erdboden haben wir es jeweils mit einer ausgeglichenen Situation in der Raumzeitkrümmung zu tun (die minimalen Einflüsse von Mond und Sonne seien also nicht berücksichtigt), daher spüren wir rund um die Erde die gleichen Kräfte. Diese Kräfte beziehen sich auf die Abnahme bzw. Differenz der Intensität des Gravitationsfeldes in vertikaler Richtung, nicht auf horizontaler Ebene.
Ein Michelson-Morley-Experiment funktioniert demnach auf horizontaler Ebene, wird die Ebene verlassen, dann wird es die vermissten Interferenzeffekte durchaus geben.
VG, Christian 

Heinz Luediger
Heinz Luediger
3 Monate zuvor
Reply to  Christian

Hallo Christian,

Newton unterscheidet (im Scholium zur Principia) kategorisch zwischen der „vulgären“ und der „mathematisch-philosophischen“ Welt, d.h zwischen Phänomenen und Theorien. „Time, place, space and motion“ haben nach Newton in der „mathematisch-philosophischen“ Welt nicht die gleichen Bedeutungen, die ihnen in der „vulgären“ Welt zukommen: 

„On this account, those violate the accuracy of language, which ought to be kept precise, who interpret these words [time, place, space and motion] for the measured quantities themselves: nor do those less defile the purity of mathematical and philosophical truths, who confound real quantities with their relations and sensible measures“. 

Es ist richtig, daß Newton Gravitation als „unintelligible“ aber nicht als unmöglich bezeichnet. „I feign no hypotheses“ ist Ausdruck seines (und überhaupt jedermanns) Unvermögens die Theorie eines Theorie-Phänomen-Paars weiter zu begründen oder gar herzuleiten; er versagt sich eine Theorie-in-zweiter-Instanz zu erfinden (im Gegensatz zu den Physikern der Theoretischen Physik). Es ist auch interessant, daß Newton sich nicht auf eine Definition oder Erklärung des Unterschieds zwischen „vulgärer“ und „mathematisch-philosophischer“ Sprache einläßt, sondern sich auf das Verbot ihrer Vermischung beschränkt. Es scheint mir daher nicht ausgeschlossen, daß Newton Theorie und Phänomen implizit als orthogonale Domänen und Gravitation als rein ideelll (Absolut unwidersprüchlich) betrachtet. Damit geht er gegen Leibniz‘ Prinzip vom hinreichenden Grund und sogar gegen das Kausalprinzip.

Die SRT beruht auf der Projektion der klassischen=zeitlosen! Elektrodynamik als EREIGNIS auf die historische Zeitachse. D.h. die empirische Evidenz geht vom Phänomen auf das Ereignis über. Dabei degeneriert die klassische Theorie zum bloßen (nur durch Messdaten verbürgten) Modell und verabschiedet sich damit aus der phänomen-verbürgten SystemEINHEIT der Vernunft. Auf Grund der unterschiedlichen Evidenzreferenzen (Phänomen vs. Ereignisdaten), steht nicht zu erwarten, daß klassische Physik und SRT generell zu den gleichen Ergebnissen kommen. 

Da aber die SRT für v –> 0 gegen die klassische Physik konvergiert, gelten beide in einer Parmenidischen Welt, d.h. in einer Welt ohne illusionäre Bewegung. Für v >> 0 bleibt dagegen völlig unklar, worauf sich die Begriffe und Daten der SRT phänomenal beziehen, d.h. die SRT verliert als Theorie-in-zweiter-Instanz (analog zur SRT und QM) ihren Gegenstand. Daraus folgt z.B., daß es völlig unklar bleibt, welche Erfahrungen wir machen würden, wenn wir uns makroskopisch (z.B. als Menschen) der Lichtgeschwindigkeit annähern. Das Zwillingsparodoxon beispielsweise schließt von Teilchen und Welle auf den, der über Teilchen und Welle spricht – ein typisch materialistischer Fehlschluss…

Die Diskussion der ART verläuft ähnlich wie für die SRT, die Folgen sind jedoch fataler, weil der euklidische Raum der a priori Raum menschlicher Erfahrung ist. Der nicht-euklidische Raum dagegen ist nicht a priori, sondern das ERGEBNIS der Interpretation des Äquivalenzprinzips. Als Mach‘sches Prinzip ist es die schwächste Stelle der ART und Einstein war sich dessen sehr bewußt. Das Galileische Relativitätsprinzip beschreibt die Invarianz der Theorie-Phänomen-Paare (wenn man will: der Sprache) in gradlinig und gleichmäßig gegeneinander bewegten Systemen. Sein Prinzip ist anschaulich und daher intuitiv und experimentell überprüfbar. Die ART dagegen behauptet die Erhaltung der relativistischen Physik – also der ART – unabhängig von Standpunkt und Koordinatensystem eines beliebigen ‚Beobachters‘. Und hier beginnt der Schwindel: der ‚Beobachter‘ wird in einem Nebensatz als Zeuge phänomenal unbezeugbarer Transformationseigenschaften von Gleichungssystemen (Kovarianzen) in Haftung genommen. Auch hier gilt: der logische Schluß vom Verhalten hypothetischer Entitäten auf menschliche Erfahrung (Phänomene) ist ein materialistischer Fehlschluss.

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
3 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Lieber Heinz,

Du folgst einem immerwährenden Fehlschluss: nämlich dass die Aussagen der Physik als wahre Aussagen gelten sollen. Das tun sie nicht. Die ART ist keine Theorie, die die Wahrheit der Weltstruktur beschreibt. Sie ist, wie jede physikalische Theorie in erster Linie ein Instrument vorherzusagen, was ich unter bestimmten Umständen sehe, wenn ich unter diesen Umständen hingucke. Du dagegen unterstellt, die Physiker würden wahre Theorien aufstellen – wie soll ich Deine Ausführungen sonst lesen?. Das behaupten sie nur gegenüber Leuten, die sich nicht auskennen, intern weiß jeder, dass über Wahrheit niemand darüber etwas weiß. Als Realist verlierst Du Dich am Ende, nicht anders als andere Philosophen-Kollegen, in humbugartige Wortspielerei.

Es ist vollkommen klar, dass alle Begriffe der Physik und alle Erklärungen von Phänomenen, egal in welcher Sprache, in ihrem semantischen Gehalt und ihrem Gültigkeitsbereich, in dem man sie sinnvoll verwenden kann, höchst eingeschränkt sind. Deshalb sind die Verallgemeinerungen, die Du anführst, fehl am Platz. Du schreibst:

„Die ART dagegen behauptet die Erhaltung der relativistischen Physik – also der ART – unabhängig von Standpunkt und Koordinatensystem eines beliebigen ‚Beobachters‘. Und hier beginnt der Schwindel: der ‚Beobachter‘ wird in einem Nebensatz als Zeuge phänomenal unbezeugbarer Transformationseigenschaften von Gleichungssystemen (Kovarianzen) in Haftung genommen.“

Was sind denn unbezeugbare Transformationseigenschaften, für die der Beobachter haften soll? – Die ART ist die mathematische Formulierung von Regelhaftigkeiten, nach denen Energie, Raum und Zeit miteinander zusammenhängen, und mit dieser Mathematik kann man Vorhersagen machen, die höchst nützlich sind. Daraus eine Realität, zum Beispiel einen gekrümmten Raum oder eine reale riemannsche Geometrie zu konstruieren – das machen Physiker nicht, sondern Philosophen, die sich nicht auskennen.

Nochmal: Physiker können Dir nicht sagen, wie die Welt beschaffen ist. Das konnte Newton auch nicht, er musste sogar den lieben Gott für sein Unverständnis in Anspruch nehmen.

Aber sie können Dir sagen: unter diesen und diesen Umständen wirst Du das und das sehen, wenn Du hinschaust.

Dann bau Deine Behauptungen mal auf diesen Satz auf. Dann können wir auch ruhig darüber reden – sonst rege ich mich nur auf.

Grüsse nach Kastalinolien !
Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
3 Monate zuvor

Lieber Bernd,

wer lesen kann hat im Leben einen Vorteil. Ich bin in dieser Runde schon immer derjenige, der behauptet, daß THEORIE UND PHÄNOMEN IM VERHÄLTNIS EINES ALS-OB STEHEN UND AUSDRÜCKLICH NICHT IM VERHÄLTNIS LOGISCHER WAHRHEIT.

Heinz.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
3 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
aber so wie Du es behauptest ist es nicht. Physikalische Modelle sind kein Abbildung der Realität, sie sind aber auch nicht logisch unwahr. In den Modellen werden die in der Realität von Gegenständen ausgeübten Kräfte vollkommen wahr beschrieben – aber eben nur die Kräfte! Die agierenden Modellobjekte sind dagegen realitätsfern, weil sie reduziert sind bis hin zur Idealisierung. Sie sind all ihrer Eigenschaften so weit entkleidet, sodass sie nur noch die Eigenschaften haben, die sie für ihre Rolle im Kräfte-Funktionalismus gerade noch benötigen. Im Grunde sind die Modellobjekte nur Stellvertreter für das, was in der Realität die richtigen Kräfte ausübt. Beispiel: in der Newtonschen Theorie werden die Bahnen der Planeten auf Grund der wahren Kräfte richtig vorhergesagt, aber die agierenden Objekte sind Massepunkte – und die kommen bekanntlich in der Realität nicht vor. Im Grunde beschreibt ein physikalisches Modell die Kräfte sehr genau, die Objekte selbst aber nur in sehr reduzierten Aspekten.

Es ist also nicht richtig, wenn Du sagst, Modelle spiegeln die Wahrheit der Realität nicht wieder. Sie spiegeln diese selektiv, mit Schwerpunkt auf Kräften wahr wieder. Das ist in allen Theorien so. Die meisten Philosophen sehen die Dinge nicht differenziert, sie argumentieren mit der empirischen Adäquatheit der Theorien. Physikalische Theorien sind aber immer (immer !) nur in Teilen empirisch adäquat, bezgl. der Ontologie sind sie es nicht, oder beschreiben die Ontologie unverständlich.

Facit: Man muss die Dinge differenziert sehen – nicht pauschal mal so mal so – so als ob die klassische Physik anders wäre als die moderne Physik. Das ist absolut nicht der Fall.

Deshalb liegst Du falsch mit Deinen Behauptungen.

Grüße nach Spanien
Bernd

Christian
Christian
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

viele schöne Bemerkungen, die du machst, fangen wir bei Newton an.

Im Kern mag es dir darum gehen, wie er zu seiner Fernwirkung stand. Du betonst, dass er hierzu lediglich keine Erklärung erfinden wollte, sich die Fernwirkung dennoch als reale Möglichkeit offenhalten wollte. So verstehe ich in etwa deinen Hinweis.

Es ist richtig, daß Newton Gravitation als „unintelligible“ aber nicht als unmöglich bezeichnet.
 
Ich ließ im Web nach einem Zitat suchen, das mir mehrfach zu dem Thema begegnete, und das ich für hinreichend belegend erachte, dass Newton die Fernwirkung definitiv ausgeschlossen hat:

„Es ist undenkbar, dass leblose, rohe Materie (ohne die Vermittlung von etwas anderem, das nicht materiell ist) ohne direkten Kontakt auf andere Materie wirken sollte. […] Dass die Gravitation der Materie angeboren, inhärent und wesentlich sein soll, so dass ein Körper auf einen anderen über eine Entfernung durch Vakuum hindurch und ohne die Vermittlung von etwas Sonstigem wirken soll, […], ist für mich eine so große Absurdität, dass ich glaube, kein Mensch, der eine in philosophischen Dingen geschulte Denkfähigkeit hat, kann sich dem jemals anschließen.“

Quellenangabe: Brief an Richard Bentley von 1692/1693, in: Herbert Westren Turnbull, The correspondence of Isaac Newton 1961, Vol. III, S. 253–254

VG, Christian

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Christian

Ich sehe es so, das ist eine philosophische, keine physikalische Sicht (ich habe Mathematik studiert, Physik also nur bis zum Vordiplom), ich frage also Physiker, was sie davon halten:

Der Feldbegriff repräsentiert eine gewisse Einheit der Welt, in der die Teile in einem Gleichgewicht geordnet sind. Die Krümmung des Raums ist in jedem Weltpunkt, dh lokal und zu einem Zeitpunkt, ein bestehendes Gleichgewicht. Tatsächlich ist selbiges ständig in Bewegung, aber man kann es differentiell, im Tangentialpunkt (des euklidschen Tangentialraums) als stehend betrachten. Kommt es dagegen zu einer Bewegung, also sagen wir eine relative Bewegung eines Masseobjekts in Bezug auf das Ganze, dann ist das ist eine Verletzung des Gleichgewichts, dann hat das eine unmittelbare Auswirkung nur in lokaler Nähe, aber es hat auch eine Bedeutung für das ganze System, die Wirkung muß sich über das ganze System ausbreiten, bis wieder Gleichgewicht herrscht. Es gibt nur Nahwirkungen, aber das ganze System muß sich in der Zeit an die lokale Wirkung anpassen. Das Feld trägt diese Systemveränderung.
So verstehe ich Einsteins Feldbegriff, und so verstehe ich die quantentheoretische „Fernwirkung“, nämlich die Verschränkung als Systemeigenschaft. Das gekoppelte Ereignis ist nicht kausal, über eine Wirkung bedingt, sondern aus einer Notwendigkeit des Systems, im System sind die verschränkten Teilchen ein einziges Ding. Beim Schnitt zeigen sie diese Einheit. Das Feld ist also die einheitliche Betrachtung, das Ding die lokal-kausale.

Bitte um Aufklärung, ob ich die neue Physik im wesentlichen richtig oder ganz falsch verstanden habe.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor
Reply to  Christian

Hallo Christian,

Nein, ich meinte nicht, „daß Newton sich eine Tür offen halten wollte.“

Die beiden Abschnitte, die dem „unintelligible“ vorangehen beziehen sich auf das, bzw. sind Auszüge aus dem Scholium, das er nach massiven Angriffen späteren Ausgaben der Principia voranstellte, um seine philosophische Postion darzulegen. In diesem Sinn schreibt Newton die Gravitation ganz offensichtlich nicht der Materie (der vulgären Sprache zu), sondern der mathematisch-philosophischen. Es besteht daher kein Widerspruch!

Christian, wäre es nicht absurd, daß Newton seine Theorie der Gravitation mit Klauen und Zähnen gegen anfänglich vielfache und prominente Kritik (z.B. Leibniz) verteidigt hätte, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, daß sie EFFEKTIV ist? Wenn Gravitation aber effektiv ist UND nicht empirisch, dann ist sie ideell.

Die gleiche Argumentation trägt auch in Bezug auf seine Theorie der Bewegung, insbesondere den absoluten Raum und die absolute Zeit betreffend. Das Gesamtwerk Newtons ließt sich deutlich flüssiger, wenn man ihn als Rationalist und nicht als Empirist ließt…

Heinz

Christian
Christian
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

nun zu deinen Aussagen über die SRT, welche du im Thema „materialistischer Fehlschluss“ münden lässt und die im Kern wohl Zweifel ausdrücken, ob mit hohen Geschwindigkeiten (nahe Lichtgeschwindigkeit) irgendetwas passiert, das sich wirklich auf menschliches Wahrnehmen übertragen lässt. Ganz einfach sind deine Sätze nicht, daher hoffe ich, nicht völlig an deinem Argument vorbei zu sprechen.

Beim Thema SRT würde ich das Wahrnehmen nicht für einen wichtigen Baustein ansehen, auch wenn mit Einsteins „Ritt auf einem Lichtstrahl“ ein Gedankenexperiment immer gern in den Fokus gestellt wird, welches genau dies nahelegt, dass der Leser auch diesen Weg gehen sollte, um SRT zu verstehen.

Die Elektrodynamik bewegter Körper setzt beim Lesen der Schrift von Einstein damit an, dass er in Erinnerung bringt, dass sich das elektromagnetische Feld „relativ“ verhält.

Ich ließ mich von Claude unterstützen, dieses Argument widerzugeben. Da es gut beschrieben wird, erlaube ich mir, den Text zu übernehmen und setze ihn kursiv:

  1. Wenn sich ein Magnet bewegt und ein Leiter ruht → entsteht nach der klassischen Theorie ein elektrisches Feld um den Magneten, das die Elektronen im ruhenden Leiter antreibt und so einen Strom erzeugt.
  2. Wenn der Magnet ruht und sich der Leiter bewegt → entsteht kein elektrisches Feld, aber die bewegten Elektronen im Leiter erfahren eine magnetische Kraft (Lorentz-Kraft), die ebenfalls einen Strom erzeugt.

Einsteins Kritik: Obwohl in beiden Fällen der gleiche Strom fließt (das beobachtbare Phänomen ist identisch), lieferte die damalige Theorie zwei völlig verschiedene Erklärungen – je nachdem, welches Bezugssystem man als „ruhend“ betrachtete.
Einstein fand diese Asymmetrie in der Beschreibung desselben physikalischen Phänomens philosophisch unbefriedigend.
Diese Überlegung war einer der Ausgangspunkte für seine Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie, die besagt, dass nur die Relativbewegung zwischen Magnet und Leiter physikalisch relevant ist – nicht, welcher der beiden als „ruhend“ betrachtet wird.

Diese Analogie erlaubte es Einstein, die Lorentztransformation neu zu interpretieren, welche noch einen absoluten Raum und einen Äther umfasste. Er zeigte, dass aus einem analogen Grund eine Gleichberechtigung der Inertialsysteme begründet werden kann, wenn man das Konzept der Gleichzeitigkeit „relativ“ betrachtet.

VG, Christian

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor
Reply to  Christian

Hallo Christian,

„It is known that Maxwell‘s electrodynamics … when applied to moving bodies, leads to asymmetries which do not appear to be inherent in the PHENOMENA. Take, for example, the reciprocal dynamic action of a magnet and a conductor. The OBSERVABLE PHENOMENON (Anm.: der Spulenstrom) here depends only on the relative motion of the conductor and the magnet, whereas the customary view draws a sharp distinction between the two cases, in which either the one or the other of these bodies is in motion…(On The Electrodynamics Of Moving Bodies, A. Einstein, 1905).

Das ‚Problem‘ beginnt folglich erst mit der „customary view“, während aus phänomenaler Sicht alles in Ordnung erscheint. Was also ist die „customary view“? Sie besteht in der Reflexion eines Theorie-Phänomen-Paars (hier: Maxwell). An genau dieser Stelle beginnt das Problem der Theorie-in-zweiter-Instanz; die klassischen Theorien der Physik sind in Bezug auf die Phänomene (hier: der Spulenstrom) nicht logisch wahr, sondern Absolut-nicht-falsch (widerspruchsfrei). Das Gleichheitszeichen in ihren Gleichungen bedeutet weder die Identität der beiden Seiten der Gleichungen noch deren Isomorphie. Eher bedeutet es soviel wie zeigt-sich-als oder kollabiert-widerspruchsfrei-zu, weil Theorie und Phänomen ihr jeweilig orthogonal Anderes sind.

Die „customary view“ dagegen versteht das Gleichheitszeichen als positive Relation, was zur Reifizierung der theoretischen Entitäten (Raum, Zeit, el. Feld) als auch der Phänomene (hier: Spulenstrom) führt und damit die Maxwellschen Gleichungen aus dem Bereich der ERFAHRUNG heraushebt und so völlig überstrapaziert und überinterpretiert. Daß sich daraus interne Widersprüche ergeben, ist nicht anders zu erwarten.

Einstein sitzt folglich einem nur reflexiv existenten Problem (der positivistischen „customary view“) auf und stützt seine SRT wesentlich (neben der Relativität der Simultanität) auf dieses Scheinproblem. Doch wer die Physik materialisiert, stürzt jede Theorie ins Verderben. Aus diesem Grund ist Einsteins ‚Theorie‘ faktisch nur ein logisch-mathematisches Modell – es hat keinen phänomenalen Gegenstand.

Heinz

P.S. In den klassischen Differentialgleichungen der Physik gibt es keine Zeit und daher auch keine (absolute oder relative) Bewegung, denn sie beschreiben Raumgestalten. In ihnen treten Symbole und differenzielle Terme auf, die wir (in vulgärer Sprache, d.h. empirisch) als Zeit und Bewegung interpretieren. Das ist im Sinn der ANWENDUNG der Theorie – der wissenschaftlichen Metapher – auch völlig in Ordnung. Aber wir sollten nicht versuchen Metaphern logisch zu interpretieren, zu beweisen oder zu falsifizieren…

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
3 Monate zuvor

Ich habe Schwierigkeiten, Eurer Diskussion zu folgen. Meinen Ansatz habe ich ja schon erläutert, das möchte ich nicht wiederholen, sondern die neuralgischen Punkte ansprechen, an denen mein Verständnis aussetzt.

„Sie versucht reale Funktionalismen in der mathematischen Sprache zu beschreiben, wobei die in diesen Funktionalismen agierenden Objekte (Modellobjekte) idealisiert und abstrahiert sind“* (Bernd) – ja, aber wieso „und mit der Realität nichts zu tun haben“? Das ist ein Widerspruch in sich, denn die Idealisierung und Abstraktionsform bezeichnet gerade die Beziuehung und Differenz von Modell und Modelliertem.

„Daher kann ich dich nur auffordern, dir die Felder neu aus dem Blickwinkel der nicht-euklischen Raumstruktur anzusehen, wie ich es ausgeführt habe.“ (Christian)
„Raum“ und „Dingsein“ (Objekt) sind aneinander gebundene Konzeptualisierungen des gedanklichen Verstehens der Welt, man könnte von einem ontologischen Konzept reden. Hier fällt mir immer die Alternativsprache (das Alternativkonzept) von tlön uqbar orbis tertius ein, eine entontologisierte Sprache, die, auch wenn sie von Borges erfunden wurde, angemessen eine Frühform der Anpassung von Organismen und Umwelt darstellt (so bewegt sich die Amöbe, stetig einem Gradienten folgend).
„Geometrie“ ist die Konzeption, die Welt als die Gesamtheit von Dingen im Raum zu betrachten (Raum kann auch ein Phasenraum sein). Diese Geometrie kann auf dem gedanklichen Konzept der diskreten wie der Kontinuumsmathematik aufgebaut sein, das eine führt zu einer algebraischeren, meist endlichen, das andere zu einer numerischen Mathematik, die in Stetigkeit, besser in stetiger Ableitbarkeit ruht. Der Begriff des „Feldes“ bezeichnet Mannigfaltigkeit in unterschiedlichen Dimensionen, in der Regel nicht nur, wie in der ursprünglichen bzw alltagssprachlichen Bedeutung eines zweidimensionalen Unterraums, einer Oberfläche. In diesem Sinn handelt ein großer Teil der Mathematik von Geometrie und spricht von Feldern.
Der Begriff des „homogenen Raums“ ist ein Grenzbegriff, ohne Asymmetrie, ohne bestimmte Differenz verschwindet der Raum wie der Äther, Raum ohne Struktur, Information verschwindet, der vollkommen leere Raum ist eine contradictio in adjecto. Freilich, als Grundbegriff, als vollkommene Abstraktion unentbehrlich. Das ist ein Kantsches synthetisches apriori. Das ist der euklidsche Raum bzw die euklidsche Geometrie. Die Geometrie in der Mathematik kann man sich nicht vorstellen ohne diese Idealisierung. Und auch die Alltagserfahrung fußt selbstverständlich auf ihrer Evidenz, die Mesowelt bestätigt auf Schritt und Tritt „natura non facit saltus“, wie auch „panta rhei“ (stetige Differenzierbarkeit). Das läßt sich zusammenfassen: theoretisch ist die euklidsche Geometrie fundamental, real ist sie im strengen Sinn unmöglich. Was man „Geometrisierung der (theoretische Erfassung der) Welt“ nennt, ist eine Bestimmung der geometrischen Aspekte der Welt. Das muß aber keine einheitliche Totalstruktur sein, der euklidsche Tangentialraum meint die Idealisierung der Geometrie in dem lokalen Nahraum. Und es ist möglich, innerhalb von bestimmten Genauigkeitsgrenzen einen quasileeren, homogenen Raumbereich zu finden oder, was in der Teilchenphysik gemacht wird, herzustellen.
Die Mathematik ist die immer vollständigere Explikation, Ordnung, strukturelle Bestimmtheit zu erfassen. Sie muß alle denkbaren Strukturen begrifflich erfassen, also den Möglichkeitsraum alles widerspruchsfrei Sagbaren. Selbstverständlich wird sie dabei durch Evidenzen geleitet, aber sie muß gerade von den Evidenzen abstrahieren. Theoretisch sind alle Geometrien gleichberechtigt, die euklidsche, die riemannschen, die Geometrien des projektiven, des topologischen Raumes usw. Mathematische Wahrheit ist die korrekte Erfassung der Strukturzusammenhänge von wohldefinierten mathematischen Objektmengen. Mathematische Wahrheit (nicht ihre Erlangung) ist erfahrungsunabhängig. Die empirischen Wissenschaften beschäftigen sich mit der Frage, welche mathematischen Modelle anwendbar in der Naturbeschreibung sind (was vom Möglichkeitsraum realisiert ist und was nicht), die anwendbaren mathematischen Theorien erfahren eine inhaltliche Interpretation ihrer theoretischen Objekte/Relationen/Mengen/Funktionen. Jenseits des trivialen Bereichs gibt es allerdings keine vollständige Isomorphie.

* Du wiederholst diese Aussage:
„Man kann mit einem Feld alles mögliche machen, zum Beispiel an jeden Raumpunkt einen Operator anheften (Quantenfeldtheorie) und dann sagen, die Menge aller Operatoren bilden das Feld, wobei die Operatoren nur mathematische Objekte sind, und mit der physikalischen Realität nicht zu tun haben – aber wenn dieses sogenannte Feld für Vorhersagen nützlich ist, dann sei´s drum.“
Ja und nein. Selbstverständlich ist die QFT ein mathematisches Modell. Selbstverständlich könnte es funktional äquivalente mathematische Modelle geben, die im Aussagenbereich der QFT mit dieser übereinstimmen und trotzdem zu ihr in nichtbeobachteten Situationen widersprechende Aussagen machen, also der QFT widersprechen, und nur eine empirisch gezielte Untersuchung könnte entscheiden, welches Modell das angemessene ist. Betrachtet man den bislang empirisch erfaßten Untersuchungsbereich, sind beide Theorien äquivalent zulässige Modelle. Immerhin sind sie nicht willkürlich, ihre Voraussagen treffen mit Sicherheit zu (ich unterstelle hier, daß noch keine Falsifikation bekanntgeworden ist). Unter dieser Voraussetzung darf ich das Modell als Beschreibung der Realität, die theoretischen Größen als korrekt interpretierbare betrachten.
Warum sagst Du dann, daß das Modell nur heuristischen Wert hat? Damit ist Wissenschaft auf Nutzen, Wahrheit auf Pragmatik reduziert. Aber gerade dadurch, daß wir das Modell als eine, jedoch nur hypothetische Erfassung der Wahrheit begreifen, sind wir genötigt, dir modellierende Arbeit weiterzuführen, es könnte ein passenderes, widersprechendes Modell geben.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
3 Monate zuvor

Hallo Wolfgang:

Du schreibst:

„Sie versucht reale Funktionalismen in der mathematischen Sprache zu beschreiben, wobei die in diesen Funktionalismen agierenden Objekte (Modellobjekte) idealisiert und abstrahiert sind“* (Bernd) – ja, aber wieso „und mit der Realität nichts zu tun haben“? Das ist ein Widerspruch in sich, denn die Idealisierung und Abstraktionsform bezeichnet gerade die Beziehung und Differenz von Modell und Modelliertem.“

Die Physik versucht die Funktionalismen mathematisch zu beschreiben – sie versucht nicht die Ontologie zu beschreiben. Sie versucht zu beschreiben – auf Grund der Wirkungszusammenhänge – wie etwas zustande kommt. Mit welchen Objekten das geschieht, ist unerheblich, die Objekte müssen nur geeignet sein, die richtigen Wirkungen aufeinander auszuüben. Deshalb reduziert man sie modellhaft bis auf die Eigenschaften, die als kausal für die Wirkung angesehen werden.

Wenn dann etwas anderes herauskommt, das nicht auf diese Wirkungen reduziert werden kann, spricht man von Emergenz. Man hätte die Emergenz vielleicht auf andere Eigenschaften rückführen können, diese wurden aber wegreduziert bei der Modellbildung.

Modelle haben was die Ontologie betrifft kaum etwas mit der Realität zu tun. Es sind konstruierte, dem Funktionalismus angepasste Gebilde.

Dann schreibst Du:

„Raum“ und „Dingsein“ (Objekt) sind aneinander gebundene Konzeptualisierungen des gedanklichen Verstehens der Welt.“ Das ist aus physikalischer Sicht nicht der Fall. das Ding kannst Du auch ohne Raum konstruieren, es enthält nämlich die Idee der Einzelheit und die konstruierst Du nicht im Raum, sondern im Gegensatz zu einer Ganzheit. Ganzheiten sind in der Physik verschränkte Systeme, und nach meiner Vorstellung ist zum Beispiel ein Feld ein verschränktes System nicht von Dingen sondern von Kraftwirkungen. Vielleicht ist auch der Raum selbst ein verschränktes System, nämlich von Abständen. Es gibt auch physikalische Größen, die ein Objekt unabhängig vom Raum beschreiben, wo Du also zur Beschreibung keine Abstände benötigst – zum Beispiel Energie über die Formel E=h/T, hier geht nur die Zeit ein. Auch das Symmetrieargument zieht nicht, weil nicht klar ist, woher die Symmetrie des Raumes kommt – war sie von Anfang an da, oder wird sie erst durch invariante Translationen erzeugt (die gleiche Frage wie die bei Henne und Ei). Raum und Gegenstand gehören nicht untrennbar zusammen, es gäbe sonst keine nicht-lokalen Korrelationen zwischen Gegenständen.

Dann schreibst Du:

„Die Mathematik ist die immer vollständigere Explikation, Ordnung, strukturelle Bestimmtheit zu erfassen.“ Wie kommst Du darauf ? Das ist ein höchst naive Vorstellung!

Die Mathematik ist ein sprachliches Instrument, mehr nicht. Bei der Mathematik ist zu unterschieden: die Mathematik m i t vollständig festen Randbedingungen – oder die Mathematik o h n e feste der Randbedingungen. Bei festen Randbedingungen sagt die Mathematik einer jeden physik. Theorie einen Messwert vorher. Bei variabel gehaltenen Randbedingen sagt jede Theorie vorher, was wir unter allen möglichen Randbedingungen beobachten werden. Sie beschreibt dann das Mögliche – nicht die Realität. Sie beschreibt in ihrer allgemeiner Form auch nicht die zukünftige Realität = Messwerte, denn um diese zu erhalten, musst Du wieder die Randbedingungen einsetzen.

Die Wurfparabelgleichung zum Beispiel beschreibt im allgemeinen Fall (ohne Festlegung der Randbedingungen) die Schar aller möglichen Wurfparabeln. Jede einzelne ist aber wieder durch Randbedingungen festgelegt. Die Schar also selbst ist nur ein gedankliches Konstrukt. Also kannst Du sagen, die Mathematik beschreibt gedankliche Möglichkeiten-Konstrukte. Diese sind aber nicht bestimmt. Das gedankliche Konstrukt Zustandsvektor, Feld oder Wellenfunktion ist höchst unbestimmt. Und wie bei Definition der Randbedingungen aus diesem Unbestimmten plötzlich ein Messwert emergiert, ist vollkommen unverstanden.

Explikation, Ordnung und strukturelle Bestimmtheit schaffen die Naturgesetze, aber dies nicht als eine von den Gegenständen unabhängige übergreifende „Macht“, sondern nur als Regel, die einzuhalten ist. Woher diese Regel kommt – vom lieben Gott oder aus dem Nichts so wie der Urknall – ist ebenfalls vollkommen unklar.

Du schreibst:

„Unter dieser Voraussetzung darf ich das Modell als Beschreibung der Realität, die theoretischen Größen als korrekt interpretierbare betrachten.
Warum sagst Du dann, daß das Modell nur heuristischen Wert hat? Damit ist Wissenschaft auf Nutzen, Wahrheit auf Pragmatik reduziert.“

Genau so ist es: Die Physik hat sich reduziert auf das Auffinden nützlicher Erkenntnisse, sie entfernt sich immer mehr von jeder Wahrheit (aus der lokalen). Ihre Wahrheit ist der Pragmatismus. Physiker können Realisten und Konstruktivisten gleichzeitig sein, und Logik hier schließt logische Widersprüche andernorts nicht aus. Deshalb plädiere ich ja dafür, dass die Philosophie sich von der Physik unabhängig macht und erst mal den Begriffen und Methoden der Physik auf den Grund geht, statt immer nur die Physik anzustaunen. Hat schon mal jemand kritisiert, wenn von der Entstehung von Raum und Zeit die Rede ist (nach dem Urknall). Entstehung setzt ja Zeit voraus (ein Vorher und ein Nachher). Die „Entstehung“ von Zeit gibt es also nicht. Aber noch nie eine Widerrede gehört von Seiten der Philosophie, sie ist mucksmäuschen still, wenn Physiker ihre großartigen Erkenntnisse unters Volk streuen. Die Philosophie müßte sagen: es ist unlogisch davon zu sprechen, das die Zeit nach dem Urknall „entstanden“ ist. Logisch wäre es zu sagen: „wir können über die Entstehung von Zeit nichts Sinnvolles sagen.“
Stattdessen höre ich, wie wunderbar doch die Mathematik alles beschreibt.

Grüße auch an Dich in den Urlaub
Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
bei vielem würde ich mitgehen, und ich möchte keine wortklauberischen Debatten über Begriffe führen. Was ich nicht verstehe, ist Deine Trennung von Funktionalismen und Ontologie. Nach meinem Verständnis ist das Sein spezifiziert in alle Objekte (Objekt hier nicht im Sinn materieller Dinglichkeit, sondern im Sinn von Sujet, auch eine Welle ist ein Objekt), die sich aus der Differenzierung von Strukturen und Funktionen ergeben. Ein Ding ohne Struktur und ohne Funktion ist kein Ding. Ich verstehe also nicht, was Du mit Ontologie meinst jenseits (oder hinter) der Strukturalität und Funktionalität. An dieser Stelle unterscheide ich nicht zwischen Strukturalismus, Strukturfunktionalismus und funktionaler Systemtheorie.
Die Objekte sind je nach Objektbereich komplex, multidimensional, die Dimensionen können unabhängig voneinander sein oder nicht. In der theoretischen Betrachtung kann ich einzelne Dimensionen oder Dimensionsgruppen isolieren, dann betrachte ich die Objekte unter einer eingeschränkten Perspektive, sinnvoll ist das vor allem (weil dann eine Dynamik berechenbar wird), wenn es diese relative Unabhängigkeit gibt, oder sie hergestellt werden kann. Das ist eine Abstraktion vom Sein, aber sie stellt doch Aspekte dieses Seins zur Ansicht.
Was ist aber die Ontologie des Objekts anderes als der Inbegriff aller an ihm feststellbaren Aspekte? Damit leugne ich wohlgemerkt nicht, daß ich immer nur eine unvollständige Beschreibung liefern kann, es sind immer nur die Aspekte, die ich schon an ihm entdeckt und in eine formale Sprache gekleidet habe, und es ist immer die Frage, mit welcher Exaktheit dies geschehen ist, nur bei einem Zustandsraum mit nur endlich vielen Möglichkeiten kann es absolute Exaktheit geben, vielleicht nicht einmal dann.

Freilich habe ich so eine Doppelbedeutung von theoretischer und Realstruktur, die theoretische ist die verstandene abstrakte logisch-mathematische Struktur des formal Bestimmbaren, die Realstrukturen sind die inhaltlich interpretierten Formalstrukturen, die zu meinen Erfahrungen und etwas genauer zu meinen empirischen Untersuchungen passen. Warum soll ich nicht hypothetisch annehmen können, daß die Realität so ist, solange ich keine Abweichungen beobachte? Die Realität ist nicht vollständig zu begreifen (das könnte nur der nichtexistente Gott, der weiß, was im Reich des Geistes möglich ist, und was alles in der wirklichen Welt davon realisiert ist). Ein sinnvoller Begriff der Ontologie stellt die kategorial getrennten Gegenstandsbereiche in der Wirklichkeit fest, nicht die Differenz von inhaltlichem Sein und formaler Möglichkeit, denn ich wüßte nicht, wie das Sein anders als hypothetisch in seiner strukturalen und funktionalen Bestimmtheit, also in Begriffen der Logik und Mathematik erfaßt werden könnte. Ein bestimmtes Sein jenseits seiner mathematischen Beschreibung kann es in einer rationalen, unmetaphysischen chemophysikalischen Weltsicht nicht geben.
Das ändert sich mit Blick auf die Welt von Subjekten, aber die werden physikalisch ja nicht thematisiert (abgesehen von der Erkenntnistheorie).

„Wie kommst Du darauf ? Das ist ein höchst naive Vorstellung!“
Nein. Naiv wäre, die Bestimmtheiten falschen Objektklassen zuzuordnen. Eine konsistente strukturelle Bestimmung ist allgemeingültig. Naiv wäre, aus dieser Allgemeingültigkeit auf Realität zu schließen. Das tue ich nirgends.

„Bei der Mathematik ist zu unterschieden: die Mathematik m i t vollständig festen Randbedingungen – oder die Mathematik o h n e feste der Randbedingungen.“
Das ist eine merkwürdige Formulierung. Richtig ist: es werden in der Mathematik Einzelobjekte und Objektklassen untersucht. Die Einzelobjekte sind durch Konstanten und gebundene Variablen bestimmt. Allgemeine Gesetze werden in Aussagen mit (ungebundenen) Variablen formuliert. Deine Mathematik mit festen Randbedingungen ist nur die Konkretisierung von allgemeinen Zusammenhängen, die ohne feste Randbedingungen formuliert sind.
Du redest von der (Wert-)Möglichkeit als dem Bildbereich, der durch Randbedingungen auf eine realisierte Bestimmtheit festgelegt wird. Der Möglichkeitsraum der Mathematik ist jedoch das allgemeingültige Vorliegen einer für alle konkretisierbaren Randwerte von der gesetzmäßigen Struktur eindeutig vorgeschriebene Zuordnung. In Deinem Beispiel: die mathematische Gesetzmäßigkeit der Wurfparabel ist die Struktur der Parabelgleichung (eines Polynoms zweiten Grades), selbstverständlich unter der Idealbedingung eines Zweikörperproblems.

„Explikation, Ordnung und strukturelle Bestimmtheit schaffen die Naturgesetze, aber dies nicht als eine von den Gegenständen unabhängige übergreifende „Macht““.
Selbstverständlich. Man kann überhaupt nicht die Meinung vertreten, daß die Logik/Mathematik die Wirklichkeit bestimmt, also der Geist wie im naiven ontologischen Idealismus das Sein. Aber vertrittst Du einen naiven erkenntnistheoretischen Realismus? Diese einseitigen Positionen sind kaum zu halten. Ich halte es mit dem hier öfters diskutierten Strukturenrealismus, dazu reicht schon sein pragmatischer Nutzen, ohne Probleme auszukommen, die sich in anderen Ansätzen ergeben, die sich insofern als Scheinprobleme auflösen lassen.

Daß die Philosophie keinen Grund hat, sich hinter der Physik zu verstecken oder diese aus ihrer reflexiven Arbeit herauszunehmen, sie als unhinterfragbare Fundamentalwissenschaft von Allem hinzunehmen oder sogar vorauszusetzen, – dem stimme ich uneingeschränkt zu.

Übrigens. Die Mathematik beschreibt nicht nur wunderbar alles (Beschreibbare), sondern auch das unbeschreiblich Schöne, wenn man es nicht nur fühlen, sondern begreifen will, und auch unsere Werte wollen verstanden werden, lassen sich, wenn überhaupt, strukturell explizieren.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfgang,

vielen Dank für Deinen langen Beitrag, der mit viel tiefgehenden Überlegungen einher geht, und ich fühle mich dadurch aufgefordert, auch ausführlich zu antworten, ich hoffe Du nimmst es mir nicht übel, wenn mein Widerspruch manchmal heftig ausfällt, mein Temperament geht dann mit mir durch.

Also hier:

Ein Ding ohne Struktur ist kein Ding? Und Lichtquanten oder Elektronen als reduzierte und idealisierte Modellobjekte funktionieren deshalb gut, weil ihre Aspekte so gut funktionieren ? Man kann das so sehen, ja. Aber dann
 i s t  ein Lichtquant als Aspekt einer Ontologie keine Ontologie, sondern nur der Aspekt einer Ontologie, und die Ontologie als Ganzes  bleibt unbekannt.  Noch schlimmer: da alle Dinge dann Struktur sind, mit Einzelaspekten, dann besteht die Ontologie dieser Welt aus dem Universum insgesamt, dann gibt es nur eine einzige Struktur, nämlich das Universum, und dann landest Du im Trivialen. Wie gesagt, man kann das so sehen, aber dann verabschiedest Du dich von dem Denken, das in uns von Klein auf in uns verankert ist, nämlich, dass alles aus Bausteinen aufgebaut ist, und Du kannst den Begriff Einzelheit nicht mehr begreifen, weil der nur einen Aspekt dann   v o n   w a s   wiederspiegelt, und die 1 in der Menge der rationalen Zahlen ist nur ein Aspekt der rationalen Zahlen. Sage das mal einem Mathematiker.

 Ja und ein bestimmtes Sein kann es jenseits seiner mathematischen Beschreibung in einer rationalen unmetaphysischen chemophysikalischen Welt nicht geben?

Was ist denn ein bestimmtes Sein. Ist ein physikalischer Gegenstand (z.B. ein Atom) ein bestimmtes Sein? Sind die Kräfte zwischen den Dingen ein bestimmtes Sein. Ist die Möglichkeit, dass es morgen regnet, ein bestimmtes Sein? Wir sagen ja, es gibt diese Möglichkeit, und zwar heute, in diesem Gegenwartsmoment. Welches Sein hat dann die Möglichkeit, die es gibt? Und welches Sein hat ein physikalisches Feld? Welches Sein? Ich meine, das alles sind keine bestimmten Seins, sondern alles Formen des Seins, und die meisten sind unbestimmt. Und die Mathematik beschreibt diese Unbestimmtheiten, und zwar deshalb, weil bei unbestimmten (nicht festgelegten) Randbedingungen alle relationalen physikalischen Größen, die zur Beschreibung eines Gegenstandes dienen (Ort, Impuls, Drehimpuls, Energie), keine definierten Werte haben – aus logischen Gründen. Denn wenn in einer Struktur etwas unbestimmt oder unscharf sind, sind auch alle anderen Dinge, die in Beziehung zu diesem Etwas in der Struktur stehen, auch unbestimmt oder unscharf – aus logischen Gründen. Und wenn die Mathematik Strukturen beschreibt (was sonst ?), beschreibt sie das so vorhandene unscharfe Sein. Mit dieser Idee kommst Du nicht weiter – Die Mathematik sagt Dir, welche Zahlenwerte Du den physikalischen Größen, die ein Einzelding beschreiben, unter diese und jenen Randbedingungen zuordnen kannst. Das beschreibt die Mathematik, nicht mehr und nicht weniger. Letztendlich beschreibt sie die zu jedem Zeitpunkt gegebenen objektiven Wert-Zuordnungs-Möglichkeiten, also das in der Realität vorhandene Potentielle für Beobachtungen. Sie beschreibt dieses Potentielle, und damit ein besonderés Sein, nämlich Wert-Zuordnung-Möglichkeiten. Sie beschreibt nicht das was ist. Es ist einhellige Meinung in der Physik, das die Mathematik der Quantentheorie nur das beschreibt, was unter bestimmten Meßbedingungen beobachtet wird (einen Meßwert), und eben nicht die Welt beschreibt, wie sie objektiv außerhalb von Messsungen beschaffen ist. Ich fürchte, dass Du einen Realismus vertritts, der sich nicht mehr zeitgemäß ist, der aber noch von vielen geteilt wird.

Was die physikalischen Modelle anbetrifft, so ist doch die Kernfrage: spiegeln diese Modelle die Realität wieder, und wenn nicht, wie nah sind sie dran. Antwort: sie spiegeln die Wechselwirkungen, die in der Realität auftreten, sehr genau wieder. Die empirische Adäquatheit physikalischer Theorien besteht genau darin: die Modellkräfte und die realen Kräfte gleichen sich 1:1. Aber die Modellobjekte gleichen den Realobjekten nicht, weil sie idealisiert und reduziert sind, und zwar soweit, dass sie nur noch kausale Eigenschaften haben, aus denen die Kräfte herrühren. Beispiel: Massenpunkte und Lichtquanten. Die Modellobjekte sind nur Stellvertreter für das, was in der Realität die richtigen Kräfte ausübt – mehr sind sie nicht. Und deshalb gibt es Emergenz, weil die Eigenschaften, die Emergentes erklären könnten, bei der Modellierung wegreduziert wurden. Also: die Modelle funktionieren, wegen der empirischen Adäquatheit der Kräfte, und die sind hervorragende Instrumente, um einen Funktionalismus anschaulich zu machen, sie machen aber keine agierende Ontologie anschaulich, sondern nur eine Ontologie, die aus reduzierten Gebilden besteht. Wer glaubt, die Modellobjekte wären nah an der Wirklichkeit, muss Massepunkte um die Sonne kreisen lassen, und Lichtquanten Frequenzen zuordnen, was beides absurd ist.

Naturgesetze sind keine von den Gegenständen unabhängige Macht – wo soll die denn herkommen (vom lieben Gott)? Man redet von Naturgesetzen, weil nicht alles möglich ist, das ist keine metaphysische Wahrheit, sondern der zusammenfassende Begriff für beobachtete Einschränkung von Beliebigkeiten

Ich bin doch in wesentlichen Fragen weit von Dir weg, was nicht verkehrt ist, weil so können wir uns auseinandersetzen und abgrenzen und auch jederzeit die eigene Ansicht hinterfragen. Ich lasse mir trotz allem durch den Kopf gehen, was Du schreibst. Ich glaube, ich bin kein Realist, ob wohl das sehr schwer ist, realistisches Denken abzulegen.

Viele Grüße
Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
Man kann sich die Phänomenologie des Denkens als einen geometrischen Raum vorstellen. Die Linie steht für die Reiz-Reaktions-Ordnung, auf der sich der Großteil unseres alltäglichen Lebens abspielt. Die Fläche symbolisiert die Wissenschaft, in der die Welt durch Theorien formalisiert wird. Der Raum eröffnet eine Metaebene, von der aus man die verschiedenen Theorien vergleichend betrachten und ins Verhältnis setzen kann. Während die Fläche dem naiven Realismus entspricht, markiert der Raum den Übergang zum Relativismus. Eine virtuelle vierte Dimension schließlich – von der aus sich auch die Metatheorien selbst relativieren – repräsentiert den vollen Relativismus: nicht nur anthropozentrische Theorien, sondern auch ganze Kulturen werden darin relativiert (auch die westliche).
Ausgehend von dieser metaphorischen Geometrisierung lässt sich je nach Bedarf zwischen den Dimensionen wechseln. In diesem Sinne ließe sich von einem realistischen Relativismus sprechen.
Auf diese Weise lösen sich erkenntnistheoretische Konflikte in Wohlgefallen auf.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

bitte diesen Kommentar löschen, da doppelt.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfgang,
welchen Relativismus meinst Du ?

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

ich meine einen philosophischen Relativismus, keinen physikalischen. Die Physik – wie alle Wissenschaften auf der „Fläche“ angesiedelt – kann die Welt nicht erklären. Dazu bedarf es des Blickes aus der Metaperspektive („Raum“), die allerdings ebenso relativistisch zu betrachten ist.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfgang,
was ist denn ein physikalischer Relativismus, und was ein philosophischer? Und die Metaperspektive bedeutet ja, das es zwischen Beobachter und Beobachteten eine Distanz gibt. Und dass diese Distanz entsteht, hast Du in Deiner Erkenntnistheorie behauptet, nämlich im Zuge der neuronalen Verarbeitung von Signalen aus der Außenwelt. Neuronale Prozesse erzeugen Distanz, so steht es da, und das scheint mir auch richtig zu sein. Also gibt es einen Blick aus der Distanz, oder nicht? Da haben wir doch eine Meta-Perspektive, auch wenn diese nicht vollkommen ist, oder ?
Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Distanz zwischen Subjekt und Objekt ist etwas ganz anderes als eine metatheoretische Perspektive.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Die Frage der Orthogonalität habe ich zu beantworten versucht. Man kann freilich die Theoriebildung, das Denksystem mit der gedachten Realität metatheoretisch in einen gemeinsamen Oberraum einbetten, dann bekäme man das Verhältnis von Theorie und Welt in den Blick, und dann wäre dieses Verhältnis eine Abbildung, die notwendig nicht isomorph, aber sinnvollerweise homomorph ist. Es muß immer eine rechtseindeutige Abbildung von der überkomplexen Welt auf die unterkomplexe Gedankenwelt sein, besser auf als in. Diese Situation erlaubt selbstverständlich konkurrierende, in sich widerspruchsfreie Theorien.

Die Distanz zwischen Subjekt und Objekt ist eine metatheoretische Perspektive des Subjekts, oder ist hier jemand Gott? Die Diskrepanzen der unterschiedlichen Modellierungen lassen sich nicht auflösen, nur relativieren. Richtig ist: der Relativismus ist keiner der Physik, sondern des Denkens der Physik, er liegt auf der Seite des Subjekts, wie gesagt unauflösbar, aber relativierbar.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
Stell dir die Phänomenologie des Denkens als Raum vor. Die Linie repräsentiert die  Reiz-Reaktion, auf der sich der Großteil unseres Lebens abspielt. Die Fläche repräsentiert die Wissenschaft, in der die Welt formalisiert wird. Dort sind die jeweiligen Theorien angesiedelt. Der Raum repräsentiert die Metaebene, von wo aus man von oben auf die verschiedenen Theorien blickt und sie gegeneinander ins Verhältnis setzen kann. Während die Fläche den naiven Realismus widerspiegelt ist der Raum ein erster Schritt in Richtung Relativismus. Eine virtuelle vierte Dimension, von der aus man alle Metatheorien ins Verhältnis setzen kann, repräsentiert den vollen Relativismus. Ja relativieren sich nicht nur alle anthropozentrischen Theorien, sondern auch alle Kulturen. 
Ausgehend von einer solchen metaphorischen Geometrisierung ist es leicht, zwischen den verschiedenen Dimensionen je nach Bedarf zu wechseln. Es ist, wenn man so will, eine Art realistischer Relativismus.
Damit lösen sich alle erkenntnistheoretischen Konflikte in Wohlgefallen auf – es sei denn, man hält an Gott, einem Weltgeist oder einem sonstigen Objektivismus fest.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

Du hast mich richtig verstanden, die handfeste. entscheidbare Ontologie gibt es für mich nicht. Das ist eine Konsequenz aus dem Kantschen Ding-an-sich. Daher verstehe ich auch nicht die in diesem Forum präsenten „Neopositivisten“ (so möchte ich sie nennen, denn so wenig sie sich mit dem vulgären Positivismus identifizieren lassen wollen, so läuft doch alles auf eine subjektlose Welt hinaus; Denken ist die naturgesetzliche Informationstransformation von input in den bzw in dem Organismus, unsere Vorstellungen, unser sinnhaftes Denken ist nur die – im Grunde überflüssige – Erzeugung eines illusionären Weltbildes*). Nicht daß sie die epistemische Ebene leugnen, sie leugnen nur eine Unabhängigkeit, eine eigene, eigenartige Realität, die auf die ursprüngliche Realität zurückwirkt. Damit ist das Geistige vollkommen rückführbar auf das Materielle, und damit verliert es seine Bedeutung für die Außenwelt als Wirklichkeit (im Hegelschen Sinn) in ihr, hat nur noch eine innerorganismische Funktion, etwa als homöostatische Anpassung. Selbstverständlich ist diese positivistische Auffassung eine Denkmöglichkeit. Wenn ich ihr widerspreche, dann nur, weil sie, wie die des absoluten Idealismus, auf mE zu gravierende Dissonanzen führt (ansonsten habe ich nichts gegen einen Pluralismus der Ansätze, und ja, es ist schön, wenn man das hier diskutieren kann). Gegenüber einem materialistischen wie idealistischen Monismus ist ein (relativer) Dualismus von einfachem und sprachartigem reflexivem Sein, Bewußtsein, noch am zwanglosesten vertretbar, der gleichzeitig den Vorteil hat, mit unserer Erfahrung zu harmonieren. Das ist kein schlagendes Argument, aber es stellt jeglichen Monismus vor ein gewaltiges Legitimationsproblem, und es verwundert, mit welcher Chuzpe oder zumindest Befangenheit es von manchen weggedrückt wird, gegen die eigene Maxime wissenschaftlicher Unvoreingenommenheit.

Zu Deinen Widersprüchen.
„Ein Ding ohne Struktur ist kein Ding?“ Den ersten Selbstwiderspruch, den die Sprache produzieren kann, ist, daß sie ein unmögliches Ding bezeichnen kann. Damit gibt es ein Ding, das kein Ding ist. Ein ähnliches Problem hatte die frühe Mathematik mit der Null: eine Zahl die keinen Zahlenwert hat, weder positiv noch negativ. Sie ist etwas und sie ist nichts. Tatsächlich handelt es sich hier um ein Scheinproblem, wie in seiner allgemeinsten Fassung: Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?
Zunächst ist festzustellen, daß sich zwei Objektbegriffe im Ding verstecken, womit sich ein Widerspruch durch eine sprachliche Präzisierung sofort beheben läßt. Rede ich von einem Ding, muß ich das Sprachobjekt vom semantischen Bedeutungsobjekt unterscheiden. Ich kann alles zum Sprachobjekt machen, also auch etwas, das nicht existieren kann. Beziehe ich mich auf Reales, existiert das Sprachobjekt in der Doppelbedeutung, ein syntaktischer Ausdruck zu sein, der auf etwas Inhaltliches, ein Realobjekt oder ein nur vorgestelltes Objekt verweist. Ein syntaktisch widersprüchliches Objekt ist sprachlich möglich, aber nicht als Realobjekt, es kann nicht zugleich als A und als ¬A bestimmt sein. IA sind Dinge multidimensional zu bestimmen. Und eine Bestimmung A definiert zunächst eine unbestimmt große Dingklasse, diese Klasse (Menge) kann man einschränken durch zusätzliche Bestimmungen, bis genau ein Ding beschrieben wird, eine zusätzliche Bestimmung macht die Klasse dann leer, überdeterminiert, zur leeren Menge. Die leere Menge ist aber nicht nichts, sondern eine Menge, die kein Element enthält. Damit wären wir bei 0 und 1. Zahlen sind strukturelle Entitäten. Hier ist die erste Bestimmung die Unterscheidung von Kardinal- und Ordinalzahlen, beide meinen etwas verschiedenes, werden aber (im endlichen Bereich problemlos) mit dem gleichen Symbol beschrieben. Ihre herausragende Stellung in Zahlensystemen haben 0 und 1 durch ihre Eigenschaften als Null- und Einselement (das Einselement im Körper der komplexen Zahlen ist die <1,0>, nicht <1,1> und nicht <0,1>, und es gibt manchmal rechts-/linksneutrale Elemente). So weit, so trivial. Und das ist Dir sicher auch klar. Daher verstehe ich nicht, was Du mit „Du kannst den Begriff Einzelheit nicht mehr begreifen, weil der nur einen Aspekt dann  v o n  w a s  wiederspiegelt, und die 1 in der Menge der rationalen Zahlen ist nur ein Aspekt der rationalen Zahlen. Sage das mal einem Mathematiker.“ sagen willst. Bestimmte Zahlensysteme eignen sich besonders für die Darstellung bestimmter Arten der Zusammensetzung und der Einheitlichkeit, und es ist doch gerade der Witz der Mengenbildung, daß Gesamtheiten strukturiert sind. Gerade die einfachste Form der mengentheoretischen Zusammenfassung, die von extensional wohlunterschiedenen Elementen, deckt sich mit unserem naiven Verständnis materieller Gegenstände, sie nehmen unterschiedliche, sich nicht überschneidende abgegrenzte Volumina im Raum ein. Auch wenn sich diese Sicht nicht über den Mesokosmos hinaus anwenden läßt, sie würde ihre praktische Bedeutung nicht einbüßen, wenn wir eine passendere einheitliche Darstellung der Physik fänden.

Desweiteren verstehe ich nicht, was Deine Kritik an der logisch-mathematischen Modellierung der Welt im Denken ist. Wie kann ich etwas denken und kommunizieren, wenn ich es nicht strukturell bestimmen kann? Daß das Wissen der Welt das Wissen einer unbegreifbaren Menge von unzusammenhängenden Einzeltatbeständen der Welt ist, ist in meinen Augen schon absurd für eine stabile Totalität, umso absurder, wenn die Welt eine dynamische Totalität ist. Es ist also nötig, die Dynamik mathematisch zu beschreiben, das geschieht mit mathematischen Funktionen, Strukturmannigfaltigkeiten, Zustandsräumen. Die Hamiltonschen und Lagrangeschen Gleichungssysteme beschreiben die klassisch-mechanische Welt. Kennst Du denn eine bessere nichtmathematische Beschreibung? Ich wüßte nicht, wie man die Welt ohne mathematische Beschreibung (im weitesten Sinne) verstehen könnte. Was sich nicht als Struktur, Ordnung verstehen läßt, ist nicht zu verstehen. Selbstverständlich erfordern bestimmte Erkenntnisbereiche entsprechend bestimmte mathematische Modelle. Bei der Untersuchung der Mikrowelt hat man feststellen müssen, daß die theoretische Konstruktion von Objekten der Mesowelt nicht funktioniert, Quantenobjekte sind anders bestimmt als die Objekte unserer Erfahrungswelt, also müssen auch die mathematisch formalisierten Objekte der Quantentheorie anders bestimmt sein. Hier trifft man auf komplementäre Beobachtungsgrößen, sogar eine scheinbar spukhafte Fernwirkung. Daher redet man von einem quantentheoretischen Formalismus und einer Quantenlogik, es sind aber nur andere Formen mathematisch-logischer Strukturen, Funktionen, Relationen, mit denen Erfahrbares interpretiert wird.

„Denn wenn in einer Struktur etwas unbestimmt oder unscharf ist, sind auch alle anderen Dinge, die in Beziehung zu diesem Etwas in der Struktur stehen, auch unbestimmt oder unscharf – aus logischen Gründen“ – ich denke: nein. Wenn Du nicht die Tautologie meinst, daß Dinge, die in Abhängigkeit einer Unschärfe stehen, diese widerspiegeln müssen, kann man das nicht sagen. Wenn bestimmte Größen komplementär oder prinzipiell unscharf sind, bedeutet das keineswegs, daß andere Größen auch komplementär oder unscharf sein müssen. Auch in der Physik der Mikrowelt sind manche Größen „klassisch“, unabhängig und scharf.
„Und wenn die Mathematik Strukturen beschreibt (was sonst ?), beschreibt sie das so vorhandene unscharfe Sein.“ – Auch das muß man anders formulieren: es wird keine Aussage über das Sein, sondern über die Beobachtung des Seins gemacht. Man kann komplementäre Beobachtungsgrößen durchaus scharf beobachten, aber eben nur komplementär mit einer korrespondierenden unscharfen Größe, die gleichzeitige scharfe Beobachtung zweier oder mehrerer komplementärer Größen ist nicht möglich. Und bei der scharfen Beobachtung bleibt die Frage, wie real/objektiv diese ist (der quantentheoretische Schnitt wird von der Beobachtung erzeugt).
Mit diesen Präzisierungen vertrete ich keinen naiven Realismus.

„Aber die Modellobjekte gleichen den Realobjekten nicht, weil sie idealisiert und reduziert sind“ – dem stimme ich zu. Die Wirklichkeit ist zu verzweigt und komplex, um verstanden zu werden; und selbst, wo diese Gesamtwirklichkeit mathematisch beschrieben werden kann, zB in der Formel der ART, ist sie nicht berechenbar. Was wir von der Wirklichkeit verstehen können, ist, was wir angemessen abstrahiert und idealisiert in Modellen erfassen können. „und zwar soweit, dass sie nur noch kausale Eigenschaften haben, aus denen die Kräfte herrühren.“ – diesen Halbsatz verstehe ich nicht, vermutlich meinst Du mit kausalen Eigenschaften deterministische Ursache-Folge-Beziehungen, die in der Tat die Ausschaltung aller Störfaktoren bei der Untersuchung eines strikten Zusammenhangs erfordern. Aber nehmen wir den Masseschwerpunkt eines realen Festkörpers. Er ist kein fiktiver Bezugspunkt, sondern ein realer Punkt im Festkörper, derjenige Punkt, um den sich der Festkörper dreht, falls er einen Drehimpuls hat, und der zur Berechnung der Bewegungsgleichung benötigt wird, wenn der reale Körper von einer vektoriellen Kraft an irgend einer Stelle seine Oberfläche angestoßen wird. Daher verstehe ich nicht, daß das nur eine theoretische mathematische Größe sein soll.

„da alle Dinge dann Struktur sind, mit Einzelaspekten, dann besteht die Ontologie dieser Welt aus dem Universum insgesamt, dann gibt es nur eine einzige Struktur, nämlich das Universum, und dann landest Du im Trivialen.“ – Das wäre der Fall, wenn die Welt vollständig begreifbar wäre, das ist sie aber aus prinzipiellen Gründen nicht, wir können sie nur häppchenweise, also, wie Du schreibst, abstrahierend und idealisierend beschreiben/modellieren. Und wir haben keinen Grund, die Welt als frei von Zufälligkeit, also als geschlossenes determiniertes System begreifen zu müssen.

„aber dann verabschiedest Du dich von dem Denken, das in uns von Klein auf in uns verankert ist, nämlich, dass alles aus Bausteinen aufgebaut ist“ – damit sagst Du: das haben wir so gelernt, dabei müssen wir bleiben.
Merkwürdig finde ich in Deiner Argumentation, daß Du so auf eine Art Atomismus zurückkommst, den Aufbau der Welt aus elementaren Grundbausteinen. Das wäre nach meinem Verständnis ein materialistischer Reduktionismus. Oder sehe ich das falsch?
Übrigens widerspreche ich dem atomistischen Reduktionismus fundamental dadurch, daß ich Emergenz/Komplexität fundamental anerkenne. Eine komplexe Ganzheit ist nicht auf die konstituierenden Teile des Ganzen zurückführbar, definiert daher ein qualitativ anderes (ontologisches) Sein, einen kategorialen Unterschied, wenn man einen sinnvollen Begriff von Komplexität hat. Philosophisch ist ein komplexes Ganzes von einem komplizierten Ganzen, das sich, wenn auch vielleicht anspruchsvoll, aus seinen Bestandteilen (mechanisch) zusammensetzen läßt, zu unterscheiden. Man kann selbstverständlich das komplexe Sein leugnen, dann ist man Reduktionist. Für mich ist das positivistische Blindheit.

Stegemanns Relativismus stimme ich, allerdings wohl anders, als er meint, zu. Wir können die Wirklichkeit nur denkend wissen, und Denken ist, wenn auch intersubjektiv und objektivierend, ein subjektiver Sachverhalt, etwas Gemachtes, Konstruiertes, das sich nie völlig der Subjektivität entledigen kann. Es gibt für ein erkennendes Subjekt keine universelle Sicht (view from nowhere). Diese Unbestimmbarkeit können wir nur in einer Relativierung einigermaßen einfangen, die die Perspektive berücksichtigt. Wir können allerdings solche Perspektiven selbst weitgehend objektivieren und vermeiden damit einen absoluten Relativismus, der wie der absolute Objektivismus außerhalb des Denkens liegt.

* so wie das Singer und Roth ursprünglich gemeint haben (ich kenne neuere Äußerungen, die sich als Relativierung verstehen lassen), unser Denken (gemeint ist: das physiologische Verarbeiten von Reizen) finde statt und entscheide unbewußt, unwillkürlich, bevor es sich eine rationalisierende Interpretation als eines subjektiven, autonomen Denkakts zurechtlegt; dem könnte man eine psychische Funktion zusprechen, der freie Wille als nützliche Illusion des Organismus. Das ist nicht ganz falsch, aber vereinseitigend, denn es läßt sich funktional leicht eine Zweigleisigkeit von bewußtlos schneller, unmittelbarer kognitiver sowie langsamer, auf eine einigermaßen konsistente autogene Gedankenwelt sich beziehende, also reflexiv-kognitive Beantwortung/Bearbeitung des inputs plausibel machen, die die Selbsterfahrung eines Subjekts verständlich und biofunktional deutbar macht. So läßt sich auch die absurde Debatte über die Willensfreiheit oder -unfreiheit des Menschen auflösen. Als Objekt ist der Mensch unfrei, als Subjekt frei; er ist, freilich in unterschiedlichem Maße, beides, ein Naturobjekt und in mehr oder weniger engen Grenzen ein selbstbestimmtes Subjekt. Sobald es Bewußtsein gibt, ist das selbstorganisierende Tier auch ein selbstbestimmendes Tier. Trial and error, ein subjektunabhängiger, selbstkorrigierender Rückkopplungsprozeß, zielt auf eine angemessene Reaktion, bewußtes Lernen ist eine systemische Beziehung zwischen der Ereignisebene und der Vorstellungsebene. Diese Reaktion ist mehr als nützlich, in ihr drückt sich ein Verständnis aus, dieses Verständnis ist nicht nur nützlich, sondern eine bidirektionale Relationalität, es charakterisiert eine Art „Wahrheit“, einen Parallelismus: statt nur angemessene Antworten zu geben, ist es der abbildungstheoretische Zusammenhang (mit א auf der Seinsebene, A auf der Bewußtseinsebene): א → A, ¬א → ¬A, also: א ↔ A. Wenn es also eine Verzweigung gibt א → Aϵ{Aᵢ}, die durch eine subjektive Entscheidung, die Entscheidung für einen Index determiniert werden kann, dann legt das Subjekt analog zum quantentheoretischen Schnitt, die Zukunft אᵢ durch seine kalkulierte Wahl des Indexes aufgrund eines rationalen Vergleichs der Möglichkeiten Aᵢ fest. Wie ich schon sagte, die grundlos willkürliche Wahl ist nicht zu unterscheiden von einer zufälligen Ereignisfolge, damit wird das Subjekt nicht zum Subjekt. Es ist die inhaltlich begründete Entscheidung für eine Zukunft אᵢ anhand der Möglichkeiten {Aᵢ}.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hi,

Eure (obige) Diskussion zerlegt sich an den zig unbestimmten Voraussetzungen (Begriffen), denen jede Eurer Konstruktionen unterliegt – deshalb ist sie komplex und buchstäblich bodenlos. Zu den wichtigsten und unabdingbaren dieser undefinierten Voraussetzungen gehören ein sauberes Verständnis der a) vor- bzw. außersprachlichen ‚Welt‘ (Ding-an-sich) und b) der Zeit. Mir ist klar, daß mein Kommentar das Thema sehr weit aufzieht, aber vielleicht bewirkt er ja auch eine Konzentration auf das Wesentliche, denn Eure Texte sind tausendfach interpretierbar.

zu a)
Die griechische Mythologie nannte die vor- bzw. außersprachliche Welt Chaos, die Hebräer nannten sie Tohuwabohu. Anaximander nannte sie Apeiron, was das Unbegrenzte bedeutet, aber nicht im Sinn von unendlich, sondern im Sinn vom ungeteilt (die Teilung ist der Gegenstand der Sprache). D.h. die vor- bzw. außersprachliche Welt ist unbestimmt und komplex – also Rauschen. Sie ist nicht Etwas Bestimmtes, aber nicht Nichts.
Die Sprache, indem sie das Apeiron durch Benennung teilt, wirkt wie ein Filter, das einen Teil des Rauschens eliminiert, also seinen Möglichkeitsraum reduziert. Mit dem Benennen des Apeiron geht ein Verzicht auf Wissen einher, der sukzessive die ‚Welt‘ dadurch hervorbringt, daß das unvorhersagbare und gestaltlose Rauschen zunächst zu wackeligen Schemen und schließlich zu ‚stehenden‘ Gestalten ‚gefriert‘. Die ‚Welt entsteht durch Verzicht, nicht durch Konstruktion.
Daraus ergibt sich die Maxime: Realität, Wirklichkeit oder Sein gibt es ausschließlich für UNS. Jede Spekulation über das Vor- bzw. Außersprachliche ist blanker Nonsens.

zu b)
Jeder, der schon mal mit Oszillographen gearbeitet hat, weiß, daß die stehenden Signalgestalten nicht an-sich existieren, sondern erst durch das a priori der Synchronisierung (Zeitbasis und Triggerpunkt) entstehen. Genauso weiß er, daß Rauschen, weil komplex, nicht synchronisierbar ist. 
Die ‚moderne‘ modellbasierte-basierte Wissenschaft geht daher ontologisch nicht nur vor die Aufklärung (a priori), sondern auch vor die Sprache selbst zurück und landet, wen wunderts, im Apeiron, im Gestaltlosen. Das irrationale ist nun, daß sie versucht das Apeiron mit klassischen Begriffen, d.h. mit der Sprache zu beschreiben, und die daraus notwendig entstehenden Unsinnigkeiten (Unbestimmt, Unschärfe, Big Bang, etc.) zu Wirkprinzipien ihrer vor- bzw. außersprachlichen Ontologie macht. Auch wenn ich mich wiederhole: die Sprache ist des Werdens nicht mächtig. Die Zeit ist nur das Überbleibsel einer fundamental gescheiterten Ideologie, nämlich des Humanismus/Historismus. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, welche grotesken sprachlichen Verrenkungen die Moderne bereit ist zu akzeptieren um dem ‚Geist‘ zu entgehen.

Mein Fazit: Die Sprache ist nicht alles, aber ohne Sprache ist alles Nichts.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
schön, daß Du Dich hier einmischst. Im Fall von ad a) kommentiere ich mal von hinten. „Daraus ergibt sich die Maxime: Realität, Wirklichkeit oder Sein gibt es ausschließlich für UNS. Jede Spekulation über das Vor- bzw. Außersprachliche ist blanker Nonsens.“ Im Prinzip: ja, aber …. . Ich würde es zwar nicht so strikt sagen, aber im Wesentlichen stimmt es, die Sprache ist der Raum und die Grenze unseres Denkens. Über das Nichts sprechen zu wollen, ist eine contradictio in adjecto. So auch, ohne hier Heidegger nahetreten zu wollen, das nichtende Nichts (Adorno hat zurecht vom Jargon der Eigentlichkeit gesprochen). Der Geist, der stets verneint, ist immer noch Geist, wenn auch ein schwachsinniger, genauer inkonsistenter (denn er müßte sich auch selbst negieren). Eine völlig unbestimmte Welt ist keine Welt. Welt beginnt mit Ordnung, möglicherweise mit einer winzigen Asymmetrie. Aber ich will auch nicht über die kosmische Geschichte reden. Bleiben wir bei unserem von jedem erfahrbaren Lebensraum, und unterstellen wir, er ist nicht nur Traum.
Daß die Welt strukturiert, Ordnung ist, kann nicht bestritten werden; wenn wir die Welt verstehen wollen, müssen wir die Ordnung gedanklich rekonstruieren. Übrigens ist die Erfahrung von Ordnung die Grundlage allen Denkens, egal, in welcher Form wir die Welt – angemessen oder unangemessen – denken. Das Denken konstruiert, und wenn es nicht Selbstzweck ist, dann dient es der Generierung von Wissen. Was selbstverständlich den Irrtum, falsches Wissen einschließt, und darum Mechanismen der Selbstkorrektur entwickeln muß. Und zur Mehrung des Wissens gehört auch das Wissen des Unwissens. Es ist ein Wissensgewinn, wenn man etwas als (vorläufig) nichtgewußt oder gar als definitiv nichtwissenkönnend begreift.
Wir erfahren die Welt als phänomenologisch geordnete, das ist erst einmal Mustererkennung, und Mustererkennung heißt: Redundanz feststellen in dem, was wir wahrnehmen. Der Folgeblick (hier verallgemeinernd für: Wahrnehmung) unterscheidet sich nur differentiell vom Vorgängerblick. Ohne diese Voraussetzung von (relativer) Konstanz keine Welterkenntnis. Jedoch ebensowenig ohne die differenzielle Veränderung, vor allem, primär, das Erkennen der Konstanz des Selbst in der Veränderung.

Daß wir aber die Dinge nicht an-sich, sondern nur für-uns erkennen können, bedeutet doch keineswegs, daß wir den Schluß ziehen müssen, es gäbe sie überhaupt nicht an-sich. Mehr noch: wir dürfen diesen Schluß nicht ziehen. Sosehr sich das unerkennbare An-sich vom Für-uns unterscheiden möge, ist es absurd, das An-sich zu leugnen. Das hast Du sehr schön ausgedrückt mit dem „als ob“. Alle unsere Erkenntnis insinuiert, daß wir tatsächlich die Welt erkennen, wohl wissend um die uns nicht zugängliche Beschränktheit unseres Wissens. Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz ist die ultimative Erkenntnis über unsere perspektivgebundene Mangelhaftigkeit des Denkens.
Dagegen gibt es zwar die pragmatistische Haltung, daß man unter Denken nur die Konstruktion eines Weltbildes versteht, das in der Interaktion mit der Welt nützlich ist; bei dem man sich nicht die Frage stellt, ob die Welt so ist, wie sie gedacht wird, sondern nur, ob diese Konstruktion nützt. Das ist übrigens auch die Grundform unseres Denkens. So sieht die Welt für alle Tiere aus, das ist das Denken ohne reflexives Bewußtsein, ein Mittel zur überlebensdienlichen Anpassung. Das reflexive Denken der Welt ist das menschliche Sahnehäubchen auf die evolutionäre Entwicklung des ZNS und Cortexes, eine im Alltag vernachlässigbare Größe. Wir sind nur marginal „denkende Wesen“. Aber sag das mal einem Theoretiker. Der wird sich zurecht dagegen verwahren, daß er sich nur um die erfolgreichste Rationalisierung eines Glaubensbekenntnisses bemüht. Ein theoretischer Wissenschaftler will, so gut es geht, der Wahrheit auf die Spur kommen, dh die Welt zu denken, wie sie ist (nicht nur, wie es für uns zweckdienlich ist). Ursprünglich waren die Voraussagen der Ptolemäer genauer als diejenigen der Galiläer, aber letztere haben etwas verstanden, die kopernikanische Wende mußte sich durchsetzen.

Ich korrigiere Dich also ein wenig mit Deinen eigenen Worten: Ja, die nichtgedachte, unbewußte Welt ist ein ziemlich weißes Rauschen. Aber nein, nicht die Welt rauscht, sondern das Nichtdenken der Welt. Die Welt ist Ordnung, ob wir den Wechsel von Tag und Nacht bewußt wahrnehmen oder nicht. Unser Denken versucht, dem auf den Grund zu gehen, eine Erklärung für die Ordnung zu finden. Dazu bildet es Strukturvorstellungen, die geeignet sind, das Erfahrene zu erfassen. So konstruieren wir Modelle zur Erfassung der Welt, und um das immer genauer zu erreichen, denken wir über alle möglichen Differenzierungen/Verfeinerungen von Strukturen nach und prüfen, wie gut sie das Meßbare wiedergeben. Irgendwann haben wir bemerkt, daß die naive Vorstellung, daß wir die Wirklichkeit zweifelsfrei vermessen können, oft in die Irre führt. Wir müssen komplexer denken, das Vermessen und die Operation des Denkens der Welt in das Denken der Welt integrieren.

ad b)
Nach meinem Verständnis ist es keine prinzipielle Frage, ob die Welt als ein einheitliches Ganzes oder in unabhängigen Einzelaspekten gedacht werden muß. Ich leugne keines von beidem, ganz sicher trägt alles zum Ganzen bei, aber der Erfolg der naturwissenschaftlichen Einzeldisziplinen wäre unverständlich, wenn es diese Isolierbarkeit und Idealisierbarkeit nicht gäbe.

Nicht klar ist mir, was Du mit „die Sprache ist des Werdens nicht mächtig.“ meinst. Die Hegelsche/Marxsche Dialektik ist ja die Konsequenz daraus, daß eine zu dinghafte Sprache das Denken zu sehr für eine Ideologie präformiert. Ich hatte hier auch schon auf eine noch radikalere Lösung dieser Problematik hingewiesen, die Sprache Tlön. Die ist freilich zu phantastisch, als daß sie ernsthaft in Betracht kommen könnte. Die Dialektik dagegen versucht, die Rationalität auf den Bereich des Subjektiven auszudehnen, sie negiert nicht die klassische Logik, sondern transzendiert sie. Aber klar, das ist die Quadratur des Kreises. Es geht nur, wenn man gutwillig ist, ungefähr. Auf was man sich einigen kann.

In der formalen Logik und Mathematik ist man grundbegrifflich auf das Ding-Konzept festgelegt. Allerdings führt das (zumindest aktual-) Unendliche ganz zwanglos zum Werden. Wenn die Dinge unendlich teilbar sind, ist keine Differenz mehr auszumachen zwischen einem fließenden und einem abrupten Übergang. Wenn der limes-Übergang möglich ist, gilt x,999999…≡x+1. Damit sind wir bei der Kontinuumsmathematik. Sein ist darin Konstanz in der Zeit, Werden ist kontinuierliche (stetige) Änderung (Differenzierbarkeit). Obendrein gibt es die diskontinuierliche Veränderung, eine sprunghafte Wertänderung oder eine sprunghafte Veränderung der differenziellen Veränderung. Das mathematische Ausdrucksmittel für das Werden ist die Funktion. Und eine Funktion kann man auch alltagssprachlich formulieren. Also, was meinst Du mit „des Werdens nicht mächtig“?

Dem fazit stimme ich zu. Und Sprache ist der objektivierte Geist.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

Drei Punkte, die mir wichtig erscheinen:

Mir klappen die Fingernägel hoch, wenn Du von einer Hegel-Marxschen Dialektik sprichst. Aus meiner Sicht gibt es zwischen beiden Dialektiken keinen Berührungspunkt: Hegel spricht von einer a-historischen Entfaltung der Begriffe, während Marx von einer materiellen Evolution in geschichtlicher Zeit spricht. Wie Du das zusammen bringst, ist mir schleierhaft.

Natürlich ist ‚weißes Rauschen‘ die Metapher für die All-Mächtigkeit des noch völlig Unbestimmten. In dieser All-Mächtigkeit ist jede Welt enthalten. Um jedoch eine bestimmte von vielen möglichen Welten zu erhalten, muß man die All-Mächtigkeit/das weiße Rauschen filtern und auf die All-Wissenheit verzichten. Weil aber die All-Wissenheit ‚tlönisch‘ und folglich gegenstandslos wäre, ist der Verzicht faktisch ein Gewinn. Die natürliche Sprache und die klassische Physik beruhen auf dem selben Prinzip der Erhaltungssätze. Sie sind kollektiv der ‚Filter‘, der die ‚Welt‘ wie wir sie kennen, hervorbringt. 

Die Sprache ist des Werdens nicht mächtig: Wenn Begriffe, wie de Saussure richtig erkannte, keine intrinsische Bedeutung haben, sondern durch das System der Begriffe (von dem ich glaube, daß es idealerweise orthogonal sein sollte) definiert sind, führt jedes geschichtliche Werden von irgendetwas zur Störung des Systems. Deshalb verlangt Hegel eine schlagartige Entfaltung der Begriffe. Aristoteles hat seine Theorie der Bewegung in geschichtlicher Zeit nie sauber zu Ende gedacht. Denn wenn sich etwas ändert, ist es nachher nicht mehr das, was es vorher war – und doch behält es seinen ‚Namen‘. Auf dieser Fehlkonstruktion beruht die gesamte Sophistik, die das Verb als Ausdruck der Bewegungsart des Subjekts interpretiert. Faktisch annulliert das Verb die Veränderung zugunsten des Erhalts des Subjekts. „Der Vogel fliegt“ ist ein Erhaltungssatz. Er stellt sicher, daß der Vogel im Flug ein Vogel bleibt (Leibniz sprach davon, daß das Prädikat zum Subjekt „gehört“). Aristoteles wickelt diesen Erkenntnisprozess rückwärts ab, indem er die Verben in der logischen Klasse der ‚Bewegung‘ zusammenfaßt. Aber es gibt kein Ding, das sich ‚bewegt‘. Wenn wir sagen: „Es hat sich bewegt“, ist schon klar, daß wir das Subjekt (noch) nicht erkannt haben. Das ganze System ‚Aristoteles‘ ist ein System von logischen Subsumptionen, die keinen Gegenstand haben (siehe auch ‚Kausalität‘). Aus diesem Grund mußten wir noch mehr als zweitausend Jahre warten, bis Newton ‚Bewegung’, ‚Kausalität‘ und ‚Zeit’ wieder aus der Physik entfernte und durch infinitesimale Nachbarschaft (Differentialgeometrie) ersetzte. Damit waren alle Paradoxien der Eleaten aufgehoben, denn in Newtons Physik bewegt sich nichts, weil sie nicht in historischer („vulgärer“) sondern in „mathematisch-philosophischer“ Zeit notiert ist. Newtons Physik war die Rückkehr in eine Parmenidische Welt in der ‚Bewegung‘ nur eine Illusion ist. Das ist – maximal gekürzt – der Grund warum ich glaube, daß die Sprache des Werdens nicht mächtig ist.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„Mir klappen die Fingernägel hoch, wenn Du von einer Hegel-Marxschen Dialektik sprichst. Aus meiner Sicht gibt es zwischen beiden Dialektiken keinen Berührungspunkt“
Hier geht es weder um Wissenschaftsgeschichte noch um historische Persönlichkeiten, ich hatte von der Dialektik ja nur gesprochen, weil sie an der Grenze des Aristotelischen Denkens steht. Aber wenn sich Dir schon die Fingernägel hochklappen, möchte ich doch eine kurze Bemerkung dazu machen.
Nun, wenn sie beide Dialektiker sind, gibt es mindestens einen Berührpunkt, der sie von den meisten abendländischen und, sagen wir vorsichtiger, vielen nichtabendländischen Denkern unterscheidet. Freilich, in dem Berührpunkt beider finden sie sich diametral gegenüberstehend, der absolute Idealist und der sehr radikale Materialist. Ich kann Deine Reaktion verstehen, daß für Dich meine legere Aussage eine kognitive Zumutung darstellt. Aber bedenke, nicht nur ich stoße mich nicht daran, auch Marx selbst und die riesige Schar der Linkshegelianer haben das nicht getan. Marx hat gesagt, man muß Hegel vom Kopf auf die Füße stellen. Und dann muß man Marxens Hauptwerk als ein Transponieren, in einen anderen Kontext, ein anderes Konnotieren der Hegelschen Logik stellen. Genau so hat Marx seine Theorie verstanden, man kann das nachweisen und es ist vielfach gemacht worden. Der frühe Marx hat sich auf die „Phänomenologie des Geistes“ berufen (vielleicht ist Dir bekannt, daß darin die bürgerliche Gesellschaft und die Ökonomie von Adam Smith thematisiert werden), der späte Marx hat intensiv die zwei Bände der „Logik“ studiert.

Bleiben wir aber ein bißchen bodenständiger. Ich habe Verständnisprobleme. Was meinst Du mit: „All-Mächtigkeit des noch völlig Unbestimmten“? Muß das nicht heißen: „All-Möglichkeit des noch völlig Unbestimmten“? Es gibt doch gewaltige Unterschiede in den Begriffen Potenz=Macht, Fähigkeit, Potential, Potenzial, potentiell/potenziell=möglich. Ich vermute, Du meintest Allmacht im Sinne von allumfassender Möglichkeit, der Unbestimmtheit des alles möglichen, bitte gegebenenfalls um Korrektur. Und, da sind wir uns wohl einig, das inhaltliche Wissen ergibt sich aus der Filterung des Tatsächlich aus dem Möglichen, und da möchte ich hinzufügen: welches man kennen muß, um nicht von vornherein mögliche Befunde von Entdeckung auszuschließen. Ich ziehe aus dieser Situation den Schluß, die Wissenschaft muß, so gut und vollständig sie kann, alle konsistenten Möglichkeiten, die vorliegen könnten, in der allgemeinen Strukturwissenschaft zu erfassen versuchen und in der Realwissenschaft auf ihr Vorliegen testen lassen. Im Idealfall haben wir ein einziges (nach Popper auch nur) vorläufig mit der Empirie harmonierendes Modell und alle anderen Modelle sind falsifiziert. Dann schließt die Empirie alle anderen hypothetischen Konstrukte aus. Wissen ist die Eingrenzung des Möglichkeitsraums auf die allgemein oder nur unter spezifizierten Bedingungen realisierten Strukturen. So gesehen strebt die Mathematik nach (unerreichbarer) All-Wissenheit in Form der Einsicht in alle möglichen Strukturen, die Realwissenschaft dagegen engt diese Potentialität auf das (kontingente) Wirkliche ein. Soweit komme ich mit Deiner Ansicht klar, wenn ich Dich richtig verstanden habe. Warum sagst Du dann aber: „Die natürliche Sprache und die klassische Physik beruhen auf dem selben Prinzip der Erhaltungssätze. Sie sind kollektiv der ‚Filter‘, der die ‚Welt‘ wie wir sie kennen, hervorbringt.“? Logik und Mathematik filtern die konsistent, sinnvoll sagbaren Aussagen aus der Totalität der syntaktisch bildbaren Ausdrücke (Aussagen), die Realwissenschaften filtern aus diesen möglichen Aussage(systeme)n die zutreffenden, also (vorläufig) für wahr zu haltenden. Es wird nicht die Welt herausgefiltert, sondern die wahren Aussagen über die Welt aus dem, was überhaupt sinnvoll gesagt werden kann.
Erhaltungssätze formulieren eine empirisch feststellbare Konstanz, die in unserer Theorie formuliert wird. Wir produzieren nicht die Erhaltungssätze, sondern ihre sprachliche Darstellung. Freilich liefert die Sprache keine eindeutige, notwendige Form der Darstellung, es kann immer bessere oder genauere Darstellungen geben, jede Darstellung ist nur eine Darstellungsvariante. Auch insofern produzieren wir eine subjektive Sicht auf die Welt. Aber wir dürfen alle Varianten, die die Phänomene gleichermaßen vollständig beschreiben, als äquivalent betrachten und identifizieren. Das macht jede zu einer durch alle anderen substituierbaren objektiven Aussage. Präferenz kommt dann derjenigen Variante zu, die am besten in die Gesamttheorie paßt.

Deine Aussagen zu Newton und der klassischen Physik sind mir etwas unverständlich. Aber das lasse ich einmal so stehen, vielleicht stehe ich da auf dem Schlauch.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Noch ein Wort zu Modell und Wirklichkeit.
Die qt Modellierung des physikalischen Mikrokosmos beschreibt die Wirklichkeit, wie sie ohne experimentelle Eingriffe ist. Das Experiment greift in diese Wirklichkeit ein, verändert sie (durch Dekohärenz), danach ist sie eine andere. Die QT modelliert auch diese Tatsache, die Welt vor dem Schnitt ist eine andere als die nach ihm.
Das einzige Problem, das man kognitiv mit dieser Situation hat (haben kann), ist, daß der Schnitt selbst eine black box ist, bislang jedenfalls unergründlich. Ansonsten macht die Quantentheorie nichts anderes als alle korrekten naturwissenschaftlichen Theorien; und ist dabei sehr erfolgreich.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

Ich glaube, daß wir einen Grad an Übereinstimmung erreicht haben :-), der nicht überschritten werden kann, weil unsere Konzepte von empirischer Evidenz nicht zusammen passen. Du denkst eE a posteriori, analytisch, affirmativ und lokal. Ich denke eE a priori, synthetisch, negierend und global, zusammengefaßt als sich-zeigend. Die Übereinstimmung von Modellprognosen mit Messwerten stellt für mich z.B. keine eE dar, sondern eine Korrelation.

An der ‚Mächtigkeit‘ sollte sich ein Logiker zuallerletzt aufhängen…da war doch was bei Cantor. Wichtiger ist etwas anderes: eine völlig unbestimmte ‚Welt‘ ist rein hypothetisch, es hat sie nie gegeben, weil es keine geschichtliche („vulgäre“) Zeit gibt. Die ‚Welt‘ ‚war einmal‘ weniger mächtig, weniger entfaltet, bzw. brillant, aber sie war nie Nichts.

Kaum ein großer System-Philosoph (inkl. und besonders Hegel) konnte es sich verkneifen, einen Ausritt in die Soziologie und damit in die geschichtliche („vulgäre“) Zeit zu unternehmen. Ich überspringe diese morastigen Stellen, denn sie haben als Theorien über Theorien keinen Gegenstand.

Erhaltungssätze: Ein orthogonales Begriffssystem hat zwei Freiheitsgrade der Veränderung, die das System erhalten: zum einen durch Rotationsdrift, d.h. das sich die Begrifflichkeiten über viele Generationen kollektiv ändern und so ihre Orthogonalität bewahren. Dieser Prozess ist nicht steuerbar, sondern ergibt sich aus der Gesamtheit des Wissens und der Verhältnisse. Der zweite Freiheitsgrad liegt in der orthogonalen Erweiterung des Systems. 

Das rein legislativ setzende und empirische Ausprobieren von logischen Möglichkeiten (z.B. ‚Werten‘) zerstört das System, wie allenthalben zu beobachten ist. Hier gilt Poppers Spruch, daß wir der Amöbe überlegen sind, weil wir unsere Theorien der Feuerprobe aussetzen und nicht uns selbst. Das kann aber nur gelingen, wenn das System kohärent und kein Konglomerat ist. Hier geht es Popper um die a priori Evidenz, die in der Widerspruchslosigkeit liegt, nicht im affirmativen Beweis.

Wenn man gewaltsam versucht sich aus der natürlichen Sprache heraus zudenken, ist der Satz: „Ich gehe in den Wald“ eine Katastrophe. Denn, wenn ich in den Wald gehe, bleibe weder ich noch der Wald der selbe, weil sich dabei in mir und im Wald Myriaden von Einzelheiten ändern. D.h. Sprache ist die Methode chaotische Veränderung (Vernetzung) durch das Setzen von Invarianzen (Erhaltungsgrößen) zum Stand zu bringen. „Ich gehe in den Wald“ ist kein Prozess in historischer Zeit, sondern ein Bild, eine Raumgestalt. 
Nun wird vielleicht klar, warum Aristoteles das Problem der Veränderung (der Bewegung) nicht lösen konnte. Er betrachtete die Veränderung als Prozess in geschichtlicher Zeit und reanimierte damit das, was der VerStand schon längst in den Stand versetzt hatte. Kepler/Newton dagegen bleiben ‚im Bild’ und sehen Bewegung als Raumgestalt. 
Auch hier sehe ich keine Möglichkeit einer weiteren Annäherung, weil Deine Position summa summarum eine poststrukturalistische ist. Und wer Derrida gelesen hat, weiß, daß diese Position weder haltbar noch wirklich angreifbar ist, sie fällt in Paulis Kategorie: not even wrong.

Heinz

P.S. Ich rede dezidiert von der QM, die wesentlicher Bestandteil des Standardmodells, aber nicht mit der QT identisch ist.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich denke auch, daß wir diesen Punkt der Annäherung erreicht haben und es dabei bewenden lassen müssen. Freilich verorte ich die Inkompatibilitäten etwas anders.

„An der ‚Mächtigkeit‘ sollte sich ein Logiker zuallerletzt aufhängen…da war doch was bei Cantor.“ Genau das habe ich angesprochen. Man verwendet dummerweise das gleiche Wort für total unterschiedliche Sachverhalte. Wirkmächtigkeit ist nicht die Mächtigkeit/Größe eines Geltungsbereichs und schon gar nicht die mengentheoretische Ordinalität, Mengenmächtigkeit. Allmächtig wäre bei letzterer die Zahl der Elemente der Allmenge, und die gibt es bekanntlich nicht, die kannst Du nicht gemeint haben.

„Weißes Rauschen“ – das ist eine aperiodische Überlagerung von Schwingungen ohne eine bevorzugte Frequenz. Meintest Du, die Welt sei beim oder vor dem Urknall weißes Rauschen gewesen; oder sie sei immer weißes Rauschen und entfalte sich in der Totalität der Multiversen? Sind die Multiversen real? Du müßtest Deine Sicht einmal genauer erklären.

Man könnte vielleicht sagen, wir filtern durch unsere Beobachtung unser Universum aus der Allmenge, dem Universum der Universen, heraus. Aber da übernehmen wir uns. Dekohärenz passiert ständig, unsere Beobachtung ist dagegen marginal. Wenn etwas unsere kontingente Wirklichkeit produziert, dann ist es diese Wirklichkeit selbst.

„Denn wenn sich etwas ändert, ist es nachher nicht mehr das, was es vorher war – und doch behält es seinen ‚Namen‘.“ – „Man kann nicht zweimal in denselben Fluß springen“, ja, aber diese (empiristisch-sensualistische) Sehweise ist das Ende des Begreifens, der absolute Atomismus der Weltpunkte in der Minkowski-Raumzeit. Kein attraktives Konzept.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

zunächst das Einfache: Dekohärenz ist eine der Krücken, die eine strukturell kaputte Vorstellung eines Sachverhalts ‚zum Laufen zu bringen sollen‘. Auf allgemeinster Basis stellt sich mir der Sachverhalt so dar, daß Theorie- und Beobachtungsdomäne der QM (wie schon angedeutet) sich gegenseitig ausschließen. Herleitung wie folgt:

Die klassische Wellentheorie beschreibt präzise das DASS (z.B. des Interferenzmusters). Die QM fragt nach seinem WIE. Unter der Voraussetzung, daß Theorie und Phänomen im Verhältnis des Als-Ob stehen (d.h. orthogonal sind, sich also maximal negieren und dadurch bestimmen), muß jede affirmative Antwort auf das WIE-des-DASS das DASS (des Interferenzmusters) notwendig zum Verschwinden bringen. Das WIE-des-DASS kann experimentell nicht hinterfragt werden, ohne das DASS zu zerstören, denn es würde das konstitutive Nichtwissen, die Orthogonalität des Theorie-Phänomen Paars unterlaufen. You cannot eat the cake and have it.
Kant hat in der Prolegomena darauf hingewiesen, daß unser Erkenntnisapparat Fragen hervorbringt, die PRINZIPIELL nicht beantwortbar sind, weil deren Beantwortung mE unser Erkenntnissystem zum Einsturz bringen würde, denn dann wäre die ‚Wahrheit‘ (die Unwidersprüchlichkeit) iterativ. Die Frage nach dem WIE des DASS ist ja nur deshalb verständlich, weil sie nur die interrogativ gefaßte Version des DASS ist. D.h. die wissenschaftliche Frage ist immer nur rhetorisch und a posteriori. Wer sie naiv (wie die QM) beantwortet, devaluiert die Frage und damit gleichzeitig das DASS. Positiv ausgedrückt: Wissenschaft gibt Antworten auf Fragen, die nie gestellt wurden. Hier liegt die Wurzel und Notwendigkeit des a priori!

—————————————

Denn wenn sich etwas ändert…
Ich habe genau diesen Punkt gegen Aristoteles‘ Auffassung der Bewegung und gegen den Sophismus ins Feld geführt, mit der Begründung, daß er das Verb als Bewegungsart statt als Erhalter des Subjekts in seinem Tun auffaßt. Ich halte es für alles andere als eine banale Erkenntnis oder gar als offensichtlich, daß Aristoteles tanzend, schwimmend oder schlafend Aristoteles bleibt. Erst die Verben machen Aristoteles zur der ‚Zeit’ enthobenen (invarianten) Person Aristoteles. Ohne Verben, keine Invarianten, so kontra-intuitiv das auch klingen mag.

————————————

Aus der Diskussion und meiner bekannten Ablehnung der geschichtlichen Zeit als physikalische oder Seins-Dimension sollte klar, sein, daß ich den Big Bang in die Kategorie Märchen (nicht-Jetzt und/oder nicht-Hier) einsortiere. 

Ich bin mir noch nicht sicher, ob das mit dem weißen Rauschen dem Ding-an-sich irgendetwas hinzufügt oder es verständlicher macht. Vielleicht kann man über den Entfaltungsschritt eines orthogonalen Systems hinaus nichts Vernünftiges sagen. Und den sehe maximal komprimiert und idealisiert so:

stimmiges orthogonales System (multiple Theorie-Phänomen Paare)

abweichende Beobachtung

neues Theorie-Phänomen Paar TPPn (elaboriert semantisch) 

stimmiges orthogonales System wieder hergestellt

zunehmend ‚stenographische‘ Verkürzung von TPPn auf Floskel, Begriff oder Grammatik

ultimativ Übergang vonTPPn in Physiologie (semantisch nicht mehr erreichbar)

Achtung: hierbei handelt sich um eine Entfaltung, nicht um eine Evolution in geschichtlicher Zeit. Dieser ‚Entfaltungsprozess‘ bewegt sich selbst, unser einziger Beitrag besteht dabei in Negation. Deshalb ist er keine Konstruktion und deshalb läuft dieser ‚Prozess‘ nicht in geschichtlicher Zeit ab. Mehr dazu vielleicht in einem späteren Essay.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Tut mir leid, aber manches, was Du schreibst, verstehe ich einfach nicht.

Wenn ich eine vorliegende Korrelation beschreibe, benutze ich ein Strukturmodell. Wenn ich einen unter wechselnden Bedingungen (Voraussetzungen) gleichbleibenden Sachverhalt beschreiben will, benutze ich solche Korrelationen eines Strukturmodells. Selbstverständlich begründet das Strukturmodell nicht die Notwendigkeit seiner Realisierung, das wäre eine teleologische Vorstellung à la „rund ist die ideale Form; die Erde ist rund, weil sie Gottes Schöpfung ist, und Gott ist perfekt“, ein Denken, das uns heute extrem fremd ist. Wir beschreiben, wie etwas sich erhält oder entwickelt mithilfe von präzisen Strukturen und sehen dann das WIE als verstanden an. Auf diese Weise antwortet die Theorie mit einem WARUM, kein teleologisches Warum, und im Grunde nicht einmal eine metaphysisch verstandene Kausalität. Kausalität nennen wir nur einen zeitlichen Zusammenhang, der so strikt ist, daß wir uns keine Abweichung mehr vorstellen können. Die Theorie beschreibt keine Einzeltatsachen, sondern ihren Zusammenhang. Ihr Warum ist solange ein gültiges Wissen, solange ihre Voraussagen zutreffen.
Empirie ist die Feststellung von Einzeltatbeständen. Die gesammelten Einzelbefunde ergeben Muster, die in Theorien zu Strukturmodellen zusammengesetzt werden und sich dann überprüfen lassen. Die Strukturen sind unmittelbar nicht sichbar, sie ergeben sich erst, wenn ich die empirischen Einzelaufnahmen miteinander vergleiche und darin Muster erkenne.

In diesem Sinne könnte ich sagen, daß Theorie und Empirie, Modell und Phänomenologie orthogonal sind, epistemisch orthogonal, im unmittelbaren, ontologischen Sinn heißt jedoch Orthogonalität Unabhängigkeit der Dimensionen eines n-dimensionalen Raumes. Orthogonalität in diesem Sinn wäre absurd, würde ja heißen, daß Theorie und Empirie unabhängig voneinander sind; dann gäbe es keine Realwissenschaften. Man kann aber „Theorie- und Beobachtungsdomäne“ nicht nur der QM, sondern allgemein in einen höherdimensionalen euklidschen (orthogonalen) Einbettungsraum integrieren und könnte dann sehen, ob die Relation beider glatt/linear (oder gekrümmt) ist.

Entspricht das dem, wie Du es siehst, oder habe ich Dich total mißverstanden? You can only eat the cake, if you have it.

„Wissenschaft gibt Antworten auf Fragen, die nie gestellt wurden.“ Das ist richtig, das Sein ist, es fragt sich nicht, warum es ist. Es ist kontingent. Genau darum bestehe ich darauf, daß Wahrheit, hier meine ich inhaltliche, objektive Wahrheit, keine Kategorie des Seins, und daher der Satz „Wahrheit ist, was tatsächlich ist“ absurd ist. Wahrheit ist ausschließlich eine Qualität des Denkens. Denken kann mehr oder weniger wahr oder falsch sein, je nachdem, wie es das Sein abbildet.

Deiner Auffassung des Verbs kann ich nicht folgen. Die Grammatik des SOP (SPO) modelliert eine Relation von S und O. Du sagst, P stabilisiert S. Ich würde dagegen sagen, P definiert das Verhältnis von S und O als Aktiv- oder Passivverhältnis, man kann etwas tun oder (zu)lassen. Dabei sind S und O immer schon vorausgesetzt.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

Das System ‚Aristoteles‘ beginnt mit der Definition von Begriffen. In meinem Denken sind Begriffe aber durch ihre Konstellation definiert, d.h. durch ihre jeweilige Nichtreduzierbarkeit auf andere Begriffe. Wenn nun Aristoteles (oder die Logik) anfängt Begriffe zu definieren, beginnt sie eine andere Welt zu erschaffen. Sie muß das tun, weil sie keinen Zugriff auf die Phänomene hat. An genau dieser Stelle beginnt der Irrglauben, daß Wissenschaft etwas beschreibt, was die Orthogonalität von Theorie und Phänomen, von Sprache und Erscheinung aber ausschließt. Dein Denkfehler liegt darin, daß Du zum einen nicht zwischen dem isolierten Objekt der Theorie und dem kontextuell integrierten ‚Objekt‘ des Phänomens unterscheidest. Zum andern bedeutet Orthogonalität keinesfalls „Unabhängigkeit“. Im Gegenteil: wenn zwei Vektoren orthogonal sind, stehen sie in einem sehr speziellen Verhältnis zueinander, ausgedrückt durch das zu Null werden des Skalarprodukts. Orthogonale Vektoren sind nicht aufeinander reduzierbar, redundanzfrei oder wenn man will, „rein“ in Sinne Kants, aber sie sind nicht unabhängig. Der Begriff des Objekts ‚Stuhl‘ hat keinerlei Gemeinsamkeit mit dem Stuhl, den ich gerade vor mir stehen sehe, deshalb sind beide nicht aufeinander reduzierbar. Beide sind so maximal unterschiedlich wie Partitur und Orchesterklang, aber eben alles andere als unabhängig. Aus Beethovens Partitur der fünften kann klanglich nicht die neunte Symphonie werden.

Klar, daß Dich das alles nicht überzeugen wird. Um vielleicht wieder einen gemeinsamen Anknüpfpunkt zu finden, wäre ich interessiert an Deiner genauen Vorstellung von Theorie und Modell.

Heinz

P.S. Ich glaube Du irrst, wenn Du der modellierenden Wissenschaft unterstellst, sie wolle das Warum wissen. Es geht ihr ums Wie, denn nur das läßt sich verkaufen.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„In meinem Denken sind Begriffe aber durch ihre Konstellation definiert, d.h. durch ihre jeweilige Nichtreduzierbarkeit auf andere Begriffe“ – dem stimme ich zu. Aber:
„An genau dieser Stelle beginnt der Irrglauben, daß Wissenschaft etwas beschreibt“ – wieso Irrglaube, was tut Sprache denn anderes als beschreiben, ob angemessen oder nicht? Abgesehen von der Ästhetik (Kunst, die im Wesentlichen nicht abbildet, sondern bildet) beschreibt Sprache Subjektives, ethische Setzungen, Fantasien und Überzeugungen, und primär Objektives, identifizierend und prädikatierend (strukturell bestimmend).
Hier wirst Du ein bißchen spitzfindig. Man kann natürlich den konstruktiven Charakter der Sprache hervorheben, aber man kann doch nicht leugnen, daß Sprache über etwas spricht, also be-spricht, be-schreibt. Ich widerspreche doch nicht Kant, das Ding an-sich ist vom Denken nicht erreichbar. Erreichbar ist eine Abbildung, Modellierung der Realität (in Gedanken). Insofern ja, das Denken ist eine eigene Realität. Das Denkobjekt ist nicht das Realobjekt, es ist kategorial etwas ganz anderes, nämlich ein physiologischer Prozeß, der etwas anderes, meistens Reales imaginiert. Daher ist das Denken nicht, wie manche meinen, nur das Erleben eines physiologischen Vorgangs, aber es ist auch nichts von der realen Welt unabhängiges, es muß sich immer von sich selbst unterscheiden, einen Inhalt haben, auch das virtuelle Sein der Vorstellung von Sein sein. Daher widerspreche ich Dir hier: „Dein Denkfehler liegt darin, daß Du zum einen nicht zwischen dem isolierten Objekt der Theorie und dem kontextuell integrierten ‚Objekt‘ des Phänomens unterscheidest“. Lies, was ich oben geschrieben habe, und was ich auch immer sage: ich unterscheide fundamental zwischen Realobjekt und Denkobjekt, wobei ich den Begriff „Objekt“ nicht substantiell für ein materielles Objekt, sondern im formalen Sinn eines thematisierten Gegenstandsbereichs meine, der ein Einzelding oder eine Gesamtheit betreffen kann.

Mit meinen Bemerkungen zur Orthogonalität habe ich mich zu undeutlich, zu verkürzt ausgedrückt, insofern verstehe ich Deinen Einwand. Allerdings: Rein formal gibst Du korrekt die Definition wieder: Objekte (das müssen keine Vektoren sein) sind zueinander orthogonal, wenn sie in einem rechten Winkel zueinander stehen. In diesem Fall ist das übliche Skalarprodukt zweier Vektoren Null. Man kann einen Raum aber auch statt mit (orthogonalen) euklidschen mit orthogonalen Polarkoordinaten aufspannen. Und der Begriff der Orthogonalität läßt sich über den euklidschen Raum hinaus erweitern. In einem orthogonalen System kann ich mich in einer Dimension unabhängig von den anderen Dimensionen bewegen (von dieser Unabhängigkeit habe ich gesprochen). Die metaphorische Übertragung des Begriffs Orthogonalität auf das Verhältnis von Denken und Sein, von Theorieraum und Phänomenalraum ist eher verwirrend als klärend. Was soll das Skalarprodukt von beiden sein, das Null ergibt? Man kann es auf die Seinsebenen beziehen, wie oben beschrieben als kategoriale Differenz von Real- und Denkobjekt, man kann, nein, man muß dieses Verhältnis aber auch im Gegenteil als parallel statt als orthogonal denken, das Denken macht nur Sinn, wenn es eine Abbildung des Seins ist, wenn es das Sein wiederspiegelt und man umgekehrt mit seiner Hilfe in das Sein eingreifen kann (das erlaubt nur eine isomorphe Abbildung). Die Metapher „parallel“ steht orthogonal zur Metapher „orthogonal“. Wenn Du nur die Orthogonalität des Denkens stehen läßt, die Parallelität ignorierst, verfehlst Du die wesentliche Funktion des Denkens. Das ist wie mit der vierdimensionalen Raumzeit. Orthogonal stehen nur Raumartiges und Zeitartiges, also kausal-materielles und licht-zeitliches sich verbindungslos, inkompatibel gegenüber. Das Licht hat keine materielle Spur in der Raumzeit, im Raum gibt es keine Zeit. Überträgt man das auf Denken-Sein, würde das bedeuten, daß man die Theorie bilden und verändern kann ohne Bezugnahme auf die Realität. Das ist offensichtlich Unsinn; ich sehe nicht, wie Du an dieser Stelle die Metapher sinnvoll machen kannst.

Diese Gleichgültigkeit widersprüchlicher Metaphern führt auch zum Streitgespräch zwischen Dir und Stegemann, das Ihr jeweils nur einseitig konträr auflösen könnt.

PS. Das WIE der strukturellen Bestimmung ist das WARUM der Wissenschaft, das habe ich zu erklären versucht. Ich verstehe die Welt, wenn ich sie angemessen beschreiben, d.h. an ihr die vorliegenden wie die nichtvorliegenden Strukturen identifizieren kann.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

Ich kann Dir nicht folgen, wenn Du meine Argumente benutzt, um gegen mich zu argumentieren. Das, was Du irreführend Parallelität nennst, ist doch die Konsequenz der Orthogonalität. Nur deshalb kann ich ein Ding räumlich bewegen, ohne daß es seine Masse, Form, Farbe, etc.pp. ändert, oder ihm eine andere Form geben, ohne daß es seinen Ort, seine Masse oder seine Farbe ändert. Das ist doch die Prämisse des homo faber. Weil wenn alles mit allem verbunden wäre, wäre er nicht einmal bis zum Faustkeil gekommen.

Denke an ein multi-dimensionales orthogonales System, bestehend aus verschieden orthogonalen Objekteigenschaften und einer orthogonalen Dimension ‚Phänomen‘. Dann gibt es in diesem Raum keinen Ort (Punkt), der nicht einem widerspruchsfreien Phänomen entspricht, denn es läßt sich immer in seine Vektor-Komponenten zerlegen. Das Phänomen, da es zu den Objekteigenschaften orthogonal ist, ist aber nicht die arithmetische Summe der Objekteigenschaften, sondern seine geometrische (Vektor-) Summe. D.h. es hat seine eigene QUALITÄT, die nicht auf die Objekteigenschaften reduziert werden kann. Denke an die 45 Grad Scheinkraft, die sich vektoriell ergibt, wenn auf ein Objekt zwei gleich große horizontale und vertikale Kräfte einwirken. Die Scheinkraft ist die Erscheinung, das Phänomen, das Als-Ob.

Könne wir hierüber Einverständnis herstellen?

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

1. Nochmals zur Orthogonalität
Der Begriff „Orthogonalität“ stammt aus der Geometrie, also versuche ich einmal, meine Argumentation an einem geometrischen Beispiel zu erläutern.
Nehmen wir einen Vektor u, der hat eine Richtung und eine Betragsgröße ׀u׀. Letztere kann ich beliebig ändern, es ist nur ein Proportionalitätsfaktor. Ein orthogonaler Vektor v ist ebenfalls durch einen Richtungsvektor und einen skalaren Betrag ׀v׀ gekennzeichnet, den ich beliebig ändern kann. Die zwei orthogonalen Vektoren kann ich nicht aufeinander beziehen, die Größenbewegungen beider haben keinen Einfluß auf den jeweils anderen. Stehen die Vektoren nicht senkrecht aufeinander, kann ich ihre Größen korrelieren, sind sie parallel, kann ich sie sogar identifizieren, setze ich ׀u׀ = ׀v׀, kann ich die Änderung von u mit einer Veränderung von v gleichsetzen. Bei Nichtparallelität, aber auch Nichtorthogonalität kann ich den Vergleich mithilfe eines konstanten Proportionalitätsfaktors, sagen wir für einen spitzen Winkel α, ׀u׀>׀v׀und v=u·cosα, vornehmen und eine Veränderung mit diesem Faktor cosα parallelisieren. Aber cos0=0, wenn v orthogonal ist werden die Bewegungen von u und v inkompatibel. Das ist die Orthogonalität von Parallelität und Orthogonalität.

Daher verstehe ich nicht, was Du mit „Das, was Du irreführend Parallelität nennst, ist doch die Konsequenz der Orthogonalität“ meinst, und inwiefern das Verhältnis von Theorie und Phänomenologie als orthogonales statt als nicht immer und an vielen Stellen sogar prinzipiell nicht streng parallelisiertes, parallelisierbares, was ja heißen würde: isomorphes Verhältnis gesehen werden muß. Freilich eine sehr metaphorische Beschreibung dieses Verhältnisses. Wären Theorie und Realität orthogonal, dann könnte Theorie nur einen Punkt der Realität abbilden, und jede beliebige Theorie täte das gleichermaßen.

Von einem Objekt x reden wir, wenn x in einigen (orthogonalen) Dimensionen (Bestimmungsgrößen) veränderlich, in anderen konstant ist; durch letztere wird es zu einem Objekt, das kann ein eigenschaftstragendes materielles Objekt sein , aber auch ein Feld, ein System, eine komplexe Einheit. Von einem materiellen Objekt reden wir, wenn es ein zusammenhängendes Volumen im Raum einnimmt (auch relativistisch mit einem Korrekturglied).

2. Zur Scheinkraft
Was Du als Scheinkraft bezeichnest, ist eine resultierende Gesamtkraft, Vektoren addieren sich basisbezogen linear (und lassen sich entsprechend zerlegen). Wenn ich einen festen Körper in eine bestimmte Richtung mit einem bestimmten Impuls bewegen will, kann ich das (im zweidimensionalen Fall) mit einer beliebigen Kombination von zwei nichtparallelen Kräften (auch mit einer Vielzahl von Kräften, die nicht alle parallel sind). Ich verstehe nicht, warum eine Kraft eine Realkraft, eine andere eine Scheinkraft sein soll.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

Ich kann Deiner Erklärung als Grundkurs in Vektorrechnung folgen. Aber in einem orthogonalen System gibt es keine „spitzen Winkel“. D.h. die Korrelation zwischen ALLEN Komponenten ist Null=cos(pi/2). Was Du mit „Parallelität“ wahrscheinlich? meinst, ist das Gegenteil von Orthogonalität, d.h. die Opposition oder Polarität beider Begriffe, nicht deren Orthogonalität. Wenn dem so ist, argumentierst voll an der Sache vorbei (siehe hierzu meinen Beitrag „Dialektik minus Illusion gleich Metaphysik?“) auf dieser Platform, der diese Begriffe auseinander legt.

Deshalb zurück zum Kern der Auseinandersetzung:

Ja, numerisch bleibt nur die Resultierende von Kräften. Aber es gibt keine Resultierende der zugeordneten Phänomene. In meinem Beispiel könnten die orthogonalen Kräfte die Schwerkraft minus Auftriebskraft und die aerodynamische Kraft (Wind) sein, die auf einen Ballon einwirken. Diese Kräfte gehören zu orthogonalen Theorien (Gravitation bzw. Fluiddynamik) und kein Ballonfahrer wird auf die Idee kommen, die mit ihnen verbundenen Phänomene jenseits der numerischen Kräfte zu einem Komposit-Phänomen zu vereinheitlichen. Und selbst wenn die Kraftarten identisch sind (einer zieht einen Gegenstand in N-S Richtung, der andere den gleichen Gegenstand in W-O Richtung) wird niemand nach einem phänomenal Dritten suchen, der eine Kraft in 45 Grad Richtung der numerischen Resultierenden ausübt. Das gilt, wie Du sagst, natürlich nicht nur für orthogonale Kräftepaare. 

Die Phänomene überlagern sich semantisch, d.h. schlicht additiv, die jeweiligen theoretischen Kräfte vektoriell. 

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
ich werde Deinen Beitrag lesen müssen, um Deine Metapher „Othogonalität“ zu verstehen. Hier erst einmal nur zur Sache.

Da verstehe ich nicht Deinen Begriff von „Phänomenalität“, denn phänomenal sind die Kraftresultanten, ich kann nur solche in Bewegungsänderungen beobachten, eine solche vektoriell zu beschreibende z kann aus allen möglichen vektoriellen Summen z = Σuᵢ zusammengesetzt sein, in der Phänomenologie wird die Information Σuᵢ zu z geschluckt. Entschuldigung, daß ich wieder auf elementare Vektorrechnung zurückkomme. Aber wie gesagt, habe ich ein Problem mit Deiner Metaphorik: phänomenal ist doch z und nicht Σuᵢ. Noch einmal elementar: die Physik stellt die vektorielle Addition von Kräften fest, die keine Betragsaddition (׀u׀+׀v׀=׀u+v׀) ist, wie Du schreibst, sondern eine Komponentenaddition, da gehen nicht nur zwei Zahlen in eine über, sondern vier in zwei, ein doppelter Informationsverlust. Es ist die Theorie, die diesen Zusammenhang feststellt, nicht die Phänomenologie. Die Bilinearität ist nicht selbstverständlich.

Was Du als orthogonale Kräfte bezeichnest, sind unterschiedliche Kraftarten, die kann man, wenn sie angemessen analysiert sind, orthogonal nennen. Phänomenal ist aber die Wirkung der Kräfte, und hinsichtlich dieser sind sie nicht zu unterscheiden. Wenn ein Objekt einer Kraft ausgesetzt ist, bemerke ich das phänomenal, indem das Objekt bewegt wird, erst die Theorie ordnet dieser einen Wirkung unterschiedliche verursachende Kräfte zu.

Kannst Du mir helfen, Deinen Begriff der Phänomenalität zu verstehen? Nach meinem Verständnis ist das, was Du so nennst, interpretierte Phänomenalität, also nicht etwas, was unmittelbar der Erfahrung gegeben, sondern geistig rekonstruiert ist.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

ich kann inzwischen Deine Argumentation durchaus nachvollziehen, sie ist ja auch nicht wirklich (vielleicht mit der „Parallelität“) falsch, aber sie umgreift meiner Meinung nach nur einen Teil des Problems. Vielleicht hilft es wenn, wenn Du Dich an mein Credo des Theorie-Phänomen Paars erinnerst. Es gibt weder dort ‚draußen‘ noch da ‚drinnen’ Phänomene, die a posteriori wissenschaftlich analysiert oder beschrieben werden könnten. In erster! Näherung bin ich mir mit Popper einig, daß es keine theoriefreie Beobachtung gibt. Theorie und Phänomen kommen gemeinsam in die Welt. Deshalb beschreibt weder die natürliche Sprache noch die Wissenschaft irgend ‚etwas’. Sie sind dieses ‚etwas‘ in der Form intra- und interorthogonaler Theorie-Phänomen Paare.

Im Sinn de Saussures oder speziell Heideggers: „Nicht der Mensch spricht, sonder die Sprache spricht“. Beide sprechen von einer Art Autonomie der Sprache. Und das wiederum spiegelt Hegels ‚Selbstbewegung der Begriffe‘. Unser Zutun zu diesem ‚Prozess‘ besteht alleinig in der Zensur wildester Spekulation, denn das synthetische a priori ist nicht aus dem Status Quo herleitbar. Gleichzeitig ist es mit ihm durch Unwidersprüchlichkeit (Orthogonalität) in einem System vereint.

Omnis determinatio est negatio.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Diesen Kommentar kann ich nachvollziehen. Auch wenn ich es anders ausdrücke, ich sehe darin dasselbe wie in meiner Aussage „die Sprache ist der Raum und die Grenze unseres Denkens“, die auch trotz der großen Differenzen gleichermaßen von Heidegger und Hegel paraphrasiert wird. Allerdings formuliert letzterer auch die Dialektik von Phänomenologie und Logik, Genesis und Geltung, wenn Du so willst, eine Orthogonalität, die die Phänomenologie außerhalb der Logik, nämlich als ein unmittelbares, unvermitteltes verortet, und damit dem natürlichen Sprachgebrauch entspricht, daß Phänomene vortheoretisch sind, vor dem Erkennen stehen (Heidegger kenne ich nicht gut genug, um zu beurteilen, ob er das ähnlich wie Hegel sieht, ich vermute es jedoch). So wird in der klassischen Philosophie Wesen und Erscheinung getrennt. Wenn ich die Phänomenologie Husserls richtig verstehe, will sie auf das unmittelbare Wahrnehmen zurückgreifen, vor dem Reflektieren ansetzen. Das widerspricht Deinem Konzept, immer schon das Phänomen an das P-T-Paar zu binden. Natürlich kann man darüber streiten, was sinnvoller ist.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Nun muss ich auch noch meinen Senk dazugeben:

Ein Quantensystem (z.B. ein Elektron) befindet sich in einem ‚verschwommenen‘ Überlagerungszustand (Superposition), der erst durch eine Messung einen konkreten Wert ergibt.
Ein gutes (wenn auch unperfektes) Bild ist eine Wasseroberfläche: Besteht sie aus einer Welle oder aus einzelnen Tropfen? Die Frage ist ohne Messung nicht sinnvoll zu beantworten. Hält man einen Gegenstand hinein, bleibt ein Tropfen daran hängen – man hat ‚gemessen‘. Die vorherige Superposition der Möglichkeiten (Welle/Tropfen) ist zugunsten eines konkreten Ergebnisses (ein Tropfen) ‚kollabiert‘.
Der entscheidende Punkt, der über das Wasser-Beispiel hinausgeht: Die Mathematik, die diese ‚Verschwommenheit‘ beschreibt (die Schrödingergleichung), ist letztlich eine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sie ist ein Werkzeug für unser Wissen über das System (epistemisch), nicht unbedingt eine exakte Beschreibung eines physikalischen Schwingungsvorgangs. Erst der Messvorgang realisiert einen bestimmten Zustand.

Die Wasseroberfläche ist das eigentliche, komplexe Quantensystem, das wir nie direkt sehen können.
Die Lösung der Schrödinger-Gleichung (die sogenannte Wellenfunktion, ψ) ist wie eine detaillierte Karte, die für jeden Punkt auf der Oberfläche angibt, wie „wahrscheinlich“ es ist, dort beim Hineingreifen einen Tropfen zu finden.
Der eigentliche „Kollaps“ passiert nicht in der Schrödingergleichung selbst. Die Gleichung beschreibt nur, wie sich diese Wahrscheinlichkeitslandschaft vor einer Messung kontinuierlich und deterministisch ausbreitet und verändert.
Die Messung (das Hineinhalten des Gegenstands) ist dann der Moment, in dem diese Wahrscheinlichkeitslandschaft abgefragt wird. An einem zufälligen Ort, der jedoch durch die Form der Landkarte (die Wellenfunktion) gewichtetet ist, erscheint plötzlich der konkrete, messbare Wert – der Tropfen.
Die Schrödingergleichung ist das Werkzeug, um die Chance vorherzusagen, einen Tropfen an einer bestimmten Stelle zu finden. Sie ist die Gleichung für die Wahrscheinlichkeit, nicht ein Abbild der physikalischen Welle. Sie ist die Landkarte, nicht die Landschaft selbst.

Die Analogie eignet sich, um die Vereinheitlichung von Allgemeiner Relativitätstheorie (ART) und Quantenmechanik (QM) zu illustrieren.
Die ART beschreibt den Ozean (die Geometrie der Raumzeit). Sie beschreibt die Schwerkraft, die sich als Krümmung der Raumzeit selbst manifestiert.
In dem Bild ist die ART die Theorie, die zeigt, wie sich eine große, makroskopische Ozeanwelle ausbreitet: glatt, kontinuierlich und deterministisch. Jeder Punkt in der Raumzeit hat einen eindeutig definierten Wert.
Die QM beschreibt die Tropfen (die Quantenobjekte), die Welt im Kleinen – Teilchen und Felder. Ihr Wesen ist probabilistisch (Wahrscheinlichkeiten) und diskret (Energiequanten).
In dem Bild ist die QM die Theorie, die vorhersagt, wo und mit welcher Wahrscheinlichkeit wir einen einzelnen Tropfen finden, wenn wir messen. Der zugrundeliegende Zustand (die „Wasseroberfläche“) ist verschwommen und superponiert.
Der unüberbrückbare Konflikt entsteht genau dort, wo sich „Ozean“ und „Tropfen“ treffen müssten.
Man kann nicht einfach die Regeln für die Tropfen nehmen, um den gesamten Ozean zu beschreiben, und man kann nicht die Regeln für die Ozeanwellen nehmen, um das Verhalten eines einzelnen Tropfens zu erklären. Beide Theorien sind in ihren Bereichen brillant, aber ihre grundlegenden Prinzipien – Kontinuum vs. Quantelung, Determinismus vs. Wahrscheinlichkeit – sind bisher unvereinbar (und werden es womöglich auch bleiben). 

Und übrigens: ART und QM sind nicht Theorien, die wir von wem auch immer erhalten haben, wie Moses die zehn Gebote, sondern es sind unsere Konstrukte, mit denen wir versuchen, die Welt so abzubilden, wie sie uns zugänglich ist, um in ihr möglichst optimal navigieren zu können.
Alles andere ist Metaphysik, Esoterik oder Religion – ganz wie man will.
Und noch was: mit Positivismus hat dies nun rein gar nichts zu tun.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

„Wer glaubt die Quantenmechanik verstanden zu haben, hat sie eben nicht verstanden“. (Richard Feynman).

Der Grund ist, daß in der QM Theorie- und Beobachtungsebene inkompatibel sind. 

Die quadrierte* Wellenfunktion z.B. des Doppelspalt-Experiments beschreibt das klassisch zu erwartende Interferenzmuster. D.h. Theorie (Wellenfunktion) und Phänomen (Interferenzmuster) sind ZEITLOS und unwidersprüchlich; soweit alles in Ordnung! Wenn der Quantenmechaniker aber ein einzelnes Photon durch das Experiment jagt, beobachtet er kein Phänomen, sondern ein Ereignis in historischer Zeit, weil er keine Theorie für dieses Ereignis hat. Nachdem die historische Zukunft unabdingbar offen ist, beobachtet er zufällige Ereignisse, deren Einhüllende das klassische Phänomen des Interferenzmusters ist. 

Die gesamte theoretische Physik des frühen 20. Jahrhunderts beruht auf der unzulässigen Gleichsetzung von Phänomen und Ereignis, d.h. auf der Missinterpretation des physikalischen Symbols ‚t’ als ‚historische Zeit‘, während es nur ein „mathematisch-philosophischer“ Bearbeitungsindex ist.

Kurz: Ein Ereignis kann kein Ereignis UND a priori bekannt sein, weil es andernfalls ein klassisches Theorie-Phänomen Paar wäre. Die QM muss notwendig am Versuch, dem klassischen Theorie-Phänomen Paar (der wissenschaftlichen Metapher) auf die Schliche zukommen, scheitern (hidden variables Theorien). Das Sein des Interferenzmusters und sein Werden können weder gleichzeitig scharf gewußt noch gemessen werden. Das ist der Inhalt der Heisenbergschen Unschärferelation für die komplementären Größen Ort – Impuls und Energie – Zeit. In beiden Paaren tritt die Zeit=Bewegung=Veränderung als inkompatibler Störfaktor auf.

* Die Quadrierung macht Sinn, weil das Interferenzmuster ein Intensitätsmuster ist, und die Intensität ergibt sich klassisch aus der Quadrierung des Feldzustands.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
erst konstruieren wir unsere Modelle – und dann sollen wir sie nicht „verstehen“. Eigentlich komisch, oder?
Feynmans Satz zielt meiner Meinung nach auf die Physiker selbst: Er erinnert daran, dass die Quantenmechanik eben nicht mit den klassischen Intuitionen des Alltags vereinbar ist. „Verstehen“ im Sinne von Alltagsanschaulichkeit ist daher unmöglich. Das heißt aber nicht, dass die Theorie inkohärent oder unbrauchbar wäre – sie funktioniert ja geradezu beängstigend präzise.
Für uns Philosophen ist es wichtig, die Ebenen sauber zu trennen: Physiker erforschen und modellieren, Philosophen interpretieren und klären die Begriffe. Wenn wir beides durcheinanderwerfen, entstehen genau jene Verwirrungen, die Feynman in seinem Bonmot ironisch adressiert. Daher hat er auch an seine Physikerkollegen appelliert, sie sollen sich nicht aufspielen wie philosophische Maulhelden.
Ich biete hier nur eine Interpretation an, die nicht nur kompatibel mit der Empirie ist, sondern auch ganz ohne Metaphysik auskommt. Viel mehr kann man doch kaum erwarten – oder?

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Merkwürdig unwissenschaftliche Metapher für das Ganze und seine Teile.
Ein Wassertropfen ist wie ein stehendes Gewässer durch Adhäsion geformt, letzteres ist keine Menge von Wassertropfen, die lösen sich, wenn sie sich mit dem Gewässer vermischen, sofort auf. Die Adhäsionskräfte formen den Wassertropfen wie die horizontale Grenzschicht des Gewässers, mit der Tendenz, sich je nach Art der beteiligten Stoffe in Grenzschichten zu formen.

Der Metapher des klassischen Feldes für die quantentheoretische Beschreibung widerspreche ich nicht, aber wie gesagt, die Metapher Ozean und Tropfen ist nicht haltbar.

Mein Vorwurf des Positivismus bezieht sich auf etwas ganz anderes, und das habe ich doch klar formuliert. Es gibt den völlig berechtigten methodischen Positivismus, dessen man sich allerdings bewußt sein muß, um das eigene Arbeiten nicht fehlzudeuten. Naturwissenschaften im engeren Sinn (im weiten Sinn könnte man alle Wissenschaften Naturwissenschaften nennen, insofern alles Natur ist) betrachten die Welt unter der Form des Objekts, abstrahieren davon, daß es Subjektivität gibt. In der Physik gibt es erst seit der Grundlagenkrise der Mathematik, der RT und vor allem der QT (Hans-Peter Dürr) Zweifel, ob man wirklich vom Subjekt abstrahieren kann. Dennoch ist diese klassische Betrachtungsweise nach wie vor weitgehend berechtigt, aber naiv/falsch, wenn sie sich für vollständig hält.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Natürlich sind Metaphern nie wörtlich zu nehmen – sie sollen eine bestimmte Pointe verdeutlichen, nicht die physikalische Realität im Detail abbilden. Dass sich ein Tropfen im Wasser sofort auflöst, weiß ich ebenso wie du; entscheidend ist die anschauliche Illustration: Superposition (Wasseroberfläche) → Messung (Hineingreifen) → konkreter Wert (Tropfen). In diesem Sinn bleibt das Bild durchaus tragfähig, auch wenn es chemisch/physikalisch nicht vollständig ist.
Für die meisten ist Anschaulichkeit der beste – oft sogar der einzige – Weg, Quantenmechanik überhaupt einigermaßen zu verstehen. Gerade dadurch lassen sich typische Missverständnisse vermeiden: etwa der Irrglaube, Superposition beschreibe einen „realen“ physikalischen Zustand, den man sehen könnte, oder es brauche zwingend die Beobachtung (möglicherweise sogar eines bewussten Subjekts), um einen Kollaps hervorzurufen. In Wahrheit ist es genau umgekehrt: Die Messung verweist rückblickend auf eine Superposition – nicht die Superposition „wartet“ auf die Messung.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

es gibt eine sehr einfache Betrachtungsweise des Problems. Die Theorie sagt A, d.h. Überlagerung. Die Messung sagt nicht-A, d.h. Eigenwertkollaps. Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

Entweder ist die Theorie falsch oder die Messumstände sind untauglich. Meiner Meinung nach gilt letzteres.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

wir messen ja schließlich erst – ob nun ein Quantensystem, das Universum oder den fallenden Apfel – und danach basteln wir ein Modell, das diese Messungen systematisch beschreibt und verallgemeinert. Und irgendwann gibt es dann bessere Modelle – und nicht umgekehrt.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

Gretchenfrage: wie hältst Du es mit dem a priori?

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

die Gretchenfrage ist leicht beantwortet: „a priori“ gibt es nur in dem Sinn, dass wir Denkformen und Modelle entwerfen, bevor wir sie empirisch prüfen. Aber ihre Gültigkeit zeigt sich immer erst a posteriori an den Messungen. Deshalb entstehen Theorien nicht aus reiner Vernunft, sondern im Wechselspiel zwischen Konstruktion und Erfahrung.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich weiß, dass du das genau andersherum siehst. Aber dann kannst du mir ja sicher erklären, wo bei Caspar Hauser dasjenige a priori zu finden ist, das bei Einstein zur Relativitätstheorie geführt hat.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

steh‘ total auf dem Schlauch…

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
dann sag mir bitte konkret: Wenn das a priori für alle Menschen gleich ist – gilt das dann auch für Caspar Hauser und für Einstein?
• Falls ja: Worin genau besteht dieses gemeinsame a priori?
• Falls nein: Dann ist das a priori offenbar doch nicht für alle gleich.
Mich interessiert, wie du das präzise begründest.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

bin mir noch nicht sicher, daß ich die Frage verstehe. Also auf gut Glück:

für alle Menschen gelten alle in Physiologie übergegangenen a priori (siehe mein Kommentar an W.E.), weil alle Sprachen dieser Welt miteinander verwandt sind und daher auch die Physiologien. Diese a priori gelten also auch für Kaspar Hauser, der bei seinem Auffinden über einen Gesamtwortschatz von weniger als fünfzig Worten verfügt haben soll, d.h. effektiv sprachlos war. Das Kaspar Hauser Syndrom (Scheuheit, Unorientiertheit, Verwirrtheit etc.) wird heute auf Reizarmut (z.B Kellergefängnis) zurückgeführt, wobei die fehlende Ansprache aber wohl den Ausschlag gibt, denn Blindheit führt zu Reizarmut aber nicht zu Hospitalismus oder zum K.H. Syndrom. D.h. K.H. bewegt sich in der Welt der physiologisch gewordenen a priori wie jeder andere Mensch. Was ihm fehlt (und sonderbar macht) sind die rein sprachlichen a priori (z.B. Einsteins, sofern es ein Einstein’sches a priori gibt) und der gesamte Apparat der Reflexion.
Daher ja, für alle, die den physiologierten a priori unterliegen, gelten notwendig alle weiteren. Das erzwingt das orthogonale System.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

du schreibst von „in die Physiologie übergegangenen a priori“. Was genau soll dieses a priori vor dem Übergang sein? Klingt so, als sprichst du von einem metaphysischen Etwas, das erst später „körperlich“ wird. Aber dann wäre die Frage unvermeidlich: Wo existiert dieses a priori eigentlich, bevor es in die Physiologie „übergeht“? Mir scheint, dagegen sind manche esoterischen Ideen geradezu realistisch.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

das a priori war, bevor es physiologisch wurde, wie beschrieben, in der Theorie, d.h in der Sprache. Die wissenschaftlichen a priori der Neuzeit sind mehrere tausend Jahre zu jung, als daß jemand sie sinnlich erfahren könnte, aber als a priori haben sie alle Voraussetzungen dazu. Daher argumentiere ich folgendermaßen für die Versinnlichung des a priori:

Die allerwenigsten von uns dürften jemals Begriffe wie Liebe, Ekel, Trauer, Glück, Enttäuschung oder Angst im Duden oder anderswo nachgeschlagen haben. Trotzdem wissen wir schon als Schulkinder sehr genau mit diesen Begriffen umzugehen. Sobald man sich aber logisch-wissenschaftlich (definitorisch) mit diesen Begriffen auseinandersetzt, zeigt sich, daß sie hochkomplex sind und Wissenschaftler darüber zu sehr verschieden Auffassungen kommen. Deshalb glaube ich nicht, daß diese Begriffe gelernt sind. Ich behaupte, daß diese Begriffe orthogonal sind und aus diesem Grund (der gegenseitigen Nichtreduzierbarkeit) körperliche Phänomene (Sensationen) auslösen. D.h. diese Begriffe sind in Physiologie, in Sinnlichkeit übergegangene Begriffe. Ich gehe mal davon aus, daß Du mir zustimmst, daß diese orthogonale Sinnlichkeit nicht in der Materie angelegt ist. Die Orthogonalität unserer fünf äußeren Sinne erklärt sich analog.

Den Vorwurf der Esoterik gebe ich postwendend an diejenigen zurück, die versuch(t)en Gold aus Dreck, bei Vollmond Leben aus Krötenschleim und geheimen Ritualen oder Bewußtsein aus Materie und Algorithmen zu „basteln“. Dein Wissenschaftsbild ist das der Renaissance, und das ging schon mit Dürers ‚Melencolia I‘ unter.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

diese orthogonale Sinnlichkeit nicht in der Materie angelegt ist.“ Sondern???

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Sie ist ihr aufgeprägt.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
„der Materie aufgeprägt“ – das klingt nach einem metaphysischen Stempel. Wer oder was hat den denn aufgedrückt?

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

wenn Dir der Begriff metaphysisch gefällt ist das OK, ich würde es rational nennen.
Wer oder was den Stempel aufgedrückt hat? Die Sprache!

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Eselsbrücke: wir sind nicht Herr der Sprache, sondern ihr Hirte (Heidegger).

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
„die Sprache hat der Materie den Stempel aufgedrückt“ – das klingt poetisch, aber erklär mir bitte: Wie genau soll Sprache, die ja selbst erst ein Produkt menschlicher Physiologie und Kultur ist, etwas „aufprägen“ können, was ihr logisch und zeitlich vorausliegt?
Entweder Sprache ist ein biologisch-kulturelles Phänomen → dann kann sie nichts „aufprägen“.
Oder Sprache existiert vor uns → dann bist du endgültig bei metaphysischer Mystik.
Mit Rationalität hat es jedenfalls nichts zu tun.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wer/Was spricht über die Physiologie, die Kultur?
Genau: einzig die Sprache.
Du verkehrst Ursache und Wirkung.
Die Sprache existiert nicht vor uns, wir existieren durch die Sprache.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
„wir existieren durch die Sprache“ – das ist ein interessanter Satz. Aber sag mir: Wie ist diese Sprache dann überhaupt entstanden?
Wenn sie „immer schon da“ war, ist das Metaphysik.
Wenn sie entstanden ist, dann doch durch uns – also durch Biologie, Kultur, Geschichte.
Beides zusammen geht nicht.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hallo Wolfang,
die Sprache ist menschliche Konstruktion, sie dient zur Kommunikation im Team, weil Teambildung das Überleben fördert. Jedes Volk und jedes Lebewesen haben ihr eigene Sprache, mit der sie sich im Team verständigen. Das wir durch Sprache existieren heißt nur, dass wir mit Sprache besser überleben und ohne Sprache, dass heißt allein, den Widernissen der Natur nicht trozen können. Es gibt auch die Beobachtung von Regelmäßigkeiten, und diese beschreiben wir in der Sprache der Mathematik. Das alles ist trival und solche Allgemeinplätze, wie „wir existieren durch Sprache“ helfen nicht weiter.

Hier findet keine Diskussion über die philosophischen Probleme der Quantenphysik statt, sondern ein Gedankenaustausch, der in den vergangenen Jahren schon tausende Male stattgefunden hat und sich im Kreis dreht, und zwar deshalb, weil die Probleme der Quantenphysik von den Philosophen nicht verstanden werden. Es sind nämlich erkenntnistheoretische Probleme, und sie gehen ins Detail des menschlichen Erkenntnisprozesses. Auch Deine Erkenntnistheorie beginnt damit, dass etwas beobachtet wird (ein Reiz). In Wirklichkeit muss man aber fragen was sind die Voraussetzungen, dass es überhaupt zu einer Beobachtung kommt. Auf diese tiefe Ebene läßt sich keiner herab. Du selbst fängst ja bei der Sprachbildung an, aber bevor über etwas gesprochen wird muss es das ja geben, und bereits das kann bestimmt, unbestimmt, und so beschaffen sein, dass wir grundsätzlich aus logischen Gründen dafür gar keine Begriffe finden können. Das Beobachtete kann nicht beschrieben werden. Keine Kommunikation darüber mit der Sprache. So ist das halt, dann kann man darüber auch nicht sprechen, erst recht nicht beschreiben, und dann nutzt die ganze vorhandene Sprache null komma garnichts: was wir beobachten, darüber können wir nicht sinnvoll sprechen. Was nun?

Wenn Du meinst, das ist Quark, dann spreche mal über das, was ein Feld ist. Ob wir uns durch Sprache definieren kann sein, aber dann definieren wir uns als Subjekte, die die Ontologie von dem was ist (zum Beispiel Licht = Felder, 99,999999 % des Universums bestehet aus quantisierten Feldern) nie erkennen werden. Lass uns alle Überlegungen dazu einstellen. Kosten nur Zeit und Geld und kommt nichts heraus.

Wer glaubt, die Welt wäre fundamental Struktur, und der Begriff der Einzelheit müsse dazu nicht verstanden werden, der mixt sich sein Weltbild aus lauter Begriffen zusammen, die keine klare Definition haben, und aus denen alles und nichts hergeleitet werden kann. Das ergibt dann völlig belanglose und überflüssige Diskussionen, die schon tausend mal so oder ähnlich stattgefunden haben, und genau das findet hier statt.

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
ich weiß nicht genau, wovon du sprichst. Dass die Probleme der Quantenphysik von den Philosophen nicht verstanden werden, sehe ich genau andersherum, soweit du erkenntnistheoretische Probleme meinst. Die allermeisten Physiker kennen sich mit Erkenntnistheorie nicht aus. Sie meinen, Physik wäre Erkenntnistheorie genug. Da schließe ich die ganz großen Physiker ein. Dasselbe gilt für Informatiker und KI-Forscher in Bezug auf Bewusstsein. Erkenntnistheorie ist weit mehr als Physik. Lies mal meinen Artikel zu einer dimensionalen Logik: https://doi.org/10.5281/zenodo.15511394
Vielleicht verstehst du den erkenntnistheoretischen Bezug darin.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang (Stegmann),
ich spreche von de erkenntnistheoretischen Problemen der Quantenphysik, die da lauten: es gibt physikalische Dinge, die existieren außerhalb von uns, lassen sich aber nicht beobachten (erkennen). Sie bilden kein Phänomen, oder sie bilden Phänomene, die sich nicht konsistent und logisch beschreiben lassen. Was machen wir da in einer solchen Situation? Darauf antworten Realisten und Konstruktivisten auf verschiedene Weise, genauer: sie erklären es auf verschiedene Weise. Auch Du gibt eine Antwort, nämlich eine konstruktivistische. Aus erkenntnistheoretischen Überlegungen. Wir sind somit auf einer Linie. Es wundert mich, dass Du das nicht siehst
Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
Wir bauen Modelle, die uns ermöglichen, in der Welt zu navigieren. Sie sind Werkzeuge, keine Abbilder einer „an sich“ existierenden Realität. Insofern bin ich auf deiner Linie. Ich sehe keinen Grund, ein „Unbeobachtbares“ überhaupt ontologisch zu behaupten.
Im Gegensatz zu den meisten Physikern verfolge ich keine Ontologie. Wir können über die Realität nicht „an sich“ urteilen, sondern nur epistemisch, also aus unserer je spezifischen Perspektive. Für mich erübrigt sich deshalb jede Metaphysik.
Grüße
Wolfgang

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Ich will noch Folgendes hinzufügen:
Meine Aussage gilt dabei ausdrücklich als Philosoph. Als Wissenschaftler, also als Physiker, wäre ich selbstverständlich Realist – denn anders kann man konkrete Wissenschaft gar nicht betreiben. Genau diesen Wechsel der Perspektiven reflektiere ich in meinem Artikel, den ich verlinkt habe: Dort entwickle ich eine dimensionale Logik, die solche Wechsel sichtbar macht. Demnach kann man verschiedene Perspektiven einnehmen – die des Philosophen, die des Wissenschaftlers oder die des Alltagsdenkenden. Normale Logik kennt diese Dimensionalität nicht; sie bewegt sich ausschließlich auf der zweiwertigen Logik des formalen Denkens. Aber gerade aus der epistemischen Meta-Perspektive sieht die Problematik der Quantenmechanik (unser eigentliches Thema hier) völlig anders aus als aus der Froschperspektive der Wissenschaft (Physik).
Grüße
Wolfgang

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfang,

da sind wir uns ja völlig einig, wie ja schon in der Vergangenheit auch. Die physikalischen Frösche variieren allerdings ihre Perspektive auf die physikalische Welt gerade so, wie es gerade passt – vom Realisten zum Instrumentalisten und zum Konstruktivisten und wieder zurück. Sie wissen, dass sie keine Ontologie haben, die kleinen Bausteinchen dieser Welt sind nun mal verloren, dafür gibt es ein Feld, das im Zweifel sich an- oder aufregt und verkörnt, und schon sind die Bausteinchen wieder da, ist doch logisch oder ? Wenn Du also als Physiker selbstverständlich Realist wärst, kämst aus dem erkenntnistheoretischen Schlamassel nie heraus. Da Du also in jedem Fall als Physiker Realist wärst, würdest Du weitere 100Jjahre kein einziges philosophisches Problem der Quantenphysik lösen.

Ich sage Dir: Physiker sind flexibel und picken sich aus Deiner Erkenntnistheorie die besten Rosinen raus, wenn sie sich überhaupt mit Ontologie befassen. Die Modellbildung ist jedenfalls kein Abbild der Ontologie, sondern ein Mechanismus, der mit reduzierten objekthaften Konstruktionen gut funktionieren – gute Vorhersagen machen – muss. Das glauben nur naive Philosophen, dass die Modelle die physikalische Welt abbilden.

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Wenn du von einer dimensionalen Logik ausgehst (s.o.), gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen Epistemologie und Ontologie. Es ist nämlich abhängig von der Perspektive. Schaust du aus der Metaperspektive, erscheint Wissenschaft als Epistemologie, schaust du aus der Ebene der Wissenschaft, sieht sie aus wie Ontologie.
Man kann es auch so sehen: Aus der makroskopischen Perspektive des Universums erscheint ein fallender Apfel indeterministisch; aus meiner mesoskopischen Perspektive erscheint das Universum völlig deterministisch. Aus mesoskopischer Perspektive auf die Quantenebene erscheint diese indeterministisch, während sie aus der Sicht eines Photons wohlgeordnet und kausal abgeschlossen erscheinen mag. Nur weil wir mit unseren groben Messinstrumenten dort unten epistemisches Chaos auslösen, heißt das nicht zwangsläufig, dass dort Chaos herrscht.

Dasselbe gilt übrigens für die Zeit: Als subjektiv erlebte Zeit, als thermodynamische Zeit und als relativistische Zeit begegnen uns unterschiedliche, gleichwertige Perspektiven, die sich nicht auf eine einzige reduzieren lassen.
Aus einer Metaperspektive bedeutet das alles: Es gibt keine Theorie von allem. Du hast recht, danach können Physiker (aber auch naive Philosophen) weitere 100 Jahre suchen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

die (klassische) Physik ist Teil und Ergebnis unseres Erkenntnisapparats. Du kannst diesen Erkenntnisapparat nicht aus physikalischen Begriffen herleiten.

@Wolfgang: ja, wir haben ein ganzes Jahrhundert lang das Denken den Physikern/Mathematikern und den Soziologen überlassen, d.h. wir haben uns ein philosophie-freies Jahrhundert gegönnt.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

Dein Kommentar ist etwas verwirrend, vermutlich weil Du übersehen hast, daß in diesem Thread zwei Foristen den Vornamen Wolfgang tragen, die sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten. Am Ende meinst Du mich, vorher Wolfgang Stegemann.

Aber zu Deinen Argumenten:
Sprache ist multifunktional. Sie dient, wie Du sagst, der Kommunikation, der Koordination, der Kooperation, und das schon für sehr viele Tiere, dabei zunehmend dem Informationsaustausch, und nahezu ausschließlich beim Menschen auf der Basis eines Repräsentationssystems von Erfahrung und Wissen. Die Beschreibung von Regelmäßigkeiten (strukturellen Bestimmtheiten) beschreiben wir in der Sprache der Mathematik. So weit, so gut.

„aber bevor über etwas gesprochen wird muss es das ja geben, und bereits das kann bestimmt, unbestimmt, und so beschaffen sein, dass wir grundsätzlich aus logischen Gründen dafür gar keine Begriffe finden können.“
Genau das habe ich in einem früheren Kommentar geschrieben: „Daß die Welt strukturiert, Ordnung ist, kann nicht bestritten werden; wenn wir die Welt verstehen wollen, müssen wir die Ordnung gedanklich rekonstruieren. …. . Und zur Mehrung des Wissens gehört auch das Wissen des Unwissens. Es ist ein Wissensgewinn, wenn man etwas als (vorläufig) nichtgewußt oder gar als definitiv nichtwissenkönnend begreift.“ (Hervorhebung von mir).
Und dann schließen manche die Aussage „Das Beobachtete kann nicht beschrieben werden. Keine Kommunikation darüber mit der Sprache“ an, die einen zentralen Gedanken Kants aufgreift, aber in einer Weise, daß dem Denken/Sprechen eine absolute Grenze gesetzt wird, die das Denken dysfunktionalisiert. Natürlich gilt, wie ich sagte: „Ein theoretischer Wissenschaftler will, so gut es geht, der Wahrheit auf die Spur kommen, dh die Welt zu denken, wie sie ist (nicht nur, wie es für uns zweckdienlich ist).“ Dazu „konstruieren wir Modelle zur Erfassung der Welt, und um das immer genauer zu erreichen, denken wir über alle möglichen Differenzierungen/Verfeinerungen von Strukturen nach und prüfen, wie gut sie das Meßbare wiedergeben“. Da nur das Meßbare meßbar ist, nicht die Welt selber, müssen wir beides sprachlich unterscheiden. Wir haben eine Sprache für das Messen und eine Sprache für die Interpretation des Messens, nämlich für die Phänomene, die nicht selbst direkt gemessen werden, schon die Welt der Erscheinungen (Wirkung des Seins auf uns) muß aus den Messungen interpretiert werden. Und in einem zweiten Interpretationsschritt müssen die Phänomene, Wirkungen auf ursächliche Zusammenhänge des Seins zurückgeführt werden, wenn man nicht auf ein Erkennen des Seins verzichten will zugunsten eines funktionierenden Interagierens mit unserer Umwelt.

In dieser Lage, die man nur als Dilemma empfinden kann, wenn man sich gezwungen sieht, die Komplexität zu vereinfachen, befinden wir uns schon immer, nicht erst mit der QT, aber erst die Grundlagenkrise der Logik/Mathematik, RT und QT haben uns gezwungen, Konsequenzen zu ziehen in unserem Selbstverständnis des Denkens und Wissen(können)s.

Der letzte Passus scheint mir zu gelten. Ich sage ja auch „Sprache ist der Raum und die Grenze unseres Denkens“, Sprache bildet Objekte und Relationen zwischen ihnen, eine Struktur von identifizierbaren Einzelheiten und ihrer Ordnung, den Theorienraum. So wie die Physik den physikalischen Raum denkt. Du hast natürlich recht, „Wer glaubt, die Welt wäre fundamental Struktur, und der Begriff der Einzelheit müsse dazu nicht verstanden werden, der mixt sich sein Weltbild aus lauter Begriffen zusammen, die keine klare Definition haben“ – eine Struktur ohne bestimmte Einzelheiten ist Quatsch, so wie Einzelheiten ohne Struktur. Das ist logisch garnicht zu formulieren. Eine idealerweise vollständig axiomatisierte Theorie (formal oder inhaltlich) beginnt mit Konstanten und Variablen, die in Relationen gesetzt werden. Ein Ding, das völlig unbestimmt ist, ist kein Ding, denn es führt wie die Allmenge auf einen Widerspruch: wenn es die Eigenschaft hat, keine Eigenschaft, also auch keine Relation zu haben, hat es diese Eigenschaft und gleichzeitig nicht. Bei Strukturen, Relationen ist die Sache etwas komplizierter. Eine Relation kann (absolut) gelten oder nicht gelten, aber auch erfüllbar sein. Jedoch auch diese drei Fälle schließen sich gegenseitig aus. Eine Relation (Eigenschaft, beschreibbare Bestimmung) ohne eine nichtleere Objektmenge ist logisch nicht zu formulieren, sie hat wie alles korrekt syntaktisch gebildete immer eine Trägermenge, symbolisch: {x, R(x)}. Sie kann selbstverständlich leer sein; sinnvoll ist die Aussage aber erst, wenn R erfüllbar ist, dann kann {x׀xєM: ¬R(x)} leer sein. Ist
ΛM{x׀xєM→¬R(x)}=Ø,
dann ist R kein sinnvoller Begriff der Theorie. Die Null ist ja gewissermaßen der asymmetrische Komplementärbegriff der Allmenge. xєØ→R(x)˄¬R(x).

Wir müssen also Objekt und Relationalität immer zusammendenken, das ist ein synthetissches apriori. Das tut die Sprache abstrakt im Raum des formalen Denkens von Logik und Mathematik, das tut sie inhaltlich interpretierend in den wissenschaftlichen Fachdisziplinen, und das tut sie weniger elaboriert als universelle inhaltliche natürliche (Alltags-)Sprache, die freilich fundamental über das Erkennen einer objektiven Welt hinausgeht, gehen muß, denn die Kommunikation von Information ist ein untergeordneter Aspekt des Lebens, Selbstinterpretation (Selbstbestimmung, Autopoiesis) und Selbstexpression sind lebenspraktisch bedeutsamer.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

wenn Du alle Reflexionsbegriffe aus Deinem Wortschatz abziehst, bist Du in der Zeitlosigkeit der Phänomene angekommen. In dieser Domäne existiert kein Ranke, kein Darwin und kein Hoyle, denn sie alle benutzen das Verb prozessual, statt konstitutiv. Diese Unterscheidung trennt auch den Sophismus von der Philosophie.

Wenn Du also alle Reflexionsbegriffe (gesellschaftlich akzeptierte Lügen) aus Deinem Wortschatz streichst, unterscheidest Du Dich von Aristoteles durch die Kenntnis der neuzeitlichen a priori. Und wenn Du die auch noch abziehst, bleibt vermutlich nur ein gradueller Unterschied in der Farbwahrnehmung, denn Homer beschrieb den wolkenlosen Tageshimmel und Veilchen als schwarz (nicht abgeschlossener Übergang einer Theorie in Physiologie).

Zeitlosigkeit hat nichts mit Esoterik zu tun, ich schätze, daß wir zu mehr als neunzig Prozent in der Zeitlosigkeit leben und nur den Rest reflektiert erleben. Denn die Reflexion (die Zeit) ist uns als „Abbild der Ewigkeit (genauer: der Zeitlosigkeit)“ gegeben und zwar zur Korrektur der Sprachentwicklung, denn alles was sich verändert (fließt) ist fehlerhaft (nicht orthogonal). Bewußtsein besteht mE in der absoluten Inkompatibilität, in der Kollision dieser Domänen. Wir Modernen haben die Reflexion (die Zeitdomäne) zu einer eigenen (Schein)Welt kultiviert – mit gewaltigen Folgen.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

jetzt hast du dich endgültig in deine eigene Welt verabschiedet. Ich sehe darin keine Anschlussmöglichkeiten an die Philosophie, wie ich sie kenne – außer ein paar Gedankenfetzen von Platon und Hegel. Aber das Schöne ist ja: Jeder darf die Welt interpretieren, wie er möchte. Ich denke, unser Dialog ist hier an einem natürlichen Ende angekommen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Die Gedanken sind fürwahr frei. Wer aber in der Öffentlichkeit denkt, sollte seine Gedanken an die natürliche Sprache anschlußfähig halten – um nochmal das Thema dieser Diskussion zu würdigen.

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Wolfang (Endemann) – ich schreibe hier nur Dir.

ich schrieb: „aber bevor über etwas gesprochen wird muss es das ja geben, und bereits das kann bestimmt, unbestimmt, und so beschaffen sein, dass wir grundsätzlich aus logischen Gründen dafür gar keine Begriffe finden können.“

Darauf antwortest Du: „Genau das habe ich in einem früheren Kommentar geschrieben: „Daß die Welt strukturiert, Ordnung ist, kann nicht bestritten werden; wenn wir die Welt verstehen wollen, müssen wir die Ordnung gedanklich rekonstruieren. …. .“

Ich habe etwas ganz anderes gemeint. Ich sage: es muss erst das Objekt geben, über das gesprochen wird. Du sagst, nee, es ist schon da, nur seine Ordnung/Struktur muss erkannt werden. Du willst die epistemische Unbestimmtheit klären. Ich sage: bevor du überhaupt etwas klären kannst, muss die zu klärende Ontologie doch a) erst einmal existieren, und b) etwas Beschreibbares (Struktur Ordnung) an sich haben. Das setzt Du voraus, ich nicht.

Du redest mit Kant von den Grenzen des Geistes, ich rede von den objektiven ontologischen Grenzen, den Geist überhaupt durch äußere Reize zum Denken zu veranlassen. Bis er dann an die Grenze seines Denkens kommt, ist es noch ein langer Weg, den Du ausgeblendet hast.

Die Mathematik behauptet, die Terme B und E referieren in der Realität auf ein Feld. Das Feld gibt aber keine Reize ab, die irgendwelche neuronalen Reflexe auslösen, man kann es nicht beobachten, es hat keine Eigenschaften, keine Ordnung, keine Struktur. Es geht daher nicht um die epistemische Frage, was können wir erkennen. Es geht um die Frage, was da ontologisch überhaupt existiert, auf welche Weise es kausale Wirkung hat, und das auch noch gegen das  Newtonsche Gesetz Actio = Reactio (in der Physik sind Gesetze keine Gesetze). Da ist etwas was man nicht beschreiben kann. Man kann nicht einmal sagen, da ist ein Ding an sich. Da ist nämlich überhaupt nichts Reales (oder nur Potentielles ?). Vielleicht ist es ja der heilige Geist (sein physikalisches Brüderchen).

Mit Quantenteilchen (z.B. Lichtquanten, was immer das sein soll)  ist es genauso. Lichtquanten sind abstrakte Gedankenobjekte. Was da in der Realität Wirkung ausübt, wie es beschaffen ist, ist unbekannt. Es gibt zwei Arten von Quantenteilchen, Bosonen und Fermionen, und die Bosonen (die Lichtteilchen) wechselwirken untereinander nicht. Sie geben sich nicht zu erkennen, kein Phänomen, keine Beobachtung, nichts ! Das sichtbare Licht ist nicht nur unsichtbar, es ist ontologisch unbestimmt. Von den Bosonen gibt es – von der Teilchenmenge her – 10 Mio mal so viel  im Universum wie die Fermionen (Materieteilochen). Bei den Bosonen, dieser Riesenmenge, ist nichts was geordnet werden könnte. Ihnen werden aber von der Theorie Welleneigenschaften zugesprochen, nämlich eine Frequenz, und ihre Energie ist auch noch von diesen Welleneigenschaften abhängig. Das ist alles ein absurdes Gedankengebilde – ontologisch gesehen.

Und Du schaffst darin Ordnung und Struktur ? ja wo ist die denn?  

Wenn Du glaubst, die Welt sei irgendwie beschaffen und Wissenschaftler würden diese Beschaffenheit erkennen wollen, bist Du auf dem Realisten-Trip, auf dem Trip der Philosophen des vorigen Jahrhunderts, die sich all die Probleme der Quantenphysik nicht zu eigen gemacht haben. Denn dieser Trip führt in lauter Widersprüche (widersprüchliche Beschreibungen), und zwar auf natürliche Weise. Woher kommt die Beschaffenheit der Welt, die sich nur widersprüchlich beschreiben lässt (so und anders!) – vielleicht aus einer eigenen mysteriosen intrinsischen Potenz-  oder vom lieben Gott – oder ist es einfach eine apriori-Annahme der großen philosophischen Denker der letzten Jahrhunderte? – Es ist ganz einfach unsere Denkgewohnheit. Weil wir aus der beobachteten Welt auf die unbeobachtete schließen.

Aber die beobachtete Welt kann auch konstruiert sein. Das geht ganz einfach: Hasen erscheinen, wenn man sie sieht, immer mit langen Löffeln. Wir sagen, dieser Hase, und jener, und auch der, alle haben lange Löffel. Wir sagen das, weil es so erscheint. Wenn Hasen immer mit langen Löffeln erscheinen, dann kann man viel einfacher vom Hasen sprechen, wenn man sagt: der Hase  h a t  lange Löffel. Das ist der Sprung von einer allgemeinen Zuordnung zu einer ontologischen Behauptung – nicht weil es ontologisch so ist, sondern weil es sprachlich (in der Kommunikation) effektiver ist, genau davon auszugehen – aber als Konstruktion, um Gottes Willen als Konstruktion, nicht weil es so ist, in Gottes Namen.

Und es ist schon ein etwas schräger Blickwinkel auf Erkenntnis zu behaupten, die Mehrung des Nichtwissens sei auch ein Wissen. So weit möchte ich den Begriff nicht dehnen. Und der unerschütterliche Glaube, dass alles was wir über die physikalische Welt noch nicht wissen, würden wir irgendwann wissen, ist doch durch die Quantenphysik sehr in Frage gestellt worden, da ist wieder die Auffassung des Realisten, der glaubt, alles was wir konstruieren, um die Welt zu beschreiben, könnte irgendwann ihre objektive Realität widerspiegeln, gleichzeitig aber behaupten, wir könnten eine objektive Position nicht einnehmen – ja was denn nun? Wie weit kommen wir der Wahrheit denn näher, wenn wir in der Welt drin stecken und unser Geist beschränkt ist. Sehr nah? Oder bleiben wir weit weg?

Da schreibst Du: „Ein theoretischer Wissenschaftler will, so gut es geht, der Wahrheit auf die Spur kommen, dh die Welt zu denken, wie sie ist (nicht nur, wie es für uns zweckdienlich ist).“ Dazu „konstruieren wir Modelle zur Erfassung der Welt, und um das immer genauer zu erreichen, denken wir über alle möglichen Differenzierungen/Verfeinerungen von Strukturen nach und prüfen, wie gut sie das Messbare wiedergeben“.

Das ist nicht nur Realismus, sondern ein braver, wenn nicht naiver Realismus. Ich dachte, die Philosophen wüßten, dass es keine universelle Wahrheit gibt, außer man setzt sie.

Stricken sich dann die Physiker die Wahrheit der Welt in ihren Modellen zusammen? Nein, sie machen Modelle, nicht um die Welt zu erfassen, wie sie ist, sondern als Instrumente, um mit ihr zweckdienlich umzugehen. genauso wie wir die Begriffe bilden, um sie zu beschreiben, nicht wie sie ist, sondern um mit ihr zweckdienlich umzugehen. Nun sage mir nicht, Du wärst der gleichen Ansicht. Du schreibst, wir konstruieren sie als Abbild der Welt, wie sie ist – bist eben Realist.

Da schreibst Du „ die RT und QT haben uns gezwungen, Konsequenzen zu ziehen in unserem Selbstverständnis des Denkens und Wissen(können)s.“ Ja dann zieh die Konsequenzen. Die RT und QT sind Beschreibungen von Zusammenhängen, nicht eine Beschreibung der Welt, wie sie ist. Diese Theorien sagen uns, was wir   u n t e r   a l l e n   m ö g l i c h e n  ä u ß e r e n  Bedingungen sehen, wenn wir beobachten. Beobachten heißt, einer physikalischen Größe einen Wert zuweisen können. Wenn wir nicht hinsehen, können wir auch keinen Wert zuweisen, es sei denn, wir hätten eine Vorerfahrung aus vorherigem Hinsehen. Wenn wir nicht hinsehen, haben wir in der Quantenwelt keine epistemische Ungewissheit. Es ist ontische Ungewissheit. Ein Quantenobjekt hat keinen Ort, weil wir keine Zuweisung vornehmen können, nicht weil wir ihn nicht wissen, und nur messen müssen um ihn zu wissen. Es hat keinen Ort, weil wir keinen zuweisen können. Der Realist kann immer einen Ort zuweisen, schon aus logisch Gründen, und – schupps – steckt Du als Realist wieder im Dilemma, und zwar einem logischen. Aber vielleicht sollen wir ja – nur weil ein paar Physiker die Welt nicht verstehen – gleich unser logisches Denken einstellen, und zur Quantenlogik übergehen.

Trotzdem sende ich Dir die besten Grüße, und hoffe Du bist ob meiner Schreibweise nicht ärgerlich, diesmal aus der Deutschen Bahn, die nur schreibend im Speisewagen zu ertragen ist.

Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

Ich kann Deine Argumente nach wie vor nicht zu einem kohärenten Gesamtbild zusammenführen. Die Kernpunkte Deiner Überlegungen scheinen mir der Funktionalismus und der Pragmatismus zu sein. Diese Verbindung alleine führt aber zum Wissensschaftsbild der Renaissance, d.h. dem Glauben, daß man durch Messen und Ausprobieren Wissen gewinnen kann; diesem Ansatz fehlt daher jede Erkenntnis. Ihm geht das a priori ab, daß gleichzeitig seinen Gegenstand und! dessen selektive Manipulierbarkeit, z.B. seine Messbarkeit, erkennt. Denn Messen ist manipulieren. Ich halte es für ausgeschlossen, daß man zunächst etwas erkennt, um dann zu überlegen, wie man es manipulieren kann. Das gilt natürlich auch für die Umkehrung, aus der Manipulation (Messung) ein Etwas herleiten zu wollen. Letzteres ist Teilproblem der QM.

Was also liegt im a priori? 

die Redundanzfreiheit (Nicht-Reduzierbarkeit) des Erkannten, es kann daher weder dem Status quo ante widersprechen noch aus ihm hergeleitet werden.

die prinzipielle selektive Manipulierbarkeit des Erkannten, denn es ist orthogonal zum Status quo ante, also anti-komplex.

die praktische selektive Manipulierbarkeit des Erkannten, denn das a priori Erkannte besteht aus Theorie UND Phänomen, ist also holistisch in die ‚Welt‘ eingelassen. Dieser Holismus ist affirmativ nicht zu gewinnen, aber per Absoluter Negation (Orthogonalität).

Wenn Du dann noch die unsinnigen Terme ‚Wahrheit‘ und ‚Realität‘ vergißt und durch ‚Absolute Unwidersprüchlichkeit des Gesamtsystems‘ ersetzt, die sich auf kein Außenverhältnis bezieht, wird aus Deinem (vermuteten) Funktionalismus/Pragmatismus ein a priori Funktionalismus/Pragmatismus. Das könnte eine gemeinsame Basis sein. 

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
beim Messen wird nicht das Meßobjekt manipuliert sondern seine Umgebung, diese wird zur Meßvorrichtung konfiguriert, meinetwegen manipuliert. Es gibt ein apriori Erkanntes nur für den Realisten, der glaubt dass die Welt eine Beschaffenheitt hat und diese sei das Objekt der Erkenntnis. Das dieses apriori-Erkannte existiert, ist von der Quantentheorie widerlegt worden: wir erkennen die Beschaffenheit der Quantenobjekte nicht – genau und nicht im allgemeinen Wischi-Waschi formuliert: wir können den physikalischen Größen, die die Quantenobjekte sicher kennzeichnen, nicht immer definierte Werte zuweisen, und zwar grundsätzlich nicht. Punkt. Da ist keine Nicht-Reduzierbarkeit am Werk, sondern dieses Außerstande-Sein einer Wert-Zuordnung liegt daran, dass wir in der Physik die den Quantenobjekten zukommende prinzipielle Unbestimmtheit mit den physikalischen Fachbegriffen nicht beschreiben können und der Eigenschafsbegriff versagt schon ganz am Anfang, und alle damit verbundenen kausalen, dispositionalen, intrinsischen und essentiellen Beschreibungsformalien. Im Alltag allerdeings können wir mit Unbestimmtheiten viel besser umgehen, und da gibt es auch Begriffe, mit denen ontologische Unbestimmtheit zutreffend beschrieben werden kann. Wenn Du das alles nicht verstehst, dann bist schwebst Du jenseits normaler Rationalität, na ja ist auch nicht schlecht, das wahre Glück liegt bekanntlich jenseits der Vernunft.
Grüße
Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
Dein Kommentar, den ich replizierte, ging an Wolfgang Stegemann, und der Text vor dem Schlußabsatz meinte auch W.S., daher meine Vermutung, daß Du etwas vermixt hast.

Du hast recht, so, wie Du es formulierst, bin ich Realist; ich sehe das zwar etwas anders und würde höchstens sagen, daß ich eher dem Realismus zuneige als seinem Gegenteil.
Wichtig ist mir, den Realismus als einen des Als-ob zu sehen, ich habe einmal auf diesen von Heinz hier eingebrachten, von mir wohl mißverstandenen, jedenfalls anders gebrauchten Ausdruck hingewiesen. Der Realismus, auf den wir mE vernünftigerweise nicht verzichten können, ist einer des Als-ob. Der absolute Realismus ist ja mit dem Kantschen Ding-an-sich endgültig als vorkritisch verabschiedet. Damit wird Realismus zu einem nicht absoluten, sondern regulativen Begriff. Das ist das bleibende Erbe Wittgensteins, worüber wir nicht reden können, darüber sollten wir schweigen. In diesem Sinne denke ich, wir können über die objektive Welt nur sinnvoll sprechen mit einer möglichst eindeutigen Sprache logisch konsistenter Strukturen. Was darüber hinausgeht, ist keine Erkenntnis, sondern Magie/Imagination. Hieran kann sich ein striktes Ignorabimus oder ein geschmeidigeres des Al-ob-Wissens anschließen. Ich bekenne mich eingeschränkt zu letzterem, weil der universelle Zweifel unfruchtbar ist. Daraus folgt, daß ich aufgrund eines auftretenden Widerspruchs in der Beschreibung der Welt die vorläufige Unfähigkeit zu einer widerspruchsfreien Beschreibung nicht auf die Welt projiziere, sondern meinem Denken der Welt anlaste. Ich muß in einer neuen strukturellen Bestimmung den Widerspruch eliminieren können.

Dies ist eine universelle Problematik des Denkens, die nicht erst mit der Entschlüsselung des Mikrokosmos vorliegt. ZB die berühmten Unvereinbarkeiten (etwa des Welle-Teilchen-Dualismus oder der Verschränkung) sind kein unlösbares Rätsel der Natur, sondern eine Folge unserer falschen Modellierung, eines unanwendbaren klassischen Objektbegriffs, der nur für Mesoobjekte (weitgehend) gilt und letztere, soweit wir bis heute wissen, auch angemessen beschreibt (ich komme später noch einmal darauf zurück). Die von mir benannten Grundlagenkrisen (Logik, RT, QT) haben den naiven Realismus erschüttert, tatsächlich aber ist selbiger schon immer, auch wo wir meinen, auf sicherem Boden zu stehen, prinzipiell falsch, auch die klassische Empirie liefert keine absoluten Erkenntnisse der Welt, nicht der phänomenalen, also sich in ihren Wirkungen zeigenden, und schon gar nicht in der wirklichen Welt (und darüberhinaus mag es eine geben, die sich für uns gar nicht zeigt, daher nie in unseren Blick gerät). Definitiv können wir allenfalls punktuell Zustände erfassen und durch Vergleich, wie Du schreibst, Werte zuordnen. Sinn machen diese Werte erst, wenn es einen Bezugsrahmen gibt, der ist aber schon Deutung, nicht beobachtbar. Dies gerät zu einem uferlosen Relativismus, wenn wir nicht immer wieder das Ergebnis als eine Als-ob-Tatsache behandeln.

„Ich sage: es muss erst das Objekt geben, über das gesprochen wird. Du sagst, nee, es ist schon da, nur seine Ordnung/Struktur muss erkannt werden.“ Hier bitte ein bißchen genauer formulieren. Von welchem Objekt redest Du? Ich rede vom Realobjekt, das da sein muß. Ohne eine reale Ordnung gäbe es kein Denken, hätte Denken überhaupt keinen Sinn. Denken ist eine Ordnung auf zweiter Stufe, die Ordnung des Denkens über die Ordnung des Seins. Denken bemüht immer ein anderes, das es bedenkt. Es muß also eine erfolgreiche Verknüpfung des Denkens mit der Realität geben. Und ich konzediere den Utilitaristen, daß sie dem gerecht werden. Sie meinen halt, daß es völlig ausreicht, eine effektive Beziehung herzustellen mit dem anderen, dem nicht bloß gedachten. Und in mancher Hinsicht mag die méthode Coué, die Suche nach einem wirkungsvollen statt eines wahren Verständnisses effizienter sein. Für mich ist es ein beispielloser kultureller Verfall, wenn man die Idee der Wahrheit aufgibt. Paßt allerdings zur Zeitenwende, in der wir uns jetzt auf Krieg vorbereiten sollen. Naja, es wird sich herausstellen, wie weit/wohin man damit kommt.

„doch a) erst einmal existieren, und b) etwas Beschreibbares (Struktur Ordnung) an sich haben. Das setzt Du voraus, ich nicht.“ – Das verstehe ich nicht. Wenn Du es nicht voraussetzt, wo kommt es dann her? Setzt Du stattdessen Denken voraus, das es erzeugt? Wie gesagt, muß ich eine strukturierte Wirklichkeit voraussetzen, Denken nicht. Denken ist eine Reaktionsweise, die evolutiv entstanden ist und ständig (weiter)entwickelt wird. Sie hat selbst objektive Bedingungen, die sie beschränken, und es ist die Aufgabe der Erkenntnistheorie, die Möglichkeiten und Limitationen des Denkens zu eruieren. Ich wüßte nicht, wo ich den langen Entwicklungsweg des Denkens ausgeblendet habe, ich habe ihn nicht thematisiert.

„Das Feld gibt aber keine Reize ab, die irgendwelche neuronalen Reflexe auslösen, man kann es nicht beobachten, es hat keine Eigenschaften, keine Ordnung, keine Struktur.“ – wieso? Das leere Feld (der leere Raum) hat keine Struktur. Daher sagte ich schon, den leeren Raum gibt es nicht. Ein reales Feld hat möglicherweise eine sehr reiche Struktur. Zumindestens ist es nicht homogen, sonst würde es sich nicht zeigen, keine Wirkung zeigen. Also ist nach meinem Verständnis ein Feld auch eine bestimmte Struktur, kann also zum Objekt des Denkens werden.

„Lichtquanten sind abstrakte Gedankenobjekte.“ – sicher, wie alle Gedankenobjekte. Und die stehen für eine gedachte physikalische Realität. Auch das Masseobjekt, auch die Kraft sind Gedankenobjekte, die sich als passende Modellierungen erweisen müssen.

„Es ist ganz einfach unsere Denkgewohnheit. Weil wir aus der beobachteten Welt auf die unbeobachtete schließen.“ – nein. „Schließen“ ist ein falscher Begriff. Und wir denken uns zu den Beobachtungen passende theoretische Strukturen aus, die alle möglichen Beobachtungen abdecken. Wir machen keine Aussagen über etwas, was sich nicht beobachten läßt, das wäre töricht, nicht rationaler als hinter allem einen Gott zu denken. Wir müssen uns auf die erkennbare Welt beschränken, und die läßt sich strukturell beschreiben. Mehr ist nicht. Allerdings ist hier eine kleine Relativierung angebracht. Es kann durchaus sein, daß sich etwas mit Hilfsparametern, denen keine Realität entspricht oder zu entsprechen scheint, besser modellieren läßt. Ein strenger Theoretiker wird das ablehnen, man kann aber großzügiger sein, solche Fiktionen zulassen, allein schon, weil dadurch die Theorie schöner wird.

„der unerschütterliche Glaube, dass alles was wir über die physikalische Welt noch nicht wissen, würden wir irgendwann wissen, ist doch durch die Quantenphysik sehr in Frage gestellt worden“ – nein, der „unerschütterliche Glaube“ ist schon immer Blödsinn. Ohne die Welt teleologisch zu betrachten, sie als kontingent anzuerkennen, widerlegt diesen Glauben schon vor aller modernen Physik. Die Physik müßte ihm zufolge ein abgeschlossenes Wissensgebiet sein, es gibt solche abgeschlossenen Wissensgebiete, die wir dann mit gutem Grund trivial nennen; aber die Physik ist eine Grundlage von fast allem, hier solche Abgeschlossenheit anzunehmen ist absurd.
„da ist wieder die Auffassung des Realisten, der glaubt, alles was wir konstruieren, um die Welt zu beschreiben, könnte irgendwann ihre objektive Realität widerspiegeln“ – ich weiß nicht, ob es überhaupt solche Realisten gibt, ich bin jedenfalls keiner.
„Sehr nah? Oder bleiben wir weit weg?“ – das ist eine müßige, prinzipiell unbeantwortbare Frage. Solange wir die ganze Wahrheit nicht kennen (und ich behaupte ja, wir können sie nicht kennen), können wir auch nicht wissen, wie nah wir ihr sind. Sehr wohl aber können wir relative Fortschritte erzielen, oder willst Du das bestreiten?

„Ich dachte, die Philosophen wüßten, dass es keine universelle Wahrheit gibt, außer man setzt sie.“ -auch da muß ich widersprechen. Wahrheit kann man nicht setzen. Der Begriff der universellen Wahrheit ist sehr fragwürdig. Wahrheit ist ein Begriff mit doppelter Bedeutung. Die inhaltliche Wahrheit ist die Qualität eines der Wirklichkeit angemessenen Denkens, diese Wahrheit ist immer unvollständig und vorläufig. Es gibt aber auch die formale Wahrheit, die ist in engen Grenzen erreichbar, absolut gültig als Qualität des abstrakten, schließenden Denkens, die Wahrheit der Logik und Mathematik, sie gilt apriori. Allerdings ist diese über die engen Grenzen hinaus notwendig unvollständig (Gödel), kann und muß ohne Aussicht auf ein Erreichen des Ziels vervollständigt werden. Und die Setzungen in der Mathematik sind Setzungen, keine Wahrheiten. Richtig ist jedoch, daß konsistente Setzungen hypothetische Wahrheiten sind, ich kann sie im operativen Denken als absolute Wahrheit betrachten. In diesem Sinn mag man von gesetzten, konstruierten, erfundenen statt entdeckten Wahrheiten reden.

„Die RT und QT sind Beschreibungen von Zusammenhängen, nicht eine Beschreibung der Welt, wie sie ist.“ – die Welt ist eine Welt der Zusammenhänge. Wenn Du sie als eine Welt der Dinge sehen willst, bist Du ein naiver materialistischer Reduktionist.

„Ein Quantenobjekt hat keinen Ort, weil wir keine Zuweisung vornehmen können, nicht weil wir ihn nicht wissen, und nur messen müssen um ihn zu wissen. Es hat keinen Ort, weil wir keinen zuweisen können.“ – nach meinem Verständnis: nein. Ein Quantenobjekt ist nicht angemessen erfaßt mit dem klassischen Objektbegriff. Wenn ich den klassischen Ort des Quantenobjekts bestimme (dieses Wort paßt sehr gut), erhalte ich das Ergebnis eines Eingriffs in das Quantensystem. Danach setzt das Quantenobjekt seinen Weg klassisch fort. Den Ort des Quantenobjekts kann ich nur durch eine hohe Zahl an Versuchen ermitteln, was überhaupt nur möglich ist, weil ich Quantenobjekte im Quantensystem, also verschränkt, als ein Teilchen sehen kann/muß, und die Versuchsergebnisse zeigen dann die Verteilung des Quantenobjekts als Welle, Feld.
Die Quantenlogik ist eine Strukturmannigfaltigkeit. Noch haben wir keine gemeinsame Oberstruktur für die binäre und die Quantenlogik. Und wir wissen nicht, ob es eine solche sinnvolle Oberstruktur überhaupt gibt.

Was sollte ich Dir übelnehmen, ich tausche mich gerne mit Dir aus. In der Form freundlich, in der Sache bestimmt, kompromißlos, solange es geht, am Ende sind wir ohnehin gezwungen, Pluralität anzuerkennen, denn jede Überzeugung hat ihre Grenzen, aber vorher sollte man konsequent bleiben, schließlich geht es um Wahrheit (mir jedenfalls, aber ich bin alt, vielleicht, dem 20. Jahrhundert verhaftet, veraltet – das Praktische interessiert mich nicht mehr sonderlich).

LG

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang (Endemann),

ich habe Deine Antworten studiert, aber offen gesagt sie sagen mir nicht viel, was sachdienlich wäre. Deine Antworten erscheinen mir ausweichend, widersprüchlich und schweifen doch in allgemeine Überlegungen ab, die gar keinen Bezug mehr zu den sehr klaren philosophischen Fragen der QM haben (über die doch die Philosophen- so die Meinung vielfach hier – besser Bescheid wissen als die Physiker).

 „Ich sage: es muss erst das Objekt geben, über das gesprochen wird. Du sagst, nee, es ist schon da, nur seine Ordnung/Struktur muss erkannt werden.“ Da sagt Du: „Hier bitte ein bißchen genauer formulieren. Von welchem Objekt redest Du? Ich rede vom Realobjekt, das da sein muß.“ –

Naja, wovon rede ich denn? Ich rede die ganze Zeit von den Realobjekten, der physikalischen Ontologie. Und natürlich muss es erfolgreiche Verknüpfung des Denkens mit der Realität geben, das ist doch ein Allgemeinplatz. Ich leugne doch nicht, dass es eine äußere physikalische Welt gibt, die Reize aussendet, die dann unsere Neuronen zur Aktivität bringen, darum geht es doch gar nicht.

Es geht zunächst einmal um die Annahme des Realisten, dass die äußere Welt eine wahre Beschaffenheit hat, die Ziel der Erkenntnis ist. Es geht darum, ob Du, der sich ja dem Realismus zuneigt, auch dieser Ansicht bist. Oder bist Du es nicht? Aus Deiner Antwort schließe ich, dass Du darauf keine Antwort geben willst, außer „vielleicht“, aber aus Deiner Argumenten kommt immer wieder heraus, dass die äußere Welt doch eine objektive von uns unabhängige Beschaffenheit hat (egal ob wir diese nun erkennen oder nicht). Aber lassen wir das. Damit wir weiterkommen, will ich das Problem in diesem Thread jetzt gerne einmal ganz genau machen – auf den Punkt:

Frage: Bist Du der Meinung dass die physikalischen Objekte, egal ob groß oder klein, immer an einem Ort sind? Sind sie es ? Du neigst dem Realismus zu, und wer nur ein bisschen realistisch denkt, muss doch sagen: physikalische Objekte – solange sie kleine Dinger sind, und nicht raumgreifend sind wie eine Welle, und solange das Geschehen im 3dimensonalen Raum stattfindet, und nur an dieses Szenario ist hier gedacht – solange müssen sie doch an einem Ort sein, nicht aus physikalischen Gründen, sondern aus logischen Gründen – Oder ? Sie müssen doch irgendwo sein, oder ? Das ist doch eine Wahrheit und es wäre ein kultureller Verfall, wenn man die Idee dieser Wahrheit aufgeben würde. Das ist eine Frage nach Deinem Verständnis der Beschaffenheit der Außenwelt. Alles ist irgendwo, jedem Ding kann man Ortskoordinaten zuordnen.

Als Hilfe sage ich Dir: Ich bin kein Realist, und sage trotzdem, ja wenn wir hinsehen, sind alle Dinge an einem Ort, auch wenn wir in die Quantenwelt reinsehen, und dort ein Ding sehen, dann sehen wir es an einem Ort ! Das kannst Du doch schwer missverstehen. Ich bejahe die Frage in gewisser Weise (nur wenn wir hinsehen, sind sie an einem Ort), auch wenn ich kein Realist bin. Und weiter: ich extrapoliere sogar: auch wenn wir nicht hinsehen, sind sie alle an einem Ort ! Sogar ich als Nicht-Realist. Ich bejahe das aus logischen Gründen. Physikalische Existenz, solange sie nicht raumreifend ist, muss im dreidimensionalen Raum unserer Anschauung  i m m e r einen Ort haben. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Du auch der Meinung bist und Dich zu dieser Frage nicht in allgemeine philosophische Begriffsüberlegungen über Gott und die Welt verlieren wirst. Dass sie immer irgendwo sein müssen, als Realobjekte,  ist doch logo, oder ?

Aber nun sagt die Quantentheorie, Quantenobjekte (kleine nicht-raumgreifende Dinger) haben – außerhalb des Hinsehens, außerhalb einer Messung –  k e i n e n  Ort. Sie haben außerhalb einer Messung i m m e r keinen Ort. Das ist definitiv die präzise Aussage, und zwar sagt dies die Mathematik und aus allen Messergebnissen geht dies hervor, und sie haben diesen Ort in ontologischer Hinsicht nicht, also nicht in epistemologischer Hinsicht. Keinen Ort ! Die Quantentheorie sagt genau das Gegenteil von dem, was ich oben lang und breit ausgeführt habe.

So, was sagst Du jetzt dazu? Deine Meinung wird hier interessant, Deine Meinung als Philosoph. Was meinst Du, wie diese Aussage gemeint ist. Wie kann man diese Aussage philosophisch interpretieren. Zeigen sich da die Grenzen des Denkens, oder läßt sich da die Logik nicht mehr anwenden, oder ist meine Frage einfach nur dumm und habe ich etwas übersehen, was Philosophen – die ja die Probleme der Quantenphysik besser kennen sollten als die Physiker – sofort erkennen ?

Bitte nehme mir meine Frage nicht übel, aber von den philosophischen Allgemeinplätzen und dem ganzen Überbau und dem schönen Rahmen, in den alles so vollkommen eingebettet ist und aus dem heraus doch alles erklärlich ist – den lass einfach beiseite und gib mir Deine Einschätzung zu diesem philosophischen Problem der Quantenphysik.

Ich würde wirklich gerne diesen einen Fall besprechen, der nur ein typisches Beispiel darstellt., gerne auch mit allen anderen Kommentatoren hier. Ich habe mich bemüht, die Frage präzise zu stellen, sie müsste eigentlich zu verstehen sein. Eine typische Frage, die die Quantentheorien aufwerfen.

Es ist die Frage eines Physikers an die Philosophen, mit der Bitte, die Sache zu erklären, aber bitte nicht mit Wittgenstein. Ich glaube er sagte, über was wir nicht sinnvoll reden können, darüber sollten wir schweigen, oder hat es das Wort sinnvoll weggelassen? Der Spruch gibt doch erst mit dem Wort sinnvoll einen Sinn. Und sinnvoll kan man über die Frage sehr wohl reden.

Denn eine Warnung vorweg: es gibt eine ganz einfache Erklärung. Die Quantentheorie hat Recht: die Quantenobjekte haben – solange wir nicht hinsehen – keinen Ort, definitiv nicht. Aber es gibt eine sehr einfache erkenntnistheoretische Erklärung dafür, die ohne Begriffsinterpretation und ohne Denkgrenzen, und ohne weitführende allgemeine Überlegungen zum Denken, zur Ontologie, der Welt als Großes und Ganzes auskommt.

Ich meine es ernst, erst wenn wir die Sache auf dieser Ebene diskutieren, kommen wir weiter. Ich kann die Diskussion aber nicht mit mir führen, sondern nur mit Dir, weil Du ernsthaft bist, leider gerne ausschweifst. Heinz wird sich in diese Niederungen wohl nicht herablassen. Aber vielleicht der Wolfgang Stegmann.

Grüße Bernd

t.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
Deine Frage enthält bereits zwei Fehler:

1. „Hinsehen“ ist nicht gleich „Messen“. In der Quantenmechanik bedeutet Messen eine physikalische Wechselwirkung mit einem Apparat – nicht das bloße menschliche Wahrnehmen.

2. Superposition hat nichts direkt mit „Ort“ zu tun. Sie beschreibt eine Überlagerung möglicher Zustände (Ort, Spin, Impuls usw.), aber nicht eine „Ortlosigkeit“.

Ein klassisches Beispiel ist das Doppelspalt-Experiment: Das Elektron ist nicht „nirgendwo“, sondern in einer Überlagerung verschiedener Wege, bis eine Messung stattfindet.
Im Übrigen ist das eine epistemische Frage: Superposition beschreibt unsere Wissenslage bzw. die mathematische Darstellung möglicher Zustände, nicht eine ontologische ‚Ortlosigkeit‘ des Teilchens.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,
nun verdrehst Du meine Frage, sodass Du nicht antworten musst.

Messen ist Hinsehen. Es geht darum, dass außerhalb des Kontextes einer Messung nach der Theorie ein Quantenobjekt keinen Ort hat, und zwar nicht wegen irgendwelcher Superpositionen als Grund nach der abstrusen Vorstellung, der Gegenstand ist an allen Orten gleichzeitig.

Er hat keinen Ort, weil ein Ort weder aus der Mathematik noch aus dem Experiment entnommen werden kann – solange das Objekt nicht mit einem Messgerät oder dem Beobachter wechselwirkt.

Es geht hier um die philosophischen Impilkationen – was sagt Du als Philosoph, wenn Du gefragt wirst, wie Du diese Situation einschätzt. Die Antwort kann doch nicht lauten: Du stellst die Frage falsch. Sie kann doch nur lauten: philosophisch ist das Problem so und so zu sehen.

Und die Wiederholung absurder Vorstellungen, wonach ein Quantenobjekt in einer Überlagerung verschiedener Wege ist, da widerholst Du doch nur, was Dir die Leute sagen, die das Problem seit 100 Jahren nicht lösen konnten.

Bin sehr enttäuscht von Dir.

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

Philosophie besteht gerade darin, falsche Fragestellungen aufzudecken. Wenn ich sage „die Frage ist falsch gestellt“, dann ist das keine Ausrede, sondern der philosophische Kern: Wir können nicht so tun, als ob es da draußen ein Quantenobjekt gäbe, das „eigentlich“ einen Ort hat, den wir nur nicht kennen.

Philosophisch sehe ich die Sache so: Ein Quantenobjekt hat vor der Messung keinen Ort, nicht weil es „an allen Orten gleichzeitig“ wäre, sondern weil der Begriff „Ort“ hier schlicht nicht anwendbar ist. Ort ist eine klassische Kategorie, die erst im Kontext der Messung Sinn bekommt.

Die berühmte „Superposition“ ist daher kein physikalischer Zustand im Sinne einer „realen Überlagerung“, sondern eine mathematische Beschreibung der Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Messergebnisse. Sie beschreibt also unser Wissen über das System, nicht ein „Ding an sich“.

Genau darin liegt die philosophische Pointe: Die Quantenmechanik zwingt uns, klassische Kategorien wie „Ort“ oder „Teilchenbahn“ aufzugeben. Das ist nicht Absurdität, sondern erkenntnistheoretische Klarstellung.
Das sollte dir als Antirealist aber klar sein. Oder bist du doch heimlicher Realist? 😉

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfgang,

ja, super, jetzt kommen wir in die richtige Diskussion.

Du schreibst: „Wir können nicht so tun, als ob es da draußen ein Quantenobjekt gäbe, das „eigentlich“ einen Ort hat, den wir nur nicht kennen.“ Warum können wir das nicht? Weil die Quantenmechanik uns zwingt, die klassische Kategorien wie „Ort“ oder „Teilchenbahn“ aufzugeben?

Stammt das von Dir? Oder haben Dir das die Physiker erzählt, die glauben, die physikalische Welt außerhalb von uns habe eine bestimmte Beschaffenheit, und die daher nicht verstehen, warum die Mathematik und die Experimente über diese Beschaffenheit (hier den Ort oder den Ortszustand) nichts aussagen. Du wiederholst die Argumente von Realisten, die die Sachlage selbst nicht verstehen. Wenn Du das machst, dann musst Du zugeben, dass Du auch nicht mehr verstehst als die Physiker, obwohl Du etwas anderes behauptet hast. Das wäre aber momentan völlig in Ordnung. Die Realisten wissen es halt nicht besser.

Ich schlage vor, wir gehen der Sache erkenntnistheoretisch auf den Grund. „Ort“ ist eine physikalische Bestimmung, die da herrührt, dass wir als Erkenntnissubjekte in der Lage sind Unterschiede zu erkennen, nämlich einem außerhalb von uns gegebenen, objektiv vorhandenen Unterschied, und zusammen mit dem Erkennen dieses Unterschieds auch eine Verortung dieses Unterschieds vornehmen können, sozusagen als fundamentales Vermögen unseres Geistes. Es paßt sozusagen in den ersten Schritt Deiner 3-Schritt-Erkenntnistehorie.

Würdest Du dem zustimmen, dass es ein fundamentales, nicht weiter begründbares Vermögen unsres Geistes ist, einen Unterschied (der eine „Grenze“ markiert) im 3dim Raum verorten zu können? Ich meine dass jedes Lebewesen, wenn es denn überleben will, dies können muss.

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,
frech gesagt: ich „plappere“ hier keine Realisten nach, sondern ziehe eine epistemische Konsequenz. „Ort“ ist keine ontologische Eigenschaft eines Quantenobjekts, sondern eine Kategorie, die erst im Kontext von Messung Sinn bekommt.
Dein Vorschlag, „Ort“ sei ein fundamentales Vermögen unseres Geistes, macht es nicht besser – du verlagerst die Kategorie nur vom Physikalischen ins Psychische und machst sie dort zur unhintergehbaren Voraussetzung. Aber auch das ist eine metaphysische Setzung: du behauptest, unser Geist „könne“ Ort, und deshalb müsse es Ort geben.
Genau das meine ich: Man kann „Ort“ sinnvoll in der klassischen Physik verwenden, aber in der Quantenmechanik verliert er seine Gültigkeit, weil die Theorie und die Experimente diese Kategorie nicht tragen. Es bleibt dann nur eine erkenntnistheoretische Entscheidung: ob man die Kategorie „Ort“ trotzdem dogmatisch festhalten will, oder ob man akzeptiert, dass sie hier nicht passt.
Ich weiß allerdings nicht, ob eine weitere Diskussion Sinn macht. Denn du machst dieselben kategorialen Verschiebungen, die einem immer und immer wieder begegnen – und die einem irgendwann einfach leid sind.
Genau darüber habe ich einen Artikel geschrieben: Category errors as a structural principle of philosophy (https://doi.org/10.5281/zenodo.17095741)

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Lieber Wolfang,

ich will nicht über Begriffe und der deren Deutung mit Dir reden. Ich würde gerne besprechen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit man vom Ort eines Gegenstandes sinnvoll sprechen kann, und welche Voraussetzungen es sind, dass man nicht sinnvoll davon sprechen kann. Du windest Dich um diese Diskussion herum, um am Ende immer einen Sachverhalt zu behaupten, um den es garnicht geht. „Ort“ ist keine ontologische Kategorie – meinetwegen, was ein Ort i s t , ist nicht mein Problem. ich hatte gefragt, ist ein Gegenstand immer an einem Ort?

Dazu muss ich die fragen, wie erkenne ich das ?
Damit ich überhaupt eine Erkenntnis über ETWAS außerhalb von mir habe, sind doch Voraussetzungen notwenig, nämlich dass ich dieses Etwas mir physikalische etwas sendet (einen Reiz, z.B. gestreutes (strukturiertes) Licht, Töne, Gerüche, eine Veränderung meiner Umwelt herbeiführt), und dass ich in der Lage bin, dies zu erkennen.

Erkenntnisvermögen basiert also darauf, dass a) Unterschiede in meiner Umwelt objektiv entstehen, und ich b) Unterschiede in der Umwelt wahrnehmen kann (Reizaufnahme und neuronale Verarbeitung). Beim Menschen ist es dann nach Deiner Erkenntnistheorie so, dass wir nach Reflexion diese Unterschiede dann sprachlich formalisieren, um sie anderen mitteilen zu können. Das ist doch keine unverständliche Metaphysik.

Vögel singen, und Würmer sondern Moleküle ab, wir erfinden sprachliche Begriffe als Reaktion auf den Reiz und zur Kommunikation. Unter anderem erfinden wir einen Begriff, mit dem wir grundsätzlich eine Lokalisierung vornehmen können, nämlich den Begriff „Ort“, oder das Wort „hier“ oder „dort“. Um den Ort zu einem zum Überleben wirklich dienlichen Merkmal zu machen, muss ja noch etwas dazu kommen, nämlich Koordinaten.

Wenn wir von Quantenobjekten keine Reize für eine Lokalisierung empfangen, macht es keinen Sinn den Begriff „Ort“ zu erfinden oder einen bestehenden anzuwenden. Meinst Du das, wenn Du sagst, dass der Begriff „Ort“ seinen Sinn verliert, „weil Theorie und Experiment diese Kategorie nicht tragen“ ? Ich meine, dass dies einfach nur logisch ist, und mit Theorie und Experiment nichts zu tun hat. Was grundsätzlich nichts aussendet, das können wir aiuch nicht lokalisieren (z.B. ein Feld).

Ort oder Abstand ist nur ein allgemeiner Begriff, zum Beispiel gibt es auch einem Ort im Paradies und für den Teufel in der Hölle, und einen Abstand zwischen Arm und Reich. Aber seine Konkretisierung und eigentliche Bedeutung als Lokalisation im Raum erhält er erst, wenn ein Attrribut dazukommt, nämlich definierte Koordinaten, genauso wie das Wort „grosses Objekt“ nichts über die Größe aussagt, sondern erst, wenn klar ist w i e groß das Objekt ist. Wenn man also vom Ort spricht, muss erst mal geklärt werden, ob man den Ort als Allgemeinbegriff oder also Ort mit definierten Koordinaten meint. Wenn Du also vom Ort als Kategorie sprichst, meinst Du dann den Ort eines Objekts im Allgemeinen, oder einen Ort mit bestimmten Koordinaten ? das muss klar sein, sonst versteht man Dich nicht.

Du behauptest „Ort“ ist keine ontologische Eigenschaft eines Quantenobjekts, sondern eine Kategorie, die erst im Kontext von Messung Sinn bekommt. Man kann dann aber von Elektronen im Inneren einer Apparatur, oder emittiert aus einer (lokalisierten Quelle), schlechthin vom „Ort“ eines Elektrons nicht mehr sprechen. Der Begriff des Teilchens verliert seinen Sinn. Die gesamte Mikrowelt in Teilchenform versinkt in der Unschärfe. Hinein damit, denn ausßerhalb einer Messung hat der Begriff Ort keinen Sinn. Ja das ist dann die böse Konseqenz Deiner Idee, dass die ganze Mikrowelt keine Strukturen mehr zu erkennen gibt. Die Quantenphysik macht gar keinen Sinn mehr, ist eh nichts zu erkennen.

Es könnte aber doch so sein, dass der Begriff sehr wohl außerhalb einer Messung einen Sinn hat, nur sind wir bei Quantenobjekten nicht in der Lage, den Ort mit Kooridnaten zu versehen, damit aus dem allgemeinen Begriff ein instrumentell verwendbarer wird. Oder gehst Du da nicht mehr mit, weil das eine kategoriale Verschiebung ist ?

Ich habe mit Kategorien wirklich nichts am Hut. Ich will den Erkenntnisprozess beschreiben. Der hat Vorausseztzungen, nämlich dass eine Wechselwirkung zwischen Objekt und Subjekt stattfindet, die in Teilen mit dem Begriff Ort nützlicherweise beschrieben werden kann, aber diese Beschreibung hat einen noch größeren instrumentellen Nutzen, wenn zum Ort Koorinaten hinzukommen. Der „Ort“ eines Gegenstandes ist so gesehen nicht ontisch, sondern Begriff „Ort“ ist dabei – Kategorie hin und her – nur ein nützliches Wort und noch nützlicher, mit dem Zusstz „der Ort genau da!“

Unser Geist kann Ort, weil er in der Lage ist, diesen Begriff zu bilden, und auch Atribute bilden kann, die den Begriff sehr nützlich machen, um etwas außerhalb von uns zu zweckdienlich beschreiben. Ob das die Beschreibung einer Wahrheit ist, interessiert überhaupt nicht.

Damit lasse ich die mikroskopische Welt nicht in der Unschärfe untergehen. Aber wahrscheinlich kommst Du jetzt schon selbst darauf, was es bedeutet, wenn Physiker sagen, eine Quanetnobjekt „hat“ keinen Ort.

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Lieber Bernd, ich möchte nicht weiter in endlose Begriffsverwirrungen geraten. Philosophie arbeitet mit Begriffen – das ist ihr grundlegendes Werkzeug. Wer dieses Werkzeug geringschätzt, landet unweigerlich bei Küchenphilosophie. Philosophie ist eine äußerst anspruchsvolle Disziplin, vielleicht sogar die anspruchsvollste. Deshalb ergibt es wenig Sinn, aus der Hüfte heraus die komplexesten Überlegungen anzustellen, ohne zuvor die entsprechenden Grundlagen – etwa Metatheorie und Kategorienlehre – ernsthaft zu reflektieren.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Nochmals zur Veranschaulichung: Die Frage nach dem Ort in einem Quantensystem ist genauso sinnlos wie die Frage nach dem Ort eines Wassertropfens in einem See. Erst nach der Messung, also wenn du z.B. einen Stock in den See hältst und ein Tropfen bleibt daran hängen, hast du einen konkreten Ort. Davor hast du nur Wahrscheinlichkeiten. Mit der Frage verwechselst du also die Ontologie des Wassertropfens mit der Epistemologie. Es ist also kein Ausweichen vor einer Antwort, es ist ein Kategoriefehler.
Solcher Art Kategoriefehler sind nicht die Ausnahme in der Philosophie, sondern die Regel. Deshalb habe ich den Artikel verlinkt.
Deutlich wird das z.B. am Leib-Seele Problem, am hard problem, aber auch an Konzepten wie 4E-Kognition oder predictive coding. Ich habe das in Einzelartikeln ausführlich beschrieben.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

Du verstehst tatsächlich meine Grundannahmen nicht.

1. Natürlich nehme ich wie jeder realistisch Denkende eine real existierende Welt an. Aber, wie ich immer wieder sage: Wahrheit ist keine Eigenschaft des Seins, sondern des Denkens. Denn was wäre ein Sein, das nicht wahr ist? Sein ist Sein, kein wahres Sein. Wahr kann nur ein Denken sein, und zwar, wenn wir unterscheiden können, ob das Denken in irgendeiner Weise die Realität trifft, abbildet, oder eben nicht.
Dabei kann man noch unterscheiden, ob es um eine objektive oder subjektive Wahrheit geht, erstere betrifft ein naturnotwendiges Sein, also die Realität in der Form eines Objekts, welches die Naturwissenschaft untersucht, letzteres um ein nichtnotwendiges, (Menschen)gemachtes, subjektive Wahrheit ist gegeben, wenn wir verstehen, was ein Subjekt meint, irren wir mit unserem Verständnis, haben wir es nicht verstanden, verfehlen wir die subjektive Wahrheit. Alle Geisteswissenschaften beschäftigen sich mit subjektiven Wahrheiten. Allerdings ist die Realität, auch wenn sie die subjektive Dimension besitzt, immer eingebettet in Objektivität. Es gibt kein absolutes, von Realität getrenntes Subjekt, jedes Subjekt ist ein Subjekt-Objekt.

Bin ich also Realist? Eindeutig ja. Ist die Realität an-sich erkennbar: mit Kant nein. Der denkende Mensch rekonstruiert die Welt, genauer: was er für die Welt hält. Er bildet mehr oder weniger korrekt die objektive (in den Naturwissenschaften) und die subjektiven (in den Geisteswissenschaften, und das ist ein Pluralismus, in dem wir freilich Ordnung erkennen können) Welt(en) ab. Wenn Dir dieses Konzept zu widersprüchlich erscheint, löst Du es monistisch nach einer Seite auf. Das wäre in meinen Augen ein unhaltbarer Reduktionismus.

2. „Bist Du der Meinung dass die physikalischen Objekte, egal ob groß oder klein, immer an einem Ort sind? …. physikalische Objekte …. müssen (sie) doch an einem Ort sein, nicht aus physikalischen Gründen, sondern aus logischen Gründen – Oder ?“
Darauf hat mE Wolfgang Stegemann schon korrekt geantwortet.
Ich sage es nochmal mit meinen eigenen Worten. Du stellst Dir unter „Objekt“ ein Alltagsding vor, wie es das naive Bewußtsein tut. In der Wissenschaftssprache verwendet man jedoch einen abstrakteren „Objektbegriff“, man käme mit dem naiven nicht weit. Ein Objekt muß abgrenzbar und strukturell bestimmt sein. In der naiven Vorstellung ist das gegeben, sie ist hinsichtlich unserer Alltagserfahrung durchaus passend. Aber unsere Alltagserfahrung kommt aus der Mesowelt, die wir mit unseren spezifischen Sinnesorganen wahrnehmen. Die Wissenschaft muß darüber hinausgehen, sonst bräuchte man sie nicht. Also entwickelt sie Objektbegriffe jenseits dieses naiven Verständnisses. Ein Feld bspw ist ein Objekt, wenn es begrenzt und inhomogen ist, trifft das nicht zu, dann kann man nicht sinnvoll von einem Feld reden. Des weiteren muß ein Objekt sich in Wirkungen zeigen, daher ist man von der Äthertheorie abgekommen, ein Trägermedium, welches keine Eigenwirkungen zeigt, hat keine Realität und ist ersatzlos zu streichen.
Du meinst, weil wir in der Mesophänomenalität so sicher mit einem naiven Gegenstandsbegriff arbeiten, muß die Realität diesen erfüllen, oder? Aber nur weil wir etwas in einer bestimmten Weise sehen, ist es nicht notwendig so. Die Empirie zeigt uns nicht, wie die Dinge in Wahrheit sind, aber sie zeigt uns, ob wir uns ein angemessenes Bild von der Welt gemacht haben.

3. „physikalische Objekte …. müssen (sie) doch an einem Ort sein, nicht aus physikalischen Gründen, sondern aus logischen Gründen – Oder?“
Ja, in dem Sinne, wie oben beschrieben, daß ein physikalisches Objekt abgegrenzt und strukturiert sein muß, ein physikalischer Tatbestand muß aber kein Objekt sein, siehe eine Naturkonstante. Objekte haben ein extensionales Sein, ein Volumen im dreidimensionalen Raum. Tatsächlich muß sogar diese Vorstellung im relativistischen Verständnis korrigiert werden. Ich kann nur im idealisierten, vereinfachten euklidschen Tangentialraum von der Zeitdimension abstrahieren.
Der Ort eines Quantenobjekts kann, diesen scheinbaren Widerspruch hat die QT aufgelöst, kohärent ein Feld (eine Welle) und dekohärent ein klassischer Ort sein. Beides ist real, aber es sind komplementäre Zustände. Nur das vereinfachende Denken stört sich an diesem das Alltagsdenken verunsichernden Sachverhalt.

Tatsächlich verwirrt mich Dein Kommentar, denn mit vielem stimme ich ja durchaus überein. Vielleicht helfen meine obigen Erläuterungen, den Kern des Dissenses – wenn es ihn gibt, nicht nur ein Mißverständnis vorliegt – aufzudecken.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

„Wahr kann nur ein Denken sein, und zwar, wenn wir unterscheiden können, ob das Denken in irgendeiner Weise die Realität trifft, abbildet, oder eben nicht.
Dabei kann man noch unterscheiden, ob es um eine objektive oder subjektive Wahrheit geht, erstere betrifft ein naturnotwendiges Sein, also die Realität in der Form eines Objekts, welches die Naturwissenschaft untersucht, letzteres um ein nichtnotwendiges, (Menschen)gemachtes, subjektive Wahrheit ist gegeben, wenn wir verstehen, was ein Subjekt meint.“

Du widersprichst dir, ich hoffe du merkst es selber. 
Deinem ersten Satz ist zuzustimmen. Mit dem zweiten Satz machst du denselben Fehler wie die meisten Physiker, die glauben dass es nicht nur eine physikalische – oder wie immer man sie nennen möchte – objektive Welt gibt, sondern auch eine epistemische objektive. Das ist natürlich Unsinn, denn es hieße, dass irgendwo da oben Herr Hegel sitzt und uns die ‚Wahrheit‘ scheibchenweise zuteilt. Nein – denken müssen wir schon selber und erschaffen damit unsere Erfahrung, unsere Modelle und unsere Theorien. Niemand anderes tut das für uns. Jeglicher Objektivismus ist fehl am Platze.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

„Du widersprichst dir, ich hoffe du merkst es selber.“
Keineswegs, ich differenziere nur und nehme den Begriff Wahrheit in seinem vollen Umfang. Weil es nicht klar geworden ist, kann ich nur versuchen, was ich gesagt habe noch etwas ausführlicher darzustellen.

Wenn Wahrheit ein angemessenes Denken ist, dann kann ich noch unterscheiden, ob dieses Denken etwas objektiv Gegebenes denkt oder etwas subjektiv Gesetztes, Konstruiertes. Man kann selbstverständlich den Standpunkt einnehmen, daß man nur in ersterem Fall von Wahrheit reden soll, dann hat man entschieden, daß nur das unverfügbar Gegebene wahr gedacht werden kann, alles Subjekthafte/-haltige kann dann nur Gegenstand des Meinens sein. Das entspricht allerdings nicht dem Alltagsverständnis, was für Philosophen kein triftiges Argument ist; gewichtiger jedoch, es gibt keinen überzeugenden Grund, in dieser Weise Wissen (der Wahrheit) und Meinen (Überzeugung der Wahrheit des Wissens) strikt zu trennen, denn einerseits ist alles Wissen selbst subjektiv, Denken von Subjekten, und daher kann im Wissen nie das Subjekt völlig ausgeblendet, darf nicht vernachlässigt werden (anders ausgedrückt: es gibt ohnehin kein vollständiges oder absolutes Wissen, sondern nur selektives, partikulares, perspektivisches), und andrerseits ist zwar das Denken von Subjektivem selbstredend weniger objektiv, erreicht in der Regel nicht die Angemessenheit von objektivem, unstrittigem Wissen, aber es amputiert den größten Teil des Denkens, alles Meinen in den einen Topf des Nichtwahrheitsfähigen zu werfen. Oder gar jegliche Objektivität zu verwerfen. Der Übergang von Wissen in Meinen ist fließend. So kann jemand etwas Verdrehtes meinen; ich kann ihn verstehen, und das ist ein Wissenszuwachs, indem ich seine zu seiner Meinung führende Motivation angemessen nachvollziehen kann. Die Motivation kann mir aber auch schleierhaft bleiben und ich kann sie total mißverstehen. Habe ich die Motivation verstanden, kann ich eine angemessene Aussage über das Subjekt machen und kann daher von Wahrheit reden. Das ist keine Aussage über den Inhalt der Meinung, sondern über die Meinung als Meinung. Aber auch wenn ich Wahrheit und Meinung aus zwei Gründen, wie beschrieben, nicht strikt trennen kann, bleibt es Ziel der Naturwissenschaft, soweit wie möglich das Subjektive auszuschalten.

Soweit der Satz „Jeglicher Objektivismus ist fehl am Platze“ gemeint ist wie mein erster Satz, dem Du zugestimmt hast, bin ich der letzte, der das bestreitet und sich damit in einen Selbstwiderspruch begeben würde. Wenn er jedoch jegliche Möglichkeit von Objektivität im Denken, zu einem objektivierenden Denken, leugnet, ist er absurd (die Erkennbarkeit der Welt leugnend, daher selbstwidersprüchlich).
Ich möchte noch anmerken, daß für mich umgekehrt Ethik und Ästhetik, diese Domänen des Subjektiven, sinnlos wären, wenn ich dabei nicht in einem relativierten Sinn von Wahrheit sprechen könnte.

Und dann ist da ja noch die formale Wahrheit. Ich habe ja schon gesagt, man kann sich darüber streiten, ob die Mathematik erfunden oder gefunden wird. Wenn ich ein konsistentes Axiomensystem bilde, setze ich gewissermaßen die Wahrheit, es ist jedoch eine objektive Wahrheit, das verbürgt der syntaktische Widerspruchsfreiheitsbeweis. Freilich, man kann nie beides haben, eine objektive Wahrheit und eine absolute, was a priori wahr ist, kann nur formal, abstraktes Denken sein, was inhaltlich wahr ist, ist immer ein unvollständiges a posteriori.
Logik und Mathematik könnte man eine epistemische Wahrheit nennen. Physiker, die das verstanden haben, haben ein metaphysisches, reflexives, philosophisches Verständnis ihres Tuns. Sie sind nicht dümmer, sondern klüger als ihre naiven Kollegen.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,
für mich ist Wahrheit zweifach bestimmt:

  1. Sie ist immer kontextuell – gebunden an Sprache, Methode, Situation.
  2. Sie ist immer subjektbezogen – sie geht von uns aus, von unseren Erkenntnisformen.

Darum gibt es keine „objektive Wahrheit“ im Sinn einer objektivistischen Wahrheit, die unabhängig von Subjekten bestünde. Es gibt nur Wahrheiten in Perspektiven.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Das war mein erster Satz. Jedoch:
Wenn man kein Objektivitätskriterium hat, kann man nicht mehr zwischen Esoterik und Wissenschaft unterscheiden. Willst Du auf das Feyerabendsche anything goes hinaus? Das war nicht absolut gemeint, sondern wollte die überhebliche und unproduktive Rechthaberei in den Wissenschaften geißeln, hatte und hat seine kritische Funktion. Aber man kann doch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, aus „es gibt keine absolute Objektivität, kein absolut objektives Wissen“ auf „es gibt keine Objektivität, kein Wissen“ schließen.
Kennst Du einen Physiker, der aus der Relativitätstheorie schließt, weil Raum und Zeit relativ sind, gibt es keinen Raum, keine Zeit? Der behauptet, man beziehe sich mit der RT nicht auf eine Objektivität, es sei nur ein beliebiges Konstrukt?

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

du hast zuvor selbst unterschieden zwischen „objektiver Wahrheit“ (als naturnotwendigem Sein, Realität in Form eines Objekts) und „subjektiver Wahrheit“ (als Verständnis dessen, was ein Subjekt meint). Genau an dieser Stelle sehe ich das Problem: Du setzt „objektive Wahrheit“ gleich mit dem, was die Naturwissenschaft untersucht.
Aber das sind zwei völlig verschiedene Ebenen:

  • Objektive Wahrheit im metaphysischen Sinn behauptet eine vom Subjekt unabhängige Wahrheit – das ist eine metatheoretische Behauptung.
  • Objektivität im wissenschaftlichen Sinn bedeutet intersubjektive Überprüfbarkeit, methodische Strenge, empirische Korrektheit – das ist eine Regel innerhalb der Theorie.

Wenn man diese Ebenen verwechselt, entsteht der falsche Eindruck, wer metaphysische Wahrheit ablehnt, müsse auch wissenschaftliche Objektivität aufgeben. Genau das ist aber nicht der Fall. Ich lehne nur die erste ab, nicht die zweite.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Naja, dann sind wir uns ja fast einig. Nur konstruierst Du Dir einen Pappkameraden, um zu widersprechen. Mein erster Satz bedeutet natürlich, daß alles danach unter dieser Voraussetzung gilt. Ich definiere nicht Wahrheit als ein Prädikat des Denkens, um dann doch wieder eine „objektive Wahrheit“, von der Du sprichst, anzunehmen. Dann differenziere ich das Denken hinsichtlich seines Gegenstands (Objekts im abstrakten Sinn) als die subjektunabhängige Realität oder ein Subjekt betreffend, also ein Objekt-Objekt oder ein Subjekt-Objekt, damit unterscheide ich im Denken das wahre, also angemessene Denken eines Objekts (die Welt unter der Form des Objekts sehen, ein Ausdruck von Marx, der sich als reflektierter Materialist verstand) und das wahre, also angemessene Denken eines Subjekts. Ein Subjekt hat immer das Moment der Selbstbestimmung, ist also auch, zu was es sich macht. Objektiv ist also das Gegenüber im Denken, sei es ein Naturobjekt, sei es ein individuelles oder kollektives kulturelles Subjekt. Nie bezieht sich Wahrheit auf das Denkobjekt, sondern immer auf einen realisierten Morphismus, der angemessen sein sollte.
Objektive Wahrheit als Prädikat eines Realobjekts ist terminologischer Unsinn, absolute Metaphysik, setzt einen allwissenden Geist voraus. Dagegen sind Methoden der intersubjektiven Überprüfbarkeit, hauptsächlich aber der Unabhängigkeit der Beobachtung von einer Beobachterperspektive, eine Betrachtung aus allen möglichen Perspektiven Methoden der Objektivierung des Denkens. Nur das kann und muß objektivierte Wahrheit heißen. Dieses Ziel haben auch Geisteswissenschften, die das Subjektive zu objektivieren versuchen, und dann von einer subjektiven Wahrheit, intersubjektiv und von eigenen Perspektiven gelöst, also objektiviert, sprechen können. Das ist ein weites Feld, diese Andeutungen mögen hier genügen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang, Wolfgang,

„Subjektiv, objektiv, wahr, formal wahr, real, wissenschaftlich, angemessen, intersubjektiv, absolut, perspektivisch…“

Bin selten einer zerfahreren Diskussion gefolgt…aber wer zwischen Phänomenen (Erscheinungen) und Reflexionen (Konstruktionen) aus Zeitgeistgründen keinen Unvereinbarkeit-Schnitt legt, hat sich längst außerhalb vernünftiger Sprache gestellt. Ich sehe hier deutliche Überschneidungen mit der Drakologie, d.h. dem Studium (der Simulation) des Verhaltes fiktiver Entitäten in der realen Welt.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Lieber Heinz,
dein Problem ist, dass du nicht in der Lage bist, anschlussfähig zu kommunizieren. Niemand von uns weiß, was du wirklich zum Ausdruck bringen willst, es ist eine Aneinanderreihung von Gedankenfetzen, Platon, Kant, Hegel, man kann es nicht genau identifizieren. Mit wissenschaftlicher Philosophie hat es jedenfalls wenig zu tun.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Wolfgang,

Wenn Du mit „wissenschaftlicher Philosophie“ Geschäftsmodell meinst, hast Du endlich mal einen Punkt.

Du hast kürzlich gesagt, daß meine Vorstellungen keiner Philosophie entsprechen, „so wie Du sie kennst“. Wenn ich mich recht erinnere, hast Du bislang keinen einzigen Philosophen zitiert, der Deinem Denken zu Grunde liegt, es stützt oder exemplifiziert. Außer dem Zeitgeist scheinst Du niemand verpflichtet zu sein? Oder lauschen wir dem Übermensch?

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich habe über 200 Artikel geschrieben. Schau in meiner ORCID nach, da findest du mehr als genug. Ich steige hier jetzt aus.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

Vielleicht wäre der Leser an einer einer Quintessenz interessiert?

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang (Endemann),

Sein ist Sein, kein wahres Sein.

Was Sein ist, spielt in meiner Argumentation keine Rolle. Dass es ein Sein außerhalb von uns gibt, auf das wir mit unserem Denken Bezug nehmen, dürfte wohl unstrittig sein. Und dass wir das wahre Sein nicht erkennen können, darum geht es nicht.

Es geht nicht um das Sein, sondern um den Ort eines Gegenstandes. Ist es wahr, dass ein Gegenstand, egal ob groß oder klein, im Ortsraum immer an einem Ort ist? Immer heisst, auch dann wenn wir nicht hinsehen, oder nicht mit einem Ortsmessgerät den Ort messen, also außerhalb des Kontextes unserer Wahrnehmung, außerhalb unseres Denken, eben unabhängig vom uns als Subjekt.

Wenn das so ist, es könnte ja sein, das eine „lokale Wahrheit“ oder eine universelle Wahrheit, oder was für eine Wahrheit ist das? Darüber musst Du doch was aussagen können. Ich bitte Dich darum.

Wir können gerne auch die Voraussetzungen diskutieren, die notwendig sind, dass wir von einem Ort überhaupt sprechen können. Schließlich ist es ein philosophisches Thema.
Wir können auch darüber, ob es gute Gründe gibt, genau die Wahrheit, an einem Ort zu seien, zu bestreiten.

Dies ist ein Thread, der die Fragen der Quantenphysik thematisiert. Wir können diesen nicht mit allgemeinen Überlegungen zum Sein an sich mißbrauchen.

Aber der Ort als physikalische Bstimmung ist ein gutes Beispiel, um ein Thema der Quantenphysik mal konkret durchzudiskutieren.

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
2 Monate zuvor

Hallo Bernd,

„Ist es wahr, dass ein Gegenstand, egal ob groß oder klein, im Ortsraum immer an einem Ort ist?“
Das ist ein merkwürdiger Satz.
Ein Festkörper in unserer Erfahrungswelt hat im Ortsraum einen Ort, genauer nimmt er ein wohlbestimmtes Volumen ein. Das ist allerdings ein Gegenstand in unserer Mesowelt, und wir haben es nicht nur mit Festkörpern als physikalischen Gegenständen zu tun. Und nimm einen Eisblock, wirf ihn ins Wasser, er wird sich allmählich auflösen und keinen Ort mehr im Wasser haben. Und dann reden wir von Real- und Denkobjekten, erstere können alles sein, was eine Wissenschaft, insbesondere eine Naturwissenschaft thematisieren kann, die historische Wissenschaft kann den Bauernaufstand von uvwx zum Thema machen, auch der hat einen physikalischen Ort (und eine physikalische Zeit), allerdings nicht in Deinem Sinn. Und nicht zu vergessen den Ort des neutralen Elements im Zahlenraum, auch da redet man von Ort, aber nicht vom physikalischen.
Mir scheint, Du erhebst eine ganz bestimmte Vorstellung von Örtlichkeit zum Paradigma, nämlich die Dinglichkeit in unserer Erfahrungsnahwelt. Dann haben alle diese (Denk-)Objekte außerhalb des Paradigmas keinen realen Sinn. Nur, wie kann Licht den Festkörper Glasscheibe durchdringen, wenn er vollständig sein Volumen einnimmt, wo ist die Glasscheibe, wenn das Licht hindurchgeht? Diese Vorstellung von Dinglichkeit (wo ein Gegenstand ist, kann kein anderer sein) ist offensichtlich zu naiv. Wir müssen also den physikalischen Gegenstandsbegriff präzisieren. Ein für unsere Mesowelt passables, aber nur eingeschränkt anwendbares Modell ist die von Dir artikulierte Gegenständlichkeit. Sie ist auf Quantendinge nicht anwendbar. Wenn Quantendinge zu einem Quantensystem verschränkt sind, versagt die naive Vorstellung von Dinglichkeit. Der Fehler liegt nicht in der Realwelt, sondern in unserer Modellierung. Für dieses Quantending ist die QT auf die Lösung gekommen, zu unterscheiden, ob das Einzelding betrachtet wird, werden kann, oder nur das System, in dem die Örtlichkeit des Einzeldings verschwindet. Das Quantensystem hat sehr wohl eine Örtlichkeit, so wurde etwa die Kohärenzlänge von Zeilinger erforscht. Das ist aber nicht der Ort eines einzelnen Quantenteilchens. Das Quantensystem läßt sich nicht separieren in die Quanten als Einzelobjekte, es ist eine komplexe Einheit. Komplexe Gesamtheiten lassen sich nicht direkt messen wie eine Dingmenge, die sich additiv aus Einzeldingen zusammensetzt.

Man könnte vielleicht von einer lokalen Teilchen-Wahrheit und einer universellen Wellen-Wahrheit reden, je nachdem, was man zum Untersuchungsobjekt macht.

Übrigens ist Wahrnehmen von empirischem Untersuchen zu unterscheiden, ersteres ist ein passiver Vorgang, letzteres eine Interaktion. Eine empirische Untersuchung wäre sinnlos, wenn wir das Untersuchungsobjekt mit unserer Empirie erst erzeugen würden, selbstverständlich setzen wir immer voraus, daß dieses Objekt vor, ohne, bedingt auch nach der empirischen Interaktion existiert. Aber die Interaktion verändert das Objekt, das kann man im Mikrobereich nicht mehr wie in der Mesowelt ignorieren.

LG

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfgang,

„Mir scheint, Du erhebst eine ganz bestimmte Vorstellung von Örtlichkeit zum Paradigma, nämlich die Dinglichkeit in unserer Erfahrungsnahwelt.“

Nein, mein Thema sind die philosophischen Probleme der Physik und ich rede immer von den physikalischen Gegenständen, und ich rede von nicht-raumgreifenden Gegenständen, also nicht von Wellen und Feldern, und ich rede nicht von modellhaften Gegenständen, sondern von denen, die in der Realität außerhalb von uns vorhanden sind, also konkret gesagt, von den Gegenständen in einer experimentellen Apparatur. Da gibt es Wände, Blenden und Elektronen, und ich frage, sind diese Gegenstände alle an einem Ort. Nicht mehr und nicht weniger.

Dass der Begriff Ort ein Allgemeinbegriff aufgefasst werden kann, weiß ich auch. Gott ist im Himmel verortet und nicht auf Erden. Ich rede vom Ort eines physikalischen nicht-ausgedehnten Gegenstandes.
Und die Physik sagt den Philosophen, die mesoskopischen Gegenstände sind alle an einem Ort, die subatomaren sind es nicht. Und meine Frage war, welche Stellung die Philosophie, insbesondere die hier anwesenden Philosophen zu dieser Aussage haben.

Ich hatte ja angedeutet, dass die Philosophen die philosophischen Probleme der Physik nicht verstanden haben (da sie nur deren populärwissenschaftlich Verbreitung kennen, wie z.B. die , dass Gegenstände gleichzeitig an verschiedenen Orten sind oder gleichzeitig auf allen Bahnen), was allerdings Widerspruch ausgelöst hat, mit dem Hinweis, Philosophen würden die Probleme viel besser verstehen als Physiker. Nun kann man die an dem einfachsten Beispiel, nämlich dem Ort von physikalischen Gegenständen einmal diskutieren, denn die Aussage zum Ort von Quantenteilchen stellt ja – bezogen auf unsere Alltagserfahrung – einen Widerspruch dar. Wie ist dieser Widerspruch aufzulösen?

Man kann das Thema von der erkenntnistheoretischen Seite angehen, aber Wolfgang (Stegmann) meint, hier sei Begriffs- und Kategorienwirrwar im Spiel. In Wirklichkeit sei es so, dass die subatomare Welt anders (beschaffen) sei, also die auf mesoskopische Größenordnungen passenden Begriffe nicht anwendbar seien, womit er die populärwissenschaftliche Darstellung der Physik wiederholt, und sich als (heimlicher) Realist outet, ja anscheinend sogar die Erkennbarkeit von Strukturen (örtlichen Grenzen) im subatomaren Bereich leugnet.

Nun lese ich Deine Interpretation:

„Ein für unsere Mesowelt passables, aber nur eingeschränkt anwendbares Modell ist die von Dir artikulierte Gegenständlichkeit. Sie ist auf Quantendinge nicht anwendbar. Wenn Quantendinge zu einem Quantensystem verschränkt sind, versagt die naive Vorstellung von Dinglichkeit. Der Fehler liegt nicht in der Realwelt, sondern in unserer Modellierung. Für dieses Quantending ist die QT auf die Lösung gekommen, zu unterscheiden, ob das Einzelding betrachtet wird, werden kann, oder nur das System, in dem die Örtlichkeit des Einzeldings verschwindet. Das Quantensystem hat sehr wohl eine Örtlichkeit, so wurde etwa die Kohärenzlänge von Zeilinger erforscht. Das ist aber nicht der Ort eines einzelnen Quantenteilchens. Das Quantensystem läßt sich nicht separieren in die Quanten als Einzelobjekte, es ist eine komplexe Einheit. Komplexe Gesamtheiten lassen sich nicht direkt messen wie eine Dingmenge, die sich additiv aus Einzeldingen zusammensetzt.“

Also auch Du meinst, die subatomare Außenwelt sei auf bestimmte Weise beschaffen, nämlich dinglich anders als die mesoskopische ? Und unsere Vorstellung, geprägt von der Ortsvorstellung unseres Alltags, versagt bei diesen Dingen ? In verschränkten Systemen haben die Dinge keinen Ort? Ich dachte sie wären an verschiedenen Orten gleichzeitig. Und verschränkte Gesamtheiten lassen sich nicht messen ? Was willst Du messen? den Ort des verschränkten Systems? An einem verschränkten System als Ganzes kannst Du keine Messungen vornehmen – grundsätzlich nicht. Verschränkte System z.B. bestehend aus zwei Spin-1/2-Teilchen sind Systeme, deren Einzelteile meilenweit auseinanderliegen können, alle an definierten Orten, max. experimentell realisierte Entfernung ca. 150 km – und doch sind die Teile verschränkt und Messergebnisse korreliert. Die Teile solcher vielfach schon verschränkten Systeme haben alle einen Ort, sogar einen definierten Ort, ganz im Sinne mesoskopischer Vorstellungen. Und wenn sich ein Elektron durch einen Spalt hindurchbewegt, hat es keinen Ort? Wie komme es dann durch den Spalt – ach so ja vielleicht ist sein Ort über zwei Spalte verschmiert.

Es sind sehr naive, geradezu unwissenschaftliche Vorstellungen, die Du da hast, entnommen aus den unsäglich dummen und widersprüchlichen populärwissenschaftlichen Darstellungen der Physik, die sich damit groß heraustut gegenüber Leuten, die ihnen alles glauben.

„Diese Vorstellung von Dinglichkeit (wo ein Gegenstand ist, kann kein anderer sein) ist offensichtlich zu naiv.“

Kein Physiker hat diese Vorstellung. Ich hatte ja schon mal gesagt, dass das Universum zu 99,999 Prozent aus Bosonen besteht (die Vorstellung der Physiker), und diese Bosonen könen sich theoretisch sich alle (alle!) an einem einzigen Punkt überlagert aufhalten – im Gegensatz zu den Fermionen, die das niemals können (sonst wäre das Universum nicht stabil). Fermionen sind daher immer an verschiedenen Orten, und zwar ganz im Sinne mesoskopischer Vorstellungen. Auch Quantenteilchen kann man einen Ort zuordnen, ja man muss es tun, sonst versinkt alles in einer verschmierten Unschärfe.

Es kann doch nicht sein, dass Du als Philosoph die Frage, ob ein Gegenstand immer einen Ort haben muss, in Frage stellst. Der Ort im 3-Raum ist das fundamentalste Merkmal einer Individuierung physikalischer Gegenstände (nochmal: nur von physikalischen Gegenständen rede ich). Du kannst das doch nicht in Frage stellen, nur weil Du von philosophierenden Physikern gehört hast, die physikalische Mikrowelt sein andern (beschaffen) als die mesoskopische – und man könne da einen Begriff, der fundamental ist und eine klare Semantik hat für die Beschreibung von Beobachtungen nicht anwenden (für Beschreibungen und Formalisierungen, nicht für die Behauptung einer Realität, die irgendwie ist !!!).

Das Problem liegt ganz woanders. Wenn ein Physiker sagt, ein Elektron habe keinen Ort, dann redet er vom Ort als physikalische Größe. Und diese hat einen Namen und sie hat einen Wert. Sie besteht also aus zwei Merkmalen. Du kannst jedem physikalischen Gegenstand, ob Planet oder Elektron, physikalische Größen zuordnen, immer und jederzeit, zum Beispiel eine Energie, einen Impuls, einen Drehimpuls, und eben auch immer und jederzeit einen Ort. Du kannst aber diesen Größen, auch wenn sie einem Gegenstand zugeordnet werden (zur Beschreibung einer Beobachtung), aber nicht immer einen Wert geben, insbesondere muss einem Ort ja Abstandskoordinaten von einem Nullpunkt zugeordnet sein, damit der Ort definiert ist. Quantenobjekten kann man solche Abstandskoordinaten außerhalb von Messungen grundsätzlich nicht zuordnen. Sie haben also einen Ort, aber der ist nicht definierbar. Es handelt sich um ein Zuordnungsproblem. Es handelt sich nicht um ein Problem des physikalischen Seins! Es ist ein Zuordnungsproblem für unser Bestreben nach sprachlicher Beschreibung. Es ist nicht so, dass Elektronen an einem Ort sind, sondern zur Beschreibung weisen wir ihnen einen Ort zu (sie sind irgendwo, die Schrödingergleichung enthält einen Ortsoperator), aber wir können dem Ort keine Koordinaten zuordnen – prinzipiell nicht, wenn wir es in seiner realen Umgebung beschrebien wollen (wie wir die Welt beobachten). Wenn wir es als Modellobjekt betrachten, kann es alles mögliche haben, sogar seine Ladung verlieren. Physiker sind da sehr flexibel. Da interessiert nur, wie funktioniert ein Zusammenspiel von Entitäten, damit am Ende das Richtige rauskommt.

Die physilosphische Diskussion führt deshalb ins Irre, weil die Philosophen das Gerede der Physiker, die ihre Erfolge nach außen verkaufen, unkritisch glauben, und nach metaphysischen Begründungen für widersprüchlichen Unsinn suchen, anstatt klar und deutlich zu sagen, ihr redet Quatsch, wenn ihr Widersprüchliches behauptet. Die Philosophie sollte endlich sich von philosophierenden Physikern nichts mehr vormachen lassen. Die philosophischen Probleme der Physik würden dann ratzefaz gelöst -oder ?

Gerne sage ich Dir auch, warum wir den Quantenobjekten keine Koordinaten zuordnen können. Dafür gibt es einen einfachen Grund.
Aber dieser Text ist eh schon zu lang und ich rege mich nur auf.

Grüße
Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Ich mische mich mal kurz ein:
Bernd, ganz einfach:
Du propagierst einen „Ort“. Das bedeutet Ontologie = Realismus.
Ich propagiere „kein Ort“ = Epistemologie = Antirealismus.
Ist das einfach genug für dich?
Jetzt wirst du natürlich fragen, was mit der mesoskopischen Welt ist. Ganz einfach: Auch dort ist „Ort“ epistemisch – nur eben so, dass er für unseren mesoskopischen Organismus praktisch „greifbar“ ist. Aber jenseits unserer Epistemik haben wir auch in der mesoskopischen Welt keine Ahnung, was ein „Ort“ oder ein „Gegenstand an sich“ ist.
Und noch etwas: Ich brauche keinen Physiker, der mir die Welt erklärt – damit habe ich nur schlechte Erfahrungen gemacht. Ich würde jedem Physiker mit Feynman zurufen: shut up and calculate. Philosophie sollte darin geübt sein, auf die Physik aus der Vogelperspektive zu schauen. Die meisten Physiker, die sich an Philosophie wagen, scheitern kläglich – warum? Weil sie das Handwerkszeug des Philosophen nicht kennen. Es geht nämlich nicht um die utilitaristische Erforschung der Welt, sondern um die Interpretation der Ergebnisse. Ein völlig anderes Unterfangen. Und dafür muss man Erkenntnistheorie, Kategorienlehre und Methodologie gelernt haben. Der gesunde Menschverstand reicht dafür nicht aus.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor

Hi Wolfgang,

Du unterstellt mir etwas:
„Du propagierst einen „Ort“. Das bedeutet Ontologie = Realismus.“

Nein, genau diesen Ort propagiere ich nicht. Das haben wir doch längst an anderer Stelle geklärt: ich beobachte, ich muss dies formalisieren, dazu erfinde ich das Wort Ort und vereinbare mit anderen, diesen Begriff zur Kennzeichnung von etwas, was ich beobachte, zu verwenden. Genauso beobachte ich ein Zerfallsverhalten von Elementarteilchen, und nenne dies Strangsness, und vereinbare die Verwendung diese Wortes zur Beschreibung des beobachteten Sachverhalts. Ort ist – wie vielfach schon gesagt – Konstruktion und Konvention. Es ist genau das, was Du in Deiner Erkenntnistheorie als ersten Schritt beschreibst. ich sage nur: im ersten Schritt wird schon alles geleistet: Formaliiserung und Zuordung und Differenzierung – zur Beschreibung von dem, was ich sehe, nicht zur Beschreibung von dem was ist. Ort dient der Individuierung des Objekts, das ich im Raum sehe, ich könnte genauso gut „da, wo ich es sehe“ sagen. Da ist überhaupt nichts Ontisches dabei. Erst – und dem hattet Du ja auch längst zugestimmt – wenn sich der Begriff bewährt, kann man so tun, als würde es eine Realität beschreiben, aber nicht im Sinne einer Beschreibung von dem was ist, sondern im Sinne eines nützlichen Umgangs mit den Einflüssen der Außenwelt auf uns. Es ist wie mit den Ohren der Hasen. Wenn Hasen i m m e r mit langen Ohren erscheinen, ist es sinnvoll ihnen lange Ohren als Merkmal zuzuordnen, und daraus kann Ein-so-tun-als-ob-ontisches Merkmal werden.

Also natürlich brauchst Du keinen Physiker, der Dir die Welt erklärt. Du erklärst sie aber so, wie die Physiker, die sagen, eigentlich verstehen wir die Welt nicht. Es geht doch nur darum, den Sachverhalt „Ort haben“ aus deiner Sicht zu beschreiben, und Deine Sicht ist – so habe ich es bisher vernommen – die der Physik. Mein Sicht ist die, dass es sich um Konstruktion und Zuordnung handelt, aber eine unbestimmte. Bestimmt wird sie erst durch Koordinaten.

Grüße
Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Du bist Realist, denn du setzt „Ort“, „Merkmal“ oder „Hasenohr“ als gegeben voraus, das nur noch begrifflich etikettiert werden muss. Das Problem ist: du merkst nicht, dass du dir damit selbst ein Bein stellst. So trickst du dich am Ende selbst aus.
Ich sage: Das alles gibt es nicht – wir konstruieren es (epistemisch).

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Wir konstruieren es. Und ich sage, die Konstruktionen machen nur Sinn, weil sie das artikulieren, was wir über die objektive, nicht umfassend erkennbare Welt wissen können. Es macht keinen Sinn, eine objektive Welt zu denken, die jenseits dessen ist, was wir modellieren können. Aber auch dieses Wissen nur als pragmatische Wissenssimulation zu betrachten, macht keinen Sinn, solange wir keine inkompatiblen Gedankenmodelle haben, die gleichermaßen von der Empirie bestätigt werden. Haben wir nur eine angemessene, dh mit der Empirie verträgliche Strukturbeschreibung, gibt es keinen Grund, dieses Modell nicht mit der unerkennbaren Realität zu identifizieren, also den Vorbehalt zu äußern, daß wir die (Strukturen der) Welt nicht erkennen, aber dank der Theorie praktisch mit ihr umgehen können. Das würde ich als meinen Als-ob-Realismus bezeichnen.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,

Du denkst an eine objektive Welt, Wolfgang (Stegmann) und ich beschreiben nur das, was wir sehen.

Was ist denn Empirie, was ist Modell – werde doch mal konkret. Modelle bilden doch nur wenige reduzierte Aspekte der Realität ab und die Empirie bestätigt nur diese Aspekte. Die Empirie bestätigt, dass die Abstraktion „Massepunkt“ sinnvoll im Planetenmodell verwendet werden kann, um Bahnen von Planeten vorherzusagen. Sie bestätigt aber nicht, dass es Massepunkte gibt. Aus Aspekten kann Du eine Ontologie der Welt eben nicht zusammensetzen.

Wir haben mit dem Massepunkt eine angemessene, dh mit der Empirie verträgliche Strukturbeschreibung, nämlich die Schar alle möglichen Bahnen um den Massepunkt Sonne. Sollen wir jetzt dieses Model mit der unerkennbaren Realität identifizieren? Die unerkennbare Realität also doch erkennen? Ja, die unerkennbare Realität besteht dann aus Massepunkten.

Ich kann Dir noch mehr Modelle nennen, bei denen die Modellobjekte grundsätzlich nicht in die Realität hineinpassen, wie Teilchen mit Welleneigenschaften, oder Teilchen, die ihre intrinsichen Eigenschaften abgeben, oder einfach mal so verschwinden ins Nichts. Soll die unerkannte Realität also doch so beschaffen sein wie diese Modell ?

Immer wieder kommst Du mit der Idee, die Welt ist wie sie ist, auch wenn wir die Wahrheit dieses Seins nicht erkennen können. Das ist die Idee des Realisten, der mit dieser Denkgewohnheit immer wieder in der Sackgasse landet. Einen So-tun-als-ob-Realismus kann man nur vertreten, wenn dieser Realismus rein instrumentalistisch begründet wird.

Es scheint, Du willst mittels funktionierende Modelle und einen So-tun-als-ob-Realismus am Ende doch wieder den Realismus sozusagen über die die Hintertür begründen. Das geht schief.

Grüße
Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

„Die Empirie bestätigt, dass die Abstraktion „Massepunkt“ sinnvoll im Planetenmodell verwendet werden kann“- richtig. Alles, was bisher angenommen wird, wird bislang von der Empirie bestätigt. Gibt es etwas, was empirisch bestätigt ist/wird, was nicht abstrakt ist? Nein, denn alles ist konstruiert., der Massepunkt, der Ort, die Geometrie, der Lichtstrahl (oder die Welle), die Anzeige im Meßgerät usw.
Wenn alle Masseobjekte sich empirisch so zeigen, daß ich ihnen diesen Masseschwerpunkt zuordnen kann, gibt es für mich keinen Grund, daran zu zweifeln, daß ich die objektive Welt in/mit diesem Punkt strukturell verstanden habe. Solange es keinen Widerspruch (widersprechende Empirie) gibt, ist meine strukturelle Beschreibung das, was wir beim Stand der theoretischen Arbeit von der Welt wissen können, es ist keine vollständige Wahrheit, und es ist keine absolute Wahrheit. Aber es ist vermessen, Vollständigkeit und Absolutheit anzustreben. Wir sind Strebende, keine Erreichende.
Zugänglich sind immer nur die Erscheinungen (nicht die Dinge an-sich), und die Erscheinungen sind keine unmittelbare Erfahrung, sondern Erfahrungen in/mit unserer Konstruktion. Es gibt nicht den Unterschied Realwelt-Erscheinungswelt (der steht in der Beziehung von Ganzem und Teil), sondern Realwelt-Gedankenwelt (der steht in einer komplementären Beziehung). Da ist es unproduktiv und falsch, uns auf die Erscheinungswelt als einziger Realität zu berufen. Die Erscheinungswelt ist unsere Konstruktion wie die Realwelt, indem wir beide unterscheiden bleiben wir offen für neue Erkenntnisse und die Korrekturbedürftigkeit der bisherigen. Und so wurde mE immer philosophisch angesetzt.
In meinem Verständnis ist es die epochale Dummheit, auf Pragmatik zu setzen und sich des Stachels der Wahrheit zu entledigen.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,
richtig, wir konstruieren es, epistemisch, zur Beschreibung des Scheins, nicht des Seins.
Grüße
Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Ort ist Schein und nicht sein. Alles was wir zuordnen können, ist Schein. Einen Ort kann ich ziordnen.
Also sind wir uns mal wieder einig.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Die generelle Problematik liegt meiner Ansicht nach darin, dass die meisten Menschen versuchen, „Realität“ in nur einer Dimension abzubilden. Sie bleiben auf einer Ebene stehen – sei es:

  • reaktiv: unmittelbare Erfahrung, Alltagsintuition, „gesunder Menschenverstand“
  • formal-logisch: strenge Argumentation innerhalb eines fixen Systems von Regeln
  • metatheoretisch: Reflexion über Modelle, Theorien und ihre Voraussetzungen
  • oder (leider sehr selten) relativistisch (D4): im Sinne einer Relativierung von Logik, Wissenschaft, Metatheorie, Erkenntnistheorie, Kultur, Ethik oder Moral.

Das bedeutet: Realität wird eindimensional konzeptualisiert, als gäbe es nur eine gültige Perspektive. Solche epistemischen Scheuklappen sind gefährlich, weil sie sehr leicht in ideologische Frames führen. Wer nur auf einer Ebene denkt, gerät unweigerlich in dogmatische Verkürzungen – ob nun als „naiver Realist“, als „reiner Logiker“ oder als „absolut gesetzter Wissenschaftler“.
Gerade die Quantenmechanik zeigt aber, dass eine solche Reduktion nicht trägt.
Aus einer D4-Perspektive wird besonders deutlich: Es existieren verschiedene Interpretationen der Quantenmechanik (z. B. in Bezug auf den Kollaps der Wellenfunktion), aber keine einheitliche Ontologie. Die Unterschiede zwischen Kopenhagener Deutung, Viele-Welten-Interpretation, QBism oder objektivem Kollapsmodell verlieren dadurch ihren ontologischen Anspruch und werden epistemisch relativistisch. Mit anderen Worten: Im Verhältnis zur evidenten Empirie sind diese Interpretationen letztlich unwesentlich – sie sind narrative Raster, keine Wirklichkeitskerne.
Ein besonders anschauliches Beispiel ist der Quantenradierer:

  • Hier wird zunächst eine Weg-Information eines Photons prinzipiell zugänglich gemacht – und die Interferenz verschwindet.
  • Wird diese Information anschließend unkenntlich gemacht („radiert“), erscheint das Interferenzmuster wieder.

Die Versuchung ist groß, dieses Phänomen ontologisch zu deuten – als ob sich die Realität selbst „rückwirkend“ ändert. Doch das ist ein Kategorienfehler: Tatsächlich geht es um unsere epistemischen Möglichkeiten, Unterscheidungen zu treffen. Ob wir einen Interferenzstreifen sehen oder nicht, hängt nicht davon ab, „was die Realität an sich macht“, sondern davon, ob die Versuchsanordnung Strukturen erzeugt, die wir als Weg-Information interpretieren können.
Wer also das epistemische Moment (Unterscheidbarkeit durch Messanordnung) mit einer ontologischen Aussage verwechselt („die Realität entscheidet sich erst später“), begeht genau den Fehler, den die Quantenmechanik provoziert: die Vermischung von Beobachtungsbedingungen mit Sein.
Je flexibler man in der Lage ist, zwischen den Dimensionen hin- und herzuspringen, desto „objektiver“ – oder besser: desto vielschichtiger und weniger ideologisch – kann man die Welt verstehen. Objektivität liegt dann nicht in einer einzigen Perspektive, sondern in der dynamischen Integration mehrerer epistemischer Dimensionen (siehe meinen verlinkten Artikel).

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Übrigens: Ich denke, die meisten Physiker sind Realisten – wie sollte man praktische Physik auch anders betreiben? Man kann keine Experimente machen, wenn man ständig im Hinterkopf behält, dass alles, was man tut, epistemisch konstruiert ist.
Genau aus diesem Grund hatte ich dir den Artikel zur Dimensionalen Logik verlinkt. Dort unterscheide ich verschiedene logische Stufen: D1 reaktiv, D2 formal-logisch, D3 metatheoretisch, D4 meta-metatheoretisch. In diesem Modell ist eine Aussage dann „wahr“, wenn sie auf allen Dimensionen invariant bleibt.
Falls du einen schnellen Einstieg magst, hier eine vereinfachte Version:
Thinking in Four Dimensions – A New View of Logic and Reality

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfngang,

Da steht:
„The fascinating thing is: All four dimensions are necessary for a complete understanding of quantum mechanics. The systematic dimension delivers precise predictions, the reflexive questions the conceptual foundations, the contextual shows alternative interpretations, and the reactive reminds us that our understanding is biologically limited.“ –

Bist Du wirklich der Meinung, dass Du damit die Unverständlichkeit der Quantenwelten verständlich gemacht hast?

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,
du weißt, dass ich konstruktivistisch argumentiere, also davon ausgehe, dass wir die Welt nicht ontologisch „erkennen“, sondern epistemisch konstruieren. Diese Konstruktion geschieht nicht eindimensional, sondern in den vier Ebenen meiner dimensionalen Logik: reaktiv (D1), formal-logisch (D2), meta-theoretisch (D3) und meta-meta-theoretisch (D4).

Die Quantenmechanik bewegt sich auf der formallogischen Ebene (D2) – dort, wo mathematische Strukturen und empirische Messungen miteinander korrespondieren. Physiker arbeiten innerhalb dieser Ebene, sie entwickeln und prüfen Modelle, die innerhalb eines geschlossenen Regelwerks konsistent sind.

Wenn wir die Quantenmechanik jedoch meta-theoretisch (D3) betrachten, reflektieren wir bereits über ihre Voraussetzungen: Beobachterabhängigkeit, Messproblematik, Unschärferelationen usw. Und auf der meta-meta-theoretischen Ebene (D4) wird schließlich klar, dass die Quantenmechanik selbst kein Abbild der Realität, sondern eine epistemische Beobachtungsform ist – ein Spiegel unseres Denkens, das an seine eigenen logischen und kognitiven Strukturen gebunden bleibt.

In diesem Sinne erkläre ich die Quantenmechanik epistemisch durchaus hinreichend: Ich zeige, warum und wie sie als Konstruktionsform unseres Erkennens überhaupt entsteht. Rein technisch – also innerhalb der Physik selbst – tue ich das natürlich nicht, denn die technische Seite spielt sich ausschließlich auf D2 ab.

Alles, was darüber hinausgeht, liegt außerhalb der Physik und gehört zur Erkenntnistheorie. In gewissem Sinne hat Richard Feynman das schon vorweggenommen, als er sagte: “Shut up and calculate.” – denn jenseits der Berechnung beginnt nicht mehr Physik, sondern Philosophie.
Darüber hinaus mache ich keinen prinzipiellen Unterschied zwischen individueller Erkenntnistätigkeit und Erkenntnistheorie. Beide beruhen auf denselben strukturellen Ebenen des Erkennens – nur dass sich die eine im Denken des Einzelnen, die andere in der kollektiven Reflexion der Menschheit ausdrückt. Im Gegensatz zur klassischen, binären Logik argumentiere ich also nicht eindimensional, sondern berücksichtige die verschiedenen Erkenntnisstufen des Menschen. Daraus ergibt sich eine andere, dimensional erweiterte Logik, die nicht nur Aussagen über die Welt macht, sondern zugleich darüber, wie wir Welt überhaupt hervorbringen.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Vielleicht versuche ich es noch einmal etwas einfacher zu formulieren:
Wenn wir ehrlich sind, wissen wir gar nicht so genau, ob wir nun Realisten, kritische Realisten oder Konstruktivisten sind. Diese Kategorien sind zu abstrakt, um sie auf das eigene Denken wirklich anwenden zu können. Viel anschaulicher wird es, wenn man die Sache mit Hilfe der vierdimensionalen Logik betrachtet. Denn sie orientiert sich nicht an theoretischen Schulen, sondern an unseren konkreten Denkstufen – also daran, wie wir in verschiedenen Situationen tatsächlich urteilen und handeln.

Ein Beispiel:
Wenn uns jemand angreift, reagieren wir spontan und verteidigen uns oder schlagen zurück – das ist die reaktive Ebene (D1).
Auf der formallogischen Ebene (D2) überlegen wir, wie wir dem Angreifer rechtlich oder strategisch begegnen können.
Auf der meta-theoretischen Ebene (D3) fragen wir uns, ob der ganze Aufwand überhaupt lohnt.
Und auf der kontextuellen Ebene (D4) denken wir darüber nach, was den anderen überhaupt dazu bewegt hat, uns anzugreifen (lässt sich problemlos auf die Politik übertragen).
Übrigens lässt sich jeder Dimension eine spezifische Intelligenz zuordnen.

Wir müssen uns also keine Gedanken darüber machen, ob wir grundsätzlich auf D2, D2, D3 oder D4 „agieren“ – wir bewegen uns je nach Situation zwischen diesen Ebenen. Die Basis bleibt dabei die klassische, binäre Logik.

Alternative Logiken wie Mehrwert- oder Fuzzy-Logiken machen aus meiner Sicht einen grundsätzlichen Fehler: Sie versuchen, Phänomene logisch zu begreifen, anstatt zu verstehen, wie diese Phänomene überhaupt entstehen. Denn jede Einordnung eines Phänomens ist bereits ein Denkakt, und genau dieser Denkakt ist die Voraussetzung jeder Erkenntnistheorie.

Erkenntnistheorie beruht also nicht auf einem objektivistischen oder transzendenten Prinzip, sondern auf dem Denken selbst.
Oder zugespitzt gesagt:
Es gibt auf dieser Welt nichts, wenn wir es nicht selbst tun – und ebenso wenig etwas, wenn wir es nicht selbst denken.
Ohne Denken wären wir bloße biochemische Regulationssysteme – in etwa auf dem Niveau eines Bakteriums, das nur auf chemische Gradienten reagiert, aber keine Welt unterscheidet.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Lieber Wolfgang,

das alles ist, wie auch deine Erkenntnistheorie der drei Stufen, eine sehr theoretische Betrachtung, die sicher eine gute Analyse darstellt, aber leider keine Hilfe zur Lösung meiner Probleme ist.

Erkenntnis beginnt mit einer Beobachtung, wenn Du so willst mit der neuronalen Verarbeitung von Reizen, die von der Außenwelt kommen. Und diese neuronale Verarbeitung endet mit einer Beschreibung des Beobachteten für die Kommunikation mit anderen Beobachtern.

Die Beschreibung durchläuft bereits alle drei Stufen deiner erkenntnistheoretischen Überlegungen, und sie bewegt sich auf allen vier genannten logischen Ebenen. Es geschieht sicher alles so, wie Du es beschreibst, nur was haben wir am Ende davon ? Die Beschreibung subatomarer Beobachtungen misslingt auf fatale Weise:

Sie endet immer und unweigerlich in Widersprüchen.

Die Beschreibung des Beobachteten wohlbemerkt, nicht die Beschreibung einer Realität oder die modellhafte Beschreibung, oder was immer man als Beobachtungsgegenstand konstruiert. Denn meine Beobachtungen, zum Beispiel die Wirkungen des Lichts, sagen mir: da wirkt etwas, das mit sich ausschließenden Eigenschaftskategorien beschrieben werden muss (z.B. da „wirken“ Objekte, die gleichzeitig (!!!) Teilchen und Welleneigenschaften haben, zum Beispiel räumlich konzentrierte Objekte mit einer Frequenz). Da „wirkt“ etwas, das sich nicht konsistent beschreiben läst. Meine Beobachtungen lassen keine konsistenten Beschreibungen dessen zu, was da Wirkung hervorruft.

Ich verstehe Dich so, dass Du nun sagt, ja nun – da gibt es verschiedene Aspekte, unter denen man das betrachten kann, und damit haben wir das Problem erfasst. Weiter müssen wir nicht gehen.

ich sage: bei nicht-konsistenten Beschreibungen von physikalischen Entitäten kann man nicht einfach stehenbleiben und sagen, oh wie schön, passt alles zu meiner Analyse. Letztendlich hilfst Du mir bei meinem Problem nicht.

Du läßt mich allein, kein schöner Zug an Dir.

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ich würde Dich gerne verstehen. Und die Quantentheorie, falls ich sie mißverstehe.

Wenn Du sagst, „ich rede immer von den physikalischen Gegenständen, und ich rede von nicht-raumgreifenden Gegenständen, also nicht von Wellen und Feldern, und ich rede nicht von modellhaften Gegenständen“, möchtest Du wohl auf eine Reflexionsstufe vor der Modellierung eines physikalischen (geometrischen, topologischen) Raums zurückgehen, denn wenn wir den physikalischen Raum (beispielsweise als Vektorraum mit einer Norm) modelliert haben, gibt es keine Gegenstände im Raum, die keine Ausdehnung haben, ohne Ausdehnung sind sie nirgendwo, nicht irgendwo. Das atomare Teilchen ist ein System, hat noch einen Ort, die subatomaren Teilchen im Atom sind punktförmig, haben keinen klassischen Ort. Koordinaten definieren einen ausdehnungslosen Punkt, können also keine physikalischen Objekte beschreiben. Im Falle eines klassischen Masseobjekts beschreiben die Koordinaten etwa den Schwerpunkt dieses voluminösen Gegenstands, der selbst nicht innerhalb des Volumens liegen muß. So weit kann ich folgen, falls Du es so meinst.
Aber selbstverständlich ist der Schwerpunkt ein realer Ort, der beobachtet werden kann, wenn das Masseobjekt sich nicht kräftefrei bewegt, denn dann hat es in der Regel ein Drehmoment mit einem Fixpunkt. Bei einer Translation gibt es keinen ausgezeichneten Punkt des Masseobjekts. Sie kann von einer Kraft nur bewirkt werden, wenn diese Kraft auf das Objekt in Richtung des Schwerpunkts ansetzt.

Dann schreibst Du aber „sondern von denen, die in der Realität außerhalb von uns vorhanden sind, also konkret gesagt, von den Gegenständen in einer experimentellen Apparatur“. Sind Gegenstände denn nur Wirkungen in einer Apparatur, stehen diese Wirkungen nicht im Zusammenhang mit Realobjekten außerhalb der Apparatur. Sind diese Wirkungen, Interaktionen der Gegenstand einer Physik, die bewußt auf die Interpretation der Wirkungen als Bewirkungen von Objekten außerhalb der Apparatur verzichtet? Dann wäre übrigens die Sprache der Physik eine Sprache in der Art von Tlön, auf die ich hier schon verwiesen habe. Ich sehe allerdings niemanden (außer Dir vielleicht), der diese Sprache spricht oder meint, sprechen zu müssen.

„Und die Physik sagt den Philosophen, die mesoskopischen Gegenstände sind alle an einem Ort, die subatomaren sind es nicht.“ – Nein. In Deinem Sinn unterscheiden sich mesoskopische Gegenstände nicht von mikroskopischen, sie alle sind (Wirkungen) in der Apparatur. Erst wenn ich über die Wirkungen hinausgehe, sie Objekten (von) außerhalb der Apparatur zuordne, also die Wirkungen nicht erst in der Apparatur entstehen lasse, von den Wirkungen auf bewirkende Objekte schließe, komme ich auf eine Interpretation von unterschiedlichen Gegenständen, denn ich messe einmal, was sich als Gegenstandswelt im klassischen Sinne, das andere Mal, was sich nur als Gegenständlichkeit in einer Quantenwelt deuten läßt.

Ich gebe Dir recht, daß „Gegenstände gleichzeitig an verschiedenen Orten sind oder gleichzeitig auf allen Bahnen“ eine unglückliche, widersprüchliche Aussage bzw Darstellung ist. Aber warum akzeptierst Du nicht die Kopenhagener Deutung (so, wie ich sie verstehe) mit der Aussage, daß Quantensysteme bildende Quantenobjekte eine andere Art von Objekten sind als die Objekte des Mesoraums? Damit müssen noch nicht alle Verständnisprobleme gelöst sein, aber es ist ein Ansatz, der primäre Widersprüche weginterpretieren kann.

„In verschränkten Systemen haben die Dinge keinen Ort?“ – Nein, die verschränkten Dinge sind keine separablen Einzeldinge, sie bilden ein Quantensystem. Daher ist es sinnlos, nach ihrem Ort zu fragen, das habe ich so auch bei Stegemann gelesen. An einem Ort kann ich nur ein Einzelobjekt messen , dann habe ich aber die Kohärenz aufgehoben, das Einzelobjekt zeigt sich klassisch.

„Was willst Du messen? den Ort des verschränkten Systems?“ – ja, Ort/Geltungsbereich des Systems kann ich punktuell messen und interpretierend auf mindestens die nähere 4-dimensionale Umgebung erweitern. Genau das macht man auch mit Messungen in unserem klassischen Mesoraum, wenn wir eine Bewegung messen, dann in Einzelmessungen von Effekten, und wir nehmen an, interpretieren, daß sich das Objekt dazwischen differenziert stetig, ohne Sprünge, Knicke, Aussetzer (Nichtsein) bewegt.

„Der Ort im 3-Raum ist das fundamentalste Merkmal einer Individuierung physikalischer Gegenstände“ – ja, das gilt für alle individualisierbaren, also separierbaren physikalischen Gegenstände. Nicht für punktförmige, die nur als inseparable Teile von Gesamtheiten existieren. Die sich, weil ausdehnungslos, beliebig auf einem Punkt überlagern können, die sich umgekehrt aufspalten und gleichzeitig an verschiedenen Punkten sein können. Dies ist eine ganz abstrakte Überlegung, die die Befunde interpretierbar macht, auch die ominöse Fernwirkung, die keine Fernwirkung ist, sondern ein Systemzusammenhang.

Du meinst: „Der Ort im 3-Raum ist das fundamentalste Merkmal einer Individuierung physikalischer Gegenstände. … Du kannst das doch nicht in Frage stellen“. Das klingt mir nach einem physikalischen Apriori. Allerdings: „Quantenobjekten kann man solche Abstandskoordinaten außerhalb von Messungen grundsätzlich nicht zuordnen. Sie haben also einen Ort, aber der ist nicht definierbar.“ Was soll das heißen? Ich verstehe weder, was ein Ort sein soll, der nicht definierbar ist, meine Kurzform dafür: ein Ort, der kein Ort ist, noch, wieso sich solche merkwürdigen Objekte nicht fundamental unterscheiden sollen von denen, deren Orte sich immer mit einer vollständig erlangbaren Information bestimmen lassen. Ist der Ort nicht definierbar, weil er sich nicht vorausberechnen läßt? Dann ist auch der Quantenort im Experiment nicht definierbar oder das Teilchen, dem der Ort zugeordnet wird.

Der Unterschied zwischen dem Ergebnis eines Quantenexperiments und eines klassischen besteht doch darin, daß der experimentelle Eingriff die quantentheoretische Information auf eine klassische verkürzt, die Vielfalt der Superposition in die binäre Information 0 oder 1, daher läßt sich nicht determiniert auf andere Messungen rückschließen (wofür ich die Gesamtinformation benötigte); vorschließen schon, weil zwar die Systeminformation zerfallen, aber auch zur Vielfalt der individuierten Teilchen erweitert ist, nach der Messung hat das detektierte Teilchen Eigenschaften, die es unterscheidbar machen, und daher identifizierbar, Zustand und Bewegung in der Zeit beobachtbar und berechenbar machen. Eine vollständige Information über ein Quantensystem kann ich nur a priori durch die Einsicht haben, wie es zustandegekommen ist, jede Messung zerstört es.

So habe ich die Erzählung von Physikern verstanden, und die scheint mir konsistent zu sein; falls das unzutreffend ist, bitte um Erläuterung.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hallo Wolfang,

es hat keinen Sinn, weiter zu diskutieren, weil Du die sehr einfache Sprache und die praktische Arbeit von Physikern nicht verstehst. Du weißt nicht einmal was gemeint ist, wenn ich von physikalischen Gegenständen in einer Apparatur spreche.

Du gehst davon aus, das die kleinen und großen Gegenstände der Physik irgendwie beschaffen sind, dass sie der Mikrowelt aber anders sind als in der Makrowelt, und diese Andersartigkeit rechtfertigst Du als Philosoph mit Argumenten, die noch abstruser sind, als die der philosophierenden Physiker. Du nutzt Begriffe (Information, Superposition, „zerstörende“ Messung, „punktförmige“ Teilchen, Gegenstände als Wirkungen, usw.), die keine klare Definition haben.

Du verstehst den einfachen Zusammenhang nicht, dass ein Ort nicht irgendetwas Abstraktes ist, sondern eine physikalische Größe mit dem Namen „Ort“, die physikalisch durch einen Vektor mit drei reellen Koordinaten und einen Nullpunkt im 3-dim-und wenn ein Nullpunkt fehlt, weil das Koordinatensystem nicht definiert ist, kann man einem Gegenstand immer noch einen physikalischen Ort zuordnen, aus logischen Gründen müssen sie ja irgendwo sein, dieser zugeordnete Ort ist aber unter diesen physikalischen Bedingungen nicht definiert. Das nennt man so. Die Unschärferelation, die Du sicher kennst, sagt, dass man auch Quantenobjekten in einer Apparatur einen Ort, eine Geschwindigkeit, einen Drehimpuls zuordnen, kann, auch einen Ort und eine Geschwindigkeit gleichzeitig, aber wenn der Ort definiert ist, weil dessen Koordinaten festliegen, dann haben die Koordinaten des Geschwindigkeitsvektors keine definierten Werte (so beschreibt es die die Mathematik, auf die man sich in diesem Fall verlassen kann). Du spricht vom Ort, als wäre das ein philosophischer Begriff, ich rede vom physikalischen Ort – von was denn sonst, und das ist ein Vektor im 3-Raum.

Du verstehst nicht, dass physikalische Größen zugeordnet werden, und dass man den Fall „keinen Ort haben“ nur so interpretieren kann, dass man eben keine definierten Koordinaten zuordnen kann. Gegenstände „haben“ keine physikalische Größen. Das ist die Vorstellung des Realisten, dass ein Gegenstand einen Ort und eine Geschwindigkeit „hat“, sozusagen von sich aus hat. Du verstehst den Unterschied, den ich mit einer konstruktivistischen Beschreibung mache, nicht.

Du rechtfertigst die fehlschlagenden Ouantenobjekt-Beschreibungen des wissenschaftlichen Realismus auf philosophische Weise, mit Vorstellungen, die sich mit physikalischen Vorstellungen – selbst denen der Realisten unter den Physikern – keinesfalls vertragen. ich kann es nicht anders sagen: Du fabulierst philosophisch munter daher, und beschreibst mir, wie sich Quantenobjekte verhalten, wobei das gar nicht mein Thema ist. Schau mal: Wirkungen sind immer lokal, wenn der Ort eines Gegenstandes nicht definiert ist, dann kann auch keine definierte Wirkung stattfinden – dies aus logischen Gründen. Und die Logik geht nun mal der Philosophie voraus, soll ich da auf Deine Ausführungen noch im Einzelnen eingehen ?

Uns unterscheidet: ich kann die Quantenwelt als Realist oder als Konstruktivist betrachten. Der Realist sagt, in der Quantenwelt ist alles anders als in der Alltagswelt (es ist eben einmal so, und einmal so). Es gilt Sein vor Schein.

Als Konstruktivist sage ich: die Welt erscheint einmal so und einmal so, Schein ist vor Sein, und um sie zu beschreiben, brauche ich passende Begriffe und Formalisierungen, und diese ordne ich den Erscheinungen zu, nicht dem Sein (den Beobachtungen – nicht der „Empirie“) Schon Beobachtungen setzen schon eine Menge voraus, es setzt aber nicht voraus, dass die Welt auf bestimmte Weise beschaffen sein muss (hatte ich versucht Wolfgang Stegmann zu erklären, was gescheitert ist).

Mit meinen Begriffen beschreibe ich den Schein, nicht das Sein. Mit Wahrheit habe ich nichts am Hut, ich will so beschreiben dass der Schein handhabbar wird. Manche Begriffe, wie den Alltagsbegriff „Ort“, kann ich den Gegenständen der Mesowelt immer zuordnen, weil die Koordianten bei diesen Gegenständen immer definiert sind (es gibt immer ein Bezugssystem). Aber von Orten der Quantenobjekten kann ich nicht immer sprechen, wenn die Koordinaten nicht definiuert sind (weil z.B. die Impuls- oder die Geschwindigkeitskoordinaten des Objekts festliegen).

Ich sehe die Welt aus der Perspektive eines Schein-Beschreibers. Du willst ein Sein-Beschreiber sein. Dann musst Du Abstrusitäten zu Hilde nehmen, ich nicht.

Grüße
Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ich befürchte, Du hast recht, es macht keinen Sinn, hier weiter zu diskutieren.

„Du gehst davon aus, das die kleinen und großen Gegenstände der Physik irgendwie beschaffen sind“
Nein, Du gehst davon aus, daß die Gegenstände der Physik nicht beschaffen sind, das tue ich auch, insofern ich davon rede, daß wir physikalische Gegenstände nicht erkennen können, sondern ihre Struktur verstehen können. Was wir wissen können, ist, welche Struktur sie verwirklichen. Denken in Zusammenhängen, das ist verstehendes, nicht bloß identifizierendes Denken, ist strukturelles Denken. Wie die Dinge an-sich beschaffen sind, kann ich nicht wissen, es braucht/sollte mich auch nicht beschäftigen. Zeigt etwas keine Struktur, existiert es nicht.
Es war eine Zeitenwende, daß man in der Physik bemerkt hat, daß in den verschiedenen Größenbereichen unterschiedliche Strukturen realisiert sind. Daran ist überhaupt nichts unerklärliches, die Frage, die sich dem Theoretiker stellt, ist: gibt es eine gemeinsame Oberstruktur oder läßt sich die Realität hier nur in unterschiedlichen Strukturmodellen denken? Da möchte ich mal Deine klar definierten, einfachen Begriffe kennenlernen. Und ich wüßte gerne, was an dem Teilchen- oder Wellenmodell so unpräzise definiert ist. Das sind sehr einfache Strukturmodelle, und es ist eine Frage unserer Modellierung, sie als integrierbar oder eben nicht begreifen zu können. Die Begriffe, die ich benutze, sind übrigens Begriffe der Physiker, keine eigensprachlichen. Aber ich bin ganz offen für ein neues, einfacheres Strukturmodell der Physik, toll, wenn wir eine toe schaffen. Schaffen wir das?

„dass ein Ort nicht irgendetwas Abstraktes ist, sondern eine physikalische Größe mit dem Namen „Ort“, die physikalisch durch einen Vektor mit drei reellen Koordinaten und einen Nullpunkt im 3-dim-und wenn ein Nullpunkt fehlt, weil das Koordinatensystem nicht definiert ist, kann man einem Gegenstand immer noch einen physikalischen Ort zuordnen, aus logischen Gründen müssen sie ja irgendwo sein, dieser zugeordnete Ort ist aber unter diesen physikalischen Bedingungen nicht definiert.“
Erst einmal fehlt diesem Satz ein Verb, ohne welches der Satz keinen Sinn macht. Vorbehaltlich, daß hier eingefügt werden muß „dargestellt“ oder „präzisiert“, ist „physikalisch durch einen Vektor“ mir unverständlich, seit wann ist ein Vektor ein physikalisches Objekt? Kann ich einen Vektor beobachten? Davon abgesehen, ich will mich nicht in Spitzfindigkeiten begeben, wenn ein Ort ein Koordinatensystem mit physikalisch wohldefinierten Nullpunkt erfordert, gibt es keine Orte, das verbietet die Relativitätstheorie, derzufolge es keinen absoluten Raum gibt. Mir kommt, was Du schreibst, Deine Einfachheit, ziemlich wirr vor.

Daß arithmetische, topoligische, algebraische Größen den Dingen zugeordnet/zugeschrieben werden, verstehe ich durchaus, nur nicht, daß diese Größen physikalische sein sollen, es sind mathematische Strukturgrößen. Bist Du vielleicht ein mathematischer Realist? Ich jedenfalls bekenne mich zu einem, wie ich ihn verstehe, Strukturenrealismus, der meint, man könne der Realität Strukturen zuschreiben. Die erkennbare Welt sei die mögliche Einsicht in die realisierten Strukturen aus dem Möglichkeitsraum aller konsistent denkbaren Strukturen.

„Du rechtfertigst die fehlschlagenden Ouantenobjekt-Beschreibungen des wissenschaftlichen Realismus auf philosophische Weise“ – nein. Ich sehe keine fehlschlagenden Ouantenobjekt-Beschreibungen, ich sehe nur unterschiedliche, beschränkt zutreffende Beschreibungen, die sich noch nicht, vielleicht grundsätzlich nicht, in einem Strukturmodell zusammenfassen lassen. Das nennt man zB den Dualismus. Oder die Komplementarität.

Nochmals: Für mich ist wirr, was Du schreibst, aber ich möchte verstehen, und Du möchtest Dich hoffentlich verständlich machen. Das Lokalitätsprinzip setzt selbstverständlich eine Örtlichkeit voraus und besagt dann, daß sich Wirkungen nur mit einer Geschwindigkeit bis zur Lichtgeschwindigkeit ausbreiten können. Fernwirkungen sind nicht möglich. Daher beobachte ich in Quantensystemen keine Wirkungen der verschränkten Einzelteile, die ich gar nicht identifizieren kann, sondern Systemeigenschaften. Das war meine Aussage, warum der Dualismus kein logischer Widerspruch ist. Ich weiß hier buchstäblich nicht, wovon Du sprichst und was Du kritisierst.

Was ich nachvollziehen kann, ist Deine Aussage, nur den Schein, ich übersetze „die Welt der Phänomene/Wirkungen“, bedenken zu wollen, ich würde dem sogar zustimmen in dem Sinn, daß die Realwelt sich nur in ihren Erscheinungen zeigt und wir daher uns immer bewußt sein müssen, daß wir auf dieser Ebene arbeiten. Wobei die Sache noch enger ist, denn auch an die Erscheinungen kommen wir ja nur heran, wo es uns gelingt, Wirkungen aufzuspüren, und das geht inzwischen nur noch über komplizierte und teure Geräte, die wir bald, wenn die KI Einzug gehalten hat, selbst nicht mehr verstehen. Auch die Erfahrung ist insofern konstruiert. Insoweit erkenne ich den Konstruktivismus an. Nur verstehe ich nicht, wie man jegliche Ähnlichkeitsbeziehung von Konstruktion und Gegebenheit leugnen kann. Ohne diese hätte alle Konstruktion keinen Sinn, und ohne gäbe es keinen Erkenntnisfortschritt, der sich aus dem Zwang, nicht ins Denken passende, verstörende reale Manifestationen, die sich freilich in der Erscheinungswelt zeigen, aber nicht von unseren Konstruktionen erzeugt werden, durch neue bzw Rekonstruktionen im Denken zu bewältigen.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang
„Zeigt etwas keine Struktur, existiert es nicht.“

Das Licht (Strahlung), das was es im Universum am meisten gibt, zeigt keine Struktur. Also gibt es das nicht. Falls Du anderer Ansicht bis, nenne mir die Struktur.

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

„Das Licht (Strahlung), das was es im Universum am meisten gibt, zeigt keine Struktur.“
Ich verstehe nicht den Sinn dieser Aussage.
Licht zeigt sich in optischen Phänomenen, im Schatten, den es wirft, in den Interferenzstreifen, im Regenbogen, usw usf. Und diese Phänomene lassen sich einheitlich erklären mit den Strukturen, die wir ihm zuschreiben. Gäbe es diese Phänomene nicht, gäbe es für uns kein Licht. Was also willst Du mit Deinem Satz sagen?

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,
„Ich verstehe nicht den Sinn dieser Aussage.“

Siehst Du, wie Du der Frage ausweichst.?

Du stellt Dich auf den Standpunkt, alles ist irgendwie Struktur, alle Phänomene sind irgendwie strukturell.

Du gibst preis, dass Du ein Wissen hast, das nicht weiter reicht, als das meiner Katze. Die schleicht herum und für sie haben alle Phänomene der Außenwelt eine Struktur, sie schreibt der Welt genauso wie Du Strukturen zu, unter denen sie sich dann zurechtfindet.

In der Wissenschaft kommt es darauf an, die Strukturen so zu benennen, dass man damit instrumentell umgehen kann. Was ist denn Deiner Ansicht nach die Struktur des Lichts, die wir instrumentell im Laser handhaben?

Deine Antwort ist, ich weiß nicht mehr darüber als meine Katze.

Wir sind da am Anfang der Diskussion, als ich bemängelte, dass in dieser philosophischen Diskussion nicht gesagt wird, was unter einer „Struktur“ verstanden wird. Sie ist für Dich alles oder nichts, jedenfalls nichts Reduzierbares, am Ende also ein unbestimmtes Etwas, was auf jede Ontologie passt.

Für mich ist eine Struktur aber eine mehrelementige Menge von Relationen zwischen zwei Einzelheiten, wobei der Begriff „Relation“ und „Einzelheit“ geklärt werden muss, uns dies ist dann die Aufgabe an die Gesprächsteilnehmer. Darüber kommen wir zum Begriff des „Ganzen“ und zu der Bedeutung der Begriffe „Potenz“, „(Aus)Richtung“, zum Bipolaren in der Welt, usw., usw., das sind Begriffe, die dann wirklich nicht mehr hintergehbar sind. Aber „Struktur“ ? Da kann man wie gesagt alles und nichts darunter verstehen, und alle Schlussfolgerungen ziehen, die gerade passen.

Das geht dann aber nicht über das Realitätsverständnis meiner Katze hinaus. Willst Du wirklich dabei bleiben?

Du sagtest: zeigt etwas keine Struktur, existiert es nicht. ich sage: Licht hat keine Struktur und existiert doch, es ist unsichtbar und genau wie Felder nicht als Phänomen an sich zu erkennen. Und doch existiert es. Würde die Sonne kein Licht mehr schicken, würde uns allen das Licht (des Lebens) ganz schnell ausgehen.

Jetzt kommst Du und sagst mir: ja aber Licht hat Wirkung. Dann frage ich Dich: W A S wirkt?

Vielleicht ist ja nicht alles nur Struktur – sondern Spuk !!!
Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

„Siehst Du, wie Du der Frage ausweichst?“ – Nein.
„Standpunkt, alles ist irgendwie Struktur, alle Phänomene sind irgendwie strukturell“ – Nein. Nicht alles ist Struktur, sondern alles, was sich von der Welt verstehen läßt, ist strukturell beschreibbar. Alles, was sich nicht (mit Strukturbegriffen) bestimmen läßt, existiert nicht für uns Menschen.

Licht gibt es nur, wenn es mindestens unterschiedliche Helligkeitsstufen gibt (und natürlich Reflexion), das ist eine erste Struktur, ohne die es nichts (Unterscheidbares) zu sehen gäbe. Wovon also redest Du, wenn sich Licht nicht zeigt (in seinen Erscheinungen)?
Übrigens: Das Sehen Deiner Katze funktioniert ohne Bewußtsein, ohne Strukturwissen. Für die Katze ist es so, wie Du es für den Menschen behauptest. Ich finde Deine Vorstellung vom Katzenbewußtsein skurril. Richtig ist, daß Menschen im Alltag, manche Menschen fast ausnahmslos, nicht reflektieren, was sie denken, und daher nicht wissen, zumindest nicht wissen, was sie wissen, zB nicht bemerken, daß ihre Sprache Wissen enthält, wir benutzen den Begriff Lichtstrahl, darin steckt das Wissen von der strahlenförmigen Ausbreitung des Lichts.

„Was ist denn Deiner Ansicht nach die Struktur des Lichts, die wir instrumentell im Laser handhaben?“ Na, da stellst Du Dich dumm, heute weiß fast jeder, wie sich Laserlicht vom diffusen Normallicht strukturell unterscheidet (Kohärenz, Gerichtetheit, Intensität). Und „Deine Antwort ist, ich weiß nicht mehr darüber als meine Katze“, das ist Unsinn: meine Katze weiß gar nichts (s.o.), fast alle Menschen können Normal- und Laserlicht unterscheiden. Und viele kennen den strukturellen Unterschied.

„Wir sind da am Anfang der Diskussion, als ich bemängelte, dass in dieser philosophischen Diskussion nicht gesagt wird, was unter einer „Struktur“ verstanden wird.“ – Tut mir leid, daß ich diese Frage überlesen habe, für mich ist das ein völlig klar definierter Begriff, und ich benutze ihn ja auch in der Regel in genau dem Kontext, in dem er so klar definiert ist, nämlich in der universalen Strukturwissenschaft Mathematik. Eine Struktur ist eine Bestimmung B eines bislang Unbestimmten, also eine Klasse/Menge derjenigen Exemplare x, die diese Bestimmtheit besitzen, B={x׀B(x)} Das können Einzelexemplare oder Dingmengen sein. In der Regel gibt es eine große Zahl von Elementardingen. Sie sind wohlbestimmt, weil genau definiert ist, ob B(x) oder ¬B(x), also xєB oder ¬xєB. Dann können über diesen elementaren Bestimmungen, die Voraussetzungen dafür sind, überhaupt von Gegenständen zu sprechen, nähere, zusätzliche Bestimmungen definiert werden. Sie können eine Innenbestimmung der Objekte (einen Eigenschaftskomplex) oder eine Außenbestimmung zwischen Objekten betreffen (Relationalität). So konstruiert die Mathematik den Möglichkeitsraum aller identifizierbaren Bestimmtheiten/Strukturen.

„In der Wissenschaft kommt es darauf an, die Strukturen so zu benennen, dass man damit instrumentell umgehen kann.“ – Nein, das ist eine instrumentelle Verkürzung der Wissenschaft. Manchmal erreichen wir nur dieses Niveau, aber Wissenschaft zielt auf objektiviertes Wissen, also intersubjektiv verifizierbare Aussagen über die Welt. Mit Kant und Popper kennen wir die Grenzen der Verifizierbarkeit, Verifizierbarkeit ist immer nur eine vorläufige.

Du kannst Dich gerne mit der Spukhaftigkeit des Spuks beschäftigen, mit Wissenschaft hat das wenig zu tun.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,

„Licht zeigt sich in optischen Phänomenen, im Schatten, den es wirft, in den Interferenzstreifen, im Regenbogen, usw usf. Und diese Phänomene lassen sich einheitlich erklären mit den Strukturen, die wir ihm zuschreiben. Gäbe es diese Phänomene nicht, gäbe es für uns kein Licht.“

Diese Phänomene lassen sich eben nicht einheitlich erklären, sie lassen sich nicht logisch erklären – sie sind unerklärbar !!!

Wir gehen damit instrumentell um, aber der Umgang damit beinhaltet keine ontologische Klärung. Ob die Modellobjekte in unseren physikalischen Modelle mit dem, was in der Realität ontologisch vorhanden ist, auch nur annährend übereinstimmt, wissen wir nicht. Sie werden wahrscheinlich genauso wenig mit der Realität übereinstimmen, wie die Modlelobjekte der Newtonschen Theorien, denn Massenpunkte als Ontologie kommen in der Realität auch nicht vor (aber im Modell).

Grüße Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,

nun ja, Du erfindest hier eine neue Physik, hast allerdings sehr verschwommene Vorstellungen von der Ontologie dieser Welt, die alles und nichts aussagen. All diese Vorstellungen basieren darauf, dass da ja etwas in bestimmter Gestalt oder „Struktur“ vorhanden sein muss, die es zu bestimmen (zu erkennen) gilt. Aber Du bist ja kein Realist, oder bist Du ein Strukturenrealist? Wobei die Struktur nicht aus Einzelheiten besteht, oder völlig unbestimmt ist, weil die Einzelheiten schon unbestimmt sind. Aber alles ist ja irgendwie (beschaffen), das meiste jedenfalls unbestimmt (beschaffen).

Da konstruierst Du regelrecht eine Ontologie, die aber mit Physik nichts zu tun hat, erst Recht nichts mit den physikalischen Größen, mit denen wir ein Objekt (im weitesten Sinne) potentiell bestimmbar machen können, und erst dann physikalisch bestimmen, wenn wir diesen Größen definierte Zahlenwerte zuordnen, wie zum Beispiel einen „Ort“. Die Bestimmtheit der Ontologie besteht dann aus einer Menge von Zahlenwerten, die zu einer physikalischen Größe gehören. Du meinst ja, Bestimmtheit sei keine Ontologie. Recht hast Du, aber meine Aussage verstanden hast Du nicht.

Grüße
Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wie kann es sein, daß nach einhundert Jahren empirischer Gegenstandlosigkeit die QM und ihre projektierten! Anwendungen (QT) immer noch diskussions- und finanzierungswürdig erscheinen? Offensichtlich ist sie much too big to fail. Zig Nobelpreise und zig Instituts- bzw. Schulnamen lassen keine Argumentation zu, die ihre Falsifikation bedeuten würde. Noch gewichtiger ist jedoch, daß die Methodologie der QM – die Ausschaltung der Phänomene – der Garrant der Wissenschaftlichkeit der Sozial- und interdisziplinären Wissenschaften im allgemeinen ist: messe – prognostiziere – messe – korreliere. D.h., alles was sich heute ‚empirisch‘ nennt, spielt sich wie die QM in parallelen Daten-Algorithmus-Universen ab und ist damit der Bewertung durch die (individuelle) Vernunft entzogen. Und das bedeutet nicht weniger als das Ende von Kants „sapere aude“ und folglich die Zwangsunterwerfung des Individuums unter konstruktivistische bzw. dekonstruktivistische Wissenschaftsideologien, je nach philosophischem Credo (analytisch bzw. kontinental). 

Hundert Jahre QM bedeuten auch hundert Jahre Vorherrschaft der Kreativen, die ohne Anschluß und Anschlußfähigkeit an Hergebrachtes a-semantische Legowelten im Nirgendwo zusammenbasteln. Hundert Jahre Diskussion der QM zwischen Kopenhagener Interpretation, hidden variables, Pilotwellen, Ensemble-Theorie und Dekohärenz bei gleichzeitig empirischer Gegenstandslosigkeit zeigt vor allen Dingen eins: die Logik beweist alles – und dessen Gegenteil. Und wenn es dazu Paralleluniversen bedarf, in denen die irdischen Gesetze nicht gelten, sind wir schon im Illusionstheater des 21. Jahrhunderts angekommen…

Heinz

P.S. Aus dem obigem folgt: das Dilemma des Quantencomputers besteht darin, daß er entweder funktionieren oder quantenmechanisch sein wird.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

Deine Aversion speziell gegen die QT verstehe ich nicht, auch wenn ich Deine Skepsis gegenüber der heute mehrheitlich gepflegten wissenschaftlichen Einstellung nachvollziehen kann. Warum ist die QT für Dich das Paradigma eines falschen Wissenschaftsverständnisses?

Ich lese bei Dir zwei Hauptkritikpunkte. 1. die Abwendung der Theorie von den Phänomenen hin zu konstruierten Sachverhalten, die dann beherrschar werden durch „messe – prognostiziere – messe – korreliere“, Du sprichst von „Gegenstandslosigkeit“, 2. die Abdankung der kritischen Vernunft, vom „sapere aude“; man könnte sagen, an die Stelle der kritischen Vernunft des reflektierten Wissens tritt die Legitimation durch standardisierte Verfahren.

Wenn Du diese Kritikpunkte ganz ernst nimmst, sprichst Du Dich gegen die Menschwerdung aus, der Mensch hätte Tier bleiben sollen, dessen Wissen ist ein phänomenologisches Bewußtsein, eine naive Gegenständlichkeit, Wiedererkennen, Erinnern, es lebt in einer Welt des wiederholten Wahrnehmens und Reagierens, bei dem die Erfahrungen helfen, das Reagieren zu verbessern. Auch das läuft schon nach dem Schema „Situation erfassen (messen) – prognostizieren + handeln – Erfolg messen – Handlungsmuster speichern“, allerdings immer unmittelbar an die Alltagspraxis anknüpfend, handgreiflich gegenständlich. Aber Du wirst doch nicht bestreiten, daß die wissenschaftliche Erforschung der Wirkweise enorm hilft, bessere Handlungsmuster zu finden. ZB Phänomene der Elektrizität, die in der Natur kaum und unverständlich (gegenständlich) wahrnehmbar sind. Als Tiere hätten wir kein Bewußtsein vom Blitz als Elektrizität entwickelt und könnten nicht erkennen, wie und wo man sich optimal schützt, ohne Erkenntnis des „Wesens“ der nur spärlich offen zutage tretenden Vorkommnissen der Elektrizität wäre man vor ihr nicht schützbar wie sie nicht nutzbar wäre, dabei geht heute kaum noch etwas ohne sie. Dieses „Wesen“ der Dinge ist der abstrakte Gegenstand der Wissenschaft, nicht nur die unmittelbare Phänomenologie.
Diesem Erkennen der Elektrizität liegt ein Verständnis des physikalischen Tatbestands, des Wesens der Elektrizität zugrunde. Ohne dieses Verständnis wären keine zielgerichteten Experimente durchführbar. Daher ist es Unsinn, zu sagen, wir bräuchten kein Verständnis. Unser Verständnis leitet die weitere Forschung, läßt uns mögliche Zusammenhänge untersuchen. So ist das sich-ein-Bild-machen der reflektierenden Vernunft der wichtigste Aspekt des wissenschaftlichen Arbeitens, auch wenn unter Wisssenschaftlern (selbst hier) die (für aufgeklärt gehaltene) Meinung vertreten wird, man untersuche nur, wie die Dinge funktionieren. Das ist, wenn ich es richtig verstanden habe, Dein berechtigter zweiter Kritikpunkt.

Der QT kann man diesen Vorwurf (gegenstandsloser Dinge) so wenig machen wie den, sich um sinnlose Dinge zu bemühen. Sehr lange hat die Frage nach der Interpretation des Gefundenen in der QT im Vordergrund gestanden. Und ich finde es großartig, daß sich die Menschen nicht nur mit dem Mittelmäßigen, sondern auch mit dem Extremen, überhaupt nur durch aufwendige Mikroskope und Fernrohre Beobachtbaren beschäftigen, und, soweit sie es sich leisten können, Wissenschaft als Selbstzweck betreiben. Viel problematischer sind die ungeheuer kostspieligen Aufwendungen, die einen fragwürdigen Nutzen bringen, dabei kaum einem Allgemeininteresse dienen.

Übrigens. Wenn Du die QT so, wie Du es tust, verwirfst, dann mußt Du auch die RT verwerfen. Was ist naiv gegenständlich an Etwas, was relativ ist? Die naive Gegenständlichkeit ist das Gegenteil von relativ, sie ist die eine Seite der aristotelischen Dualität, Sein oder Nichtsein.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wolfgang,

Du hast meinen Punkt noch nicht ganz verstanden. Ich habe nichts gegen Gegenstandslosigkeit (Felder, Elektronen, Kraft- oder Masszentren…), sofern sie den hypothetischen Entitäten in semantischen Theorie-Phänomen Paaren (TPP) entsprechen. Im Gegenteil, sie sind notwendig als das Andere der Phänomene.

Mein Problem beginnt mit dem a-semantischen Modell, mit Messdaten rein – Ergebnisdaten raus…und dann? Es ist ja richtig, daß Daten objektiv sind, aber nur weil sie an sich (außerhalb eines TPPs) bedeutungslos sind. D.h., daß sie im besten Fall mit Phänomenen in Beziehung gebracht werden können, ihnen also eine Bedeutung angeheftet wird. Das numerische! Maß dieser Beziehung ist die Korrelation. Aber die Korrelationswelt ist sehr klein, zwischen -1 und 1. In dieser kleinen Welt tummeln sich ALLE Korrelationen ALLER Prozesse dieser Welt. Wenn man dann noch ansetzt, daß Prozesse in historischer Zeit prinzipiell nicht exakt wiederholbar sind (siehe auch Replikationskrise), wird die Fragwürdigkeit des ‚Modells‘ überdeutlich. Man kann auch nicht behaupten, daß sich das Modell der ‚Wahrheit‘ annähert, weil die Zukunft offen ist. Sie existiert alleinig als Abweichung von der Erwartung.

Völlig ‚gegenstandslos‘ werden Modelle – und das ist der schlechte Fall – wenn ihnen überhaupt keine Phänomene zugeordnet werden können (QM, SRT, ART), weil sie ausschließlich als datenbasierte Gedankenmodelle vorliegen. Diese Modelle können in sich geschlossen (logisch-widerspruchsfrei) sein, weil sie sich ausschließlich auf Daten – also auf NICHTS – beziehen. Wenn die Hubble-Konstante dreimal so hoch wäre wie gemessen, das Universum statisch wäre oder Quarks morgen als Hirngespinst entlarvt würden – one couldn‘t care less… 

Newtons Erfolg bestand im Unterschied zum Ptolemäischen Kosmos(Modell) darin, daß er seine Beobachtungen nicht raum-zeitlich b e s c h r i e b, sondern die (himmlischen UND irdischen) Phänomene einem a priori Prinzip (einer Theorie) unterwarf. 

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
Es wäre für alle einfacher, wenn du einmal konkret Farbe bekennst und nicht nur kritisierst. Hegel schreibt in der Enzyklopädie (§ 381 Zusatz): „Der Geist ist die Wahrheit der Materie, er ist die sich zu sich zurückkehrende Materie.“
Wenn ich das richtig verstehe (was bei Hegel meist äußerst schwierig ist), meint er damit keine platte Esoterik, sondern dass in der Materie bereits eine Ordnung liegt, die sich in ihrer Entfaltung als Geist – im Sinn von Vernunft – zeigt. Für Hegel ist Geist nicht über Materie, sondern Materie, die sich selbst begreift.
Siehst du das ebenso?
Wenn ja, würde ich dir antworten:
Hegel konstruiert eine Notwendigkeit dort, wo ich Kontingenz sehe. Die Symmetriebrüche, von der kosmologischen Inflation über die Entstehung der Materie bis hin zur biologischen Evolution, sind für mich kontingente Ereignisse ohne teleologische Garantie. Es hätte auch ganz anders kommen können, oder gar nicht.
Hegels „List der Vernunft“ wird zur metaphysischen Krücke: Er muss postulieren, dass schon im „logischen Raum“ vor aller Natur die Struktur angelegt ist, die sich dann „notwendig“ entfaltet. Das ist zirkulär – er liest das Ergebnis (unsere Vernunft) in den Anfang hinein und erklärt dann den Weg dorthin für notwendig.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wolfgang,

Hegel erkennt das Kant’sche Ding-an-sich nicht an, damit fällt die Materie zurück ins Subjektive. Was er meines Erachtens meint ist, daß die Ordnung unseres Erkenntnissystems nicht als solche erkennbar ist, sondern sich nur in der Ordnung der ‚Welt‘ (z.B. der Materie) zeigt.

Heinz

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Heinz, du erklärst sehr ausführlich, wie du Hegel verstehst. Aber was ist deine Position? Stimmst du Hegel zu, dass Materie letztlich ins Subjektive zurückfällt? Oder siehst du es anders?

Es wäre hilfreich, wenn du nicht nur interpretierst, sondern auch klar sagst, wo du selbst stehst.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wolfgang,

ich hatte meinen Standpunkt diesbezüglich schon dargelegt: Die Sprache ist nicht alles, aber ohne Sprache ist alles nichts. Jedes Wort mehr, wäre eins zu viel.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Logik und Mathematik sind denknotwendig, müssen a priori gelten. Die Welt – vor der Emergenz von Geist, Denken, Bewußtsein – ist kontingent. Aber das Verstehen der Welt ist nur auf der Grundlage von L + M möglich, so sehr die Welt kontingent sein mag, das Verstehen der Welt ist es nicht.

Ich will Heinz nicht widersprechen, aber ich blicke anders auf Hegels Verhältnis zu Kant: er hat dessen Ding-an-sich in gewisser Weise anerkannt, aber eine andere Konsequenz daraus gezogen. „Die Furcht zu irren ist schon der Irrtum selbst“ ist eine Kantkritik, die sich auf die Nutzlosigkeit der Erkenntnis von der Unerkennbarkeit des Dings-an-sich bezieht. Es gibt keine höhere Instanz zur Bewertung des Denkens als das Denken selbst. Wahrheit und Irrtum stehen immer in Relation zum Denken. Man muß über diesen Gedanken nicht zum absoluten Idealismus kommen, man kann sich mit einer Relativitätstheorie des Denkens begnügen. Das leuchtet mir mehr ein.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Wenn Du es so sagst, sehe ich kaum noch Unterschiede zu meiner Position: Es gibt eine unterstellte gegenständliche Welt, die sich als phänomenale Welt zeigt, und die ich in Gedankenmodellen abzubilden versuche. Bei mir ist das eine erweiterte Trias von Realwelt-Phänomenalwelt-Gedankenwelt. Die Phänomenalwelt ist die Totalität der erfahrbaren Wirkungen, also der Teil der Realwelt, der wahrnehmbar ist, für den größten Teil der Wirkungen muß ich ein ursächliches Sein annehmen, das für sie verantwortlich, aber nicht unmittelbar zugänglich ist*. Die Gedankenwelt ist die Vorstellungswelt, das Bild, das wir uns von Realität und Phänomenologie machen, es ist einmal die vollkommene Abstraktion des Sinnlichen in Sprachliches, wobei das Sprachliche eine semantische Dimension behält, denn im Bild der Welt darf der sinnliche Gegenstand als Bezugspunkt nicht verlorengehen. Das heißt aber umgekehrt, daß im sprachlichen Ausdruck die Bedeutung interpretiert werden muß, egal, ob die syntaktische Gestalt eine qualitative oder quantitative Bestimmung enthält. Schon das sprachliche Denken der Phänomene ist eine erste Interpretation.

Das Denken der Welt hat einen Inhalt, es setzt Erfahrungswissen, ein a posteriori voraus, die Realität (substantiell oder phänomenal). Wenn man von dieser Inhaltlichkeit abstrahiert, kommt man zum reinen, von allem, nicht nur von der Sinnlichkeit, sondern von jedem bestimmten Inhalt abstrahierenden, formalen Denken. Das hat keine a posteriori-Voraussetzung, muß a priori begründet sein (sofern es wahrhaftig sein will). Es gibt die zwei Formalwissenschaften, die Mathematik als die universelle Strukturwissenschaft, die den Möglichkeitsraum konsistent denkbarer Strukturen erforscht, und die Logik als die Wissenschaft vom konsistenten Schließen. Diese Grundlagendisziplinen sind die Grundlage des sinnvoll objektiv Denkbaren und damit aller Wissenschaft. Die theoretische Realwissenschaft entwickelt auf der Grundlage der Formalwissenschaften Strukturmodelle, die sich im Rahmen empirischer Überprüfbarkeit mit mehr oder weniger idealisierten (vereinfachten) Wirklichkeitsausschnitten identifizieren lassen.
Nun ist Denken nicht bloß Denken einer objektiven Welt, sondern auch Denken des Denkens, reflexives Denken, und kreatives/autonomes Denken, das nicht durch Erfahrungswissen beschränkt ist, auch nicht durch formale Konsistenz. Auch das ist selbstverständlich Gegenstand wissenschaftlichen Denkens. Schließlich als Totale alles Versprachlichten ist unsere natürliche Sprache ein wilder Mix aus allen diesen abgegrenzten Sprachformen, und muß es auch sein.

Entspricht das Deiner Unterscheidung von semantischer hypothetischer Entität und abstrakt syntaktischem Theorieobjekt? Wenn Du sagst „daß Daten objektiv sind, aber nur weil sie an sich (außerhalb eines TPPs) bedeutungslos sind. D.h., daß sie im besten Fall mit Phänomenen in Beziehung gebracht werden können, ihnen also eine Bedeutung angeheftet wird“, meinst Du damit, daß die Daten interpretiert werden müssen? Dem würde ich zustimmen, verstehe aber nicht Dein Argument von der Replikationskrise. Denn Physik ist eine Naturwissenschaft (betrachtet die Welt unter der Form des Objekts), sie beschäftigt sich grundsätzlich nur mit Naturgesetzmäßigkeiten, die in Experimenten geprüft werden können. Die Experimente müssen also reproduzierbar sein, auch in dem Fall von bloß statistischen Werten. Da heißt empirische Bestätigung, daß die Versuche durch Wiederholung auf theoretisch bestimmte Werte konvergieren. Wenn ich dreimal würfele, erhalte ich schon prinzipiell keinen vernünftigen Wert für die Wahrscheinlichkeit 6 mal1/6 für die Wurfwahrscheinlichkeit, aber mit wachsender Würfelzahl konvergiert das Ergebnis. Und wenn es nicht konvergiert, schließe ich auf besondere objektive Bedingungen, die den statistischen Wert verfälschen, aber in korrekter theoretischer Modellierung selbst exakt beschreibbar sind (es findet eine Konvergenz auf „falsche“, theoretisch noch unbegriffene Zusammenhänge statt). Und dann gibt es wohl noch einen Bereich, der von der Theorie durch einen objektiven Zufall beschrieben werden muß. Es gibt keinen Grund dafür, daß alles einen hinreichenden Grund hat.
Aber fast alles.

Statt zu sagen „Newtons Erfolg bestand im Unterschied zum Ptolemäischen Kosmos(Modell) darin, daß er seine Beobachtungen nicht raum-zeitlich b e s c h r i e b, sondern die (himmlischen UND irdischen) Phänomene einem a priori Prinzip (einer Theorie) unterwarf“ würde ich es so formulieren: „Newtons Erfolg bestand im Unterschied zum Ptolemäischen Kosmos(Modell) darin, daß er seine Beobachtungen nicht raum-zeitlich b e s c h r i e b, sondern die (himmlischen UND irdischen) Phänomene in einen Zusammenhang setzte, ein(e) mathematisch-theoretische(s) Ordnung(smodell) fand, die/das nicht nur alle vorkommenden, sondern alle möglichen Beobachtungsreihen beschreibt.“

* Das Erkennen eines Phänomens ist das Erkennen, besser das Identifizieren eines Sachverhalts, ist Ordnung, und wenn sie sprachlich ausgedrückt wird, strukturelle Bestimmung; ich würde es die extensionale Bestimmtheit des Seins nennen. Es kann sein, daß es nichts darüberhinaus zu erkennen gibt, dann ist das Phänomen vollständig als Sein bestimmt. Es kann aber tiefere Zusammenhänge geben, die sich nicht am Phänomen zeigen, dann muß ich ein intensionales Sein annehmen, ein Wesen hinter der Erscheinung, dann ist das Phänomen nur die extensionale Oberfläche, dann gibt es eine zu verstehende tiefere Bedeutung, wir erkennen ein Sein, das sich im Zusammenhang von Phänomenen zeigt. So ist die Bewegung von Planeten phänomenal zu erfassen, das hat das ptolemäische Denken sehr gut getan. Mit der kopernikanischen Wende ist man aber einem Zusammenhang aller Planetenbewegungen auf die Spur gekommen und hat sie auf ein nicht unmittelbar beobachtbares wesentliches Sein zurückgeführt, auf die Gravitation von Masseobjekten Gravitationspartikeln oder ein Gravitationsfeld. Das ist das tiefere Verständnis, das wir seitdem haben, das Verständnis einer Ordnung, die wir über die phänomenale Ordnung hinaus haben.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wolfgang,

wir sollten versuchen die (massiven) Unterschiede unserer erkenntnistheoretischen Ansichten herauszuarbeiten, anstatt, wie Du es machst, zunächst einen Konsens-Strohmann aufzubauen, den Du dann im weiteren Verlauf Deiner Kommentare anzündest.

Heinz

P.S. Ich nehme an, daß Dir klar ist, daß sich das ‚tiefere Wissen‘ der Strukturen der Materie und des Universums zur Zeit im freien Fall befindet.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich bin sehr dafür, unsere Differenzen, Inkompatibilitäten herauszuarbeiten. Ich dachte, ich tue das. Wenn Du meinst, ich baue rhetorisch einen Konsens-Strohmann auf, um ihn dann lustvoll abzufackeln, irrst Du.

Also, wo verstehe ich Dich falsch, und wo siehst Du Fehler in meiner Argumentation?

Zu Deinem PS.
Wenn Du auf die dunkle Seite unseres Wissens anspielst, ich sehe trotzdem weit und breit kein neues physikalisches Paradigma, das unsere bisherigen Ansichten auf den Kopf stellt, uns zwingt, die Physik von Grund auf neu zu denken. Wo werden die Pfeiler unserer mesokosmischen Vorstellungen eingerissen? Und wo siehst Du das bisherige Gerüst einer Verallgemeinerung als endgültig abrißfällig an? Daß wir die physikalische Welt schon in Grundzügen endgültig verstanden haben, daß dieses Grundverständnis nicht mehr revidierbar ist, wird kaum jemand behaupten.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Kleines Gedankenexperiment gefällig?
Stellen wir uns vor, wir schaffen im Labor künstliche Lebensformen. Am Anfang stehen einfache chemische Kreisläufe, eingeschlossen in eine Hülle, offen für Energieflüsse. Mit der Zeit stabilisieren sie sich, bilden einen kausalen Kern, und irgendwann entstehen primitive Sensoren, die Signale aus der Umwelt aufnehmen.
Ab diesem Moment könnten wir sagen: Diese Systeme beginnen „etwas zu erkennen“. Aber was bedeutet das? Sie erkennen nicht im Sinne einer absoluten Wahrheit, sondern indem sie ihre internen Prozesse so anpassen, dass sie überleben. Ein Sensor koppelt sich zentral ein, das System reagiert, stabilisiert sich, wächst weiter. Bewusstsein entstünde durch die Integration sensorischer Einwirkungen und deren rekursiver, autokatalytischer Dynamik. Erkenntnis ist hier schlicht ein anderer Name für gelungene Anpassung.
Mit Bewusstsein würden sie wahrscheinlich glauben, dass ihre Wahrnehmungen und Einsichten etwas Transzendentes offenbaren. Doch von außen betrachtet sehen wir: ihre „Wahrheiten“ sind nichts anderes als die Konstruktionen eines Systems, das gelernt hat, im Fluss von Energie und Materie stabil zu bleiben.
Das gilt auch für uns. Wir halten unsere Einsichten für Abbilder einer unabhängigen Welt. Tatsächlich sind sie wie im Labor erzeugte Leistungen der Anpassung, Ergebnisse eines kausalen Kerns, der Reize integriert und ihnen Kohärenz gibt.
Das große Wort Erkenntnis verliert dadurch seinen metaphysischen Glanz, gewinnt aber eine nüchterne Klarheit: Erkenntnis ist die Form, in der Leben sich auf seine Umwelt einstellt, um bestehen zu können. Nicht mehr, nicht weniger.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Erkennen ist nicht gelungene Anpassung. Es ist unbestritten, daß im Tierreich einschließlich der Menschheit gelungene Anpassung die Hauptrolle spielt, von Erkenntnis bei Tieren allenfalls in Ansätzen gesprochen werden kann, aber auch beim Menschen der Erkenntnis nur eine untergeordnete Rolle zukommt. Von Erkenntnis kann man nur bei einem vorliegenden Bewußtsein sprechen, sie setzt ein inneres Selbst und ein äußeres Anderes voraus, das entwickelte Bewußtsein, Ich, kann sich selbst als äußerliches Objekt von sich als Selbst unterscheiden. Gelungene Anpassung ist weitgehend ohne Bewußtsein (auch beim Menschen) möglich. Manchmal erweist sich das Bewußtsein sogar als hinderlich beim Optimieren der Anpassung. Ich möchte hier gar nicht die Dystopie einer/eines perfekt angepaßten Gesellschaft/Individuums ins Spiel bringen.

Wer Bewußtsein mit gelungener Anpassung gleichsetzt, hat das Bewußtsein, die wesentliche Funktion von Bewußtsein nicht verstanden. Gelungene Anpassung ist die Stabilisierung von Aktions- und Reaktionsweisen, die lebensfunktional erfolgreich sind. Die müssen erlernt, eintrainiert, aber nicht verstanden werden. Man könnte nun definieren, Erkenntnis sei dieses Erlernen erfolgreicher (Re-)Aktionsweisen. Dann unterschlägt man aber genau das, was Erkenntnis mehr ist als Stabilisierung von Erfolg, was eine erfolgreiche Anpassung über das erkennende Bewußtsein ist, die über das hinausgeht, was durch bewußtlose Anpassung erreichbar ist. Dann kann man sich nicht mehr erklären, wieso es zu Sprache, Logik und Mathematik, zur Philosophie, zum autonomen, forschenden Denken kommt. Noch den Selbstzweck des Spielens kann man bewußtseinsunabhängig erklären. Nicht aber das Erkennen als Selbstzweck.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Dein Einwand zeigt, dass du gar nicht verstanden hast, worum es mir geht. Jeder unvoreingenommene Leser erkennt sofort, dass ich hier nicht von einem psychologischen, sondern von einem ontologischen Bewusstseinsbegriff spreche. Wenn du das verwechselst, dann stellst du meine Argumentation auf ein falsches Gleis.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ob ich Dich richtig verstehe, ist eine offene Frage. Aber hier geht es nicht um den psychologischen Begriff von Bewußtsein, ich rede in der Regel aus der philosophischen Perspektive, und ich unterstelle Dir keinesfalls die psychologische. Was ich bei Dir befürchte, ist ein materialistisch verkürztes Verständnis des Bewußtseins, das auf einen funktionalen Mechanismus reduziert wird. Das paßt freilich zu einer rein physiologischen Sichtweise. Daß auch diese ihre Berechtigung hat, bestreite ich nicht. Aber sie pars pro toto zu nehmen, verdampft den Gegenstand.

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

Nur ein Kommentar am Rande bezüglich „Selbstzweck des Spielens„.

Wieso sollte Spielen eigentlich einen Selbstzweck haben oder umgekehrt gefragt: wieso sollte Spielen nicht eine proximate Realisierung eines Verhaltens sein dass ultimativ adaptive Vorteile bietet? (Im Sinne von proximate versus ultimate causes nach Tinbergen.)

Schätzungen zufolge nutzen verschiedene Spezies 5-20% ihrer Energie zum Spielen, d.h. Energie die nicht in den Metabolismus noch in Wachstum gesteckt werden kann. Selbst der untere Wert von 5% wäre ein großer Teil sinnlos verschwendeter Energie wenn Spielen keinen Zweck für etwas hätte.

Dazu kommt, dass nicht nur Energie verbraucht wird, sondern, dass sich manche Tiere beim Spielen verletzen können. Ferner sinkt beim spielen die Aufmerksamkeit auf mögliche Feinde in der Umwelt. Das sind nur beispielhaft ein paar der vielen Kosten die Spielen mit sich bringt.

Die Tatsache, dass Spielen in vielen Spezies TROTZDEM weit verbreitet ist, muss also wahrscheinlich darin liegen, dass Spielen einen so starken adaptiven Vorteil hat, als dass dieser Vorteil die zahlreichen Nachteile aufwiegt (das ist übrigens bei den allermeisten Adapationen so – auch die meisten Mutationen mit signifikanten adaptiven Vorteilen weisen gleichzeitig viele adapative Nachteile auf).

Verschiedene Überlegungen gehen heute davon aus, dass Spielen letztendlich beispielsweise Trainingseffekte bietet die nacher in „wirklichen“ oder gefährlichen Situationen angewendet werden können.

Wenn man z.B. vielen Tieren umgekehrt die Möglichkeit zum Spielen verwehrt, dann zeigen sich nach einziger Zeit mehrere negative Konsequenzen; aber das führt langsam zu weit für einen Blogbeitrag und im Zusammenhang mit dem Thema hier. Inwiefern dafür überhaupt Bewusstsein notwendig ist, speziell bei viel einfacheren Lebensformen, ist auch fraglich.

Den Zweck des Spielens kann man daher bewusstseinsunabhängig (wobei der Begriff Bewusstsein hier in einem psychologischen Sinne verstanden wird) erklären: denn das Lebewesen muss sich in seinem Bewusstsein NICHT klar oder „bewusst“ darüber sein WARUM es etwas tut. Das trifft auch auf uns Menschen in endlos vielen Aspekten zu. Ein Lebewesen muss allgemein nicht bewusst verstehen warum es Verhalten A oder B aufzeigt und warum Verhalten A und B adapativ sind; es muss nur so „konstruiert“ sein als dass es diese Verhaltensweisen aufzeigt. Man kann rein über Introspektion nicht zwangsweise schließen oder schlussfolgern, dass bestimmte Verhaltensweisen keinen Zweck (außer sich selbst) hätten.

Dann noch ein Kommentar:
Du schreibst: „Gelungene Anpassung ist die Stabilisierung von Aktions- und Reaktionsweisen, die lebensfunktional erfolgreich sind. Die müssen erlernt, eintrainiert, aber nicht verstanden werden.“

Adapation („Anpassung“) im Sinne der Biologie bzw. Evolution kann nur durch vererbte traits/Merkmale erfolgen, nicht durch Lernen (epigenitische Effekt außen vor, aber auch die halten meist nur wenige Generationen).

Wenn ein Lebewesen eine Verhaltensweise rein bedingt durch Lernen erworben hat, dann kann es diese nicht direkt an seine Nachkommen weitergeben. Die natürliche Selektion kann dann darauf nicht einwirken und Adaptation kann daher nicht entstehen. Adapation durch natürliche Selektion erfordert immer, dass ein Merkmal eine genetische Komponente hat.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Stimmt, ich hatte mich falsch ausgedrückt, ich sagte „Die müssen erlernt, eintrainiert, aber nicht verstanden werden“, gemeint war beides: individuell erlernt (was kulturell weitergegeben werden kann) und vor allem evolutiv erworben, also genetisch programmiert sein. Wobei das „evolutive Lernen“ die weitaus stabilere, das kulturelle nur eine überlagernde Feinsteuerung bewirkt, deren Bedeutung allerdings zunimmt und die den Anpassungsprozeß wesentlich beschleunigt. Aber „das Lebewesen muss sich in seinem Bewusstsein NICHT klar oder „bewusst“ darüber sein WARUM es etwas tut“ habe ich klarer formuliert, in diesem Satz steckt eine Inkonsistenz des Bewußtseinsbegriffs, die ich aufzulösen pflege durch die Unterscheidung von Bewußtheit (Präsenzbewußtsein) und Bewußtsein (Verstehbewußtsein, reflexives Bewußtsein).
Daß die Selbststeuerung kein Bewußtsein benötigt, daß Bewußtsein sogar hinderlich sein kann, ist meine Rede.
Und Spielen begreife ich genauso, daß es der genetischen Lust/Unlust-Steuerung folgt, also für-sich nicht funktional und insofern Selbstzweck ist, aber seinen Grund in der Biofunktionalität hat und sich daher evolutiv entwickeln mußte. Auch beim Bewußtsein/Denken sehe ich selbstverständlich den funktionalen Hintergrund, es gibt die funktionale Organlust zu denken. Aber diese zwei Ebenen der Funktionalität und des Selbstzwecks sind noch viel radikaler getrennt.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Endemann, du kommst mir vor wie die Bundesregierung, du stellst die falschen Fragen und anstatt Probleme zu lösen, erfindest du neue. Ich dachte, es wäre für jeden offensichtlich, was ich mit diesem Gedankenexperiment versucht habe darzustellen: dass wir nämlich aus reiner Chemie hervorgegangen sind, die irgendwann zu Biologie wurde und unter hinzufügen von Nervensystemen das hervorgebracht hat, was wir Bewusstsein nennen und zwar im ontologischen Sinn und dass da nichts Transzendentes ist und jeglicher transzendente  Objektivismus völlig fehl am Platze ist. Stattdessen prokelst du an irgendwelchen Nebensächlichkeiten herum. Und nur, weil ich mein theoretisches Modell empirisch untermauere, sprichst du ständig von Positivismus. Entweder weißt du nicht, was Positivismus ist, oder du verstehst mein Modell nicht. Insgesamt ist es also sehr unerquicklich, mit dir zu diskutieren. Und da sich kaum jemand anders hier beteiligt, steige ich an dieser Stelle aus.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ich habe mir überlegt, ob ich auf diesen unfreundlichen Kommentar (dann unvermeidlich ebenfalls unfreundlich) antworten oder auch meinerseits das Gespräch in Sprachlosigkeit enden lassen sollte. Ich will eine möglichst neutrale, für unvoreingenommene Leser nachvollziehbare Replik liefern.

1. Hier geht es um Quantenphysik. Für die meisten (Physiker wie Laien) stellt die QT – ich meine zu recht, notwendigerweise – ein Verständnisproblem dar, d.h. ein Problem des Denkens, Bewußtseins, der Interpretierbarkeit, von was man und wie man darüber redet. Das ist kein Manko, sondern ein Triumph des Denkens, dies überhaupt in den Blick zu bekommen. Allerdings, wenn man genauer hinschaut, stellen sich die Fragen auch bei anderen Theorien, wir haben, wenn wir unsere wissenschaftliche Arbeit reflektieren, schon immer ein erkenntnistheoretisches Problem.

2. Die Stegemann-Antwort auf den erkenntnistheoretischen Dialog von Heinz und mir war ein Gedankenexperiment, demzufolge „Erkenntnis ist hier schlicht ein anderer Name für gelungene Anpassung„. Und „Erkenntnis ist die Form, in der Leben sich auf seine Umwelt einstellt, um bestehen zu können. Nicht mehr, nicht weniger.“
Damit wird Bewußtsein zu einem Epiphänomen, einem Hilfsmittel zur Anpassung, das keine von seiner Funktion unabhängige Qualität hat, bzw wo eine solche Eigenheit dysfunktional wäre. Dann kann man sagen, alles ist Chemie, da gibt es kein transzendentes Übersteigen. Richtig daran ist nur, daß man keine metaphysische Transzendentalität annehmen muß, und daß das heute kaum noch getan wird. Aber man verliert den Begriff des Bewußtseins, wenn man es nicht als ein das unmittelbare Sein transzendierendes Sein, ein sprachliches Sein, begreift, die Zweidimensionalität von Sein und Bedeutung. Dann ist „jeglicher transzendente Objektivismus völlig fehl am Platze“.

3. Es bleibt festzustellen, diese Perspektive ist selbst inkonsistent. Was hier als wahre Sicht auf die Welt ausgegeben wird, ist der Selbstauskunft zufolge nur ein Anpassungsmechanismus, den zu beurteilen jeglicher Bezugspunkt fehlt. Der Begriff der Wahrheit, der impliziert, daß man richtiges und falsches Denken unterscheiden kann, ist aufgelöst in blinde Versuche, Anpassung zu steigern, Anpassungsfehler zu vermeiden, also schnellstmöglich auf die Versuchsergebnisse zu reagieren.

Aus der reichen Menschenwelt wird ein Illusionstheater. In dieser Perspektive versteht man nicht, was Denken ist, warum wir mathematische Systeme konstruieren oder Symphonien komponieren, oder eine Quantentheorie aufstellen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wolfgang,

zum ersten Punkt folgende Klarstellung: es geht hier nicht um die „Quanten“- oder KernPHYSIK als statistisch-empirisch effektive Theorie der Materie (Atombombe, Kernkraft, Fusionsreaktor, verschiedene Messverfahren), sondern um die Quantenmechanik (QM) und ihre projektierten Anwendungen (QT). Die QM war das erste axiomatisch, d.h. formal-logisch aufgebaute MODELL der Physik. Sie ist ein in sich geschlossenes, phänomenloses Gedankengebäude, das keine Vorstellung (Begrifflichkeit) von dem hat was sie mißt, weil sie orthogonale Begriffe (Teilchen* und Welle**) aufeinander reduziert und dabei notwendig ihren Gegenstand verliert. Nachdem sie keinen Begriff dessen hat, was sie beobachtet, kann sie ‚es‘ auch nicht gezielt manipulieren, es sei denn in den klassischen Zuständen ‚Teilchen‘ bzw. ‚Welle‘. Erst diese Begriffslosigkeit führt zu literarische Phantasmen wie etwa der Verschränkung.

Aus dieser Not der Gegenstandslosigkeit ist der Strukturenrealismus entstanden, d.h. die Vorstellung, daß sich ‚Dinge‘ erst über ihre Relationen bestimmen, sofern es überhaupt ‚Dinge‘ gibt. Weiterentwickelt wurde diese Vorstellung nicht zuletzt durch die Computertechnologie, in der erst die Software (Relationen zwischen Variablen) die Hardware zu dem macht, was wir von ihr WOLLEN. Philosophisch geht der Strukturenrealismus auf den Sophismus (z.B. „panta rhei“), den Existenzialismus und die Kunstform des Expressionismus zurück. Gesellschaftliche Ikone des Strukturenrealismus ist der Punk (Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt). 

Im Gegensatz zu Dir und anderen halte ich diese Entwicklung für den größten Rückschritt in der überschaubaren Menschheits- bzw. Sprachentwicklung. Wenn Einhörnern (Markus Gabriel) der gleiche Realitätsstatus zugesprochen wird wie den Pyramiden und zudem die Vernunfteinheit der ‚Welt‘ geleugnet wird, hat das „Gerede“ die „Rede“ (Heidegger) längst zum Schweigen gebracht.

*Newton, **Maxwell

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

ich glaube, Deinen Standpunkt zu verstehen, teile ihn aber nicht. Dazu im Einzelnen:

„Die QM war das erste axiomatisch, d.h. formal-logisch aufgebaute MODELL der Physik.“
Wieso meinst Du, daß die QM das erste axiomatisch aufgebaute Modell der Physik war? War nicht die klassische Mechanik, die Newtonsche Physik mit dem Hamiltonschen und Lagrangeschen Gleichungssystem, den Vektorräumen, der Differential- und Integralrechnung, also der klassischen Kontinuumsmathematik das erste axiomatisierte Modell der Physik? Das man im folgenden nicht verworfen, sondern als einen Sonderfall in ein allgemeineres Modell integriert hat (bzw zu integrieren versucht, die toe)?

„Sie ist ein in sich geschlossenes, phänomenloses Gedankengebäude, das keine Vorstellung (Begrifflichkeit) von dem hat was sie mißt, weil sie orthogonale Begriffe (Teilchen* und Welle**) aufeinander reduziert und dabei notwendig ihren Gegenstand verliert.“
Das sehe ich nicht. Das Modell soll möglichst ein geschlossenes Gedankengebäude sein, solange das noch nicht gegeben ist, ist die theoretische Modellierung unvollständig, unvollkommen, optimierbar. Die modernere Sicht ist, daß die alte Vorstellung von Objekten, die eindeutig (klassische) Gegenstände oder (wie Du sagst: orthogonal dazu) Wellen, Felder sind, keine angemessene Konzeptualisierung eines physikalischen Gegenstandsbegriffs sind, denn die meisten/viele physikalische Objekte sind beides zugleich, sie haben Gegenstands- und Welleneigenschaften zugleich, sie haben oft auch komplementäre Eigenschaften, die nicht zugleich, aber einzeln meßbar sind. Wir müssen hier beachten, daß wir zwei unterschiedliche Gegenstandsbegriffe benutzen, einen spezifizierten und einen formal allgemeinen. Wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du, man muß den spezifizierten benutzen. Damit erklärst Du diesen (naiven) Begriff zu einem synthetischen Apriori, warum? Es gibt keinen Grund dafür, daß die kontingente Welt sich in solcher Gegenständlichkeit realisieren muß. Die Physik muß als Erfahrungswissenschaft davon ausgehen, was sie meint, als physikalische
Gegenständlichkeit objektivieren zu können. Licht ist kein klassischer Gegenstand, Licht ist ein Objekt, das sich nur im Doppelcharakter als Teilchen und Welle erfassen läßt. Mesoskopische Festkörper lassen sich dagegen sehr gut als klassische Gegenstände erfassen. Die Physik, also die physikalische Theorie muß beide modellieren, in dieser Hinsicht ist das Verhältnis Realobjekt/mathematisches Modell bei beidem das gleiche.

„Erst diese Begriffslosigkeit führt zu literarische Phantasmen wie etwa der Verschränkung.“
Wie gesagt, daß man Deine Vorstellung von Gegenstand ablehnt, bedeutet keineswegs, daß man keine Begrifflichkeit hat, man hat nur andere Begriffe. Der Begriff der Verschränkung etwa besagt, daß man aus einem ganzheitlichen System nicht dabei sich selbst gleichbleibende Teile herausnehmen oder hinzufügen kann. Als selbständige Teile sind sie etwas anderes als in dem verschränkten Zustand, in dem sie nicht mehr als Einzelteile zu identifizieren sind. Es mag sein, daß nirgendwo in der Realität Verschränkung in dieser Form vorliegt, aber der Begriff ist wohldefiniert. „Aus dieser“ Tatsache „der Gegenstandslosigkeit (im engeren Sinne, W.E.) ist der Strukturenrealismus entstanden, d.h. die Vorstellung, daß sich“ manche „‚Dinge‘ erst über ihre Relationen bestimmen, sofern es überhaupt“ solche „‚Dinge‘ gibt.“ Entschuldige, daß ich Deinen Satz umgeschrieben habe, aber so kann ich zustimmen.

„Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“ – das wird kein naturwissenschftlicher Strukturenrealist sagen, ihm ist eine kontingente, nicht von seinem Können und Wollen abhängige Welt vorgegeben, die er mit Strukturmodellen einigermaßen zu begreifen versteht/versucht. Es gibt natürlich Kreative, Künstler, die Welt nach ihrer Fantasie erschaffen, eine Kunstwelt; und es gibt die Mathematiker, die im Möglichkeitsraum sinnvoller, also konsistenter Strukturen ebensolche finden oder erfinden.

„Wenn Einhörnern (Markus Gabriel) der gleiche Realitätsstatus zugesprochen wird wie den Pyramiden und zudem die Vernunfteinheit der ‚Welt‘ geleugnet wird“
Ich, und ich hoffe auch jeder Strukturenrealist, tut das nicht. Naja, das Nashorn ist ein Einhorn, es gibt aber keine Belege dafür, daß es jemals eine Art gegeben hat, die den Erzählungen und Illustrationen von Einhörnern entsprochen hat, das ist ein reines Fantasieobjekt. Allerdings würde ich nicht von „Vernunfteinheit der Welt“ reden. Da würde ich dasselbe sagen wie zu dem Wahrheitsbegriff: beides sind Eigenschaften, die wir dem Denken (der Welt), nicht der Welt zuschreiben. Die Welt ist weder wahr, noch ist sie vernünftig, sie begnügt sich damit, zu sein. Es ist eine Vermenschlichung, wenn man der Welt diese Eigenschaften andichtet. Was man sagen kann, ist: die Welt ist intelligibel, weil sie Konstanz (auch Konstanz in der Dynamik) und Struktur aufweist. Das müßte nicht sein, dann wäre sie aber in keinem Detail erkennbar, dann gäbe es nichts zu erkennen.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

PS. Es könnte Einhörner geben, es gibt ja Geweihhörnige. Also sind Einhörner mögliche, aber bislang nicht beobachtete Objekte der Welt. Dagegen sind Zeitreisen unmöglich, eine möglicherweise die Fantasie anregende, raffiniert konstruierte Phantasmagorie. Es gibt die drei Kategorien wirklich, möglich, unmöglich.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Wolfgang,

Frage an einen Evolutionsgläubigen:

welchen evolutionären Vorteil bietet ein Möglichkeitskatalog dem Individuum, wenn diese Möglichkeiten nicht im Kontext eines Ganzen stehen? Ist es nicht das Problem unserer Zeit, daß wir Möglichkeiten ergreifen können (z.B. kommunikative KI), die zugunsten dieser Möglichkeit das gesamte Gefüge unsers Daseins durcheinander wirbeln? Ist der Revolutionär wahrhaft ein Saboteur? Könnte es sein, daß wir uns zu Tode irren?

Heinz

P.S. Versuche bitte mal beim Punkt zu bleiben…

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Gerne bleibe ich beim Punkt.

„welchen evolutionären Vorteil bietet ein Möglichkeitskatalog dem Individuum, wenn diese Möglichkeiten nicht im Kontext eines Ganzen stehen?“
Ich nehme an, Du meinst „eines realen Ganzen“, denn sonst würde ich Deinen Satz nicht verstehen. Strenggenommen ist der Realraum Unterraum des Möglichkeitsraums. Man kann allerdings disjunkt den Realraum von dem Raum der nichtrealisierten Möglichkeiten trennen, dann hat man drei disjunkte Räume.

„Ist es nicht das Problem unserer Zeit, daß wir Möglichkeiten ergreifen können (z.B. kommunikative KI), die zugunsten dieser Möglichkeit das gesamte Gefüge unsers Daseins durcheinander wirbeln?“
Da hast Du absolut recht. Früher war nur die Selbstzerstörung des Natursystems möglich, sie ist à la longue sogar notwendig (Entropie), heute ist der Mensch in der Lage, das Biosystem zu zerstören, wenn, dann wohl aus Versehen, aber selbst ein willentliches Auslöschen ist möglich, es gibt Verrückte, die meinen, wenn sie selbst nicht leben können, solle die ganze Welt untergehen. Zum Glück haben solche Irren kaum Gelegenheit, an die Mittel der Totalzerstörung zu kommen. Wir können hoffen, daß es nie dazu kommt.

„Könnte es sein, daß wir uns zu Tode irren?“
Ja, ist aber unwahrscheinlich, wie oben ausgeführt.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

wie wahr, wie wahr!

Da denken wir das Gleiche: wir beobachten den Schein, und es dient dem Überleben und der Anpassung, aus dem Schein eine nützliche Realität zu konstruieren. Und dann kommen die Realisten und glauben, das was wir da konstruiert haben, sei die wahre Realität. Was für eine dämliche Schlussfolgerung !

Vor allem wenn sie mit dieser Annahme, an an der vom Erkenntnissubjekt konstruierten Realität müsse etwas Wahres dran sein, in die Widersprüche der Quantenphysik laufen – die von ihnen angenommene Wahrheit also plötzlich nicht mehr logisch zu denken ist. Ja, braucht man dann 4 logische Dimensionen?

Es wäre doch viel einfacher, die dämliche Schlussfolgerung, die aus dem Schein konstruierte Realität sei (irgendwie) wahr, ratzeputz einmal fallen zu lassen, und auch nicht mit vier Logiken verstehen zu wollen.

Grüße Bernd.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Was Ihr, Stegemann und Du, einfach nicht versteht, ist, daß Wahrheit eine Kategorie des Denkens, nicht des Seins ist. Wissenschaft produziert Denkmodelle der Welt, die können mehr oder weniger angemessen sein. Sie zielt auf Angemessenheit, weil wir nur so vernünftig auf/in Welt reagieren können.
Wenn Realisten glaubten „das was wir da konstruiert haben, sei die wahre Realität“, wären sie keine Realisten, sondern Konstruktivisten. Realisten sind Konstruktivisten, indem sie Modelle konstruieren, aber sie sind keine Konstruktivisten, indem sie die Modelle für Realität halten. Insofern sind sie Kantianer, ihre Modelle erfassen nicht die Dinge-an-sich. Aber sie sind auch keine Subjektivisten und Utilitaristen, für die es keinen Stachel einer kontingenten Wirklichkeit gibt. Sie sind Teil einer Subjekt-Objekt-Dialektik.

Übrigens, zu Deiner früheren naiven Frage an mich: was ist ein Modell? Ein Modell ist eine mathematische Konstruktion, die formal konsistent ist und daher Wirklichkeit strukturell abbilden kann und gegebenenfalls eine Interpretation von Zusammenhängen von Erscheinungen liefert. Solange keine widersprechenden Tatsachen gefunden werden, darf man von einer angemessenen Interpretation reden.

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,

du widersprichst dir selbst ohne es zu merken oder zu verstehen.

Du sprichst davon, dass wir einen „Schein“ beobachten. Gleichzeitig sprichst du von Anpassung und dann wieder von „nützlicher Realität“. Das ist so jedenfalls nicht die Form der Adaption und Anpassung von der die Biologie spricht. Es gibt zwar sowas wie nützliche Fiktionen, die stellen aber nicht die Regel dar.

Wenn der Affe von Baum zu Baum schwingt, dann muss er die Welt nicht konstruieren, sondern ausreichend r e a l i s t i s c h REkonstruieren (rekonstruieren, nicht konstruieren). Ansonsten würde er runterfallen und sterben; seine Gene würde er dann nicht mehr weitergeben.

Deshalb entspricht unsere Wahrnehmung und unser Denken zumindest in den Zonen unserer Alltagswelt ausreichend gut der realen Welt – also dem was da „draußen“ wirklich ist.

An diesen Mesokosmos (so nennt es Gerhard Vollmer) ist unsere Wahrnehmung und unser Denken adaptiert; Norbert Bischof nennt es den Orthokosmos.

Im Bereich der Quantenphysik verlassen wir unsere Alltagswelt; hier gelangen wir in Bereiche die Vollmer den Mikrokosmos nennt (Norbert Bischof fasst den Mikro- und Makrokosmos von Vollmer als Metakosmos zusammen).

Hier ist es nun so, dass unsere Wahrnehmungs- und Denkschablonen mitunter hinderlich sein können; auf sie kann man hier nicht mehr zwangsweise vertrauen.

Vor allem wenn sie mit dieser Annahme, an an der vom Erkenntnissubjekt konstruierten Realität müsse etwas Wahres dran sein, …“

Hier schreibst du mal wieder wie radikale Konstruktivisten von vor 40-70 Jahren (Glasersfeld, von Foerster, etc.). Die meinten auch, dass die Biologen und kritischen Realisten schwere erkenntnistheoretische Fehler begehen würden. Man sprach dann von viabler statt veridikaler Wahrnehmung etc.

Mit viabler Wahrnehmung (und Denken sowie Verhaltensweisen) meinten die Konstruktivisten im Endeffekt das gleiche was du „nützliche Realität“ nennst – es sei halt nur irgendwie nützlich, hätte letztendlich aber nichts mit der wahren Welt da draußen zutun. Norbert Bischof nannte das mal eine Fastfood Philosophie von erkenntnistheoretischen Dilettanten.

Du denkst zu sehr schwarz-weiß: entweder der Realismus ist richtig oder er sei falsch. Er ist approximativ richtig im Bezug auf unsere Alltagswelt; also an die Umwelt an die wir adaptiert sind. Unsere kognitiven Mechanismen verlieren aber zunehmend Boden wenn wir uns von diesem Mesokosmos/Orthokosmos entfernen; dann tragen sie nicht mehr.

Es wäre doch viel einfacher, die dämliche Schlussfolgerung, die aus dem Schein konstruierte Realität sei (irgendwie) wahr“

Die Annahme, dass es sich um einen Schein handle, ist aus meine Sicht eben schon nicht zwingend und immer zutreffend. Erst setzt du naiv voraus, dass unser Nervensystem nur eine Scheinwelt kreiert die wir dann erleben; und setzt du noch oben einen drauf; nämlich dass wir aus dieser Scheinwelt dann noch weitere mehr oder weniger reine Konstruktionen bauen.

Alles beim alten – du argumentierst wieder wie ein lupenreiner radikaler Konstruktivist…

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Hier kann ich einmal uneingeschränkt zustimmen, eine Haltung, die einseitig auf Realismus oder Konstruktivismus reduziert, ist völlig haltlos.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Hallo Philip,

was willst Du nun den sagen? Willst Du mich wieder in eine Schablone stecken? Warum?

Was kannst Du denn zu dem Problem beitragen, das ich als Physiker an die Philosophie herantrage, das da lautet: ich beobachte Erscheinungen, deren Zustandekommen ich nicht beschreiben kann.

Tja, die Welt im ganz Kleinen ist eben anders, eben unverständlich, läßt sich nicht verstehen. Warum geben wir dann für ihr Verstehen Geld aus – Milliarden !

Auch im Gehirn geht alles im ganz Kleinen ab. Kann man nicht verstehen. Die Welt da ist eben anders, entzieht sich den Strukturen Deines Denkens, das ja, wie Du meinst, genetisch auf Makro getrimmt ist. Also lass es, auch was Du da im Labor und am PC machst, wird nie verstanden werden.

Grüße Bernd

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,

so eine Antwort habe ich fast erwartet; sie folgt dem Stil deiner vorherigen Antworten auf meine Beiträge. Wieso schaffst du es nie, konkret auf das was ich schreibe einzugehen? Du weichst immer aus.

Zu deinem Problem und deiner Frage: du gehst in einem analytisch-logischen Stil der Philosophie an physikalische Probleme ran. So wirst du nicht weiter kommen; du verschwendest aus meiner Sicht deine Zeit. Wenn du Probleme in der Physik lösen möchtest, dann musst du als Physiker aktiv werden und forschen. Du forschst aber nicht. Du denkst über die Probleme nur philosophisch nach und denkst dir rein konzeptuelle Ansätze oder Lösungen aus.

Philipp

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,
ja, da sind wir uns völlig einig: Wir konstruieren aus unseren Wahrnehmungen und Erfahrungen eine Realität, die uns hilft zu überleben und handlungsfähig zu bleiben. Der Irrtum beginnt erst dort, wo wir diese konstruierte Erscheinungswelt für die Realität halten – als gäbe es hinter unserer Erkenntnis noch ein unabhängiges, ontologisches „So-Sein“.

Mir geht es daher nicht darum, diese Erscheinungen „wahr“ zu machen oder mit vier Logiken zu retten, sondern darum zu verstehen, wie sie entstehen. Denn auch Konstruktionen folgen einer inneren Ordnung – und diese Ordnung ist nicht eindimensional. Wir denken und erkennen auf mehreren Ebenen zugleich: reaktiv, logisch, reflexiv und kontextuell. Diese vier Dimensionen sind keine neuen Wahrheiten, sondern Strukturformen unseres Erkennens selbst.

Man kann die eigene Konstruktion ignorieren – oder sie analysieren. Ich bevorzuge Letzteres.

Grüße
Wolfgang

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang (Stegmann),

ja warum willst Du sie verstehen, wie sie entstehen – was hast Du davon, wenn Du die Strukturformen des Denken und Erkennen kennst ? Das das eine komplexe Angelegenheit ist, weiß auch das Milchmädchen.

Was hast Du von Deiner Theorie, wenn Du das, was sich in den Erscheinungen offenbart, trotzdem nicht verstehst? Sagst Du dann, tja Pech gehabt, mit den durchleuchteten Strukturen unseres Denkens können wir das nicht fassen, wir müssen die Widersprüche akzeptieren?

Ich kann mit meinen Strukturen des Denkens nicht begreifen, dass man Kinder einen Sprengstoffgürtel umbindet, damit sie sich und andere in die Luft jagen, und dies mit einem „wahren Glauben“ begründet (was ich schon erlebt habe). Also da kannst Du sagen, das hat jemand auf diesen oder jenen logischen Ebenen eine (falsche? oder irrige ?) Erkenntnis. Das allein kann es nicht sein.

So kann es auch nicht sein, dass man bei Erscheinungen in der Außenwelt, die man mathematisch vorhersagen kann und die man dann auch noch genau so wie vorhergesagt beobachtet, trotzdem keine konsistente Struktur, weder eine transzendente, denkerische, modellhafte, eben überhaupt keine passende in sich konsistente gedachte oder konstruierte Struktur findet, die das Entstehen des Beobachteten logisch beschreibt.

Du stellst Du dann keine Hilfe dar. Soll ich mir dann Deine Philosophie an die Wand nageln? Das will ich eigentlich nicht, immerhin bist Du einer der wenigen, die zur Sache qualifiziert argumentieren. Du kämst für die Physiker als Gesprächspartner in Frage, aber dann musst Du Dich auch mit ihren Fragen auseinandersetzen: warum gibt es seit 100 Jahren keine konsistente Beschreibung des Beobachteten ?

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,
ich hatte mir eigentlich geschworen, mit Physikern nicht mehr über Erkenntnistheorie zu sprechen, denn woher sollen Physiker etwas von Erkenntnistheorie verstehen. Dummerweise habe ich hier mal wieder eine Ausnahme gemacht.
Physiker sprechen mit mir ja auch nicht über nichtlineare Spin-Bahn-Kopplung in topologisch frustrierten Quantenmagneten unter nichtäquilibrierten Gitterverzerrungen, denn woher sollte ich davon irgendetwas verstehen.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,

wenn die Spin-Bahn-Kopplung philosophisch relevant wäre, würde ich mit Dir darüber sprechen.

Nein, Du erstellst Theorien, die analytisch klar sind, aber bei den philosophischen Problemen der Physik nicht weiterhelfen. Das ist ja auch nicht schlimm, sie sind vielleicht in anderen Fragen nützlich.

Wenn dann aber jemand kommt, und versucht auf seine Weise die Probleme zu lösen, bist Du nicht konstruktiv und hilfst dabei, sondern behauptest, Dein Gesprächspartner würde von Deinem höheren Wissen nichts verstehen, und verweist auf Deine Theorie. Ja was soll denn das?

Dies hier ist das Forum für die Quantenphysik. Wenn jetzt ein Physiker kommt und zu den versammelten Philosophen hier die Frage stellt, wie kann man das Problem angehen, und auch Vorschläge dazu macht, dann geht keiner mit. Du behauptest, ich würde die Probleme gar nicht verstehen, Philip behauptet, das Ganze sei von vornherein aus evolutionstheoretischen Grüne nicht zu verstehen, Wolfgang Endemann stellt sich fundamentale Fragen nicht, und für Heinz ist sowieso alles Pseudo.

Ich kann langsam verstehen (konnte ich vorher nicht), dass die meisten Physiker sagen: die Philosophen können uns nicht helfen.
Das ist ziemlich ernüchternd.

Grüße Bernd

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,

ich bin zwar nicht Wolfgang Stegemann, aber ich antworte auf einen Aspekt deines Beitrags und deiner Frage an ihn.

Du schreibst:
ja warum willst Du sie verstehen, wie sie entstehen – was hast Du davon, wenn Du die Strukturformen des Denken und Erkennen kennst ? Das das eine komplexe Angelegenheit ist, weiß auch das Milchmädchen.”

Davon hat man beispielsweise, dass man eher abschätzen kann, in welchen Bereichen der Forschung man den eigenen Urteilen („Denken“) noch eher glauben kann und in welchen Bereichen uns unsere philosophische Reflexion („Denken“) im Gegenteil sehr wahrscheinlich in die Irre führt.

Von den Größenebenen und Phänomenen mit denen sich die Quantenphysik beschäftigt ging niemals ein Selektionsdruck auf unseren Erkenntnisapparat aus. Deshalb ist unser Denken an diese Phänomene (oder theoretisch postulierten Prozesse und Entitäten) nicht adaptiert.

Wenn du nun rein analytisch-denkend vom Schreibtisch aus konzeptuelle Ideen zur Lösing physikalischer Probleme für diesen Bereich ausarbeitest, dann erscheinen sie dir vielleicht subjektiv als sinnvoll und möglich. Das mag dich subjektiv befriedigen, aber die Lösungen sind wahrscheinlich falsch. Im Gegenteil; man darf in diesen Randbereichen der Forschung und im konkreten Fall der Quantenphysik wohl gar keine theoretischen Entitäten, Prozesse, Mechanismen, etc. mehr erwarten die einem subjektiv als evident erscheinen.

Man könnte vielleicht sogar sagen, dass es Größenwahn sei, anzunehmen, dass der Mensch prinzipiell alles verstehen könnte, und zwar insofern als dass alle wissenschaftlichen Erklärungen (Modelle, Theorien) mit dem Gefühl subjektiver Evidenz einhergehen müssen. Das wäre in etwa so, als würde man die Welt mit aller Gewalt an die erkenntnistheoretischen Grenzen des Menschen anpassen wollen.

Man kommt also nicht herum das Subjekt der Erkenntnis (und das ist ein biologisches Wesen) selbst auch zu erforschen oder zumindest philosophisch zu reflektieren – um z.B. dessen Erkenntnisgrenze besser auszuloten.

Rein analytisch denkende Philosophen werden das was ich schreibe natürlich als naturalistischen Quatsch abtun.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

„Von den Größenebenen und Phänomenen mit denen sich die Quantenphysik beschäftigt ging niemals ein Selektionsdruck auf unseren Erkenntnisapparat aus.“

Aber selbstverständlich geht von der angemessenen Adaption der kognitiven Prozesse, die eine Basis im Mikroskopischen haben wie alles, was ist, ein Selektionsdruck aus. Richtig ist, wir denken primär nicht mikroskopisch. Das mesoskopische Denken beruht darauf, daß wir mesoskopischen Objekte einen mesoskopischen input benötigen. Dazu muß das Denken fähig sein, aus dem input-Strom mesoskopische Gesamtheiten herauszufiltern, das ist die mesoskopische Objektwahrnehmung. Aber die Evolution geschieht auch auf der Mikroebene. Und der kluge Mensch blickt mithilfe seiner Kognition über die materiellen Limitierungen hinaus. ZB hört und sieht er keine extrem hohen Frequenzen, aber er schließt auf sie, kann sie sichtbar machen und kann so die Fledermaus verstehen, deren adaptive Leistung würdigen usw.

Davon abgesehen ist Wissenschaft ohnehin nicht die Erforschung des Evidenten. Im Gegenteil, sie möchte über die falschen Evidenzen aufklären.

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

„Aber selbstverständlich geht von der angemessenen Adaption der kognitiven Prozesse, die eine Basis im Mikroskopischen haben wie alles, was ist, ein Selektionsdruck aus.“

Nein, sonst wäre unsere Wahrnehmung und unser Denken an diese Größenebene ausreichend adaptiert. Du verwechselst hier etwas. Natürlich können mikroskopische Prozesse einen Selektionsdruck haben; aber nicht auf die Wahrnehmung und auf das Denken im Menschen.

Dass diese Prozesse z.B. das beeinflussen was wir wahrnehmen bzw. einen Teil des Gesamtprodukts der Wahrnehmung (und des Denken) ausmachen bedeutet nicht, dass ein Selektionsdruck besteht, der die Anatomie und Physiologie des Nervensystems (jene im Zusammenhang mit Erleben und Denken steht) auch auf diese Ebene adaptiert!

Das ist so, als würdest du behaupten, dass sich Füße und Beine an mikroskopische Prozesse angepasst hätten, da ein Selektionsdruck von ihnen ausging. Auch das wäre Unsinn.

Aber die Evolution geschieht auch auf der Mikroebene.“

Evolution ist nicht gleich Adapation; das sind erst einmal zwei verschiedene Dinge. Und natürlich kann sowohl Evolution als auch Adapation auf der Mikroebene stattfinden; aber so einfach im Bezug auf die Kognition beim Menschen ist das eben nicht.

Und der kluge Mensch blickt mithilfe seiner Kognition über die materiellen Limitierungen hinaus. ZB hört und sieht er keine extrem hohen Frequenzen, aber er schließt auf sie, kann sie sichtbar machen und kann so die Fledermaus verstehen, deren adaptive Leistung würdigen usw.“

Ja, natürlich können wir über einen kritischen Realismus dem naiven Realismus der Wahrnehmung hinausgehen. Aber was trotzdem nicht zwangsweise damit einhergeht ist eine Anschaulichkeit die intuitiv plausibel wird. Oder anders formuliert: man darf bei bestimmten Mikroprozessen nicht mehr erwarten, dass wir sie uns praktisch und naiv einleuchtend vorstellen können. So scheint mir das aber immer im Anspruch von Bernd: die Physik soll wieder in solche Bahnen gepresst werden als dass sie dem kleinen Menschengehirn anschaulich wird – da wird die Welt den eigenen erkenntnistheoretischen Grenzen angepasst statt das Denken an die Welt.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

„Nein, sonst wäre unsere Wahrnehmung und unser Denken an diese Größenebene ausreichend adaptiert.“
Nein, das habe ich mE besser erklärt: ich habe ja gesagt, daß wir mit gutem Grund an die Mesowelt adaptiert sind. Aber selbstverständlich sind wir auch an die Mikrowelt adaptiert, Beine und Füße haben wir, weil es eine physiologische Grundlage gibt, daß der „Zellverband Organismus“ eine Art elastischer Festkörper ist, und eben sehr gut mithilfe von Beinen und Füßen sich auf der Erde fortbewegen kann. Beine und Füße werden im Wasser zu Flossen, in der Luft zu Flügeln. Aber das tierische Sein ist mit einer anderen Mikrostruktur verbunden als das pflanzliche, das einen sehr viel weniger elastischen Körper hat.

Auch bei der Kognition gibt es physiologische Grundlagen auf der Mikroebene, etwa wie Gedächtnis möglich ist. Richtig ist, und das habe ich ausdrücklich konzediert, daß die Kognition sich auf den Organismus als Mesoobjekt bezieht, daran angepaßt ist, daß dieses Ich-Objekt relativ autonom reagieren kann.

Es sind mikrophysikalische Bedingungen, es ist die Genetik, die verhindert, daß die meisten Tiere zu Sprachhandlungen fähig sind. Sprechende Wesen denken anders als sprachlose. Daß elaborierte Sprache fähig ist, die physiologische Limitation begrenzt zu überwinden, indem sie operativ wird, macht sie ein wenig autonom.

Zu guter Letzt: Die Anschaulichkeit ist keine invariante, genetisch festgelegte Größe. Unsere Erfahrungen aus Wissen und Selbstreflexion verändern sie. Es gab die Kopernikanische Wende, wenn wir die Übergangszeit ausklammern, gab es vor dieser Wende eine andere Anschaulichkeit als danach, eine andere Evidenz.

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

jetzt vermischst du noch mehr (was nicht zusammen gehört) als zuvor schon.

Nur so viel: Die Tatsache, dass Mikroprozesse immer und überall auf unseren Körper einwirken, bedeutet nicht, dass sie auch einen Selektionsdruck auf Wahrnehmung und Kognition ausüben – nur darum ging es (um sonst nichts).

Nun schreibst du auf einmal: „aber selbstverständlich sind wir auch an die Mikrowelt adaptiert, Beine und Füße haben wir, weil es eine physiologische Grundlage gibt, daß der „Zellverband Organismus“ eine Art elastischer Festkörper ist, und eben sehr gut mithilfe von Beinen und Füßen sich auf der Erde fortbewegen kann. „

Das ist auch nicht korrekt. Beispielsweise sind sehr kleine Prozesse, wie in einzelnen Zellen (z.B. Ionenkanäle), an die Mikrowelt (Atomebene!) adaptiert. Ja.

Das gleiche gilt aber nicht für eine morphologische Struktur wie es Füße und Beine sind. Denn die sind an eine völlig andere Größenebene adaptiert. Du wirfst hier zuviel durcheinander. Schau in irgendwelche Lehrbücher zu Evolution, Tieranatomie und -physiologie, etc. Du findest dort ebenfalls die Unterscheidung von Selektionsprozessen auf verschiedenen Größenebenen. Du wirfst stattdessen alles in einem Pott.

Zu dem was du im vorherigen Beitrag geschrieben hast:
Dort stellst du einfach Einwirkungen der Umwelt von der Mikroebene auf den Organismus mit einem Selektionsdruck auf unsere Wahrnehmung und Kognition implizit gleich; das ist bzw. war der Fehler in deiner Argumentation.

Der Vergleich mit der kopernikanischen Wende passt ebenfalls nicht; es ist für uns Menschen genauso anschaulich, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums ist, wie auch, dass sie sich um die Sonne dreht.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Du verstehst viele meiner Argumente nicht, oft, indem Du sie totalisierend aufbauschst, wo sie dann tatsächlich falsch werden, und dann bekämpfst Du Deine Unterstellungen. Das ist unfruchtbar, die heute so beliebte Auseinandersetzung im Kampfmodus. So nicht, anders gerne.

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor

Das Problem ist, dass du in Diskussionen mit mir bisher immer vom Konkreten in das Abstrakte gehst und dich dann im philosophieren verlierst.

So kann ein Austausch nicht gut funktionieren; du musst schon bei den konkret diskutierten Punkten bleiben.

Ich habe doch konkret etwas angesprochen. Ich verstehe nicht, wieso du immer so weit ausholst und wir dann vom Thema abkommen.

Philipp
Philipp
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Ich zitiere dich nochmals:

Aber selbstverständlich geht von der angemessenen Adaption der kognitiven Prozesse, die eine Basis im Mikroskopischen haben wie alles, was ist, ein Selektionsdruck aus. Richtig ist, wir denken primär nicht mikroskopisch. Das mesoskopische Denken beruht darauf, daß wir mesoskopischen Objekte einen mesoskopischen input benötigen. Dazu muß das Denken fähig sein, aus dem input-Strom mesoskopische Gesamtheiten herauszufiltern, das ist die mesoskopische Objektwahrnehmung. Aber die Evolution geschieht auch auf der Mikroebene. „

Dieser Text ist wirr geschrieben bzw. formuliert. Er vermischt mehrere Aspekte zusammen die man im Detail getrennt betrachten muss; und im Bezug auf die Adapation von Wahrnehmung und Denken an die Mesokosmische Ebene ergibt der Text so keinen Sinn.

Das hat auch nichts mit meinem Textverständnis zutun. So einen Text würde ich als Gutachter für einen philosophischen Artikel in einem Journal direkt ankreiden und den Autor bitten, er möge das bitte auseinanderklamüsern und genauer erläutern was er sagen möchte.

Adaption der kognitiven Prozesse, die eine Basis im Mikroskopischen haben wie alles, was ist, ein Selektionsdruck aus.“

Ist so z.B. aus meiner Sicht nicht falsch sondern die Aussage ist sinnlos. Hier werden verschiedene Aspekte miteinander vermischt.

Das mesoskopische Denken beruht darauf, daß wir mesoskopischen Objekte einen mesoskopischen input benötigen. Dazu muß das Denken fähig sein, aus dem input-Strom mesoskopische Gesamtheiten herauszufiltern, das ist die mesoskopische Objektwahrnehmung.“

Den Satz würde ich auch ankreiden. Das Denken filtert mesokosmische Objekte heraus? Aus was? Aus mikrokosmischen? Bestimmt nicht! Das liest sich alles wie philosophisch hergeleitet; kein Psychologe oder Neurowissenschaftler würde so schreiben.

Aber die Evolution geschieht auch auf der Mikroebene. „

Hat mit dem was ich ansprach wiederum gar nichts zutun.

Gruß,
Philipp

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Hallo Philip,

nun ja was ist mikroskopisch und was mesoskopisch?

Ist Licht – das Mittel, was uns das „Abasten“ der Außenweit aus der Ferne ermöglicht – mikroskopisch oder mesoskopisch ? Licht ist schon vor 300 Jahren in der klassischen Physik untersucht worden, also mesoskopisch? Aber es ist ontologisch unverstanden, also mikroskopisch? Es gibt Quantenprozesse überall, zum Beispiel wenn Licht auf unsere Hand fällt, und diese erwärmt sich, dann ist das ein Quanteneffekt.

Also sind wir nicht angepaßt oder haben wir evolutionsmäßig damit nichts zu tun?

Wir können also nicht mehr erwarten, dass wir uns mikroskopische Vorgänge praktisch und naiv einleuchtend vorstellen können. – Also, damit klinkst Du Dich aus der Diskussion über die philosophischen Probleme der Quantenphysik aus, weil da eh nicht bei rauskommt. Dann lasse es bitte auch konsequent. Dein eigener Forschungsbereich ist davon auch betroffen. Wie Du mit dieser Einstellung Forschung betreiben kannst, ist mir unerfindlich.

Grüße
Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Philipp

Sicher drücke ich mich nicht immer optimal aus und gebe Anlaß zu Mißverständnissen, aber Du findest „Dieser Text ist wirr geschrieben bzw. formuliert „, weil Du zu pedantisch, unterkomplex, Du sagst es selbst: konkretistisch liest – so, wie Du schreibst, und meinst, denken zu müssen. Ich erkläre das mal an dem Stein des Anstoßes.

<„Aber selbstverständlich geht von der angemessenen Adaption der kognitiven Prozesse, die eine Basis im Mikroskopischen haben wie alles, was ist, ein Selektionsdruck aus.“
Nein, sonst wäre unsere Wahrnehmung und unser Denken an diese Größenebene ausreichend adaptiert.>
Dein Argument ist, daß wir die Quantenwelt nicht verstehen, weil wir nicht durch Selektionsdruck genötigt sind, die Logik dieser Mikroprozesse zu adaptieren. Aber die Mikroprozesse bestimmen, ob wir ein realistisches Bild von der Welt haben (können), daher wurden bspw Rezeptoren für Intensität und unterschiedliche Farben entwickelt. Nachtaktive Tiere haben die Fähigkeit ausgebildet, infrarot zu sehen. Die Strukturen sind da, die Sinnesorgane, die sie wahrnehmen können, müssen sich evolutiv entwickeln, möglichst so, daß sie angemessen, also unverzerrt wahrgenommen werden. Diese Weltwirkungsaufnahme findet auf der mikroskopischen Ebene statt. Das war mein Gegenargument, das keinesfalls im Widerspruch zu der spezifischen Adaption der Mesostrukturen steht, die ich ebenfalls beschrieben habe. Ich finde das Argument lächerlich, daß die Zusammenhänge auf der Mikroebene keinerlei Auswirkungen auf die Mesoebene haben sollen; das und nur das war mit „kognitiven Prozessen, die eine Basis im Mikroskopischen haben“ gemeint, also keineswegs ein Reduktionismus auf die Mikroebene. Es ist umgekehrt, Strukturen der Mikroebene können zum Begreifen notwendige Denkstrukturen behindern, wenn nicht verunmöglichen, was einen Anpassungsdruck auf die Ausbildung geeigneterer mikroskopischer Strukturen hat, oder auf eine funktionell äquivalente Strukturierung des Denkens, die dieses Manko kompensiert. Letzteres gehört zu den operativen Fähigkeiten, die manchmal die Limitationen des Denkens zu überbrücken gestatten.

Wenn ich in diesem Zusammenhang von fortlaufendem Input spreche, so ist der Input physikalisch mikro- wie mesoskopisch und seine innerorganismische unmittelbare Bearbeitung durchgängig mikroskopisch. Freilich stimme ich zu, das Ziel des Denkens ist das Überleben in der mesokosmischen Welt, daher denkt man an die mikrokosmischen Bedingungen des Denkens erst in der Selbstreflexion des Denkens. Es sind durchaus zwei Paar Stiefel, die Angepaßtheit an die chemophysikalischen Grundlagen und die an die Lebensanforderungen der mesokosmischen Umwelt, die jedoch eine indirekte Angepaßtheit der ersteren einschließen muß. Beide ziehen eine miteinander verwobene evolutionäre Spur. Will man die zwei Stränge voneinander isolieren, was ja sinnvoll sein kann, erfordert das mindestens eine gewissenhafte Reflexion. Mag sein, daß solche Zusammenhänge dem physikalischen Praktiker zu sperrig sind, dann droht aber die Gefahr des Fachidiotentums/Spezialistentums. Ich habe weder alles in einen Topf geworfen noch „einfach Einwirkungen der Umwelt von der Mikroebene auf den Organismus mit einem Selektionsdruck auf unsere Wahrnehmung und Kognition implizit gleich“gesetzt. Warum unterstellst Du so einen Quatsch?

Sehr deutlich zeigt sich Deine von mir beschriebene Argumentationsstrategie an der Aussage „Das gleiche gilt aber nicht für eine morphologische Struktur wie es Füße und Beine sind“. Ich habe nicht geschrieben, daß die Morphologie von Füßen und Beinen an die mikrophysikalische Realität angepaßt ist, ihren Strukturzusammenhängen folgt, sondern daß sich unser Bewegungsapparat als Organ/Körperteil entwickeln mußte, das sich aus den Möglichkeiten der mikroskopischen, zellulären Strukturbildung funktional äquivalent ergeben konnte, also etwa, starre Knochen bilden zu können und mit Sehnen in einem Gerüst zu verbinden, welches ein stabiles Stehen ermöglicht. Die Füße müssen eine hinreichend große Auflagenfläche haben, um sicherzustellen, daß das Stehen stabil ist, usw. Solche makro- und mikrophysikalischen Voraussetzungen stecken in der Mesowelt und das gilt auch fürs Denken. Du unterstellst mir Deine versimplifizierte Lesart meiner Aussagen, die Du dann vom Thema abschweifende Vermischung von Nichtzusammengehörigem nennst.

Völlig unverständlich ist mir Dein Evidenzbegriff, der erfahrungsunabhängig, invariant gesetzt ist. Für Dich ist also die prähistorische Evidenz (als Evidenz, daß die Erde der ruhende Mittelpunkt des Universums ist) gleichrangig der neuzeitlichen (in der wir uns trotz einer gefühlten Ruhe als planetarisch bewegt denken). Nur, was machst Du damit, daß beide sich fundamental widersprechen? Was bleibt da von der Wahrheit übrig, wie kann man sich da auf Evidenz stützen?
Evidenzen sind einfache, suggestive, paradigmatische Vorstellungen. Unsere Vorstellungen haben sich in der Geschichte schon ziemlich radikal geändert. Es gibt keine angeborene Evidenz. Auch sie ist das Produkt von Gesellschaft, Erfahrung und Bildung. Und sie ist das, was dabei am suggestivsten wahr zu sein scheint. Jeder Mensch unterscheidet zwischen dem Evidenten und dem weniger bis überhaupt nicht Evidenten. Aber natürlich haben selbst in kleinen geschlossenen Gesellschaften nicht alle Menschen die gleiche Evidenz. Und darauf willst Du Wissenschaft gründen?

Wenn Du Dich von meinen Kommentaren gestört, genervt fühlst oder sie für indiskutabel hältst, kannst Du mich doch leicht ignorieren. Du kannst Dich auch verpflichtet fühlen, den interessierten Lesern meine Denkfehler aufzuzeigen. Aber in diesem Fall oder wenn Du mit mir diskutieren willst, ist es doch nicht zu viel verlangt, daß Du Dir wenigstens Mühe gibst, meine dMn falschen Argumente zu verstehen. Das kann ich leider nicht erkennen. Willst Du nicht oder kannst Du nicht?

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Monat zuvor

Natürlich sind wir nicht an die Mikroebene angepasst, ansonsten müssten wir Quantensysteme mit bloßem Auge sehen können, fühlen oder hören. Ich kann es jedenfalls nicht. Dass wir aus Quanten ‚bestehen‘, ist etwas anderes und bedeutet nicht, dass wir an sie angepasst sind.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
30 Tage zuvor

Wir sehen auch keine Lichtquanten, wie Bernd richtig geschrieben hat. Aber wir sind an die Quanten physiologisch angepaßt. Manche Tiere sind an das optische Spektrum besser angepaßt (können infrarot sehen).

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
30 Tage zuvor

Nachtrag
Wir sehen auch keine Lichtstrahlen, wenn wir optisch wahrnehmen, sondern interpretieren, was wir (mikroskopisch) wahrnehmen, als Lichtstrahlen, weil wir begriffen haben, daß Objekte aus dem Sehfeld verschwinden, weil sich ein Hindernis dazwischen stellt, nicht weil das Objekt verschwindet.
Durch Nebel können wir Lichtstrahlen sichtbar machen.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
30 Tage zuvor

Evolutionäre Anpassung bezieht sich auf Umweltbedingungen, nicht auf die physikalische Implementierungsebene. Unser Sehsystem hat sich an makroskopische Phänomene angepasst – Lichtverhältnisse, Kontraste, Bewegungen, Formen. Dass die biochemischen Prozesse dabei auf Photonenebene ablaufen, ist eine Eigenschaft der zugrundeliegenden Physik, aber kein Anpassungsziel.
Man würde ja auch nicht sagen, wir seien ‚an Quantenmechanik angepasst‘, nur weil chemische Prozesse in unserem Körper quantenmechanisch funktionieren. Die Quanten-Ebene ist einfach die Grundlage, auf der Materie funktioniert – aber die Selektion wirkte auf makroskopischer Ebene.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
30 Tage zuvor

Dann ist also die von mir erwähnte Anpassung der Sinneswahrnehmung durch die Rezeptoren der Infrarotwahrnehmung bei Nachtaktiven keine evolutionäre Anpassung, im Gegensatz zur Lungenatmung statt Kiemenatmung, die sich makroskopisch zeigt? Das ist keine logisch sinnvolle Begriffsbildung.
Natürlich kann man Anpassung an mikroskopische Zusammenhänge unterscheiden von einer an makro-/mesoskopische, aber es ist doch beides evolutive Anpassung.

Oder willst Du sagen, daß die Evolution der Blütenfarbenpracht, die eine Anpassung an die mikroskopische Differenzierung des Frequenzspektrums ist, keine evolutionäre ist, weil sie nicht auf mesoskopische Sachverhalte antwortet?

Auch ich spreche logischerweise von Evolution, wenn eine lebensdienliche (und mit Leben ist der mesoskopische Gesamtorganismus gemeint) Anpassung stattfindet. Aber worin liegt der Sinn, in diesem Begriff die mikroskopischen Anpassungsprozesse, die in Beziehung zu mesoskopischen stehen, auszugrenzen?

Könntest Du mir einmal ohne Ablenkung und Beharren auf Deinem und offenbar von manchem geteilten Begriff die von mir gestellten Fragen beantworten?

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Kommentar zur Bekanntgabe der Gewinner des Nobelpreises für Physik 2025:

Am 7. Oktober wurden drei in den USA forschende Wissenschaftler für den Physik-Nobelpreis nominiert. Ihre Forschungen beziehen sich auf Arbeiten, die quantenmechanische Effekte auf makroskopischer! Ebene nachgewiesen haben wollen. Nachdem die Quantenmechanik (QM) ein unanschauliches formallogisches System über Messdaten ist, sind aber alle für die Öffentlichkeit bestimmten populärwissenschaftlichen Verlautbarungen mit größter Vorsicht zu genießen. 

Wenn anläßlich der Nominierung die QM über den Klee gelobt wird (nämlich als ursächlich für Computer, LCD-Bildschirm, Solartechnologie, etc.) geht es eben NICHT um quantenmechanische sondern um statisch-deterministische Effekte von diskreten Ladungsträgern (z.B. Elektronen) in Festkörpern. Das sogenannte Bändermodell beschreibt die Energieniveaus in Materialien und macht so Aussagen über deren elektrische Leitfähigkeit, die seit vielen Jahrzehnten in der Halbleitertechnik praktisch genutzt werden. Das mediale Lob trifft daher die Festkörperphysik und nicht die QM als solche, denn diese definiert sich über den Welle-Teilchen-Dualismus mit seinen zentralen Charakteristika der quantenmechanischen Überlagerung und Verschränkung (siehe auch „quantum weirdness“).

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Wolfgang (Endemann)

„Wir sind da am Anfang der Diskussion, als ich bemängelte, dass in dieser philosophischen Diskussion nicht gesagt wird, was unter einer „Struktur“ verstanden wird.“

– Tut mir leid, daß ich diese Frage überlesen habe, für mich ist das ein völlig klar definierter Begriff … Eine Struktur ist eine Bestimmung B eines bislang Unbestimmten, also eine Klasse/Menge derjenigen Exemplare x, die diese Bestimmtheit besitzen, B={x׀B(x)} … Dann können über diesen elementaren Bestimmungen, die Voraussetzungen dafür sind, überhaupt von Gegenständen zu sprechen, nähere, zusätzliche Bestimmungen definiert werden.

Hallo Wolfgang, jetzt können wir erstmalig (!) darüber reden, was Du mit Struktur meinst, wenn Du sagst, alles ist „Struktur“ – ohne Struktur ist nichts.

Wo glaubst Du haben die Exemplare, die eine Bestimmtheit besitzen, die Bestimmtheit her?

Das ist eine Frage zu Deiner Definition von Struktur. Ich will Dich nicht in irgend eine Falle locken. Es ist eine ernstgemeinte Frage. Du schreibst ja, es ist ein völlig klar definierter Begriff. Ich weiß aber nicht, wo die Bestimmtheit herkommt, deshalb ist der Begriff für mich nicht klar definiert,

Grüße Bernd.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

„Wo glaubst Du haben die Exemplare, die eine Bestimmtheit besitzen, die Bestimmtheit her?“
Das ist eine Frage, die ich mir, wenn sie auf Realobjekte bezogen ist, bewußt nicht stelle. Denn ich sehe keine von Gott oder Göttern beherrschte Welt, keine Teleologie. Die chemophysikalische Welt, also die Basis allen Seins, ist für mich kontingent, ich frage nicht nach einem (letzten) Grund.

Ich stelle nur fest, daß die Realität reflexive Strukturen entwickelt hat, mit denen wir die Welt denken, in der Vorstellung abbilden können. Klar ist, daß es einen riesigen Sprung gibt zwischen Urbild und Abbild, geben muß (Gödel). Andrerseits muß es eine Selbstähnlichkeit geben, sonst würde das Abbilden keinen Sinn machen. Es handelt sich also um eine Abbildung aus der Welt auf das Denken, eine injektive Abbildung.

Wenn wir das verstanden haben, haben wir im Prinzip die Erkenntnistheorie verstanden. Wenn Dir das nicht reicht, muß ich passen, dann willst Du mE mehr, als Menschen erreichen können.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Lieber Wolfgang,

erzähl keinen Schmarren. Natürlich stelltst Du Dir die Frage, wo die Bestimmtheiten, die Du behauptet hast, dass es sie gibt, herkommen. Nur hast Du keine Antwort darauf. Das ist ja nicht schlimm. Du gehst halt davon aus, dass auf dem Grunde alles Seins bereits bestimmte Dinge miteinander interagieren, wodurch Strukturen entstehen.

Physiker befassen sich mit diesen Strukturen. Und stellen fest: es gibt Dinge, die vorhanden sind, und auch bestimmt sind (sie sind es !), die aber nicht miteinander interagieren und keine Strukturen untereinander bilden. Zum Beispiel das Licht. Lichtwellen interagieren nicht, treffen zwei Lichtquanten und -wellen aufeinander, durchringen sie sich einfach, so als wäre das gegenüber gar nicht da. Sie bilden keine Strukturen. Auch Laserlicht ist keine Struktur von Licht, sondern nur eine bestimmte Sorte von Wellen oder Quanten (aus der Vielzahl an Lichtsorten, blau, grün, gelb, usw) – so jedenfalls die Modellvorstellung der Physik, die bezgl. des modellhaften Funktionalismus sehr gut mit der Realität übereinstimmt.

Jetzt kannst Du sagen, interessiert mich nicht. ich bleibe bei meinen Strukturen als letzten Urgrund der Welt. Licht macht aber nun mal von der Menge her 99,999999 % des Universums aus. Das besteht also überwiegend aus strukturlosen Mengen an unverstandenem Etwas.

Aber bleib ruhig bei Deinen Strukturen, die Du wohl-definiert hast (geradezu mathematisch physikalisch). Du klinkst Dich dann auch mit dem Argument „interessiert mich nicht“ aus der Diskussion aus. Die Frage ist, was Du dann hier überhaupt machst?

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

„Du gehst halt davon aus, dass auf dem Grunde alles Seins bereits bestimmte Dinge miteinander interagieren, wodurch Strukturen entstehen.“ – Ja, Du nicht? Genau deswegen stelle ich mir nicht die Frage, weil es nur drei Möglichkeiten gibt, von denen ich nur eine einzige als vernünftig ansehe:

1. Es gibt keine objektiven Strukturen, die Dinge sind, das Sein ist strukturlos, wir heften nur dem Sein die Strukturen an. Die Strukturen sind nur Projektionen des Denkens auf die Welt. Sie sind nützlich, weil sie ein zielgerichtetes Handeln in der Welt ermöglichen. (diesen rein utilitaristischen Standpunkt scheinst auch Du einzunehmen). Dann ist das Denken kein Denken der Welt, sondern ein Träumen, Projizieren, Imaginieren der Welt, wir können nichts wirklich wissen. Dann erübrigt sich die Wahrheitsfrage, es gibt keine Wahrheit, das Denken kann nicht wahr sein, sondern nur nützlich oder schädlich.
2a. Die Welt ist absolut notwendig strukturiertes Sein, sie kann nicht anders sein. Damit kommt man, das paßt gut zu einer religiösen Sicht. Das Erkennen der Welt ist uns, wenn auch nur sehr eingeschränkt, möglich, weil wir nicht Gott sind, aber gottähnlich. Das führt jedoch auf einen inneren Widerspruch. Wenn Erkennen und Nichterkennen gleichermaßen notwendig sind, sind sie nicht mehr zu unterscheiden, gibt es keine Wahl, können wir nicht unterscheiden, ob wir wissen oder nicht.
2b. Die Welt ist ein kontingent strukturiertes Sein, wir sind ein Teil, der dank einer gewissen Ähnlichkeit des Teils mit dem Ganzen zu einer beschränkten, relativen Erkenntnis der Welt kommen kann. Die Welt als Ganze ist kein vollkommenes Fraktal, hat aber fraktale Bereiche. Diese letztere Sicht ist nach meinem Verständnis, was ich hier nicht näher begründen will, die einzig vernünftige. Oder kennst Du eine andere, überzeugendere Konzeption? Der Mensch versucht, zu klären, welche kontingenten, nicht weiter begründbaren Zusammenhänge vorliegen. Das kann er nur im Rahmen seiner Möglichkeit, strukturelle Zusammenhänge zu konstruieren – in Logik und Mathematik als den Universalwissenschaften des richtigen Schließens einerseits und des Erstellens konsistenter Strukturmodelle andrerseits, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen empirisch geprüft werden kann – und so im Denken die Welt unvollkommen, unabschließbar zu repräsentieren.

„Dinge, die vorhanden sind, und auch bestimmt sind (sie sind es !), die aber nicht miteinander interagieren und keine Strukturen untereinander bilden“ – was ist hier Dein Problem? Warum müssen alle Dinge mit allen Dingen interagieren, dh sich wechselseitig beeinflussen? Wir müssen feststellen, wo es Wechselwirkungen oder einseitig kausale Wirkungen gibt. die sind strukturell zu beschreiben, und warum sollte es keine Unabhängigkeit zwischen Objektmengen geben, Unordnung.Die Welt ist ein veränderliches Gemisch aus Ordnung und Unordnung, und wie wir wissen, mit einer eindeutigen Richtung (zur Unordnung).

„Jetzt kannst Du sagen, interessiert mich nicht. ich bleibe bei meinen Strukturen als letzten Urgrund der Welt.“ – das tue ich nicht.
Die Strukturen der Mathematik sind mögliche Strukturen, sie sind realisiert oder nicht realisiert. Wenn sie realisiert sind, ist das grundlos, das meint doch kontingent. Außerdem gibt es keinen zwingenden Grund, warum die vorfindlichen Strukturen zeitlos gültig sein müssen. Wir können uns durchaus vorstellen, daß unser Universum zeitlich begrenzt ist, manche Kosmologien sehen das ja so, vielleicht finden wir einmal strukturelle Zusammenhänge, die keine andere Schlußfolgerungen erlaubt. Aber das sind offene Fragen.

Ich denke nicht, daß ich mich hier ausklinke. Ich interessiere mich sehr für die Frage, wie haltbar eine solche strukturenrealistische Sicht ist. Ausklinken tue ich mich höchstens aus einer religiösen, das Absolute voraussetzenden, oder einer ignorabistischen, rein pragmatischen Sicht. Das scheint mir nicht sinnvoll gedacht.

Ich hoffe, daß ich Dein Bedürfnis, mich zu verstehen, befriedigen konnte. Und ob oder ob nicht, ich werde gerne mit Dir weiter diskutieren.

LG

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
19 Tage zuvor

Hi Wolfgang,

Du klinkst Dich aus, wenn Du behauptest, alles ist Struktur, und weiter frage ich nicht.

Auf dem Grunde alle Seins gibt es keine Strukturen. Auf dem Grund alle Seins gibt es die Einzelheit und das Ganze. Strukturen entstehen erst, wenn Einzelheiten interagieren. Die Interaktion schafft Strukturen. Und die Frage ist, sind die Einzelheiten durch die Relationen bestimmt, oder haben sie eine Bestimmung von sich aus und erzeugen dadurch erst Interaktionen, oder haben sie von allem nichts Erkennbares, und nur w i r sind es, die ihnen etwas zuordnen, was man als Bestimmung ansehen kann.

All diese Fragen stellst Du dir nicht, weil alles klar ist: da sind Strukturen. Und wie Strukturen entstehen, diese Frage ist dann auch uninteressant, es ist ja alles da.

Licht bildet keine Strukturen, insofern liegst Du falsch. Keine Form von Strahlung bildet eine Struktur. Und Strahlung ist überall, weil alle Dinge nun mal Strahlung abgeben, nichts sendet nichts aus. Wo ist da Deine Struktur? Der ontische und epistemische Strukturenrealismus gründet auf einem eingeschränkten Weltbild, das Strahlung ausblendet.

Na ja, irgendwie kann man auch Strahlung als Struktur ansehen ? Als Struktur, wo nichts miteinander agiert? Ja, Du hast Struktur als Menge von Entitäten definiert, die in Beziehung stehen können oder auch nicht. Damit ist Deine Definition nichts wert. Weil damit alles und nichts definiert ist.

Du hast keine Definition von Struktur, wie auch die anderen Philosophen hier. Und deshalb belibt das, was Strukturenrealismus sein soll, eben ungeklärt.

Grüße Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,

ich will es einfach nur genauer wissen. Soll ich das sein lassen?
Grüße Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
14 Tage zuvor

Hi,
was genauer?

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,

Karl Popper:“Ich streite nicht über Begriffe, sondern über Konzepte!“

Heinz

P.S. Du hängst Dich am Versuch Deine Begriffe zu definieren auf…