Korrelat des Bewusstseins

Zoomposium mit Sascha Benjamin Fink: „Die Suche nach dem neuronalen Korrelat des Bewusstseins”

Zoomposium mit Sascha Benjamin Fink: „Die Suche nach dem neuronalen Korrelat des Bewusstseins – 1. Teil”

1. Informationen zur Person

In einem weiteren sehr spannenden Interview aus unserem Zoomposium-Themenblog „Erkenntnistheorie und Philosophie des Geistes“ sprechen Axel und ich diesmal mit dem noch jungen, deutschen Philosophen Sascha Benjamin Fink, der aber schon einige sehr interessante Forschungsprojekte mitbetreut und zahlreiche sehr lesenwerte Publikationen veröffentlicht hat, aber dazu später mehr.

Sascha Benjamin Fink ist Forschungsdirektor am Zentrum für Philosophie und KI-Forschung {PAIR} (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Affiliate Professor am Department of Philosophy der University of Glasgow und externes Mitglied des Center for Behavioral Brain Sciences in Magdeburg, wo er zwischen 2016 und 2024 Juniorprofessor für Neurophilosophie war. Zudem war er auch Principal Investigator in dem von der DFG-geförderten Graduiertenkolleg Extrospection: Externe Zugänge zu höheren kognitiven Prozessen (2019-2023).

Er ist an zahlreichen Forschungsprojekten beteiligt, wie z. B. am DFG/AHRC-geförderten Projekt SENSOR „Sensory Engineering: Investigating Altered and Guided Perception and Hallucination“ (mit dem Center for the Study of Perceptual Experiences an der University of Glasgow), BMBF/DLR-geförderten Projekt „PsychedELSI: Ethische, legale und soziale Implikationen der Neuropsychopharmakologie in der Psychotherapie – Vorbereitung auf die psychedelische Renaissance“, EU ERANET NEURON-finanzierten Projekt PSYTRANS (psychedelische Transformation);EU ERANET-Projekt NEURON COMPAIN (komplexe Schmerz-Ontologien) und an dem DFG-Projekt „Philosophie und die Geisteswissenschaften (PhiMiSci). Er ist Chefredakteur in der zuvor genannten unabhängigen, kostenfreien, diamantenen Open-Access-Zeitschrift „Philosophy and the Mind Sciences“ (PhiMiSci), die er 2019 mit Wanja Wiese und Jennifer Windt gegründet hat.

2. Forschungsschwerpunkte und wissenschaftliche Arbeiten

Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Philosophie der Neurowissenschaften, Neurophilosophie, Philosophie der Psychologie, Philosophie des Geistes, der Unschärfe und der Paradoxien. In diesem Zusammenhang beschäftigt er sich viel den philosophischen und theoretischen Aspekten einer Wissenschaft des Bewusstseins.

Aus diesem Bereich forscht er vor allen Dingen an den „neuronalen Korrelaten des Bewusstseins“, der „Ersten-Person-Perspektive“, „Qualia“, Schmerzen und Leiden, neuronale Erklärungen der zeitlichen Phänomenalität, strukturelle Ansätze zum phänomenalen Bewusstsein und sensorischen Modalitäten.

Die kulturellen und ethischen Aspekte des Bewusstseins, insbesondere das Konzept einer „Bewusstseinskultur“ (Metzinger), transformative Erfahrungen, die Ethik der sensorischen Substitution, Psychedelika, das Bewusstsein bei Tieren und damit verbundenen Fragen der Ethik rücken hierbei ebenfalls in den Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeiten.

Weitere Forschungsbereiche stellen die „Psychologie der Unschärfe“, die Unschärfe in den Naturwissenschaften, Maße für den Grad der Paradoxie und Paradoxien als pädagogische Mittel dar.

In seinen wissenschaftlichen Forschungsarbeiten beschäftigt sich Benjamin Fink des Häufigeren mit der Entwicklung von neuen Konzepten für ein mögliches „neuronales Korrelat des Bewusstseins NCC 2.0″, abgeleitet vom englischen Ausdruck „neuronal correlate of consciousness“. Hierbei unterscheidet er explizit zwischen „Token-“ und „Type“-Korrelaten, die auf der Grundannahme einer „bijektiven, eins-zu-eins-Typ-Abbildung“ beruhen.

Seine Grundannahme geht von einem „4E-Konzept“ aus, nach dem Bewusstsein erweitert, eingebettet, enaktiv oder embodied ist. Somit hätte das Bewusstsein keine feste neuronale Basis und daher gibt es auch nicht den einen neuronalen Typ, der einem bestimmten phänomenalen Typus entspäche.

Um auch praktische Anwendungsmöglichkeiten für die kognitiven Neurowissenschaften anzubieten, verwendet Fink einen strukturenrealistischen, neuen Ansatz zur Lösung des „Problems“. In diesem Konzept geht er von einem strukturellen Morphismus eines neuronalen Substrats mit phänomenalen Räumen aus, den er als „neurophenomenalen Strukturalismus“ bezeichnet.

Dann wollen wir uns mal auf die Suche nach dem „heiligen Gral der Neurowissenschaften“ begeben, um u. U. „das neuronale Korrelat des Bewusstseins“ zu entdecken. Hier aber schon einmal die Interviewfragen zu unserer „Suche“:

3. Interviewfragen: „Die Suche nach dem neuronalen Korrelat des Bewusstseins“

1. Herr Dr. Fink in Ihrer Forschungstätigkeit als Forschungsdirektor des Zentrums für Philosophie und KI-Forschung {PAIR} an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Juniorprofessor am Center for Behavioral Brain Sciences in Magdeburg sowie als assoziierter Forscher am Department of Philosophy der University of Glasgow in dem DFG/AHRC-gefördertes Projekt SENSOR „Sensory Engineering“ beschäftigen Sie sich viel mit Neurophilosophie und hier insbesondere mit den Grundlagen der Geisteswissenschaften, von neuronalen Korrelaten des Bewusstseins (NCC) bis hin zur Art und Weise, wie der Geist manipuliert wird (z.B. durch pharmakologische Interventionen oder Interaktionen mit neuen technischen Geräten).

  • Zum Einstieg eine vielleicht ein wenig „ketzerische Frage“: Wird der „heilige Gral“ der kognitiven Neurowissenschaften jemals gefunden werden? Oder liegt vielleicht in dem vermeintlichen „hard problem“ von David Chalmers nicht schon ein „dualistischer Konstruktionsfehler“?

In dem Artikel „A Deeper Look at the Neural Correlate of Consciousness“ (2016) gehen Sie genau auf das Problem mit dem „hard problem“ ein, in dem Sie zeigen, dass es sich nicht im Sinne der Möglichkeit einer Falsifikation operationalisieren lässt, da es kein geeignetes „experimentum crucis“ gibt, die Hypothese zu überprüfen. Alternativ stellen Sie die Forderung nach einem „NCC2.0“ auf, das zwischen „Token-“ und „Type“-Korrelaten explizit unterscheidet und auf der Grundannahme einer „bijektiven, eins-zu-eins-Typ-Abbildung“ beruht. Diese Grundannahme geht von einem „4E-Konzept“ aus, nach dem Bewusstsein erweitert, eingebettet, enaktiv oder verkörpert ist. Somit hätte das Bewusstsein keine feste neuronale Basis und daher gibt es auch nicht den einen neuronalen Typ, der einem bestimmten phänomenalen Typus entspäche.

  • Könnten Sie uns und unseren Zuschauer:innen bitte Ihren Lösungsansatz noch einmal genauer erklären? Vielleicht mit einem Beispiel?

An diesem Konzept haben Sie weiter gearbeitet und einen strukturenrealistischen Ansatz hinzugefügt, der diese „eins-zu-eins-Typ-Abbildung“ eins zu eins in eine neue Theorie für das NCC 2.0 umsetzt. In der diamantenen Open-Access-Zeitschrift „Philosophy and the Mind Sciences“ (PhilPhiMiSci), dessen Mitbegründer Sie sind, haben Sie zusammen mit Holger Lyre und Lukas Kob 2021 einen Artikel „A structural constraint on neural correlates of consciousness“ veröffentlicht, in dem Sie diesen neuen Ansatz zur Lösung des „Problems“ vorstellen. Sie gehen hier von einem strukturellen Morphismus eines neuronalen Substrats mit phänomenalen Räumen aus, den Sie als „neurophenomenalen Strukturalismus“ bezeichen.

  • Gehen Sie davon aus, dass durch diesen direkten strukturellen Morphismus das Problem der Zuordnung von neuronalen Korrelaten mit phänomenalen Korrelaten gelöst wird, da im Sinne des Holismus der phänomenale Strukturalismus diese Korrelation bereits beinhaltet?
  • Entfällt hierdurch vielleicht auch das „Qualia-Problem“, da es nicht im Sinne einer „Supervenienz“ oder „Emergenz“ sich als „Repräsentation“ im Gehirn „bilden“ oder „hinzukommen“ muss, sondern bereits schon im phänomenalen Strukturalismus enthalten ist?
  • Könnten Sie dies vielleicht bitte einmal an Beispiel der „Farbwahrnehmung“ erläutern, die Sie in diesem Zusammenhang schon häufiger untersucht haben.

2. Die Wahrnehmung (optische, auditive, sensorische, etc.) wird unter dem Einfluss von halluzigonen wirkenden, psychotropen Substanzen (LSD, Mescalin, Psilocybin, etc.) stark beeinflusst, wobei auch u.a. eine veränderte Farbwahrnehmung entstehen kann. In einem vom BMBF/DLR geförderten Projekt „PsychedELSI“ („ethische, legale und soziale Implikationen der Neuropsychopharmakologie in der Psychotherapie – Vorbereitung auf die psychedelische Renaissance“) und in dem EU ERANET NEURON-finanziertes Projekt „PSYTRANS“ (über psychedelische Transformation) untersuchen Sie die Wirkung von Psychedelika auf das Gehirn und mögliche Implikationen für neue psychotherapeutische Behandlungsmethoden.

  • Inwiefern könnten uns die veränderten „Bewusstseinszustände“ Auf- oder Rückschlüsse über die Konstitution von Bewusstsein selber geben?
  • Was sagen die Forschungsergebnisse aus Ihrer Sicht über den konstruktivistischen Anteil unseres Wirklichkeitsbezug aus? Gibt es die Möglichkeit eines ontologischen Zugriffs auf die Realität überhaupt?
  • Wie könnten sinnvolle Psychotherapieansätze mit Psychedelika konkret aussehen und wie sieht die „Nutzen-Risiko-Balance“ aus?

3. Das Verhältnis von Wahrnehmung und Wirklichkeit ist auch Thema in Ihrem Artikel „When seeing is not believing: „A mechanistic basis for predictive divergence“ (2022), in dem Sie anhand von Ergebnissen ein Modell zum „Predictive Processing“ entwickeln, das davon ausgeht, dass Wahrnehmungsvorhersagen und kognitive Vorhersagen sich von der gleichen zugrundeliegenden Inferenzhierarchie ableiten, dass Informationen durch Mechanismen in den „Top-down- und Bottom-up-Strömen“ der Informationsverarbeitung angenähert werden können. Diese Forschungsergebnisse sind sehr wichtig für technologischen Umsetzungen in Bezug auf die KI-Forschung oder die Entwicklung von „Virtual Reality (VR)“, die Sie auch im „Centre for Philosophy and AI Research {PAIR}“ (FAU) und „Sensory Engineering (SENSOR) Project“ (University of Glasgow) untersuchen.

  • Wie weit ist denn bereits das „Sensory Engineering“ für die Entwicklung von künstlichen Agenten vorangeschritten, die sich selbständig in ihrer Umwelt orientieren und handeln können?
  • Könnten diese senso-motorischen, propriozeptiven Ansätze durch entsprechende Rückkopplungsmechanismen nicht auch zum Entstehen einer „Allgemeinen Künstlichen Intelligenz (AKI)“ führen, da im Sinne des „4-E-Konzeptes“ einer „Philosophie der situierten Kognition (PSK)“ die Voraussetzungen für eine Form von „Künstlichem Bewusstsein“ gegeben wären?
  • Was heißt dies im Gegenzug für die menschliche Wahrnehmung ihrer Wirklichkeit? Können wir in Zukunft überhaupt noch zwischen „virtueller“ und „realer“ Wirklichkeit unterscheiden oder werden auch hier die technologischen Möglichkeit unsere Realität verändern?

Das komplette Interview ist zweigeteilt und der 1. Teil ist auf unserem Youtube-Kanal „Zoomposium“ unter folgendem Link zu sehen: 

https://youtu.be/wb3yQXvYITo

 

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
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Maria K.
Maria K.
26 Tage zuvor

Durch die viele FETTEN HERVORHEBUNGEN wird der Artikel recht unlesbar, schade!

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
24 Tage zuvor

Schon im vorausgehenden Blog „Welt + Gehirn = Bewußtsein?“ habe ich mich um eine Diskussion der philosophischen Aspekte des Bewußtseinsproblems bemüht, bin leider auf eine positivistische Grundüberzeugung gestoßen, die diese Diskussion unmöglich macht. Den Trialog mit Sascha Benjamin Fink habe ich mir angehört und denke, daß der Diskursraum hier entschieden größer ist, die alle philosophisch Interessierten beschäftigende Kernfrage nach dem von Chalmers „hard problem“ genannten Bewußtseinsproblem, die Grundfrage der Reflexions- oder Metawissenschaft Philosophie, anzugehen.

Ich beziehe mich ausschließlich auf den hier vorgestellten Überblick, die Veröffentlichungen von Sascha B. Fink kenne ich ja nicht.
Chalmers unterscheidet, wenn ich das richtig sehe, die Ebene der materialen Wissenschaft, sei es die Neurophysiologie, die Formalwissenschaft oder die Wissenschaftstheorie, von der Metaebene, auf der sich die Kantsche Frage (nach den transzendentalen Bedingungen der Möglichkeit) des Bewußtseins stellt.
Es ist schon eine sehr materialreiche Arbeit, die evolutive Entwicklung des Nervensystems, der Zentralsteuerung, die Differenzierung der Reizverarbeitung, also die Anpassung des Organismus an die lebensrelevanten Reize zur Steigerung der Lebenstüchtigkeit, also die biofunktionale evolutionäre Entwicklung nachzuzeichnen. Nun haben wir aber eine Selbstevidenz von Bewußtsein, die uns ja überhaupt die Frage nach dem Bewußtsein stellen läßt, das ist der tiefste Sinn des Cartesianischen cogito ergo sum.

Eigentlich ist die Antwort auf die Frage, warum haben wir überhaupt Bewußtsein, so einfach wie die Frage nach der Evolution, sie hat die gleiche biofunktionale Antwort: Bewußtsein erhöht die Lebensfähigkeit, und zwar ein Bewußtsein, das den Organismus in die Lage versetzt, eine offene Umweltsituation auf unterschiedliche Weise zu beantworten und durch virtuelles Durchspielen der Möglichkeiten zu einer optimalen Antwort zu gelangen. Dazu muß der Reiz-Reaktions-Mechanismus, die Steuerung durch gelernte Anpassung, suspendiert werden. Vom Ergebnis her ist Bewußtsein also leicht verständlich, eine sich von den unbewußten kognitiven Prozessen abhebende zweite Art kognitiver Prozesse.

Sehr einfach ist der Sachverhalt auch zu erklären, wenn man einen metaphysischen Dualismus von Materie und Geist annimmt, auch ohne dazu notwendigerweise Gott zu bemühen. Ich denke aber, für die meisten gilt heute ein Materialismus als Grundvoraussetzung, der nicht wie der Positivismus den Geist bestreitet, aber das immaterielle, keines materiellen Trägers bedürftige Sein. In diesem Sinn wäre Geistiges, auf Materielles nicht zurückführbares Sein möglich, das gleichwohl nie ohne materielle Spur existiert. Geist ist wie auch immer reflektiertes Sein, wie auch immer sich das physiologisch von der bewußtlosen Kognition unterscheidet.

In diesem Sinn könnte man die Bewußtseinsfrage beantworten. Bewußtsein habe ich, wo ich etwas erlebe, also sprachförmige Entitäten auftauchen, materielle Dinge, die etwas anderes bedeuten, als sie unmittelbar sind, sinnhafte Objekte. Das ist das, was ich sehe, wenn ich bewußt sehe, nämlich nicht den physiologischen Sachverhalt im Nervensystem, sondern ein Bild der Welt. Daß dieses Bild der Welt möglichst realistisch sein muß, ergibt sich aus der Funktionalität, die es fürs angepaßte Leben hat. Das gilt schon für die erworbenen strikten Reiz-Reaktions-Mechanismen, in denen ist allerdings eine realistische Repräsentation völlig überflüssig, im Gegenteil wäre sie nur eine energieverbrauchende Fehlerquelle, daher laufen die fundamentalen biologischen Prozesse bewußtlos ab. Die Kopplung ist realitätsgerecht, aber nicht repräsentativ. Die Funktionalität einer repräsentativen Realitätsverarbeitung gilt jedoch umso mehr für ein zielorientiertes bewußtes Handeln. Um erfolgreich handeln zu können, muß die virtuell prognostizierte Folge tatsächlich eintreten. Wir benötigen nicht nur erfolgreich angepaßte Reaktionen, sondern ein realistisches Verständnis der Korrelationen der Welt, möglichst ihrer kausalen Zsammenhänge. Ich entschuldige mich für die Redundanz meiner Aussagen, aber sie waren mir so wichtig, daß ich es lieber mehrmals sage, wenn es dadurch besser verstehbar ist.

Daß es so ist, ist kaum zu bestreiten, wie es möglich ist, daß es so ist, ist das fundamentale Problem. Ob der „neurophänomenale Strukturalismus“ dies zum Ausgangspunkt macht, kann ich nach dem Gelesenen/Gehörten nicht sicher beurteilen, es sieht mir aber danach aus. Entscheidend wichtig kommt mir vor, zu begreifen, daß die Suche nach 1-1-Korrelaten, also Isomorphismen, die Hauptarbeit ist, wenn man die unbewußte Wechselwirkung von Organismus und Umwelt nachzeichnen will, dagegen dürfte das im Falle eines intervenierenden Bewußtseins wenig erfolgversprechend sein, da muß man sich stattdessen auf die Suche nach charakteristischen Morphismen begeben, deren Funktionieren man auf die Möglichkeit stützt, selbstorganisierend konstruktiv die Zielperspektiven mit den Gegebenheiten in Übereinstimmung zu bringen. Hier muß es physiologisch gesehen um das Gegenteil gehen, um die Bruchstellen, an denen das Bewußtsein den Prozeß übernimmt.

Ich habe hier meine Sicht erläutert, um zu prüfen, wie weit sie sich mit der vorgestellten deckt. So habe ich die Aussage „hätte das Bewusstsein keine feste neuronale Basis und daher gibt es auch nicht den einen neuronalen Typ, der einem bestimmten phänomenalen Typus entspäche“ und in dem Unterschied von „neuronalen und phänomenalen Korrelaten“ den einer Objektkorrelation und einer bewußten, interpretierten Korrelation verstanden. Dem würde entsprechen der Wechsel von der Perzeption zur Apperzeption des Bewußtseins.

In einem Punkt sehe ich die Sachlage etwas anders, als hier besprochen (daß der einzige Punkt, wo wir nicht bewußt sind, der Tod ist). Wenn „Wahrnehmen“ nicht den input, sondern den bewußten input bezeichnet, „Erleben“, dann ist alles Wahrnehmen Bewußtsein. Wir können Nichtbewußtsein nicht wahrnehmen, nur auf Nichtbewußtsein schließen. Und instrumentell nachweisen, daß, auch wo keine Bewußtseinsakte stattfinden, neuronale Aktivität herrscht. Betrachten wir die nichterlebte neuronale Aktivität als die unbewußte Kognition, können wir mE feststellen, daß sie den Hauptteil der Kognition ausmacht. In diesem Sinn läuft das meiste Denken unbewußt ab, das bewußte ist nur die Spitze des Eisbergs. Und das ist ein sehr funktionaler evolutiver Tatbestand. Denn der überwiegende Teil der organismischen Steuerung sind funktionierende Routinen, die eine sofortige und angemessene Reaktion des Organismus erfordern. Wir würden katastrophal scheitern, wenn wie uns (bewußt) überlegen müßten, wie wir Handeln sollen. Das Bewußtsein ist nur das Sahnehäubchen, aber es ist auch ein ungeheurer Schritt in der Emanzipation des Subjekts.

Philipp
Philipp
15 Tage zuvor

Ein Kommentar bezüglich folgendeen Zitaten:

„… Kernfrage nach dem von Chalmers „hard problem“ genannten Bewußtseinsproblem, die Grundfrage der Reflexions- oder Metawissenschaft Philosophie, anzugehen.“

Daß es so ist, ist kaum zu bestreiten, wie es möglich ist, daß es so ist, ist das fundamentale Problem. Ob der „neurophänomenale Strukturalismus“ dies zum Ausgangspunkt macht, kann ich nach dem Gelesenen/Gehörten nicht sicher beurteilen, es sieht mir aber danach aus.“

Der neurophänomenale Strukturalismus, wie er in den Arbeiten von Fink vorgestellt wird, stellt eine Untersuchungsstrategie für die Neurowissenschaften dar. Ziel ist es, echte neuronale Korrelate des bewussten Erlebens zu identifizieren und rein statistisch signifikante Korrelate auszuschließen, die nicht mit der Struktur der Phänomenologie übereinstimmen.

Dieser Strukturalismus bezieht sich also nicht auf metaphysische Fragen des Bewusstseins. Der Ansatz enthält zwar selbst implizite metaphysische Annahmen und man könnte die Ergebnisse durchaus für spekulative Überlegungen zur Ontologie des Bewusstseins nutzen, doch letztlich handelt es sich um ein Angebot von Philosophen an Neurowissenschaftler, wie sie ihre Daten besser analysieren können, um angeblich (!) echte NCCs zu identifizieren.

Das wurde von Dirk Boucsein und Axel Stöcker anscheinend nicht ganz korrekt in dem Interview verstanden – beispielsweise betrifft der Ansatz nicht das hard problem von Chalmers das Dirk in diesem Zusammenhang ansprach. Denn diesbezüglich könnte man endlos viele „neurophänomenale strukturelle Übereinstimmungen“ empirisch zeigen bis der Arzt kommt, das würde Leute die das hard problem und co für echte Probleme halten völlig kalt lassen. Es löst deren logisch-konzeptuelles Problem nicht. Dann heißt es wieder: „These are all highly interesting empirical results, but they really touch upon the mind-body and the hard problem of consciousness…“ 😉

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
13 Tage zuvor
Reply to  Philipp

Daß keine wirklichen Korrelate (NCC) gefunden werden können (was sich in der Beliebigkeit der Korrelate ausdrückt), liegt an der Phantasielosigkeit der Empiristen. Man kann nur Korrelate feststellen beim Einzelindividuum, daß die Korrelate individuell unterschiedlich ausfallen, belegt gerade, daß es keine Korrelate von Welt und Sinneswahrnehmung (die Biologie der Individuen ist nahezu gleich) sind, sondern Einordnungen in ein Weltrepräsentationssystem (in die Selbstorganisation des Denkens, die kollektive und individuelle Anteile hat).

Übrigens dient der mathematische Isomorphiebegriff gerade dazu, verborgene, nicht offensichtliche Ähnlichkeiten, also das Ähnliche im (scheinbar) Heteromorphen aufzuspüren. Man bräuchte diesen Begriff nicht, wenn er nur beobachtbare Analogien beschriebe. Das wird besonders deutlich an dem Begriff der funktionalen Äquivalente.

Philipp
Philipp
13 Tage zuvor

Hallo Wolfgang,

nur zur Info vorab, ich habe deinen Beitrag nicht down gevotet.

Empirisch: neuronale Korrelate des Bewusstseins kann man über Personen hinweg meiner Ansicht nach prinzipiell schon feststellen. Es muss schon grundlegende Mechanismen geben die über inter-individuelle Unterschiede bestehen bleiben. Wir sind zwar alle bis zu einem Grad individuell, aber eben doch die gleiche Spezies. 😉

Allerdings ist es empirisch sehr schwer echte NCCs (worin es in dem besagten Paper von Fink und Kollegen ja geht) besser einzugrenzen. Dazu ist es hilfreich die NCCs um Prädispositionen zu erweitern: neuronale Prädispositionen des Bewusstseins (NPCs) als notwendig aber nicht hinreichende Korrelate.

Philosophisch: aus meiner Sicht ist der Begriff der „neuronalen Korrelate des Bewusstseins“ ohnehin nur methodologisch zu verstehen, nicht aber ontologisch. Beispiel: höherer Eisverkauf kann im Sommer mit wärmeren Temperaturen korrelieren. Hier liegen zwei echte (unterschiedliche) Phänomene vor die korrelieren können.

Bewusstsein kann aber nicht ontologisch mit neuronaler Aktivität korrelieren; das wäre wieder nur eine verkappte Form des Dualismus da man in zwei Entitäten oder Prozesse trennt.

Deshalb spreche ich von einer epistemischen Korrespondenz statt von einer Korrelation (wenn man es ganz genau nehmen möchte). Ich habe letztens ein Paper von zwei Philosophen gelesen die bezüglich NCCs genau wie ich argumentiert hatten.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
11 Tage zuvor
Reply to  Philipp

Um mein Konzept etwas verständlicher zu machen und der Mißverständlichkeit des Sprechens entgegenzuwirken:

Es gibt keine zufälligen Korrelationen, nur zufällige Konstellationen. Korrelationen verweisen immer auf einen (stark oder schwach notwendigen) Zusammenhang, im Allgemeinen jedoch nicht auf einen kausalen. Immer gibt es einen Grund der Korrelation.
Selbstverständlich kann man Arten des Seins unterscheiden, ohne den Monismus aufzugeben: Sein kann zu sprachförmigem Sein werden, indem sein materielles Sein zum Träger, Zeichen von etwas anderem wird, denotativ, Bedeutung. Und es kann in einem zweiten Schritt zum Träger von etwas komplexem, zusammenhängendem werden, konnotativ, Begriff. Ich möchte gar nicht Stellung nehmen zu der Frage, ob es ein immaterielles Sein gibt, für das Geistige als „Sinn“, „Bedeutung“ braucht es keinen Dualismus von materiellem Sein und immateriellen Gedanken, nur die emergente Transzendentalität des sprachlichen Seins. In diesem Sinn vertrete ich einen „transzendentalen Materialismus“, ob ich damit der Sprachkonvention entspreche, bin ich mir nicht sicher.
So wird der Vogelschrei zu einem sprachlichen Sein, indem er von Artgenossen als Kommunikationszeichen „interpretiert“ wird. Ich setze hier Anführungszeichen, weil es keines Bewußtseins bedarf, um von Sprache zu reden, es ist der Funktionswandel von einem expressiven zu einem kommunikativen Laut.
Nun mache ich einen großen Sprung ins Bewußtsein. Bewußtsein ist Sprachliches, und es ist reflexiv, also Bewußtsein des Bewußtseins. Es ist phantastisch, daß das neuronal-physiologische Sein Träger von Bewußtsein sein kann; wie ich schon sagte, vielleicht letztenendes unerklärlich, aber offensichtlich (cogito, ergo sum), und biofunktional evident. Und es ergeben sich logisch die Probleme, die die Sprachlichkeit mit sich bringt, das größte das Problem der Wahrheit, denn Sprachlichkeit ist eine Abbildungsbeziehung, in der sich die Wahrheitsfrage stellt: wie korrekt ist die Abbildung, wie weit ist sie möglich, wie kategorisch ist sie? Auf einer höheren Stufe der Reflexion stellt sich die Frage, wie geeignet ist der Träger zum Transport/Transfer der Bedeutung, des Sinns.
Für einen Materialisten gibt es keine Bedeutung ohne materielle Spur, für einen transzendentalen Materialisten ist die Bedeutung nicht auf das unmittelbare materielle Sein zurückführbar, ist der immanente Materialismus, der Bedeutung für rückführbar auf das unmittelbare Sein hält, naiv und absurd.

Zur vorstehenden Replik.
„Wir sind zwar alle bis zu einem Grad individuell, aber eben doch die gleiche Spezies.“ – Ja. Und weil wir seit langem auch über eine operative Sprache verfügen, können wir annähernd alles sprachlich erreichen, insbesondere das Übersetzungsproblem von einer natürlichen Sprache auf/in eine andere lösen, allerdings zeigen uns die dabei auftretenden Schwierigkeiten, insbesondere in den poetischen Kunstsprachen, die Grenzen der Kommunizierbarkeit. Die natürliche Sprache ist die kollektive Selbstorganisation des Denkens einer Sprachgemeinschaft einschließlich der eigensprachlichen individuellen Selbstorgenisation. In den Formalsprachen gipfeln die Anstrengungen, Sprache von subjektiven Voraussetzungen zu reinigen, das führt zu einer universellen Verständlichkeit, aber auch zu einer Ausdrucksarmut, und kann daher nicht das Ziel der menschlichen Kommunikation sein. Die technische Beherrschung der Welt freilich hängt von der Formalisierungskunst der Mathematik ab.
„Beispiel: höherer Eisverkauf“ – selbstverständlich korreliert Eisverkauf schwach mit Sommertemperaturen, aber Eis wird nicht nur zur Erfrischung/Abkühlung konsumiert, das ist nur ein Faktor. Es besteht weder lineare Unabhängigkeit noch lineare Abhängigkeit, sondern eine partielle Abhängigkeit. Das gilt auch für das Verhältnis von Sein und Bewußtsein.
„Bewusstsein kann aber nicht ontologisch mit neuronaler Aktivität korrelieren“ – in meinem Konzept schon. Und wenn es Widerspruch dazu gibt: her damit. Aber ich habe keine Einwände gegen die Aussage „Deshalb spreche ich von einer epistemischen Korrespondenz statt von einer Korrelation“. Korrespondenz ist eine schwache Korrelation, man kann auch sagen, es ist eine surjektive Abbildung. Das charakterisiert den Modellcharakter des Denkens sehr gut.

Philipp
Philipp
11 Tage zuvor

„selbstverständlich korreliert Eisverkauf schwach mit Sommertemperaturen, aber Eis wird nicht nur zur Erfrischung/Abkühlung konsumiert, das ist nur ein Faktor. Es besteht weder lineare Unabhängigkeit noch lineare Abhängigkeit, sondern eine partielle Abhängigkeit. Das gilt auch für das Verhältnis von Sein und Bewußtsein.“

„Korrespondenz ist eine schwache Korrelation, man kann auch sagen, es ist eine surjektive Abbildung. Das charakterisiert den Modellcharakter des Denkens sehr gut.“

Eine epistemische Korrespondenz ist keine Korrelation, auch keine schwache. Das ist ein Kategorienfehler. Beides hat miteinander überhaupt nichts zutun.

Du kannst einen Prozess aus zwei (oder noch viel mehr) verschiedenen epistemischen Perspektiven betrachten. Das hat mit uns zutun, d.h. mit unserer Beobachtung und mit unserem Denken. Es bleibt real aber immer der gleiche Prozess. Hier liegt also keine Korrelation vor. Etwas korreliert nicht mit sich selbst. Das wollte ich mit meinem Beispiel zuvor klar machen. Ob die Korrelation linear ist oder nicht spielt keine Rolle; das ist alles egal im Bezug auf den Punkt den ich machen wollte.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
9 Tage zuvor
Reply to  Philipp

„Eine epistemische Korrespondenz ist keine Korrelation, auch keine schwache.“
Das ist richtig, ich verstehe nur nicht, warum Du mir das schreibst. Es gibt keine Korrelationstheorie, sondern eine Korrespondenztheorie der Wahrheit, die das thematisiert. Diese Korrespondenztheorie ist erkenntnistheoretisch nicht hinreichend, aber sie ist die Basis aller Erkenntnistheorie, ohne eine gewisse Korrespondenz von Welt und Denken der Welt gibt es keine Welterkenntnis, keine Wissenschaft.

„Das ist ein Kategorienfehler. Beides hat miteinander überhaupt nichts zutun.“
Naja, soweit es um die Differenz von Ontologie und Epistemologie geht, stimmt das schon. In einem allgemeineren Sinn aber nicht, da ist Korrespondenz der umfassendere Begriff. Korrespondenz und Korrelation sind Ausdrücke für zwei unterschiedliche Arten von in Beziehung gesetzten Gegenstandspaaren, Korrespondenz drückt eine qualitative Analogie aus, Korrelation eine quantitative. Korrelationen können schwach und stark sein, von einer signifikanten Parallelität statistischer Größen bis zu einer vollkommenen Korrelation numerischer Identität. Der Idealfall in der Physik ist eine Versuchsreihe über einen Zusammenhang von A und B, der eine numerische Darstellung von A und B erlaubt und dann theoretisch von einer Funktion y=f(x) beschrieben wird, also B(x)=f(A(x)), wobei der Parameter nicht die Zeit sein muß, und die exakt im Versuch bestätigt wird. Vollkommene Korrelation setzt aber kein Wertekontinuum voraus, es können auch diskrete Werte xᵢ sein, die Funktion muß allerdings rechtseindeutig sein, sonst ist die Relation ja keine Funktion.

Egal, aus welcher epistemischen Perspektive ich die Welt betrachte, ich bilde sie qualitativ im Denken ab, das ist die Korrespondenz, und nach Möglichkeit gelingt mir eine numerisch (ein)eindeutige Abbildung, dann habe ich eine Korrelation. Der (reale) Prozeß, von dem Du redest, ist uns immer nur in einer gedanklichen Rekonstruktion zugänglich. Und selbst, wenn das tertium non datur nicht gälte, epistemisch muß ich es annehmen, eine Formalisierung in einem algebraischen System, in dem nicht die Selbstkorrelation a=a gilt, also ohne die Reflexivität einer Äquivalenzrelation, ist paradox. Ich verstehe also nicht, was Du mit „Etwas korreliert nicht mit sich selbst“ sagen willst.

Philipp
Philipp
9 Tage zuvor

Hallo Wolfgang, lies doch bitte einmal genau was ich schreibe; denn ich wiederhole mich jetzt zum dritten Mal.

Ich rede nicht von IRGENDEINER Korrespondenz, sondern von einer EPISTEMISCHEN Korrespondenz.

Du brauchst mir nicht zu erklären, was Korrespondenz im ALLGEMEINEN oder MATHEMATISCHEN oder STATISTISCHEN Fall ist. Ich weiß auch was eine Korrelation ist (Pearson, Spearman, Kendall, Distance, etc.), welche Formen der Korrelation es gibt (linear, non-linear, etc.), und so weiter und so fort.

Wenn dir der Begriff der Korrespondenz nicht passt, unverständlich ist, oder was auch immer, dann ist das ok. Ich will hier nicht um Begriffe selbst streiten, es geht um das inhaltliche Verständnis in einer Diskussion. Nochmal: wenn ich von epistemischer Korrespondenz rede, dann meine ich nur genau diese und keine andere Form der Korrespondenz die, außer dem Wort selbst, überhaupt nichts mit dem zutun habe was ich ausdrücken möchte.

„Ich verstehe also nicht, was Du mit „Etwas korreliert nicht mit sich selbst“ sagen willst.“

Ich erkläre es dir nochmal.

Bewusstsein und Geist ist aus meiner Sicht das falsche Modell. Es ist philosophischer Firlefanz. Was wir erleben nennen wir Bewusstsein. Das ist OK so und Teil unserer Sprache. Das muss man nicht abschaffen.

Aber es gibt nicht das Bewusstsein UND gleichzeitig neuronale Aktivität; das ist Dualismus. Es gibt hier nicht zwei Prozesse die parallel laufen und ontologisch (!) irgendwie korrelieren können.

Was wir erleben ist die Nervenaktivität selbst. Und deshalb ist es vollkommen sinnlos von einer ontologischen (!) Korrelation zwischen Bewusstsein und Gehirnaktivität zu sprechen. Dass du hier nicht zustimmen wirst ist mir schon klar; für dich gibt es den Geist, das Bewusstsein, und die neuronale Aktivität ist für dich nur dessen „Spur“. Habe ich verstanden.

Korrelation gibt es in diesem Fall, also im Zusammenhang Bewusstsein––neuronale Aktivität, nur im methodologischen Sinne: beispielsweise korrelieren psychologische Erlebnisdaten mit neuronaler Aktivität. Vielleicht findet man dann NCCs. Hier kann man also ohne Probleme von Korrelation sprechen; diese kann man ja sogar klar messen und demonstrieren. Aber diese Korrelationen gibt es nur in der Methode, empirisch.

Was ist nun der Unterschied zu einer epistemischen Korrespondenz?

Wir wenn wir einerseits unser Erleben phänomenologisch beschreiben und andererseits neuronal, dann liegt keine Korrelation vor, es sind keine zwei Prozesse, sondern eine gedankliche epistemische Korrespondenz. Deshalb gibt es auch KEINEN kausalen Zusammenhang zwischen Gehirn und Bewusstsein, oder zwischen neuronaler Aktivität und Bewusstsein. Das Gehirn schafft nicht kausal Bewusstsein. Es gibt auch umgekehrt keine mentale Verursachung vom Gehirn auf das Neuronale.

Philipp
Philipp
9 Tage zuvor
Reply to  Philipp

Korrektur zum letzten Satz: Es gibt auch umgekehrt keine mentale Verursachung vom Bewusstsein auf das Neuronale.“

Der Mainstream der Philosophie des Geistes hängt in einem falschem Modell fest. Sie gehen von Bewusstsein und neuronaler Aktivität aus. Aus dieser doppelt gemoppelten Vorstellung entstehen alle möglichen philosophischen (metaphysischen) Pseudoprobleme um das Thema.

Wenn du mich also fragst (statt mich wie zuvor immer in in Schubladen zu stecken) welche Ontologie ich vertrete, d.h. eine Form des Materialismus, oder eine Form des Funktionalismus, oder Idealismus, oder was auch immer, dann lautet meine Antwort: GAR KEINE!

Da ich die Frage nach dem Verhältnis zwischen „Bewusstsein“ und Nervenaktivität, oder zwischen „Bewusstsein“ und Sein oder Welt bereits für eine sinnlose Frage halte kann ich auch keine metaphyische oder ontologische Position einnehmen; denn diese Positionen werden für mich genauso sinnlos wen ja schon deren Prämisse auf denen sie beruhen für mich sinnlos ist.

D.h. die ganze Diskussion um diese metaphysischen Positionen, wie z.B. der von dir formulierte Materialismus, ist für mich eine Luftschlossdiskussion hinter der nichts steckt. Man spielt mit Begriffen, aber es steht nichts dahinter.
Ich bin weder Monist noch Dualist noch Idealis – die ganze Diskussion ist sinnlos.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
8 Tage zuvor
Reply to  Philipp

Hallo Philipp,
ich lese genau, was Du schreibst, nur verstehe ich es nicht, auch wenn Du es noch x-mal wiederholst, verstehe nicht, wo und womit genau Du mir widersprichst. So kommen wir nicht weiter. Unsere Positionen scheinen inkompatibel, für mich ist Deine ein unkritischer Positivismus (der Wittgenstein des tractatus), für Dich meiner philosophischer Firlefanz. Dabei können wir es belassen, das ist völlig OK, dann ist das hier meine letzte Replik an Dich.
Falls Dir doch an Klärung des Dissenses gelegen ist, reicht mir nicht, was Du sagst. Eine letzte rhetorische Frage (ich erwarte also keine Antwort) möchte ich doch noch stellen: Wenn Bewußtsein nichts weiter als das „Erleben der Nervenaktivität“ ist, dann ist Bewußtsein ein Epiphänomen. Wozu soll man sich dann mit dem Bewußtsein überhaupt beschäftigen? Welche Bedeutung haben Korrelationen? Ist dann Bewußtsein nicht selbst Firlefanz? Ich verstehe schon, daß harte empirische (neuronale) Fakten nicht korreliert sein können mit Firlefanz, wie aber können sie korrespondieren? Auch das scheint mir ein Kategorienfehler zu sein.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
8 Tage zuvor

Erleben der Nervenaktivität? Warte mal, wir schauen uns das an. Stell dir vor du stehst zwischen Christof Koch und Thomas Fuchs. Du stellst beiden eine Frage zu deinem Bewusstsein. Koch spricht von Nervenaktivität etc., Fuchs spricht vom Erleben. Beide sprechen über dein Gehirn. Es sind nicht zwei Gehirne, sondern zwei Beschreibungsebenen. Klar? Erleben und Nervenaktivität sind dasselbe aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
7 Tage zuvor

Selbstverständlich gibt es ein Drittes, dessen unterschiedliche Perspektiven in unterschiedlichen Disziplinen untersucht werden. Ich stimme ja zu, immer, wenn wir vom Erleben reden oder neuronale Aktivität messen, greifen wir auf das Gehirn zu, auf den Ort der neuronalen Aktivität, denn auch das Erleben ist gebunden an dieses materielle Geschehen, an diesen Ort. Falsch ist aber, daß wir auf das gleiche Geschehen zugreifen, denn das würde bedeuten, daß alles neuronale erlebt wird, es keine unbewußten Vorgänge im Nervensystem gibt. Das ist meine Kritik an der Aussage „Erleben und Nervenaktivität sind dasselbe aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln“ oder „dann liegt keine Korrelation vor, es sind keine zwei Prozesse, sondern eine gedankliche epistemische Korrespondenz“. Selbstverständlich greifen wir auf das Gleiche zu, nämlich einen individuellen Menschen, ein Exemplar der Gesellschaft, ein Exemplar der Gattung Mensch, ein Lebewesen, ein raumzeitliches Objekt (Tiere sind Teile der einen Welt, die wir auch Natur nennen). Allerdings, wenn wir auf das Erleben zugreifen, dann auf die Selbstauskunft des Individuums. Und wenn wir auf die Physiologie zugreifen, dann auf objektive Vorgänge im individuellen Gehirn. Das wären zwei Facetten einer Sache, wenn alle neuronalen Vorgänge sich im Erleben spiegelten, dann hätten wir eine isomorphe Abbildung von physiologischem Geschehen und Erleben. Das ist aber nicht der Fall. Die neurophysiologische Untersuchung des Gehirns ist eine andere als die phänomenologische des Erlebens/Bewußtseins, obwohl sie eng miteinander zusammen hängen. Letztere ist gebunden an erstere, an den Ort und die Funktionsweise der neuronalen Aktivität. Und die Einheit Gehirn ist eingebettet in die höheren Einheiten, wie oben beschrieben.

Meine Frage bezieht sich auf die in meinem Verständnis von Philipp falsch, positivistisch in Beziehung gesetzten Ebenen von materiellen Vorgängen und Bewußtsein/Erleben, die von ihm reduktionistisch verstanden wird. In dem hier zur Diskussion stehenden Beitrag wird es ja präzise formuliert: „Sie gehen hier von einem strukturellen Morphismus eines neuronalen Substrats mit phänomenalen Räumen aus, den Sie als „neurophenomenalen Strukturalismus“ bezeichen.“ Es muß einen Morphismus eines Teils des neuronalen Substrats geben, der auf bzw in den geistigen Raum abbildet, und einen Teil dieses Substrats, der nicht abgebildet wird und so das Unbewußte oder ein überhaupt nicht Repräsentiertes charakterisiert.

Ich reite auf diesem Punkt herum, weil es einfach albern ist, unmittelbare visuelle Wahrnehmung und Sehen, also einen rein materiellen und einen geistig-materiellen Vorgang zu identifizieren. Wir nehmen optische Wahrnehmungen auf, die wir physiologisch auf ihrem Weg ins Gehirn verfolgen können, und die dann verarbeitet/eingearbeitet werden in ein Repräsentationssystem der Welt im Gehirn. Wir sehen nicht die Wahrnehmung von Sinnesreizen, sondern Objekte der Außenwelt. Hätte das Bewußtsein nicht diese Funktion, gäbe es kein Bewußtsein, könnte keine komplexe Feinabstimmung (Anpassung) an die Außenwelt erfolgen.

Bewußtsein verstehen heißt diesen Transformationsprozeß verstehen. Das ist etwas ganz anderes als etwa zu verstehen, wie es zu Fehlwahrnehmungen kommt. Die entstehen auf dem Weg der optischen Übertragung der Erscheinungen auf ein wahrnehmendes Rezeptionsorgan, die Transformation des Strahlengangs auf Retina und den gesamten Wahrnehmungsapparat des Organismus, und können gegebenenfalls (strahlen-)mechanisch behoben werden. Bemerkenswert dabei ist, daß sogar schon die Wahrnehmung von der geistigen Ordnung affiziert wird. In einem geringen Ausmaß korrigieren wir Fehlwahrnehmungen, produzieren allerdings auch welche aufgrund von falsch verallgemeinerten Erfahrungen. Ein schönes paradigmatisches Beispiel ist der von mir gern zitierte schräg im Wasser stehende Stock. Wir nehmen richtig wahr, daß er geknickt ist, und sehen ihn richtig als gerade.

Wahrnehmen und Sehen eines Objekts sind keine zwei Seiten einer Medaille*, das eine ist ein (fast) rein mechanischer materieller Vorgang, der rein naturwissenschaftlich – objektiv – beschrieben werden kann. Das andere ist ein Vorgang, der eine materielle, physiologische Spur hat, aber nicht in dieser Spur aufgeht, enthalten ist, beschrieben werden kann. Dennoch korreliert der Vorgang mit dem physiologischen. Das ist die große Herausforderung, diesen Zusammenhang theoretisch zu rekonstruieren bzw zu modellieren.

* Das wären zwei Facetten einer Sache, wenn alle neuronalen Vorgänge sich im Erleben spiegelten, dann hätten wir eine isomorphe Abbildung von physiologischem Geschehen und Erleben.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
7 Tage zuvor

Die Annahme, Erleben und neuronale Aktivität seien „zwei Facetten einer Sache“, aber dennoch verschieden, ist versteckter Dualismus. Das angeblich „Dritte“, auf das beide Perspektiven zugreifen, existiert nur als gedankliche Hilfskonstruktion, um sich der eigentlichen Frage zu entziehen: Es gibt keinen ontologischen Spalt zwischen Erleben und Neurodynamik – das Erleben ist die Innenperspektive dieser physiologischen Prozesse.
Wichtig: Bewusstsein ist hier ontologisch gemeint, nicht psychologisch. Das heißt, auch unbewusste und vorbewusste Prozesse gehören zur Gesamtstruktur des bewussten Systems. 
Wer von einer „Korrelation“ spricht, unterstellt einen ontologischen Dualismus, der längst Geschichte ist. Bewusstsein ist keine dritte „Sache“, sondern die Selbstintegration eines lebenden Systems, die sich aus zwei Blickwinkeln beschreiben lässt – phänomenal und physiologisch. Alles andere bleibt ein Neuaufguss klassischer Missverständnisse.
Die empirische Korrelation ist unvermeidlich, aber sie darf nicht als ontologisches Argument missverstanden werden. Darauf basiert diese altbackene Supervenienzidee. Ich fürchte, eine weitere Diskussion ergibt keinen Sinn.
Ein Tip noch: Bewusstsein ist keine Substanz, sondern ein Zustand – ein Erregungszustand, erlebbar und messbar.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
6 Tage zuvor

Das ist reiner Positivismus, einschließlich der Überzeugung, ideologiefrei zu sein. Finde ich antiquiert. Übrigens:
Es ist Wortakrobatik, wenn man unter „Erleben und Nervenaktivität sind dasselbe aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln“ und „Erleben und neuronale Aktivität seien ‚zwei Facetten einer Sache‘, aber dennoch verschieden“ etwas verschiedenes versteht. Denn ein Blickwinkel, eine Facette ist nicht das Ganze. Und dieses „dasselbe“ hast Du ja dann auch falsch mit dem Oberbegriff benannt, das eine, mein Gehirn. Das habe ich aufgegriffen als das Dritte, nicht Nervenaktivität und nicht Erleben, sondern das Integrale, wovon beide Facetten oder Perspektiven sind. Ich habe durchaus nicht die Unabhängigkeit beider behaupten wollen. Allerdings haben beide (Perspektiven/Facetten) zwar einen Oberbegriff, aber kein identisches Substrat, sonst wäre alle Hirnaktivität bewußt. Es ist Hirnakrobatik, das Bewußtsein das System von allem Bewußten, Vorbewußten und Unterbewußten zu nennen, das nivelliert die unterschiedlichen Funktionen, die dem bewußten Erleben einerseits, den unbewußten Vorgängen andrerseits zukommen. Wobei die unbewußten Vorgänge nicht ohne eine Transformation, einen Kategorienwechsel zu bewußten werden können. Denn die bewußte Kognition, das bewußte Erleben ist immer repräsentativ (mit Anteilen kognitiver Konstruktion).
Nur ein naiver Positivismus kann diesen Sachverhalt ignorieren, er begreift nicht den sprachlichen Charakter des Denkens.

Nichts für ungut. Ich bedauere die Schärfe meiner Aussage. Aber nicht ich habe den Boden der Argumentation zugunsten von apodiktischen Aussagen verlassen.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
6 Tage zuvor

Ich mache es mal ganz einfach.
Stellen wir uns ein cartesisches Quadrat vor:

  • Links befindet sich das Physische (zum Beispiel neuronale Aktivität).
  • Rechts das Verhalten (z. B. Handlungen, Äußerungen, auch Erleben als beobachtbares Verhalten nach außen oder introspektiv).
  • Unten steht jeweils die Ursache, oben die Wirkung (dies lässt sich auch als Top-Down/Bottom-Up umkehren, je nach Blickwinkel).

Entscheidend ist:
Zwischen dem Physischen (links) und dem Verhalten (rechts) besteht ausschließlich ein korrelatives Verhältnis – und zwar im methodischen, nicht im ontologischen Sinn.
Das heißt:
Aus „Neuron A feuert“ (links unten) folgt niemals im strengen Sinn „Verhalten A tritt auf“ (rechts oben) – jedenfalls nicht als Wirkung im kausalen Sinn.
Man kann beides empirisch korrelieren, aber daraus keine Kausalbeziehung ableiten, die eine Ebene direkt auf die andere abbildet.
Das cartesische Quadrat zeigt, dass wir es mit unterschiedlichen Beschreibungsebenen zu tun haben, die wir aus methodischen Gründen gegenüberstellen (Philipp macht das jeden Tag) – nicht, weil sie zwei verschiedene Wirklichkeiten oder „Substanzen“ wären. Das Missverständnis entsteht, wenn man die methodische Unterscheidung fälschlich als ontologische Trennung liest.
Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.

Wer hier immer noch einen Dualismus oder eine substanzielle Trennung sieht, verwechselt methodische Klarheit mit metaphysischem Ballast.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
6 Tage zuvor

Vielleicht als didaktischer Feinschliff noch folgender Hinweis:
Das cartesische Modell funktioniert überhaupt nur für sehr einfache Korrelationen: Zum Beispiel bewegt jemand auf der rechten Seite seinen Finger, und auf der linken Seite beobachte ich im Hirnscanner die entsprechende neuronale Aktivität.
Entscheidend ist:
Diese Korrelation ist methodisch, nicht ontologisch. Ontologisch betrachtet existiert nur ein einziges System, das wir – aus Gründen der Untersuchung und Beschreibung – in zwei Perspektiven aufteilen: die physiologische (links) und die verhaltensbezogene bzw. phänomenale (rechts).
Bei komplexem Verhalten, zu dem etwa Bewegung, innerer Dialog, Gefühle oder komplexe Kognitionen gehören, stößt diese methodische Korrelation an ihre epistemischen Grenzen. Denn sowohl auf der physischen als auch auf der Verhaltensebene treten Emergenzen auf, deren Komplexität eine eindeutige Zuordnung unmöglich macht. Mit zunehmender Komplexität werden Korrelationen immer unschärfer und verlieren ihren erkenntnistheoretischen Gehalt – sie bleiben methodische Annäherungen, keine ontologischen Erklärungen.
Genau deshalb ist es prinzipiell unmöglich, mit einem Scanner Gedanken „zu lesen“.
Ein Hirnscanner kann allenfalls einfache Muster oder grobe Aktivitätskorrelate erfassen, aber niemals den Inhalt, die Bedeutung oder gar das subjektive Erleben selbst abbilden.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
5 Tage zuvor

Dieser Kommentar liest sich für mich wie ein Zurückrudern. Danach kann man wegen der Komplexität der Vorgänge keine Korrelationen mehr auf-/feststellen. Dem kann ich natürlich zustimmen. Schon in physikalischen Experimenten muß man so präparieren (also die Untersuchungssituation so idealisieren, wie sie nie in der Wirklichkeit existiert), daß man strikte Zusammenhänge feststellen kann. Allerdings dürfte kaum ein Physiker daraus den Schluß ziehen, daß diese festzustellenden Gesetzmäßigkeiten nicht wirklich existieren; man also nicht nur methodisch, sondern ontologisch von Naturgesetzen reden kann.
Wenn man Bewußtsein, und da meine ich nicht nur das Bewußtwerden, sondern das verstehende, untersuchen will, muß man einen isolierten Reiz, seine Projektion auf die neuronale Ebene und den Einfluß eines Paares einer einfachen Gedankenalternative in Beziehung setzen, dh den Gedankenwechsel physiologisch identifizieren. Besser ist es vermutlich, auf die Außenreizung ganz zu verzichten, also direkt die physiologische Struktur eines solchen Gedankenwechsels zu untersuchen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß solche Untersuchungen nicht angestellt werden.

Meine Einwände gegen die Gegenüberstellung von neuronaler Aktivität und Verhalten spare ich mir. Das ist eine terrible simplification.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
5 Tage zuvor

Es ist sicher nett gemeint, aber das Paraphrasieren Deiner Aussage bringt keinen argumentativen Gewinn. Diese nebulöse Korrespondenz zweier Perspektiven kann ich durchaus nachvollziehen. Wir haben ja schon seit langem die Vorstellung aufgegeben, daß die Kognition so etwas wie ein bürokratisches Archiv oder eine offene elektronische Datenbank ist, wir bilden alles in Hirnstrommustern, die sich leicht modifizieren lassen. Grob gesprochen findet in jedem Moment eine partielle Abbildung von einer Totalität von momentanen Reizen in eine Totalität von möglichen neuronalen Zuständen statt, die von der vorläufigen Zustandstotalität, der Reizselektion und der Eigendynamik der Zustandstotalen bestimmt wird. Wenn wir die bewußten Vorgänge einmal beiseitelassen, können wir auf den letztgenannten Bestimmungsfaktor verzichten. Ich bevorzuge, von Abbildungen zu sprechen, weil damit die Beziehungen von Außen nach Innen und umgekehrt am besten charakterisiert werden können. Der Anteil von Schlüsselreizen in der wirksam werdenden Reiztotale nimmt mit der Höherentwicklung der Arten ab. Daher ist die Abbildung von der Reiztotalen auf die neuronale Zustandstotale schon ohne Bewußtsein keine Isomorphie, die Vorstellung eines völlig deterministischen Wirkzusammenhangs also abwegig. Das wolltest Du wohl mit Deinem Beispiel eines einzelnen feuernden Neurons sagen (“Aus „Neuron A feuert“ (links unten) folgt niemals im strengen Sinn „Verhalten A tritt auf“ (rechts oben) – jedenfalls nicht als Wirkung im kausalen Sinn“). Das behaupte ich jedoch nirgendwo. Es handelt sich immer um statistische Wirkzusammenhänge, wenn sie denn bestehen. Aber selbst bei den bewußtseinsunabhängigen Wirkzusammenhängen ist die Wirkweise nicht strikt. Dafür sorgen ua schon Schwellenwerte und Bahnung. Das ändert aber nichts daran, daß man von einem (statistisch) determinierten Zusammenhang sprechen und die Stärke der Korrelation angeben kann, das ist naturwissenschaftliche Empirie.

Nun aber zu Deinem schrägen Bild von einer euklidschen Ebene.
Solange kein Bewußtsein vorhanden ist, gibt es einen wie immer stark korrelierten Reiz-Reaktions-Zusammenhang. Es ist die Funktion der Steuerung durch ein ZNS, ohne diese Korrelationen gäbe es keine hinreichend lebenserhaltende Steuerung, reizvermittelt angepaßtes Verhalten an die wechselnde Umwelt. Hier könnte man tatsächlich von Erleben als Innenwahrnehmung der neuronalen Vorgänge reden. Das sich hier versteckt einschleichende Problem ist das mangelnder Präzision der Sprache, der Doppelbedeutung von Bewußtsein als Wahrnehmungs-/Präsenz- und als Verstehbewußtsein, einem eindirektionalen, nur passivem, verständnislosen Bewußtwerden und einem aktiven, bijektiven Bewußtsein. Man könnte hier an Platons Höhlengleichnis denken. Im passiven Bewußtsein sieht man nur die Schatten der Ideen, der wahren Welt. Man muß ja nicht den Platonschen Fehler des absoluten Idealismus übernehmen, der die Welt in eine universelle Ideenwelt umdenkt. Die Gedankenwelt ist ein vom selbstorganisierenden Subjekt rekonstruiertes Modell der Realwelt, und dadurch kann das operative Bewußtsein zwecks besserer Anpassung sich akkomodieren und adaptieren.

Natürlich kann man sich positivistisch auf die Vorgänge im Amöbenbewußtsein beschränken, das existiert auch noch in uns (bitte dies metaphorisch zu verstehen), man kann so alle Steuerungsvorgänge untersuchen, die ohne Bewußtsein ablaufen, die unbewußt stattfinden, wie die Steuerung von Atmung und des Kreislaufsystems; für sie gibt es eine strikte umweltabhängige, bewußtseinsunabhängige 1/1-Korrelation/Korrespondenz (das ist nicht ganz korrekt, denn es ist erstaunlich, wie weit man in den Automatismus dieser Steuerung eingreifen kann). Wenn es ein autonomes Bewußtsein gibt, und das gehört zu meinen Grundüberzeugungen, ergibt sich aus einer funktionalen Betrachtungsweise, dann zeigt es sich in einer systemischen Transformation der passiven, reizinduzierten neuronalen Aktivität, einer Transformation, die man einer neuronalen Selbsterregung zuschreiben muß, die mit der Fremderregung interveniert.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
5 Tage zuvor

Ich halte dem mal einen komplett anderen Ansatz entgegen, der sowohl phänomenologisch wie neurophysiologisch anschlussfähig ist, allerdings in Kurzform, zu mehr habe ich keine Lust, und beende diesen Dialog hiermit:

Nimmt man das Grundprinzip des Lebens – die Autokatalyse – ernst, muss man Reize als Bestandteil dieser Autokatalyse betrachten. Ohne Reize wäre das Gehirn bedeutungslos, ja gar nicht lebensfähig. Reize sind also grundsätzlich im Gehirn repräsentiert als elektrochemische Erregung. Man kann dies bereits grundsätzlich als Vorstufe zu Spüren, Qualia oder Bewusstsein bezeichnen. Egal, welchen Begriff man verwendet, es gibt nur einen Mechanismus.
Zum Spüren wird der Prozess aber erst durch das Verschmelzen aller Reize (in den assoziativen Arealen) und ihrer Verteilung über das Gehirn. Dadurch entsteht ein interferentieller Innenraum, der erst durch Rekursion erlebt wird. Das System spiegelt sich selbst – nicht kognitiv, sondern strukturell dynamisch. Damit ist die ontologische Wie-Frage von Qualia, Bewusstsein oder Empfinden beantwortet, die ontologische Warum-Frage ist dagegen unbeantwortbar, vergleichbar mit der Frage, warum das Universum existiert. Wie wird aus Materie Erleben muss umgeschrieben werden in: wie wird aus Leben Erleben.
Im übrigen sollte diese Frage am Beginn jeder Erkenntnistheorie stehen, nicht an ihrem Ende.

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
6 Tage zuvor

Im Bewusstsein für euer beider Ringen um Verständnis, Wolfgang Stegemann und Wolfgang Endemann, möchte ich folgendes anmerken:

Zwischen dem Erleben (bewusste Wahrnehmung dessen, was ist, durch den, der war. ist und kommen wird), wächst eine neuronale Aktivität, die einem ganzen Universum zugeordnet ist, um dessen Verkörperung durch Materie sichtbar aus einer unbestimmten Substanz in eine bestimmte Form zu bringen. Diese Verkörperung von Substanz, ich nenne sie Gott, da darin der Urknall enthalten ist, sodass der Glaube nicht Priorittät hat, sondern aus dem Urknall erwächst, tritt in ihrer Lebensform zunächst vorübergehend auf, bis sie sich, den Bedingungen angemessen, angepasst hat. Erst aus der Vergangenheitsform (Gedächtnis) und dessen neuronaler Substanz (Gegenwart) expandiert das Herz in einen Körper aus tragfähiger Substanz, die es kommuniziert, indem der Körper dafür sein Gedächtnis einsetzt.

Im Wissen um die eigene Begrenztheit meiner Person auf ihr Ego, das trotzdem in allen Menschen nicht nur sichtbar ist, sondern als erkennbare Materie bereits über 2000 Jahre überlebt hat, erwächst aus den Naturgesetzen sein Lebensanteil vom Ganzen am Menschen. die Entwicklungsgeschichte (Universum/ Einheit/Erde/Leben/Mann/Frau/Mutter/Würde/Vater) ist bereits das Ergebnis einer neuronalen Aktivität die der gesamten Materie als kommunikationsfähige Substanz der Einheit zukommt, die sich daraus vermittelt.

Ihr Erleben im Bewusstsein für seine Geburt wächst in die Selbsterkenntnis dessen, was ohne substanzielles Gedankengut keine Existenzgrundlage hätte, sodass es wahrscheinlich, oder vielleicht auch nicht auf ein Existenzminimum reduziert ist, das sich selbst aus der Einheit ergeben hat, mit der sie konfrontiert wurde.

Wer oder was immer das auch sein mag, wir scheinen bereits darüber hinaus, an dem Gedankengut zu wachsen, das ein Mensch (ich will ihn Jesus nennen), dank der Substanz von Gott empfangen hat.

Grundsätzlich geht es im Leben darum, wie es in all seiner Komplexität durch ihre Naturgesetze den Zugang findet, den es braucht, um erhalten zu bleiben.

Ich hoffe sehr, das hilft bei unser aller Ringen um Verständnis, sodass wir uns, einmal miteinander verbunden, dieser Verbindung immer bewusster werden können, indem wir sie nicht mehr lösen wollen, indem dieses Ringen um Verständnis im Umgang miteinander immer wieder neue Errungenschaften bringen kann.

Philipp
Philipp
24 Tage zuvor

Die Idee des neuronalen Korrelats für Bewusstsein hatte bereits Wolfgang Köhler in den 1920er-Jahren. Er nannte das damals „psychophysisches Niveau“ (statt neuronales Korrelat des Bewusstseins wie es durch Crick und Koch populär gemacht wurde).

Köhler hatte auch eine ähnliche Isomorphieidee im Sinn wie sie in Fink et al. (2021) „A structural constraint on neural correlates of consciousness“ vorgestellt wird. D.h. die Idee bei der Bewusstseinsinhalte mehr oder weniger eindeutig (über bestimmte Strukturen) auf neuronale Prozesse approximativ isomorph abbilden zu können. Das Mentale habe eine bestimmte Struktur und diese sollte sich auf der neuronalen Ebene irgendwie wiederspiegeln – so Köhler. Hier muss dabei kein exaktes 1:1 mapping bestehen, sondern eine Struktur (wie auch immer die im jeweiligen Fall aussehen soll) sollte passen.

Fink et al. (2021) gehen nun von einem „structural similarity constraint (SSC)“ das die oben genannte strukturelle Isomorphie zwichen dem phänomenalen Erleben und neuronaler Aktivität (bzw. genauer dem Ergebnis bestimmter Analysen neuronaler Aktivität) im Bezug auf NCC meint. Sie grenzen Isomorphie zwar von „surjective homomorphism“ ab und beziehen sich darauf, soweit ist das aber nicht auseinander. Unterschied: die Struktur des phänomenales Erlebens soll auf neuronale mapbar sein; aber umgekehrt muss nicht jede neuronale Aktivität oder Struktur auf phänomenale mapbar sein.

Jedenfalls soll das SSC helfen um „NCC proper“ zu identifizieren und von rein statistisch signifikanten NCC (aber eben keine NCC poper) abzugrenzen. Das SSC soll also helfen um hinreichende neuronale Korrelate des Bewusstseins empirisch besser einzugrenzen – so verstehe ich es. Andere „statistisch signifikante“ NCC können eine neuronale Prädisposition oder notwendige Bedingung für Bewusstsein sein – so Fink et al. (auch wenn sie andere Begriffe dafür wählen) aber eben nicht das direkte Korrelat. (Koch und Tononi nennen das beispielsweise nicht Prädisposition, sondern „enabling factors“, meinen aber in etwa das gleiche. Von enabling factors sprechen auch Fink und Kollegen in dem Paper).

Neuronale Prädispositionen für Bewusstsein sind zwar notwendig, aber eben nicht hinreichend und entsprechen damit nicht dem unmittelbaren NCC bzw NCC proper.

Meine Meinung: es ist richtig, dass es teilweise approximative Isomorphien gibt. Man denke z.B. an grid und place cells (beispielsweise im Hippocampus). Das hat schon ein bisschen was von Isomorphie bzw. struktureller Ähnlichkeit. Allerdings halte ich es für eine starke Übergeneralisierung wenn man solche strukturellen Übereinstimmungen zwischen phänomenal und neuronal als Kriterium für die NCC verwenden möchte – und dann alles als NCC proper „rauswirft“ was nicht diesem Kriterium entspricht. Da bleibt nicht mehr viel übrig.

Statt also (nur) auf ein solches phänomenal-neuronales Mapping für NCC zu setzen, würde ich eher nach Mechanismen suchen, die auch unabhängig davon sein können bzw. ein solches Mapping nicht wie das SSC voraussetzen. Beispiel: wenn man zeigt, dass bestimmte neuronale Dynamiken mit bestimmten psychologischen Daten stark korrelieren, also z.B. auch auch auf der inter-individuellen Ebene, sollte man diese dann als NCC ausschließen nur weil man eventuell kein strukturelles Mapping aufzeigen kann?

Letztendlich wird aus dem Fink et al. paper auch nicht klar (bis auf beispielsweise die zitierte Studie von Brouweger und Heeger (2009)) welche Analysetechniken (und deren Ergebnisse) dem SSC genügen würden (und welche nicht). Das bleibt notwendig vage – verständlich aufgrund der endlosen Möglichkeiten die Daten zu analysieren. Die Idee ist grundsätzlich interessant und cool. Aber ich würde sie nicht generalisieren (Fink et al. relativieren es am Ende ihres Papers dann selbst ohnehin etwas).

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
17 Tage zuvor

Ich denke, Bewusstsein habe ich durch Gedanken, die in das Leben einfließen, ohne das es sie, diese Gedanken, nicht gäbe. Die Bedingungen für den Einfluss in das Bewusstsein sind von Beginn an klar definiert, sodass sie, vom Menschen lesbar, seinem Lebenszyklus gelten. Vor dem Bewusstsein steht das Leben in seiner Form als Mensch, im Bewusstsein wirkt die menschliche Lebensform als Material, das es gilt zu ordnen, nach der Einordnung in das System findet im Bewusstsein der Person ein Wandel statt, der sich in ihrer Verfügbarkeit, als neuer Zugang zum Menschen ergibt.

Nachdem der Mensch als verständiges Wesen gilt, braucht er nicht nur seinen Verstand, sondern ergibt sich vielmehr aus der Vermittelbarkeit persönlicher Entscheidungen, die sich letztendlich immer im Bewusstsein von seinen Mitmenschen verstehen lassen. Daraus erwächst eine Nachfolge im Sinn der Vorgaben, die in letzter Konsequenz in der Lebensform (Soll), als endgültige Lebensform (Haben) bereits alle enthalten sind. Damit schützt sich die Natur vor den Unbilden eines Lebens, das nicht seinen eigenen Vorgaben entspricht, sodass es ihnen den Rang ablaufen will, der sich als Würde bereits manifestiert einzig von seiner Einheit (Transzendenz) überzeugen lässt.

Im Grunde ermöglicht erst das Bewusstsein für eine Ordnung im System den Aufbau der Struktur aus diesem System, sodass seine Gültigkeit von der Menschheit her besteht, die ihren Zugang zum Bewusstsein so gewählt hat, dass er einmal errreicht für alle zugänglich bleibt, die sich in seinen Vorgaben wiederfinden.

Mein Glaube, letztendlich die Akzeptanz dessen, was ich nicht weiß, sagt mir in diesem Zusammenhang, dass ich einen Ersatz für seine dauerhafte Existenz braucht, um für das eintreten zu können, was außerhalb seiner Reichweite liegt. Im Zugriff auf zeitliche Gegebenheiten erhalten wir so die Möglichkeit uns als Mensch weiter zu entwickeln, sodass er sich in unserem Sinn für das Ego einsetzt, eingesetzt hat und einsetzen wird, dessen Namen er für einen bestimmten Lebenszeitraum übernimmt, übernommen hat oder übernehmen wird.

Das Leben fällt so in einen Übertragungsmodus, den es gilt in seinen Anlagen (Gedächtnis) zu ergründen, damit gefördert wird, was die Gedächtnisträger ins Leben einbringen, um ihre Lebenszeit an seinem Herz zu speisen. Erst der Todeskampf unserer Mutter (Erde) gab diesen Modus frei und öffnet so das Bewusstsein für ihre Kinder durch die Quelle, an der sie sich selbst bis zu ihrer Geburt nähren konnte. Nun ist die Erde frei durch die Einheit aus der sie geboren ist und wir Menschen sind um ihre weitere Entwicklung entlastet, denn die liegt nur bedingt in unserer Hand, sodass wir von ihr versorgt, unser Bewusstsein an ihr nähren können. So teilt sie Generation für Generation das Bewusstsein für ihr Herz mit seinem Gedächtnis.

Mit diesem Kommentar hoffe ich, die Transzendenz im Bewusstsein für ihre Einheit und seine Fülle im Umgang mit der Zeit bereichern zu können, die sich nicht durch uns wiederholt, sondern mit uns ihre Gesetzmäßigkeiten so ordnen kann, dass wir jederzeit Zugriff darauf erlangen können. Erleichtert wir dies durch das Internet, doch es ist auch ohne Internet möglich, sich im Bewusstsein für Gott an eine Transzendenz zu gewöhnen, die außerhalb all dessen liegt, was wir uns heute vorstellen können.