Konstruktivismus vs. Realismus

„Konstruktivismus vs. Realismus“ – Hätten Sie lieber die rote oder die blaue Pille?“

„Konstruktivismus vs. Realismus – Hätten Sie lieber die rote oder die blaue Pille?“

„Das ist deine letzte Chance. Danach gibt es kein Zurück. Nimm die blaue Pille: Die Geschichte endet, du wachst in deinem Bett auf und glaubst, was du auch immer glauben willst. Nimm die rote Pille: Du bleibst hier im Wunderland und ich werde dir zeigen, wie tief das Kaninchenloch reicht.“ (Filmzitat von „Morpheus“ aus „Matrix 1“, https://www.kino.de/artikel/matrix-zitate–2mxxg8x6jc)

Abstract

Der folgende Essay ist eigentlich schon länger geplant gewesen und stammt aus der Reihe „Wie viel Konstruktion enthält die Wirklichkeit?“, die ich bereits mit dem älteren Text „Realisten vs. Nominalisten – oder der alte Dualismus „Denken vs. Sprache“ eingeleitet hatte. Im Folgenden möchte ich meinem Versprechen einlösen und versuchen die noch fehlende, grundlegende Lücke zum Verhältnis von „Konstruktivismus vs. Realismus“ in Bezug auf unser „Bewusstsein“ zu schließen.

Bevor ich Ihnen aber die „blaue oder rote Pille“ zur „Bewusstseinserweiterung“ aus dem Film „Matrix“ anbieten kann, benötige ich zunächst einmal ein paar grundlegende „Arzneimittel“. Was das Ganze mit dem Film „Matrix“ auf sich hat, wird sich im Folgenden hoffentlich erschließen. Aber zunächst müssten Sie mir, wie aus einem anderen thematisch ähnlichen Film „Alice im Wunderland“, zunächst einmal in das besagte „Kaninchenloch“ folgen, damit die Trennung zwischen „Konstruktivismus vs. Realismus“ sichtbarer wird. Also möchte ich Ihnen den Plan unserer bevorstehenden Reise in das „Wunderland“ erst einmal offenlegen: „Folge dem weißen Kaninchen!“ (Filmzitat von „Neo“ aus „Matrix 1“)

Wir starten mit dem Arzneimittel „Sprache“, bei dem es hier zunächst einmal um eine klare Begriffsdefinition geht, was „Bewusstsein“ überhaupt erst ist. Ohne diese sprachliche Klärung der Begriffe werde ich nur an Ihnen vorbeischreiben und wir werden keine gemeinsamen „Sinnfelder“ (Markus Gabriel) erzeugen können. Als nächstes Arzneimittel wird natürlich das „Denken“ benötigt. Hier ist allerdings nicht das Allgemeine, sondern im Speziellen die „Philosophie des Geistes“ gemeint. Das „Geist“ und „Denken“ nicht unbedingt dasselbe sein müssen, soll hier noch einmal herausgearbeitet werden. Zum Schluss soll noch das Arzneimittel „Wissen“ Verwendung finden, daher benötigen wir natürlich eine Unterstützung durch die Wissenschaft. Um den „konstruierten Kaninchenbau“ ein wenig mit der „Realität“ abzugleichen, sind empirische Daten der kognitiven Neurowissenschaften vielleicht ganz hilfreich.

Aber bevor Sie mit mir die Reise in den „Kaninchenbau“ starten, um „Morpheus Frage“ nach der „roten oder blauen Pille“ zu entscheiden, wollen wir doch zuerst einmal wissen, welche Wahlmöglichkeiten uns da für unser „Bewusstsein“ angeboten werden. Also beginnen wir zunächst einmal mit dem Lesen des „Beipackzettels“, der für die Einnahme der „roten oder blauen Pille“ beigelegt ist. Danach untersuchen wir den Beipackzettel für das Arzneimittel „Sprache“ um eine genauere Definition des Begriffs „Bewusstsein“ zu erhalten.

 

Beipackzettel für die „rote und blaue Pille“: Konstruktivismus vs. Realismus

Name des Arzneimittels: „rote Pille“ vs. „blaue Pille“

Stoff- und Indikationsgruppe der Arznei: materielle vs. ideelle oder strukturelle Inhaltsstoffe

Anwendungsgebiete „rote Pille“:Realismus“ = aus der „ewigen Illusion“ zu erwachen und die „Realität“ zu erkennen.

Anwendungsgebiete „blaue Pille: „Konstruktivismus“ = mit der Erkenntnis weiterleben, dass die „Wirklichkeit“ konstruiert ist.

Wechselwirkungen „rote Pille“: Studien zeigen eine Erhöhung der Wirkung im Zusammenhang mit dem Naturalismus, der zu Syptomen des „wissenschaftlichen Realismus“ führen kann. Die Symptome des wissenschaftliche Realismus erkennt man daran, dass er versucht die bestmöglichen Erklärungen für Phänomene zur Annäherung an die Realität zu finden.

Wechselwirkungen „blaue Pille“: durch Einnahme von kognitionshaltigen Präparaten aus den Neurowissenschaften kann es zu Formen des „biologischen Konstruktivismus“ kommen. Diese Form von Konstruktivismus geht in ihrer Symptomatik davon aus, dass alle Erkenntnise zur Wirklichkeit unserer Welt nur durch die „Biologie“ unseres Gehirns konstruiert werde.

Nebenwirkungen „rote Pille“: bei einer „Überdosierung“ kann es zu extremen „Realitätsverzerrungen“, wie dem „naiven Realismus“, kommen. Die Symptome äußern sich in der Gleichsetzung von Wahrnehmung und Realität, die dazu führt die Ergebnisse nicht kritisch im Sinne der Falsifikation zu überprüfen.

Nebenwirkungen „blaue Pille“: hochdosiert kann der Konstruktivismus extreme Formen als „radikaler Konstruktivismus“ annehmen, die zu einer „Wirklichkeitsentfremdung“ führen können. In der Symptomatik wird die Wahrnehmung überhöht, da die Realität immer nur als eine Konstruktion aus Sinnesreizen und Gedächtnisleistung gesehen wird. Damit wird eine objektive Wirklichkeit unmöglich.

 

Arzneimittel „Sprache“: Definition des Begriffes „Bewusstsein“

Auf dem „Beipackzettel“ für „Bewusstsein“ steht als Auszug aus den „Anwendungsgebiete in der Sprache“:

Bewusstsein (abgeleitet von dem mittelhochdeutschen Wort bewissen im Sinne von „Wissen über etwas habend“,[1] lateinisch conscientia „Mitwissen“ und altgriechisch συνείδησις syneídēsis „Miterscheinung“, „Mitbild“, „Mitwissen“, συναίσθησις synaísthēsis „Mitwahrnehmung“, „Mitempfindung“ und φρόνησις phrónēsis von φρονεῖν phroneín „bei Sinnen sein, denken“) ist im weitesten Sinne die Summe der mentalen Prozesse Empfindung (primärer Sinneseindruck), Wahrnehmung (Informationsgewinnung und innere „Abbildung“) sowie Erleben (emotionale und kognitive Reaktion). Eine allgemein gültige Definition des Begriffes ist aufgrund seines unterschiedlichen Gebrauchs mit verschiedenen Bedeutungen schwer möglich. Die naturwissenschaftliche Forschung beschäftigt sich mit definierbaren Eigenschaften bewussten Erlebens.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein)

Diese sprachliche Grundlegung für den BegriffBewusstsein“ ist meines Erachtens sehr wichtig, da leider die ursprüngliche Bedeutung von „conscientia” als „Mitwissen“, „Mitwahrnehmung“ und „Mitempfindung“ verloren gegangen ist, dieser strukturelle Aspekt aber sehr wichtig ist. Der Fokus hat sich zumindest seit Descartes dualistisch-metaphysische Trennung in „res cogitans“ vs. „res extensa“ eindeutig auf Seiten der „res cogitans“ verschoben, da das „Bewusstsein“ als rein kognitiver Prozess im Sinne des „Neurozentrismus“ nur im Gehirn verortet wird und die „res extensa“ (Körper „embodiment“, Umwelt „embededdness“) „außen vor“ sind. Seitdem wird verzweifelt nach einem „neuronalen Korrelat des Bewusstseins“ („neuronal correlation of consciousness“ NCC) als „heiligen Gral“ gesucht, ohne ihn zu finden oder jemals finden zu werden.

Wir suchen also bereits am „Eingang“ zu unserem „Kaninchenbau“ aus meiner Sicht an der falschen Stelle für das Phänomen „Bewusstsein“, da wir entweder auf materieller Basis nach entsprechenden Korrelaten im Gehirn forschen (kognitive Neurowissenschaften) oder auf ideeller Basis dieses logisch-deduktiv aus den Konzepten ableiten wollen (Philosophie des Geistes). Der prozessuale Charakter des Phänomens „Bewusstsein“ gerät hierbei aber in beiden Fällen außer Acht, da Bewusstsein meines Erachtens weder materieller noch ideller, sondern struktureller Natur ist, wie ich schon des Häufigeren (wahrscheinlich schon zu häufig in den Augen mancher Leidtragenden) erwähnt habe (s. Archiv „Erkenntnistheorie“). Dazu aber mehr beim Arzneimittel „Denken“ und „Wissen“.

Kommen wir nun lieber wieder zurück zur „Sprache“. Der Begriff „Bewusstsein“ ist nämlich immer noch nicht eindeutig definiert. Daher hier noch einmal ein etwas ausgedehnterer Versuch:

„Es erschwert viele Diskussionen, dass Bewusstsein grundsätzlich zwei Bedeutungen hat.[4] Die erste ist, dass wir überhaupt etwas wahrnehmen und nicht bewusstlos sind. Die zweite, dass wir etwas bewusst wahrnehmen oder tun, also darüber nachdenken beim Wahrnehmen bzw. Tun. Weiterhin ist Bewusstsein keine binäre Eigenschaft, die man hat oder nicht hat. Es gibt Abstufungen, je nach Definition. Michio Kaku definiert es so: „Bewusstsein ist der Prozess, unter Verwendung zahlreicher Rückkopplungsschleifen bezüglich verschiedener Parameter (z. B. Temperatur, Raum, Zeit und in Relation zueinander) ein Modell der Welt zu erschaffen, um ein Ziel zu erreichen.“ Er unterscheidet 4 Stufen des Bewusstseins, von Pflanzen bis zum Menschen – abhängig von der von Stufe 0 bis Stufe 3 exponentiell ansteigenden Zahl der Rückkopplungsschleifen.[5]

Man unterscheidet heute in der Philosophie und Naturwissenschaft verschiedene Aspekte und Entwicklungsstufen:

1. Bewusstsein als „belebt-sein“ oder als „beseelt-sein“ […].

2. Bei Bewusstsein sein: Hier ist der wachbewusste Zustand von Lebewesen gemeint, der sich unter anderem vom Schlafzustand, der Bewusstlosigkeit und anderen Bewusstseinszuständen abgrenzt. […]

3. Bewusstsein als phänomenales Bewusstsein: Ein Lebewesen, das phänomenales Bewusstsein besitzt, nimmt nicht nur Reize auf, sondern erlebt sie auch. […]

4. Zugriffsbewusstsein: Ein Lebewesen, das Zugriffsbewusstsein besitzt, hat Kontrolle über seine Gedanken, kann Entscheidungen treffen und koordiniert handeln.

5. Bewusstsein als gedankliches Bewusstsein: Ein Lebewesen, das gedankliches Bewusstsein besitzt, hat Gedanken. […]

6. Bewusstsein des Selbst: Selbstbewusstsein in diesem Sinne haben Lebewesen, die nicht nur phänomenales und gedankliches Bewusstsein haben, sondern auch wissen, dass sie ein solches Bewusstsein haben.

7. Individualitätsbewusstsein besitzt, wer sich seiner selbst und darüber hinaus seiner Einzigartigkeit als Lebewesen bewusst ist und die Andersartigkeit anderer Lebewesen wahrnimmt. […]

Die Verwendung des Begriffes Bewusstsein ist in der Regel auf eine dieser Bedeutungen und damit auf eine Eingrenzung angewiesen. Auch drücken sich in den verschiedenen Verwendungsweisen oft unterschiedliche Weltanschauungen aus. Eine Studie vom August 2024 zählt etwa 200 unterschiedliche Erklärungsansätze für den Begriff.[6]“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein, Hervorhebungen hinzugefügt)

Keine Angst, die „200 unterschiedliche Erklärungsansätze für den Begriff“ werden wir hier nicht weiter verfolgen, sondern uns nur auf einen begrenzten Ausschnitt. Für die Wahl zwischen der „roten und blauen Pille“ reicht vielleicht die vorgeschlagene Definition für „Bewusstsein“ von Michio Kaku aus seinem Buch Die Physik des Bewusstseins – Über die Zukunft des Geistes“ (2014) und die Eingrenzung auf „3. Bewusstsein als phänomenales Bewusstsein“ aus.

Die Gründe für diesen Fokus möchte ich Ihnen aber gerne transparent machen. Kakus‘ Defintion hat aus meines Erachtens nämlich den Vorteil, dass sie einen naturalistischen Ansatz hat, aber auch strukturenrealistische Elemente (z. B. „Rückkopplungsschleifen“) aufweist. Die Begrenzung auf das „phänomenale Bewusstsein“ lässt sich hierdurch begründen, dass die „basaleren Stufen“ des Bewusstseins vielleicht zu trivial und die „elaborierten Stufen“ vielleicht zu komplex sind. Wichtig ist mir aber herausszustellen, dass alle Stufen des Bewusstseins lebender Organismen/Organoide (Xenobots) wichtig sind und „keine binäre Eigenschaft, die man hat oder nicht hat. Es gibt Abstufungen, je nach Definition.“ (s. o.)

Ich weiß nicht, ob Sie nun bereits in der Lage sind zwischen der Einnahme der „blauen oder roten Pille“ zu wählen. Oder ob nicht vielleicht nicht noch einmal auf den „Beipackzettel“ für das Arzneimittel „Denken“ schauen sollten, bevor wir uns für eine „Einnahme“ entscheiden?

 

Arzneimittel „Denken“: „Bewusstsein“ in der „Philosophie des Geistes“

Die Philosophie des Geistes nimmt schon aufgrund ihres Namens die herausragende Stellung unter den Arzneimitteln ein, weil sie ja als eigentümliches Anwendungsgebiet das Nachdenken über das „Denken“ besitzt und somit als „homöopathische Urtinktur“ für das Phänomen „Bewusstsein“ bezeichnet werden könnte. Aber ebenso wie in der Homöopathie hat die Philosophie des Geistes keine wirklichen Erklärungen für dessen Wirkung nachweisen können.

Seit über 2000 Jahren gibt es hierzu bereits die verschiedensten Versuche zu den Erklärungsansätzen, die man despektierlich vielleicht, wie ich es einst getan habe, als „UEPhA-Cup der Ismen“ bezeichnen könnte. Epiphänomenalismus, Funktionalismus, Materialismus,…, um nur einige stellvertretend zu nennen. Allen „Ismen“ in der Philosophie des Geistes ist allerdings gemein, dass man sie in Kategorien in Bezug auf das „Leib-Seele“-, „Geist-Körper“- oder „Psyche-Materie“-Problem klassifizieren kann.

Diese Konzepte der Dichotomie tauchen zuallerst in Form des „Dualismus“ (z. B. Eigenschaftsdualismus“, David Chalmers) auf. Neuerdings auch durch die Ergebnisse der kognitiven Neurowissenschaften beflügelt, sind auch Formen eines „verkappten Dualismus“ („Neo-Cartesianismus“, Thomas Fuchs) als Spielart des „Monismus“ (Nichtreduktiver Materialismus“, Donald Davidson) durch die „Naturalisiserung des Geistes“ in Mode gekommen.

Das Ergebnis aller Erklärungsansätze ist aber in der Summe gleich nichts. Wenn man die „rote Pille“ geschluckt hätte, würden von allen deduktiv-logischen Theorien am Ende der empirischen Überprüfung nichts übrig bleiben, weil sie dem „wissenschaftlichen Realismus“ nicht standhalten würden. Man würde in Anlehnung an „Matrix“ aus der „Illusion der gedanklichen Konstrukte“ erwachen und die „Wirklichkeit der physiologischen Prozesse“ erkennen.

Aber auch die Einnahme der „blauen Pille“ hätte ebenfalls starke Nebenwirkungen, da sie in Form des „radikalen Konstruktivismus“ alle Versuche der wissenschaftlichen Objektivierung ablehnen würde und im Extremfall im „subjektiven Solipsismus“ landen würde. Falsifikationen werden hierdurch unmöglich gemacht. Dies hätte ebenfalls zur Folge, dass man mit der Erkenntnis weiterleben muss, dass unsere „Wirklichkeit“ nur konstruiert ist und man niemals einen Zugriff auf die Realität erhalten kann.

Damit dem nicht so sein muss, versuche ich schon seit Längerem für eine „nichtreduktive, bidirektionale Neurophilosophie“ für die Aufklärung des Phänomens „Bewusstsein“ in der „1. Person Perspektive“ zu werben. In dieser Form der Neurophilosophie sollen dann die „Konzepte“ der Philosophie des Geistes mit den „Fakten“ der kognitiven Neurowissenschaften als „Konzept-Fakt-Iterativität“ abgeglichen werden. Es geht darum „das Beste aus beiden Welten“ in einer echten Interdisziplinarität zu vereinen.

Fazit: „Wirf die Pillen weg!“ Es geht nicht um die Inhaltsstoffe selber, sondern um die Relationen. Das wollen wir nun an dem nächsten Arzneimittel „Wissen“ noch einmal überprüfen.

 

Arzneimittel „Wissen“: „Bewusstsein“ in den „kognitiven Neurowissenschaften“

Die kognitiven Neurowissenschaften haben aufgrund ihrer elektrophysiologischen (EEG, MEG) und bildgebenden Messverfahren (CT, PET, MRT, fMRT) zu einer regelrechten „Goldgräberstimmung“ im Bereich der Aufklärung des Phänomens „Bewusstsein“ geführt, die in dem positivistischenManifest der Hirnforscher“ 2004 gipfelte. Aufgrund der großen Menge an empirischen Daten hatte man die Hoffnung, dass es in nächster Zeit gelingen würde das Gehirn und seine physiologischen Prozesse und kognitiven Strukturen aufzuklären und hieraus Modelle und Theorien zur Konstitution des Bewusstseins zu erhalten.

Nun, 20 Jahre später gibt es zugegebenermaßne bereits große Leistungen und Erfolge im Bereich der kognitiven Neurowissenschaften zu verzeichnen. Aber das „neuronale Korrelat des Bewusstseins“ gilt weiterhin als „heiliger Gral“, da es scheinbar nicht auf den „Scanbildern der fMRts“ zu bannen oder als „Peaks der EEGs“ in den Ausschlägen zu erkennen ist.

Die Einnahme der „roten Pille“ würde diesen „naiven Realismus“ wahrscheinlich noch verstärken, da hierdurch die empirischen Ergebnisse als real existent angenommen werden. Die Gleichsetzung von Wahrnehmung und Realität führt dazu, dass die Ergebnisse nicht kritisch im Sinne der Falsifikation überprüft werden. Dies kann man leider an einigen Studien aus dem Bereich der kognitiven Neurowissenschaften auch beobachten. Es geht letztendes nur noch um die Datenerhebung, die schon als wissenschaftliches Ergebnis deklariert wird. Die konzeptuelle Interpretation der Daten fällt da schon mal hinten runter. Das sogenannte neuronale Korrelat des Bewusstseins stellt insofern auch gar kein Forschungsziel dar, da es bekanntermaßen nicht falsifizierbar ist.

Die Verabreichung der „blauen Pille“ würde abe auch zu keinem Erfolg führen, da sie den „radikalen Konstruktivismus“ in Form des Neurokonstruktivismus“ (Thomas Fuchs) befördern würde und aus einer naturalistischen Sicht sogar das Phänomen „Bewusstsein“ gänzlich eliminieren würde. Das Bewusstsein wäre dann nur noch ein physiologisches Konstrukt des Gehirns im Ego-Tunnel“ (Thomas Metzinger) eine „geistige Multimedia-Show“ (Antonio Damasio) oder „Cartesisches Theater“ (Daniel Dennett). Das hätte zur Folge, dass man das phänomenale Bewusstsein einfach als „nettes Gadget“ oder „kognitives Interface“ für den Umgang mit der Umwelt degradiert oder ebenfalls einfach eliminiert, da es nur eine evolutionäre Spielart in den Entwicklungsstufen des Gehirns darstellt. Das neuronale Korrelat des Bewusstseins wäre damit ebefalls obsolet.

Fazit: Die Pillen, gleich welcher Couleur, haben hier auch keinerlei erwünschte Effekte. Sie führen in beiden Fällen zur Degradierung oder Negierung des Phänomens „Bewusstsein“.

Das aber Bewusstsein existent ist, kann man im eigenen Selbstversuch jeden Tag testen. Die Suche der kognitiven Neurowissenschaften nach dem neuronalen Korrelat des Bewusstseins im Gehirn muss aus meiner bescheidenen Sicht aber ebenfalls erfolglos bleiben, da es dort in der Tat gar nicht existent ist. Vielleicht liegt es an der materialistischen Sichtweise, die in den kognitiven Neurowissenschaften aufgrund des naturalistischen Paradigmas vorherrschen, dass man den prozessualen, strukturalen Aspekt in Form des embodiments und embededdness nicht stärker berücksichtigt. Natürlich spielt das Gehirn eine entscheidende Rolle bei der Konstitution des Bewusstseins, allerdings keine solitäre.

Die Korrelationen des gesamten Körpers (hauptsächlich natürlich die Wahrnehmungsorgane und das Zentralnervensystem) als „Verkörperung“ des Bewusstseins und die ganze Umwelt (natürlich nur loakal gemein) als „Einbettung“ des Bewusstseins muss bei der Aufklärung des physiologischen Prozesses meines Erachtens mitgemessen werden. Es führt nicht weiter nur die Korrelationen und Strukturveränderungen allein im Gehirn zu suchen. Natürlich verändert sich dort etwas, aber das ist dann ja schon das Ergebnis und nicht die Wirkung. Man muss die Wirkungsweise und nicht das Resultat untersuchen, um den Prozess aufzuklären.

Fazit

So, jetzt sind Sie mir aber lange genug durch den „Kaninchenbau“ gefolgt. Ich hoffe, es war nicht ganz so langweilig und trocken. Aber was machen wir jetzt mit „Morpheus Angebot“ vom Anfang nach der Wahl der entsprechenden Pille? „Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!“ Oder welche Schlüsse könnte man nun ziehen? Ich will es daher am Schluss noch einmal versuchen alles zusammenzufassen:

  1. Ein Realismus, ob nun naiv oder nicht, bringt uns nicht weiter. Ich denke, dass wir tatsächlich keinen direkten Zugriff auf die Realität im ontologischen Sinne haben, sondern nur auf die Wirklichkeit im epistemologischen Sinne.
  2. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Konstruktivismus, radikal oder nicht, damit die bessere Alternative für die Beschreibung der Wirklichkeit ist, da ihm der objektive Abgleich zur Realität fehlt und damit letztendlich zu einem anthropischen Prinzip führen würde.  
  3. Wenn dem so ist, dann nützt auch kein noch so gut gemeinter wissenschaftlicher Realismus, da er die Realität nicht wirklich abbilden kann. Es bleibt insofern nur eine Beschreibung der Strukturen (Korrelationen), die insofern ein moderater, epistemischer Strukturenrealismus vielleicht ganz gut darstellen könnte.
  4. Daher denke ich, dass ein moderater, epistemischer Strukturenrealismus, der mit einer prozessualen Neurophilosophie interdisziplinär zusammenarbeiten würde, hier vielleicht ein paar Fortschritte zur Aufklärung der Konstitution des Bewusstseins bringen könnte.
  5. Aus diesem Grunde wäre es doch vielleicht mal wieder Zeit über den so oft beschworenen „Paradigmenwechsel“ nachzudenken. Da diese Form des Holismus oder Polykontexturalität vielleicht auch zur Lösung anderer aktueller Probleme und Krisen beitragen könnte.

Daher überlasse ich Morpheus zum Abschluss nochmal die letzten Worte zur Systemtheorie:

„Die Matrix ist ein System, Neo. Dieses System ist unser Feind. Was aber siehst du, wenn du dich innerhalb des Systems bewegst? Geschäftsleute, Lehrer, Anwälte, Tischler… Die mentalen Projektionen der Menschen, die wir zu retten versuchen. Bis es dazu kommt, sind diese Menschen immer noch Teil des Systems und das macht sie zu unseren Feinden. Du musst wissen, dass die meisten von ihnen noch nicht soweit sind abgekoppelt zu werden. Viele dieser Menschen sind so angepasst und vom System abhängig, dass sie alles dafür tun, um es zu schützen.“ (https://www.matrix-architekt.de/matrix-1/kapitel-08-die-waechter.shtml, Hervorhebungen hinzugefügt)

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

 

166 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
Heinz Luediger
Heinz Luediger
6 Monate zuvor

Der Naturalismus (und damit der zeitliche Prozess) ist meines Erachtens Teil des Problems und nicht der Lösung. Der Begriff Bewusstsein z.B. hat Bedeutung ausschließlich im Kontext der Sprache, d.h. im Kontext seiner Unwidersprüchlichkeit mit allen anderen Begriffen. Damit ist über das ‚Bewusstsein‘ schon alles gesagt und jeder weiß, was damit gemeint ist. <Bewusstsein> ist schon die Theorie, wenn auch eine affirmativ nicht definierbare. Die Frage, wie Bewusstsein zu definieren sei, ist daher nicht nur sinnlos, sondern auch sprach-destruktiv. Wer die Frage trotzdem stellt und nach Antworten sucht, begibt sich in die Welt der Theorien-in-zweiter-Instanz, des Modells und des bottom-up (Naturalismus-) Syndroms. Er wird aber über kurz oder lang feststellen, daß Phänomene (Erscheinungen) zwar einen Datenaspekt haben, Daten aber keinen Phänomenaspekt. Anders ausgedrückt: Modelle bleiben Modelle, weil sie nicht sprachintegrabel sind. Damit haben sie keinen Bezug zur ‚Welt‘. Diesen Bezug kann nur die klassische (zeit-lose) Theorie leisten. 

Deshalb empfehle ich die gelbe Pille: Den Negativen Strukturalismus (siehe auch „Skizze eines negativen Strukturalismus“)

Anwendungsgebiete: bei dialektischen Verwirrungszuständen, wissenschaftl. Allmachtsfantasien Wissenschaftssophismus, Komplexitätsdelirium, geistiger Anämie und materialistischer Obstipation

Wechselwirkungen: neutralisiert die von naivem Realismus, Konstruktivismus, Reduktionismus und Naturalismus hervorgerufenen Illusionen, Denkbarrieren und Zwangsvorstellungen

Nebenwirkungen: kann gegenwärtig zu akademischer Diskriminierung führen

Was ist drin in der gelben Pille? Phänomene (Erscheinungen) und semantische Theorien (keine Modelle, Algorithmen, Daten, etc.!). Beide sind nur gemeinsam zu haben (kein Phänomen ohne Theorie und keine valide Theorie ohne Phänomene). Sie sind real, insofern sie nicht abweisbar sind. Mit zunehmender Sprachdurchdringung sedimentieren valide Theorie-Phänomen-Paare von intellektueller Wahrnehmung zu unmittelbarer Ästhetik. Phänomen-Theorie-Paare sind zeit-invariantes, synthetisches a priori Wissen. Zwischen Theorien und Phänomenen besteht folglich weder ein analytischer, konstruktivistischer noch ein naturalistischer Zusammenhang, sie sind orthogonal zueinander und nicht aufeinander reduzierbar. Der Versuch der Hinterfragung dieses Wissens ist somit ein Kategorienfehler. Das Merkmal valider Theorien besteht alleinig in ihrer Widerspruchslosigkeit im Kontext der Sprache und damit im sinnlichen Sich-Zeigen. Im Negativen Strukturalismus fallen Ontologie und Epistemologie untrennbar zusammen: was sich nicht widerspricht IST!

Der Negative Strukturalismus ist so real wie nur irgend etwas real sein kann – aber er ist nicht universal, er ist nicht absolut. Er ist real für-uns, in unserem System der Begriffe.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
6 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Der letzte Absatz sollte lauten: Das, was der Negative Strukturalismus hervorbringt, ist so real wie nur irgend etwas real sein kann…Es ist real für uns…

Dirk
Dirk
6 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

vielen Dank für Deinen Kommentar und den „Beipackzettel“ zu Deinem „Rezept“ des „Negativen Strukturalismus“, auf den ich hier gerne kurz eingehen möchte.

Du schreibst: „Der Naturalismus (und damit der zeitliche Prozess) ist meines Erachtens Teil des Problems und nicht der Lösung.“ [Sic], genauso so isset. Wenn man nur mit dem „Medikament“ „Naturalismus“ versucht „herumzutherapieren“, kommt man nicht wirklich weiter, da es in dieser Hinsicht so wirksam ist, wie „Ibuprofen gegen Nagelpilz“. Der Naturalismus bekämpft zwar den „Schmerz“, aber die Syptomatik bleibt trotzdem erhalten.

Allerdings sehe ich Deine Diagnose „Der Begriff Bewusstsein z.B. hat Bedeutung ausschließlich im Kontext der Sprache, d.h. im Kontext seiner Unwidersprüchlichkeit mit allen anderen Begriffen.“ auch wiederum eher skeptisch, da „der Begriff Bewusstsein“ nicht nur „Bedeutung ausschließlich im Kontext der Sprache“ hat. Es geht gar nicht so sehr um den „Kontext seiner Unwidersprüchlichkeit mit allen anderen Begriffen“.

Die „Widersprüchlichkeit“ liegt meines Erachtens nicht so sehr in der Sprache oder der Begrifflichkeit, sondern in der Konzeption. Deshalb gehe ich in diesem Punkt auch nicht einig mit Dir, wenn Du schreibst „Bewusstsein ist schon die Theorie, wenn auch eine affirmativ nicht definierbare.“, da aus meiner Sicht „Bewusstsein“ nicht nur „affirmativ“, sondern auch gut „definierbar“ ist.

Ich weiß zwar, was Du damit meinst, aber es geht aus meiner bescheidenen Sicht, gar nicht so sehr um die „Reinheit der Sprache“ oder die „absolute Definition der Begriffe“. Auch auf die Gefahr in einen Instrumentalismus zu geraten, der Begriff „Bewusstsein“ ist nur ein „terminus technicus“; mehr nicht.

Daher lehne ich aber, genau wie Du die „Welt der Theorien-in-zweiter-Instanz, des Modells und des bottom-up (Naturalismus-) Syndroms“ ab, da sie uns nicht wirklich weiter bringt. Es gibt da kein „bottom-up“ und der Weg würde auch ins Leere führen.

Du schreibst: „Er wird aber über kurz oder lang feststellen, daß Phänomene (Erscheinungen) zwar einen Datenaspekt haben, Daten aber keinen Phänomenaspekt. Anders ausgedrückt: Modelle bleiben Modelle, weil sie nicht sprachintegrabel sind. Damit haben sie keinen Bezug zur ‚Welt‘.“ Bei dem ersten Teil mache ich mit, beim zweiten nicht. Das haben wir schon so oft diskutiert, vielleicht aber noch nicht mit Dir, dass hier ein klassischer „Kategoriefehler“ vorliegt, wenn man „Daten mit Phänomen gleichsetzt“.

Trotzdem versuche ich das Phänomen „Bewusstsein“ auf diese Art zu „retten“, da ich es nicht nur als „sparchintegrables Modell“ sehe, sondern als „physiologisches Modell“ sehe, das mit Hilfe des Strukturenrealismus beschrieben werden kann. Wenn Du möchtest, kannst Du es auch gerne dialektisch als „Negativen Strukturenrealismus“ versuchen zu beschreiben. Das ändert aus meiner Sicht nicht wirklich etwas, da es nur wie in der früheren Fotografie aus dem Negativ ein „Bild“ erschafft.

Du schreibst: „Zwischen Theorien und Phänomenen besteht folglich weder ein analytischer, konstruktivistischer noch ein naturalistischer Zusammenhang, sie sind orthogonal zueinander und nicht aufeinander reduzierbar. Der Versuch der Hinterfragung dieses Wissens ist somit ein Kategorienfehler.“ Jo, her mit der „Pille“ ob jetzt „orthogonal“ oder „polykontextural“. Hauptsache sie wirkt endlich mal.

Viele Grüße
Dirk

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
6 Monate zuvor

Hallo Dirk, lass mich auf Deine Thesen, die Du in unnachahmlicher Weise vorgetragen hast, kurz eingehen:

Mit den Begriffen „Realismus“, „Konstruktivismus“, „Strukturenrealismus“ und „epistemologische Zugriffe“  kriegst Du ontologische Probleme nicht in den Griff. Dies auch deshalb, weil wir letztlich alle Pragmatiker sind, und die Welt mal realistisch, mal konstruktivistisch, mal instrumentalistisch sehen und handhaben, je nachdem was gerade zu den Argumenten passt. Alle diese „-ismen“ haben Aspekte, die mal zutreffen, mal nützlich sind und mal Theorien untermauern und mal nicht. Wir sind uns einig, dass

a)       der Realismus ist die effektivste Sicht auf die Alltagwelt ist, er versagt aber bei den kleinen Bausteinen, aus der die Welt aufgebaut sein soll,

b)      der Konstruktivismus seine eigene Welt erschafft und kann die Frage, die uns umtreibt (ob wir das wollen oder nicht), nämlich die nach der Wahrheit der Welt, grundsätzlich nicht beantworten kann.

Dazu das Problem: den Strukturenrealismus gibt es in vielfältiger Form, aber er läßt sich am Ende auf das Zusammenspiel vereinzelter Entitäten reduzieren – am Ende sind wir wieder bei dem Einen im Gegensatz zum Ganzen, ein Ganzes haben wir aber nicht, und wir verstehen auch nicht, woraus das bestehen soll. Der epistemische Strukturenrealismus geht davon aus, es müßte etwas geben, zwischen dem Korrelationen herrschen, aber leider gibt es erst etwas, dann erst Korrelationen zwischen diesen Etwas – dies aus logischen Gründen.

Ich glaube, dass ein Paradigmenwechsel notwendig ist, aber nicht über die herkömmliche Denkweise zu erreichen ist. Die Denkgewohnheiten sind das Problem. Es sind die Denkgewohnheiten des Realisten, sie stecken tief in uns. Wer über die Welt und über Strukturen redet, redet am Ende doch von Etwas, von dem wir Teil sind, und wären wir nicht Teil davon, hätten wir darüber keine Erkenntnis. Es gibt daher nicht das Bewußtsein in uns. Es wäre gar nicht vorhanden, wenn es nicht gleichartige Bewußtseins außerhalb von uns gäbe. Ein einziges Erkennissubjekt auf der Welt kann niemals zu Erkenntnissen kommen, genauso wie ein einzelnes Objekt (ohne Austausch mit der Umgebung) nicht erkannt werden kann. Wir können nicht objektivieren, wir können nur so tun, als könnten wir dies – dies wie ich schon immer sage – aus sprach- und denkökonomischen Gründen.

Ich glaube man muss den Erkenntnisprozess selbst im Detail untersuchen. Womit beginnt Erkenntnis – mit welchen Elementarakten? Das ist mühsam, aber es muss sein. Man kann nicht am Ende anfangen, mit den „ismen“, die machen nur eine schablonenhafte Beschreibung und am Ende bist Du so klug als wie zuvor.

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
6 Monate zuvor

Hallo Bernd,

ich teile zwar nicht Deinen Pragmatismus, aber Deine Analyse des Strukturenrealismus und die Forderung nach einem Paradigmenwechels trägt.

Der Strukturenrealismus geht als Idee auf Hegel zurück, der in seiner LOGIK kritisierte, daß die klassische Logik von außen (a posteriori) an die schon längst existierenden Inhalte des Bewusstseins herangetragen wird, womit die Logik zur Theorie-in-zweiter-Instanz wird – also unbrauchbar die Einheit von Begriff und Gegenstand zu erhellen. Als legitimes Objekt der Untersuchung verbleiben also nur die Strukturen, denen die Inhalte des Bewusstseins unterliegen. Diese Strukturen müssen daher (nach Hegel) untersucht werden ohne Rückgriff auf konkrete Bewusstseinsinhalte, was die klassische Logik als Mittel der Untersuchung ausschließt, denn sie bedarf der Bewusstseinsinhalte. Die Methode der Untersuchung der Strukturen muss daher, sofern man sie Logik nennen will, eine nicht-, über-, oder post-klassische Logik sein, nämlich seine (Hegels) LOGIK. Ob er diesen Ansatz stringent durchgeführt hat, wage ich nicht zu beurteilen, weil ich seine LOGIK nur rudimentär nachvollziehen kann.

Der Strukturenrealismus verzichtet in der Tat, wie Hegel es fordert, auf die dinglichen Inhalte des Bewusstseins und verlegt sich auf Strukturen (Relationen bzw. Netze von Relationen). Zunächst habe ich Zweifel ob Relationen überhaupt Strukturen sind, aber diese Diskussion würde den Rahmen sprengen. Sicher dagegen scheint mir, das die Relationen des Strukturenrealismus nicht der Hegel‘schen Anforderung genügen, logisch nicht-klassisch sein zu müssen, denn der Strukturenrealismus diskutiert seine Relationen wie das Stahlskelett eines Hochhauses, d.h. logisch-affirmativ, während bei Hegel die (doppelte) Negation zentral, aber auch sehr schwer zu durchschauen ist. Indem der Strukturenrealismus bezüglich seiner Relationen eben doch wieder auf Bewusstseinsinhalte zurückgreift, bleibt seine Methode klassisch-logisch, nur daß er die Dinge gegen die Strukturen (Relationen) getauscht hat.

Bernd, ich glaube nicht, daß die (post)moderne Methode mit Details anzufangen und daraus Paläste zu bauen irgendwohin führt (siehe QM). Erfolgreicher scheint mir, dahin zurückzugehen, wo die moderne Wissenschaft/Philosophie falsch abgebogen ist, um dort neu anzusetzen. Der locus delicti ist m.E. an der Schnittstelle zwischen Rationalismus und Romantik (Historizismus) zu suchen.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
6 Monate zuvor

Hallo Bernd,
in diesem Artikel thematisiere ich genau das, was du hier als Problem ansprichst. Vielleicht hilft es dir weiter: https://www.dr-stegemann.de/erkenntnistheorie-anthropischer-relativismus/genetisch-relativistische-erkenntnistheorie/
Es schlägt genau den Bogen vom Subjekt zur Welt und wieder zurück.
Aber natürlich weiß es wieder jeder besser und fällt drüber her, ist aber kein Problem.

Dirk
Dirk
6 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

das freut mich zunächst einmal, dass Du Deine „Stimme wiedergefunden hast“ und Dich doch noch „unterhalten willst“.

Was mich allerdings ein wenig stört, dass Du gar keine Unterhaltung betreibst, sondern nur auf den Inhalt Deines Artikels auf Deiner Seite verweist. Das hatte ich Dir schon einmal geschrieben, dass dies nicht so zielführend ist. Daher müsste ich hier auch mal eine „Brandrede“ halten.

Wenn ich daher hier mal ein bisschen Meta-Kommunikation und nicht nur Meta-Physik betreiben darf, weil es leider notwendig ist.

Ein kleiner Tipp. Du kannst gerne etwas zum Thema als „Hilfe“ aus Deinem Text zitieren. Denn sonst weiß keiner genau, worüber wir uns hier unterhalten sollen.

Ich könnte auch einfach schreiben. Guckst Du hier, da wird Dir geholfen: https://philosophies.de/index.php/2021/04/25/das-neurozentristische-weltbild/

Und dann wäre es auch noch schön, wenn wir als Diskutierende uns wenigstens mal auf das beziehen könnten, was der andere geschrieben hat. Und nicht immer nur unsere Positionen in den Vordergrund stellen würden.

„Aber natürlich weiß es wieder jeder besser und fällt drüber her, ist aber kein Problem.“ Ne, darum geht es hier – jedenfalls aus meiner Sicht – nicht. Es geht nicht darum, wer es wieder „besser weiß“, sondern um einen Gedankenaustausch, der einen weiterbringt. Weil „Besserwisser“ können wir gar nicht sein, da es zu diesen Themen keine (absolute) Wahrheit geben kann (und man auch nicht so tun sollte).

Und „drüber her fallen“ würde ich dies auch nicht nennen. Da jede Kritik eigentlich schon von anfang an positiv ist, da sich jemand überhaupt die Zeit genommen hat, sich mit den Themen zu beschäftigen, die einen ebenfalls beschäftigt haben. Ich bin jedenfalls für jede Kritik dankbar, so lange sie nicht persönlich und konstruktiv ist.

Daher würde ich mich freuen, wenn Du wieder ernsthaft etwas dazu zu schreiben oder zu sagen hast.

Liebe Grüße
Dirk

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
6 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

Ich kenne ja den Text, und falle keinesfalls darüber her, und möchte Deinen Ausführungen zu den ersten beiden Stufen der Erkenntnis zustimmen – mit einer Ausnahme: Du behauptest, die ersten drei Stufen würden einen praktischen Realismus praktizieren, der für unser Handeln und Erkennen notwendig ist und dieser Realismus sei instrumentalistisch, insofern er die Welt als Gegenstand möglicher Erkenntnis und Handlung konstituiert.

An dieser Textstelle bereits beginnst Du mit Begriffen, die ich nicht verstehe, und den von Dir verwendeten Realismusbegriff muss ich als „vage“ bezeichnen – was ist ein „praktischer, instrumentalistischer Realismus“ ?

Ich kann Dir bis zur Konstruktion von Begriffen zum intersubjektiven Austausch von Beobachtungen folgen, aber dass dies automatisch zu einem Realismus (irgendeiner Art) führt – kann ich nicht sehen. So tun, als ob das Beobachtete real wäre, ergibt sich erst nach Erfahrung (oder anders gesagt nach einer Konvention des „Nicht-Irrens“) – da liegt also eine lange Durststrecke zwischen Begriffskonstruktion und Weltsicht.

Vielleicht kannst Du mal ein Beispiel bringen für die Welt unseres Alltags, aber auch für die unbeobachtbaren Objekte der kleinsten Welten – sozusagen ein Erkenntnisprozess, der auf allen Skalen gilt. Das soll er doch. Oder haben wir über die unbeobachtbaren Objekte (noch) keine Erkenntnis?

Wie gesagt, ich will Dir gerne folgen, aber bereits an der besagten Stelle versagt mein Verständnis. Und abgesehen davon bilden schon die Begriffskonstruktionen ja nur Aspekte ab. Wie die Welt wirklich ist, bleibt ungewiss, das Wort „Realismus“ ist vielleicht nur unglücklich gewählt.
Grüße
Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
6 Monate zuvor

Oder praktizieren wir mit dem Ausruf „da – da ist was“ (auf etwas außerhalb von uns) schon einen Realismus?

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
6 Monate zuvor

Hallo Bernd,
Vielen Dank für deine Kritik.
Der „praktische, instrumentalistische Realismus“ der ersten drei Stufen bedeutet nicht, dass wir automatisch zu einem metaphysischen Realismus gelangen. Vielmehr entwickelt sich dieser wie folgt:

  1. Auf der ersten Stufe haben wir die neuronale Transformation der Realität. Diese schafft bereits eine fundamentale Distanz zwischen dem „Ding an sich“ und unserer Wahrnehmung, da die Realität in elektrochemische Signale und Muster transformiert wird.
  2. Auf der zweiten Stufe erfolgt die Abstraktion und Formalisierung, die intersubjektive Verständigung ermöglicht. Hier werden gemeinsame begriffliche Strukturen entwickelt – nicht weil wir wissen, dass sie die Realität „wirklich“ abbilden, sondern weil sie sich als praktische Instrumente der Welterschließung bewähren.
  3. Die dritte Stufe führt die reflexive Dimension ein, die den konstruktiven Charakter unserer Erkenntnis explizit macht.

Der „praktische Realismus“ dieser Stufen bedeutet also nicht, dass wir einen naiven Realismus vertreten, sondern dass wir aus praktischer Notwendigkeit so handeln müssen, als ob unsere Begriffe und Modelle sich auf etwas „Reales“ beziehen würden – wobei wir uns ihrer Konstruiertheit bewusst bleiben.
Du hast völlig Recht, dass die Begriffskonstruktion nur Aspekte abbildet und die „wirkliche“ Beschaffenheit der Welt ungewiss bleibt. Genau diese Einsicht wird dann auf der vierten Stufe zur Meta-Meta-Erkenntnis radikalisiert.
Ein konkretes Beispiel für diesen Prozess auf verschiedenen Skalen:

  • Alltagswelt: Ein Tisch erscheint zunächst als unmittelbare Wahrnehmung, wird dann begrifflich gefasst und in seiner praktischen Funktion verstanden, wobei die Reflexion zeigt, dass unsere „Tisch“-Konzeption eine zweckmäßige Konstruktion ist.
  • Quantenwelt: Ein Elektron wird zunächst durch Messinstrumente „wahrgenommen“, dann mathematisch modelliert und in Theorien eingebettet. Die Reflexion zeigt hier besonders deutlich den konstruktiven Charakter unserer Begriffe – und dennoch müssen wir praktisch mit diesen Modellen arbeiten.

Ich hoffe, es ist etwas klarer geworden.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
6 Monate zuvor

Hi Wolfgang,
ja ich verstehe, was Du meinst.

Das Problem ist die zweite Stufe: dort erfolgt „die Abstraktion und Formalisierung, die intersubjektive Verständigung ermöglicht. Hier werden gemeinsame begriffliche Strukturen entwickelt – nicht weil wir wissen, dass sie die Realität „wirklich“ abbilden, sondern weil sie sich als praktische Instrumente der Welterschließung bewähren.“

Ich meine dass es schon auf dieser Stufe große Probleme gibt: die Abstraktion und Formalisierung der Beobachtung ergeben einen schwierigen Prozess. Wir benötigen dazu: Intuition und Erfahrung, sprachliche Instrumente, die Mathematik, und Kommunikation. Und wir werden dabei von Denkgewohnheiten geplagt und kulturellen Zwängen bedrängt. Unser Gehirn sträubt sich gegen alles Neue. Auf dieser Stufe 2 zerfasert der Erkenntnisprozess bereits in viele Richtungen:

Beispiel: Wir beobachten etwas Neues und müssen das, was da agiert (die Ontologie) individiueren und kategoisieren. Ich beschränke mich, damit es nicht ausufert, auf die Ontologie, und lasse den Funktionalismus außen vor. Individuierung und Kategorisierung der Objekte haben wir immer schon über Eigenschaftsbegriffe gemacht. a) Nun stellt sich heraus, dass die Ontologie zwar mit Eigenschaftsbegriffen zu beschreiben ist, aber dabei treten Kategorienfehler auf, die nicht zu beseitigen sind (z.B. Welle-Teilchen-Dualismus). b) Dann gibt es Leute, da behaupten, dass Eigenschaftsbegriffe dazu da sind, die bestehende Ontologie, die äußere Welt, zu beschreiben, wie sie ist, streiten also den instrumentellen Charakter der Begriffe von vornherein ab ab (Realisten). c) Und dann treten Leute auf den Plan, die behaupten, dass die Ontologie im subatomaren Bereich mit dem Eigenschaftsbegriff überhaupt nicht zu beschreiben ist, was große Ratlosigkeit hervorruft, denn andere Begriffe stehen nicht zur Verfügung (Messproblem der Quantenphysik). d) Und dann kommen noch welche daher und behauptet, dass die erfolgreiche instrumentelle Anwendung noch lange nicht die Erfahrung liefert, dass wir damit einen Bezug zur wahren Ontologie herstellen können, nur zu Aspekten der Ontologie – und damit würden die kleinsten Bausteine dieser Welt ewig und immer im Dunkel des kollektiven Unwissens verborgen bleiben (Konstruktivisten). Es gibt dann keine Konvention über die Beschreibung der Beobachtung, in der Stufe 2 scheitern alle Bemühungen um einen Erkenntnisgewinn. Weder die Einnahme der grünen, noch die der roten, erst Recht nicht der blauen Pille hilft hier weiter.

Ich habe jetzt, wie angekündigt, den Erkenntnisprozess, den Du allgemein beschrieben hast, und der sehr vernünftig klingt, im Detail untersucht, und stelle fest: es kann sein, dass wir gar nicht bis Stufe 3 kommen.

Was hälst Du davon? Mache ich einen Denkfehler?

Grüße
Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
6 Monate zuvor

Hallo Bernd,
es gibt verschiedene Arten von Erkenntnis. Die operationale entspricht unserem Alltagsdenken und ist in der Regel monokausal. Auf der formalisierten Stufe operiert z.B. die Wissenschaft. Wenn die Physik hier mit ihren Mitteln die Welt erklären will, sprechen wir von naivem Realismus. Auf der reflexiven Metaebene (Stufe 3) sind die Erkenntnistheorien angesiedelt. Sie lösen ihre Probleme durch die Einführung metaphysischer Begriffe, wie das Ding an sich, Gott, reine Vernunft oder sonstige Setzungen. Oder sie stellen unhinterfragbare Behauptungen auf (z.B. „es gibt nur Strukturen“). Sie begreifen ihre eigene Begrenztheit nur formal. Die relativistische Erkenntnis (Stufe 4) versteht, dass Erkenntnis sich aus dem spezifischen (epistemischen) Verhältnis von Subjekt und Welt ergibt. Sie berücksichtigt verschiedene Perspektiven, aus denen sich verschiedene Erkenntnisse ergeben (klassische und Quantenphysik).
Leider vertauschen wir diese Stufen in einer einzigen Argumentationslinie oder springen hin und her.
Beispiel Quantenmechanik: wir erkennen unser begrenztes Verständnis (Stufe 3) und suchen nach neuen Erklärungen, argumentieren mit klassisch physikalischen Kategorien (Stufe 2) und verwenden monokausale Argumente (Stufe 1).
Hinzu kommt unsere evolutionär hilfreiche Neigung, Phänomene zu ontologisieren und Dinge per schneller Assoziation zu verknüpfen. Von emotionalen Präferenzen soll gar nicht die Rede sein. Heraus kommen oft neue Rätsel oder scheinbare Lösungen, die, marktgerecht präsentiert, oftmals äußerst publikumswirksam sein können.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
5 Monate zuvor

Hi Wolfgang,

Du schreibst: „Die relativistische Erkenntnis (Stufe 4) versteht, dass Erkenntnis sich aus dem spezifischen (epistemischen) Verhältnis von Subjekt und Welt ergibt. Sie berücksichtigt verschiedene Perspektiven, aus denen sich verschiedene Erkenntnisse ergeben (klassische und Quantenphysik).“

Das sind leider nicht verschiedene, sondern sich widersprechende Erkenntnisse.

Du schreibst; „Leider vertauschen wir diese Stufen in einer einzigen Argumentationslinie oder springen hin und her.“ Das kann sein, aber die Beschreibung des Problems hat – so meine ich – System. Also muss doch die Antwort dies auch haben.

Der Anspruch an eine Erkenntnistheorie ist doch, uns zu sagen, wie ich im Erkenntnisprozess Irrtümer vermeide? Leistet Deine Erkenntnistheorie dies?

Oder ist Dein Anspruch nur eine Beschreibung, wie ich zu Erkenntnissen überhaupt komme, aber gibt es da nicht unendliche viele Wege zu unendlich vielen Erkenntnissen?

Oder führt Deine Theorie dazu zu sagen, eine finale Erkenntnis über einen ontologischen Sachverhalt gibt es nicht, und schon der minimale Anspruch, nur eine widerspruchfreie Beschreibung eines ontologischen Sachverhalts zu finden, ist unerfüllbar – ja auch der Anspruch  nur nach einer logischer Beschreibung einer Ontologie kann schon nicht eingelöst werden?

Ist es das?

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
5 Monate zuvor

Hallo Bernd,

Der Kern meiner genetisch relativistischen Erkenntnistheorie liegt in der systematischen Unterscheidung und Integration verschiedener Erkenntnisebenen. Den ersten drei Stufen (Wahrnehmung, Formalisierung, Reflexion) kommt dabei eine instrumentelle und methodische Funktion zu – sie ermöglichen uns praktische Orientierung und wissenschaftliches Arbeiten.

Diese Stufen sind notwendige Werkzeuge unseres Erkennens.
Die vierte Stufe markiert dann einen entscheidenden Perspektivwechsel: Sie erkennt, dass jede Erkenntnis fundamental an die spezifische epistemische Position des erkennenden Subjekts gebunden ist. Dies führt zu der Einsicht, dass unsere Erkenntnisweisen immer perspektivisch und konstruktiv sind.

Deine Frage nach „widersprüchlichen Erkenntnissen“ wie klassischer und Quantenphysik löst sich damit auf: Es sind verschiedene, gleichermaßen valide Modellierungen aus unterschiedlichen epistemischen Perspektiven. Der scheinbare Widerspruch entsteht nur, wenn man sie fälschlich als Aussagen über eine positionsunabhängige „Realität an sich“ interpretiert.

Die Theorie zielt also nicht darauf, „Irrtümer zu vermeiden“ im Sinne einer Annäherung an absolute Wahrheit. Sondern sie zeigt die Struktur unseres Erkennens auf: Wir brauchen die instrumentellen ersten drei Stufen für unser praktisches und wissenschaftliches Handeln. Zugleich erkennen wir auf der vierten Stufe deren perspektivische Bedingtheit. Diese Einsicht hebt die praktische Validität der ersten drei Stufen nicht auf – sie situiert sie nur in ihrem erkenntnistheoretischen Kontext.

Konzepte wie „objektive Wahrheit“, „Ding an sich“ oder „reine Vernunft“ erweisen sich damit als Setzungen, die eine positionsunabhängige Perspektive voraussetzen würden, quasi einen Gottmodus.

Diese Theorie ist nicht spekulativ konstruiert, sondern basiert auf den empirisch gut belegten Erkenntnissen der genetischen Epistemologie Piagets. Die ersten drei Stufen entsprechen dabei der beobachtbaren kognitiven Entwicklung.

Die vierte Stufe geht dann über Piaget hinaus, indem sie eine meta-theoretische Perspektive auf den gesamten Erkenntnisprozess einnimmt.
Damit wird die klassische Metaphysik überwunden und wird zur Metatheorie.

Dirk
Dirk
6 Monate zuvor

Lieber Bernd,

vielen Dank für Deinen interessanten Kommentar und Deine freundlichen Worte, auf die ich natürlich auch gerne antworten möchte.

Du schreibst aus meiner Sicht vollkommen korrekt: „Mit den Begriffen „Realismus“, „Konstruktivismus“, „Strukturenrealismus“ und „epistemologische Zugriffe“ kriegst Du ontologische Probleme nicht in den Griff.“ Darum ging es nämlich auch in meinem Essay, dass es nicht wirklich eine Wirklichkeit geben kann, in der wir in der Realität die „ontologische Probleme in den Griff“ bekommen könnten.

Das schafft meines Erachtens keiner, der von Dir zu Recht kritisierten „Ismen“, da (wie schon so oft erwähnt) dies zu logischen Kategoriefehlern führen würde, weil Epistemologie und Ontologie nun mal (leider) meiner Meinung nach nicht auf-/zueinander passen. Ich bezweifele eigentlich sowieseo, dass wir überhaupt eine „wahren/wahrhaftigen“ Zugriff auf die Ontologie im metaphysischen Sinne haben.

Das ist aber gerade der „Trick“ am Strukturenrealismus (SR), dass er das erst gar nicht beabsichtigt; zumindest wenn wir vom epistemischen und nicht vom ontischen SR sprechen. Es geht lediglich um die Beschreibung von Strukturen und deren möglichen Applikationen. Du kannst es auch gerne aus wissenschaftstheoretischer Sicht „Instrumentalismus“ (schon wieder ein Ismus 😉 nennen; kein Problem. Da alle anderen ontologischen, metaphysischen Positionen schon allein aufgrund der „Gödelschen Unvollständigkeitstheoreme“ sehr fragwürdig erscheinen.

Deinen Punkten a) und b) als Kritik am Realismus und Konstruktivismus stimme ich absolut zu daher halte ich ja den „Strukturen-Realismus“ für die bessere Lösung, da er das Beste aus beiden Welten enthält. Die Strukturen aus dem Konstruktivismus und den Realismus aus dem Realismus.

Du siehst ein Problem im SR: „Dazu das Problem: den Strukturenrealismus gibt es in vielfältiger Form, aber er läßt sich am Ende auf das Zusammenspiel vereinzelter Entitäten reduzieren – am Ende sind wir wieder bei dem Einen im Gegensatz zum Ganzen, ein Ganzes haben wir aber nicht, und wir verstehen auch nicht, woraus das bestehen soll.“, das ich nicht so sehe.

Es geht nicht darum, „am Ende [alles] auf das Zusammenspiel vereinzelter Entitäten [zu] reduzieren“. Im Gegenteil es geht um einen Holismus. Das Ganze ist an der Struktur wichtiger als ihre einzelnen Relationen. Deshalb kann das Ganze auch nur mit Hilfe einer Polykontexturalität (wie ich schon so oft erwähnt habe 😉 beschrieben werden. Genau aus diesem Grunde gebe ich Dir absolut Recht, wenn Du schreibst: „Ich glaube, dass ein Paradigmenwechsel notwendig ist, aber nicht über die herkömmliche Denkweise zu erreichen ist. Die Denkgewohnheiten sind das Problem.“ Wir denken immer noch dualistisch und reduktionistisch; weil es so schön „einfach“ ist.

Genau aus dem Grunde kann ich das nur unterstützen, wenn Du vollkommen richtig schreibst: „Wer über die Welt und über Strukturen redet, redet am Ende doch von Etwas, von dem wir Teil sind, und wären wir nicht Teil davon, hätten wir darüber keine Erkenntnis. Es gibt daher nicht das Bewußtsein in uns. Es wäre gar nicht vorhanden, wenn es nicht gleichartige Bewußtseins außerhalb von uns gäbe.“ Das wäre ein schönes Beispiel für „embodiment“ und „embededdness“ (ja, ja, kann schon keiner mehr hören ;-).

„Wir können nicht objektivieren, wir können nur so tun, als könnten wir dies – dies wie ich schon immer sage – aus sprach- und denkökonomischen Gründen.“ Danke, denke ich auch. Ich lese gerade das neue Buch von Michel Foucault „Der Diskurs der Philosophie“ (2024), das lange Zeit verschollen war und jetzt veröffentlicht worden ist. Wenn es gestattet ist, würde ich gerne hieraus einmal zitieren, weil es auf das, was Du geschrieben hast u. U. eine Antwort gibt:

„So schließt sich der Kreis der Funktionen des Subjekts in Bezug auf den Diskurs: Nur ein selbstbewusstes und universelles Subjekt kann die Gültigkeit eines Diskurses wie dem der abendländischen Philosophie garantieren.Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht verwunderlich, dass ihr Schicksal mit dem des Cogito verbunden ist und dass [die abendländische Philosophie] alles, was die Souveränität des »Ich denke« gefährdet, als Gefahr für sich selbst empfinden kann; für sie kann alles, was der Form des Cogito entgeht, nur eine Illusion oder naive Objektivität sein.” »Das Ich denke muss alle meine Vorstellungen begleiten können« ist zweifellos der allgemeinste und wichtigste Satz, den die Philosophie seit Descartes jemals über sich selbst geäußert hat. Denn das Cogito ist zugleich das Wiedererfassen des Diskurses durch ihn selbst, das apodiktische Erfassen der Wahrheit und die universelle Form der Subjektivität. Wir müssen uns jedoch davon überzeugen, dass diese untrennbare Verflechtung des Themas Cogito mit der Existenz unserer Philosophie nicht das Ergebnis eines Interesses am menschlichen Wesen und den Geheimnissen seiner Innerlichkeit ist; und obwohl man in gewissem Sinne sagen könnte, dass die Philosophie des Subjekts und des Bewusstseins sich wie ein drittes Element zwischen die Sprache und die ursprüngliche Eröffnung der Wahrheit schiebt, sollte man darin kein immer tieferes Vergessen dieser Eröffnung schen; tatsächlich implizierte die Seinsweise des philosophischen Diskurses in der abendländischen Kultur, zumindest seit dem 17. Jahrhundert, mit aller Notwendigkeit den ständig wiederholten Rückgriff auf eine Theorie des Subjekts.“ (ebd. S. 42 – 43)

Ich glaube man muss den Erkenntnisprozess selbst im Detail untersuchen.“ Jo, genau das; nicht mehr und nicht weniger. Und dafür brauche ich auch keine Ontologie. Genau das, ist es was,„Philipp und seine Bande“ lobenswerter Weise so den ganzen Tag treiben. Ich glaube auch nicht, dass die sich mit der metaphysischen Ontologie des Bewusstseins beschäftigen, da dies aus o. g. Gründen auch gar keinen Sinn machen würde. Das reicht schon und ist genügend Arbeit, wenn die kognitiven Neurowissenschaften zumindest schon mal ein epistemisches Konzept haben, wie und welche Richtung sie überhaupt forschen wollen. „Das ist mühsam, aber es muss sein. Man kann nicht am Ende anfangen, mit den „ismen“, die machen nur eine schablonenhafte Beschreibung und am Ende bist Du so klug als wie zuvor.“ Jo, so isset.

Liebe Grüße
Dirk

PS: Wann kommst Du denn nochmal in Münster vorbei? Wir würden uns sehr freuen Dich wiederzusehen.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
6 Monate zuvor
Reply to  Dirk

Hi Dirk, ich komme bald, wenn mein neuer Text zu den Quantenproblemen fertig ist. Ich möchte auch gerne die Diskussion weiterführen, hab aber so wenig Zeit – Zeit ist das Problem, es ist so viel zu tun.
Grüße Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
6 Monate zuvor
Reply to  Dirk

Hi Dirk,
lass uns über den epistemischen Strukturenrealismus reden.

Du schreibst: „Es geht lediglich um die Beschreibung von Strukturen und deren möglichen Applikationen.“ Ja darum geht es, aber beschreibe doch mal eine Struktur (nicht mathematisch, sondern zuerst den semantischen Gehalt des Begriffs, und dann ein Beispiel).

Dann schreibts Du: „Es geht nicht darum, „am Ende [alles] auf das Zusammenspiel vereinzelter Entitäten [zu] reduzieren“. Im Gegenteil es geht um einen Holismus. Das Ganze ist an der Struktur wichtiger als ihre einzelnen Relationen. Deshalb kann das Ganze auch nur mit Hilfe einer Polykontexturalität (wie ich schon so oft erwähnt habe 😉 beschrieben werden.“

Das verstehe ich nicht. Ein Holismus ist ein Ganzes, was keine Einzelteile kennt (Feld, verschränktes System), was nicht auf Einzelteile reduzierbar ist. Dann ist aber auch ein nicht weiter zerlegbares Einzelteil im metaphyischen Sinne bereits ein Ganzes. Wir müssen reduzieren, anders können wir die Welt nicht verstehen (wir sind selbst auch nur Teil einer Gesamtheit aus vielen Teilen). Aus einer Menge von Einzelteilen, die Beziehungen untereinander eingehen, emergiert im strengen Sinne aber nichts, weil das, was nicht individuiert ist, sich einfach nur superponiert, es sein denn, irgendwas Spukyhaftes tritt auf (ein neues Naturgesetz).

Eine Ganzheit lässt sich nur als Gegenteil einer Einzelheit definieren (Wolfgangs Stufe 2). Und solange die Einzelheiten auch nur als dialektisches Widerpart zur Ganzheit definiert sind, sind sie untereinander alle gleich (ununterscheidbar), und darüber hinaus jeder Erkenntnis unzugänglich. Erst wenn die Einzelheiten untereinander Beziehungen eingehen, gibt es Unterschiede zwischen Ihnen, und die machen sie epistemisch zugänglich, aber eben als Einzelteile, aber auch als Gesamtheit, bestehend aus Einzelteilen und Beziehungen ! Strukturen können daher kein Ganzes, keinen Holismus, ausbilden, sie sind nötig, damit wir überhaupt etwas wahrnehmen, sie sind die Voraussetzung der Existenz von Unterschieden, und unsere Fähigkeit, Unterschiede wahrzunehmen, kann man als ein apriorisches Erkenntnisprinzip bezeichnen.

Jetzt wirst Du mir bestimmt antworten, dass, wenn die Strukturen hinreichend komplex sind und auch noch in andere Strukturen eingebettet sind, dass dann diese Substrukturen zu einer neuartigen Entität heranwachsen. Ich habe da meine Zweifel, denn auf dem Grund von allem die Welt digital ist: zwei Dinge sind gleich oder ungleich – es gibt einen Unterschied oder es gibt ihn nicht. Darauf ist alles reduzierbar. Das wirst Du bestreiten und das ist ok.

Grüße Bernd

Dirk
Dirk
5 Monate zuvor

Hi Bernd,

ich weiß nicht, ob ich nicht gerade mein „ganzes Pulver“ bei meinem Kommentar auf Heinz Fragen „verschossen“ habe. Vielleicht guckst Du da nochmal, bevor ich hier auch wieder das Gleiche schreibe. Oder ich versuche unser „Lieblingsthema“ Strukturenrealismus noch einmal in aller Kürze zu beantworten.

Du möchtest von mir, dass ich „mal eine Struktur (nicht mathematisch, sondern zuerst den semantischen Gehalt des Begriffs, und dann ein Beispiel)“. Dann würde ich darauf antworten (damit ich mich nicht das Gleiche wiederholen muss), gehe doch einfach in ein Labor der kognitiven Neurowissenschaften. Die machen dort den ganzen Tag nichts anderes als aus meiner Sicht angewandten Strukturenrealismus.

Natürlich braucht man zur Auswertung der fMRI-Scans auch Mathematik. Aber das Ergebnis sind immer Strukturen, ob als Diagramm, EEG-Kurven, bunte fMRI-Bildchen, u.s.w.u.s.f., die ausgewertet müssen und denen ein gewisser Realismus zugesprochen wird. Jetzt würdest Du sagen, dass ist doch einfach „Naturalismus“ oder „Physikalismus“ oder Heinz würde die Ergebnisse anzweifeln, da sie „bottom-up“ sind.

Der kognitive Neurowissenschaftler kümmert sich aber nicht um derlei Etikettierung, da er Korrelationen zur neuronalen Struktur des Gehirns herstellen möchte. Keine Angst, es geht mir hier ausdrücklich nicht um die spukhaften „neuronalen Korrelate im Gehirn“, sondern einfache Grundlagenforschung zur Aufklärung der funktionalen Prozesse im Gehirn. Wie soll das reduktionistisch und dualistisch funktionieren?

Soll ich mir eine Gehirnzelle samt Dendriten und Synapsen herausnehmen und dann im „bottom-up“ Verfahren hieraus ein Gehirn samt Strukturen „bauen“. Das haben die ja lustigerweise im „Blue Brain Project (BBP)“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Blue_Brain) mal ohne wirklichen Erfolg tatsächlich probiert. Du musst das Thema holistisch und polykontextural angehen.

Deshalb machen die erwähnten Leibnizschen „Einheit/Differenz-Laubsägearbeiten“ hier auch gar keinen Sinn mehr. „Eine Ganzheit lässt sich nur als Gegenteil einer Einzelheit definieren.“ ist genau dieses alte Paradigma, was uns daran hindert mal neue Wege zu beschreiten. Wir brauchen ein neues Denken und nicht immer wieder die alten, abgelatschten Wege nachlaufen; da nützen auch keine „Stufen“; im Gegenteil dann versteigt man sich eher noch ;-).

Du schreibst: „Jetzt wirst Du mir bestimmt antworten, dass, wenn die Strukturen hinreichend komplex sind und auch noch in andere Strukturen eingebettet sind, dass dann diese Substrukturen zu einer neuartigen Entität heranwachsen.“ Da müsstest Du mich doch mittlerweile besser kennen, das ist doch der ganze alte Quatsch von Emergenz, worauf ich schon fast müde bin zu antworten. Wenn man holistisch und polykontextural denkt, dann müssen da keine „neuartigen Entität heranwachsen“, weil sie längst schon da sind.

Du schreibst: „Ich habe da meine Zweifel, denn auf dem Grund von allem die Welt digital ist: zwei Dinge sind gleich oder ungleich – es gibt einen Unterschied oder es gibt ihn nicht. Darauf ist alles reduzierbar. Das wirst Du bestreiten und das ist ok.“ Stimmt, danke, dass ich dein „ok“ habe ;-). Da ich das auch schon so oft gemacht habe, nehme ich einfach auch wieder ein Zitat aus meinem Essay „Der Paradigmenwechsel“ und lasse einfach Popper und Quine hierauf antworten:

„Der Dualismus „Holismus vs. Reduktionismus“

Schon Karl Popper hatte den durch den logischen Empirismus des Wiener Kreis ausgelösten Reduktionismus abgelehnt. Eine noch schärfere Kritik findet sich aber bei Willard Van Orman Quine in seinem Buch „Two dogmas of empiricism. The Philosophical Review (1951)“:

Das erste Dogma des Empirismus sieht Quine in der Dichotomie „analytisch vs. synthetisch„, da er diesen Dualismus eher für einen graduellen als einen kategorialen hält.

Das zweite Dogma bildet für ihn der Reduktionismus, das heißt die Vorstellung, dass sich alle sinnvollen Aussagen auf Sätze der Beobachtungssprache durch die Methoden der analytischen Philosophie zurückführen lassen.

Quine spricht sich demgegenüber in „Two dogmas of empiricism. The Philosophical Review (1951)“ und in „Ontological relativity and other essays (1969) für einen Holismus aus, der die scheinbar divergierenden Antipoden als Übergangsformen in einem Kontinuum zulässt. So postuliert er ein Kontinuum zwischen analytischen und synthetischen Sätzen und zwischen a priori und a posteriori Wissen. Insofern könnte er eine Lösung für die anfangs beschrieben dualistischen Begriffs-Cluster „apriori-analytisch-noumenal vs. aposteriori-synthetisch-phänomenal“ darstellen.“

Die Welt ist nicht „auf dem Grund von allem […] digital“ im Gegenteil. Sie ist sehr bunt. Daher habe ich das mal in „eine Analogie als Bildvergleich“ gepackt, den ich Dir natürlich auch nicht vorenthalten möchte:

„Eine Analogie als Bildvergleich

Um dies besser zu erläutern, sei mir hier eine Analogie in Form eines – im wahrsten Sinne des Wortes – Bildvergleiches erlaubt. Das Paradigma des Dualismus mit seiner Methodik der Dichotomie ist vergleichbar dem „schwarz-weiß“-Sehen. Natürlich kann man schon mit Hilfe des dualen Systems „schwarz vs. weiß“ ein monochromes 1-Bit-Bild nur aufgrund der Kontrastwerte erzeugen. Wenn man genügend Bildpunkte (Pixel) erzeugt hat, erhält das „Bild“ auch eine entsprechende Auflösung. Dies würde dem dualistischen Paradigmas der reduktionistischen Ansätzen in den Neurowissenschaften entsprechen, genügend „Geist-Materie“-Korrelationspunkte im NCC aufzuklären, um hieraus ein Gesamtbild von der Funktionalität des Gehirns zu entwickeln. Aus den oben genannten Gründen erscheint dieses ehrgeizige Projekt aber als nicht sehr erfolgversprechend schon aufgrund der Menge der zu bildenden Korrelationen.“ (https://philosophies.de/index.php/2021/04/25/das-neurozentristische-weltbild/)

Daher lass doch mal ein bisschen mehr „Farbe“ in Deine Sichtweisen.

Liebe Grüße
Dirk

Philipp
Philipp
5 Monate zuvor

Der epistemische Strukturenrealismus geht davon aus, es müßte etwas geben, zwischen dem Korrelationen herrschen, aber leider gibt es erst etwas, dann erst Korrelationen zwischen diesen Etwas – dies aus logischen Gründen.“

Der epistemische Strukturenrealismus besagt nicht dass es Entitäten mit intrinsischen Eigenschaften gibt oder nicht gibt. Er sagt lediglich dass wir Strukturen erkennen (daher epistemisch). Wissenschaftliches Wissen über die Welt sei daher strukturell. Die Natur oder intrinsische Eigenschaften von Dingen seien uns nicht zugänglich.

Er besagt nicht dass es keine Dinge gäbe die in erster Instanz eine Struktur überhaupt erst ermöglichen.

Korrelation ist übrigens ein spezifischer Begriff: es gibt verschiedene Formen der Korrelation. Relation oder Struktur impliziert nicht notwendig Korrelation; das sind komplett verschiedene Dinge.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hi Dirk,
Di schreibst
„… Labor der kognitiven Neurowissenschaften. Die machen dort den ganzen Tag nichts anderes als aus meiner Sicht angewandten Strukturenrealismus.“

Es kann sein, dass es so aussieht, als würden die kognitiven Neurowissenschaftler den ganzen Tag nichts anderes machen als angewandter Strukturenrealismus. Sie reduzieren in Wirklichkeit auch Komplexes auf Einfacheres.

Offenbar haben wir ein unterschiedliches Verständnis von Strukturenrealismus. Ich definiere eine Struktur als eine Mange an Beziehungen zwischen zwei Objekten – so ist, meine ich auch die formale Definition. Ich habe nur gezeigt, dass solche Beziehungen dazu dienen, auf der untersten ontologischen Ebene zwei Objekte (an sich) unterscheidbar zu machen, dass also bei mehr als zwei Objekten bereits auf dieser untersten Ebene notwendigerweise Strukturen existieren, die dann in ihrer Form als Beziehungsgefüge selbst schon unterschiedliche Formen des gegenständlichen und vereinzelten Seins hervorbringen.

Oder anders herum, dass man unterschiedliche Formen des fundamentalen Seins (verschiedene Teilchen, verschiedene Felder, Wellen) schon als Strukturen deuten kann.

Strukturen sind daher – so meine ich – nichts „Höherstufiges“ mit der Potenz zu „noch Höherem“.

Die Physik beschreibt diese Strukturen übrigens nicht – das ist ein großer Irrtum von Leuten, die die Physik nicht wirklich kennen. Was heißt denn „beschreiben“ in der Physik? Letztlich ist „beschreiben“ in der Physik nichts anderes als die Deutung des mathematischen Kerns der Theorie, die Beantwortung der Frage: was sagen uns die mathematischen Gleichungen über die Wirklichkeit? Und sie sagen 100 % etwas über den Funktionalismus der Agenten aus, über die Agenten (die Ontologie) aber immer nur (in jeder (!) Theorie) etwas sehr Rudimentäres.

Zum Beipiel in der Nwetonschen Theorie sagt uns die Mathematik: da agieren Masseppunkte, in den Feldtheorien sagt uns die Mathematik: da sind Kräfte wirksam – also das ist sehr kümmerlich, was da über die Ontologie gesagt wird. Aber über die Art und Weise, wie diese Ontologie etwas Bobachtbares hervorbringt, darüber sagt uns die Mathematik sehr viel. Das können Theorien gut: etwas vorhersagen. Was da aber agiert, das sagen die Theorien nicht, und die Modelle der Agenten glänzen durch Widersprüchlichkeit. Also die Physik als Garant eines Strukturenrealismus herzunehmen, ist sehr gewagt.

Was also meinst Du mit epistemischen Strukturenrealismus. Worin unterscheidet sich die Aussage: „ich sehe hier Strukturen“, von der Aussage „hier sind Strukturen“? und ist die Unterscheidung wirklich relevant für ein einvernehmliches Verständnis von der Welt ?

Am Ende vereinbaren wir doch sehr pragmatisch, wir nehmen für unsere Sicht auf eine Frage und ihre Beantwortung immer das, was gerade am besten passt. So machen das die experimentellen Physiker und das funktioniert auch im Alltag sehr gut: mal Realist sein, und mal Konstruktivist (jeder Couleur). Vielleicht ist die Realität auch vollständig gar nicht zu erfassen, weil wir grundsätzlich immer nur Teile von ihr erfassen können.

Also ist es vielleicht müßig, sie final zu etikettieren. Vielleicht sollten wir besser etwas anderes tun, nämlich widersprüchliche Beschreibungen ausräumen, also erst einmal der Logik Geltung verschaffen gegen all diejenigen, die Unlogisches als etwas Endgültiges in der Natur verankern wollen. Da sind wir dann vom Transzendenten (oder vom Spuk) nämlich nicht mehr fern, und das was wir hier machen, ist eine Teufelei.

Übrigens noch mal zum Holismus. Was ist Holismus? Nach meinem Verständnis etwas, das aus Teilen zusammengesetzt ist, aber nicht auf diese Einzelteile reduziert werden kann. Konkret gesprochen: Die Eigenschaften der Teile eines Holismus sind nicht definiert. Ein Feld zum Beispiel besteht aus Etwas, das überhaupt nicht definiert ist. Und ein verschränktes System (ein Quantenqualter) besteht aus zwei Teilen, die nicht in einem definierten Zustand sind. Sie bilden also keine Struktur oder so etwas, sondern sie sind einfach nicht definiert. Eine Struktur muss ja aus Beziehungen bestehen, die etwas Bestimmtes definieren. Sie kann daher nichts holistisches sein. Begriffe wie Holismus und Struktur müssen in der philosophischen Diskussion definiert werden, sonst können wir nicht gemäß den Regeln des Diskurses über sie sprechen. Übrigens sind die Physiker der einhelligen Meinung, dass im allerkleinsten Bereich nichts Gegenständliches in einem definierten Zustand ist (alles ist verschränkt). Erst durch Wechselwirkung gelangen die Gegenstände in definierte Zustände. Den Mechanismus dazu habe ich an anderer Stelle beschrieben.

Ich fange daher wieder von vorn an: was sind die Definitionen der Begriffe, von denen gesprochen wird?

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
6 Monate zuvor

Ich versuche meine Kritik am Strukturenrealismus noch mal vereinfacht an einem Beispiel darzustellen:

Klassisch: F=m•a

F (die Kraft) ist einerseits ein Phänomen, das wir sinnlich via Muskeln, Sehnen, Skelett und Haut wahrnehmen können und andererseits ein Vektor (oder dessen Betrag), während m (Masse) und a (Beschleunigung) hypothetische, sinnlich nicht wahrnehmbare Entitäten (d.h. Theorien) sind. Das ist die klassische Grundstruktur jeder Theorie-Phänomen Doublette.

Unser Erkenntnissystem, behaupte ich, ist (in obigem Beispiel) an die irreduzible Doppelnatur der Kraft als Phänomen und Begriff (Theorie) gekoppelt. Zwischen beiden gibt es keinen logisch (affirmativ) aufweisbaren Zusammenhang, weil beide zwar das gleiche aber nicht dasselbe sind. Im Phänomen Kraft, als orthogonales Phänomen unter orthogonalen Phänomenen, steckt daher implizit die ganze ‚Welt‘ schon drin. Das ist meines Erachtens die Lösung des philosophischen Problems der Einheit von Einheit und Differenz, von Leibniz vorweggenommen im Ausdruck, daß jede Monade schon das ganze Universum widerspiegelt. Die Doppelstruktur unseres Erkenntnissystems zeigt sich überdeutlich in einem anderen Zusammenhang.

Das Parseval-Theorem der Fouriertransformation behauptet mit gutem Recht, intuitiv einsehbar und empirisch unwiderlegt, daß beide Seiten der Transformation (z.B. Zeit- und Frequenzdomäne) energetisch equivalent sind. Der strenge Nachweis kann aber nicht geführt werden (deshalb Theorem!), weil beide Seiten der Transformation in keiner Beziehung zueinander stehen – und hier wird es ganz offensichtlich – die über die Orthogonalität hinausgeht, denn die FT ist eine orthogonale Dekomposition. Zeit- und Frequenzbereich reden zwar über das gleiche, nicht aber über dasselbe.

Zurück zu F=m•a. Der Strukturenrealismus versteht diese Formel nun rein formal als mathematische Relation, nämlich als Beziehung zwischen Vektorkraft, Masse und Vektorbeschleunigung und verliert damit ihren phänomenalen Aspekt (der aber genetisch führend ist) und damit auch jeden Sinn. Das sieht der Strukturenrealist natürlich nicht so. Und trotzdem, weil er klassisch ausgebildet und außerdem Mensch ist, fährt das Phänomen Kraft immer unbemerkt (wenn auch ungewollt) in seiner Vektorkraft als blinder Passagier mit. Würde dieser blinde Passagier aussteigen, blieben dem Strukturenrealist keine mathematische Formeln, sondern sinnlose Ansammlungen von Zeichen und Symbolen. Das trifft sich glaube ich mit Bernds Argument, daß man in der Anwendung doch immer auf eine klassische Beschreibung zurückgeworfen wird.

Der Strukturenrealist kommt mir daher vor, wie jemand, neben dem ein (klassischer) Hammer liegt, aber versucht eine Nuss mit (strukturenrealistischen) Wattestäbchen zu öffnen. 

Wir sollten uns daher mal (ohne ideologische Scheuklappen) fragen:

a) woher die Omnipräsenz von Dualismen im menschlichen Denken rührt, worin diese genau bestehen und was exakt sie bewirken
und
b) welches Problem der Strukturenrealismus überhaupt lösen will (ich sehe es nicht)
oder
c) ob er vielleicht nur eine ideologische Doktrin im Kontext von bottom-up ist.

@ Dirk: vielleicht kannst Du bei Gelegenheit mal erklären, was Du unter Polykontexturalität verstehst. Scheint ja wichtig zu sein.

Philipp
Philipp
6 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Das Parseval-Theorem der Fouriertransformation behauptet mit gutem Recht, intuitiv einsehbar und empirisch unwiderlegt, daß beide Seiten der Transformation (z.B. Zeit- und Frequenzdomäne) energetisch equivalent sind. Der strenge Nachweis kann aber nicht geführt werden (deshalb Theorem!), weil beide Seiten der Transformation in keiner Beziehung zueinander stehen – und hier wird es ganz offensichtlich – die über die Orthogonalität hinausgeht, denn die FT ist eine orthogonale Dekomposition. Zeit- und Frequenzbereich reden zwar über das gleiche, nicht aber über dasselbe.“

Das gleiche Beispiel habe ich im Austausch mit Wissenschaftlern und Philosophen ebenfalls schon häufiger verwendet. Ich wiederhole es nachfolgend. Nur mit dem Hinweis dass ich den Punkt „über die Orthogonalität hinausgeht“ nicht ganz verstehe oder teile.

Es gibt in der Realität (ontologisch) einen Prozess. Diesen beobachten wir oder wir nehmen ihn technisch auf. Nun können wir diesen Prozess aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten die wie du sagst orthogonal zueinander stehen. Statt orthogonal könnte man auch komplementär sagen. Denn durch die Betrachtung eines Prozesses aus verschiedenen orthogonalen Perspektiven erhalten wir unterschiedliche Information, ja letztendlich mehr Wissen und Einblick. Philosophisch könnte man auch sagen: es handelt sich lediglich um verschiedene epistemische Betrachtungen auf einen Prozess. Diese epistemischen Perspektiven korrespondieren (nicht korrelieren!) zueinander. Das Ergebnis der Fourier Transform korrespondiert mit der time-domain und ist über die inverse Fourier Transform wieder zurückführbar. Warum der Begriff Korrelation hier sinnlos ist sollte einleuchten. Deshalb ist auch der Begriff „neuronale Korrelate von Bewusstsein“ meiner Meinung nach sinnlos oder, um einen Begriff von dir zu verwenden „Sprachdestruktiv“.

Weiter fortgeführt an einem konkreten Beispiel:
In der Zeitdomäne können wir die Phasenwinkel des Signals betrachten und analysieren.
Im Frequenzraum verlieren wir die Phasenwinkel (außer wir speichern sie zusätzlich „im Hintergrund“ ab wenn wir sie später wieder nutzen wollen). Dafür sehen wir die Amplitude der einzelnen Frequenzen im Frequenzraum in einer Art und Weise die in der Zeitdomäne nicht möglich ist. In der Realität gibt es aber nur einen Prozess. Diesem Prozess ist es egal ob wir ihn in der Zeitdomäne, dem Frequenzraum, oder im Phasenraum betrachten.

Ich führe bewusst überspitzt fort:
Nun kommt ein sehr schlauer und weiser Mensch daher, der Philosoph. Der Philosoph sieht nur das Ergebnis der Fourier Transform parallel zur Zeitreihe der Zeitdomäne.

Nun hebt der Philosoph beide „Dinge“ auf: in der linken Hand trägt er die Zeitreihe, in der rechten den Frequenzraum. Er weiß zwar dass beides „irgendwie“ zusammengehört, aber gleichzeitig sind es nämlich doch zwei Paar Schuhe für ihn. Das führt ihn zur Stellung einer glorreichen Frage die den Rest seiner akademischen Karriere in Anspruch nehmen wird: in welchem ontologischen Verhältnis stehen Zeitreihe (time-domain) und Frequenzraum zueinander?

Die Sprachakrobatik beginnt:
Nun können wir, dank der Komplexität unseres Denkens und der Sprache, alle möglichen -ismen erfinden die den ontologischen Zusammenhang philosophisch begründen sollen. Letztendlich alles heiße Luft – hochgestochenes Gerede um Nichts.

Warum verleitet uns das Denken sowie die Sprache in solche Sackgassen? Ich würde das, ohne weit auszuholen, anhand der evolutionären Entwicklung der Wahrnehmung und des Denkens erklären. Die Gestaltspsychologen haben Anfang des 19. Jahrhunderts einiges an Arbeit dazu geleistet. Piaget hat das Thema aus Sicht der Ontogenese (statt Phylogenese) behandelt.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
6 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hallo Philipp,

der ganze Satz lautet: …die in KEINER Beziehung zueinander stehen….die über die Orthogonalität hinausgeht. Ich gehe mal davon aus, daß Deine Argumentation auf diesem Verständnis beruht. 

Es ist zunächst völlig egal was man in die FT bzw. DFT hineinsteckt, ein Zeitsignal f(t), einen Höhenschnitt durch ein Gebirge h(x) oder ein Bild oder einen Feldzustand f(x,y). Daher ist die Bezeichnung Gegenstandsbereich vs. Frequenzbereich allgemeiner. Das nur um zu sagen, daß die FT nicht originär mit der ZEIT zusammenhängt. Aber bleiben wir bei ‚Zeitbereich’. Das Ergebnis der FT eines reellen Signals ist grundsätzlich komplex, d.h. die Phase wird immer aufgehoben, was es erlaubt, verlustfrei aus dem Frequenzbereich in den Zeitbereich zurück zu transformieren. Beide Seiten der Transformation sind nicht nur energetisch equivalent, sondern auch funktional. Jede Operation, die auf einer Seite durchgeführt werden kann, kann auch auf der anderen durchgeführt werden. Aber: während z.B. die Addition von zwei reellen Signalen im Zeitbereich trivial (anschaulich) ist, ist sie im Frequenzbereich eine komplexe (Zeiger)Addition, und während die Betragsfilterung im Frequenzbereich eine anschauliche Multiplikation ist, ist sie im Zeitbereich eine absolut unanschauliche Faltung zweier Signale. Allgemein: was auf der einen Seite anschaulich ist, ist auf der anderen ein mathematischer Prozess, eine äquivalente (Re)Konstruktion. Deshalb sind beide Seiten zwar physikalisch gleich-wertig, epistemisch aber nicht identisch. Denn während die eine Seite als Phänomen e r s c h e i n t, bleibt die andere prozessual.

Unter „komplementär“ verstehe ich ein Ganzes, daß durch genau zwei Teile (Yin & Yang) definiert wird, etwa durch x und alles minus x. Frage: was soll dieses Ganze im Fall der FT sein? Man könnte dasselbe Zeitsignal in eine Hadamard Transformation stecken und ein anderes Ergebnis (Spektrum) erzielen. Nun könnte man fragen, was denn das wahre Spektrum eines Zeitsignals ist (Fourier, Hadamard, Walsh, etc.). Die Antwort ist: es kommt immer genau das heraus, was wir a priori hineinstecken. Weder gibt es da-draußen ein Zeitsignal noch ein Spektrum.

„In der Realität gibt es aber nur einen Prozess“. Das Fourier Integral verlangt entweder einen Input, der sich von minus Unendlich bis plus Unendlich erstreckt (solche Prozesse können wir nicht kennen!), deshalb müssen wir aperiodische Signale mit Filtern (Cosinusquadrat, Blackman…) beschneiden, um ihre schnelle Konvergenz gegen Null zu erzwingen. Oder wir postulieren einen strikt! periodischen Input, dann können wir das Fourier-Integral auf -pi bis pi beschränken. Diesen Anspruch erfüllt aber nicht einmal eine Cäsium Uhr. D.h., was wir in die FT reinstecken ist kein real-existierendes Signal in historischer Zeit, sondern eine Funktion, eine räumlich-statische Figur, in der die Zeit nicht vorkommt, denn diese Funktion kann auf einem Blatt Papier oder einem Bildschirm dargestellt werden, sie ist nicht transient. Wir können prinzipiell mit Zeitgestalten nicht umgehen, weil sie in ihrem Werden begrifflich nicht fassbar sind. Der erste Schritt in jedem Erkennen ist die Annulierung der Zeit durch die Erfassung des Begriffs.

Besser als „Komplement“ gefällt mir der Begriff „Perspektive“. Allerdings leidet er unter der Auffassung, daß sie die spezielle Ansicht eines Dings beschreibt. Außerdem ist die Perspektive nicht orthogonal, d.h. das die Perspektiven eines Dings nicht notwendig frei von Redundanz sind; Perspektiven können sich überlappen. Wenn dies nicht der Fall ist, werden sie zwar zu Kategorien, beziehen sich aber nach wie vor als Dekomposition auf ein existierendes Ding. Erst in der Umkehrung, wenn also die Kategorien zuallererst die Erscheinung des Dings als solches hervorrufen (in einer a priori orthogonalen Synthese), entsprechen sie meinen erkenntnistheoretischen Vorstellungen.

„Warum verleitet uns das Denken und die Sprache in solche Sackgassen?“

In logic, however, one must think as if one had no will at all, [otherwise] from this it would become a practical science; we have therefore the science of thinking, and not of willing.

Kant Zitat in J.M. Young (ed.), Lectures on Logic, Cambridge University Press 1992

Das interpretiere ich als Aufruf zum widerspruchsfreien Denken des Ganzen als einziger Richtschnur.

—————————

In meinem Kommentar auf den Du abhebst, muss es natürlich heißen: Würde dieser blinde Passagier aussteigen, blieben dem Strukturenrealist keine PHYSIKALISCHEN, sondern nur mathematische Formeln mit einer Ansammlung sinnloser Zeichen und Symbole.

Philipp
Philipp
6 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Dass die FT sich nicht notwendig auf Zeit bezieht weiß ich, man kann sie ja z.B. auch auf Bilder anwenden. Ich habe einfach das Beispiel mit Zeit gewählt da es für die meisten leichter verständlich ist.

Mir ist auch bewusst dass die FT Annahmen macht die unsere Daten häufig eigentlich gar nicht hergeben. Totzdem wird die FT angewendet – wodurch das Ergebnis der FT qualitativ leidet (aber praktisch, d.h. in der realen Welt außerhalb Wunschvorstellungen, geht es halt oft nicht anders).

Unter Komplementär verstehe ich wissenschaftsphilosophisch folgendes: da „draußen“ in der Welt gibt es „etwas“ das „geschieht“. Nennen wir es einen Prozess. Ich kann diesen Prozess physikalisch, chemisch, biologisch (falls es sich um ein biologisches System handelt) und von vielen weiteren Perspektiven beschreiben und erklären.

Das sind alles verschiedene epistemische Perspektiven auf ein „Ding“. Welche Perspektive für die Beschreibung und Erklärung geeignet ist kommt auf das Ding bzw. den Prozess an. In Fall X eignet sich vielleicht nur eine Perspektive wirklich sinnvoll. In Fall Y kann man vielleicht zwei oder drei Perspektiven nehmen. Diese sind dann eventuell Komplementär zueinander; sie ergänzen sich bezüglich unseres Verständnisses und Erkenntnisfortschritt gegenseitig.

Sie sind dann sogesehen auch orthogonal – denn sie kommen sich gegenseitig nicht in die Quere und widersprechen sich nicht.

Das interpretiere ich als Aufruf zum widerspruchsfreien Denken des Ganzen als einziger Richtschnur.“

Extrem problematisch, besonders in der Philosophie. Wie oft hatte ich hier schon Diskussionen bei denen ich meine Ansicht klar und widerspruchsfrei fand, mein Gegenüber aber nichts verstand und alles als Konfus und voller Widersprüche sah?

Philipp
Philipp
6 Monate zuvor
Reply to  Philipp

PS: Bezüglich der FT und Erkenntnis:

Wenn man sich einmal das Innenohr des Menschen anschaut, genauer die Cochlea, dann sieht man (meiner Meinung nach) dass das Innenohr quasi laufend eine FT auf die autidorischen Inputs der Welt anwendet.

Es zerlegt das „Zeitsignal“ in ein Frequenzspektrum und leitet dieses laufend aktualisiert an das Gehirn weiter.

Solche Beobachtungen führen zu Fragen was wir eigentlich von der Umwelt wahrnehmen – und dazu wie, d.h. erkenntnistheoretischen und somit wieder philosophischen Fragen. Hier kämen dann empirische Beobachtungen mit ins Spiel.

Aber ich vermute dass dir ein solches Vorgehen zu sehr nach „bottom-up“ oder Naturalismus stinkt.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hi Philipp,

Bei meiner länglichen Beschreibung der FT ging es mir letztlich nur darum zu zeigen, daß das, was wir in die FT reinstecken kein Zeitsignal ist, sondern unsere schon begriffliche Vorstellung von dem, was wir für ein Zeitsignal halten. Die Bewegung, Veränderung, das in-Entwicklung-sein wird durch den Begriff in die Räumlichkeit überführt. Das ist die Aufgabe des Verstands, er bringt begrifflich zum Stehen was vormals transient, d.h. komplex! war, so daß die Vernunft das zum Stehen gebrachte mit allen anderen Verstandesbegriffen auf Reinheit (Kant), Orthogonalität, Redundanzfreiheit, Nicht-Zirkularität überprüfen kann. Wenn sich das mit „Perspektiven, die sich nicht in die Quere kommen“ in Einklang zu bringen ist, wäre das eine kleine aber erste Basis eines gemeinsamen Verständnisses. Der nächste Schritt wäre dann die Diskussion, warum die Vermischung von „Perspektiven“ zu Komplexität führt, d.h. zurück zu Begriffslosigkeit und zum transitorischen.

Ich verstehe jedermanns Vorbehalte gegen eine armchair-Philosophie, weil mit ihr viel Schindluder getrieben wurde (inkl. Platon, Kant und Hegel). Sie besteht eben nicht darin etwas (z.B. eine Theorie) beweisen zu wollen, sondern in einem desinteressierten Interesse an der Welt. Interessant sind ausschließlich die Sätze die Philosophen hervorgebracht haben. Der armchair-Philosoph ist in erster Linie Kritiker, indem er versucht Widersprüche aufzudecken, dadurch, daß er neue und alte Theorien auf empirische Fälle (Phänomene) anwendet (er arbeitet nicht in Wolkenkuckucksheim). Es geht ihm auch nicht darum, eine bestimmte Theorie zu widerlegen, weil Theorien nur im Kontext aller Theorien Sinn machen. Er schiebt Begriffe und Vorstellungen hin und her, im Versuch, wie Newton es beschrieben hat, „…to find ever smoother pebbles at the beach“. D.h., er befaßt sich gedanklich-induktiv mit hoch-spekulativen Sätzen, die in (seltenen) Fällen und zufällig zu Widerspruchlosigkeit führen. Newton hat es dabei belassen, Begriffe und Sätze in die Welt zu setzen (Impulserhaltung, Trägheitsbahn) und sich zeitlebens dagegen gewehrt, daß der Hypothesen aufgestellt hätte. Hat er nicht! Er hat widerspruchsfreie Sätze allgemeiner Anwendbarkeit hervorgebracht, keine auf Wahrheit überprüfbare Theorie.

Das erklärt vielleicht mein Misstrauen gegen eine empirische Wissenschaft, die versucht Theorien aus dem Experiment abzuleiten, denn sie führt zum Modell, das eine komplexe Vermengung des schon längst gegebenen ist und dadurch die Dinge, die der Verstand zum Stehen gebracht hat, reanimiert.

Philipp
Philipp
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Heinz,

folgende Frage an dich und mich würde deine Antwort dazu wirklich interessieren und zwar nicht um dich zu testen oder herauszufordern, sondern weil – wie gesagt – mich deine Ansicht interessiert.

Du schreibst dass wir idealerweise Modelle oder Theorien ala Kant synthetisch a priori kreieren sollten. So habe ich das verstanden.

Folgender Sachverhalt:
Ich möchte wissen warum wir bei neuronaler Dynamik X bei Bewusstsein sind, nicht aber bei neuronaler Dynamik Y.

Ich messe also zwei Zustände: Aktivität X und Aktivität Y. Ich beobachte bei X einen Verlust von Bewusstsein, während Aktivität Y mit Bewusstsein korrespondiert.

Nun kann ich Überlegungen aufstellen warum dies der Fall ist. Sofern ich dich verstehe würdest du hier einlenken und sagen: „Philipp, du machst es falsch. Du gehst bottom-up vor. Was du heute behauptest wird bereits morgen wieder widerlegt“. Und so geht dieses Spiel dann ewig weiter.

Frage:
Wie würdest du in diesem Fall vorgehen? Wie komme ich hier zu synthetischem a priori Wissen; etwas das überdauert und nicht übermorgen falsifiziert wird? Ich weiß nicht wie das funktionieren soll.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hallo Philipp,

zunächst die formale Antwort auf Deine Frage:

Füge dem Wissen eine neue Dimension, etwas Absolut Neues hinzu. Anders ausgedrückt, formuliere einen Satz oder Sätze, die dem klassischen Wissen nicht widersprechen können, weil sie über dieses Wissen hinausgehen, denn das Absolut Nicht-Widersprüchliche IST, und zwar mit Notwendigkeit.

Nun zur Praxis:

Ich bin kein großer Fan von Paul Feyerabend, aber in zweierlei Hinsicht stimme ich ihm zu: 

-darin, daß neue valide Theorien zu den hergebrachten im Verhältnis der „Inkommensurabilität“ stehen müssen. Feyerabend hat sein Leben lang an einer klaren Definition des Begriffs herum gefeilt. Wenn man alle Versuche in eine Gesamtschau bringt, erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß er letztlich ‚Orthogonalität‘ meinte.
-darin, das aus der ‚Inkommensurabilität‘ die Tatsache entsteht, daß die Wissenschaft keine Methode kennt, ikonisiert in seinem Buch „Against Method“.

Die schlechte Nachricht ist also, daß es keinen Weg zu Wissen gibt, das sich synthetisch a priori nennen kann. Aber trotzdem, wenn Du solches Wissen erzeugen willst, bleibt Dir nur die Umkehrung Deiner Strategie, von Daten konstruktiv zu Wissen kommen zu wollen. Tycho Brahe, der die Planetenbahnen mit bis dahin nicht gekannter Präzision kartierte (also Daten sammelte), wußte mit ihnen aber nichts rechtes anzufangen. Seine Motivation bestand in der Verbesserung des schon Bekannten. In der Hand Keplers, der behauptete, daß Planeten sich nicht auf Kreisen, sondern Ellipsen bewegen, wurden diese super-präzisen Daten zum Nachweis seiner Theorie auf einmal Gold wert. Kepler faßte die Planetenbahnen nicht als Bewegungen in der Zeit auf, sondern (konstitutiv und nicht konstruktiv) als geometrische Figur. Er entfernte die Zeit aus den Beobachtungsdaten durch die Erfassung des Begriffs ‚Planetenbahn‘ als nicht-transienten Gegenstand. 

Die empirische bottom up Methode funktioniert deshalb nicht, weil sie in ihre Zeitprozesse etwas hineinlegt (konstruktiv hineinlegen muss), das es überhaupt nicht gibt – die Kausalität. Dadurch werden Modelle zum Ausdruck des Wollens, und halten daher in Regel von zwölf bis Mittag. 

Philipp
Philipp
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi,

du schreibst:

„Füge dem Wissen eine neue Dimension, etwas Absolut Neues hinzu. Anders ausgedrückt, formuliere einen Satz oder Sätze, die dem klassischen Wissen nicht widersprechen können, weil sie über dieses Wissen hinausgehen, denn das Absolut Nicht-Widersprüchliche IST, und zwar mit Notwendigkeit.
Nun zur Praxis:
Ich bin kein großer Fan von Paul Feyerabend, aber in zweierlei Hinsicht stimme ich ihm zu: 
-darin, daß neue valide Theorien zu den hergebrachten im Verhältnis der „Inkommensurabilität“ stehen müssen. Feyerabend hat sein Leben lang an einer klaren Definition des Begriffs herum gefeilt. Wenn man alle Versuche in eine Gesamtschau bringt, erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß er letztlich ‚Orthogonalität‘ meinte.
-darin, das aus der ‚Inkommensurabilität‘ die Tatsache entsteht, daß die Wissenschaft keine Methode kennt, ikonisiert in seinem Buch „Against Method“.“

Ich stimme dem zu wenn es darum geht wirkliche Blockaden innerhalb einer Wissenschaft (oder eines Themenbereichs in einer Wissenschaft) zu überwinden.

Genau das wäre aus meiner Sicht z.B. bei der philosophischen Diskussion zum Thema Bewusstsein notwendig. Allerdings wird man dann von den meisten Teilnehmern der gängigen Diskussionen nicht mehr verstanden – eben da grundsätzlich neue Sichtweisen mit alten nicht kompatibel sind. Neue Sichtweisen gehen beispielsweise von anderen Grundannahmen aus.

Mich wundert aber dass du genau das jetzt schreibst – denn das entspricht doch genau dem Paradigmenwechsel nach Kuhn (und soweit ich mich an frühere Beiträge von dir erinnere lehnst du diese Idee doch ab).

„Against Method“ von Feyerabend steht bei mir im Schrank und ich habe es zwei Mal gelesen. Für mich eines der besten und unterhaltsamsten Bücher aus dem Bereich Wissenschaftsphilosophie.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hi Philipp,

Du hast das Prinzip der Orthogonalität noch nicht ganz verstanden. Wenn Du einem orthogonalen System x,y eine neue Dimension hinzufügst, sagen wir z, dann hast Du zwar Absolut Neues hinzugefügt, das vorher in keiner Weise existierte, aber dadurch, daß es eine orthogonale Erweiterung ist, gliedert sich der neue Begriff widerspruchsfrei in das System ein, weil qua Orthogonalität in jeder ihrer Achsen das Ganze implizit (als Absoluter-Nicht-Widerspruch) schon vorhanden ist.

Die Sätze (und Begriffe) der (Euklidischen) Geometrie der Ebene (2D) behielten in der kartesischen 3D Welt uneingeschränkte Gültigkeit (den Griechen war der mathematische 3D-Raum unbekannt). Trotzdem ist ein ‚Ding‘ in der Ebene etwas völlig anderes als ein ‚Ding‘ im Raum.

A priori bedeutet für Kant ja soviel wie: Absolut neu und doch ab origine Absolut sicher. Wenn Du einem orthogonalen System eine weitere orthogonale Dimension hinzufügst, ist damit jede Möglichkeit eines Widerspruchs prinzipiell ausgeschlossen. Ich interpretiere Platon so, daß diese neue Dimension schon immer da war und wir uns ihrer, wenn wir sie finden, nur „erinnern“.

Unsere Struktur des Wissens ruft nicht nach Kuhnschen Revolutionen (Umwälzungen, beginning from scratch), sondern nach unwidersprüchlicher Erweiterung, nach systematischem Aufbau. Und das ist nur möglich, weil die Definition der Orthogonalität eine Absolute, voraussetzungsfreie Negation ist. Sie sagt: y ist Absolut und in jeder denkbaren Beziehung nicht x (Korrelation: Null!). Damit ist ein reiner (Kant), widerspruchsfreier, redundanzfreier und nicht-zirkulärer Begriff in die Welt gesetzt, der alle anderen unbeschadet läßt und daher ergänzt. Er macht die Welt nicht tiefgründiger, er erklärt sie nicht, sondern macht sie brillanter (Dirk würde sagen: bunter).

Erst wenn Du den konstitutiven (zeit-losen) Inhalt Deiner Daten erfaßt hast – den Begriff, der in ihnen liegt – bist Du da, wo Du hinwillst. Also, konstruiere nicht, sondern spekuliere – denke!

Philipp
Philipp
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

ich verstehe deine Position nicht ganz.

Erst schreibst du dass wirklich neues signifikantes Wissen (oder neue Erkenntnis) nicht kompatibel zu vorherigen Denkmodellen ist.

Jetzt schreibst du das neues Wissen sich quasi reibungslos in bereits bestehendes Wissen eingliedern soll – das nennst du orthogonal. Die Erweiterung von 2D zu 3D führt zu keinem Widerspruch, sie fügt nur etwas dazu.

Mein Problem: „kaputte“ (aus meiner Sicht) philosophische Denkmodelle lassen sich orthogonal so nicht erweitern. Es geht nur mit einer kompletten Revision die bereits bei geänderten Grundannahmen beginnt.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hi Philipp,

schau Dich in Deinem Labor/Büro mal genau um. Du wirst dort keine Hardware (und nur sehr wenig Software) finden, die nicht auf dieses „kaputte“ Denkmodell (der klassischen Physik/Chemie/Biologie) zurückzuführen ist. Mir ist schon klar, daß das Simulacrum das Heroin der komplexen Wissenschaft, der Zeit-Junkees ist. Aber Ironie existiert nur, weil es etwas gibt, das man ironisieren kann. Zum Schluß – um dem Thema dieses Blogs gerecht zu werden:

Dinge ohne Relationen sind tot 

Relationen ohne Dinge sind noch nicht gezeugt

Summa: Wer der Sprache keine Rechnung trägt, macht die Rechnung ohne den Wirt.
Deshalb: Vorsicht bei der Neuerschaffung der Welt, man hebt sich leicht einen Bruch…

Philipp
Philipp
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Heinz,

du weichst der Frage aus; für mich ist mein Verständnisproblem bezüglich deiner Position so nicht erklärt.

Soweit ich dich aber verstehe (!?) glaube ich dass meine philosophische Betrachtung auf das Thema nicht allzuweit von deiner Position entfernt liegt.

Du kennst ja meine Beiträge auf diesem Blog. Und ich glaube dass meine philosophische Betrachtungsweise bezüglich vieler philosophischer Probleme relativ nah an das kommt was du mit Orthogonalität meinst. Aber vielleicht liege ich auch falsch.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hi Philipp,

Ich habe nie behauptet, daß neues, signifikantes Wissen mit dem existierenden inkompatibel ist. Im Gegenteil, ich habe gesagt, daß es Absolut widerspruchsfrei ist, dadurch, daß es eben orthogonal und damit – nicht trotz, sondern wegen – seiner Andersheit schon in das System eingebunden ist. Beispiel: Form und Farbe eines ‚Dings‘ fallen in diesem ‚Ding‘ zwanglos (widerspruchsfrei) zusammen, weil sie sich „nicht in Quere kommen können“ und erst deshalb unabhängig voneinander manipulierbar sind (Anti-Komplexität!). Form und Farbe (plus viele weitere Begriffe) fallen jedem ‚Ding’ zu. Das Nichtwissen-Können des Zusammenhangs zwischen Form und Farbe (ihre Absolute Negation, die Nullkorrelation) ist der Grund für ihre saubere Trennung im Begriff und ihre Einheit im ‚Ding‘. Aber es geht noch weiter: Form und Farbe dieses ‚Dings‘ sind z.B. invariant unter Translation, Rotation und Spiegelung im Raum sowie unter Translation in der Zeit. Jetzt verstehst Du vielleicht, warum ich den Begriff „Perspektive“ nicht so sehr mag, denn die ändert sich schon. Ein orthogonales System ist ein System, dessen charakteristische Größen (hier Form und Farbe) unter Transformationen invariant sind. Das orthogonale System ist ein Erhaltungssystem. Wir können also die bekannte Liste der Anforderungen an den validen Begriff (rein(Kant), widerspruchsfrei, redundanzfrei, nicht-zirkulär zusammenfassen als: invariant unter Transformationen in Raum und Zeit. Das, was wir literarisch als seiend (dinglich) bezeichnen, ist formal-ästhetisch nichts anderes als Invarianz unter Transformationen. Das ist die orthogonale (nicht-prozessuale), d.h. zeit-lose Sicht auf das Denken. Sie ZEIGT sich in der Ordnung der ‚Dinge-da-draußen’, die nichts anderes als die Struktur des Denkens IST.

Philipp
Philipp
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Heinz,

danke für die weitere Erklärung deiner Position.

Mein kleiner Einwand bleibt bestehen:
Was orthogonal ist (und was nicht) hängt je nach Thema mit von den philosophischen Vorannahmen der jeweiligen Person ab. Das sieht man insbesondere bei der hier ewig geführten Diskussion um das Leib-Seele Problem.

Viele Menschen glauben letztendlich was sie glauben wollen. Es ist dann auch völlig egal wie man philosophisch (Argumente, Konzepte) und basierend auf empirischen Analysen argumentiert: man bekommt bestimmte philosophische Vorannahmen (die sehr tief sitzen können) nicht mehr raus. Was für Person A orthogonal rein erscheint führt bei Person B zu krassen und unlösbaren metaphysischen Problemen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Philipp

Hi Philipp,

Du hast einen guten Punkt. Die Achsen eines validen, d.h orthogonalen Denksystems könnten völlig andere sein, als die, die Du für „kaputt“ hältst und ich klassisch oder hergebracht nenne. Das Problem ist daher zweistufig:

Wenn Du dem orthogonalen Ansatz auf einer abstrakten Ebene ohne konkrete Bezeichnung seiner Achsen zustimmen kannst, dann a) sonst b)

a) jetzt stehst Du vor dem Problem, ein System von orthogonalen Begriffen hervorbringen zu müssen, d.h. eine Sprache. Die Frage ist dann, was Du als Referenz setzen willst, denn mit der Unbestimmtheit der Achsen verschwinden auch die Phänomene, es sei denn, Du bist ein naiver Realist, der behauptet etwas vor- bzw. außersprachlich direkt wahrnehmen zu können. Auch die Rolle eines Empiristen kannst Du nicht einnehmen, weil der – was auch immer interpretierend – der begrifflichen Sprache schon bedarf. Du stehst also wie Gott in der Genesis vor einer ‚Welt‘, die „dunkel, wüst und leer“ ist. Deshalb: Achtung, verheb Dich nicht. Was ich damit sagen will: Ja, ein völlig anderes orthogonales Begriffssystem ist abstrakt denkbar, würde aber, wenn man es denn erschaffen könnte, eine inkommensurable ‚Welt‘ hervorbringen, mit der wir nicht in Beziehung treten können (durchaus mit Blick auf die QM). Daraus folgt: wenn Du das orthogonale System prinzipiell anerkennen kannst, bleibt Dir nur der Weg seiner orthogonalen Erweiterung.

b) wenn Du also a) nicht anerkennst, verfällst Du Bohrs Sprach-Pessimismus: „Wir hängen in der Sprache“, mit der Konsequenz einer notwendig begrifflich unsauberen (inkommensurablen) Erweiterung des wissenschaftlichen Systems.

Wenn A und B Positionen beziehen, die nicht miteinander vereinbar (widersprüchlich) sind, dann bezieht sich wenigstens einer (oder beide) auf Ideen und Ideologien, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie sich NICHT ZEIGEN. Dieser Widerspruch ist nicht auflösbar. Wenn dagegen A und B sich uneinig sind, ob ein gewisser Baum eine Eiche oder eine Buche ist, täuscht sich einer von beiden. Das ist etwas ganz anderes…

Dirk
Dirk
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Lieber Heinz,

leider hatte ich momentan sehr viel „um die Ohren“, sonst hätte ich Dir schon früher geantwortet. Gerne möchte ich aber versuchen Deine noch offenen Fragen, so gut es geht zu beantworten. Noch eins voarb. Das kannst Du natürlich nicht wissen, aber fast eine identische Diskussion zur „Natur des Strukturenrealismus (in Folgendem nur noch SR genannt)“ habe ich schon des Häufigeren auf meinem Blog geführt, daher sei es mir vielleicht gestattet aus meinen Antworten im Kommentarbereich zu zitieren. So, jetzt wollen wir aber mal „Butter bei die Fische geben“.

Du möchtest als „Kritik am Strukturenrealismus noch mal vereinfacht an einem Beispiel darzustellen: Klassisch: F=m•a“. Dieses Beispiel sehe ich eigentlich als einen „red herring“, da es Dir ja in Wirklichkeit, um es viel Grundlegenderes vielleicht sogar Ontologisches geht. Der epistemische Strukturenrealismus ESR macht nämlich für solche Beispiele aus der klassische, mechanischen Physik ebensoviel Sinn, wie Deine erwähnten „(strukturenrealistischen) Wattestäbchen“ zum „Nussknacken“ ;-):

„Ich muss mich, um auch mal ein Beispiel nennen zu dürfen, bei einer gleichmäßigen Bewegung eines Körpers in der schiefen Ebene nicht mit den Parametern „Luft-/Rollwiderstand“, „Rotationsbewegung der Erde“ (s.o. ;-), oder gar den „strukturalen Körper-Bahn-“ oder „Körper-Umgebung-Relationen“ auseinandersetzen. Der Reduktionismus hilft hier ungemein, das Problem auf die Parameter „Zeit“ und „Ort“ zu reduzieren und dadurch zu physikalischen Gesetzen zu kommen. Gott sei Dank!“

Klar kannst Du dann den „philosophischen Werkzeugkasten“ wieder aufmachen und dann wieder „Phenomenon vs. Noumenon“ in Kantscher Tradition auf der „Werkbank auseinanderschrauben“. Und klar kann sich der Leibniz mit seinen „Einheit/Differenz-Laubsägearbeiten“ auch eine schöne „Monade“ „zusammenbasteln“. Was beiden philosophischen Konzepten aber gemein ist, ist ihr „dualistisches Paradigma“, welches auch hervorragend zur klassischen, mechanischen Physik passt, weil es so schön reduktionistisch ist. Also nicht „F=m•a“ ist das Problem, sondern z. B. die „vermaledeite QM“. Der Dualismus macht hier einfach „schlapp“. Das wäre ein interessanteres Gebiet für die SR. Lustigerweise gibt es im Bereich der aktuellen „physikalischen Theorien“ mittlerweile einen ganzen „SR-Zoo“, meinst ist es den Theoretikern noch nicht einmal bewusst.

„Ich rolle mal das Ganze im Gegensatz zu meinem Essay von hinten rum auf. Wenn ich mich hier selbst zitieren darf: „Hier wie dort würde ich ebenfalls wieder eine etwas elegantere Lösung des Dualismus “Instrumentalismus vs. Mathematismus“ durch einen moderaten, nicht-eliminativen Strukturenrealismus, wie ihn zum Beispiel Michael Esfeld in seinem Buch „Philosophie der Physik“ (2012) beschreibt, vorschlagen. Esfeld versucht hier ebenfalls eine holistische Lösung für die Frage nach der Metaphysik der Physik zu finden. Diesen Lösungsansatz würde ich gerne als Frage nach Metalogik für eine Metamathematik der Mathematik übertragen. Die Idee besteht also folglich lediglich darin, den „Dualismus ‚Instrumentalismus vs. Mathematismus‘ durch einen moderaten, nicht-eliminativen Strukturenrealismus“ methodisch von mir aus auch epistemisch zu überbrücken. Von der „Ontologie eines Strukturenrealismus“ ist hier noch gar keine Rede. […] Ich hatte Dir hierauf ja auch noch nicht explizit geantwortet, ganz einfach da ich einen ontischen Strukturenrealismus, besonders in der eliminativen Form (ohne Relata) auch für ein schwer zu realisierendes Konstrukt halte.“

„In wiefern der Strukturenrealismus für die Physik eine neuen Lösungsansatz darstellen könnte, kann ich nicht beurteilen. Aber Herr Prof. Dr. Holger Lyre, einer der bekanntesten deutschen Vertreter des Strukturenrealismus, den wir bereits zu diesem Thema interviewen durften, hat den Strukurenrealismus zum Beispiel für die Erstellung neuer „Eichtheorien“ oder für die Lösung des Problems der „Quanten-Identität und Ununterscheidbarkeit“ als Mitautor in dem Buch „Philosophie der Quantenphysik“ (2014, ISBN: 978-3-642-37789-1) erfolgreich anwenden können. Ob dies nun der Anfang eines neuen Paradigmas für die Physik ist oder wie Sie eher vermuten bereits das Ende einer „Modewelle“ sei, kann ich ebenfalls noch nicht prognostizieren.“

Daher ist Deine Frage „a) woher die Omnipräsenz von Dualismen im menschlichen Denken rührt, worin diese genau bestehen und was exakt sie bewirken“ und mehr als legitim. Ich hatte auch schon einmal diese Frage lang und breit in meinem Essay „Das neurozentristische Weltbild – bitte wenden !“ zu beantworten versucht und Alternativen hierzu zu entwickeln. Keine Angst, ich zitiere nur die passende Stelle als Antwort auf Deine Frage:

„Erste Haltestelle: „Das Ende des dualistischen Weltbildes“ – Der Dualismus als evolutionäre Anpassungsstrategie

Aber bevor nun das dualistische Weltbild endgültig zu Grabe getragen werden kann, muss hier doch noch einmal kurz geklärt werden, wie es überhaupt zu einer solch reduktionistischen Sichtweise kommen konnte. Eine mögliche, nachvollziehbare Begründung für die Entstehung des Dualismus als epistemologische Ordnungsgröße liefert der Stammvater der evolutionären Erkenntnistheorie Rupert Riedl. Er sieht in dem Dualismus eine Anpassungsstrategie, die aus evolutionärer Sicht eine kognitive Erfassung der Welt durch Kategorisierungen erst ermöglicht hat. Riedls biologisch-evolutionärer Ansatz geht davon, dass die Dichotomien in unserem Weltbild:

„keineswegs zu Zwecken der Erkenntnis dieser Natur geschaffen worden, sondern zum „Zweck des Überlebens. Und für dieses Überleben genügt es, in diese Welt hinein gewisse Sinnesfenster zu besitzen… Und in derselben Weise besitzen wir offenbar auch eine Vorstellung von dem, was wir Materie nennen, und Strukturen gegenüber dem, was wir als Vorgänge erleben oder allgemein als Funktionen… Wir haben also für Strukturen und Vorgänge zweierlei, zunächst inkomparable Begriffe… So dass wir zwar offensichtlich vor einer einheitlichen Welt stehen, aber mit zwei erblich getrennten Sinnesfenstern und die Verbindung zwischen ihnen erst mit Mühe konstruieren müssen.

[…] Wir müssen unsere geteilten Anschauungsfenster zusammenführen und gewissermaßen probeweise beginnen mit einer Synthese, einer Zusammenfügung, unseres so lange gespaltenen Weltbildes“, um so die rationalen Fehler zu vermeiden, die wir aufgrund unseres ererbten dualistisch geprägten Anschauungssystems begehen. (Rupert Riedl: „Kultur – Spätzündung der Evolution? Antworten auf Fragen an die Evolutions- und Erkenntnistheorie.“ 1987, S. 79–85, 294 –200 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Dualismus#cite_note-7) (https://philosophies.de/index.php/2021/04/25/das-neurozentristische-weltbild/#Erste_Haltestelle_%E2%80%9EDas_Ende_des_dualistischen_Weltbildes%E2%80%9C)

Zu Deiner Frage: „b) welches Problem der Strukturenrealismus überhaupt lösen will (ich sehe es nicht)“. Darauf könnte man nun sehr tautologisch antworten: „Alles, was mit Strukturen zu tun.“ Jetzt würdest Du ganz sich einwenden. Ja, dann definiere mir doch erst einmal, was das sein soll „Strukturen“. Ich zitiere daher der Einfachheit aus dem Essay „Der Paradigmenwechsel“:

„Allerdings ist hier der besagte Paradigmenwechsel immer noch nicht vollzogen, da der mathematische Strukturbegriff von Hause aus auch schone eine Dichotomie aufweist:

„Eine mathematische Struktur ist eine Menge mit bestimmten Eigenschaften. Diese Eigenschaften ergeben sich durch eine oder mehrere Relationen zwischen den Elementen (Struktur erster Stufe) oder den Teilmengen der Menge (Struktur zweiter Stufe).“(Nicolas Bourbaki: „Die Architektur der Mathematik“ I. S. 165 f., https://de.wikipedia.org/wiki/Mathematische_Struktur#cite_note-1)

Aus diesem Grunde diagnostiziert Ladyman dem Strukturenrealismus weiterhin eine Dichotomie in ontischen Strukturenrealismus (OSR) und epistemischen Strukturenrealismus (ESR).“

„Also möchte ich mich im Folgenden hauptsächlich auf den moderaten Strukturenrealismus nach Esfeld/Lam beziehen, der diese strukturelle Kopplung der Relationen wie folgt beschreibt:

„[…] we are committed to the view that objects and relations are interdependent, being on the same ontological footing: we get the relata and the relations at once as the internal structure of a whole, neither of them being eliminable or reducible to the other one. We cannot dispense with objects on pain of running into absurdity; we cannot accord priority to relations or intrinsic properties over objects, because we cannot conceive objects as bundles of either relations or intrinsic properties, for these fail to provide for a distinction in the case of quantum entanglement as well as in the case of space-time points; and we cannot grant priority to objects, for this would commit us to primitive thisness.“ (Esfeld/Lam: „Moderate structural realism about space-time“ 2008)“ (https://philosophies.de/index.php/2021/03/31/der-paradigmenwechsel/#Die_Bausanierung_mit_%E2%80%9EArmierungsstahl_und_Beton%E2%80%9C_der_Strukturenrealismus_SR)

Ich weiß natürlich, ob das Deine Frage ausreichend beantwortet.

Zu Deiner Frage „c) ob er vielleicht nur eine ideologische Doktrin im Kontext von bottom-up ist.“. Die ist wirklich sehr viel kürzer zu beantworten: „Nein.“ Da der SR (wenn es den gibt) eben nicht reduktionistisch, eliminativ, dualistisch arbeitet, sondern eher holistisch. Ob das jetzt ein „top-down“ ist, halte ich auch nur für eine „Labeling“.

Die Antwort auf Deine Frage nach einer Erklärung zur „Polykontexturalität“ müsste dann allerdings wieder viel länger ausfallen. Ich versuche es aber so kurz wie möglich zu machen.

Ich habe das mal in „Das System braucht neue Strukturen“ folgendermaßen zu beschreiben versucht:

„4. Grundthese: Der Strukturwandel vom Dualismus in eine Polykontexturalität – Das Dual-System der KI-Forschung als punktförmige Struktur des Dualismus

Als „Mutter/Vater“ des ganzen Dilemmas darf wohl mit Fug und Recht der Dualismus und seine weitreichenden Folgen für die Wissenschaftsgeschichte bezeichnet werden, wie ich bereits des Häufigeren in den vorhergehenden Essays versucht habe zu belegen. Wenn man die ontologische Struktur des Dualismus beschreiben möchte, kann man ihn als eine punktförmige Dichotomie in der zuvor beschriebenen, klassischen aristotelischen Logik (positiv/negativ, Subjekt/Objekt, Ich/Welt,…) bezeichnen. Die hierdurch entstehenden dualistischen Geegensatzpaare bilden laut den Hegelschen Logiktexten mit-sich-selbst-identische, widerspruchsfreie, dichotome Punkte, die als Satz vom Grunde somit logische Antipoden darstellen und dadurch ein Drittes ausschließen („Tertium non datur„, TND):

„Die klassische Logik als geschlossene Kontextur ist ein strikt zweiwertiges System, das durch die Prinzipien der irreflexiven Identität, des verbotenen Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten bestimmt ist. Was dieses System nun zur Kontextur in dem von uns intendierten Sinne macht, ist, dass sie durch keinen höheren Bestimmungsgesichtspunkt von [Dualität in Form von] Positivität und Negativität in der denkenden Reflexion [der platonischen Begriffspyramide] überboten werden kann.“ (Gotthardt Günther:“Die Theorie der ‚mehrwertigen‘ Logik“, in: Berlinger, R. (Hrsg.): Philos. Perspektiven 3,Würzburg 1971, S. 116f, [mit Ergänzungen])

[…] Vereinfacht gesagt, geht es bei dem Konzept der Polykontexturalität, um die Restauration des Subjekt-Begriffes als Distribution für eine neue, logische Form der Identität, die Subjektivität und Selbstreflexivität wieder in den Prozess der Logik einbringt. Die Günthersche Mehrwertigkeit seiner Stellenwertlogik basiert gerade nicht auf einer symmetrischen Modelltheorie mit einer linearen Syntaktik. Vielmehr können für die angestrebte Distribution die polykontexturalen, mehrwertigen Stellenwertsysteme verschiedene semantische Belegungen nicht nur eines „klassischen linearen, symmetrischen Kalküls“ darstellen, sondern als „reculer pour mieux sauter“ gewissermaßen „hinter die Syntaktik“ springen. Die so gebildete „Kenogrammatik“ als gemeinsame „Struktur“ stellt mit ihren zu Morphogrammen zusammenfassbaren Kenogrammsequenzen „lediglich Zeichen von leeren Stellen, die gegebenenfalls mit Werten besetzt werden können oder auch nicht“ (Gotthardt Günther:„Das Problem einer Formalisierung der transzendental-dialektischen Logik“, 1962, S. 90) dar.

„Die Reflexivität der Form auf der Kenoebene und die Produktion von Struktur über ihre Operatoren macht es möglich, auf der Wertebene Systeme zu modellieren, die sich in der Reflexion auf die Umwelt konstituieren.[…] Eine Kenosequenz ist individuelle Struktur, die nicht über Zeichen fixiert ist (Zeichen für Struktur), sondern eine selbstdifferenzierende Leerstellenordnung und als solche Selbstdarstellung von Struktur. Relationen sind so ohne Rückgriff auf die Form der Identität, der Isolation in einer neuen Form (der Relation) ausgedrückt.“ (Joseph Ditterich: „Logikwechsel und Theorie selbstreferentieller Systeme“, http://www.vordenker.de/jditterich/jd_logikwechsel-selbst-referenz.pdf, S. 18)“ (https://philosophies.de/index.php/2021/08/14/das-system-braucht-neue-strukturen/#4_Grundthese_Der_Strukturwandel_vom_Dualismus_in_eine_Polykontexturalitaet)

Sorry, für die „Textwände“. Ich weiß auch nicht, ob das jetzt wirklich erklärend war. Aber bei konkreten Rückfragen einfach melden.

Liebe Grüße
Dirk

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Dirk

Hallo Dirk,

ich fange mal von hinten an (gekürzt und gewürzt).

G. Günters Polykontexturalität ist – meiner völlig unbedeutenden Meinung nach – der monströse Versuch der Einführung der Kybernetik in die Soziologie – eine dieser Kuhnschen Revolutionen, die die Welt auf den Kopf stellt. Monströs, weil im Vergleich zu seiner ‚Logik‘ die Quantenmechanik als Stoff für die Grundschule erscheint. Beide sind nicht an hergebrachtes Wissen anschließbar und daher – meiner Meinung nach – schon gescheiterte Ideologien. Für eine qualifizierte Kritik siehe: Karl-Heinz Ludwig (ehemaliger Wissenschaftsautor FAZ u.a.), „Pegasus als Reflexionsrest“. Er kommt u.a. zu dem Ergebnis, daß Günthers ‚Logik‘ darunter leidet, daß sie augenblicklich klassisch wird, wenn er Beispiele anführt.
Günthers Aufsatz „Das Phänomen der Orthogonalität“, von dem ich mir einiges erhofft hatte, schließt leider nicht an wissenschaftliche oder wenigstens nachvollziehbare Definitionen der Orthogonalität an und erinnert irgendwie an Pythagoräische Zahlenmystik. Beide Referenzen sind im Internet verfügbar. 

Ich habe versucht Orthogonalität als multi-dimensionalen Raum darzustellen, mit den Phänomenen als einer und den klassischen Wissenschaften als alle anderen Achsen. Damit ist offensichtlich, daß alle Achsen gleichwertig sind, d.h. ein Reduktionismus eben NICHT stattfindet. Erst dieser orthogonale Zusammenhang des Wissens erlaubt es mir, z.B. die QM als grundsätzlich nicht anschlußfähige Ideologie (in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes) zu entlarven. 

Der Dualismus nach Descartes, der bei ihm noch eine gewisse geistige Schiefllage hat, wird erst bei Leibniz zur Orthogonalität, die im Begriff der ‚prästabilisierten Harmonie“ das notwendige Nichtwissen (Nicht-wissen-können) des Zusammenhangs beider Seiten beinhaltet. Insofern erscheint mir der Dualismus als eine den Begrifflichkeiten des 17. Jahrhunderts angemessene (zweiwertige) Einfaltung der orthogonalen Vielfältigkeit klassischer! Wissenschaftsdisziplinen zu sein.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Dirk,

so wie ich Dich verstehe willst Du die in den Erkenntnisprozessen enthaltenen dualistischen Sichtweisen und den Reduktionismus abschaffen, und die Welt mit einem polykontexturellen (holistischen?) nicht-dualistischen epistemischen Strukturenrealismus erklären. Erkenntnisse über was? Und welchen Dualismus? Und was versteht Du unter Polykontexturalität und Holismus?

An den Beispielen, auf die Du referiert, zum Beispiel Instrumentalismus und Mathematizismus kann ich eine Dualität nicht erkennen. Ich weiss auch nicht, worin der epistemische Strukturen-„Realismus“ sich vom ontischen Strukturen-“Realismus“ unterscheidet. Ist es nicht so, dass der ontische Strukturenrealismus den epistemischen zur Voraussetzung hat, und der Standpunkt des ontische Strukturenrealismus aber notwendige Folge eines epistemischen Strukturenrealismus ist?. 

Außerdem – wozu soll es gut sein, die klassiche Logik außer Kraft zu setzen?

Ich teile ja Deine Ansicht, dass die herrschenden Denkweisen in den Wissenschaften überwunden werden müssen (z.B. der wissenschaftliche Realismus) und finde es super gut, dass Du das immer wieder zum Theme machst. Aber ich denke, das kann man nur schrittweise machen, nicht indem man die Axt an die Wurzel legt.

Esfeld erzählt viel, wenn der Tag lang ist: „we get the relata and the relations at once as the internal structure of a whole, neither of them being eliminable or reducible to the other one.“ Das ist einfach nicht richtig. Ohne Symmetriebruch gäbe es nichts im Universum – oder wie sonst soll etwas entstanden sein? Und das Erste was entstanden ist, ist eine Einzelheit im Gegensatz zum Ganzen, und dann noch eine, und noch eine, beliebig viele-  und dann erst die Relationen, um die Einzelheiten unterscheidbar zu machen. Warum sollen gerade zwei (und nicht eine) Einzelheit und eine Relation gemeinsam als Ganzes in Erscheinung treten, warum soll ein Dreierpack sozusagen als fundamentale Einheit aus dem Nichts entstanden sein? Im Übrigen sind Abstände auch Relationen, und niemand wird behaupten, das alle Einzelteile gleich zusammen mit dem Raum (Raumabstände) und Zeit (Zeitabstände) entstanden sind – also nicht nur der Dreierpack, sondern hurra, gleich auch noch Raum und Zeit in Einem. Das wäre ja ein wahnsinniges Weltentstehungsmodell.

Esfeld hat übrigens in seinem Werk „A minimalist ontology of der natural world“ noch weitere inkonsistente Spekulationen angestellt. Es hilft alles nichts: der Strukturbegriff wird nicht von ihm, und nicht von Dir, und bisher von keinem hier, analytisch klar und argumentativ stringent definiert. Die einzige Definition, die mir einfällt ist: Strukturen sind gegebene Unterschiede (in Anlehnung an Wolfgang Sohst). Damit ist der epistemische und ontische Strukturenrealismus als Sichtweise auf die Welt eine sehr triviale Angelegenheit: natürlich erkennen wir Unterschiede, das ist sogar die kantsche Voraussetzung jeder Erkenntnis, das hat übrigens auch Herr Lyre in seinem Aufsatz „Kann moderne Physik a priori begründbar sein“ (Vortrag auf einer Tagung im Sep. 1999) als Grundlage jedes Erkennens angenommen.

Man muss doch bei den Grundlagen anfangen. Insofern ist es nicht
verkehrt, immer mal auf die Erkenntnisse der Physik zu schauen: da gibt es zum Beispiel im Universum Bosonen (Strahlungsteilchen) und Fermionen (Materieteilchen), und die Bosonen bilden keine Relationen (jedenfalls mit sich selbst, und natürlich alles als Modell). Die Esfeldsche Vorstellung, Teilchen und Relationen gehörten zusammen, ist ziemlicher Quark, weil es gem. Physik von den Teilchen, die keine Relationen bilden, den Bosonen, eben 10 Mio mal mehr im Universum gibt, als Teilchen mit Relationen.

Außerdem verschwindet auf kleinster Ebene, da wo die Materie so klein ist, und alles andere so auf Abstand ist, dass es nicht mehr mit der Materie wechselwirkt, alles in einen verschränkten Zustand, der definitionsgemäß ein Ganzes ist, ein holistisches materielles Gebilde. Warum willst Du ein solches Gebilde neu über Polykontexturalität definieren, wie sollen wir dann den verschränkten Zustand umbenennen – ein Holismus 1. Klasse, und die polykontexturalen Strukturen ein Holismus 2. Klasse – oder umgekehrt?

Versteh mich bitte nicht falsch. Ich finde Deine Überlegungen sehr gut und freue mich, dass ist etwas habe, dem ich widersprechen kann. Ich meine aber, man muss die Dinge, von denen man spricht, definieren, wir reden sonst aneinander vorbei. Vor allen Dingen was den Dualismus anbetrift. Was ist am Dualismus schlimm? Warum scheust Du ihn wie der Teufel das Weihwasser? Du bist ja damit nicht allein. Aber keiner hier hat mir je erklärt, was er genau mit Dualismus meint. Ist die zweiwertige Logik auch ein Dualismus, den es zu überwinden gilt? Oder Materie-Geist-Dualismus, wobei ich jedenfalls nicht weiss, was mit „Geist“ gemeint ist. Ich kenne nur den Welle-Teilchen-Dualismus, der ist definiert, und der ist ja, so wie ich es in meinem Beitrag zur Quantenmechanik beschreiben habe, leicht überwindbar, indem man lediglich davon ausgeht, dass physikalische Wirkung nicht instantan stattfindet (also alle steigen mathematischen Funktionen, die die Welt beschreiben, nur Näherungen sind). Also mit einer einfachen Überlegung (die weitreichend ist). Vielleicht lösen sich die anderen Dualismus auf ähnlich Weise – durch das Überwinden von Gewohnheiten im Denken.

Ich hoffe mein Beitrag ärgert Dich nicht zu sehr. Ich bin halt Physiker und will für alles erst eine Definition haben, bevor es im Diskurs verwendet wird (und als Hilfe, damit man es mit dem Verständnis einfacher hat).

Viele Grüße aus dem Bonner Dunst
Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor

Hallo Bernd,

nur ein kurzer Einwurf:

das Verständnisproblem, daß der Dualismus bei vielen auslöst, ist nachvollziehbar, weil das innere Produkt zweier Vektoren, wenn sie einen rechten Winkel einschließen, zu Null wird. Neben dieser NULL gibt es keine weitere, d.h. erklärende, affirmative oder positive Bestimmung was Orthogonalität ist. Und trotzdem benutzen wir sie jeden Tag; das rechtwinklige Koordinatensystem x,y zum Beispiel besagt: es ist Absolut nichts in y, das in x ist, y ist Absolut nicht x.
Orthogonalität ist eine Relation (eine Absolute Negation) die keine logische Entsprechung hat, weil sie eine unendliche Relation wäre. Logisch ist sie deshalb nicht zu beschreiben, weil sie die nicht abschließbare Aufzählung wäre was A nicht ist, also: A ist nicht B, nicht C, nicht D, nicht E … ad infinitum. Aber eben weil die orthogonale Negation unendlich und dadurch Absolut ist, ist sie eine Absolut widerspruchsfreie Bestimmung, nur eben keine logisch beschreibbare, herleitbare oder gar beweisbare oder widerlegbare. Aber in der Geometrie, in der klassischen Physik (Welle-Teilchen) und in der Lebenswelt benutzen wir sie ganz selbstverständlich (und erfolgreich!) jeden Tag.

Sollten die Gödelschen Sätze, die ja das Scheitern der Logifizierung der Mathematik schon an der Arithmetik behaupten, jemals widerlegt werden, ist spätestens bei der Geometrie der Bart endgültig ab.

Nicht-orthogonale, d.h.logisch-axiomatisch-definitorische Denksysteme scheitern zwangsläufig an babylonischer Sprachverwirrung, weil ihre Begriffe widersprüchlich, redundant, zirkulär, zeit-variant – kurz – komplex sind.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
warum wieder mal so kompliziert? Einfacher: Syntax und Semantik sind zwei verschiedene Beschreibungsweisen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

Ich bin kein Linguist, aber ich sehe die Sache so:

mit Syntax und Semantik kann man vielleicht (bin mir aber sehr unsicher ob dabei nicht unbemerkt dritte Komponenten einfließen) formale Sprachen zusammenbasteln, aber nicht die natürliche. Da fehlt der ganze Bereich der Pragmatik, z.B. die Anthropologie, die Semiotik, die Rhetorik und vieles mehr. In Bezug auf die natürliche Sprache halte ich Syntax und Semantik (wie Philipp es nennen würde) für brauchbare „Perspektiven“, nicht für orthogonale Dimensionen.

Da sind zum Beispiel die Tropen, die sich dem Syntax-Semantik-Denken völlig entziehen, aber, wie z.B. die Metapher, in der natürlichen Sprache omnipräsent sind. Das „ein Virus einen Computer infiziert“ ist eine semantische Katastrophe wenn man nicht eine a-logische Syntax ansetzt, und doch weiß jeder sofort, was damit gemeint ist. Es ist immer wieder erstaunlich, daß wenn, sagen wir analytische Denker, mit ihrer komplexen Logik (sorry: endlich) durch sind, fast unweigerlich die Stelle kommt: „das kann man sich vorstellen als ob…“. Und uups, da ist sie – die a-logische Metapher. Das läßt sich aus meiner Sicht auch gar nicht nicht vermeiden, denn die Metapher ist die kleine (etwas schmuddelige) Schwester der Orthogonalität.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

OK, noch einfacher:
Formale Logik (objektive Regeln, z. B. 1 + 1 = 2) und subjektive Bedeutung (individuelle Interpretation, z. B. Was bedeuten Zahlen für mich?) sind zwei verschiedene Beschreibungsebenen.
Du vermischt sie in deinem Kommentar:

Orthogonalität ist ein formallogisches Konzept (zwei Vektoren stehen senkrecht, Skalarprodukt = 0) ist keine „absolute Negation“.
Das ist wie zu sagen: „Die Regel 1 + 1 = 2 bedeutet, dass Liebe Hass ist.“

Gödels Sätze zeigen Grenzen formaler Systeme (z. B. Arithmetik), nicht der Bedeutungskonstitution.
Das ist wie zu behaupten: „Weil Mathe unvollständig ist, kann ich das Wort ‚Baum‘ nicht verstehen.“

Du projizierst formale Strukturen auf semantische Fragen – und erzeugst so Scheinprobleme.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

ich halte die klassische Mathematik (Arithmetik, Geometrie, Algebra) für eine orthogonale Erweiterung der Sprache, die sich in der ‚Welt‘ zeigt. Wir benutzen sie daher ‚intuitiv‘ – wenn man das als Gegenteil von formal ansehen will. Formale Sprachen dagegen stehen in einem affirmativen Abbildungsverhältnis mit der Welt, sie sind reflektierend-interpretierend (meta- bzw. meta-meta-logisch?), und darin liegt eine große Willkür. Das war übrigens Hegels Argument für eine ‚neue‘ Logik, die sich nicht interpretierend (logisch) mit den Inhalten des Bewußtseins auseinandersetzt, sondern exklusiv mit deren Struktur. Der ‚intuitive’ (nicht-falsche-und-basta!) Zusammenhang zwischen Inhalten und Struktur des Bewußtseins geht in der Formalsprache verloren, weil die Logik der Inhalte (des Bewußtseins) notwendig bedarf; sie leitet zirkulär! die Struktur affirmativ aus den Inhalten ab.

Der Linguistic Turn (die ‚Mutter‘ aller Formalsprachen, Frege über Wittgenstein bis Hilbert) ist gescheitert, weil er glaubte legitime von illegitimen Inhalten des Bewußtseins (der natürlichen Sprache) trennen zu können – woran die analytische Philosophie übrigens immer noch glaubt. In diesem Sinn scheinen mir Formalsprachen Legosprachen zu sein, die zu dysfunktionalen Legowelten führen. Der Grund: das Nichtwissen – das Nicht-wissen-können-des-Wissens – ist kein möglicher Gegenstand der Logik – während dieses Nichtwissen m.E. die Bedingung des Wissens überhaupt ist.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Heinz, dein Text vermengt mehrere grundverschiedene Konzepte.

‚Orthogonale Erweiterung der Sprache‘:
Du behauptest, klassische Mathematik sei eine intuitive, nicht-formale Erweiterung der Sprache. Doch Mathematik ist per Definition formal – ihre Stärke liegt gerade darin, dass sie unabhängig von intuitiver Sprache operiert (z. B. axiomatische Geometrie).
Und wenn du dann Mathematik als „orthogonal“ bezeichnest, widersprichst du dir selbst: Orthogonalität ist ein formales Konzept – kein intuitives.

Hegel vs. formale Logik:
Hegel kritisierte die formale Logik, weil sie für ihn die dialektische Bewegung des Geistes nicht abbilden konnte.
Hegels „neue Logik“ war aber spekulativ-metaphysisch, keine mathematische.
Moderne formale Systeme (z. B. Modallogik) können sehr wohl Strukturen analysieren, aber sie wollen keine Hegelsche Dialektik ersetzen.
Du vergleichst Äpfel (Metaphysik) mit Birnen (Mathematik).

Der Linguistic Turn und ‚Legosprachen‘:
Deine Kritik am Linguistic Turn („gescheitert, weil er Inhalte trennen wollte“) ist historisch falsch:
Freges Projekt war nie, „illegitime Inhalte“ auszusortieren, sondern Bedeutung klar von Bezug zu trennen (Sinn vs. Bedeutung).
Wittgensteins späterer Ansatz (Philosophische Untersuchungen) betont sogar die Vielfalt der Sprachspiele – das Gegenteil deiner Darstellung.
Formale Sprachen sind Werkzeuge, keine Welterklärungen. Ein Hammer ist nicht „dysfunktional“, nur weil er kein Brot schneiden kann.

‚Nichtwissen als Bedingung des Wissens‘:
Dein zentraler Punkt – dass formale Logik das „Nichtwissen“ nicht erfasse – ist ein Kategorienfehler:
Logik beschreibt, wie aus bekannten Prämissen Schlüsse gezogen werden. Sie macht keine Aussagen darüber, was wir nicht wissen.
Dass Erkenntnis immer vorläufig ist („Nichtwissen“), ist eine erkenntnistheoretische Einsicht (vgl. Popper, Kuhn) – keine Schwäche der Logik.

Du forderst von der formalen Logik, was sie nie leisten sollte: eine Theorie des Ungewissen zu sein.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor

Hallo Wolfgang, 

dieses Thema ist genauso interessant wie es verwickelt ist. Ich lese Wittgenstein 2.0 ähnlich, wenn auch nicht so offensichtlich positivistisch, wie Wittgenstein 1.0. Aber, diese Diskussion ist auf diesem Medium nicht führbar und würde, außer uns beide, vermutlich nur wenige interessieren.

Aber eins würde mich dennoch interessieren: Hälst Du den Linguistik Turn und damit den Logischen/Empirischen Positivismus im Ansatz (also bezüglich seiner grundlegenden Ideen) für gescheitert oder nicht?

Kants Position, die ich teile: „Ich mußte das Wissen einschränken, um zum Glauben Platz zu bekommen“.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
was hat deine Antwort mit meinem Kommentar zu tun? Ich fürchte, nichts.
Aber du hast recht, das Thema interessiert niemanden, wenn ich ehrlich bin, mich auch nicht.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor

Danke für die Antwort!

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

P.S. Es geht nicht um „Unbestimmtheit“, es geht um Unwißbarkeit!

Bernd Stein
Bernd Stein
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Heinz,
was Du beschreibst – kann man das nicht mit den einfachen Worten „sich ausschließende Tatsachen“ – oder auch sich ausschließende Möglichkeiten – beschreiben? Warum muss ich dafür das Wort Ortogonalität oder Dualismus verwenden ?
Grüße Bernd

Bernd Stein
Bernd Stein
5 Monate zuvor
Reply to  Bernd Stein

Im übrigen will ich ich nichts erklären und habe auch kein geschlossenes Denksystem. Ich will lediglich widerspruchsfrei und konsistent beschreiben – das ist alles. Ich will von der Welt reden, ohne in Widersprüche zu geraten. Dazu muss ich meine Voraussetzungen offen legen und logisch und kohärent mit der Erfahrung schlußfolgern. Ich will hier keine Theorien propagieren,
nur verständlich beschreiben.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor
Reply to  Bernd Stein

Hallo Bernd,

es geht nicht um Tatsachen, es geht um Begriffe, weil ‚Tatsachen‘ von Begriffen abhängen

Wenn Du Absolut widerspruchsfrei denkst HAST Du ein Denksystem (ob Du willst, es kennst, oder nicht)

Dualismus bzw. Orthogonalität beschreiben nicht den Inhalt des Denkens, sondern seine allgemeine Struktur

Es geht nicht um Theorien (-ismen) sondern um allgemein ANWENDBARE Begriffe bzw. Sätze. Aber: das ist kein platter Pragmatismus (lokale, d.h. logische Widerspruchsfreiheit), sondern das Denken des Ganzen in seiner Negation (ein ’a priori Pragmatismus‘). 

Die Kürze ist der Situation geschuldet, wenn Du Fragen hast, gern ein anders mal mehr…

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
5 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz, was meinst Du damit, dass Tatsachen von Begriffen abhängen?


Heinz Luediger
Heinz Luediger
5 Monate zuvor

Hallo Bernd,

für die alten Griechen war es ausgemachte Tatsache daß
der Kosmos aus kristallinen Sphären besteht, die die Gestirne tragen, weil sie ja sonst herunterfallen würden.

Ist doch logo – oder?

Dirk
Dirk
5 Monate zuvor

Lieber Bernd,

zunächst einmal vielen Dank für Deinen weiteren Kommentar zum Thema, der mich überhaupt nicht „ärgert“. Im Gegenteil, ich freue mich, dass Du Dich hierfür interessierst.

Du weißt, ich schätze Dich und Deine philosophischen Gedanken und Deine Hartnäckigkeit, mit der Du das „Wesen des Dings an sich“ zu ergründen suchst sehr, nur wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht in Redundanzen „verstricken“. Ich habe nämlich das Gefühl, dass ich Deine Fragen zum „polykontexturellen (holistischen?) nicht-dualistischen epistemischen Strukturenrealismus“ schon sehr oft zu beantworten versucht habe.

Eine ausführliche Darstellung findest Du übrigens auch in Heinz‘ Kommentar. Wenn ich das hier jetzt schon wieder alles erläutere und zitiere, wird wahrscheinlich die/der letzte geneigte Leser*in in den „offset-Modus“ schalten. Ich möchte einer Diskussion aber keinesfall ausweichen, sondern wir können uns gerne noch einmal explizit darüber unterhalten, wenn wir uns mal wieder IRL treffen. Was hältst Du davon?

Liebe Grüße aus dem Münsterländer Abendland
Dirk

Bernd Stein
Bernd Stein
5 Monate zuvor
Reply to  Dirk

Machen wir !
Bernd

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
4 Monate zuvor

Bewusstsein ist etwas, das mit jemandem in Beziehung tritt, der damit eine dauerhafte Verbindung herstellt, die zwischen den beiden erhalten bleibt und ihren gemeinsamen Weg durch die Zeit als Raum hervorbringt. Zunächst ist das Bewusstsein damit erfüllt, doch im bestehenden Raum oder sage ich besser über den Bestand im Raum aus diesem Bewusstsein herrscht Uneinigkeit. Sie mag, begründet in seiner Einheit oder hervorgerufen durch ihre Wiedergeburt einen gewissen Stillstand auslösen, der sich über einen Zeitraum hinweg ergibt, in dem sich alle miteinander auseinandersetzen müssen, die das Bewusstsein in seiner Beziehung zu ihrer Identität und seiner Einheit stärken wollen.

Erst im Übergang vom Bewussten Dasein in eine unbewusste Zeit, die sich in ihrer Wiederholung aus verschiedenen Zeiteinheiten ergibt, werden Gesetzmäßigkeiten sichtbar, die das Bewusstsein begründen kann, indem es eine ganz bestimmte Identität annimmt und mit ihr zusammenarbeitet. Gemeinsam bestätigen Bewusstsein, Identität und Zusammenarbeit in ihrer Koexistenz die Einheit, aus der sich alles zu einem einzigen Tag ergibt.

Dieser eine Tag, ich will ihn Alltag nennen, der Beginn des Lebens, das im Prinzip als bewegendes Ereignis für das Bewusstsein anlegt, was es braucht, um gemeinsam zutage treten zu können, sodass dieses Ereignis der Urknall, durch Gott zusammengeführt von der Identität herausgefordert wird, die sich ihrer Einheit bereits bewusst, seiner Einheit annähert. Diesen Annäherungsversuch verstehe ich in meiner Existenz als Mutter durch die Geburt von Jesus, der als Teilidentität des Vaters auftritt, für dessen Bewusstsein die Einheit zu sprechen lehrte, wer sie erreicht hat.

Das Sprechen zu lernen ist abhängig von den Vorbildern, die in seinem Bewusstsein existieren, jedoch erst in Kraft treten, wenn sie, von ihm angesprochen, weiß, dass es ihre Identität braucht, um seine ganze Kapazität freizugeben. Identitäre Kraft, ich will sie Autorität nennen, gilt für das Primat (Vater/Mutter) allen Lebens, sodass es in seiner primären Stellung vor dem Bewusstsein erst im Bewusstsein dafür, die Einheit erreichen kann, durch die es fortsetzt, was er, der Primat ihres Lebens in seiner Würde hervorbringt.

Mein Leben fand Raum im Herz von Franziskus, ein Herz, dessen Bewusstsein den Urknall integriert, sodass er nichts von seiner Bedeutung für die Menschheit verliert. Seine Intelligenz schuf im Bewusstsein für ihre Naturgewalten einen Erkenntnisraum, aus dem schöpfen kann, wer als Mensch vom Leben bereits integriert, mit seinem Bewusstsein verbunden bleibt. Die eigene Identität wirkt darin unbedeutend und klein, ersetzt sie doch niemals das Herz von dem alles Leben ausgeht, indem es sich in seiner Einheit und ihrer Würde als Primat rechtfertigen kann.

Ich hoffe mein Kommentar kann zur Bereicherung dieses Beitrags beitragen, denn den Erkenntnisraum, von dem ich spreche repräsentiert ein Netzwerk aus Menschen, die im Bewusstsein füreinander, miteinander verbunden sind, sodass sein Herz immer wissen will, was aus der Einheit hervortritt, die sich an ihm erfüllt weiß.

Würde nicht jeder Mensch gerne wissen, wie sein ganz eigener Blick auf die Vergangenheit für die Zukunft Bedeutung gewinnt?

Wie können wir im Bewusstsein für das Leben der Einheit trotzen, die sich daraus für den Menschen ergibt, der sich mit ihrer Gegenwart auseinandersetzt?

Bei aller Liebe, wem das zu kompliziert ist, der findet in seinem eigenen Herz alles, was das Leben hervorbringen kann, da es sich in seiner Einheit einzig an die Menschheit wendet, die es ganz und gar verstehen will.

Philo
Philo
2 Monate zuvor

Lieber H. V.,

es gibt also doch noch Menschen in „Philosophie Gruppen“ auf Facebook, die sich inhaltlich mit Artikeln auseinandersetzen und sogar noch etwas dazu schreiben wollen ;-). Daher lassen Sie mich Ihnen zunächst einmal meinen herzlichen Dank aussprechen für Ihre „Skizze einer Kritik des Artikels“, auch wenn inhaltlich natürlich nicht mit Ihnen übereinstimme. Also kommen wir zu dem Inhaltlichen Ihrer Kritik:

Sie machen zunächst einmal die „passenden Schubladen“ (wie in Philosophiekreisen leider allzu oft üblich) auf, um mich dort besser mit den entsprechenden Etiketten „epistemischen strukturellen Realismus, Pragmatismus, erkenntnis-skeptizismus, Nihilismus“ zu verorten. Dann wollen wir doch mal reinschauen.

Zu „epistemischen strukturellen Realismus“: Okay, moderater ESR mach ich mit, obwohl ich lieber von „Polykontexturalität“ sprechen möchte, da der ESR meines Erachtens nicht wirklich hilft die dualistische, „grundlegende Lücke zum Verhältnis von „Konstruktivismus vs. Realismus“ in Bezug auf unser „Bewusstsein“ zu schließen“. Habe ich auch so in meinem Essay geschrieben, wenn ich hier aus dem Fazit zitieren dürfte:

„Daher denke ich, dass ein moderater, epistemischer Strukturenrealismus, der mit einer prozessualen Neurophilosophie interdisziplinär zusammenarbeiten würde, hier vielleicht ein paar Fortschritte zur Aufklärung der Konstitution des Bewusstseins bringen könnte.

Aus diesem Grunde wäre es doch vielleicht mal wieder Zeit über den so oft beschworenen „Paradigmenwechsel“ nachzudenken. Da diese Form des Holismus oder Polykontexturalität vielleicht auch zur Lösung anderer aktueller Probleme und Krisen beitragen könnte.“ (https://philosophies.de/index.php/2025/01/04/konstruktivismus-vs-realismus/)

Zu „Pragmatismus“: Klar warum denn nicht? Endlich mal raus aus dem „Elfenbeintürmchen“ 😉

Zu „erkenntnis-skeptizismus“: Das passt eher nicht, lieber „Anthropzentrismus“ oder wenn überhaupt „Neuroskeptizismus“ (https://www.dasgehirn.info/entdecken/neurokritik/neuroskeptizismus-im-zweifel-gegen-den-angeklagten). Klar, können wir zu einigermaßen gesicherten Erkenntnissen kommen. Der wissenschaftliche Realismus funktioniert ganz gut, wenn man das „Wir irren uns empor!“ von Ihrem Fast-Namensvetter dem Physiker und Philosophen Gerhard Vollmer miteinschließt ;-). Wir haben aus meiner bescheidenen Sicht allerdings keinen Zugriff auf eine metaphysische Ontologie. Daher bleibt alle Erkenntnis nur für uns gültig. Wenn Sie das mit Erkenntnis-Skeptizismus meinten, dann gebe ich Ihnen Recht.

Zu „Nihilismus“: ne, das passt gar nicht, da er ja laut Defintion „Gültigkeit jeglicher Seins-, Erkenntnis-, Wert- und Gesellschaftsordnung verneint“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Nihilismus). Das macht ja wirklich keinen „Sinn“. Wenn überhaupt Nihilismus, dann im Sinne Nietzsches und nicht im Sinne Schopenhauers: „Nietzsche wollte nicht nur destruktiv im Pessimismus verharren wie Schopenhauer, sondern suchte eine Perspektive zur Überwindung des Nihilismus.“, um den besagten „Paradigmenwechsel“ anzuschieben.

Zu „Es passt aber gut zu der heutigen Gesellschaft und der Zeit auch wenn es die Realität nicht beschreibt. Man möchte sich auf nichts festlegen alles wird hinterfragt und in Frage gestellt. Es werden aber auch keine Alternativen angeboten. Gleichzeitig lässt man alles offen und somit auch alles zu.“: Da gebe ich Ihnen absolut Recht. Das beobachte ich auch mit immer größerem Ärgernis. Für mich ist auch „Feierabend“ mit dem Methodenpluralismus in Feyerabends „Anything goes“, dann schon lieber „The Structure of Scientific Revolutionsvon Thomas S. Kuhn. Daher Alternativen habe ich, denke ich, genug angeboten. Wir sind nur leider, auch wenn es schon April ist, immer noch im „Vormärz“ ;-).

Zu Ihrem Hinweis auf die „strohmänner“ oder der Kritik am „Realismus“ „Er begründet nämlich die Ablehnung des Realismus durch die Ablehnung des naivenrealismus. Diesen vertritt aber heutzutage so gut wie keiner mehr und schon gar kein ernstzunehmender Realist: Das ist ja gerade der Witz am „Realismus“, dass er gar nicht merkt wie stark er von Bedingungen und Konditionen abhängig ist. Also insofern eine naive Einstellung gegebenüber dem ontologischen Zugriff auf die Realität hat. Derlei „ernstzunehmende Realisten“ sind mir leider schon des Häufigeren auch heutzutage noch über den Weg gelaufen. Einfaches Beispiel: Fragen Sie doch mal einen Naturwissenschaftler, vielleicht einen Physiker, inwiefern er an dem „Erkenntnisobjekt“ als „Forschersubjekt“ in dem „Untersuchungsprozess“ beteiligt ist. Sie erhalten fast immer die Antwort: „Gar nicht, da es sich um objektive Erkenntnisse handelt!“ Entschuldigung, aber das klingt für mich eher nach „naivenrealismus“ und ich meine dies nicht nur als „Unschärferelation“.

Zu der Kritik der Form des Aufsatzes das „Fiktion und philosophisches miteinander vermengt“ werden: Ja, das beschreiben Sie völlig korrekt. Deshalb weise ich auch immer darauf hin, dass es sich um keinen fachwissenschaftlichen Aufsatz handelt, sondern um einen Essay. Daher vielen Dank für das Kompliment in Bezug auf die „intellektualität des Autors“. Aber darum geht es gar nicht. Es geht mir in meinem Projekt viel mehr darum: „Die unterschiedlichen Essays („etwas längere Blogs“ 😉) auf philosophies sollen sich daher mit den vielfältigen Aspekten von Wissenschaft und Philosophie in unserer heutigen Zeit beschäftigen. Es gilt dabei den Staub von den alten Buchdeckeln weg zu pusten und den Weg aus dem einsamen Elfenbeinturm zu ermöglichen. (https://philosophies.de/index.php/ueber-das-projekt/). Wenn ich zu diesem Zwecke, wie Sie schreiben „wie in der modernen Werbung mit Gefühlen gearbeitet und nicht mit Argumenten.“, ist das zunächst einmal Ihre Meinung. Aber die Argumente sind alle in meinem Essay nachzulesen und zu überprüfen und für die Wirkung kann ich nichts. Wenn es aber wie in Ihrem Falle geholfen hat, Ihr Interesse zu wecken und Sie zu einer Reaktion zu bewegen, dann hat es doch sein Ziel erreicht ;-).

Daher bin ich auch schon sehr auf Ihre„ Analyse und Kritik des philosophischen Inhalts des Artikels, und des epistemischen Strukturalismus“ gespannt. Sie können diese übrigens auch gerne als Kommentar auf meiner Seite hinterlassen, damit vielleicht auch noch andere Kommentatoren mitmachen können.

Vielen Dank für Ihr Interesse und viele Grüße

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
2 Monate zuvor
Reply to  Philo

Hallo Philo Sopies, – bist Du wirklich der Meinung, den naiven Realismus würde heute keiner mehr vertreten? gem. Zitat: „Diesen vertritt aber heutzutage so gut wie keiner mehr und schon gar kein ernstzunehmender Realist.“ Wenn Du dieser menung bist – dann irrst Du aber gewaltig. Das naiv-realistische Realitätsverständnis ist bei 95 % (und mehr) aller Naturwissenschaftler und Philosophen so präsent wie nie. Als Gründe kann ich Dir mehrere nennen, aber der Hauptgrund ist, dass alles andere gegen unsere Denkgewohnheiten ist, an denen wir auf Teufel komm raus festhalten.
Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Vorweg. Erst vor kurzem bin ich auf dieses Forum gestoßen. Es macht wohl keinen Sinn, ältere Beiträge oder Diskussionen, die schon ihr Ende gefunden haben, noch einmal aufzurollen. Bei dieser Vorlage mache ich mal eine Ausnahme, lasse einen Kommentar nachklappern, weil sie großes Interesse gefunden hat und noch präsent sein dürfte. Man wird sehen, ob ich die Glut noch einmal etwas anfachen kann.

Ich verstehe ja, daß man heute alles gut verpacken muß, um Aufmerksamkeit zu generieren. Das empfinde ich jedoch als störend, wenn es um das geht, was hinter den Verpackungen ist. Daher stoße ich mich ein wenig an der Metapher, Pillen zur Aufklärung unseres Denkens/Bewußtseins verabreicht zu bekommen (Arzneimittel „Denken“: gegen welche Krankheit? Das Nichtdenken, gemeint ist Nichtreflektieren, ist auch unser tierischer Normalzustand). Aber formale Einwände bringen nichts, also ad rem.

Die Suche nach einem Mittel zur Verbesserung des Denkens ist müßig, man kann die Konzentration und die Fokussierung, die biologische Fitness des Denkorgans, also seine Effektivität steigern, das Instrument Denken verbessern, das ist nicht nichts – für die Qualität des Denkens allerdings sekundär.

Wenn ich den Beitrag in dem Punkt, bei dem ich einsteigen möchte, richtig verstanden habe, konstatiert er zurecht, daß Erkenntnis der Realität nicht auf ein Erkenntnismittel zu reduzieren ist. Ich habe nie verstanden, warum man so eifrig, geradezu besessen auf dem monokausalen Verständnis einer Korrespondenz-, Kohärenz- oder (aut) Konsenstheorie der Wahrheit beharrt, nach meinem Verständnis sind das alles Momente unseres Verständnisses der Welt. Ebenso wenig verstehe ich, wie man den e-/revolutiven Charakter des Bewußtseins unterschlagen kann. Und zu guter Letzt fehlt mir in den meisten Konzeptionen das Verständnis von Geist als Emergenz aus dem Materiellen. „Verstehen“ heißt „nachvollziehen können“, warum das so ist, wissen wir noch nicht, werden wir vielleicht nie (vollkommen) wissen, aber ich denke, daß wir diesem Sachverhalt nicht widerspruchsfrei widersprechen können.

Daher scheint auch mir nur ein „moderater, epistemischer Strukturenrealismus“ als integrale Konzeption geeignet zu sein. Man könnte die (selbst die Postmoderne umfassende) Moderne als die Epoche bezeichnen, die in Konsequenz der aus den modernen Grundlagenkrisen des Denkens erwachsenen Relativitätstheorien (Einstein, Heisenberg, Schrödinger, aber auch der Psycho- wie Soziologie und des historischen Denkens) zu dem Paradigma einer allgemeinen Relativitätstheorie fortgeschritten ist. Der wichtigste Beitrag dazu war sicherlich der Gödelsche Unvollständigkeitssatz, der auf geniale Weise im Imprädikativen das Imprädikative umschifft (freilich nur einen indirekten Beweis vorlegen kann).

Man kann die Bedeutung der Gödelschen Sätze gar nicht überschätzen, denn sie zeigen, was Logik und Mathematik (die rein formalen Sprachen) können und was nicht. Sie zeigen die Grenzen der Objektivität bzw. Objektivierbarkeit.

Soweit meine kleine Skizze zum Beitragsthema. Sie kommt leider zu spät, um in die sehr konzentrierte Debatte des Kommentarstrangs einzugreifen, aber vielleicht ergibt sich irgendwann eine Gelegenheit, das Thema erneut aufzugreifen, schließlich ist es unerschöpflich.

Dirk
Dirk
1 Monat zuvor

Hallo Herr Endemann,

vielen Dank für Ihre weiteren Kommentare auf meiner Seite, die meines Erachtens auch keinesfalls zu spät kommen, da ich die Threads auch nicht als abgeschlossen ansehe.

Das kann ich mir gut vorstellen, dass Sie sich an der äußeren Form des Essay reiben, aber wie Sie schon geschrieben haben, geht es hier nicht um fachwissenschaftliche Erörterungen „ex cathedra“ oder um Standards wie in einem Fachjournal. Wissenschaft muss auch Spaß machen können und die Analogie zum Medikament lag natürlich nach der Vorlage der „Roten vs. Blauen Pille“ aus dem Film „Matrix“ mehr als nahe. Aber dann doch mal lieber „ad rem“.

Stimmt die „Korrespondenz-, Kohärenz- oder (aut) Konsenstheorie der Wahrheit“ könnte man auch gut als „Nonsenstheorien“ bezeichnen, da sie vorgeben einen außersystemischen Standpunkt der Beschreibungsebene einnehmen zu können. Hier können sich Herr Luhmann und Herr Gödel durchaus die Hände reichen, da beide auf unterschiedlich Weise die Art der Reflexion auf die Grenzen von selbstbeschreibenden Systeme interpretiert haben.

Wenn man dem folgen mag, kann man eigentlich nur noch festhalten, dass wir im Sinne des „antropischen Prinzips“ nur uns selbst erkennen können, das ist ja schon mal etwas ;-). An die Ontologie im Sinne der Metaphysik werden wohl niemals drankommen, da wir als Forschersubjekt Teil der Erkenntnissystems sind. Oder in der Analogie (ja leider schon wieder eine 😉 zu „Platons Höhlengleichnis“ zu bleiben, wir kriegen halt nicht den „Fuß vor die Höhle“.

Aus meiner bescheidenen Sicht macht das aber auch nichts, ich brauche keinen „Gott-Modus“. Das reicht mir schon, wenn wir unsere kleine Sicht auf die Realität einigermaßen gut abbilden können und diese in unseren kleinen, epistemeologischen Welt als Wirklichkeit wirksam werden kann. Wenn ich das Ganze dann noch als Strukturenrealismus beschreiben kann, reicht mir das vollkommen ;-).

In diesem Sinne und mit den besten Grüßen
Dirk

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Dirk

Ich nehme das Angebot, hier den Ball einfach weiterlaufen zu lassen, dankend an. Und vermutlich sind wir uns hier alle einig, daß der Begriff „absolute Wahrheit“ sinnlos ist, denn er kann nur von einem absoluten Subjekt ausgesprochen werden, aber Gott ist tot, oder er ist zumindest für Menschen nicht erreichbar. Das wäre die erste unbezweifelbare Relativität. Ich erläutere in einem folgenden Kommentar, so gut es mir möglich ist, wie unser Denken auf der untersten Ebene konzeptionalisiert sein muß, und hoffe, daß das noch ohne Widerspruch durchgewunken wird, aber Widerspruch ist mir willkommen, die Argumente können dadurch nur besser werden.
Den Beitrag zur Metamathematik sowie den Thread habe ich mir angeschaut, und ich bedauere mein Zuspätkommen. Denn ich halte es für dringend notwendig, zu wissen, was wir tun, wenn wir Mathematik betreiben oder anwenden, und daher solche Diskussionen für hochrelevant. Welche Rolle aus meiner Sicht der Mathematik/Logik in der von mir angesprochenen Grundkonzeption des Denkens zukommt, möchte ich lieber hier als in der Diskussion zur Metamathematik ansprechen, weil es mehr um die Philosophie der Mathematik als um Metamathematik geht. Ganz abgesehen davon, daß letzteres ein fachspezifisches Einsteigen erfordern und die meisten von uns, jedenfalls mich, der bei faszinierenden Logikern studiert und schon immer die Mathematik geliebt hat, überfordern würde.
In den folgenden Kommentaren dazu mehr.

Dirk
Dirk
1 Monat zuvor

Ach apropos „fester Boden der Logik“. Dazu hatte ich auch bereits einen älteren Essay „Die Metamathematik“ geschrieben, den Sie sich vielleicht bei Interesse auch mal angucken können.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

In Kürze:

Ich sehe die Sache so, daß wir Menschen über zwei Modi des Denkens verfügen, wobei der erste spontan, a priori, konstitutiv und kumulativ ist. Das Ergebnis dieser Art des Denkens ist die phänomenale ‚Welt‘. Das einzige Qualitätszeichen dieser Denkart ist das sich-zeigen (wenn man will: das-funktionieren) im Kontext der Phänomene. Die alten Ägypter z.B. kannten keine explizite Mathematik, die lag ausschließlich unabstrahiert in praktischen Anwendungsbeispielen vor. 

Der zweite Denkmodus ist die Reflexion, die sozusagen der second hand shop des ersten Modus ist, denn sie bildet Theorien über die Begrifflichkeiten des ersten (spontanen) Modus. Damit geht den Ergebnissen dieser Denkart jeglicher Gegenstand ab. Erst hier beginnt das Problem der Abstraktion; erst hier kommt die Logik ins Spiel!

Die Gödelschen Sätze sagen daher nichts über die Beschaffenheit der Welt aus, sondern über die Unvollständigkeit bzw. Selbstwidersprüchlichkeit der Logik. Die französische Philosophie des 20. Jahrhunderts war der Versuch die Reflexion als Ursprung der Machtansprüche durch Dekonstruktion (Derrida) und Ironisierung (Foucault) auszuschalten. Der Fehler der Poststrukturalisten lag jedoch darin, gleichzeitig den ersten Modus des Denkens – die Metaphysik – abzulehnen. Was blieb war also NICHTS. Das ist der Status Quo zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Die zwei Modi des Denkens finden sich auch in meiner Grundkonzeptualisierung, allerdings mit einem zusätzlichen Modus und einer kleinen Bedeutungsverschiebung.

Wenn wir die Welt unter der Form des Objekts (im Gegensatz zu einer Welt des/der/mit Subjekte(n)) betrachten, also als eine objektive, dann setzen wir Objekte in einem Objektraum (in der Regel ist das die Raumzeit, physikalisch sind es idR Energie-Masse-Objekte) unter naturgesetzlichen Zusammenhängen voraus, also identifizierbare Elementardinge, das können auch Systeme, dh geschlossene oder offene Dinggesamtheiten sein, und notwendige Relationen zwischen den „Dingen“. Fehlen letztere, gibt es keine systemische Beschreibung, nur eine extensionale Verortung der res extensa.
Ich möchte also das repräsentative, strukturelle und operative Denken unterscheiden. Ersteres ist konkretes Gegenstandswissen, letzteres (mathematische) Logik (das operative Denken ist tatsächlich mehr als Logik, das darf aber hier ignoriert werden). Das strukturelle steht zwischen beiden, ich würde es der Mathematik zuordnen. Das ist mE auch die heutige Sicht: Logik als die Wissenschaft vom korrekten (abstrakten) Schließen, Mathematik als die universelle Strukturwissenschaft. Dann ist ersteres das phänomenologische Denken, Mathematik ist das Denken aller möglichen Strukturen, also aller möglichen Zusammenhänge der Dinge, wobei die Logik feststellen muß, ob die Strukturgesamtheiten widerspruchsfrei gedacht und welche Schlüsse daraus gezogen werden können, also die Syntax der Axiomatik korrekt ist und die Schlußweisen der Logik entsprechen. Die Aufgabe der empirischen Forschung ist nicht nur die eindeutige Bestimmung des wissenschaftlichen Gegenstands, sondern auch festzustellen, welche der möglichen Strukturzusammenhänge tatsächlich realisiert werden. Logik sagt, wie man (formal) denken muß, Mathematik, wie man (alternativ) denken kann, und das phänomenologische Bewußtsein identifiziert Objekte und Zusammenhänge. Das wiederum evoziert drei Wahrheitsbegriffe: die empirische Wahrheit, die Erfassung des Seins, zweitens die hypothetische Wahrheit des Seinkönnens oder des Seinmüssens unter gegebenen Randbedingungen des Systems, was bloß statistische Notwendigkeiten einschließt, und schließlich die absolute, aber völlig abstrakte Wahrheit des formalen Denkens in der Logik.

Ich bin gespannt, wie weit man dem folgen kann. Diese Konzeption ist selbstverständlich zu einfach/schön, um wahr zu sein. Daher muß sie erweitert werden, dazu ein weiterer Kommentar.

Eine winzige, aber nicht unerhebliche Korrektur sei mir gestattet. „Die Gödelschen Sätze sagen daher nichts über die Beschaffenheit der Welt aus, sondern über die Unvollständigkeit bzw. Selbstwidersprüchlichkeit der Logik.“ – Richtig ist: Logik sagt nichts über die inhaltliche Beschaffenheit der Welt aus, sondern nur über die Möglichkeit, korrekt über die Welt zu denken und sprechen. Und Mathematik beschreibt den Möglichkeitsraum der Welt, jedoch ebenfalls nicht, welche Möglichkeiten realisiert sind. Aber die Formulierung „die Gödelschen Sätze sagen (etwas) über die Selbstwidersprüchlichkeit der Logik aus“ ist unzutreffend, denn die Widerspruchsfreiheit wird schlicht vorausgesetzt, muß vorausgesetzt werden, sonst kann von Logik, ob im heutigen Verständnis oder schon im aristotelischen, nicht die Rede sein. Daher beschränken die Gödelschen Sätze nur, was Logik ist, was Logik kann. Sie kann, wenn sie überhaupt stark genug ist, komplexe, infinite logische Strukturen zu erfassen, diese nicht vollständig erfassen.

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Mit meinem sehr begrenzten Wissen über das Denken in seiner Struktur und ihrem Aufbau, hoffe ich, Ihren Kommentar richtig verstanden zu haben.

Was passiert, wenn empirisches Denken mit logischischen Schlussfolgerungen verbunden ist, da alle Naturgesetze an das Ergebnis daraus gebunden sind?

Damit bliebe voneinander abhängig, was durch eine gemeinsame Sprache bis zu dem Menschen führt, der sich in ihrer Schreibweise wiedererkennt, sodass er ihnen das Leben schuldet, das darin bereits enthalten ist.

Sprache bildet in ihrem strukturellen Aufbau eine Handlungsweise ab, die für den Menschen gilt, der aus ihrer Grammatik hervortritt. Damit der zeitliche Ablauf aus ihrem Aufbau nachvollzogen werden kann, muss er mit dem räumlichen Aufbau abgeglichen sein, um eine Kollision zu vermeiden. Geschieht das nicht, so bliebe der Mensch letztendlich schuldig, was im gemeinsamen Denken sein empirisches Maß hervorbringt, um dessen Substanz aus dem gemeinsamer Nenner zu erschließen. Wirklich substanzielle Ergebnisse lassen in ihrer Einheit keine Wahl zu, da sie repräsentativ wirken.

Diese Repräsentationsfähigkeit gestehe ich persönlich einzig der 0 zu, da sie reflektiert, was (noch) nicht in ihr enthalten ist und damit auf alles verweist, was außerhalb ihrer Reichweite liegt. Dies hat zwar einen Anspruch auf Wirklichkeit, jedoch ohne weiteren Einfluss auf den Entwicklungsprozess, der ihr noch geschuldet ist. Von einer Nullerpotenz ausgehend, erzeugt Widerstand, was Sprache so definiert, dass ihr zeitlicher Aufbau mit dem räumlichen Ablauf in Übereinstimmung bleibt. Dazu benötigt jede Zeit ein Herz, das ihrem Geburtsrecht gegeben war, bevor sich das Leben daraus fortsetzen kann.

Für mich ist diese Zeit in einem Gedächtnis abgelegt, dass sich zu seiner gemeinsamen Sprache bekannt hat, sodass ihr das Geburtsrecht bleibt, das letztendlich schon immer von seinen eigenen Kindern lernt.

Ich hoffe, ich kann Ihr Schreiben mit dem bereichern, was mein Denken dazu aus mir herausholen konnte.

Herzliche Grüße
Rosi

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Es könnte sein, daß ich Ihren Kommentar nicht richtig verstanden habe. Vielleicht liege ich daher mit meiner Antwort völlig daneben, aber das können wir ja klären.

„Was passiert, wenn empirisches Denken mit logischischen Schlussfolgerungen verbunden ist, da alle Naturgesetze an das Ergebnis daraus gebunden sind?“ Diese Frage kann sich nicht stellen, wenn eine axiomatisierte Theorie vorliegt, was selbstverständlich nicht gegeben ist, solange wir die natürliche Sprache benutzen. Oder auch eine noch nicht axiomatisierte Naturwissenschaft, die sich immerhin schon der logisch-mathematischen Kunstsprache bedient. Eine solche Theorie muß nicht axiomatisiert sein, aber die vollständige Formalisierung ist natürlicherweise das Ziel/Ideal der Theoriebildung, denn sie ermöglicht die exakte und schnelle Fehlersuche, wenn Widersprüche auftauchen. Daher ist es so wichtig, die verschiedenen Modi des Denkens zu verstehen, es gibt die empirischen, die Modelierungs- und die mathematisch-logischen, also formalen Fehler. Um nochmal daran zu erinnern, der kategoriale Unterschied zwischen einer natürlichen Sprache und der logischen bzw. mathematischen ist die völlige Abstraktheit, also Inhaltslosigkeit/Uninterpretiertheit letzterer. Dabei unterscheiden sich Logik und Mathematik darin, daß die logischen Strukturen unhintergehbar, universell gültig, die mathematischen stattdessen nur mögliche, also hypothetische Strukturen sind. Auch die mathematischen Strukturen gelten absolut, wenn sie vorliegen. Es gibt zwar einen Widerspruch gegen diese Auffassung, den mathematischen Realismus, der die mathematischen oder sogar die logischen Objekte selbst als reale Dinge der Welt betrachtet. In dem Fall würde sich aber nur der Bedeutungsunterschied modifizieren und verschieben, dann wären sogar die logischen Dinge nicht universell, es könnten unterschiedliche Logiken* geben, oder man betrachtet beide als gleichermaßen gemacht, das wäre ein absoluter konstruktivistischer Ansatz.

Ich versuche es noch etwas deutlicher darzustellen. Wenn wir das Konzept der strukturalistischen Modellierung verfolgen, gehen wir von realen Objekten, vereinfacht einer Menge elementarer Objekte Ϣ, und Zustandsmöglichkeiten und/oder Beziehungen zwischen diesen Objekten Я aus, also von einem System [Ϣ,Я]. Tatsächlich gründet unser Verständnis allerdings nicht in Ϣ und Я, sondern in den Erscheinungen, also der Art, wie die realen Dinge sich uns zeigen, das kann man dadurch zum Ausdruck bringen, daß man statt von Ϣ von M redet und statt von Я von R, hoffend, mit der Identifizierung beider Entitäten nichts falsch zu machen. [M,R] nennen wir dann unser empirisches Wissen, das ja nie, wie ich schon in der Replik @ Bernd-Juergen Stein gesagt habe, endgültig sicher, aber meist sehr gut bestätigt ist. Diese theoretische Ebene [M,R] ist der Argumentbereich (das Urbild) der Theorie, Logik und Mathematik sind der Bildbereich. Wenn wir im letzteren sind, sind wir auf der abstrakten Ebene von Logik und Mathematik. Auf dieser Ebene operiere ich nur formal, habe es also mit logischen und mathematischen Dingen zu tun. In dem Sinne bewege ich mich nicht in empirischem, sondern in strukturalem Denken, mit dem vorgenannten UJnterschied von universalen und bestimmten, aber universal möglichen Strukturen. Die wiederum sind obligatorisch (die logischen) oder widerspruchsfrei denkbar (die mathematischen). Man möge entschuldigen, wenn ich hier Trivialitäten breitgetreten habe, aber sie spielen eben eine große Rolle in der hier diskutierten Problematik. Zur Vervollständigung noch eine weitere Trivialität:

Ein extrem einfaches Modell einer axiomatisierten Theorie ist ein Theorie über einer endlichen Objektmenge M und einer zweistelligen Relation r, die auf spezifische Weise zwei Objekten xєM und yєM ein Element r(x,y) oder einen Zahlenwert r(x,y)=z, z aus einem Zahlenkörper Z zuordnet. Noch einfacher ist es, wenn die Elemente von M selbst der Zahlkörper sind. Wenn nicht, könnte es eine bijektive Abbildung ϱ zwischen M und Z geben, ΛxєMVzєZ(ϱ(x)=z).** Mit einer weiteren bijektiven Abbildung б, zB Λx,yєMVzєZ(б(x,y)=z), zB der Zuordnung r(x,y)=2exp(ϱ(x))·3exp(ϱ(y)), hat man, 0 und 1 dürfen selbstverständlich keine Elemente von Z sein, eine vollständige Algebraisierung der Theorie, das ist die berühmte Gödelisierung im Miniformat. Ich hoffe, die Foristen nicht mit diesem Kauderwelsch genervt zu haben, es sind Trivialitäten, aber ich fühle mich nicht in der Lage, es umgangssprachlich angemessener darzustellen, vielleicht kann jemand aushelfen.

Warum das ganze? Die Objekte dieser Minitheorie könnten algebraisch geordnet sein, eine algebraische Struktur aufweisen. In dem Fall könnte man alle Schlußfolgerungen, die sich aus der entsprechenden Algebra ergeben, für die Objekte ziehen. Wenn die algebraische Struktur in [M,R] vorliegt, ist die mathematische Theorie der entsprechenden Algebra anwendbar, die mathematischen Folgerungen sind unabweisbar. Wenn ein Irrtum vorliegt, ich die Realität [Ϣ,Я] falsch modelliert habe, also [Ϣ,Я] → [M,R] unzutreffend ist, ist das ein Fehler meines empirischen Denkens/Wissens, kein Fehler der Mathematik. Es kann aber auch sein, daß [M,R] nicht von der Algebra getroffen wird, dann liegt eine falsche Zuordnung der Mathematik vor, die Algebra ist nicht falsch, sondern es wurde eine falsche Algebra auf die Empirie projiziert. Der Fehler liegt weder in der Mathematik, dem strukturellen Denken, noch im empirischen, sondern in der falsche Verknüpfung von Realitätskonstrukt und Formalkonstrukt, ich setze das korrekte Strukturwissen voraus, schließe also Fehler im strukturellen Denken hier aus. Ebenfalls schließe ich Fehler im logischen Denken aus. Wenn richtig modelliert wurde, können logische Schlußfolgerungen nicht zu falschen Ergebnissen führen.

Zurück zum Anfangssatz: Die Naturgesetze sind nicht an das Ergebnis der logischen Folgerungen gebunden. Das Bestehen von Naturgesetzen ist vorausgesetzt, um zu einer strukturellen Beschreibung, also dem Verständnis dieser Gesetze zu gelangen. Zur strukturellen Beschreibung muß die passende Mathematik gefunden werden. Hier tritt die Schwierigkeit auf, daß Realität so komplex sein kann, daß sie sich einer strukturellen Beherrschung praktisch oder prinzipiell (Vielkörperproblem, unlösbare Differentialgleichungen) entzieht. Das ist die Grenze der strukturellen Durchdringung. Da hilft dann nur eine partielle Modellierung weiter, die nicht in der Lage ist, das Ganze widerspruchsfrei zu erfassen. Nie liegt der Widerspruch zwischen logischem Schließen und der Realität, denn das Schließen, das den logischen Regeln folgt, ist immer korrekt, es können nur die Voraussetzungen für dieses Schließen fehlen, hier ignoriere ich die metalogischen wie -mathematischen Grenzen.

Der andere Punkt, wenn ich das richtig verstanden habe, ist die Abhängigkeit des Denkens von der Sprache, die in Sprachgemeinschaften entwickelt wurden. Ich bin absolut d’accord, dieser Abhängigkeit kann man sich nicht entledigen. Aber wir sprechen hier nicht über „natürliche“ Sprachen, sondern über die Kunstsprachen Logik und Mathematik. Sie beruhen auf der Idee, daß man sich so von realen Inhalten löst, daß sich auch die Perspektivität auflöst. Wir gehen davon aus, daß Logik und Mathematik in China nicht anders betrieben werden können als bei uns.
Das ist selbstverständlich eine kühne Annahme, die in der von mir gebrauchten Formulierung steckt: die Welt in der Form des Objekts zu sehen. Unter einem Objekt stellen wir uns etwas Festes, völlig Heteronomes vor. Nun könnten Naturgesetze nicht zeitinvariant sein, denn wir haben eine beschränkte Sicht auf Vergangenheit und Zukunft. Hinsichtlich unsere mesokosmischen Erfahrungswelt müssen wir uns schon lange fragen, ob es wirklich eine Physik für alle Größenordnungen gibt. Aber der Haupteinwand kommt von der naturwissenschaftlichen Kernhypothese, daß wir die Welt überhaupt unter der Form des Objekts sehen können. Wir sind auch Subjekte, und die Welt denkt sich nicht selbst, sondern wird von Subjekten gedacht. Können wir das Denken so objektivieren, daß die Betrachtung der Welt unter der Form des Objekts korrekt ist?
Solche Fragen spielen in einem naiven Strukturenrealismus keine Rolle, aber sie sind für ein reflektierendes Bewußtsein unumgänglich.
Ich hoffe, damit mehr zur Klärung als zur Verunklarung beigetragen zu haben. Aber bitte keine Scheu, mir und der Runde hier weiter unangenehme und knifflige Fragen zu stellen, bei deren Beantwortung man sich fast nur blamieren kann.

* Die meisten Ansätze zu einer mehrwertigen Logik sind Erweiterungen der zweiwertigen, Differenzierungen, die die zweiwertige als Untermenge enthalten. Davon muß man unterscheiden Konzepte unterschiedlicher Logiken, in denen zB das tertium non datur nicht mehr gilt. Für die meisten dieser Erweiterungen bleibt es für den klassisch zweiwertigen Kern der Logik erhalten.
** Da mir im Zeichensatz nicht das auf dem Kopf stehende A als Zeichen für den Allquantor zur Verfügung steht, nehme ich Λ als Symbol in Analogie zum aussagenlogischen „und“ (ᴧ) und V für den Existenzquantor als Verallgemeinerung des „oder“ (ᴠ).

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Ich glaube, Sie haben mich bei der Sprachentwicklung falsch verstanden, denn ich beziehe mich dabei auf ihren biologischen Aufbau, der jedoch in einem geistigen Ursprung begründet sein muss, der sich aus eben den Naturgesetzen ergibt, die das Leben mit sich bringt.

Das Leben an sich macht keine Fehler, es stellt einzig Inhalte zur Verfügung, die sich in ihren Gesetzmäßigkeiten aus seiner Einheit ergeben.

Das heißt, wer das Leben voraussetzt, der verliert den Anschluss aus seiner Verbundenheit mit den Naturgesetzen, durch einen rein geistigen Widerspruch derer, die sie verkörpern, ohne sich ihm zu widersetzen.Mit dieser Theorie spreche ich Gott an, der im Lauf der Zeit an Einfluss auf den Menschen eingebüßt haben mag, jedoch von der Einheit nichts verliert, die das Wort mit sich führt, bis sie sich auflöst und dadurch verewigt, wer ihren Namen trägt und wie sich das zum Ausdruck bringt.

Wir wissen nichts von dem, was sich in einem Menschen abspielen kann und wir glauben zu wissen, dass das nicht wichtig für die Menschheit ist. In der Unterscheidung von Mensch zu Mensch, nicht von Mann und Frau, liegt der Anspruch im Denken an Gott, aus dem sich explizit nichts anderes ergibt, als der Teil des Menschen, der sich auf seine geistigen Herausforderungen einlässt und damit die Lebenszeit bereichert, die ihm dafür gegeben ist.

Wenn Sie so wollen, endet damit der biologische Aufbau einer Natur im Recht auf Leben das repräsentiert vom Menschen in seiner geltenden Verfassung eine Gesetzgebung mit sich bringt, die der Würde entspricht, die als seine geistige Substanz vorausgesetzt wird.

Demzufolge kann die Menschheit den Naturgesetzen nur folgen, denn sie führen sie als Kommunikationsquelle zu den Informationen, die von einer Einigkeit ausgehen, die für das menschliche Überleben spricht. Damit ist der Tod des Einzelnen wichtig für den Fortbestand aller, die den Tag erinnern, an dem sein Leben begonnen hat. Im Geltungsbereich der Naturgesetze ist Zeit einzig für die Menschheit von Bedeutung, die sie als Gewinn für das Leben einsetzt, das sich in ihr fortsetzen will, kann und soll.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Es tut mir leid, daß ich Sie so mißverstanden habe. Ich muß gestehen, daß es mir nicht viel klarer geworden ist durch Ihren letzten Kommentar. Daß Denken und Sprache aufs engste – dialektisch – verknüpft sind, sehe ich natürlich genauso, falls Sie das anmerken wollten, und das verbindet mit dem Blogthema Konstruktivismus vs. Realismus. Ansonsten kommt mir, was Sie anzusprechen scheinen, ein bißchen off topic vor, daher weiß ich nicht, ob man das hier diskutieren sollte, zumindest nachfragen möchte ich jedoch.
Was Sie schreiben, klingt für mich einmal wie „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott …“. Mit einer solchen Aussage wäre natürlich die Frage Konstruktivismus vs. Realismus auch entschieden, und zwar zugunsten eines dritten, nämlich Wissenschaft aus Offenbarung (aus dem Buch des Lebens). Ich bezweifle stark, daß Sie das im Sinn haben, aber wie Sie sehen, stehe ich immer noch auf dem Schlauch.
Zum anderen klingt es wie Kant, und da gehe ich selbstverständlich mit. Raum und Zeit, wenn ich das ergänzen darf, denn Zeit allein gibt noch keinen Ort für das Denken, und heute wissen wir, physikalisch muß es eine Raumzeit sein, Raum und Zeit sind die transzendentalen Bedingungen des Denkens, synthetische a priori, es braucht diese Dimensionen, um „Dinge“ positionieren und dann Eigenschaften zuordnen zu können. Und ich weise ausdrücklich darauf hin, das gilt nicht nur für den physikalischen, sondern für jeglichen Raum, der vom Denken durchleuchtet wird (Dirks schöne Metapher von der Lampe des Diogenes).
Den Ursprung des Denkens würde ich nicht in einer metaphysischen Transzendenz, einer Zeitlosigkeit suchen, sondern viel einfacher biofunktional erklären. Wir benötigen eine komplexe Physiologie, die sich evolutiv entwickelt hat, und die Entdeckung/Erfindung der Doppelstruktur des „Sprachlichen“.

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

In der Vergangenheitsform von einem Anfang zu sprechen, das bedingt, dass der Sprecher weiß, dass das Leben, sein Leben bereits Vergangenheit ist, bevor es eintreten konnte.

Wo kann ich persönlich den Ursprung, die Quelle finden, obwohl sie bereits versiegt ist, ohne mich zu töten?

Ich denke, das Bewusstsein für das Leben, das ja bereits vor Gott da gewesen sein muss, da er darin in Wort und Schrift enthalten ist, erweitert sich durch die Einheit, die Gott mit sich bringt.

Vielleicht verleitet uns die Deklaration Monotheismus zu einem Denken, das nicht von uns ausgeht, sondern in seiner Form nach etwas sucht, das sich auf unser Denken einlässt?

Wie können wir als Menschheit dieser Einheit (Würde) aus dem Anfang der Vergangenheit abgewinnen, was für die Zukunft, unsere Zukunft, offensichtlich unentbehrlich ist?

Alles was vor uns liegt, ist demnach auf eine Vergangenheit gebaut, die bereits inkludiert, was der Mensch braucht, um mit dem Leben in den Einklang zu kommen, das er bedingt.

Wir Menschen sind keine formalen Wesen, wir sind in unserer Form bestimmt, doch in dieser Form entwickelt sich etwas Neues, etwas Einzigartiges, das ich Würde bezeichne. Eine Würde, die das Bewusstsein beschreibt, das wie ein weißes Stück Papier vor ihr liegt. Sie bringt nichts Neues hervor, doch in ihr ist die Vergangenheit abgeschlossen, so das die Gegenwart unversehrt vor ihr liegt. Von der Einheit überzeugt, die ihr Leben prägte, ist sie der Zeit gewachsen, die auf sie als Mutter trifft, die nach der Identität ihrer Kinder sucht.

Nun sind wir bei der Geburt eines Kindes, das bereits einen gewissen Entwicklungsprozess mit sich bringt, bevor das dabei herauskommt, was allen Naturgesetzen folgt, die in meinem Schoß dafür eingetreten sind. Für diese Naturgesetze bin ich nicht verantwortlich, doch ich kann mir kein Versagen beim Umgang damit leisten, denn dieses Baby bringt bereits sein Recht auf das Leben (einzigartiger Fürspruch, in meinem Fall, durch Gott) mit sich.

Sind wir Menschen ausnahmslos wirklich Fürsprecher im Recht auf sein (des Menschen) Leben?

Welche Bedeutung hat eine Person im Widerspruch der Menschheit, die sich darin auf Gott beruft, da sie glaubt, dass jede Entscheidung für ihr Bewusstsein von einem Herz und dessen Geburtsrecht ausgeht?

Wie viele Personen braucht ein Menschenherz, um der Identität gewachsen zu sein, die Ihrem Bewusstsein eingeboren ist, indem darin alles für ein Leben angelegt ist, das Fürsprecher (höher angesiedelt, als Fürsprache), braucht?

Sie erinnern sich, Gott, Vergangenheit!

Sicher ist für mich, was in Jesus begründet war, sodass es Identität erhält und seine Geburt mit dem Tag erreicht, der sich aus ihr und ihm ergibt. Sind das gute, für mich geistreiche Tage, so machen sie mich glücklich. Finde ich darin nichts Gutes mehr, so bin ich (Leben) für ihren Erhalt wertlos geworden.

In diesem Sinn, danke ich Ihnen Herr Endemann für Ihre Worte!

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Achtung Provokation: 

Die Logik hat keinen anderen Gegenstand als sich selbst. Sie stülpt sich als inhaltslose Struktur über sprachlich längst entschiedene Sachverhalte um diese (rein reflexiv) im Sinne der Axiome und Kalküle zu deuten. Das war schon Hegels Argument gegen die klassische Logik als nicht voraussetzungsfreie Denkveranstaltung (zeige mir deine Axiome und ich sage dir, was du beweisen willst).

Ich glaube, daß niemand hier am sauberen Aufbau von Formalsprachen zweifelt. Die Frage (für mich) ist nur

  • über was GENAU sie im Gegensatz zur natürlichen Sprache sprechen. Wenn Sie die Antwort implizit schon gegeben haben, habe ich sie nicht verstanden
  • warum es von ihnen so viele geben muss (Aufhebung der Einheit des Wissens)
  • warum das Objekt für Objektivität steht und nicht etwa das Phänomen
Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Wann begann die natürliche Sprache und wie überträgt sich der Stand ihres Wissens als Infromationsgehalt?

An wem vollzieht sich die Vermittlung, sodass die Informationsquelle unverändert bleibt?

Es ist für mich unumstritten, dass alles Leben von einer Quelle ausgeht,
sodass, wer leben will, den Zugang zu dieser Quelle finden muss.

Daraus ergibt sich nur ein einziges Phänomen, und das ist die Zeit!

Wie erlangt sie ihren eigenen Inhalt ohne das Leben zu verlieren, das bereits darin enthalten ist?

Ihre Substanz muss sich in einem für sie neuen Raum erschließen, der von ihr als Quelle seiner Existenz ausgehend, darauf vorbereitet ist, sie zu
empfangen. Ich weiß nicht, ob sie erahnen können, wie viel Vertrauen das
voraussetzt und wie tief es mit der Liebe verbunden ist, die der Vater dieses Raumes hegt, bis er sie selbst empfangen kann.

Ich glaube, Substanz kann nicht subjektiv sein, sodass ihre Inhaltsangaben immer von der Zeit ausgehen, die einmal mit ihr verbunden, für immer im Gedächtnis bleibt.

Wer könnte Zeit als Quelle für ihr Lebensziel einsetzen, wenn nicht die Erde, die es in seiner natürlichsten Form hervorbringt?

Was wir daraus machen hat nur Einfluss auf uns selbst, denn Zeit ist eine unwiederbringliche Quelle der Einheit, die uns die Möglichkeit gibt, sie in einem Kalendarium zu ordnen, dessen Inhalt auch denen zugänglich gemacht werden kann, die ihn nicht selbst erlangen können.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Ich bin kein Verächter der Literatur oder des poetischen Ausdrucks. Dennoch glaube ich, daß es einen fundamentalen Unterschied zwischen Literatur einerseits und Philosophie und Wissenschaft andererseits gibt. Und dieser Unterschied ist so groß wie der zwischen Träumen und Wachen.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Was für eine Provokation? Ich sehe im Kommentar einen Anstoß zum Weiterdenken, für den ich mich bedanke. Freilich würde ich die Aussagen ein wenig retouchieren.

„Sie stülpt sich als inhaltslose Struktur über sprachlich längst entschiedene Sachverhalte um diese (rein reflexiv) im Sinne der Axiome und Kalküle zu deuten.“ – das möchte ich präziser ausdrücken. Auch Sprache (die „natürliche“) vor aller formalen Logik ist proto-/quasilogisch. Sie ist erstens ein generatives syntaktisches System, sie enthält zweitens immer schon logische Operatoren – oder kennt jemand eine Sprache, die kein „und“, „oder“, „es gibt“ enthält? Einzig die primordiale (gestische) Sprache ist vielleicht rein denotativ, extensional. Logik ist also immer Teil von Sprache, die Disziplin „Logik“ expliziert diesen logischen Charakter, die mathematische Logik ausschließlich in einer rein formalen Symbolsprache. Insofern würde ich nicht von einer Überstülpung reden. Sprache dient, abgesehen vielleicht von der oben erwähnten Primordialität, nicht nur zum Identifizieren und Repräsentieren von Gegenständen, einer Objektsemantik, sondern auch zur strukturellen Beschreibung, Inbezugsetzung. Damit verweist jede explizite strukturenthaltende Aussage auf eine größere Menge impliziter Folgerungsmengen. Dafür liefert die Logik die Sprachmittel, seien sie in der formalen Fachsprache kodifiziert, seien sie in der Umgangssprache (leicht mißverständlich) verpackt.
Daher ist die Aussage „Sie stülpt sich als inhaltslose Struktur über sprachlich längst entschiedene Sachverhalte um diese (rein reflexiv) im Sinne der Axiome und Kalküle zu deuten“ eher verwirrend als klärend, denn man kann keinen Inhalt erklären dadurch, daß man von ihm abstrahiert. Die reine Form der Struktur wird formal beschrieben, nicht erklärt. Axiomensysteme verstehen heißt, sich angemessen vorstellen zu können, welche Strukturen sie kodifizieren; sie sagen, wie sie ja richtig schreiben, nichts über den Wirklichkeitsgehalt aus.

„Die Frage (für mich) ist nur, über was GENAU sie im Gegensatz zur natürlichen Sprache sprechen.“ – Ja, das habe ich implizit gesagt, ich wiederhole es gern explizit. Die formalen Sprachen sprechen, wenn man so will, über die Strukturen an-sich, also ohne reale Inhalte. ZB kann ich von einer symmetrischen Struktur sprechen, wenn r(a,b)=r(b,a), darin ist vollkommen egal, ob es sich um eine symmetrische Beziehung zwischen zwei Menschen geht oder um die Symmetrie in einem Kristallgitter.

„warum es von ihnen so viele geben muss (Aufhebung der Einheit des Wissens)“ – Diese Frage verstehe ich nicht. Es gibt nur eine Logik, wenn ich die Welt der Realen Dinge verstehen will. Die Quantendinge sind eine andere Art „Dinge“, da gilt diese Logik nicht mehr, oder besser, diese Dinge können mit der Logik der meso-/makrokosmischen Ding-Logik nicht erfaßt werden, sie brauchen eine andere „Ding“-Logik. Aber es sollte die universelle Logik sein. Noch ist nicht sicher, daß man nicht alle Dimensioniertheiten in einer einzigen integralen Strukturtheorie fassen kann. Ob die reale (physikalische) Welt mono- oder multistrukturiert, also eine Einheit oder multipel ist, ist eine empirische, keine logische, philosophische Frage.

„warum das Objekt für Objektivität steht und nicht etwa das Phänomen“ – Es gibt diese Doppelbedeutung, vielleicht wäre es besser, man würde zwischen dem Formalbegriff „Objekt“, Gegenstand der Betrachtung, und dem inhaltlichen Strukturbegriff „Objekt“, der der Komplementärbegriff zu „Subjekt“ ist, unterscheiden. Solange das nicht der Fall ist, müssen wir mit dieser sprachlichen Uneindeutigkeit leben. Immerhin gibt es Verbindungen zwischen den Homonymen „Objekt“, im Gegensatz zu anderen Homonymen, bei denen allerdings gerade die Inkompatibilität eine Verwechslungsgefahr ausschließt.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Die Quantenmechanik ist in ihren Grundlagen eine formalogische Theorie. Sie schließt weder an die natürliche Sprache noch an die Phänomene an! Sie ist ihr eigenes Universum. Deshalb noch einmal die Frage: worüber spricht die formale Logik GENAU. Diese Frage ist nicht aus der formalen Logik heraus beantwortbar, denn sie ist eine Objektsprache. Versuchen Sie bitte die Frage aus der Metasprache (der natürlichen Sprache) heraus zu beantworten.

Die Frage „warum es von ihnen so viele geben muss…“ war sloppy formuliert. Was ich meinte war: ein positiver (affirmativer) Holismus (der das Ganze der Welt umfasst) ist nicht durchführbar, weil (unter anderem) die Wahrheitswerte aller Sätze untereinander nicht festgestellt werden können (Quine). Was unter der Prämisse von Formalsprachen bleibt ist daher die wabernde Sinnfeld-Republik. D.h. jeder Teilaspekt der ‚Welt‘, der formallogisch darstellbar ist – also als objektiv gilt – ‚existiert‘ unabhängig von allen anderen. Ist das nicht das Pippi Langstrumpf Syndrom…ich mache mir die Welt…?

Sie versuchen wiederum das Phänomen aus der Objektsprache heraus zu denken, aber das geht nicht, weil sich das Phänomen der reflexiven (affirmativen) Behandlung entzieht. Es ist eben kein Objekt, sondern immer eine getrennt-verbundene Anordnung von Objekten.
Die natürliche Sprache erlaubt die Entwicklung von formalen Sprachen aber nicht umgekehrt. Sie ist damit eine mächtigere Sprache als die Objektsprachen. Solange Sie aus der Objektsprache heraus über die ‚Welt‘ sprechen, scheint mir der Schwanz mit dem Hund zu wackeln…

…es sei denn, man denkt die Zukunft als die Adaption des Menschen an die Maschine…(was ich Ihnen nicht unterstelle!)

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„Die Quantenmechanik ist in ihren Grundlagen eine formalogische Theorie. Sie schließt weder an die natürliche Sprache noch an die Phänomene an!“
Da haben Sie fast recht. Die QM ist wie alle axiomatisierten Theorien eine formalsprachliche, also formallogische und formalmathematische Theorie. Man redet auch parallel zu klassischer und Quantenphysik von einem klassischen und einem quantentheoretischen Formalismus, und es stellt sich die entsprechende Frage, ob man beide in ein System integrieren sollte oder nicht lieber getrennt läßt. Die empirische klassische Physik, die Newtonsche Mechanik, die im Wesentlichen mit dem Formalismus des Hamiltonschen Gleichungssystems und der Kontinuumsmathematik der Differential- und Integralrechnung formuliert wird, und die empirische Quantentheorie, die mit dem quantentheoretischen Formalismus, der diskreten Mathematik und der Statistik formuliert wird, wobei es durchaus Überschneidungen gibt, spiegeln die Differenz, möglicherweise Inkompatibilität beider Bereiche der Physik und möglicherweise auch der Formalismen.

Ich habe ja schon gesagt, der Formalismus spricht über nichts Bestimmtes, aber über alles Mögliche. Damit befindet man sich im Möglichkeitsraum des Denkens. Interpretiert, also mit Inhalt gefüllt, muß er sich der empirischen Erfahrung stellen, wenn er nicht spielerisch oder künstlerisch, also selbstzweckhaft, kreativ genutzt wird. Ich kann jedoch nicht erkennen, wo die natürliche Sprache etwas Relevantes über die Formalsprachen aussagen kann. Das kann die Metamathematik oder -logik mit schwächeren evidenten Mitteln, die aber nicht an eine prädikative Systemstruktur gebunden sind und daher tatsächlich stärkere Aussagen machen können, leisten. Und das ist wohl mit der Aussage „Versuchen Sie bitte die Frage aus der Metasprache (der natürlichen Sprache) heraus zu beantworten.“ gemeint. Aber Metatheorien sind keine natürliche Sprachen, sie müssen ja die syntaktischen Elemente der untersuchten Theorien einschließen. Das ist so ähnlich wie einen klassischen Satz intuitionistisch beweisen zu können. Der intuitionistische Beweis ist höherwertig und elementarer. Aber er ist ein Formalismus auf einer engeren inhaltlichen Grundlage, er betrachtet nicht die Welt der Dinge, sondern die Welt der konstruierbaren Dinge.

Übrigens. Wenn die Totalität des Wissens nur aus einer sehr großen oder unendlichen Menge von expliziten Aussagen (Protokollsätzen) bestünde, wären Logik und Theoriebildung völlig überflüssig. Wird eine solche Ansicht noch vertreten? Ich glaube nicht. Theorien behaupten Zusammenhänge, die Einzeltatbestände auf Basisdaten zutückführen. Voraussagen lassen sich machen, weil man mathematisch berechenbare Zusammenhänge herstellen, Experimente präparieren kann. Daß man dabei manchmal Realität oder Formalismus falsch interpretiert, die experimentellen Ergebnisse tatsächlich etwas anderes aussagen, als man unterstellt, ist freilich auch richtig. Die Kette „Realität ↔ phänomenale Realität ↔ Abbildung ↔ Modell ↔ Formalismus“ [ich verwende hier die Äquivalenzrelation, weil die Implikation → in der Wissenschaft dialektisch verwendet wird, in einer gegenseitigen Annäherung von Welt und Denken der Welt, Analyse und Synthese, Teil und Ganzem, der Rationalität von Konstruktivismus und Analyse], diese Kette kann an jeder Schnittstelle der Äquivalenz scheitern.

„ein positiver (affirmativer) Holismus (der das Ganze der Welt umfasst) ist nicht durchführbar“, das stimmt schon (siehe Gödel), aber das gilt auch umgekehrt. Wir können nicht, wie das scheinbar @ Roswitha Steffens tut, voraussetzen, daß die Welt/Realität ein Holismus ist. Das war theologisch notwendig, sonst wäre Gottes Welt nicht vollkommen gewesen. Aber es glaubt nur noch eine Minderheit an Gott. Die Natur muß so wenig wie die Physik einheitlich sein. Daher kann man nicht sagen „jeder Teilaspekt der ‚Welt‘, der formallogisch darstellbar ist – also als objektiv gilt – ‚existiert‘ unabhängig von allen anderen“ – hier darf man nicht das uninterpretierte „Objekt“ des Formalismus mit dem inhaltlichen „Objekt“ der zu beschreibenden Realität verwechseln.

„Es ist eben kein Objekt, sondern immer eine getrennt-verbundene Anordnung von Objekten“ – das ist wieder der (positivistisch-reduktive) Materialismus, der den Objekten Realität zuspricht, den Relationen aber nicht. Diesen Standpunkt, den man einnehmen kann, der im frühen 20. Jahrhundert dominant war, lehne ich mit dem Strukturenrealismus als zu unplausibel ab.

„Die natürliche Sprache erlaubt die Entwicklung von formalen Sprachen aber nicht umgekehrt.“ Ja, denn einen Inhalt kann man auf die Form reduzieren, aus einer reinen Form ergibt sich kein Inhalt. „Sie ist damit eine mächtigere Sprache als die Objektsprachen.“ Ja, weil sie auch allen Unsinn formulieren kann. Gemeint mit dem Satz ist jedoch das Verhältnis von Sprache zu Metasprache, die natürliche Sprache ist jedoch nicht die Metasprache der formalen Sprachen. Die natürliche Sprache formuliert keine höhere Wahrheit als Logik und Mathematik. Der Unterschied ist der, daß die natürliche Sprache meist über Etwas in der Realität spricht, aber um etwas „wahres“ über die Realität aussagen zu können, benötigen wir den Formalismus, er erst erlaubt, zu scheiden, was als „wahr“ und was als „falsch“ zu gelten hat. Das ist natürlich nur bei einem wahrheitsfähigen Inhalt möglich. Die ethische wie die ästhetische Wahrheit entzieht sich dem naturwissenschaftlichen Konzept einer „objektiven Wahrheit“, manche meinen, da könne man überhaupt nicht von Wahrheit reden. Diese Ansicht teile ich überhaupt nicht, aber das steht hier ja nicht zur Debatte.

„…es sei denn, man denkt die Zukunft als die Adaption des Menschen an die Maschine…(was ich Ihnen nicht unterstelle!)“
Ja, je mehr sich der Mensch der Maschinenwelt anpaßt, desto mehr denaturiert er sich und verliert seine Vitalität. Der Mensch ist ausgezeichnet durch seine Fähigkeit, durch künstliche Hilfsmittel, Werkzeuge, seine Einflußkräfte mächtig steigern zu können, soweit er sie mit Vernunft einsetzt, ist das ein Segen. Es ist aber nicht sicher, daß er im gesamtgesellschaftlichen Kollektiv hinreichend Vernunft besitzt.

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Was passiert mit der 1. Information (für mich Lebendigkeit), die seit Gott aus der biologischen Sprachentwicklung schöpft, die sich bis zu dem Zeitpunkt nicht mit diesem Wort auseinandersetzen muss, der sein gesamtes Spektrum infrage stellt?

Ist es nicht möglich, dass die biologische Entwicklung ihren Beitrag zum Sprachgewinn geleistet hat, bevor sie am Bewusstsein für seine geistigen Voraussetzungen scheiterte?

Als Zeitraum gilt das Bewusstsein dem Leben, das vor ihm liegt und sich in seiner rein geistigen Evolution für uns Menschen einsetzt. Mit diesem Einsatz im Bewusstsein für die Person, die ihre geistige Entwicklung gerade beginnt, haftet die biologische Evolution bereits dem Herz an, dem das Bewusstsein anvertraut war.

In diesem Zusammenhang steht für mich das Geburtsrecht, auf das sich einzig berufen kann, wer es in seiner Einheit bereits vor allen Zeiten, auch denen der Menschheit, verwirklicht hat. Damit ist sichergestellt, dass vor Gott identisch nach Gott ist, was sich aus Gott ergibt. Für mich war das ein Gedächtnis, aus dem sich ein Bewusstsein für Jesus entwickelt hat, dessen Herz damit sein Lebensziel erreicht hat.

Unerlässlich bediente ich das einzige Werkzeug, das mein Gedächtnis zu dem Zugang führte, der seine Quelle war, ist und für immer bleiben wird. Als Werkzeugmacher oder Schöpfer, legte so in mir Zeugnis ab, wer unter seinem Schutz bleiben will und der Zeit angebracht, für die Person eintritt, die ihn zum Menschen macht(e).

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für Deine Bereitschaft und Ausdauer auf meine Fragen einzugehen! Auch wenn ich nicht in allen Bereichen, die Du thematisierst, sattelfest bin, liege ich vermutlich nicht falsch, wenn ich behaupte, daß sich Deine Ausführungen voll im wissenschaftlich/philosophischen mainstream bewegen. Diesen mainstream sehe ich determiniert durch

a) die logisch-positivistische Grundströmung seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts

b) das Eindringen diskreter Mathematik/Logik in die Naturwissenschaft (von Planck bis Turing)

c) die durch a) und b) begünstigte (erzwungene?) Abwendung von einer synchronischen zu einer diachronischen Sprachanalyse (Poststrukturalismus)

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind dies wichtige Faktoren, die heute das Wissenschaftsbild prägen als die Aufgabe historische Prozesse und Ereignisse raum-zeitlich auf der Basis von DATEN zu modellieren (Geistes- und Naturwissenschaften). In dieser Entwicklung scheint mir der Begriff der empirischen Evidenz mit sanfter Gewalt an den nicht frei von politischen und gesellschaftlichen Anforderungen erfolgten Bruch mit der klassischen Wissenschaft/Philosophie angepasst worden zu sein.

Lange Rede kurzer Sinn, ich halte intuitiv die platte Projektion allen Geschehens auf die historische Zeitachse und die darin zum Tragen kommende Formallogik (siehe QM) für problematisch, und zwar wegen der Komplexität (genauer: Un-Sinnigkeit) jeder diachronischen Betrachtung. Die Komplexität liegt daher nicht in der betrachteten Sache selbst, sondern im Aristotelischen Modus des Denkens („Dynamik, Veränderung, Zeit, Definition, Möglichkeit, Kausalität“).

———————————-

Du benutzt oben den Begriff ‚empirische Erfahrung‘, den ich mal als ‚empirische Evidenz‘ interpretiere. Nachdem dieser Begriff auch in meinem Denken eine große Rolle spielt und den Vorteil hat, idealerweise nicht an ein bestimmtes Denksystem gebunden zu sein, könnte hier die Mitte der Vermittlung zwischen meinen und Deinen Systemvorstellungen liegen, die mir bis hierher artifiziell und auch autoritär (weil affirmativ) erscheinen. Wenn Du Dich auf dieses Thema einlassen kannst, würde mich das freuen.

Gruß,
Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

gerne greife ich Deinen Vorschlag, der das Blogthema „Strukturenrealismus“ zentral betrifft, auf, über die möglicherweise überwindbare Differenz von dia- und synchroner Betrachtungsweise zu diskutieren.

Dein Eindruck ist zutreffend, daß ich hier eine positivistische Sicht, den gegenwärtigen mainstream, stark mache. Da habe ich allerdings ein falsches Bild vermittelt, denn ich bin eher ein Antipositivist, mein background ist der Linkshegelianismus, ich trenne rationalen (technischen) Verstand und integrale Vernunft, wohl wissend, daß wir beides brauchen, aber letzteres das Relevantere ist. Wir müssen die Welt aus unserer Eigenperspektive betrachten, sind immer nicht nur Objekt, sondern auch Subjekt, und müssen das reflektieren. Das betrifft auch die Selbstreflexion der Naturwissenschaften, auch wenn die positivistisch betrieben werden (müssen), Ihre Selbstvergewisserung, die Philosophie der Naturwissenschaften, die Wissenschafts- und Erkenntnistheorie, kann nicht positivistisch erfolgen, die Objektivierbarkeit des Denkens hat enge Grenzen.

Das habe ich benannt, aber nicht deutlich herausgearbeitet, wenn ich sagte, die Naturwissenschaft betrachtet die „Welt unter der Form des Objekts“, das ist ihre methodische Voraussetzung, notwendig, aber mit einem grundsätzlichen Webfehler behaftet. Die Geistes-/Gesellschaftswissenschaften können das nicht, können die Reflexion nicht ausschalten, kommen nicht aus dem hermeneutischen Zirkel heraus.

Ich hatte ja die Diskussion über „Teil und Ganzes“ erst einmal zurückgestellt, aber an dieser Stelle geht das nicht mehr. Hier trifft die Vorstellung einer vollständigen Analytizität, dh eines vollständigen Reduktionismus, auf die antagonale der komplexen Elementarität, eines irreduziblen Ganzen. Das „echte“, also nicht bloß beliebig zusammengesetzte Ganze ist ein irreduzibles Ganzes, das identifizierbare Teile enthält, die jedoch nicht wie im Ganzen für sich existieren können. Ein solches Ganzes muß als Ganzes verstanden werden. Positivistisch ist nur das völlig analysierte Einzelne, das Bedeutungsatom, real, das muß nicht verstanden, sondern nur identifiziert werden.

Ich stimme Dir zu, das naturwissenschaftliche Denken ist ein Aristotelisches, das binäre Denken, das die Voraussetzung dafür ist, daß man sagen kann a ˅ ¬a, daß man sagen kann, der Regen setzt um 14 Uhr 47 ein, nicht um 14:42, nicht um irgend einen anderen Zeitpunkt ¬14:27. Schön wäre es, man könnte das determinierte, aber für uns viel zu komplizierte und daher als chaotisch erscheinende Wetterverhalten so genau vorhersagen. Es geht nicht, weil die Menge der Interdependenzen bei weitem zu groß ist, um berechenbar zu sein, es scheitert also schon an der Mathematik, nicht am Ganzheitscharakter des Wetters, obwohl nicht auszuschließen ist, daß hier auch Ganzheitsphänomene auftreten, die entsprechend zu fassen wären.

Auch damit, empirische Erfahrung „empirische Evidenz“ zu nennen, bin ich einverstanden.

LG

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

könnte es sein, daß sich der Verstand sich mit Objekten beschäftigt und die Vernunft mit Phänomenen? Wenn ich Kant richtig erinnere, sagt er, daß die Vernunft nie auf die Dinge (Objekte) geht, sondern ausschließlich mit ihren eigenen Regeln beschäftigt ist. Diese Regeln können sich mE nicht positiv auf die Inhalte des Verstands beziehen. Ich verorte sie daher in der Orthogonalität, die sich selbst, durch das definitionsgemäße zu NULL werden des Produkts zweier Vektoren, strukturell verflüchtigt und nur noch in der Form zweier ausgezeichneter Vektoren greifbar ist, was immer deren Inhalt auch sein mag. Damit würde die Ontologie dieser Vektoren gleichzeitig ihre Epistemologie.

Heinz

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Vervollständigung…

Wenn Objekte die Gegenstände des Verstandes sind, sind Vektoren=Phänomene die Gegenstände der Vernunft.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„könnte es sein, daß sich der Verstand sich mit Objekten beschäftigt und die Vernunft mit Phänomenen?“

Ja, das könnte man sagen. Ich möchte aber erläutern, warum ich es anders ausdrücken würde. Dein Hinweis auf Kant ist sehr wichtig, Vernunft meint einen reflexiven Tatbestand, (Real-)Dinge sind nicht reflexiv, soweit sie Dingcharakter haben, also wie ich sagte „unter der Form eines Dings“ zu betrachten sind, Reflexivität trifft nur auf bestimmte Gedankendinge oder das Denken insgesamt als Denken der Welt zu und charakterisiert nach Kant wohl die Vernunft, dem Verstand bleibt das unreflektierte Denken der Dinge vorbehalten. Dein Bild von der Orthogonalität von Verstand und Vernunft korrespondiert der Metapher von Oberflächlichkeit und Tiefe, Sein und Sinn, Extension und Intension, technologischem Verstand = instrumenteller Vernunft und wertbildender, -ordnender, kommunikativer Vernunft einer intersubjektiven Welt.

Neben dem Hinweis auf Kant sollte man auch an Leibniz denken, denn der macht einen Unterschied in der Wahrnehmung. Je nachdem, wie man Phänomene faßt, wäre zwischen Perzeption und Apperzeption zu unterscheiden. Das Objekt der ersteren ist einfach, das der zweiten schon gedanklich strukturiert, also komplex. Wenn wir strukturenrealistisch denken, nehmen wir apperzeptiv schon geistig vermitteltes auf. In diesem Sinn stimmt Deine Formulierung. Allerdings umfaßt die Phänomenologie auch die Perzeption, also die positive Dingwelt. Und die Naturwissenschaften sind oft damit beschäftigt, theoretisch Objekte zu konstruieren, die sich in empirischen Untersuchungen als perzeptive Objekte erfassen lassen. Gerade darin ist die instrumentelle Vernunft sehr erfolgreich.

Daher ist es mE besser, die Differenz nicht an Objekten vs. Phänomenen, sondern an einer positivistischen vs. einer theoretisch vermittelten Empirie/Phänomenologie festzumachen. Das erläutere ich noch ein bißchen in meiner folgenden Replik auf Roswitha.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

in der Kürze liegt zwar die Würze, aber auch die Mehrdeutigkeit. Wenn ich sagte, daß sich der Verstand mit Objekten beschäftigt, dachte ich nicht an ein systematisches (z.B. deduktives) beschäftigen, sondern an ein spontanes. Der Verstand bringt spontan Theorien hervor (mentale Induktion), die er aber selbst nicht bewerten kann. Dafür ist von entscheidender Bedeutung, daß die natürliche (im Gegensatz zur formalen) Sprache Unsinn hervorbringen kann, weil was Sinn und was Unsinn ist, entscheidet erst die Vernunft. 

Auch die Vernunft ist kein analytisch urteilender Prozessor, wie Kant es sah. Sie ist (mit Goethe) der „Geist der stets verneint“. Die Vernunft deselektiert ALLES!!! was der Verstand halluziniert – mit Ausnahme dessen, was sie prinzipiell nicht deselektieren kann. Und was die Vernunft prinzipiell nicht deselektieren kann sind Zufallstheorien des Verstandes, die dem Strukturprinzip der Vernunft entsprechen, denn gegen solche Theorien ist sie blind. Dieses Prinzip, denke ich, ist die Orthogonalität, das Prinzip Absoluter Widerspruchsfreiheit. D.h. im ganzen Erkenntnisprozess gibt keinerlei Positivität oder Urteil – „Ich weiß, daß ich nichts weiß.“

Die (formale) Logik besteht demnach in der Ausschaltung der Vernunft! Sie besteht in der positiven Systematesierung und Verbindung von Fantasmen (Möglichkeiten) des Verstandes, die die Vernunft längst zurückgewiesen hat. Das Ausmaß an Kreativität und Intelligenz – die Kunst – die darauf verwandt wurde (und wird) ist absolut bewundernswert, aber sie hinkt, wie der Gott der Kreativen, Hephaistos. Er unterlag im Gegensatz zu den anderen Göttern der Schwerkraft, der mühelose Transfer zwischen dem Irdischen (dem Empirischen) und dem Göttlichen (den Ideen) war ihm verwehrt.

————————————

Zu Deinem Gegenbeispiel „Nicht-Euklidischer Raum“ würde ich später gern zurückkommen, weil Du den Punkt ‚empirische Evidenz‘ elegant umschifft hast.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Deine Darstellung ist logisch. wenn man Deinen Begriffen folgt. ich würde jedoch „Vernunft“ nicht aristotelisch dem „Verstand“ gegenüberstellen. Das tust Du aber, wenn Verstand das positive, Vernunft das negative Denken ist. Da scheint es mir angemessener zu sein, die Vernunft als die dialektische Einheit von positivem, affirmativem und kritischem, reflexivem Denken zu fassen. Dann gibt es vernünftige Entscheidungen/Urteile und unvernünftige, nicht bloß Relativismus, dann liegt der Unterschied von Verstand und Vernunft darin, daß mit ersterem etwas in einen unmittelbaren zweckrationalen Zusammenhang gestellt wird, letztere solchen unmittelbaren Zusammenhang in einem größeren Zusammenhang reflektiert. Es spricht wenig dafür, daß diese Reflexion zu einer eindeutigen Aussage führt und daher die Reflexion rückführbar (reversibel) ist. Dann muß man entsprechend der formalen Logik die binäre aristotelische, der substantiellen die dialektische zuordnen, in der das tertium non datur nicht mehr unumschränkt gilt, in der die Begriffe wandlungsfähig, dynamisiert, entwicklungsoffen sind. Was sie auch sein müssen, Begriffe müssen begriffen werden. Das hat seinen Preis, die dialektischen Begriffe sind imprädikativ; das dialektische Denken ist entwicklungs-, nicht bestandslogisch. Es ist zwar keinesfalls beliebig, aber nie endgültig, immer in Bewegung. Also, ein bißchen richtig ist Deine Beschreibung schon, aber für einen Dialektiker ein bißchen zu einseitig. Anerkennung hat das dialektische Denken allerdings noch nicht gefunden, auch wenn vermehrt am Dualismus gerüttelt wird.

Übrigens, die QT sieht sich mit Komplementarität konfrontiert und verwirft mit der Verschränkung die Orthogonalität. Das hat die klassische Ordnung ins Wanken gebracht.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang, Bernd,

zum Thema ‚empirische Evidenz‘:

Empiristen und Rationalisten hatten sehr verschiedene Ansichten, wie der Mensch zu Wissen gelangt. Über die Umstände, die die Akzeptanz einer Theorie bedeuten, war man sich dagegen weitgehend einig – nämlich das systematische, sinnlich wahrnehmbare Sich-Zeigen als Phänomen oder in den Phänomenen. Doch weder Darwins Modell noch die QM oder die ART zeigen sich auf diese sinnliche Art, denn alle beruhen auf Daten. Daten-an-sich sind zwar numerisch objektiv, gleichzeitig aber auch gegenstands – und bedeutungslos. Erst in Verbindung mit einem wissenschaftlichen Modell (das keine Theorie ist!) scheinen Daten (z.B. von Photonen-Countern oder Spektrographen) eine zeitliche Entwicklung im Mikro- bzw. Makrokosmos zu beschreiben. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen (z.B. Verschränkung oder Nicht-Euklidizität) hat die Vernunft für die ‚Welt‘ in der wir leben, aber längst ausgeschlossen. Und so verabschieden sich Darwin, QM und Kosmologie ins Scheinuniversum Aristotelischer Möglichkeiten.

Die Entwicklung eines biologischen Modells eines Organismus, das gleichzeitig die Art erhält UND seine Evolution ermöglicht, ist bislang selbst unter Einbeziehung genetischer Faktoren nicht gelungen. Hier scheinen A und nicht-A aufeinander zu treffen. Der Kosmologie fehlt fast die gesamte Masse (95%) des Universums zu seinem modellhaften Sollzustand und im LHC werden nicht die Energien beobachtet, die von reduktionistischen Modellen der Teilchenphysik gefordert werden. Es gibt also sehr viele Anzeichen, daß das positivistische (raum-zeitliche) Verständnis von ‚empirischer Evidenz‘ als Übereinstimmung von Modell- und Beobachtungsdaten ein begrifflich unsauberes Spiel ist, das mit WISSEN nichts zu tun hat, sondern eher mit Weissagung. Hätte man wissen können! Denn der Kosmos des Ptolemäus war im Gegensatz zu Newtons THEORIE der himmlischen Bewegungen nur ein MODELL. 

Immer, wenn jemand an sein Argumentationsende gekommen ist, nennt er es Dialektik. Adorno hatte ja Recht, daß Begriff und Sache unversöhnlich auseinander weisen, aber nur solange man (wie er) die Hegel‘sche Doppelte Negation zurückweist. Es war gerade Hegels Argument gegen die klassische (analytische) Logik, daß sie dieses Auseinanderweisen (die Nicht-Identität von Begriff und Sache) nicht versöhnen kann. Aus meiner Sicht verhindert die (klassische) Logik nicht nur die Versöhnung, sie ist die Ursache der Unversöhnlichkeit. Hegels Logik ist eben keine materiell-evolutionäre, sondern die einer zeitlosen (a-historischen) Entfaltung der Begriffe.

@ Bernd: Einstein hat vorbildlich gezeigt, wozu die Logik taugt (und wozu nicht): er verwendet logisch konstruierte Gedankenexperimente (Reflexion) ausschließlich mit der Absicht der Falsifikation (z.B. der QM Verschränkung), d.h. als reductio ad absurdum, nie zum Beweis seiner oder anderer Theorien. Die Logik hat ein empirisch relevantes FALSCH aber kein solches WAHR. Sobald Du Dich auf ihr WAHR einläßt, schickt sie Dir einen Strauß Möglichkeiten und macht Dir eine lange Nase. Die legitime Negation von empirisch FALSCH ist daher WISSEN, d.h. die Widerspruchslosigkeit von Begriff und Sache, wobei mE die Sache ein Phänomen (eine Erscheinung) sein muss. WISSEN ist eine Veranstaltung ohne doppelten Boden: es gibt kein WISSEN und obendrauf noch das Wissen der Wahrheit dieses WISSENS. Du solltest von dieser Diskussion daher keine „Konsistenz“ im logischen Sinn erwarten, sondern ans Fenster treten und Dich über die Absolute Unwidersprüchlichkeit dessen was immer Du siehst freuen. Was Du da draußen nicht entdecken wirst, sind Möglichkeiten. Warum? Möglichkeiten sind unmöglich, weil sie ja sonst widerspruchsfrei und somit schon Realität wären.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„alle beruhen auf Daten. Daten-an-sich sind zwar numerisch objektiv, gleichzeitig aber auch gegenstands – und bedeutungslos.“
Diesen Kernsatz möchte ich hervorheben, denn viele Ansätze werden ihm nicht gerecht.
„Erst in Verbindung mit einem wissenschaftlichen Modell (das keine Theorie ist!) scheinen Daten … eine zeitliche Entwicklung im Mikro- bzw. Makrokosmos zu beschreiben.“
Ja, eine interpretierte logisch-mathematische Struktur ist ein naturwissenschaftliches Modell, das erlaubt Phänomene in ihrer zeitlichen Entwicklung zu identifizieren. Das erklärt den ersten und den zweiten Schritt von rechts in der von mir schon dargestellten Schematisierung: Sein→Phänomenologie→Modell→Strukturmodell→Logik/Mathematik (formales Denken). In einem verallgemeinerten Sinn ist „→“ der analytische, „←“ der konstruktive Weg in der Dialektik von Denken und Welt.
„Es gibt also sehr viele Anzeichen, daß das positivistische (raum-zeitliche) Verständnis von ‚empirischer Evidenz‘ als Übereinstimmung von Modell- und Beobachtungsdaten ein begrifflich unsauberes Spiel ist“
Da hast Du absolut recht. Nur würde ich nicht so streng sein und die 5 auch mal gerade sein lassen. Die positivistische, aristotelische Modellierung hat ja ihren begrenzten Wert, unsere Mesowelt läßt sich damit unübertrefflich begreifen, zwar genaugenommen falsch, aber so gut, angenähert, es überhaupt geht. Wenn uns der systemische Fehler, das relativistische Restglied, bewußt ist, dürfen wir so tun, als gäbe es das nicht. Und wenn wir uns in Bereichen aufhalten, in denen wir das nicht mehr ignorieren können, tun sich neue pragmatische Zwänge der Vereinfachung auf.

Zum systemischen Fehler. In der aristotelischen Logik (in der ja nicht nur a˅¬a – das tertium non datur – gilt, sondern auch die äquivalente Aussage ¬(a˄¬a)) folgt aus der Transitivität die Reflexivität: (A→B˄B→A)→A≡A, in der dialektischen Auffassung der Reflexionsbewegung (These-Antithese-Synthese), wenn A≡¬B:
A→B→A, also A→¬A→¬¬A, also A≡¬¬A. Das ist ein bißchen ungenau formuliert, aber es läßt sich nicht besser formalisieren.
Aristotelisch, formallogisch, ist die doppelte Negation die Affirmation. In dieser Reflexion ändert sich nichts substantiell, es wandelt sich nur die Form. Von einem konstruktivistischen Standpunkt aus können sich jedoch Dinge unterscheiden, die unterschiedlich infinit konstruiert wurden. So ist das Ergebnis nicht mehr vom Weg unabhängig, auf dem es generiert wurde.

Ich denke, ich sehe das weitgehend genau so wie Du, allerdings vielleicht mit der Differenz, daß ich nicht auf den absoluten Idealismus von Hegel zurückgehe, sondern seine linkshegelianische materialistische Wende berücksichtige, wie die Kritische Theorie. Darüber müßte man einmal genauer diskutieren.

Hier noch eine Anmerkung zu „Begriff und Sache“. Für mich ist der größte erkenntnistheoretische Irrtum die Zuschreibung von Wahrheit zum Sein. Ein sinnvoller Begriff von Wahrheit erfaßt die Qualität des Denkens der Welt, nicht das Sein der Welt, mit der Einschränkung, daß natürlich das Denken selbst Teil der Welt ist. Es ist die reflexive Bewertung der Reflexion. Das Denken, wenn es nicht naiv ist, ist selbst selbstreflexiv, es ist Denken der Welt und Denken des Denkens, damit ist es die Einheit von inhaltlichem und formalem Denken, Wissenschaft, Logik/Mathematik und nicht zu vergessen dem autonomen, ästhetischen Denken, Denken als Selbstzweck, Kunst.

Nur in einem Punkt möchte ich widersprechen, auch wenn ich Deiner Verbindung von empirischer Falschheit und Wissen folgen kann. „Möglichkeiten sind unmöglich, weil sie ja sonst widerspruchsfrei und somit schon Realität wären.“ – das ist ein unnötig paradoxes Argument, denn Möglichkeiten sind Möglichkeiten, die realisiert sein können oder eben nicht realisiert sind. Durch ihre Möglichkeit sind sie noch nicht wirklich. Umgekehrt ist die Wirklichkeit immer realisierte Möglichkeit, soweit es keine determinierte Notwendigkeit ist. Die Wirklichkeit ist eine Untermenge der Möglichkeitsmenge. Wir reden sinnvoll nur von Möglichkeiten, wenn die Zusammenhänge nicht völlig determiniert sind, wenn sich also unterschiedliche Möglichkeiten realisieren können. Der Mensch ist Subjekt nur, weil er Möglichkeiten produzieren und dann realisieren kann. In einem rein deterministischen Weltbild ist kein Platz für Möglichkeiten, ist „Möglichkeiten“ ein sinnloser Begriff. In den Naturwissenschaften steht „Möglichkeiten“ für den indeterministischen Zufall, der die Möglichkeiten durch Wahrscheinlichkeit einschränken kann.
Möglichkeit ist ein Begriff, der sich auf die Zukunft bezieht, in den raumzeitlichen Weltpunkten gibt es keine Zukunft, keine Möglichkeit, nur unmittelbare Wirklichkeit (anders als in den zeitlich zueinander stehenden Punktmengen). Wären in ihm unterschiedliche Möglichkeiten realisiert, wäre das ein Widerspruch, Weltpunkte sind disjunkt, wohlunterschieden, bilden eine Menge, haben wir also zwei unterschiedliche Eigenschaften, dann gibt es mindestens einen Eigenschaftsaspekt E, der entweder realisiert oder nicht realisiert ist, es kann nicht zugleich E und ¬E realisiert sein.

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Lieber Wolfgang, lieber Heinz,

geht es nicht im Grunde genommen einzig dem Menschen darum, sich selbst zu verstehen, indem sich seine Umwelt im Bewusstsein für ihn repräsentieren lässt?

Nimmt nicht der Vogel einfach hin, was ihm seine Stimme gibt und erfreut sich damit einer unterrepräsentierten Daseinsberechtigung, die einzig dem Menschen ein Bewusstsein dafür abfordert?

Verliert der Baum ohne seine Wurzeln nicht die Verbindung zur Erde, sodass er ihre Nährstoffe und den zugehörigen Kreislauf nicht repräsentieren kann?

Wie stellt sich der Mensch selbst in das Bild, dem er die einzigartige Verbindung schuldet, die ihm von Geburt an anvertraut ist?

Kann Mensch sein, was nicht Mensch ist?

Wessen ist der Mensch, der sich dem zuwendet was in ihm steckt und damit die Außenwelt konfrontiert?

Wodurch gelingt es ihm, diese Außenwelt mit! seinen Argumenten in den Bann zu ziehen, sodass sich ihr! Leben auf ihn einstellt?

Alles in! allem bleibt so erhalten, wie es! in den Naturgesetzen vorgegeben und umgesetzt ist. Was sich verändert, das ist die Menge, die sich an Leben ergibt, das in seiner Form als Gedächtnis bereits darin enthalten war und nun in dem Herz seinen Platz findet, das sich selbst für dieses Gedächtnis geöffnet hat. Einmal offen für das Außen, bleibt es in diesem Zustand erhalten, sodass seine Sprache für das weitere Leben repräsentiert, was das für die Menschheit bereits inkludiert.

Hören wir, was wir reden und können wir noch verarbeiten, was dadurch Veränderung erfährt?

Wer oder was hilft uns Menschen hochkomplexe Themen zu bewältigen, wie sie eine Menschheit mit sich bringt, die in Form, Anzahl und Substanz feststeht, jedoch in ihrer Menge offen bleibt für die Zeit, aus der sich ihr Lebensraum speisen lässt?

In uns Menschen ist Lebenszeit in unendlicher Mensche vorhanden, doch sie will von in ihrer Substanz (Sprachfähigkeit aller Lebensformen) repräsentiert sein, bevor sie sich in ihrer ganzen Fülle präsentieren kann. Letztendlich ergibt sich daraus für den Menschen die Fähigkeit, sich in seiner Einheit (Gott) auf das Herz (Jesus) vorzubereiten, das ihr (Erde) innewohnt, sodass sie sich mit dem Himmel als der Körper vermählen kann, der den letzten Zeitraum (Zukunft) besetzt, indem der den ersten Zeitraum (Gegenwart) vor Augen führt, und daraus unsere gemeinsame Vergangenheit dem Gedächtnis zuschreibt, das den Lebenskreislauf in seiner Vollendung mit der Hilfe von Zeit im Einklang mit ihrer Einheit erschließen lässt.

Vielleicht sollten wie die Einheit von Gott auf die Fülle der Zeit übertragen, damit seine Gegenwart mit ihrem Anfang konfrontiert, nach einer Lösung sucht, die ihr Herz in seiner Substanz wiederfinden kann.

Vielen Dank fürs „Zuhören“, denn ich weiß, wie schwer es sein kann, mit Texten konfrontiert zu werden, die aus Gedanken erwachsen, die ohne ihren gemeinsamen Nenner keine Grundlage haben. Es scheint als müssten wir uns einer Zahlenwelt stellen, die uns dafür einzig ein Wort und seine Einheit in ihrer ganzen Fülle hinterlassen hat.

Herzliche Grüße
Rosi

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Lieber Wolfgang,

ich versuche die Differenz zwischen Subjekt und Objekt zu begreifen, indem ich wieder einmal mehr die Zeit verwende, die zwischen ihnen liegt und für die einen, altersbedingt, immer weniger zu werden scheint, wo sie für die anderen, ebenfalls altersbedingt, in ihrer ganzen Fülle vor ihnen liegt.

Wer wo steht in dieser Gefühlswelt, das dürfte der persönlichen Konstitution geschuldet sein, sodass sie sich offensichtlich nicht nur aus Zeit ergibt, sondern durch die in ihr angelegte Zeit auch ein Gefühl dafür entwickeln kann, wie sich Zeit verarbeiten lässt, ohne verloren zu gehen. Naturgesetze tun ihr Übriges, sodass Zeit in ihrer phänomenalen Eigenschaft erhalten bleibt, indem sie subjektiv in dem angelegt ist, an dem sie sich bereits erfüllt hat.

Vielleicht ist echte Kommunikation einzig der Zeit geschuldet, die sich subjektiv mit ihrer eigenen Kapazität auseinandersetzt, sodass die Komplexität bewusst wird, die dahinter verborgen liegt. Immerhin scheint ihre endgültige Lebensform etwas mit der Evolution und deren Vermittlung zu tun zu haben, sodass sich eine weiter Entwicklung erst aus erfüllter Zeit (Mensch) ergeben kann, der als zeitlich verortetes Subjekt eine neue Perspektive, für alle Menschen gleich geltend, entwickeln kann.

Es ist wirklich schwer, wenn man, wie ich, von Zeit erfüllt, ihre primäre Eigenschaft verständlich vermitteln will, ohne dabei die Fülle zu zerstören, die das mit sich bringt.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Liebe Roswitha,

wir haben einen unterschiedlichen Schreib-, möglicherweise auch Denkstil, Du großzügig, ich pedantisch, und daher habe ich, wie Du sicher bemerkt hast, Schwierigkeiten, Dich genau zu verstehen. Das würde ich gerne ändern. Falls ich Dich hier richtig verstanden habe, kann ich nur zustimmen, aber um Mißverständnisse zu vermeiden, überprüfen wir das einmal, indem ich mit meinen Worten sage, was Du unter anderem mE gepostet hast. Es ist wichtig genug, um es nochmals zu paraphrasieren.

Die fundamentalste Differenz ist wohl die von Subjekt und Objekt, einem Selbstbeweger und einem heteronomen Objekt. Wobei es nach meiner nicht anti-, aber areligiöser Sicht kein absolutes Subjekt (Gott) gibt, also nur Objekte und Subjekt-Objekte. Letztere gibt es auf der untersten Stufe, seit es Leben gibt, das ist für mich die Emergenz des (Prä-/Proto-)Geistes, die höchste Form ist das Bewußtsein, das Selbstbewußtsein als Subjekt-Objekt.

Damit komme ich genau zu dem, was Du im ersten Absatz formulierst: Die Dinge stehen sich zeitlos/geistlos gegenüber im extensionalen Sein, und freilich können sie so in einer ersten Form des Denkens erfaßt werden, mit den Protokollsätzen, der Bestandserfassung alles dessen, was ist. Dieses Bewußtsein des unmittelbaren Seins würde ich, wie es umgangssprachlich auch gemacht wird, als (positives) Wissen bezeichnen, im Unterschied zum Verstehen, das nicht nur die Dinge erfaßt, sondern ihren Zusammenhang, ihr Beziehungsgeflecht, Struktur. Dazu muß das Denken reflexiv sein, zwischen den Dingen hin- und herwandern. Das ist nur möglich in der Zeit, wie Du schreibst. Das ist operatives, nicht bloß repräsentatives Denken. Darin sind wir Subjekte, die diese (Denk-)Bewegung organisieren, es ist eine Selbstorganisation. Es ist ein Bewegungsvorgang, Bewegung ist immer Bewegung in der Zeit, physisch oder wie im Denken virtuell, zirkulär, Reflexion.

Nun bin ich jedoch kein Positivist oder Empirist, für den nur das unmittelbare Sein real ist, der meint, daß die Strukturen nur vom Menschen den Dingen angehängt sind, sondern ich vertrete mindestens einen Strukturenrealismus, Strukturen engen stark ein, was möglich ist. Innerhalb einer Struktur ist ein Ding nicht mehr, was es für sich ist, es ist Teil eines Ganzen. Es reicht nicht, es zu identifizieren, es also im Ganzen zu beobachten, sondern wir sollten wissen, wie es im Ganzen ist, warum es sich im Ganzen wie bewegt. Hier muß das identifizierende Denken durch das verstehende Denken ergänzt werden, das Verstehen des Strukturganzen. Hat man verstanden, sieht man das Ganze selbst wieder wie ein Objekt, das zu repräsentieren ist.

Das Ganze allerdings hat eine eigene Identität nur, wenn es irreduzibel ist. Man muß also unterscheiden, ob eine Ganzheit additiv oder integrativ zustande kommt. Ist die Ganzheit bloß additiv, ist das Ganze ohne Verfälschung seiner Teile in ebendiese wieder zerlegbar. Dann ist das Ganze kein echtes Ganzes, sondern nur die Summe seiner Teile. Zeigt das Ganze dagegen Eigenschaften, die die Teile nicht aufweisen, ist das Ganze ein komplexes Ganzes, sind die strukturellen Bestimmtheiten solche dieses spezifischen Objekts, es ist eine irreduzible Ein-heit. Selbstverständlich kann es wiederum Viel-heiten dieser Ein-heit geben, die zu neuen integralen Ein-heiten führen können, Komplexen höherer Stufe. Hieran sehen wir, daß der mathematisch-logische Strukturbegriff abstrakter ist als der der realen Beschreibung, der immer eine reale Ordnung realer Dinge ist. Wenn ich keinen objektiven Geist unterstelle, ist die reale Ordnung kontingent, es ist eine Bestimmtheit ohne Grund. Die Denkstrukturen, mit denen ich reale Ordnung zu erfassen versuche, sind dagegen Möglichkeiten, die konsistent gedacht, also als Möglichkeiten absolut wahr sein müssen. Der Notwendigkeit im Denkraum entspricht die Kontingenz im Realraum. Die Wirklichkeit ist kontingent, aber sie muß logisch konsistent gedacht werden.

So würde ich die Passage „ich versuche die Differenz zwischen Subjekt und Objekt zu begreifen, indem ich wieder einmal mehr die Zeit verwende, die zwischen ihnen liegt“ verstehen. Im deterministischen Zusammenhang kann von Zeit nur gesprochen werden, wenn es irreversible Prozesse gibt, die eine Richtung auszeichnen. Das ist zB der 2. Hauptsatz der Thermodynamik. Daneben gibt es die Zufallszeit, Veränderung ohne Grund, und eine als Entwicklung zu beschreibende gerichtete Zeit, in der ein Subjekt Möglichkeiten auf bestimmte Realisierungen festlegt, eine Eigenzeit der Subjekte, wichtiger ist jedoch, soweit es dazu kommt, eine sich ergebende kollektive Geschichte der Menschheit. Diese Selbstorganisation wird sehr schön beschrieben in der oft zu hörenden Aussage „der Mensch ist, was er wird“ (nach Bloch). Da der Mensch, die menschlichen Kollektive Subjekt-Objekt(e) ist(sind), ist das eine Subjekt-Objekt-Dialektik.

Sind wir d’accord?

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Lieber Wolgang,

Gott ist für mich einzig das Wort, an dem ich mich ausrichten muss, sodass es in seiner Fülle, von mir unberührt, ihren/seinen Inhalt selbst hervorbringt.

Als Mutter ist in mir etwas, das ich nicht erklären kann, das jedoch in seiner Existenz bereits durch Gott bestätigt ist, sodass ich mich damit auseinandersetzen muss.

Vielleicht erklärt es sich am besten so, dass ich davon ausgehe, dass in jeder Mutter der Überlebensinstinkt für ihre Kinder angelegt ist, sodass sie in ihrer Priorität vor ihr liegen und nachfolgend von dem beschützt werden, der ihren Samen in sich trägt.

So hat sich in mir ein Lebeninhalt aufgebaut, der in seiner Einzigartigkeit, durch seine Gesetzmäßigkeiten erhalten bleibt. Zunächst ist davon jedoch nur ein einziger Mensch betroffen, sodass es ihm zur Aufgabe gestellt ist, diese Betroffenheit zu verkünden und auf Hilfe im Umgang damit zu hoffen.

Ich hatte Glück, denn mir wurde geholfen, sodass mich diese „Situation“, wie ich es nennen will, nicht überfordert hat, obwohl ich kurz davor stand, mir das Leben zu nehmen. Es gibt nichts Schlimmeres auf der Welt, als nicht verstanden werden zu wollen. Verständnis wächst im Austausch von Gedanken, die sich für den Einen aus dem ergeben, was der andere ihm vermitteln kann.

Vom Prinzip her ist es das, was wir hier tun. Dabei fehlte mir persönlich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Herausforderung dessen, was in mir steckt, sodass es im Verborgenen blieb, bis ich ein Bewusstsein für diese Tatsache entwickeln konnte. Dieses Bewusstsein konfrontierte mich täglich mit seinen Anforderungen, sodass ich mehr oder weniger gezwungen war, mich damit auseinanderzusetzen.

Heute bin ich froh, dass sich Menschen meiner Not im Bewusstsein für ihr Leben angenommen haben, sodass sich viele Fragen klären ließen, die bis dato nach Aufklärung suchen. In diesem Zusammen hoffe ich, lieber Wolfgang, das Leben und seine Erfahrungsschätze (Menschen) begleiten auch dich auf deiner Suche nach Aufklärung.

Herzlichen Dank fürs Lesen
Rosi

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Konflikte hat es in meinem Leben selbstverständlich auch gegeben, allerdings glücklicherweise nie wirklich existentielle, obwohl das auch ein Mangel sein kann. Jedenfalls kann ich bei dem, was Du offenbar erlebt hast, nicht mitreden. Ich hoffe aber, am Ende kann jeder von uns sagen, es war wertvoll, und jetzt darf es auch zu einem Ende kommen.
In diesem Sinne, herzliche Grüße, und vielleicht ergibt sich an anderer Stelle einmal eine neue Ebene eines verständigenden Dialogs.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Lieber Herr Endemann, Sie sind hier herzlich willkommen, aber Sie sehen schon an den Antworten, dass jeder seine Position darlegt, und dann abwartet, was Sie dazu sagen. Ich frage lieber einmal nach, was Sie mit Ihrem Beitrag eigentlich meinen: emergiert Geist aus dem Materiellen ? ist die Relativitätstheorie das allgemeine Paradigma des Denkens ? Und ist der epistemische Strukturenrealismus die einzige Konzeption, mit einer Wahrheit – welche auch immer – umzugehen, oder was meinen Sie mit „integraler Konzeption“? Es wäre Anstoß zum weiter überlegen, wenn Sie dies erläutern würden.

Mit dem Geist als Emergenz aus dem Materiellen, werden Sie hier viel Widerspruch ernten, und dass es eine Grundlagenkrise des Denkens gab, aus der die Relativitätstheorien hervorgegangen sind, ebenfalls. Warum Sie den Strukturenrealismus als fundamentale Lösung ansehen, entzieht sich speziell meinem persönlichen Verständnis solange, wie nicht erklärt wird, was eine Struktur denn sein soll. Das ist kein theoretischer Einwand, sondern fußt auf dem Wissen, dass das, was eine Struktur ist, auf Einfacheres reduziert werden kann, und insofern nichts Fundamentales darstellt und daher auch keine fundamentale Lösung liefern kann. Aber ich hoffe und freue mich, wenn es wieder eine Diskussion darüber gibt.

Viele Grüße
Bernd Stein

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,

zum zwischenzeitlichen Warmdenken…

Symmetrie, Linerarität, Orthogonalität, Periodizität, Geschlossenheit, Hierarchie, Zentralität u.v.a. mehr sind nicht weiter reduzierbare Strukturen – allerdings keine materiellen Strukturen, die ggf. immer weiter reduziert werden können.

Gruß,
Heinz

Dirk
Dirk
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

vielen Dank für Deine profunden Kommentare und Deine Antwort an Bernd. Mir glaubt er nämlich nicht 😉.

Liebe Grüße
Dirk

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Heinz, Hi lieber Herr Endemann,
vielleicht ist es ätzend, dass ich immer wieder damit komme, aber es treibt mich um: zu sagen, dass eine Struktur nicht reduzierbar ist, entbehrt der Logik. Denn wenn sie nicht reduzierbar ist, dann ist sie Eins, und das ist nun mal das logische oder dialektische Gegenpart einer Struktur. Ich bitte Dich sehr herzlich mir mal zu sagen, wo ich hier falsch liege, ob ich ein falsche Logik an den Tag lege oder falsche Voraussetzungen habe. Immerhin geht es nicht um ein Randthema sondern um den zentralen Begriff dieses Beitrags. Aber vielleicht stecken wir alle in Denkgewohnheiten fest, und Struktur ist weder Eines noch Mehrfache, sondern etwas Transzendentes, dessen semantische Gehalt für die instrumentelle Verwendung keine Rolle spielt.
Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Bernd,

Du triffst mal wieder den (Problem)Nagel auf den Kopf. Dieses Problem ist uralt und betrifft die Frage nach der Einheit in der Vielheit. Die ist mE logisch nicht behandelbar, weil die Logik als struktur- und inhaltloser Prozess (altes Sinnbild: Schlange) der Vielheit der Begriffe als Inhalt bedarf um überhaupt ‚in die Gänge zu kommen’. Die Logik ist (seit Aristoteles) ihrer Natur nach ein Mittel der A n a l y s e. D.h. sie kann die Vielheit ggf. mengentheoretisch analysieren und klassifizieren aber nicht integrieren. Die Differenz der Begriffe ist logisch nicht überwindbar, weil ihre Differenz die Existenzgrundlage der Logik ist.

Differenz ist aber nicht gleich Differenz. Es gibt unendlich viele Weisen ein komplexes Ganzes aufzuteilen, aber nur eine Methode, die so aufteilt, daß alle dabei entstehenden Teile nicht aufeinander reduzierbar sind. Diese Teile sind orthogonal, Kant würde sagen: rein. Damit ist einerseits die größtmögliche Differenz der Teile untereinander erreicht und andererseits eine Notwendigkeit ihrer Existenz. Es ist diese Notwendigkeit, die diese Teile zu einem Ganzen zusammenfügt (die sogenannte Einheit von Differenz und Einheit). Beispiel: Im Ding vereinen sich die orthogonalen Begriffe Form, Farbe, Größe, Orientierung usw. absolut widerspruchsfrei, nicht obwohl, sondern WEIL sich diese Teile maximal unterscheiden. Jede dieser Größen ist getrennt von allen anderen manipulierbar. D.h. die maximale Differenz ist eine additive Bestimmung. Die so bestimmten Begriffe verhalten sich damit wie geometrisch additive Vektoren. Das macht deutlich, warum die Einheit von Differenz und Einheit logisch nicht darstellbar ist, sondern nur im orthogonalen Raum.

Das Problem, das Du ansprichst, ist also nicht die Frage „viele oder Eins“, sondern Vielheit UND Einheit. Und das ist im Raum kein Problem.

Gruß,
Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Wir haben hier ein etwas verschiedenes Verständnis von den Formalwissenschaften. Ich sehe sie nicht als Hilfswissenschaften für die Realwissenschaften, sondern als über den Realwissenschaften stehende Basiswissenschaften des rationalen Denkens, die allen Wissenschaften zugrunde liegen. Selbstverständlich darf die Philosophie als noch fundamentaler nicht fehlen, die Logik ist ja auch eine Basisdisziplin der Philosophie.
Ein gutes Beispiel, um das zu erläutern, ist die im Vorkommentar erwähnte Geometrie. Der Mathematik geht es nicht darum, das geometrische Verständnis der realen Welt so genau zu analysieren, daß wir wissen, was (reale) Geometrie ist, das geht übrigens gar nicht, denn die Realität zeigt selbst keinen eindeutig bestimmten Sachverhalt Geometrie, sondern unterschiedliche, sich widersprechende Geometrien, die allesamt und sich überlagernd realisiert sind. Die Mathematik zeigt uns vielmehr, was Geometrie ist, wie Dinge topologisch geordnet sein können usw. Natürlich steht das strukturelle Denken immer im Kontext struktureller Erfahrungen, aber die Wissenschaft muß ein Verständnis dafür entwickeln, was sich in eine logisch zwingende Form bringen läßt, und was nicht. Die Mathematik von der Geometrie zeigt uns, so gut sie kann, alle Formen, in denen uns Geometrisches begegnen und daher einmal anwendbar werden kann. Das ist genau die Bedeutung der Aussage, daß Mathematik eine Formalwissenschaft ist. Sie ist nicht die Wissenschaft von den realen Formen, sondern von allen denkbaren Formen der Welt. Nur so erschließt sich die tatsächliche Struktur, weil wir so ergebnisoffen denken, und nur so verstehen wir diese tatsächliche Struktur umfassend, weil wir auch verstehen, was sie nicht ist. Eine Theorie, die zunächst in Hypothesenform vorliegt und offenlegt, welche alternative Möglichkeiten auszuschließen sind, die dementsprechend in nach ihr gestalteten komplizierten empirischen Versuchsanordnungen erlaubt, die Gültigkeit zu überprüfen. Damit kommt man nicht nur der Tatsächlichkeit auf die Spur, sondern sie kann auch umfassend verstanden werden.

Um den Kommentar nicht zu überladen, Argumente zu Teil und Ganzem ein andermal.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

nur ganz kurz, mir brummt schon der Kopf…

Ich sehe die Mathematik in zwei Teile zerfallen, in einen ‚empirischen‘ und einen reflexiven Teil. Der erste Teil ist gleichzeitig a priori und doch nicht beziehungslos. Er steht im Verhältnis Absoluter Nicht-Falschheit zu empirischer Beobachtung, was dem a priori keinen Abbruch tut und gleichzeitig zeigt, warum Mathematik empirische Relevanz hat! Der zweite (reflexive) Teil ist rein theoretisch und hat keinen empirischen Gegenstand. Er ergibt sich aus dem Verständnis des ersten Teils als Struktur und denkt diese weiter.

Um es mit Humboldt zu sagen: Nur Welt ist wo Sprache ist.

Gruß,
Heinz

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich will Humoldt nicht kleinreden und verwende dafür seine Ausgangssituation für mein Denken. Welt ist, was durch Sprache in seiner Form und ihren Vorgaben repräsentierbar ist.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Dem würde ich zustimmen, sofern die „Vorgaben“ nicht affirmativ zugänglich sind.

Heinz

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Vielleicht wäre statt Vorgaben Gesetzmäßigkeiten besser gewählt gewesen.

Rosi

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ja, ich denke, das ist mit der Unterscheidung „reine/angewandte Mathematik“ gemeint. Ich habe mich endlich mal aufgerafft, nachzuschauen, was schon früher in diesem Forum diskutiert wurde, und bin auf den Beitrag von Peter Addor „Über Wahrheit und Wieklichkeit“ gestoßen, der sich, wie ich finde sehr gut, genau mit dieser Thematik beschäftigt. Statt dort zu kommentieren, rekapituliere ich hier die Kernaussagen Addors, hoffentlich korrekt.
1. Wenn ich Aussagen mache, stellt sich die Frage der „Wahrheit“ der Aussagen.
2. Aussagen können ungefähr wahr sein und absolut wahr. Letzteres ist nur möglich, wenn sie unter jeder inhaltlichen Interpretation, semantischen Bedeutung wahr sind. Das ist nur möglich, wenn sie unabhängig von Interpretationen wahr sind. Dazu müssen sie schon in ihrer Form wahr sein. Das ist die absolute Wahrheit von Logik und Mathematik.
3. Davon unterschieden ist ein inhaltlicher Wahrheitsbegriff, der die Wahrheit einer interpretierten, also sich auf die Realität beziehenden Aussage aussagt/behauptet. Das ist der Wahrheitsbegriff einer Korrespondenztheorie der Wahrheit. Ist etwas inhaltlich wahr, dann muß es sich in allen Weltbeobachtungen bestätigen, es ist eine inhaltliche Wahrheit.
4. Freilich setzt das voraus, daß ich eine formale, also formal in sich widerspruchsfreie Sprache benutze, denn sonst hätte rein sprachlich, formal, keine Aussage einen Wert, weil wegen „ex falso quodlibet“ a˄¬a→x, mit x für eine beliebige Aussage, alles beweisbar wäre. Daher ist die Formulierung in einer formalen widerspruchsfreien Sprache die Voraussetzung, daß ich überhaupt von „wahren Aussagen“ reden kann.
5. Selbstverständlich sagt eine formale Sprache nichts über die Welt aus, sie ist absolut wahr und sie ist absolut nichtssagend. Als Grundlage aller sinnvollen Aussagen über die Welt beschreibt sie den Möglichkeitsraum alles (sinnvoll) Sagbaren. Das Tatsächliche ist möglich, aber nicht notwendig, was real notwendig ist, bildet einen Unterraum des Möglichkeitsraums, ist logisch kontingent.

Ich breche hier ab, weil es ab dieser Stelle um Details geht, die Korrespondenztheorie der Wahrheit ist notwendig, wenn Aussagen inhaltliche Aussagen über die Welt sein sollen, die Kohärenztheorie der Wahrheit ist notwendig, wenn verstanden werden soll, wie ein Formalismus zu einer inhaltlichen Theorie werden kann.

Soweit ich das hier geschildert habe, scheint mir das dem zu entsprechen, was ich in meinen Kommentaren formuliert habe.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ich versuche auch mal, zu antworten. Eine Struktur/Ordnung kann immer „dünner“ werden, bis nichts Strukturiertes, keine Ordnung übrigbleibt. So kommt man zum Atomismus (der „1“). Gibt es eine sich in der Zeit erhaltende Realstruktur, dann können wir eine strukturelle Erkenntnis haben, wenn wir ein passendes Strukturmodell dafür haben. Die Wirklichkeit der Welt ist zu komplex, um sie in einem integralen, vollständigen Strukturmodell zu erfassen, wir verfügen immer nur über Teilstrukturen. Die dürfen wir als objektive Beschreibungen ansehen (vgl. @ Heinz Luediger und meine Replik, zu seinem letzten Kommentar werde ich im Anschluß etwas sagen), wenn sie stabil sind (ceteris-paribus-Regel). Dann sind sie aufgrund empirischer Erfahrung irreduzibel, auch wenn sich einfachere Strukturen denken lassen.
Im Endlichen gibt es sogar irreduzible theoretische Strukturen, die werden als kategoriale Systeme bezeichnet. Man könnte die Menge aller Isomorphismen einer Struktur betrachten, dann wäre man in einem kategorialen System. Nur wenn wir den Atomismus annehmen, sind wir berechtigt, Strukturen allgemein für reduzibel zu halten. Aber wie gesagt, macht das weder empirisch noch begriffsrealistisch einen Sinn. Ausgesprochen sinnvoll dagegen ist der rein theoretische Strukturaufbau wie die Strukturanalyse.
Das vielleicht berühmteste Beispiel ist Riemanns Entdeckung der nichteuklidschen Geometrien, als er sie entdeckte, schien es eine abwegige Spielerei im Elfenbeinturm, sie hat sich als paradigmatisch für das neue Welt- und Wissenschaftsverständnis gezeigt, parallel zur Relativitätstheorie. Die euklidsche Geometrie ist die einfachere, und sie wird weiterhin zurecht wegen ihrer Praktikabilität im Mesoraum benutzt, aber richtiger ist das Konzept des gekrümmten Raums. Im Großen kann nicht auf die euklidsche reduziert werden, das euklidsche Strukturmodell ist falsch (zu ungenau).

Btw. Man duzt sich hier wie in sehr vielen Foren. Das finde ich schön, ich werde mich dem anschließen, wenn ich jemandem damit zu nahe trete, möge er Einspruch erheben.
LG, Wolfgang

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Danke der Nachfrage. Meine kleine Skizze war ja nur ein Versuchsballon, ich wollte den Ball zurück aufs Spielfeld kicken, sehen, ob das Spiel weitergeht. Aber gerne teile ich meine Basisüberlegungen mit, die ich für evident halte.

Also in aller Kürze:
Die Emergenz des Geistes aus dem Materiellen bedeutet, daß sich das biologische Steuerungsorgan, die Physiologie materiell soweit entwickelt, daß Muster festgehalten und geformt werden können, die die Doppelstruktur von Sprachlichem annehmen, also eine integrale Einheit von Syntaktischem und Semantischem, das ist eine nichtformale Information (die über die formale in bits und bytes hinausgeht), die Einheit von Informationsträger und Sinn, inhaltlicher Bedeutung. Daß es diese komplexen Elemente, die zu Sinnsystemen integriert (es kann auch der umgekehrte, analytische Weg eingeschlagen) werden, gibt, ist mE so sicher, wie uns ein wirkliches Verständnis dieses Sachverhalts fehlt (bislang, vielleicht aber sogar prinzipiell, wie die Unzugänglichkeit des Dings an sich).

Denken ist das Sichbefinden und Operieren auf dieser Ebene des Bewußt-Seins, es ist immer Abbildung, prädikativ die einer unterstellten Außenwelt oder selbstreflexiv der Projektion einer Vorstellung. Die Außenwelt ist uns jedoch nicht unmittelbar, sondern nur in ihren Erscheinungen, phänomenologisch gegeben. Der „view from nowhere“ ist uns nicht möglich, freilich können wir die unterschiedlichsten Perspektiven synthesieren und so der Wirklichkeit näherkommen. Diesem Relativismus auf der Objektseite korrespondiert ein Relativismus auf der Subjektseite. Das ist der Inhalt des Gödelschen Unvollständigkeitssatzes, der konstatiert, daß ich, wenn ich der Komplexität der Wirklichkeit gerecht werden will, eine Sprache benötige, die nicht mehr vollständig sein kann, jeder Versuch der Vervollständigung führt zu einer neuen Unvollständigkeit. Das war meine Aussage, daß wir in den Grundlagenkrisen der Neuzeit auf solche Imprädikativität gestoßen sind, wir haben allerdings mit dieser Verunsicherung leben gelernt. Beispielsweise fragt man heute kaum noch danach, ob die intuitionistische oder die klassische Mathematik Recht hat, beide haben ihr Recht, es ist abhängig davon, was wir als Grundlage anerkennen wollen, der Intuitionismus bietet größere Sicherheit, da die Beweise konstruktiv geführt und nachvollzogen werden können, aber er reicht nicht so weit wie die klassische Mathematik, beschränkt unser Strukturverständnis. Spannend ist gleichwohl, wie viel klassische Mathematik doch noch konstruktiv erreichbar ist. Da gibt es keine festen Grenzen.

Der Strukturenrealismus widerspricht dem Nominalismus und dem reduktiven Materialismus, da er Strukturen nicht für weniger real hält als das unmittelbare Sein, eher im Gegenteil. Er wird zum epistemischen Strukturenrealismus, wenn man berücksichtigt, daß uns nicht reale Strukturen (als Ding an sich) gegeben sind, sondern das Denken Strukturmodelle entwirft, die empirisch, und daher nie endgültig, aber immer umfassender überprüft werden können und müssen.

Kürzer kann ich mich nicht fassen, vielleicht könnte ich manches deutlicher ausführen. Es ist eine Konzeption, der man nicht folgen muß. Aber gibt es gravierende Einwände, Selbstwidersprüche?

Ein paar Variationen zum Thema, immer unter der Voraussetzung, daß wir die Welt unter der Form des Objekts betrachten.
„Geist“ hätte ich deutlicher formulieren können: „menschlicher bzw. biologischer Geist“. Das ist für mich ein Pleonasmus, aber ich möchte Transzendentalisten nicht zu nahe treten, man kann selbstverständlich einen allgemeineren, anderen Begriff von Geist haben. Ich denke aber, daß wir uns im blog mit dem biologischen und naturwissenschaftlichen Geist beschäftigen, dessen Funktion die verbesserte Anpassung des Verhaltens an die Umweltbedingungen ist, die als Reize aufgenommen und in angeborenen, aber auch in erfolgreich gelernten unmittelbaren Reiz-Reaktions-Verbindungen noch suboptimal beantwortet werden. Es ist ein Riesenschritt in der Evolution, wenn die Außenwelt, nicht unbedingt richtig, im Organismus repräsentiert wird. So wird nicht nur eine Antwort auf eine (über-)komplexe Situation möglich, sondern es können Antworten ausprobiert werden und es kann zu einer anpassenden Selbstkorrektur kommen. So wird wenigstens eine schrittweise Annäherung an die wahre, objektive Erkenntnis erreicht.
Mit Emergenz des Geistes ist nicht mehr gemeint als die Entwicklung von BS, also die Fähigkeit der Repräsentation von Realem oder Vorgestelltem im Organismus, einem biologisch Realen, und die Fähigkeit, damit indeterminiert operieren zu können, also zu denken. Das ermöglicht auf einer höheren Stufe Probehandeln als es schon ohne Bewußtsein möglich war, verbessert also die Anpassungsfähigkeit. Und es liefert uns ein zunehmend angepaßtes, im günstigsten Fall ein korrektes Bild von Realem, was wir allerdings nie endgültig wissen können.
Denn Denken als Ganzes ist ein imprädikativer Sachverhalt, es ist eine Abbildung von Teilen (Aspekten) der Welt in einen Teil der Welt (die Repräsentationssysteme in den Organismen) mithilfe der von diesem Repräsentationsorgan bereitgestellten Strukturen. Also modellieren wir ein Gedankenbild der Welt, die wir nur in Form der Sinnesdaten und elaborierter aus präparierten Experimenten kennen, die Dinge an sich sind uns nicht zugänglich. Aber wir entwickeln Logik und Mathematik, deren Rolle beim Denken ich im Vorkommentar skizziert habe. Weiß ich mich als die Welt, richtiger: Aspekte der Welt Denkender, stellt sich die Wahrheitsfrage, Wahrheit ist ein Kriterium des Denkens, nicht des Seins. Das Sein ist nicht wahr, es gibt nicht neben dem Sein die Wahrheit des Seins, das Sein ist, das Denken des Seins (nicht das Sein) kann wahr oder falsch sein, wahr ist es bei Isomorphie (in einem eingeschränkten Sinne noch im Homomorphismus) von Realobjekt und Gedankenobjekt. Realobjekt ist eine Objektmenge in einem Objektraum, die durch eine Strukturmenge geordnet ist, und vice versa das Gedankenobjekt, hier wäre besser von Systemen statt Objekten zu reden.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang (gerne komm ich zum DU):

Da schreibst Du mir:

„Im Endlichen gibt es sogar irreduzible theoretische Strukturen, die werden als kategoriale Systeme bezeichnet. Man könnte die Menge aller Isomorphismen einer Struktur betrachten, dann wäre man in einem kategorialen System. Nur wenn wir den Atomismus annehmen, sind wir berechtigt, Strukturen allgemein für reduzibel zu halten. Aber wie gesagt, macht das weder empirisch noch begriffsrealistisch einen Sinn. Ausgesprochen sinnvoll dagegen ist der rein theoretische Strukturaufbau wie die Strukturanalyse.“

Ehrlich gesagt – das versteh nicht. Was ist eine „theoretische“ Struktur ? Besteht die Welt aus „theoretischen“ Strukturen ? Wir setzen Atomismus nicht voraus um Strukturen für reduzibel zu halten, sondern wenn sie reduzibel sind, führen sie notwendigerweise zum Atomismus.

Was soll bei dieser Aussage keinen Sinn machen ? „Empirisch“ ? „begriffsrealistisch“?

Was sind kategoriale Systeme, die nicht reduzierbar sind ? Wirklichkeit und Möglichkeiten schließen sich aus, sind theoretische kategoriale Systeme, die vollständig reduzierbar sind, die Wirklichkeit auf einzelne Wirklichkeiten und Möglichkeiten auf einzelne Möglichkeiten, am Ende hast du eine Möglichkeit, die zur Wirklichkeit wird, zwei sich ausschließende „orthogonale“ Systeme, die sich – wenn die Reduktion an ihr Ende kommt – zu einem Dritten, nämlich zu einem realistischen Ereignis, vereinen, empirisch und begriffsrealistisch sinnlos?

Sorry aber in dieser Unterhaltung hier schient stringente Argumentation überflüssig zu sein, und logisch zu argumentieren ist auch sinnlos – wie Heinz behauptet, man muss nur die verwendeten Begriffe passend zur eigenen Argumentation umdefinieren.

Ich meinte ich hatte eine klare Frage gestellt, nämlich was unlogisch ist, wenn man sagt, Struktur ist vom Begriff her eine Bezeichnung für Vielheit. Was diese Frage sinnlos macht, kann ich trotz Bemühungen nicht erkennen.

Grüße Bernd

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Vielleicht kann ich einen Beitrag zur Aufklärung leisten?

Wenn die menschliche! Sprache in ihrer Grammatik einem Grundgerüst dessen folgt, was ihrem Sprecher, Mensch als Vater und Mutter, innewohnt, so bleibt der Ertrag immer der gleiche, nämlich ihr Kind und seine! Sprache. Auch wenn dieses Kind aus zwei sich kaum kennenden Personen (substanzielle Voraussetzung für deren individuelle Entwicklung) noch nicht geboren ist, so ist es der Menschheit in seiner Sprache bereits eingeboren.

Um diese beiden voneinander unabhängigen Personen zusammenzuführen, damit ihr Kind aus seiner Sprache erzeugen kann was diese zwei Personen bereits mit sich bringen, spielt es keine Rolle, dass die Menschheit verschiedene Sprachen spricht, denn Sprache resultiert aus ein und demselben Gedächtnis. Sein Inhalt und ihr Ursprung sind als Quelle für die Menschheit unwiederbringlich. Herangewachsen an einem gemeinsamen Nenner (Identität als Sprachvolumen) übersetzt das Menschenkind sein eigenes Gedächtnis für die Menschheit so, dass jede Person, die den Zugang dazu findet, damit arbeiten und daraus lernen kann.

So begreift sich das Gedächtnis als Ergebnis aus dem Herz, dessen Identität dadurch offenbar wird und sich in ihrer Einzigartigkeit zurückholt, was diesem Kind genommen war. Das Leben ist wie ein Fluß, der sich seinen Weg durch die Natur bahnt und auf seinem Weg alles formt, was ihm als ihr Lebenselexier dient.

Da das Leben selbst in seiner Vielfalt die unterschiedlichsten Geräusche macht, bleibt seine Interpretation der Seele vorbehalten, die wie ein offenes Buch, beschrieben sein will. So bleibt ihr einzig die Sprache übrig, die in ihrem seelischen Ursprung zu dem Bewusstsein führt, dessen Leben fortgesetzt werden will. Was diesem Bewusstsein bereits innewohnt ist das Herz seines Kindes, durch das es fruchtbar gemacht wurde, sodass sein Ursprung ist dem Samen liegt, den die Quelle allen Lebens hervorbrachte. Noch heute versammeln wir Menschen uns um diese Quelle, haben Feste begründet und nutzen ihren Inhalt, um uns alle zu versammeln. Ohne Angst voreinander leben wir zusammen und teilen, was wir besitzen, da Besitz nicht in uns wohnt, sondern von dem ausgeht, der uns aneinander wachsen lässt.

Natur ist eine wunderbare Sache und kein Mensch kann sich ihr entziehen, da sie einfach ignoriert, was bei seiner Geburt verloren geht, da es in ihr bereits wohnt. Das Leben, das für den Menschen vorausgesetzt wird, kann sie in ihm immer wieder einlösen, sodass ihr (Erde) und sein (Mensch) Überleben gesichert ist.

In diesen Vorraussetzungen für die Menschheit ist bereits alles an Intelligenz enthalten, was den Kreislauf ergibt, der aus der Genesis in seinem geistigen Ursprung bereits die Identität erreicht hatte, die immer nur das als Person einbringt, was der Mensch bereitstellen kann. Letztendllich ergibt er sich selbst als Vermittler dessen, was uns heute noch unglaublich erscheint und morgen bereits Vergangenheit ist.

Das Werkzeug der Gegenwart gibt es bereits, nun gilt es all die Personen daran auszubilden, die es unter ihrer gemeinsamen Identität als Mensch auch im Sinn der ganzen Menschheit anwenden können. Ich stecke mitten in der Ausbildung meiner Identität, die ich erlebe, als etwas, das mich willkommen hieß, sodass aneinander wachsen kann, was wortwörtlich der Natur entspricht.

Herzliche Grüße
Roswitha

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Strukturen sind Vielheiten. Als sinnlos bezeichne ich die Behauptung, daß Strukturen immer zurückführbar sind bis auf den Atomismus.
„wenn sie reduzibel sind, führen sie notwendigerweise zum Atomismus“ – genau, noch genauer: „genau, wenn sie reduzibel sind, führen sie zu einfachen (atomaren) Objekten“, dh, wenn sie nicht reduzibel sind, führen sie zu komplexen Objekten.
Daß Strukturen immer reduzibel sind, macht weder empirisch noch formallogisch Sinn, in ersterem Fall würde das bedeuten, daß es ontogisch keine Strukturen „gibt“, nur Dinge mit Eigenschaften, das ist der klassische Empirismus, der mir überholt bzw nicht mehr zeitgemäß vorkommt. Logisch definiert eine Axiomatik eine irreduzible Struktur. Diese Struktur kann differenzierbar in Unterstrukturen sein, aber die (Ober-)Struktur ist nicht auf die Unterstruktur reduzibel.

Ein „kategoriales System“ ist ein theoretisches Modell, das eine Strukturengesamtheit vollständig beschreibt, nach Kant eine apriorische Denkform. Die Mathematik hat dazu die Kategorienlehre entwickelt. Wirklichkeit und Möglichkeit schließen sich nicht aus, sondern im Gegenteil ist die Wirklichkeit eine, nämlich die realisierte Möglichkeit, das sagst Du doch selbst. Orthogonalität bedeutet eher Komplementarität, eine binäre Komplementarität, verallgemeinert: eine n-faktorielle Unabhängigkeit. Orthogonale Dimensionen haben keine Schnittmenge (oder nur in einem Punkt).

Ich verstehe nicht, was Deine Gegenposition ist. Für mich ist der reduktive Materialismus die Konzeption, daß Dinge real/materiell sind und die Realität durch ihre Wechselwirkungen konstituieren. Stattdessen sehe ich Wirklichkeit als eine strukturierte Ganzheit, in der es relative Unabhängigkeit gibt, aber im Wesentlichen sich Teile und Ganzes nicht isolieren lassen. Also etwa der Raum ist nicht unabhängig von der Verteilung der Dinge im Raum, und die Dinge können sich nicht unabhängig von diesem Raum bewegen. Daher ist unsere Welt der Dinge eingebettet in einen gekrümmten Raum. Ich verfehle die Wirklichkeit, wenn ich die (Energie-/Masse-)Objekte in ihr als unabhängige Objekte betrachte, und den Raum als euklidisch (selbstverständlich nur ein bißchen).

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang,

in dem geschlossenen Weltbild, das Du hier vorträgst, sind eine Reihe von Ungereimtheiten und Du hebst einiges hervor , das Du als fundamental bezeichnest, was aus meiner Sicht nur Aspekte sind.

Beispiel: „genau, wenn sie reduzibel sind, führen sie zu einfachen (atomaren) Objekten“, dh, wenn sie nicht reduzibel sind, führen sie zu komplexen Objekten.

Was sind denn „atomare“ Objekte“. Was ist denn „Atomismus“ ? Das wäre zu definieren. Es gibt nämlich „Atome“ die wieder kategorial unterschiedlich sind. Zum Beispiel bezeichnet der Begriff „Struktur“ üblicherweise zwei Einzelheiten, zwischen denen eine Beziehung herrscht, welche nun die Identitäten unterschiedlich macht oder nicht. Sie besteht demnach aus zwei Einzelheiten als kategoriale Menge und einer Beziehung als kategoriale (einelementige) Menge, und die Tatsache, dass wir die beiden Einzelheiten unterscheiden können, liegt an der Art der Beziehung, die auch schon wieder zweifach unterschiedlich sein kann, nämlich unterscheidend oder nicht-unterscheidend. Ohne diese fundamentale Existenz der kategorialen „Beziehung“ als reduziertes kategoriales Element einer Struktur könntest von Unterschied gar nicht sprechen, und wärst interlektuell noch unter dem Stand eines Einzellers. Aber auf den Begriff „Beziehung“ als kategorialen Anteil einer Struktur willst Du ja nichts wissen. Von einer Reduktion, die ich als fundamental betrachte, soll man nicht sinnvoll sprechen können – weder formallogisch noch empirisch? Ohne Reduktion des Begriffs Struktur hättest Du nicht mal eine Ahnung davon, was Eins ist, was noch ein Eins ist, was eine keins (Null und Nichts) ist und was Zwei überhaupt ist.

Ganz im Gegenteil: Wirklichkeit und Möglichkeit schließen sich vollständig aus aus, denn die Wirklichkeit ist nur e i n e realisierte von vielen realisier b a r e n Möglichkeiten, also e i n e aus einer ganzen Menge, die sich nicht realisiert haben. Ich sprach ja von Möglichkeiten und nicht von einer Möglichkeit.

Und natürlich hängt in der physikalischen Welt alles mit allem zusammen, und Du wirst mir zustimmen, dass man Dinge auch isoliert betrachten kann, wenn man mit dieser Welt umgehen will. Es geht hier aber nicht um instrumentalistische Vorteile, sondern um die Frage, was hält die erkennbare Welt zusammen. Und da habe ich mit einem epistemischen Strukturenrealismus ein Problem, bei dem behauptet wird, Strukturen seien nicht reduzierbar. Das bedeutet ja am Ende dass epistemische Strukturalität axiomatisch gesetzt ist, und als unhinterfragbar erklärt wird. Soll das Deiner Weisheit letzter Schluss sein ?

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Eine einelementige Menge M₁ ist definiert durch x,yϵM₁→x=y.
Für ein komplexes „Atom“, hier ist nicht das physikalische Atom gemeint, sondern das begrifflich nicht weiter zerlegbare Begriffsatom, gilt, daß es die elementare Objektmenge A aller Dinge eines Systems S definiert, die in einer Totalität einer Eigenschaftsmenge ∑, angedeutet durch das stilisierte E, als elementare Träger von Eϵ∑ vorkommen. A definiert also die Menge der unzerlegbaren Eigenschaftsträger in S, während es noch beliebig viele Trägermengen von unterschiedlich zusammengesetzten Eigenschaften geben kann. A ist die Menge der elementaren Objekte von S.
Solche (im System) elementaren Objekte können selbstverständlich eine Innenstruktur aufweisen, ist diese Innenstruktur systemrelevant, dann muß man eine fundamentalere Elementarobjektebene ansetzen, A wäre nicht fundamental. Sind die Innenstrukturen eines Elements AᵢϵA mit elementareren Elementen aᵢϵAᵢ nicht systemrelevant, spielen sie in der Theorie keine Rolle, die Elemente von A können als black box betrachtet werden, sie sind Elementarobjekte in S, aber sie sind nicht einfach, sondern komplex.
Diese aᵢ aus einem bestimmten Elementarobjekt A*ϵA haben vermöge des Strukturzusammenhangs von S Eigenschaften, die sie als isolierte Objekte aᵢ außerhalb von S nicht haben. Die Eigenschaften in S emergieren aus der Integration der aᵢ zur komplexen Gesamtheit A*, die mit den anderen Aᵢ zu dem System integriert ist. Das System ist wiederum möglicherweise ein Elementarobjekt einer höheren Theorie.
Ich kann nur hoffen, den Relativbegriff „Objekt“ damit klarer gemacht zu haben, und, warum theoretische Objekte und Systeme als Ganzheiten irreduzibel sind.

Deine Argumentation kann ich nicht nachvollziehen. Ja, eine Struktur ist oft eine Beziehung zwischen mehreren Objekten. Der Begriff ist aber zB auch auf Felder anwendbar, auf Dynamiken, usw. Dabei kann eine Struktur auf Objekteigenschaften rückführbar sein, es ist jedoch auch umgekehrt möglich, daß eine Struktur den Möglichkeits-/Realisierungsraum von Objekten bestimmt. Da darf man nicht nur linear in eine Richtung denken.

„Und da habe ich mit einem epistemischen Strukturenrealismus ein Problem, bei dem behauptet wird, Strukturen seien nicht reduzierbar. Das bedeutet ja am Ende dass epistemische Strukturalität axiomatisch gesetzt ist, und als unhinterfragbar erklärt wird.“
Nein. Eine Definition ist unhinterfragbar, vorausgesetzt, sie ist konsistent, sonst ist sie Unsinn. Im Axiomatismus wird Strukturalität gesetzt, genauer formuliert: eine logisch-mathematische Struktur wird durch Axiome implizit definiert, dh benannt. Das sagt nichts darüber aus, ob mit ihr Realität, also Realstrukturen angemessen logisch-mathematisch identifiziert bzw modellhaft erfaßt werden. Aber wir können nur hoffen, mit solchen formalen, völlig abstrakten Gebilden die Realität einigermaßen zu treffen, in seltenen Fällen erfassen wir so Aspekte der Realität vollständig, dann ist unser axiomatisches Modell abbildungstreu.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Hi Wolfgang, vielen Dank für Deine Mühe, für die ich mir in einer Antwort auch Mühe gebe.

Du schreibst: „Ich kann nur hoffen, den Relativbegriff „Objekt“ damit klarer gemacht zu haben, und, warum theoretische Objekte und Systeme als Ganzheiten irreduzibel sind.“

Das hast Du leider ganz und gar nicht. Denn Du irrst mit Deiner „Theorie der Atomisierung“ auf fatale Weise.

Über ein „Atom“, auch als Begriffsatom oder sonstwie geannnte elementare oder fundamentale Einzelheit kannst Du keine elementare Objektmenge A aller Dinge eines Systems S definieren (erst recht nicht über den Eigenschaftsbegriff, aber über den will ich nicht hier nicht auslassen). Deine Vorstellung ist wirklich ein naiver Realismus, der außer Acht lässt, wo denn die Vorstellung und der Begriff eines „Atoms“, oder eines elementaren „Einzeldings“ ohne Eigenschaften herkommt.

Um überhaupt von einem „Atom“ zu sprechen braucht zu den Begriff Ganzheit und ein Einzelding ist dann das Gegenstück einer Ganzheit. Gegenstück heißt: Es ist durch seine Beziehung zur Ganzheit definiert, nämlich durch sein „Gegensätzlich-Sein“.

Den Atomismus, den Du halbmathematisch oder logisch herleitest, ist eine Vorstellung von Fundamentalität, die dem Strukturenrealismus genau entgegensteht. Denn dieser Atomismus selbst ist gar nichts, wenn sich die Atome nicht unterscheiden, also alle an der gleichen Stelle zur gleichen Zeit im Ortsraum sich durchdringend als Dinge an sich übereinanderliegen. Es muss neben diesen Atomen auch Beziehungen geben. Denn erst die Beziehungen verleihen den Atomen überhaupt erst Eigenschaften, die sie epistemisch zugänglich und systemfähig machen.

Was ich hier darlege ist keine Physik (obwohl es in der Physik Gegenstände gibt, die keine Beziehungen untereinander eingehen, die Bosonen, und die daher auch nur deshalb ins Licht einer Existenz geraten sind, weil sie mit Fermionen wechselwirken, also mit andersartigen Teilchen Beziehungen eingehen), sondern es sind logische Überlegungen zu der Frage, was versetzt uns in die Lage, etwas Objektives ausserhalb von uns wahrzunehmen (egal mit welcher Sensorik) und neuronal zu verarbeiten. Das ist die Fähigkeit Unterschiede zu erkennen – mit Kant würde ich sagen: Grundformen der Anschauung. Und Unterschiede konstituieren Beziehungen, sie konstituieren keine Atome. Beziehungen sind damit genauso fundamental wie Atome.

Die halbmathematische Herleitung der Nicht-Reduzierbarkeit von Systemen scheitert also an den Voraussetzungen, die Du stillschweigend machst, nämlich dass es einfach so einen sinnhaften Begriff eines Einzeldings gäbe. Den gibt es nicht. Alles was existiert ist maximal rückführbar auf zwei Dinge: „Atome“ und Beziehungen. Nur um einen Begriff von einem Atom zu haben brauchst Du schon ein Beziehung, die gesetzt zu seinem Ganzen. Um von etwas im Unterschied zum Nichts zu sprechen brauchst Du eine Beziehung. Ohne Beziehung geht gar nichts, da hat der Strukturenrealismus recht, aber einen Unterschied oder eine Einzelheit, die immer nur als Gegenteil eines Ganzen vorkommt, bildet zusammen mit dem Ganzen eben auch eine letzte Einheit (in der Zweiheit), und da bist Du wieder beim inneren Widerspruch, den der Strukturenrealismus in sich hat.

Ich bin eben der Meinung, dass man die Realität (gemeint ist: wir in einer Realität oder im Austausch einer solchen) nicht mit den Begriffen Atom und Beziehung erfassen kann, sondern man braucht etwas zusätzliches, eine Ganzheit, auf die wir uns beziehen können, und das Einzige was da in Frage kommt, ist die Menge aller Möglichkeiten, weil diese eine nicht-raumzeitliche Ganzheit ist und auch Raum- und Zeitbegriff anschaulich macht. Ich gehe also metaphysisch weiter als Du und höre nicht bei der simplen Mechanik der Atome auf.

Grüße Bernd

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
1 Monat zuvor

Nach meinem laienhaften Verständnis wäre das Atom die kleinste Einheit, aus dem größten, gemeinsamen Vielfachen, dem repräsentive Wirkung durch seine Benennung zukommt. Dieser Auffassung folgt, ich will es eine Abrüstung nennen, die sich aus der Sprachfähigkeit ergibt, der einziges Ziel sich durch das (Regierungs)System erschließt, das an seinem gemeinsamen Nenner (geistig) wachsen kann.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Da ist erstmal ein großes Mißverständnis.
„Über ein „Atom“ …. kannst Du keine elementare Objektmenge A aller Dinge eines Systems S definieren“ – das tue ich auch nicht, woraus schließt Du das (hier erwarte ich keine Antwort, sie wäre falsch)? Mathematisch wird eine Objektmenge O durch eine strukturale Eigenschaft E, also einen syntaktisch korrekt gebildeten strukturalen Ausdruck definiert. O := {x|E(x)}, ohne eine Struktur E gibt es keine Objektmenge O, gibt es überhaupt keine plurale Menge, denn Mengenobjekte müssen sich unterscheiden (ich sagte ja schon: x,yϵM₁→x=y). Selbstverständlich schließt das nicht singuläre Objekte aus. Eine Struktur E* definiert ein singuläres Objekt, wenn E*(x)˄E*(y)→x=y. Ohne Struktur kann ich überhaupt kein Objekt definieren: {x|ɅE(¬E(x)} = Ø, die leere Menge. Indem ich strukturale Ausdrücke E bilde, definiere ich entweder ein sie erfüllendes System, oder eine sie erfüllende Pluralität von Systemen, oder die Ausdrucksmenge ist inkonsistent, also unmöglich, dann gibt es kein System, das sie erfüllen kann.

Wenn ich sage, wir betrachten die Welt unter der Form des Objekts, eine Formulierung, die nicht von mir stammt, die ich übernommen habe, dann ist damit genau das, was Du für den Strukturenrealismus voraussetzt, gemeint. Es ist die Grundvorstellung, die Welt als Totalität von Objekten und ihren Beziehungen zu erkennen. Wobei man unterscheiden kann, ob man nur von realen Objekten, nur von realen Beziehungen (Strukturen), oder von einer Zweiförmigkeit von realen Objekten und realen Beziehungen ausgeht. So unterscheiden sich ein strenger Materialismus, der alles auf eine materiale Objektwelt zurückführt, ein strenger Idealismus, für den nur Strukturen, das Geistige, real sind/ist, und ein verbindender Strukturalismus. Als Strukturenrealismus bezeichne ich eine Auffassung, derzufolge auch Strukturen real, Objekte und Strukturen gleichursprünglich sind, im Gegensatz zum naiven Materialismus.

Es ist also richtig, daß man neben Objekten und Strukturen ein Drittes braucht, die Totalität, das Ganze aus Objekten und Strukturen, das System. Ich verstehe aber nicht, warum Du das mit der kategorialen Differenz von Wirklichkeit und Möglichkeit vermengst. Faktizität (alles, was der Fall ist), ist die vollkommene Bestimmtheit von allem, was möglich ist. Wirklichkeit ist die Festgelegtheit auf eine alle anderen ausschließende Möglichkeit. Wirklich kann nur sein, was möglich ist. Unter Voraussetzung des vollständigen Determinismus gibt es nur eine realisierbare Möglichkeit, also überhaupt keinen sich von der Wirklichkeit unterscheidenden Möglichkeitsraum. Erkenntnistheoretisch ist ein solcher absoluter Determinismus absurd, denn dann wären wir nicht frei zu denken, das Denken wäre auch vollkommen determiniert, es wäre kein falsches Denken möglich, und damit überhaupt kein Denken. Aber auch unsere Erfahrung liefert uns massenweise Belege, daß der absolute Determinismus falsch ist, schon die Physik ersetzt ihn durch Wahrscheinlichkeit.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor

Na ja, also klar ist mir das nicht, was Du schreibst, nun sind Beziehungen plötzlich doch da, und dann definieren wider Strukturen die Objekte, wo es doch die Beziehungen sind, die Objekte definieren.

Ausgangspunkt war ja meine Behauptung, dass Strukturen reduzibel sich, nämlich auf Einzelheiten und Beziehungen, und dass man das Grundelement einer Struktur, zwei Einzelheiten und ihre Beziehung, als Einheit ansehen kann (und eigentlich muss, weil sie als getrennte Entitäten beide epistemisch nicht zugänglich sind), und dass der Strukturenrealismus dann wieder in Einzelheiten,“zerfällt“ – er lässt sich auf das reduzieren, von dem er sich eigentlich abgrenzen will. Ich gebe das ja nur zu bedenken, und höre dann, dass „keiner auf der Welt stringent erklären kann, was eine Struktur ist.“ Ich gehe aber davon aus, dass unsere Vorstellung nicht sehr weit auseinanderliegen.

Natürlich umfasst die Vorstellung über Einheiten, Beziehungen und Strukturen auch das Nicht-Materielle. Aber leider hat der Strukturenrealismus kein Konzept für die Einbindung von Kausalität und Zeit, er stellt nur fest, das etwas so ist, aber warum das was ist, nicht in Ruhe ist, und w a r u m etwas, das in Ruhe ist, aus diese Ruhe heraus gebracht werden kann, das kann er uns nicht sagen. Er hat auch kein Konzept für „Entstehung“ von Etwas (hat die Physik auch nicht). Alles ist einfach da. Deshalb muss man den Strukturen des Strukturenrealismus (die sich auf Einzelnes und ihre Beziehungen reduzieren lassen) etwas hinzufügen.

Und das ist das, was die Strukturen erzeugen – im wortwörtlichen Sinne von „erzeugen“ ! – sie erzeugen nämlich Potentialität, sie sorgen dafür, dass auf Grund der existierenden Konfiguration der Teile mit Beziehungen in späteren Gegenwartsmomenten nicht Beliebiges möglich ist. Sie erzeugen Potentialität – ich meine „erzeugen“ wortwörtlich! Im Alltag gehen wir wie selbstverständlich mit dieser Potentialität um, und das ist der Grund, warum dies von den Philosophen üblicherweise nicht gesehen wird, und sofort Skepsis hervorruft. Nach meiner Ansicht gibt also innerhalb einer Struktur Einzelheiten und Beziehungen und zusätzlich noch etwas, nämlich eine aus der Konfiguration von Einzelheiten und Beziehungen hervorgebrachte Potentialität. Möglichkeiten sind der konkretisierende Begriff für diese Potentialität, eine formalisierende Artikulation dafür, dass – auf Grund der existierenden Konfiguration und der Existenz von Beziehungen, die Veränderungen hervorrufen – zu späteren Zeitpunkten beliebige veränderte Konfigurationen nicht möglich sind.
Also die Existenz einer dritten fundamentalen Kategorie neben Einzelheiten und Beziehungen auch eine Möglichkeitenmenge, die selbst wieder „strukturierend“ wirkt, aber über einen Zeitabstand.

Es würde mich interessieren, on Du dies nachvollziehen kannst. ich kann das gerne mit beliebig vielen Beispielen untermauern.

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ich denke auch, daß wir nicht weit auseinander sind. Allerdings, die Differenzen scheinen mir auch noch beträchtlich zu sein. „dass Strukturen reduzibel [sind], nämlich auf Einzelheiten und Beziehungen, und dass man das Grundelement einer Struktur, zwei Einzelheiten und ihre Beziehung, als Einheit ansehen kann (und eigentlich muss, weil sie als getrennte Entitäten beide epistemisch nicht zugänglich sind), und dass der Strukturenrealismus dann wieder in Einzelheiten,“zerfällt“ – er lässt sich auf das reduzieren, von dem er sich eigentlich abgrenzen will“, das ist für mich etwas schräg formuliert. Strukturen sind nur reduzibel auf Beziehungen und „Einzelheiten“, hier muß es Objekte, Trägerobjekte heißen, denn Einzelheiten sind Singularitäten, und das war sicher nicht gemeint, wenn die Objekte unabhängig vom wie die Beziehungen jenseits des Systemzusammenhang(s) existieren (können). Denn dann wird die Theorie überhaupt nicht gebraucht, alles, was sie aussagt, kann auch ohne sie in einer fundamentaleren Theorie ausgesagt werden. Solche Reduktion kann bis zu einer nicht mehr reduziblen Elementartheorie fortgeführt werden. Dann sind wir bei irreduziblen Elementarbegriffsobjekten angelangt, die wir mit elementaren realen Gegebenheiten identifizieren, die wir uU nicht als Objekte betrachten. Umgekehrt allerdings können unterschiedliche Bereiche oder Aspekte der Wirklichkeit sich durchaus mit der gleichen formalen Struktur erfassen lassen, auch wenn sie real nichts miteinander zu tun haben. Das ist der universale Charakter formaler Strukturen.

„Aber leider hat der Strukturenrealismus kein Konzept für die Einbindung von Kausalität und Zeit, er stellt nur fest, das etwas so ist, aber warum das was ist, nicht in Ruhe ist, und w a r u m etwas, das in Ruhe ist, aus diese Ruhe heraus gebracht werden kann, das kann er uns nicht sagen.“
Dazu zwei Antworten: 1. Der Strukturenrealismus kann nicht nur, er wird in den meisten Fällen von Kausalität und Zeit handeln, da die meisten physikalischen Strukturen, die meisten Funktionen Zeitabhängigkeit beschreiben. Daneben gibt es selbstverständlich zeitunabhängige Funktionen, die von algebraischen Strukturen abgedeckt werden. 2. So unbefriedigend das auch ist, die Welt ist kontingent, sie ist. wie sie ist. Wer nach Gründen sucht, hat sich noch nicht damit abgefunden, daß es keinen Gott gibt. Wir sind hochentwickelte Teile in einem hochentwickelten Ganzen, die in der Lage sind, in ihrer Teilordnung sich ein mow gutes Bild vom Ganzen zu machen, und in engen Grenzen sogar selbst ein wenig Ordnung, Eigenordnung zu schaffen. Damit sind wir mehr als ausgelastet.

„das ist das, was die Strukturen erzeugen … sie erzeugen nämlich Potentialität, sie sorgen dafür, dass auf Grund der existierenden Konfiguration der Teile mit Beziehungen in späteren Gegenwartsmomenten nicht Beliebiges möglich ist.“
Das verstehe ich nicht, weder Potentialität, noch daß die Strukturen Potentialität erzeugen. Nehmen wir eine Kausalbeziehung, also bspw die beschleunigte Bewegung im freien Fall. Dann ist die Bewegungsgleichung eine quadratische Gleichung, die idealisiert im Mesoraum den Ort (x) für jedes Masseobjekt auf gleiche Weise in Abhängigkeit von der Zeit (t) bestimmt: x=f(t). Mit der Strukturformel für die gleichmäßig beschleunigte Bewegung kann ich aus den Anfangsbedingungen zum Zeitpunkt t₀ den Ort zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt t berechnen, t>t₀ oder t<t₀. Die Newtonsche Mechanik ist deterministisch. Und das sagst Du ja selbst: aufgrund der Struktur ist nicht beliebiges möglich, und ich verschärfe, es gibt nur eine Möglichkeit, und das heißt es gibt nur eine Notwendigkeit. Die Strukturformel liefert keine unterschiedlichen Möglichkeiten, sondern eine Notwendigkeit, wenn ich nach einem Zeitpunkt frage. Allgemeiner: diese Strukturformel schließt alle Möglichkeiten bis auf eine aus. Aber richtiger formuliert muß es heißen, die Strukturformel beschreibt einen realen deterministischen Sachverhalt. An dem werde ich nichts ändern, wenn ich die Strukturformel durch eine andere ersetze. Dann beschreibe ich den Sachverhalt falsch. Die korrekte Strukturformel beschreibt einen Zusammenhang von Masseobjekten (unter idealisierten Bedingungen), und man kann sagen, sie definiert Masseobjekte, nämlich die Menge aller Objekte, die sich gemäß der Strukturformel verhalten.
Ich glaube nicht, daß Du dem widersprechen willst, ich kann aber Deine Aussagen da nicht einordnen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Bernd, 

ich glaube nicht, daß Dir irgendwer auf der Welt „stringent“ erklären kann, was generell eine Struktur ist. ‚Struktur‘ ist bloß eine logische Menge, wie etwa ‚Sport‘ oder ‚Wurst‘, sie ist nichts an-sich! In Bezug auf den Kölner Dom nennt man diese ‚Struktur‘ Statik, in Bezug auf Gehölze, Busch oder Baum, in Bezug auf das französische Staatswesen Zentralismus, und in Bezug auf das Internet Vermaschung oder Vernetzung. 

Bezüglich der empirisch gesicherten ‚Welt‘ bleibt also nur die Null-Aussage, daß ‚Struktur‘ eine charakteristische Eigenschaft von ‚Dingen‘ ist. Bezüglich des Strukturenrealismus gilt (aus meiner Sicht): ignoramus – ignorabimus.

Heinz

P.S. Renaissance- und Barockmaler haben immer wieder versucht den göttlichen Himmel darzustellen. Gibt es da eine Seelenverwandtschaft zum Strukturenrealismus?

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

da irrst Du gewaltig. Frag mal ChatCPT, er wird Dir sagen, wie man eine Struktur definieren kann. Formal definiert man sie als Menge von Beziehungen zwischen zwei Relata, und das ist auch eine sinnvolle Definition. Offenbar sprechen wir von zwei verschiedenen Dingen, wenn wir von Struktur reden, und genau das ist das Problem, dass ich mit den Philosophen habe: statt die benutzten Begriffe zu definieren, oder die im Wissenschaftsbereich (der Metaphysik) üblichen Definitionen zu verwenden, wendet man eigene Definitionen an.Unter Strukturenrealismus versteht man üblicherweise einen Realismus, der nicht Einzelgegenständliches in den Mittelpunkt der Erkenntnis stellt, sondern Beziehungen von Einzelnem untereinander. Und das ist nichts an sich? Das ist schon deshalb was an sich, weil es sich vom Einzelgegenständlichen kategorial unterscheidet. Und genau das ist das Hauptsächliche an sich, das einer Struktur zukommt.

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hi Bernd,

ich versuche Begriffe so zu benutzen, wie sie mir die unverbildete natürliche Sprache – die ein ausgezeichnet arbeitender Filter gegen Modeerscheinungen ist – im Kontext anderer Begriffe und der Phänomene darbietet. Wenn mir dann ein Aristoteles über den Weg läuft und sagt, daß ich meine Begriffe erst mal (axiomatisch) definieren muss, entgegne ich, daß ich kein Interesse habe, weil ich nicht im Quantengefängnis landen möchte. 

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Heinz, in diesem Blog geht es um Strukturenrealismus, nicht um ein Quantengefängnis. Da muss es ein gemeinsames Verständnis darüber geben, was denn eine Struktur ist. Und die unverbildete natürliche Sprache sagt, Strukturen sind ein System von Verbindungen zwischen Dingen. Ganz natürlich, unmodisch und unaristotelisch. Und ein System kann man reduzieren auf seine Bestandteile, und dann kommen Dinge und ihre Verbindungen als Bestandteile heraus. Rein umgangsprachlich, ohne philosophische Schnörkelei. Oder ist das ganz anders?
Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hi Bernd,

ob nun ‚charakteristische Eigenschaft von Dingen‘ oder „System von Verbindungen zwischen Dingen“, beides sind Leerformeln, sie haben keine konkrete Entsprechung. Ein Lehrer von mir betrat morgens den Klassenraum mit: „Guten Morgen liebe Klasse 9a“. Die Klasse 9a ist aber nichts an-sich, sondern ein logisches Set, eine Verwaltungseinheit oder einfach Jargon. Wenn drei Schüler in der Klasse fehlen, ist es immer noch die Klasse 9a.

‚Struktur‘ ist ein Reflexionsbegriff, genauso wie ‚Möglichkeit‘ oder ‚Kausalität‘. Alle fügen der ‚Welt‘ nichts hinzu, außer unentscheidbare Diskussionen. Aristoteles ist am Problem der Bewegung (noch ein Reflexionsbegriff!) gescheitert, weil die Logik Argumente für das kausale Nacheinander der sukzessiven Positionen von Achilles und der Schildkröte in historischer Zeit benötigt. Newtons Erfolg bestand darin, die Logik (und damit die historische Zeit) durch infinitesimale und damit grundlose Nachbarschaft (ds/dt) zu ersetzen, wobei dt ein bloßer Index ist. Infinitesimalität ist logisch nicht darstellbar (siehe Arithmetisierung des Kontinuums).

Reflexionsbegriffe haben als Theorie über Theorien keinen Gegenstand. Man kann sie definieren, aber dann bedarf eines Konsenses, welche Definition denn die richtige sei. D.h., man kann sowas diskutieren, aber man muss nicht…

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Der folgende Kommentar ist mit einem Augenzwinckern geschrieben.

<ob nun ‚charakteristische Eigenschaft von Dingen‘ oder „System von Verbindungen zwischen Dingen“, beides sind Leerformeln, sie haben keine konkrete Entsprechung.>
Das würde ich so nicht sagen, denn ich empfehle, die Sprache logischer zu verwenden. Dann bedeutet ‚charakteristische Eigenschaft von Dingen‘, daß es extensionale Objekte, „Dinge“, unabhängig davon, wie ihr Sein ist, „gibt“, ebenso „gibt“ es extensional, dh im Umfang ihrer Bedeutung eindeutig bestimmte Eigenschaften, Begriffe, und man kann schließlich die Eigenschaftsbegriffe den Dingen eindeutig zuordnen. Das ,System von Verbindungen zwischen Dingenʻ dagegen setzt einen systemischen Zusammenhang von Dingen voraus, die Dinge sind Dinge im System, es ist fraglich, ob man von diesen Dingen auch außerhalb des Systems reden kann. Es ist möglich, daß es eine Klasse von isomorphen Systemen gibt, die dann durch ein einziges System repräsentiert werden kann, es gibt fraktal strukturierte Systeme, in denen jede zusammenhängende Untermenge mit der Menge identifizierbar ist (Selbstähnlichkeit). In der Regel wird es so sein wie in der Arithmetik. Die Menge der ganzen Zahlen Z mit der Relation bzw dem Operator + ist isomorph der Menge der geraden Zahlen G mit +, aber nicht isomorph der Menge der ungeraden Zahlen U mit +, obwohl Z die Vereinigungsmenge von G und U und die Mächtigkeit aller gleich ist, aber U hat kein Nullelement hinsichtlich +.
Den Sachverhalt des grüßenden Lehrers kann man exakt benennen, der Lehrer müßte nur sagen „Guten Morgen liebe Unterklasse 9a“. Das wäre natürlich albern, wenn überhaupt kein Schüler gekommen wäre, mindest einer ist notwendig, damit der Gruß vom Lehrer einen Adressaten hat. Damit stellt sich die umgangssprachliche Formulierung als schlampige Vereinfachung dar, die leicht zu korrigieren ist. Es ist ein Scheinproblem.

Das Gleiche gilt für das logische Paradox von Achilles und der Schildkröte. Es beruht auf einer falschen ontologischen Sicht oder einem falschen Verständnis der Formalisierung des Problems. Andrerseits zeigt sich in ihm auch die Genialität des universalistischen griechischen Denkens, denn es spricht tatsächlich eine fundamentale Problematik an, die entsprechend schwierig zu handhaben war, das Verhältnis von Diskretem und Kontinuum. Das hat sich bis heute fortgesetzt in der Frage nach dem Realitätsgehalt von diskreter oder Kontinuumsmathematik.
Das Achilles-Paradox ist jedenfalls leicht aufzulösen. Wenn Achilles rennt und rennt und rennt und die Schildkröte kriecht und kriecht und kriecht, dann sieht das aus, als passierte immer das gleiche. Aber durch 1/2+1/4+1/8+1/16+ … erreicht man nie die 1, also den Raum- bzw Zeitpunkt, an dem sich beide treffen und der eine die andere überholt. Ein Scheinproblem durch mangelndes Verständnis der Formalisierung.

Für logisch-mathematische Definitionen braucht man keinen Konsens, weil sie, konsistent durchgeführt, eindeutig, interpretationsunabhängig, eine Sachlage oder Struktur definieren. Wenn Otto nach seiner Geburt den Namen Otto bekommen hat, ist er und bleibt er, mathematisch gesehen, sein Leben lang Otto, auch wenn er sich zur Annahme eines anderen Geschlechts entschlossen hat und dies mit einem Namenswechsel sichtbar machen möchte. Ottilie oder Otto, da steckt ein Stück Konvention drin, aber logisch bleibt die Identität in einem relativen Formwandel erhalten.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
1 Monat zuvor

Hallo Wolfgang,

das Achillesparadox war schlecht gewählt, weil es zusätzlich zum Problem der Bewegung das Paradox zweier relativer Bewegungen enthält, wobei das letztere offensichtlich ein Scheinproblem ist. Ich ziehe mich damit auf das Paradox des fliegenden Pfeils (Zenon) zurück. Hier behaupte ich (wie oben), daß das Problem der Bewegung mit diskreter Logik (argumentative! Verbindung diskreter Orte mit diskreten Zeiten) zu unsinnigen Aussagen führt bzw. nicht lösbar ist.

ganz ohne Augenzwinkern,

Heinz

P.S. Zu Otto: im Folgejahr waren wir die 10a.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
29 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Stimmt, das Zenon-Paradoxon liegt etwas anders, ist aber ebenfalls leicht auflösbar. Wobei „leicht“ vielleicht unpassend formuliert ist, denn schon die Kantsche Einsicht in bzw Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit des Denkens, die Formulierung von transzendentalen Aprioris war ja ein offensichtlich anspruchsvoller Denkschritt. Und ich bewundere die alten Griechen für die Vorarbeit, die sie geliefert haben, insbesondere Zenon.

Diese Vorarbeit bestand in der Grundlegung eines Dualismus von Heraklid und Aristoteles, „alles fließt“ und der Unterscheidung von Wesen (stabiler Substanz) und (wechselnder) Erscheinung, ewiger Bewegung und materieller Stabilität mit dem tertium non datur, Werden oder Sein und Nichtsein. Heute, mit dem relativistischen Verständnis, kann man sich kaum noch klarmachen, was das alte Denken so in (paradoxale) Unruhe gestürzt hat.

Bewegung kann nur gedacht werden in einer zeitlichen Beziehung von Dingen aufeinander und mit der Auszeichnung einer Ruhelage. Das hat zur Newtonschen Mechanik und schließlich zur Relativitätstheorie geführt. Etwa gleichzeitig mit Newton hat sich das mathematische Verständnis von Bewegung entwickelt. Eine Bewegung (also eine Veränderung in der Zeit) kann kontinuierlich sein und in Sprüngen vonstatten gehen. Kontinuierlich heißt stetig (und stetig differenzierbar) und dabei hat Heraklid das Echo gefunden „natura non facit saltus“. Das Sein ist Sein in der Zeit, zeitloses Sein gibt es nicht, oder ist jedenfalls nicht beobachtbar. Ruhe ist fehlende Relativbewegung in der Zeit, Ruhe könnte auch eine oszillierende Minimalbewegung sein, bewegter Stillstand. Das Paradox löst sich auf, wenn man Ruhe als sistierte Bewegung versteht.

So schien in der Neuzeit das Paradox überwunden, allerdings hat es eine scheinbare Renaissance erlebt. Denn manchmal macht die Natur doch Sprünge, und bei der Untersuchung der Mikrowelt hat sich das Sprunghafte als fundamental erwiesen. Die grundlegende Mathematik kennt, schon unabhängig von den empirischen Erfahrungen, beides, sie hat neben der Kontinuumsmathematik eben auch die diskrete Mathematik entwickelt, die die quantentheoretischen Phänomene beschreibbar macht.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
29 Tage zuvor

Hallo Wolfgang,

Eine letzte Frage: wenn, wie wir uns einig sind, die QM (und GENAU die meine ich) ein formal-logisches System ist, warum

a) treten dann in ihr reihenweise Widersprüche und Paradoxien auf?
b) ist sie empirisch impotent?
c) würde ihr (nahender?) Zusammenbruch als physikalische Fundamentaltheorie die klassische Physik definitiv unbeschadet lassen?
d) sollten dann a) bis c) nicht charakteristisch für alle formal-logischen Systeme sein?

Grüße nach Kastalien,

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
29 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

„Struktur‘ ist ein Reflexionsbegriff, genauso wie ‚Möglichkeit‘ oder ‚Kausalität‘. Alle fügen der ‚Welt‘ nichts hinzu, außer unentscheidbare Diskussionen. „

Mit den Begriffen wollen wir der Welt nichts hinzufügen, sondern wir wollen sie damit beschreiben, in einem interkommunikativen Dialog, an dem Du Dich nicht beteiligen willst.

Hi Wolfgang:

ich kann mir zwei Gegenstände denken, deren Eigenschaften vollkommen gleich sind, sie unterscheiden sich nur dadurch, dass sie in einem Abstand auseinanderliegen. Und nun lege ich ein kleines Testobjekt dazu, auch in einem Abstand zu den beiden zuerst genannten Objekten. Und nun kann ich einen Unterschied zwischen den beiden zuerst genannten Objekten feststellen, nämlich: das rechts liegende Objekt wird vom Testobjekt abgestoßen, das linke dagegen nicht (ich merke das, weil ich zum Festhalten des rechten Gegenstands Kraft ausüben muss). Tatsächlich ist es unmöglich, das rechte Objekt beliebig nah an das Testobjekt heranzubringen, es wird so stark abgestoßen, dass es mit dem Testobjekt niemals in Berührung kommt. Das andere – vollkommen gleichartige Objekt dagegen wird nicht abgestoßen – ich kann es sogar an die gleiche Stelle, wie das Testobjekt bringen, das Objekt und das Testobjekt „durchringen“ sich dann am Ort des Testobjekts.

Nun frage ich Dich: Wie kann es sein, das zwei vollkommen gleichartige Gegenstände mit exakt den gleichen Eigenschaften so unterschiedlich auf ein drittes Objekt reagieren? Antwort, sie gehen, obwohl sie von ihren Eigenschaften vollkommen gleich sind, unterschiedliche Beziehungen mit dem Testobjekt ein. Was ich da beschreibe ist ein realistisches Scenario mit Spin 1/2-Teilchen. Spin 1/2 Teilchen sind real, sie bilden den elektrischen Strom und liefern Bilder im MRT beim Arzt um die Ecke. Und weil diese Spin-1/2-Teilchen so sind wie sie sind, ist reale Materie stabil und fällt nicht zusammen. das beschriebene Szenario ist eine reales.

Du kannst daran sehen, dass nicht die Eigenschaften einen Gegenstand charakterisieren, sondern auf dem Grunde allen Seins sind es die Beziehungen. Physikalische Gegenstände sind nicht „Träger“ von Eigenschaften, die der liebe Gott hat vom Himmel fallen lassen, oder die die Gegenstände von sich aus haben (die naive realistische Sichtweise). Objekte gehen unterschiedliche Beziehungen ein, und das macht sie unterschiedlich. Wir ordnen den Gegenständen allein aus sprachökonomischen Gründen Eigenschaften zu, weil das Sprechen von Beziehungen viel zu umständlich ist. Eigenschaften sind nicht fundamental, sondern eine sprachliche Formalisierung von Beziehungen: ein Gegenstand hat keine Masse, Ladung oder einen Spin, auch keine Größe, Farbe oder Dichte von sich aus, sondern weil er andere Gegenstände abstößt oder anzieht, ein magn. Moment hat, und er das Licht spezifisch streut. Wir ordnen den Gegenständen Eigenschaften zu, weil es zu umständlich ist, von spezifischen Lichtstreuverhalten zu sprechen. Gegenstände haben keine Eigenschaften von sich aus, aber von sich aus stehen sie in Beziehung zueinander. das ist die Grundlage ihrer Existenz. Ein Gegenstand, der nicht mit anderen Gegenständen in Beziehung steht, ist epistemisch nicht zugänglich und Du würdest seine „Eigenschaften“, wie immer er diese her hat, auch nie erkennen können. Erst durch WW tritt er ins Licht der Existenz und kann beschrieben werden, sehr effektiv mit einem aus seinem WW-Verhalten abgeleiteten Eigenschaftsbegriff.

Ist dies soweit klar? Simple Metaphysik. Hat mit Quantenphysik nichts zu tun.

Um überhaupt von Existenz zu sprechen, brauchst Du also zwei Gegenstände in einer Beziehung (rechter Gegenstand und Testobjekt im obigen Beispiel). Das ist das Mindeste, darunter geht garnichts, sinnvolles Sprechen nicht möglich. Aber wenn Du das vor Dir hast, dann ist da noch mehr in der äußeren Welt. Da sind nicht nur zwei Gegenstände und eine Beziehung zwischen Ihnen.
Da ist noch ein weitere Tatsache, nämlich eine Gesetzmäßigkeit. Woher die kommt, weiß der liebe Gott, aber sie ist da. Sie sorgt nämlich dafür das die abstoßende Kraft zunimmt, wenn Du das rechte Objekt auf das Testobjekt zubewegst. Die abstoßende Kraft ist also nicht beliebig. Sie sorgt insbesondere dafür, dass bei einer freien Bewegung des rechten Objektes nur bestimmte Bahnen möglich sind. Man sagt, um diesen Umstand effektiv zu beschreiben, das Objekt hat nur bestimmte Möglichkeiten einer Bewegung. Oder anders ausgedrückt, Wir können dem Objekt in der beschriebenen Konstellation abkürzend gesagt nicht nur Eigenschaften (einen Spin), sondern eben auch zusätzlich nur bestimmte „Bahnmöglichkeiten“ zuordnen.

Man kann das so sehen, das immer dann, wenn Objekte da sind, die in irgendeiner Beziehung stehen, dass man ihnen dann nicht nur Eigenschaften, sondern auch Möglichkeiten zuordnen kann u n d m u s s ! Ohne Möglichkeiten ist die Beschreibung unvollständig, wenn nicht sinnlos. Und Quantenobjekten können wir sogar in bestimmten Situationen gar keine Eigenschaften zuordnen, aber Möglichkeiten können wir Ihnen immer zuordnen (weil die Naturgesetze herrschen und die Konfiguration (Anordnung) der Objekte mit ihren Beziehungen immer eine Besondere ist). Du liegst also falsch, wenn Du sagst, in der Wirklichkeit gibt es keine Möglichkeiten. Kann ja sein, das ist ja auch die falsche Sprache. Es gibt ja auch keine Eigenschaften. Sondern wir beschreiben etwas mit Begriffen, und damit ordnen wir den Gegenständen Eigenschaften zu, und auch Möglichkeiten. Mit beiden Zuordnungen beschreiben wir sie effektiv.

Auch Strukturen kann man beschreiben. Wenn Beziehungen das Wesentliche zu den Unterschieden der Gegenstände beitragen, dann liegt der epistemische Strukturenrealist rein intuitiv nicht so falsch. Aber auf der Intuition kann ich keine Beschreibung aufbauen, die zum Konsens führt.
Ich muss erstmal alle eine Struktur konstituierenden Entitäten nennen. das geht nicht, wenn man per Ordre de Mufti Strukturen für nicht reduzierbar erklärt. Sondern wenn man alle die Struktur erzeugenden Komponenten beschreibt.

Das scheint mir ohne den Begriff des Gegenstandes, des Begriffs der Beziehung, und des Begriffs der Möglichkeiten als Darstellung einer Existenz in seiner Besonderheit (mit seinen Eigenschaften und in der Beschränkung seiner Möglichkeiten) nicht möglich (Existenz mit eingeschränktem Möglichkeitsraum).

Grüße Bernd

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
29 Tage zuvor

noch angehängt: ein Objekt mit beliebigen Möglichkeiten eines Verhaltens gibt es nicht. Seine Möglichkeiten sind immer begrenzt, und zwar auf Grund seiner Umgebung, auf Grund der physikalischen Tatsachen, in die er eingebettet ist. Diese Tatsachen „erzeugen“ gewissermassen erst den Möglichkeitsraum, den ich dem Gegenstand zuordnen kann. Und die Mathematik beschreibt diesen Möglichkeitsraum. Bei den Gegenständen der klassischen Physik besteht der Möglichkeitsraum immer aus einer einzigen Möglichkeit, deshalb kann man gleich davon sprechen, das ihr Ort und ihre Zustände wirklich sind. Einem Schalter kannst Du zwei Möglichkeiten für einen Zustand zuordnen, den EIN-Zustand und den AUS-Zustand. Und ein Lichtschalter ist immer in einem Zustand. Aber ein Quantenschalter kann in einem Zustand sein, wo er den Ein- oder AUS Zustand noch nicht eingenommen hat, aber zwei Möglichkeiten hat, in einen definierten Zustand überzugehen. Ohne den Begriff der Möglichkeit kannst Du diesen Sachverhalt überhaupt nicht sinnvoll beschreiben.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
29 Tage zuvor

Hallo Bernd,

der Worte sind Millionen gewechselt. Ich behaupte:

Das Absolut Unwidersprüchliche IST. Diese Aussage ist wertfrei, voraussetzungslos, intuitiv einsehbar und weder logisch noch empirisch widerlegbar. 

Heinz

Heinz Luediger
Heinz Luediger
29 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Für alle die mehr wissen wollen gilt der Spruch:
Logic gives you all the rope to hang yourself.

Philipp Klar
Philipp Klar
28 Tage zuvor

Hallo Bernd,

ich hatte mich aus dieser Diskussion ja schon lange verabschiedet, aber dieser Beitrag von dir verblüfft, ja er ist schon irgendwie amüsant.

Nur zwei Punkte:

  1. Du argumentierst hier über längere Strecken so als würdest du selbst eine Form des epistemischen SR vertreten. Bist du dir dessen bewusst?
  2. Du wechselst laufend (ohne es zu bemerken – so scheint es jedenfalls) zwischen dem epistemischen und ontischen SR hin und her. In deinem Text verschmelzen beide oft ineinander. Du müsstest für meinen Geschmack beide deutlich klarer in deiner Argumentation trennen. Das betrifft insbesondere deine Kritik an dem SR. Man fragt sich: was möchtest du eigentlich kritisieren – den epistemischen oder ontischen SR? Oder beide? Wie gesagt ist diese Kritik amüsant da du selbst lange im Sinne eines epistemsichen SR argumentierst.
Heinz Luediger
Heinz Luediger
28 Tage zuvor
Reply to  Philipp Klar

Hallo Philipp,

zunächst Dank für die Antwort, ich retourniere an dieser Stelle, weil ich im Zoomposion keinen Kommentar mehr absetzen kann…

Das Nervensystem des Menschen ist mE eine Absolut-nicht-falsche Theorie über das Phänomen Mensch und damit über die ‚Welt‘ – es ist selbst kein Phänomen. Seine Nicht-Falschheit zeigt sich darin, daß diese Theorie biologischen, chemischen und physikalischen Theorien nicht widerspricht, d.h. daß das Nervensystem biologisch-medizinisch, chemisch und physikalisch beobachtbar ist. Diese Theorie ist abgeschlossen.

Wenn es das ultimative Ziel der Neurowissenschaft ist, die Funktion des Nervensystems zu verstehen, unternimmt sie den Versuch eine Theorie über einen theoretischen Gegenstand (das Nervensystem) zu bilden. Eine solche Theorie würde implizit den Anspruch erheben, oberhalb von Biologie, Chemie und Physik zu rangieren. Folglich würde die Neurowissenschaft aus dem empirischen in den Reflexionsmodus übergehen und dabei jeden Bezug zur ‚Welt‘ verlieren. Die Erfahrung sagt uns, daß dieser Weg direkt ins ‚Quantengefängis‘ führt, d.h. in die theoretische Isolation.

Heinz

Philipp Klar
Philipp Klar
27 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

du sprichst über etwas das so gar nicht existiert. Ich erkläre was ich damit meine.

Du wolltest unbedingt eine extrem abstrakte Frage stellen. Darauf habe ich dir – du wolltest es ja so – eine extrem abstrakte Antwort gegeben.

Diese Antwort nutzt du nun im die Neurowissenschaft zu kritiseren. Sind das Sprachspiele? Was soll das?

„Die Neurowissenschaft“ gibt es nicht. Es handelt sich, so wie bei nahezu jeder Wissenschaft, um viele Domänen oder Einzelbereiche: Physiologie, Anatomie, Neuroimaging, etc. Die gestellten Fragen, Hypothesen, Methoden, etc. unterscheiden sich alle.

Und es funktioniert die Forschung in allen Bereichen fortschreiten zu lassen.

Eine „Theorie von allem“ oder eine „Theorie des Nervensystems überhaupt“ kann es gar nicht geben.

Philipp Klar
Philipp Klar
26 Tage zuvor
Reply to  Philipp Klar

PS:

„Das Nervensystem des Menschen ist mE eine Absolut-nicht-falsche Theorie über das Phänomen Mensch und damit über die ‚Welt‘ – es ist selbst kein Phänomen.“

Ich widerspreche. Die Aktivität des Nervensystems ist sehr wohl ein Phänomen – denn sie ist genau das was du erlebst (natürlich wirst du widersprechen).

Wir beschreiben und erklären sie neurowissenschaftlich nur aus einer anderen epistemischen Perspektive (d.h. mit einer anderen „Sprache“ als der Organismus sie selbst unmittelbar erlebt). Ansonsten wäre es ja auch tautologisch, nämlich wenn ich subjektives Erleben selbst mit phänomenologischen Begriffen erklären möchte. (Anmerkung: ich weiß, dass die Phänomenologe bzw. manche Phänomenologen, wie z.B. Dan Zahavi, der Meinung sind dass die Phänomenologie nicht nur beschreibt sondern auch erklärt, aber lassen wir das beiseite.)

Ich gehe jedenfalls nicht hin und verontologisiere naiv meine Phänomenologie („ich meine meinen Geist oder mein Bewusstsein zu erleben, also muss es diesen geben“).

Gruß,
Philipp

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
27 Tage zuvor
Reply to  Philipp Klar

Hi Philip,

was ist denn Deine Frage ? Was möchtest Du zum Thema beitragen?

Grüße Bernd

Philipp Klar
Philipp Klar
27 Tage zuvor

Ich wiederhole mich:

Ich wollte dich darauf hinweisen, dass du den epistemischen mit dem ontischen SR in deinen Kritiken häufig vermischst.

Das war früher schon der Fall und trat jetzt wieder auf. Deshalb ist für mich nicht immer klar, was du eigentlich genau kritisieren möchtest wenn du mal wieder den SR diskutierst. 😉

Philipp Klar
Philipp Klar
27 Tage zuvor
Reply to  Philipp Klar

Beispiel:

Du schreibst:
Auch Strukturen kann man beschreiben. Wenn Beziehungen das Wesentliche zu den Unterschieden der Gegenstände beitragen, dann liegt der epistemische Strukturenrealist rein intuitiv nicht so falsch. „

Eine Möglichkeit den epistemischen SR zu beschreiben, ist den wissenschaftlichen Realismus so neu zu interpretieren als dass wissenschaftliche Theorien nur oder primär etwas über die Relationen zwischen Dingen (=Struktur in der Summe) sagen. Die „Dinge selbst“ bleiben unbeobachtbar.

D.h. der epistemische SR will über die Einzeldinge nicht notwendig Aussagen treffen, denn dann würde er sich – je nach Sichtweise – selbst widerlegen.

Es gibt allerdings Vertreter des ESR die behaupten dass es Einzeldinge gibt – man könne sie nur nicht erkennen.
Gleichzeitig gibt es Vertreter des ESR die eine agnostische Position bezüglich der Realität oder Existenz von Einzeldingen einnehmen.

Vergleiche das mit deinem Zitat (und vielen weiteren Aussagen von dir) oben.
Will sagen: du vermischst nicht nur häufiger ESR und OSR, sondern du müsstest auch mal präzisieren welchen ESR du meinst.

Philipp Klar
Philipp Klar
27 Tage zuvor
Reply to  Philipp Klar

Ich mache es noch konkreter, damit du mich hoffenlich verstehst. 😉

Nenne doch einfach mal genau die Philosophen bzw. Autoren beim Namen dessen ESR du kritisierst. Also, welche meinst du genau? Auf welche Paper und/oder Bücher beziehst du dich?

Ansonsten wirken die teilweise sehr langen Abhandlungen teilweise wie Strohmanngargumentationen gegen einen imaginären SR.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
28 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Kastilien ist ein schönes Land, Tlön vielleicht ein noch schöneres. Ich lade Dich ein, uns im Elfenbeinturm der Wissenschaft zu besuchen. Aber Scherz beiseite:

Da muß ich mal nachfragen: welche Widersprüche treten in der formalisierten QT auf?
Wenn, dann gibt es zwei Möglichkeiten, erstens ist der quantentheoretische Formalismus inkonsistent, oder zweitens paßt er nicht zur Realität.
Was man nicht sagen kann: es gibt keinen Formalismus, der zur quantenphysikalischen Wirklichkeit paßt. Nur haben wir den passenden Formalismus eventuell noch nicht gefunden.
Also, wie gesagt: wo siehst Du Widerprüche?

Heinz Luediger
Heinz Luediger
28 Tage zuvor

Ja, Plön ist auch schön…;-)

Die QM steht im Widerspruch zur Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit (Verschränkung). Darüber hinaus ist ihr (historisierendes) Zeitverständnis weder mit der klassischen Physik noch mit der ART vereinbar.

Die Paradoxien ergeben sich aus dem Import klassischer Begriffe wie Welle und Teilchen, nicht aus dem Formalismus. Klassische Begriffe sind aber unabdingbar im instrumentell-experimentellen Umgang mit der QM. Es geht daher nicht um diesen oder jenen Formalismus, es geht um die empirische Irrelevanz axiomatischer Systeme. Sie schließen weder an die Sprache noch an die Phänomene und die mit ihnen verbundenen Theorien an und bilden so Wissensinseln.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
27 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Das ist kein Widerspruch an einem der Schnittstellen in meinem Schema „Wirklichkeit ↔ Erscheinung der Wirklichkeit ↔ empirisches Modell ↔ theoretisches Modell ↔ Mathematik ↔ Logik“. Aber Du hast natürlich recht, es ist ein Widerspruch zwischen unterschiedlichen vereinfachten Realitätsvorstellungen. Wenn man die in den Theorien formuliert sieht und meint, die jeweiligen Beschreibungen seien eine vollständige Erfassung der einen Realität, dann entwertet man die Theorien, dann ist mindestens eine, vermutlich aber jede Quatsch. Versteht man jedoch die theoretische Arbeit im Sinne des vorgenannten Schemas, fällt diese Kritik in sich zusammen. Der Inbegriff der Realität ist in der ersten Äquivalenz schon zersplittert in die Weisen der Erscheinung. Das Ideal ist und bleibt die Erfassung der einen Welt in einer konsistenten einheitlichen Theorie, der TOE. So lange wir die nicht haben, müssen wir uns noch mit unzusammenhängenden Partialtheorien abfinden, die sich sogar widersprechen können. Nur ein unauflösbarer Widerspruch an einer der jeweiligen Äquivalenzen müßte zur Revision oder Aufgabe der wissenschaftlichen Arbeit daran führen. Und selbst da ist man manchmal großzügig und nimmt einen nicht stark ins Gewicht fallenden Widerspruch hin.

Die Lichtgeschwindigkeit steht nicht im Widerspruch zur QT, sondern zum Lokalitätsprinzip. Das ist, auch wenn sich Einstein kaum damit abfinden wollte, nicht allgemeingültig.
„Klassische Begriffe sind aber unabdingbar im instrumentell-experimentellen Umgang mit der QM.“
Das ist nicht ganz richtig. Es wurde im Umgang mit der Quantenwelt natürlich immer klarer, daß sich das schon klassische Problem, daß wir empirische Messungen nur mit Objekten durchführen können, die selbst nach den Gesetzmäßigkeiten funktionieren, die wir erst finden müssen, noch einmal potenziert, weil wir Quantenobjekte mit Quantenobjekten untersuchen müssen, wir als Objekte der Mesowelt dadurch mit exorbitanten Kompatibilitätsproblemen konfrontiert sind. Unsere Mesowelt-Alltagssprache ist noch viel „empirisch irrelevanter“ als die Formalsprachen. Unsere Gefühlssprache: völlig empirisch irrelevant. Also, was schlägst Du vor? Wie, mit welcher Sprache meinst Du, über Empirie reden zu können? Ich sehe nur die Alternative, worüber man nicht sprechen kann, davon soll man schweigen. Aber, wie sagte schon Hegel: Die Furcht zu irren ist der Irrtum selbst.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
27 Tage zuvor

Hallo Wolfgang,

die Hinterhältigkeit der Logik besteht darin, daß sie zunächst positiv-affirmativ auftritt und von Fakten redet (Machtanspruch!), um sich dann im Kleingedruckten mit dem Vorbehalt, daß wir Teil dessen sind was wir erkennen und deshalb eigentlich nichts rechtes wissen können, in den Kuhnschen Schutzbunker der Beliebigkeit zurückzuziehen (was schert mich mein Gerede von gestern).

Um wieviel ehrlicher ist da eine ‚Logik‘, die im Sokratischen Sinn von vorn herein auf Absolute Negation (auf Nichtwissen, genauer: Nichtwissenkönnen) setzt. Ob Hegel sein Projekt einer voraussetzungslosen Logik gelöst hat, mögen Hegel-Forscher bestimmen, wünschenswert wäre es alle mal. 

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
26 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
„die Hinterhältigkeit der Logik besteht darin, daß sie zunächst positiv-affirmativ auftritt und von Fakten redet“
Dem möchte ich iA widersprechen. Das trifft sicher nicht auf Logiker zu, und noch sicherer nicht auf Axiomatiker, die explizit ihre strukturellen Überlegungen als Hypothesen verstehen. Ein Axiom behauptet keine Tatsache, sondern es formuliert eine Annahme, wenn es überhaupt realistisch interpretiert wird, also in der angewandten Mathematik. Der „Machtanspruch“ wird nur für die Richtigkeit des Denkens erhoben, nicht für die Richtigkeit des Denkinhalts. Und dieser Machtanspruch muß erhoben werden, denn er ist die Funktion der Logik, sekundäre Fehler, die auf das Denken selbst zurückzuführen sind, auszuschließen, das ist die Ethik des Logikers. Freilich war dieses altgriechische Konzept etwas naiv. Heute wissen wir, daß selbst dieses eingeschränkte Programm nur ungefähr zu verwirklichen ist. Das hat Logiker bescheiden(er) gemacht. Allerdings kann diese Relativierung des logizistischen Anspruchs erst auf dem hohen Niveau der formalisierten Logik festgestellt werden. Dh, wir müssen ja Logik lernen, und da müssen wir erst einmal von dem naiven Anspruch, keinen Fehler zu machen, ausgehen, es wäre absurd, die Logik unter der Voraussetzung ihrer Fehlbarkeit starten zu wollen. Ihr Urmotiv ist die grundsätzliche Fehlbarkeit des Menschen. Die Medizin bringt nicht die Krankheit hervor, sondern bekämpft sie. Ich sehe auch nicht, wo die Logik sich auf den „Schutzbunker der Beliebigkeit“ zurückziehen würde, im Gegenteil, sie beharrt darauf, daß, wenn A gilt, und A→B, dann auch B.

Übrigens, das „anythong goes“ ist nicht Kuhn, sondern Feyerabend. Und, auch wenn Plön eine nette Musikstadt in Norddeutschland ist, ich hatte Tlön angesprochen, die Welt des regierenden tertium datur, des „alles fließt“, des tlön uqbar orbis tertius, einer wirklich alternativen Sprache, keine Objektsprache, sondern eine reine Bewegungssprache.

Du hast natürlich recht, „ehrlicher“ ist die natürliche Alltagssprache, die unser Wissen und unsere Dummheit trägt. und daher uns umfassend charakterisiert. Aber wie stellst Du Dir vor, daraus zur Wissenschaft zu kommen.

Tja, mit Hegel rücken wir an die Frage heran, ob man nicht die Komplementärsprache von Tlön integrieren muß. Aber so weit möchte ich die Spekulation gar nicht treiben.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
26 Tage zuvor

Kastalien – Kastilien
Tlön – Plön

Heinz Luediger
Heinz Luediger
26 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Alles weitere in meiner Antwort zu Bernd.

Ich sprach nicht anything-goes an, sondern den Relativismus-Pragmatismus, der in Kuhns ‚Revolutionen‘ steckt, also den Euphemismus: wir irren uns empor.

Heinz

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
27 Tage zuvor

Wie wollen wir die Zeit ermessen, die noch vor uns liegt und wie können wir umsetzen, was das mit sich bringt?

Wodurch ändert sich die Qualität dessen, was in seinen Eigenschaften bereits wohl definiert ist und damit für den gesamten Zeitraum bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist?

Wer lässt sich auf die QT ein und was ist das Ergebnis aus dieser Einlassung?

Geht es Ihnen, Wolfgang und Heinz, um einen Nachweis für die erbrachte Leistung oder um das Ergebnis aus der erbrachten Leistung für die Menschheit?

Ich kann nicht beweisen, was ich in der Lage bin zu formulieren, doch ich muss damit leben können, was das Ergebnis daraus mit sich bringt. Das ist nicht immer in meinem Sinn und doch gilt es für mich, sodass ich Menschen aushalten muss, auch wenn das bedeutet, dass ich darunter leide. Ändern können das in Wirklichkeit einzig die, deren Autorität wirksam ist. Aus dieser Tatsache generiert sich meine ganz persönliche Realität durch eine Wirklichkeit, deren Autorität mich im Umgang mit ihr unterweisen kann, sodass sie nicht zum Nachteil wird.

Diese Erkenntnis konnte ich aus den vergangenen 25 Jahren gewinnen, in denen sich mein Leben anfühlte, als würde es nicht mir gehören, sondern hätte auf die gewartet, die mit ihm umgehen können.

Vielleicht helfen Ihnen beiden diese Worte in Ihrer Auseinandersetzung weiter, wenn nicht, dann vergessen sie diesen Kommentar einfach.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
27 Tage zuvor

Hi Wolfgang, hallo Heinz.

da kommt die Frage von Euch:
„Wie, mit welcher Sprache meinst Du, über Empirie reden zu können?“

Ich meine: 
Mit der Sprache, die n i c h t eine gegebene Beschaffenheit beschreibt (dann landest Du bei den Problemen, die Du formulierst), sondern
konstruierte Begriffen anwendet, die beschreiben, was unter verschiedenen Bedingungen auftreten kann (Möglichkeiten des Auftretens beschreiben).

Das gleiche macht die Mathematik: eine Bewegungsgleichung – auch die der Quantenphysik = Schrödingergleichung – beschreibt im allgemeinen Fall die Bewegungsmöglichkeiten eines Objekts.

Du behauptest: „Unsere Mesowelt-Alltagssprache ist noch viel „empirisch irrelevanter“ als die Formalsprachen. Unsere Gefühlssprache: völlig empirisch irrelevant. Also, was schlägst Du vor? Wie, mit welcher Sprache meinst Du, über Empirie reden zu können?“

Da möchte ich Dir heftig widersprechen: unsere Mesowelt-Alltagssprache ist der der Empirie vollkommen angepasst. was wir beobachten, können wir sehr verständlich beschreiben. Wir können nur die Beschaffenheit der subatomare Welt nicht beschreiben. Um zu einer zutreffenden Beschreibung zu kommen, haben wir nur das Experiment und die Mathematik. Andere Instrumente haben wir nicht (das Modell fällt aus). Und beide Instrumente machen nun mal keine verständlichen Aussagen. Aber auch das ist kein Problem, denn auch physikalische Theorien werden vor einem Denkhintergrund entwickelt. Und der Denkhintergrund, z.B. der wissenschaftliche Realismus, oder das Denken, dass wir nur Strukturen erkennen können – dieser Denkhintergrund kann in Frage gestellt werden, und muss in Frage gestellt werden.

In Deinem Denkhintergrund sind zum Beispiel Möglichkeiten keine physikalisch relevanten Entitäten. Ich behaupte, sie sind Produkte physikalischer Tatsachen. Unsere Alltagssprache ist fantastisch empirisch adäquat. Sie enthält jede Menge die Welt beschreibende Begriffe, die die Naturwissenschaft gar nicht in ihrem Begriffsinventar hat.

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
26 Tage zuvor

Hallo Bernd,

im ersten Teil paraphrasierst Du, was ich sage. Dem zweiten Teil muß ich aber heftig widersprechen.

Wir blicken aus einem schrägen Blickwinkel auf einen Stock, der zur Hälfte schräg im Wasser steht. Ist Empirie der geknickte, verkürzte Stock? Oder ist Empirie die Sachlage der Welt jenseits des Denkens? Ich meine, weder noch. Es ist die Sachlage der Welt, wie sie sich zeigt, das Erscheinen. Wissenschaftliche Empirie ist das Erscheinen, das von den perspektivischen Zutaten durch das beobachtende Subjekt gereinigt ist (Krümmung, Verkürzung). Nicht, daß das immer möglich ist, aber es ist ein Desiderat.

Wir können den geknickten, verkürzten Stab sehr gut alltagssprachlich beschreiben, aber wir verfehlen die Empirie. Mit unserer wissenschaftlichen Sprache rücken wir näher an die Empirie.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
26 Tage zuvor

Hallo Wolfgang,

Was Du da behauptest läuft darauf hinaus, dass die Wissenschaft eine Beschreibung der Welt liefern will, die von subjektiven Einflüssen gereinigt, also objektiviert ist.

Ist es dann nicht ein Widerspruch, wenn Du behauptest, dass wir eigens konstruierte Begriffe zur Beschreibung verwenden? Was wir selbst konstruieren, kann das von Subjektivem bereinigt werden?

Du vertrittst doch da einen Realismus, der davon ausgeht, dass die Welt auf bestimmte Weise beschaffen ist, und zwar unabhängig von unserem Erkenntnis- und Konstruktionsvermögen, und dass wir mit unseren Begriffen und mathematischen Beschreibungen und unseren wissenschaftlichen Methoden der Wahrheit dieser Beschaffenheit immer näher kommen wollen.

Was ist denn wenn diese Methode fehlschlägt?

das ist doch gerade passiert. Denn es ist genau dieser Realismus, der dazu führt, dass wir die philosophischen Probleme mit der Quantenphysik haben. Die Methoden des Desiderierens haben dazu geführt, dass wir die Welt im Kleinen nur noch widersprüchlich beschreiben können. Die Objektivierung ist total fehlgeschlagen, weil nach dieser Objektivierung wir nur noch Objekte beschreiben, die wir nicht verstehen. Und die Sprache der Mathematik verstehen wir auch nicht mehr.

Haben wir jetzt ganz am Anfang falsch konstruiert? Oder ist die Welt auf dem Grunde allen Seins nicht objektivierbar? Oder sollen wir die Methode wechseln, ja welche sollen wir jetzt anwenden?

Was meinst Du?

Grüße Bernd

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
24 Tage zuvor

„Was Du da behauptest läuft darauf hinaus, dass die Wissenschaft eine Beschreibung der Welt liefern will, die von subjektiven Einflüssen gereinigt, also objektiviert ist.“
Ja, soweit es sich um eine Naturwissenschaft handelt. Oder was ist Naturwissenschaft für Dich?

„Ist es dann nicht ein Widerspruch, wenn Du behauptest, dass wir eigens konstruierte Begriffe zur Beschreibung verwenden?“
Nein. Die Beschreibung erfolgt in einer Sprache. Die Sprache ist eine menschliche, rudimentär schon tierische Erfindung, eine beschreibungsfähige Sprache gibt es nicht ohne den kommunizierenden, sinngebenden Menschen. Vorsichtiger formuliert: uns sind keine Wesen im All, Aliens, bekannt, die über eine solche Sprache verfügen.
Es kann sein, daß wir die Welt nicht objektiv, wie sie unabhängig von uns ist, beschreiben können, tatsächlich ist die vollkommene Beschreibungsmöglichkeit nachweislich unmöglich, aber es ist unsere Intention, sie in ihrer Objektivität zu beschreiben, so gut es eben geht. Und die Tatsache, daß wir unsere Beschreibungen erfolgreich nutzen können, um uns in der Welt zu bewegen, sie zu unserem Nutzen zu manipulieren, ist ein starkes Indiz dafür, daß wir sie richtig beschrieben haben.

„Was ist denn wenn diese Methode fehlschlägt?“ – Immer mal wieder schlägt die Methode fehl, wir bewegen uns auf einem umwegreichen, von Sackgassen versperrten Weg zu wachsendem Wissen und Verständnis der Welt.

„das ist doch gerade passiert.“ – Im Gegenteil. Wir sind damit konfrontiert worden, daß die Konstrukte, die uns erlaubt haben, einen sehr großen Teil der Welt hinreichend angemessen zu beschreiben und die wir darum für universal gehalten haben, in uns ferner liegenden Bereichen nicht mehr funktionierten. Wir mußten unsere Perspektive erweitern und haben immer noch Schwierigkeiten, zu einer harmonisierten Vorstellung der gesamten Physik zu gelangen.
Richtig ist, je besser, genauer wir die ganze Welt verstehen (wollen), desto mehr zeigt sich, daß sie so komplex ist, daß immer weniger Menschen dazu in der Lage sind, sie in dieser Komplexität und Differenziertheit zu erkennen. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob sich die große Mühe lohnt für sehr bescheidene Wissenszuwächse. Vielleicht ist es an der Zeit, Erkenntnisfortschritte mehr in der vernünftigen Selbstreflexion des Menschen zu suchen. Wir haben verlernt, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden, wir ruinieren mit technologischem Herrschaftswissen die natürliche Umwelt, die unsere Lebensgrundlage ist, statt zivilisatorisch den antiquierten Barbar in uns zu zähmen. Aus dieser Sackgasse muß uns geisteswissenschaftliches oder philosophisches Denken herausgeleiten.

Zu Deiner Diskussion mit Heinz.
In der Synchronie meint „Möglichkeiten“ entweder, daß es Multiversen gibt, oder daß das eine existierende Universum kontingent ist, es also keine Notwendigkeit gibt, daß es so ist, wie es ist, es ist nicht denknotwendig. In der Diachronie meint „Möglichkeiten“, daß die Welt nicht vollkommen determiniert ist. Anything goes würde strenggenommen heißen, daß alles möglich ist. Die zwei Extreme, alles ist möglich oder alles ist notwendig, sind gleichermaßen absurd. Unsere Welt ist aus Zufall und Notwendigkeit konstituiert. Wir können dieses Wechselspiel immer besser begreifen.

@ Heinz
Wir müssen ein tripolares Schema ansetzen: das Notwendige, das Unmögliche, und das dazwischen, das Mögliche als weder Notwendiges noch Unmögliches. An dieser Stelle führt das tertium non datur in die Absurdität. Die Mathematik (und Logik) ist in dem Dazwischen angesiedelt, genauer: uninterpretiert denknotwendig, interpretiert kontingent. Man kann die vorliegende Welt W, den logisch-mathematischen Möglichkeitsraum M und den Unmöglichkeitsraum U mengentheoretisch vorstellen durch die Beziehungen:
MU = Ø, MW ˄ MW. In der Synchronizität gilt: Möglich ist das Vorliegende und nicht realisierte Mögliche, der Potentialraum P. PW = Ø, M = W U P. Diachron würde man dagegen den Potentialraum mit dem Möglichkeitsraum identifizieren. Möglichkeit wird zur Wirklichkeit, wenn der Zufall oder eine Gesetzmäßigkeit die Vielfalt der Potentialität auf eine Möglichkeit festlegt (vgl den quantentheoretischen Schnitt).

LG

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
27 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„Die QM (Quantenmechanik) steht im Widerspruch zur ….“ Dem setze ich entgegen, dass QM (Qualitätsmanagement), das vielleicht dabei hilft den Übergang von der einen zur anderen Abkürzung zu generieren, sodass die Vernetzung dessen klappt, was es zu vernetzen gilt.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
27 Tage zuvor

Hallo Heinz,

Du schreibst:
„Möglichkeiten sind unmöglich, weil sie ja sonst widerspruchsfrei und somit schon Realität wären.“

Wo nur eine Möglichkeit ist, ist diese Realität. Wo es mehrere gleichzeitig gibt, ist Unbestimmtheit. Das hat mit Logik gar nichts zu tun. So verwenden wir den Begriff Möglichkeit im Alltag. Ich wüsste nicht, dass wir da nur unlogisches Zeug reden.

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
26 Tage zuvor

Hi Bernd,

ich weiß Deinen (naiven) Realitätssinn sehr zu schätzen. Nur eine unhintergehbare Realität ist eine gute Realität! Die Mathematik ist eine der Möglichkeiten, eine Domäne zu beziehen, die sich nicht auf die natürliche Sprache zurückführen läßt und doch zweifellos etwas über die ‚Welt‘ zu sagen weiß. Kant nannte diese Eigenschaft a priori-Wissen. Aber es gibt auch andere solche a priori Domänen, z.B. die chemische Strukturformel-Sprache oder die Idee des Periodensystems der Elemente. Beide haben die Chemie zu neuen Höhen geführt, z.B. die Anilinchemie, die auf der Idee der Invarianz des Benzolrings beruht. 

Im Gegensatz zu diesen a priori (orthogonalen) Domänen ist die Logik unproduktiv, weil sie nur über diese Domänen reflektiert und sie dabei in Beziehungen setzt, die es aber nicht gibt, weil zwischen diesen Domänen ja gerade KEINE aufzeigbaren Beziehungen bestehen, außer deren Absoluter Unwidersprüchlichkeit. Indem die Logik diese Domänen aber in Beziehung zueinander setzt, erfindet sie eine virtuelle Welt, und diese Welt ist hintergehbar, komplex, zeit-variant, debattierbar und unauflöslich widersprüchlich! Zu dieser virtuellen Welt gehört auch der Begriff ‚Möglichkeit‘. Er ist nur eine Kapriole des Denkens…

In der Umgangssprache benutzen wir tatsächlich den Begriff ‚Möglichkeit‘. Aber dort bezeichnet er entweder eine Alternative (Pfeife, Zigarre oder Zigarette) oder eine Wahrscheinlichkeit (Würfeln). In beiden Fällen tritt dabei nichts Neues in die Welt ein.

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
26 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

sorry, aber ich verstehe Dich nicht. ich will doch die Möglichkeit nicht als ontologische Entität in die Welt setzen. ich will letztendlich überhaupt keine Ontologie begründen. ich gebe zu, dass sich dies manchnal so anhört, wir denken leider immer in der Schablone des Realisten. Aber in Wirklichkeit will ich nur beschreiben, was wir beobachten, und diese Beschreibung soll widerspruchsfrei sein! Das ist der einzige Anspruch. Wie die Welt dann beschaffen ist, ist dann nur eine verkürzte Sprechweise von dieser Beschreibung (Sprachökonomie).

Jetzt kommst Du und erzählst mir die Mathematik wüßte etwas über die Welt zu sagen. Das kann sein, aber wir verstehen sie nicht. Wir verstehen nicht, was sie uns über die kleinsten Bausteine der Welt sagt.

Ich versuche, die Beschreibung der Welt zu begründen. Unsere Fähigkeit, sie zu beschreiben, gründet auf der Fähigkeit, Unterschiede zu beschreiben. Üblicherweise beschreibt man Unterscheide durch unterschiedliche Eigenschaften. Diese Beschreibung mit Eigenschaften schlägt aber fehl bei den kleinsten Bausteinen. Da ist der Begriff der Beziehung schon besser. Aber es gibt immer noch ein Problem, weil auch gleichartige Gegenstände, die gleichartige Beziehungen eingegangen sind, immer noch unterschiedlich beschrieben werden müssen, weil es eben Naturgesetze gibt, und die Gegenstände von daher zum Zeitpunkt t+dt unterschiedliche Möglichkeiten eines Verhaltens haben – auch wenn sie zum Zeitpunkt t als völlig gleich beschrieben werden müssen.

Es geht darum, die grundlegenden Fragen zu klären, wie kommt es, dass wir Unterschiede erkennen. Es kommt auf die Verwendung der richtigen Sprache an, was beobachtet wird muss so formalisiert werden, das diese Formalisierung in allen Situationen zu allen Zeitpunkten wirksam angewendet werden kann.
Wenn Du mit dem Eigenschaftsbegriff ankommst, geht das schon daneben.

Verstehst Du mein Anliegen ? Was schlägst Du denn vor, um eine widerspruchsfreie Beschreibung der subatomaren Welt zu gewährleisten. So wie ich Dich verstehe, sagst Du: das ist ohnehin unmöglich. Stellen wir doch das Sprechen darüber ein.

Ich will nicht irgendwas erklären. Ich will erst mal eine widerspruchsfreie, konsistente Beschreibung eines allgemeinen Unterschiedes leisten können, als metaphysische Aufgabe. Wenn ich das nämlich nicht kann, dann kann ich auch nicht beschreiben, was Strukturen eigentlich sind, und der Strukturenrealismus ist ein unverstandener Begriff, oder etwas, unter dem jeder etwas anderes versteht.

Was ist daran zwecklos? Vielleicht bin ich ja naiv, und bemühe mich um Sinnloses. Dann ist der ganze Blog hier sinnlos.

Möglichkeit ist tatsächlich etwas Neues – es ist nämlich ein neuer Begriff, der im Begriffsinventar zur Beschreibung der Welt bei der Physik nicht vorkommt. In diesem Sinne etwas Neues. Du müstest schon sagen, was Du mit in die Welt treten meinst, statt vage Töne von Dir zu geben, die alle Deutungen erlauben.

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
25 Tage zuvor

Hi Bernd,

„Was schlägst Du denn vor um eine widerspruchsfreie Beschreibung der subatomaren Welt zu gewährleisten?“

Ganz einfach: Erfinde/entdecke eine THEORIE (kein Modell!) die sprachlich-phänomenale Relevanz hat. Ob darin subatomare Teilchen auftauchen, wird sich dann zeigen.

Vorgehensweise: 

a) entdecke einen Widerspruch in der sprachlich-phänomenal gegeben Welt
b) erfinde hypothetische Objekte und schreibe ihnen hypothetische Eigenschaften zu
so daß
c) der Widerspruch in a) verschwindet ohne eine Kuhnsche Revolution auszulösen!
d) schon fertig!

Mir ist klar, daß Du das nicht hören willst, aber Du wolltest meine Meinung hören. So, denke ich, ist unsere Sprache aufgebaut und nicht anders kann die Wissenschaft aufgebaut sein. Das Modellunwesen und der Strukturenrealismus beginnen bezeichnenderweise mit der QM.

Heinz

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
25 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,

einverstanden, gehen wir mal so vor:

einen Widerspruch in der sprachlich phänomenalen Welt ergibt sich durch Beobachtung der Ergebnisse eines Doppelspaltversuches. Da werden Teilchen aus einer Quelle emittiert und nach dem Passieren des Doppelspaltes erhälst du ein Muster an Auftreffpunkten auf einem Schirm, das durch zwei Einflüsse erklärt werden kann: a) es wirkt eine unbekannte Kraft ordnend auf jede Bahn eines jeden einzelnen Teilchens, b) beim dem Passieren des Doppelspaltes hat sich das Teilchen in eine Welle gewandelt, beim Auftreffen auf dem Schirm ist es aber wieder ein Teilchen (punktförmige Wirkung auf dem Schirm).

Das ist ein total widersprüchliches Ergebnis im obigen Sinne. Denn von nirgendwo wird eine Kraft ausgeübt, und ein Teilchen bleibt bei der Propagation ein Teilchen.

b) ich erfinde jetzt ein abstruses Objekt, das sich wie Welle und Teilchen verhalten kann, was aber als Teilchen emittiert und absorbiert werden kann. Ein solches Teilchen kann nur mit Kategorienfehlern beschrieben werden. Hypothetische Eigenschaften, die sich gegenseitig ausschließen, können nicht am gleichen Objekt vorhanden sein.

c) Nehme ich dies doch an, wird von Herrn Kuhn keine Revolution ausgerufen, sondern nur ein großes Gelächter zu hören sein.

Dein Weg führt nicht zum Erfolg. Der ist doch schon 1000-fach begangen worden, ohne Erfolg.

Ich meine, dass wir das, was wir „Beschreibung“ nennen, einmal untersucht werden muss. Wenn bei der Beschreibung Eigenschafts-Kategorienfehler auftreten, muss ein Objekt ohne Eigenschaftsbegriff beschrieben werden – eben ohne die Methode des Realisten, der nur diese Methode der Beschreibung kennt.

Es muss mit dem Begriff der Beziehung und dem Begriff der Möglichkeit beschrieben werden. Dann gibt es eine widerspruchsfreie Beschreibung der experimentellen Ergebnisse. Das versuche ich die ganze Zeit zu vermitteln. Und dann tritt auch der Begriff des Strukturenrealismus in ein neues Licht. der lässt dann auch Unterscheidungen ohne den Eigenschaftsbegriff zu.

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
25 Tage zuvor

Hallo Bernd,

bevor ich später (kann dauern) auf Deine Antwort eingehen werde, noch eine Erläuterung, warum ich glaube, daß (natürliche) Sprache entscheidend ist:

Leibniz behauptete gegen jede orthodoxe Grammatik, daß das Prädikat zum Subjekt des Satzes „gehört“. Was ihn zu diesem Schluß hat kommen lassen, könnte die Tatsache sein, daß der Mensch über keinen historischen Sinn (Sensor) verfügt. Wir können Bewegung und Geschwindigkeit nur durch Bildung diskreter Differenzenquotienten (delta_s/delta_t) bewerten. Um diesen Quotienten bilden zu können bedarf es aber eines ‚Dings‘ dessen Bewegung bewertet werden kann. Wenn eine Fliege Full Speed an Deiner Nasenspitze vorbei FLIEGT, wirst Du nur sagen können, da hat sich ETWAS an meiner Nasenspitze vorbei BEWEGT. Es könnte für den frühen Menschen ein generelles Problem gewesen sein, das, was wir heute als Dinge-in-Bewegung bezeichnen, überhaupt zu erkennen. Erst das spontane Erkennen von: „Es hat sich b e w e g t“ durch den vollständigen Satz z.B Der Vogel f l i e g t“ nimmt die ‚Bewegung‘ aus der Beobachtung heraus und erzeugt den Vogel und erhält ihn im Flug als Vogel. In diesem Sinn interpretiere ich Leibniz‘ ‚Das Prädikat gehört zum Subjekt‘. 

Damit wird klar, warum Aristoteles am Problem der ‚Bewegung‘ scheitern mußte; sein Begriff der ‚Bewegung‘ bezieht sich auf eine Allgemeinheit von ‚Dingen‘ in „vulgärem“ (sagt Newton!) Raum und „vulgärer“ Zeit und macht so den schon erfolgten Erkenntnisprozess rückgängig. Er reanimiert die Dinge und verliert damit jeglichen Gegenstand. Newtons ‚Bewegung‘ hingegen bezieht sich auf HYPOTHETISCHE Entitäten (Massepunkte) in „mathematisch-philosophischem“ Raum und in „mathematisch-philosophischer“ Zeit, d.h. ohne jeden Rückgriff auf empirische Phänomene, empirischen Raum und empirische Zeit. Seine Theorie ist translations- und zeitinvariant, d.h. sie gilt überall und immer, sie ist sozusagen ein Gegenstand, kein Prozess. Das gleiche gilt für die Maxwell-Hertz‘sche ‚Welle’, sie ist eine HYPOTHETISCHE Entität! Lange Rede kurzer Sinn: 

  • kein ‚Ding‘ ist erkannt, bevor es mit einem vollständigen Satz (Subjekt-Verb) beschrieben ist, ansonsten bleibt es unscharf, wie etwas, das an Deiner Nasenspitze vorbeisaust.
  • kein Ding ist erkannt, bevor es zum Stillstand gebracht wird

Erst wenn das ‚Ding‘ zum Stehen gebracht ist, läßt es sich ‚einkleiden‘. Die Charakterisierung des ‚Dings‘ obliegt dem Adjektiv, es schreibt ihm Eigenschaften zu (Farbe, Form, Gewicht, el. und therm. Leitfähigkeit, Trägheitsmoment, optische Dichte, Luftwiderstandsbeiwert, etc.pp). Es gibt kein ‚Ding‘ dem diese Eigenschaften nicht zukommen. (Im Vorgriff: Teichen und Welle sind keine Eigenschaften, sondern wie oben beschrieben, hypothetische Entitäten.)

Du siehst, daß die natürliche Sprache kein Problem mit der klassischen Wissenschaft hat. Im Gegenteil, sie eine hoch-strukturierte, transparent erweiterbare Veranstaltung. Das Problem beginnt erst mit der Verdinglichung HYPOTHETISCHER Entitäten, d.h. mit dem Positivismus.

Wenn Du in die Physikgeschichte eingehen willst, hast Du also zwei Möglichkeiten: Bringe etwas unscharfes, verwirrendes oder paradoxes zum Stehen oder füge den Eigenschaften der ‚Dinge‘ eine weitere hinzu. So einfach ist das…
Ähhh, es gibt natürlich noch eine dritte Möglichkeit: mache möglichst viel (mathematisch-logischen) Lärm um nichts.

Heinz

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
23 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Deine Überlegung beruht auf der Aussage „Wir können Bewegung und Geschwindigkeit nur durch Bildung diskreter Differenzenquotienten (delta_s/delta_t) bewerten. Um diesen Quotienten bilden zu können bedarf es aber eines ‚Dings‘ dessen Bewegung bewertet werden kann.“. Diese Aussage ist so richtig wie problematisch bzw irreführend. Ruhe-Bewegung ist ein relatives, dialektisches Begriffspaar. Ohne Ruhe keine Bewegung, ohne Bewegung keine Ruhe. Es gibt natürlich gute Gründe dafür, die Ruhe als primär zu verstehen. Aber schon für die Wahrnehmung ist das nicht zutreffend. Wir sehen in einem ausgerichteten Sehfeld, und in dem sehen wir einen 3-dimensionalen Bereich scharf, man kann also von einem Sehpunkt sprechen, dem Mittelpunkt dieses Scharfsehfeldes (foveales Sehen). Er wird mit Kiugelkoordinaten erfaßt: Entfernung und Lokalisierung auf der Oberfläche der Entfernungskugel, orthogonal eindimensional Tiefe und zweidimensional Ausdehnung, auch hier könnte man von einer eindimensionalen Sehlinie sprechen in Augenhöhe parallel zur Erdoberfläche bzw senkrecht zur Blickrichtung. Würde es sich um einen Punkt auf der Entfernungskugel halten, könnte man starr auf ihn fixieren. Da wir aber von unserer Umwelt abhängen und daher Information aus der kompletten dreidimensionalen Umgebung aufnehmen müssen, müssen unsere Augen aufmerksamkeitsfokussiert sich ständig bewegen. Insbesondere sind Objekte nur scharf zu erkennen, von der Umgebungsfläche sowie der Umgebungstiefe zu unterscheiden, indem das Auge hin- und herspringt und sich akkommodiert. In diesem Sinn gibt es Objekte erst durch Bewegung. Und unser Sehen von Bewegung erfolgt durch Kopf-, also Augenbewegungen; wir sehen den Tennisball nicht durch Standbildvergleich, sondern indem wir in einer isomorphen Abbildung die stetige Bewegung des Balls in der stetigen Bewegung des Kopfs/Auges nachvollziehen. Mathematisch ist Ruhe der Relativzustand zweier Objekte, die von einem Objekt aus beobachtet werden und in dem Bezugssystem dieses Objekts für das verglichene Objekt mit der Bewegungsgleichung y = f(t) gilt: y'(t) = 0. Zwar kann man aufgrund des Quantencharakters des Lichts sagen, daß die optische Information diskret eintrifft (vielleicht wäre hier sogar schon der kontinuierliche Wellencharakter angemessener, die Retina als Ort des quantentheoretischen Schnitts), also als dy/dt (=0), aber die Verarbeitung im Auge ist ja selbst noch einmal anders getaktet. Es macht also keinen Sinn, von einer diskreten optischen Wahrnehmung zu sprechen, realistischer ist die mesokosmische Kontinuität.

Ich würde also im Unterschied zu Dir nicht von einem Realitätsprimat des Dings ausgehen, sondern von der Einheit der Ding-Relation-Konzeption, und sehe auch nicht diesen Primat in der natürlichen Sprache gegeben. Das führt zu einer Art Relativismus, so daß der Strukturenrealismus nicht fiktiver ist als der Objektrealismus, oft angemessener.

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
22 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hi Hinz,
Deiner langen Rede kurzer Sinn ist: ein Ding kann man nur mit dem Sprachbegriff der „Eigenschaft“ beschreiben. Es gibt kein Ding, dem keine Eigenschaften zukommen. Für diese Aussage hätten weniger als 10 Worte gereicht.

Nun ist es aber so, dass das Gebäude der angewandten und theoretischen Physik auf dem Feldbegriff aufbaut, dem zentralen Paradigma der heutigen Physik. Nun sage mir doch bitte, welche Eigenschaften ein statisches Feld hat. Mit welchen Eigenschaften ist es erkannt? Oder haben wir es gar nicht erkannt?

Hat die hochstrukturierte, transparent erweiterbare Veranstaltung genannt Sprache etwas geschaffen, unter dem man sich nichts, rein gar nichts vorstellen kann, so wie das Vakuum, das Nichts, das das Feld wie nichts durchdringt? Bringe es doch mir zuliebe zum Stehen, oder steht es schon, wir merken es nur nicht? Ich mache hier keinen Lärm um nichts. Das Feld ist etwas, es ist nicht nichts, allerdings auch kein Lärm, ja was ist es denn ? Sage mir bitte die Eigenschaften, die es wie jedes andere Ding hat. Wie heißt das Subjekt und wie das Prädikat, oder ist da was, was weder Subjekt ist, noch Prädikat, noch Subjekt+Prädikat? Immerhin, irgendwas ist da, immerhin sorgt das Feld, dass die Erde, oder das Universum, erzeugt, dafür, dass Du von ihr angezogen wirst, am Boden bleibst, und nicht in höhere Sphären davongeweht wirst. Oder habe ich mich bei dieser Einschätzung positivistisch verrannt?

Grüße Bernd

Heinz Luediger
Heinz Luediger
21 Tage zuvor

Hi Bernd,

ich habe mehr als zehn Worte gebraucht, weil ich auf strukturelle Verwandtschaft von Sprache und klassischer Naturwissenschaft hinweisen wollte 

die theoretische Physik stellt mE einen gescheiterten Reduktionsversuch dar, der much-to-big-to-fail ist (Du beurteilst die Welt aus dem ‚Quantengefängnis’ heraus)

ich habe ausdrücklich gesagt, daß ‚Dinge‘ (Steine, Blätter, Regentropfen, etc.) Eigenschaften haben. Das Feld ist aber eine hypothetische Entität.

Theorie und Phänomen stehen mE in Verhältnissen der Orthogonalität, d.h. des Absoluten Nicht-Widerspruchs und damit Absoluter Invarianz. Erst dadurch wird der Sprache die Möglichkeit gegeben, orthogonale Dimensionen im Sinn eines ALS-OB in Beziehungen zu setzen, von denen NICHT behauptet wird, daß sie existieren. Beispiel: das hypothetische Feld verhält sich (aus Sicht der Phänomene) ALS-OB es den leeren Raum überbrücken kann. Genau darin besteht der geglückte ‚Kollaps’ der klassischen Naturwissenschaft. Ist das nicht exakt das, wonach Du suchst, wenn Du sagst: „Hauptsache es paßt sprachlich“?

Heinz

Heinz Luediger
Heinz Luediger
22 Tage zuvor

Hallo Bernd,

das Theorie-Phänomen Paar stellt keinen Isomorphismus dar. Niemand erwartet, daß sich am Abendhimmel sowas wie eine Keplerellipse abzeichnet. Der Kollaps von der Theorie ‚Keplerbahn‘ zum Phänomen ‚Mond‘ (und umgekehrt) funktioniert deshalb quasi unbemerkt, weil beide nicht aufeinander reduzierbar sind. Mehr noch, ‚Keplerbahn‘ UND ‚Mond‘ sind zeitinvariant! Wir reden daher nicht von Mondbewegungen, sondern von Mondphasen. Die Phase eliminiert die Bewegung (darauf beruht die gesamte Nachrichtentechnik). Da uns wahre Zeitsignale nicht zugänglich sind, könnte man auch sagen, daß es sie überhaupt nicht gibt.

Die QM hingegen ist keine Theorie, sondern ein affirmatives (Teilchen)Modell. Modelle beruhen auf raum-zeitlichen Daten, aus denen auf etwas geschlossen! wird, das sich hinter diesen Daten verbirgt. Damit sind QM-Phänomene im obigenSinn grundsätzlich ausgeschlossen. Das Interferenzmuster z.B. IST aber ein Phänomen, seine Genese kann folglich in der QM nicht beobachtet werden. 

Fazit: Der (schlechte) Kollaps der Wellenfunktion besteht darin, daß der Quantenmechaniker versucht ein zeitloses Phänomen (z.B. Interferenzmuster) in der geschichtlichen Zeit bewegter Teilchen (die ja faktisch nur animierte Daten sind) entstehen zu lassen – und scheitert damit natürlich, denn das Zeitlose hat keine Genese! Der Quantenmechaniker versucht in Afrika Tiger zu fangen…

Heinz

Roswitha Steffens
Roswitha Steffens
25 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

„Die Mathematik ist eine! der Möglichkeiten eine Domäne zu beziehen, die sich nicht auf die natürliche Sprache zurückführen läßt und doch zweifellos etwas über die „Welt zu sagen weiß.“

Lieber Heinz,

in diesem Satz steckt alles, was ich brauche, um Jesus zu rechtfertigen, denn er war die Herausforderung an mein Denkvermögen, dessen mathematisches Verständnis gen 0 geht, sodass ich damit niemals die Transzendenz in ihrer Sruktur als die Konstante vermitteln könnte, um die es uns allen gleichermaßen geht. In Wort (mathematische Aussagekraft, Potenz) und Schrift (generierbares Wissen, Potenzial) kommt zum Ausdruck, was sich in seiner Einheit durch ihre Transzendenz als Ergebnis aus Zeit, Raum und deren Verbundenheit (Zeitraum) vermitteln lässt. Sie die als gemeinsames Gut aus der Geburt erwächst und er, der sich ihr entgegenstellt, sodass sie sich für ihn etwas einfallen lassen muss, das ein speziell dafür entwickeltes Kalendarium mit den Daten zu füllen vermag, die es sich zu verwalten lohnt.

Letztendlich bin ich durch meinen Sohn und Agar.io, ein Serverspiel, das er gerne spielte, das Lesen einiger Texte aus meinen Tagebüchern und Ihren oben zitierten Satz darauf gekommen, dass Sie mir sagen wollten, dass Sie bereits verstanden haben, wovon ich überzeugt bin, ohne dass ich es selbst bemerkte.

Herzlichen Dank für Ihre Geduld und Ausdauer mit meinen wirklich (sehr) begrenzten mathematischen Fähigkeiten.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
26 Tage zuvor

Ich stelle mir gerade vor, daß ‚Meta‘ und ‚Apple‘ hier bei uns mitlesen. 
Sagt ‚Meta‘ zu ‚Apple‘: „Es läuft alles nach Plan.“
Fragt ‚Apple‘: „Wie meinst Du das?“
Sagt ‚Meta‘: „Je weniger sie verstehen desto mehr Algorithmen liefern sie“.
‚Meta‘ und ‚Apple‘: „Hihihi…“

Bernd-Juergen Stein
Bernd-Juergen Stein
25 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Mata und Apple haben keine Ahnung, wie Erkenntnisse entstehen: durch Wirren, Irren und Entwirren.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
22 Tage zuvor

Hallo,

um dem Thema noch mal aus meiner Sicht gerecht zu werden…

Rote Pille:
Die ‚Welt‘ der Theorie-Phänomen Paare*, ist weder real im Sinn eines naiven Realismus, noch ist sie konstruiert – sie ist uns zu-gefallen. Damit ist sie weder objektiv noch subjektiv, sondern kollektiv. Aber sie ist ‚real’ im Sinn von unhintergehbar! Der Fehler Descartes war es, zu glauben, daß cogito ergo sum etwas über SEIN Bewußtsein aussagt. Die gesamte Diskussion, die daraus erwuchs, halte ich für fragwürdig, weil die Sprache, in der er das cogito formuliert, nicht die SEINE ist, sie ist keine Privatsprache. Das cogito ist mE eine Sprachanalyse, in der Descartes verbindliches – weil Absolut Widerspruchsfreies – mit der Sprache über die Sprache sagt. Er legt also nur frei, was implizit in der Sprache schon immer vorhanden war. Und das ist die orthogonale Trennung des Geists von der Materie als redundanzfreie Bestimmung.

Blaue Pille: 
Descartes benutzt viel Logik (wie Einstein) um Scheinwissen zu widerlegen und von wahrer Erkenntnis zu trennen. Dieses Scheinwissen entsteht, wenn die Logik positiv, d.h. zur Konstruktion statt zur Widerlegung benutzt wird. Reflexion (das sophistische Surfen auf Begriffen) ist Konstruktion und hat ihren Ursprung im Märchen. Quasi-seriösen Unterhaltungsanspruch entwickelt sie dann im Feuilleton – und genau dort gehört sie hin.

Fazit: Die rote Pille ist ein unschädliches Placebo (keine Wirkung, keine Nebenwirkungen). Die blaue Pille sollte dem Sonntag des Denkens vorbehalten bleiben.

*Die explizite Theorie kann zum Begriff, der Begriff zum Phonem und das Phonem sogar zur Grammatik verschleifen (Grammatikalisierung) ohne sich vom zugeordneten Phänomen zu trennen.

Heinz

P.S. Ich werde noch eine Weile mitlesen und mitdiskutieren, mich aber sukzessive in den philosophiefreien Sommer verabschieden.

Wolfgang Endemann
Wolfgang Endemann
21 Tage zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Hallo Heinz,
In Deinen zwei letzten Kommentaren artikulierst Du freizügig Deine Haltung zur Wissenschaft, die ich mit Pragmatismus und Skeptizismus beschreiben würde. Liege ich richtig? Ich habe ja durchaus Sympathie für Feyerabend und das enfant terrible Jandl (Viel-o-Sophie), folgen kann ich Dir so wenig wie fast alle Naturwissenschaftler, die Du kurzerhand zu Feuilletonisten degradierst. Aber auch solche Kritik sollte willkommen sein. Zur Sache:

„das Theorie-Phänomen Paar stellt keinen Isomorphismus dar.“ – Das ist richtig, aber anders, als Du denkst. Die natürliche Sprache versprachlicht große Teile der Welt unpräzise (daher kann schon von Homo-/Morphismus im strengen Sinn keine Rede sein) und oberflächlich in einem Sprach-/Gedankenuniversum, das im Wesentlichen als ein kollektiver Tatbestand der Menschheit und spezifischer von unterschiedlichen Sprachkollektiven besteht. Die Sprachuniversen der Individuen weichen minimal von den in entwickelteren Sprachen kodifizierten Sprachelementen ab und können zu einer allgemeinen Sprachanpassung führen. Die Sprachkörper sind ständig kleinen Veränderungen, Anpassungen an Erfahrungen unterworfen, tiefschneidende Veränderungen sind allerdings sehr selten, aber immer möglich (Paradigmenwechsel). Man kann grob von einer Abbildung von Welt in gedachte Welt sprechen. Freilich ist die Welt so vielfältig und komplex, die dem Menschen zur Abbildung zur Verfügung stehenden Mittel demgegenüber so bescheiden, daß man von einer adäquaten Abbildung eben nicht reden kann. Sinnvoll ist die Abbildung von Welt nur, wenn sie zumindest injektiv ist, und sehr wünschenswert ist, daß sie auch surjektiv ist. Das versucht jede Wissenschaft im Gegensatz zum natürlichen Weltverständnis. Also im Idealfall ist es ein Isomorphismus von Aspekten der Welt in ein theoretisches Modell. Unter dieser Voraussetzung kann ich im Modell Berechnungen anstellen und sie im Umgang mit der Welt erfolgreich einsetzen.

„Niemand erwartet, daß sich am Abendhimmel sowas wie eine Keplerellipse abzeichnet.“ – Warum auch? Die „Keplerellipse“ ist in der Theorie die zu erwartende Bahn eines Planeten, sie kann bei regelmäßiger, dem Planeten angepaßt getakteter Beobachtung bestätigt werden, das ist dann die Isomorphie. Dein Widerspruch zwischen Theorie und Phänomen resultiert aus der Idee, jede Theorie beschreibe einen zeitlichen Zusammenhang und empirisch sei die bloße Momentaufnahme, der Du wie die klassischen Empiristen und Sensualisten einzig Realität zusprichst. Aber warum sollte die Momentaufnahme realer sein als das in der Zeit beobachtete Phänomen? Gesetzmäßigkeiten können solche der Diachronie wie der Synchronie sein. Das erste Keplersche Gesetz formuliert ein Bewegungsgesetz (Bewegungsgleichung), die zwei anderen sind zeitinvariant. Und es ist zwar richtig, daß man zur Darstellung von Bewegung konstante Objekte braucht, aber umgekehrt kann man nie einen Zusammenhang sehen, denn man kann keine zwei Perspektiven gleichzeitig einnehmen, um räumlich zu differenzieren, benötigen wir den zeitkostenden Perspektivenwechsel. Das ist das Relativitätsprinzip, die Trennung von räumlichen und zeitlichen Weltpunkten und die Unmöglichkeit einer objektiven Gleichzeitigkeit, die eine instantane Wirkgeschwindigkeit erfordern würde. Erst in der Quantentheorie sind wir mit solcher Instantaneität konfrontiert (Einsteins spukhafte Fernwirkung). Zeigt das nicht die Illusion eines Primats der Phänomenologie der Dinglichkeit? Sowie eine Verkürzung der Theorie auf nichtreale Diachronie?
Ich denke, damit löst sich Dein Problem in ein Scheinproblem auf. Eine Strukturformel, ob die Dia- oder die Synchronie betreffend, wird in einem konsistenten Modell konstruiert, und dann wird mit entsprechend präparierter Versuchsanordnung empirisch überprüft, ob sie sich bestätigen oder widerlegen läßt (wobei die Widerlegung definitiv, die Bestätigung immer nur vorläufig ist). Die Welt/Empirie ist kontingent, die Konsistenz des Modells ist erfahrungsunabhängig, wird mathematisch bewiesen oder verworfen, solche notwendigen Beweise unterscheiden nicht das Reale vom Gedachten, sondern das Mögliche vom Unmöglichen.

Ich wünsche schönen Urlaub.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
20 Tage zuvor

Hallo Wolfgang,

„freizügig“ hört sich ein wenig an wie ruchlos. Ich würde meine Art des Ausdruckes offen, direkt und vor allem angreifbar nennen (also nicht durch ‚Dialektik‘ vernebelt).

auch Dir eine schöne Sommerzeit!
Heinz