Wahrheit und Wirklichkeit

Gastbeitrag von Peter Addor: „Über Wahrheit und Wirklichkeit“

Gastbeitrag von Peter Addor: „Über Wahrheit und Wirklichkeit“

Der hier veröffentlichte Gastbeitrag stammt aus der Tastatur des schweizer Mathematikers Peter Addor, der ja bereits vor Kurzem einen EssayGibt es überhaupt etwas jenseits von Raum und Zeit?“ hinterlassen hatte. Der neue Artikel stammt ebenfalls von seinem sehr lesenswerten Blog „Reisen durch ferne Länder und wissenschaftliche Gedanken“ und ich wollte ihn gerne auf meiner Seite relaunchen, da ich die darin behandelte Thematik den Zusammenhang von „Wahrheit und Wirklichkeit“ für sehr wichtig erachte.

Zum tieferen Verständnis möchte ich hier auch noch einmal auf meinen etwas älteren Essay „Der Paradigmenwechsel“ hinweisen, der diesen Zusammenhang von „Wahrheit und Wirklichkeit“ anhand der „Realismus-Debatte“, dem „Wahrheitsbegriff“ und den „Zusammenhang von Ontologie und Epistemologie“ in der Wissenschaftstheorie zu beleuchten versucht.

In den Kommentarbereichen meiner Seite (z. B. in Bernds Gastbeitrag zur „Lösung der Rätsel der Quantenphysik“) wird ja erfreulicherweise des Häufigeren über den Zusammenhang von „Ontologie und Epistemologiein der Philosophie der Physik auch wieder diskutiert und manchmal auch gerungen.

Hierbei kommt es mir manchmal so vor, als ob es dabei eigentlich eher um die Frage geht „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ oder anders ausgedrückt „Wie viel Konstruktivismus enthält die Wirklichkeit?“ oder  „Kommen wir jemals an die «Wahrheit der Realität» heran?“.

Das sind natürlich eine Menge unbeantworteter Fragen, auf die ich momentan auch noch keine passenden Antworten parat habe. Ich beabsichtige allerdings dieses Thema auch noch einmal in einem zukünftigen, geplanten Essay genauer unter die Lupe zu nehmen. Bis dahin freue ich mich aber schon einmal darüber, dass so kompetente „Mitstreiter“ wie Peter hier schon einmal beginnen und deshalb lasse ich ihm hier den Vortritt, um die Thematik mal aus der Sicht eines Mathematikers zu beleuchten:

Über Wahrheit und Wirklichkeit

Die Universalien Wahrheit und Wirklichkeit haben mich schon immer fasziniert. Die kürzlich erschienene Schrift Der Code der Mathematik – Beweis und Wahrheit vom deutschen Mathematiker Stefan Müller-Stach beschäftigt sich mit Wahrheit und muss sich unweigerlich auch mit dem Begriff der Wirklichkeit auseinandersetzen, was mich zur Lektüre des Buches motivierte. Es ist ein wunderbarer Text, auch wenn man sich zwischenzeitlich fragt, an welches Publikum sich Müller-Stach richtet. Vor allem in den Kapiteln 3 und 4 überfliegt er im aufzählenden Eilzugstempo grosse Landschaften neuster mathematischer Forschung. Im folgenden möchte ich einige Stellen des genannten Buches einer näheren Untersuchung unterziehen, sofern sie im Zusammenhang mit den Begriffen Wahrheit und Wirklichkeit stehen.

Die Anfänge der Logik und der formalen Sprachen

Über Wahrheit und Wirklichkeit haben vor 2 – 3 Jahrtausenden bereits die alten Griechen und vor ihnen vermutlich auch schon die Inder und Babylonier nachgedacht. In diesem Essay möchte ich auch auf einige hervorragende Persönlichkeiten hinweisen, die die Kulturgeschichte wesentlich geprägt haben. Ich kann wohl nicht sagen, dass sie die Welt zu dem gemacht haben, die sie heute ist, denn viele Zeitgenossen sind ja der Meinung, dass die heutige Welt schlecht sei, was aber schliesslich Ansichtssache ist.

In der Neuzeit war es vor allem Gottfried Willhelm Leibniz zu verdanken, dass die Logik und formale Sprachen – zu denen auch die modernen Programmiersprachen gehören – ernsthafte wissenschaftliche Disziplinen wurden. Seine umfangreichen Überlegungen zur Logik hat er kaum publiziert. Sie wurden erst nach und nach aufgelegt, z.B. 1901 im 622-Seiten-Werk La logique de Leibniz (s. Die Logik des Herrn Leibniz) von Louis Couturat. Die umfassendste Sammlung der Leibnizschen Originalnotizen über Logik ist 1343 Seiten lang und lässt sich hier downloaden!

Logik ist die Sprache, um die diffizilen Fragen um die Wahrheit zu formulieren und zu untersuchen. Man muss ja schliesslich genau definieren, was eine Aussage ist und wie man mit Aussagen umgehen soll und darf, um den eventuellen Wahrheitsgehalt von Aussagen diskutieren zu können. Mit anderen Worten: Aussagen müssen in einer formalen Sprache formuliert sein. Auch Philosophen und Linguisten arbeiten mit formalen Sprachen.

Formale versus natürliche Sprache

Zur Frage, ob es nicht genügt, den Wahrheitsgehalt von Aussagen in einer natürlichen Sprache zu untersuchen, weist Müller-Stach zunächst auf Gottlob Frege hin (S.31), einem deutschen Logiker und Philosophen, der 1848 und 1925 in Jena lebte und mit seinen Beiträgen zur formalen Methoden in der linguistischen Semantik wesentliche Grundlagen zur heutigen Informatik schuf:

Frege erkannte anhand von Beispielen, dass die natürliche Sprache keine gute Basis für die Grundlagen der Mathematik ist und entwickelte deshalb die mathematische Logik als Wissenschaft der allgemeinsten Gesetze des Wahrseins. Komplexe oder konditionale Aussagen [sind] schwer zu vermitteln und es existieren unterschiedliche Denkschulen, Vorurteile, Beeinflussungen von Meinungen und nicht zuletzt Dummheit und Ignoranz. Im wissenschaftlichen Umfeld kann man sich fast nur auf sprachanalytisch-semantische Wahrheitstheorien konzentrieren, wie sie von Tarski im 20. Jahrhundert mit Hilfe formaler Sprachen eingeführt wurden.

Alfred Tarski war ein polnischer Logiker und Mathematiker, der von 1901 bis 1983 lebte, und grundlegende Beiträge zur Logik und zur formalen Wahrheitstheorie erarbeitet hat. Müller-Stach schreibt (S.178 und S.183):

Wahrheitstheorien wurden von Tarski mit Hilfe formaler Sprachen eingeführt. Seine Methode führte zum Konzept der Semantik, die über das Konzept einer Metasprache definiert wird …, die reichhaltiger als die gegebene Objektsprache ist.

Tarski gelang dies im Kontext von Sprachen, die er ärmere Sprachen nannte. Zu diesen gehören insbesondere die formalen Sprachen der Logik und der Mathematik. Er schrieb dazu:

Im weiteren Verlaufe der Abhandlung werde ich ausschließlich die einzigen nach wissenschaftlichen Methoden aufgebauten in Betracht ziehen, welche heute bekannt sind, d.i. die formalisierten Sprachen der deduktiven Wissenschaften; … In Bezug auf die „ärmeren” Sprachen findet das Problem der Definition der Wahrheit eine positive Lösung….In reicheren Sprachen, zu denen die natürlichen Sprachen zählen, kann diese Konstruktion nicht direkt angewandt werden.

Die Korrespondenztheorie der Wahrheit

Im Kapitel 1 geht Müller-Stach auf grundlegende (philosophische) Fragen ein, die nahe an denen sind, die Dirk Boucsein in seinem Artikel Die Metamathematik bereits aufgeworfen hat, und über die ich in meinem letzten Post geschrieben habe. Es geht um Platons Ideenlehre und Freges Logizismus, aber auch um die Frage der Gleichheit und um den Intuitionismus im darauffolgenden Kapitel über Wissenschaftssprachen. Dort kommt dann Müller-Stach zum ersten mal auf die Frage nach der Wahrheit zu sprechen. Er erwähnt die Korrespondenz- und die Kohärenztheorie der Wahrheit.

Die Korrespondenztheorie besagt, dass die Aussage p genau dann wahr ist, wenn p der Fall ist. Das liest sich dann z.B. so: „Es regnet genau dann, wenn es regnet“. Hier wird also der Aussage „es regnet“ ein Wahrheitsgehalt zugeordnet, der davon abhängt, ob es draussen tatsächlich regnet. Einige Menschen beginnen hier, darüber zu diskutieren, dass die Aussage «es regnet» unvollständig sei, denn man müsse noch wissen, wann und wo es regnet. Mit «es regnet» ist also gemeint, dass es hier und jetzt regnet und zwar draussen aus dem bewölkten Himmel. Um festzustellen, ob die Aussage «es regnet» wahr ist, muss ich also prüfen, ob es draussen tatsächlich regnet. Aber wie soll das gehen? Es gibt sogenannte Regensensoren. Sie melden Regen, wenn eine Sensorfläche nass ist, gemäss der Implikation „Wenn es regnet, ist die Sensorfläche nass“. Ein Regensensor stellt also Regen aufgrund seiner Wirkung fest, indem er die Implikation unerlaubterweise umdreht: Wenn die Sensorfläche nass ist, dann regnet es. Allerdings wird die Sensorfläche auch nass, wenn einer eine Tasse Wasser darüber leert. Die richtige Kontraposition der Implikation würde heissen: „Wenn die Sensorfläche nicht nass ist, kann es auch nicht regnen“. Aber das nützt uns nichts. Sie ist nun mal nass und ich möchte wissen, ob durch den Regen oder weil einer mit einem grossen Schlauch Regen simuliert. Im Allgemeinen können wir nur feststellen, was der Fall ist, indem wir die Wirkung messen und damit eine Implikation falsch interpretieren.

„Es regnet“ ist wahr, wenn es draussen regnet

Schauen wir uns ein anderes Beispiel an, das Müller-Stach im Kapitel 9 erwähnt: die Kugelgestalt der Erde. Die Aussage „Die Erde hat eine Kugelgestalt“ ist nach der Korrespondenztheorie genau dann wahr, wenn die Erde eine Kugelgestalt hat. Wie sollen wir aber die Kugelgestalt der Erde feststellen? So ganz unmittelbar geht das nicht. (Bitte auch hier nicht über die Genauigkeit der Aussage diskutieren, nämlich dass die Erde gar keine Kugel sei. Meinetwegen lautet die Aussage «Die Erdoberfläche ist homöomorph zu einer 2-Sphäre» ).

Die Kohärenztheorie der Wahrheit

Wir können aber in einer Richtung über die Oberfläche der Erde fliegen, um festzustellen, dass wir wieder an den Ausgangspunkt zurückkommen. Wenn wir das für verschiedene Richtungen wiederholen, erhalten wir Indizien für die Kugelgestalt. Dann können wir die Erde aus der Distanz betrachten, z.B. von der Oberfläche des Mondes aus. Zwar sehen wir dann nur eine runde Scheibe, aber wenn wir die Beobachtung zu verschiedenen Zeiten wiederholen, dann sehen wir, dass uns immer andere Kontinente zugewandt sind. Das wäre bei einer Scheibe schwierig zu erklären. Kurz: wir können verschiedene Indizien sammeln, die gegenseitig die Kugelgestalt der Erde stützen. Das nennt man die Kohärenztheorie der Wahrheit. Das Problem dabei ist die Konsistenz der Indiziensammlung. Was tun, wenn sich mehrere Indizien widersprechen?

Die Erdkugel vom Mond aus gesehen

Meistens haben wir aber gar nicht die technischen Möglichkeit, das, was der Fall ist, genau zu überprüfen oder auch nur Indizien zu sammeln über etwas, was der Fall sein soll. Z.B. war es mir nie vergönnt, auf dem Mond spazieren zu gehen und die Erde aus Distanz zu betrachten. Ich bin auf Fotos und Berichten der Mondfahrer angewiesen. Aber kann ich ihnen trauen? Nicht, dass ich ihnen Bösartigkeit unterstelle! Aber sie könnten sich ja auch in irgend einer Hinsicht geirrt haben. Wir wissen ja nur zu gut, wie uns die Wahrnehmung täuschen kann!

Berichtersatter und Journalisten

In den meisten Fällen sind wir auf Berichterstatter (meist «Journalisten» genannt) angewiesen. Es ist, als wären wir in einem fensterlosen Zimmer eingesperrt und jemand käme herein und würde sagen: «Es regnet draussen». Wir haben in den allermeisten Fällen nur die Aussage, können aber nicht überprüfen, ob das, was die Aussage behauptet, auch der Fall ist. Das bringt uns wieder in die Nähe Platons und seinem Höhlengleichnis. Weder die Korrespondenz- noch die Kohärenztheorie der Wahrheit helfen uns weiter, wenn wir keinen Zugang zu dem haben, das der Fall ist.

Das Problem des Berichterstatters wird bei Müller-Stach nicht thematisiert, weil es eher ein gesellschaftliches und politisches Problem ist, das sich einer Formalisierbarkeit entzieht. Müller-Stach schreibt lediglich (S.178):

Im Lauf der Jahrhunderte entstand eine äußerst reichhaltige Literatur mit zum Teil kontroversen Definitionen von Wahrheit, in denen Wahrheitsträger und Wahrmacher unterschiedlich aufgefasst werden. Wir werden die meisten dieser Theorien vollständig vernachlässigen und konzentrieren uns auf die sprachanalytischen semantischen Wahrheitstheorien».

Das ist ernüchternd! Es gibt also keine Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt von komplexen Zusammenhängen zu bewerten. Zuerst wissen wir nicht, wie wir feststellen können, was tatsächlich der Fall ist und dann haben wir meistens nicht einmal Zugang zu dem, was irgendwo der Fall ist. Das ist auch der Grund, weshalb Politik derart kontrovers ist.

Beweise

Beschränken wir uns also auf das, was mit formalen Sprachen möglich ist. Zum Beispiel ist die Aussage «6 ist eine gerade Zahl» – formal 6 \in 2\mathbb{N} – gemäss der Korrespondenztheorie genau dann wahr, wenn 6 eine gerade Zahl ist. Wir müssen also beweisen, dass 6 tatsächlich eine gerade Zahl ist. Ja nun, was ist denn eine gerade Zahl? Das ist eine, die (ohne Rest) durch 2 teilbar ist. 6 ist in der Tat durch 2 teilbar! 6 \div 2 = 3, denn 3 \cdot 2 = 6. In diesem Fall haben wir direkten Zugang zu der Welt, in der 6 eine gerade Zahl sein soll, nämlich zu der sogenannten Peano-Arithmetik, und wir haben die Instrumente und Möglichkeiten, um direkt nachzuweisen, dass 6 eine gerade Zahl ist, nämlich die Logik und die Peano Axiomen. Giuseppe Peano war ein piemontesischer Mathematiker, der von 1858 bis 1932 lebte und vorwiegend in Turin als Logiker tätig war. Müller-Stach nennt diese artithmetische Welt Peano-Dedekind-Arithmetik, obwohl die beiden Mathematiker nicht ganz kongruent waren, was die Fundierung anbelangt. In diesem Zusammenhang sind die 12 Folien zum Vortrag The Foundations of Arithmetik: Peano vs Dedekind von Katerina Petsi interessant! Richard Dedekind war ein äusserst vielseitiger deutscher Mathematiker, der von 1831 bis 1916 lebte. Er lehrte auch ein paar Jahre an der ETH in Zürich.

Die Korrespondenztheorie der Wahrheit zwingt uns also, das zu beweisen, was der Fall ist. Der Beweis ist die Sicherstellung der Wahrheit einer Aussage. Im Video über die Gijswijt-Folge erklärt Prof. Dr. Edmund Weitz von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, warum seiner Meinung nach in der Mathematik alles beweisen werden muss. Er erwähnt die Goldbachvermutung («Jede gerade Zahl ist Summe zweier Primzahlen»), die mit Computern für die ersten 15 Trillionen geraden Zahlen bestätigt wurde und zeigt dann eine ähnliche Behauptung, die jedoch nach einer sehr grossen Zahl an richtigen Beispielen von der Behauptung abweicht. Weitz schliesst daraus, dass genau aus diesem Grund alles bewiesen werden muss. Wir wissen hingegen, dass Beweise nicht deshalb geführt werden, sondern der Wahrheit willen. «Jede gerade Zahl ist Summe zweier Primzahlen» ist genau dann richtig, wenn jede gerade Zahl Summe zweier Primzahlen ist. Die Aussage, die in Anführungszeichen steht, ist nur wahr, wenn es der Fall ist, dass jede gerade Zahl Summe zweier Primzahlen ist. Hingegen können wir gewiss sagen, dass die Aussage «Die ersten 15 Trillionen geraden Zahlen sind Summe zweier Primzahlen» wahr ist.

Wahrheitsrelativismus

Mehr liegt für die Wahrheit nicht drin. Höchstens solchen Aussagen, die in einer formalen Sprache formulierbar sind, kann ein Wahrheitsprädikat zugeordnet werden. Für Aussagen, die nicht in einer formalen Sprache formulierbar sind, kenne ich keinen Wahrheitsbegriff. Während Müller-Stach diesen Sachverhalt stets sehr objektiv beschreibt, verlässt ihn gegen Ende des Buches den Mut und er stellt sich klar gegen die Relativität der Wahrheit. Thomas Kuhn lebte von 1922 bis 1996 und war ein US-amerikanischer Wissenschaftsphilosoph. Er stellte den Begriff des Paradigmenwechsels als wissenschaftliche Revolution zur Diskussion, wonach es zu einem begrifflichen Bruch zwischen zwei Theorien, bzw. sogar zwischen zwei Epochen komme. Der Kuhnsche Paradigmenwechsel könnte so aufgefasst werden, dass was bisher als wahr gegolten hat, jetzt plötzlich nicht mehr wahr ist. Das gibt auch Müller-Stach zu denken und er beeilt sich, darauf hinzuweisen, dass Thomas Kuhn sich gegen Behauptungen verteidigt habe, seine Theorie unterstütze den Wahrheitsrelativismus. Das klingt fast, wie eine Entschuldigung.

Sinn und Bedeutung

Die Formulierung in einer formalen Sprache und der Beweis dessen, was der Fall ist bedienen sich einer strikten Syntax, damit die Formulierung Sinn macht. Sinn und Wahrheit sind also intrinsische Begriffe und leben auf einer syntaktischen Ebene. Die Frage ist dann, ob dem, was wir sinnvoll bewiesen haben, auch eine Bedeutung zukommt?

Betrachten wir beispielsweise ein rechtwinkliges Dreieck mit den zwei kleineren Seitenlängen a und b. Die Länge der längsten Seite bezeichnen wir mit c. Es gilt dann der Satz des Pythagoras, nämlich die Aussage a^2 + b^2 = c^2 und die ist genau dann wahr, wenn die Summe der Längenquadrate der beiden kleineren Seiten exakt mit dem Quadrat der Länge der längsten Seite wertmässig übereinstimmt. Wir wissen, wie man jetzt vorgehen muss, nämlich zu beweisen, dass es der Fall ist, dass die Summe der Längenquadrate der beiden kleineren Seiten exakt mit dem Quadrat der Länge der längsten Seite wertmässig übereinstimmt. Es gibt mittlerweile über 400 Beweise dieser Tatsache, einige von ihnen können Sie hier nachlesen.

Doch welche Bedeutung kommt dieser Tatsache zu? Was bedeutet es für Sie, dass a^2 + b^2 = c^2 eine wahre Aussage ist? Ich vermute, die meisten Leser werden etwas verlegen sagen: «Nichts!».

Wenn Sie jedoch einen quadratischen Fenster- oder Bilderrahmen haben mit einer Innenkantenlänge von z.B. einem Meter, dann bilden zwei angrenzende Kanten und eine Diagonale ein rechtwinkliges (und in diesem Fall auch noch gleichschenkliges) Dreieck. Mit obigem Satz lässt sich dann sagen, dass die Diagonale \sqrt{2} Meter lang ist. Das sind also ca. 1.414 Meter oder 1414 mm. Schön! Das könnte womöglich wichtig sein, je nachdem, was man mit dem Rahmen machen möchte. Aber 1414 mm sind eben nicht genau \sqrt{2} Meter. Diese dubiose Wurzel beschert uns viele sogenannte irrationale Zahlen. Das sind Zahlen mit einer unendlichen und unregelmässigen Dezimalentwicklung nach dem Komma. Die ersten 11 Ziffern nach dem Komma von \sqrt{2} lauten 1.41421356237… . Gemäss Wikipedia wurden 2019 die ersten 10 Billionen Ziffern ausgerechnet und aufgeschrieben. Und dennoch kennt kein Mensch den genauen Wert der Zahl \sqrt{2}. Die Diagonale Ihres Bilderrahmens ist in Wirklichkeit sicher nicht \sqrt{2} lang, denn \sqrt{2} gibt es in der Wirklichkeit gar nicht!

Das hat man jetzt davon, wenn man sich auf der Suche nach der Wahrheit auf formale Sprachen beschränkt. Man hat sich damit aus jeder möglichen Wirklichkeit ausgesperrt. Verzichtet man jedoch auf jeglichen Formalismus und bedient sich einer natürlichen Sprache, lässt sich kein Wahrheitsbegriff festmachen.

Müller-Stach schreibt auf S. 203/204:

Vieles deutet darauf hin, dass für die Wirklichkeitsbeschreibung in den Naturwissenschaften ein symbolischer Kalkül mit geeigneter Semantik in der betrachteten Wissenschaft ausreichend ist, der a priori Annahmen in der jeweiligen Theorie macht. Solche Überlegungen berühren das Gebiet der Naturphilosophie. Die tiefe, ungelöste Frage, ob die Wirklichkeit selbst eine platonische Qualität über die symbolische Konstruktion hinaus besitzt, bleibt offen. Denn es könnte sein, dass unsere Welt, die sich die meisten Menschen rein aus Materie bestehend vorstellen, einfach nur aus Tatsachen besteht, die wir allenfalls in unserem Verstand durch sinnliche Erfahrung oder durch die Erkennung physikalischer Gesetze wahrnehmen können. Solche skeptischen, antirealistischen Haltungen haben eine Tradition bis hin zu Protagoras in der Antike und tauchen auch im Immaterialismus von George Berkeley auf. Sie sind das völlige Gegenteil des Materialismus, der nur die Existenz der materiellen Welt anerkennt. Ludwig Wittgenstein hat die dazu gut passenden berühmten Sätze in seinem „Tractatus logico philosophicus” geprägt: Die Welt ist alles, was der Fall ist. Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.

Möglich! Aber wenn wir höchst eingeschränkten Zugang zu den Tatsachen haben, bleibt von Wittgensteins Welt nicht mehr viel übrig. Ich würde viel eher sagen, dass die Welt die Gesamtheit der Vorstellungen ist. Wir können die Welt – und damit die Wirklichkeit – bloss in Modellen wahrnehmen, wie ich schon 2015 in meinem Artikel „Mit Modellen Komplexität verstehen erklärte. Der Bilder- oder Fensterrahmen mit der Innenkantenlänge von 1 Meter und der Länge der Diagonalen von \sqrt{2} Meter, sind bloss Modelle, die wir uns von diesem Gegenstand «Bilderrahmen» machen. Die Tatsachen, dass die Längen 1, bzw \sqrt{2} Meter betragen, gehören ebenso zu unserem Modell. Modelle sind Vorstellungen und damit höchst immateriell. Die Wirklichkeit besteht also nicht rein aus Materie, sondern – im Gegenteil – aus immateriellen Vorstellungen, Modellen oder Ideen, die lediglich in unseren Köpfen verankert sind.

Die Wirklichkeit stellen wir uns vor

Hier sind wir wieder bei der Letztbegründung angelangt, die auch bloss Ideen in unseren Köpfen sind. Und wer jetzt vorwitzigerweise behauptet, dass das Fehlen einer Letztbegründung sich auf den Wirklichkeitsskeptizismus selbst anwenden lässt und somit zu einem performativen Selbstwiderspruch führe, dem kann ich sagen, dass Wirklichkeit, Letztbegründungen und Widersprüche auch bloss Modelle, Überzeugungen, Glaubenssätze oder Ideen im Kopf eines Menschen sind.

© Einleitung: Dirk Boucsein, Text: Peter Addor

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
5 1 vote
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

 

39 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Die Wirklichkeit besteht also nicht rein aus Materie, sondern – im Gegenteil – aus immateriellen Vorstellungen, Modellen oder Ideen, die lediglich in unseren Köpfen verankert sind.“

Meinst du, es gäbe eine immaterielle ontologische Welt oder ist das nur eine Sprachfigur. Wittgenstein scheint doch recht zu haben.

Peter Addor
Peter Addor
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,

Vielen Dank für deine Nachfrage! Eigentlich wollte ich ja in erster Linie nur das Buch von Müller-Stach bezüglich seinen Aussagen über Wahrheit und Wirklichkeit rezensieren. Leider lässt er die Frage nach der Wirklichkeit offen und ich habe die Lücke mit einigen (vielleicht nicht abschliessbar durchdachten) Gedanken gefüllt.

Ich glaube schon an eine materielle Wirklichkeit, aber wir können sie bloss bruchstückhaft und in Form von Modellen und Vorstellungen wahrnehmen. Wenn wir also denken, dass p, dann müssten wir bewesien, dass p der Fall ist. Das will uns aber meistens nicht so recht gelingen und so stellen wir uns vor, dass p der Fall ist und dass das auf diese und jene Weise der Fall sein könnte. Jeder Mensch macht sich da so seine eigenen Vorstellungen, die oft sehr inkompatibel sind. Ich stelle sogar unter Mathematikern fest, dass sie von mathematischen Wahrheiten sehr unterschiedliche Vorstellungen haben.

Das heisst für mich, dass ich Wittgenstein nicht folgen kann, wenn er sagt, dass die Welt alles ist, was der Fall ist. Niemand scheint Gewsissheit darüber zu haben, was wirklich der Fall ist.

Herzliche Grüsse,
Peter

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Peter Addor

Wittgenstein definiert die Welt ausschließlich durch tatsächliche, bestehende Sachverhalte. Die Welt besteht also nicht aus „Dingen an sich“, sondern aus Tatsachen, also aus dem, was (für uns) tatsächlich der Fall ist, nicht aus dem, was möglich wäre oder sein könnte. Potenzialitäten gehören nicht zur Welt im Wittgenstein’schen Sinne.
Das ist eigentlich eine ganz einfache Aussage.
Natürlich ist für jeden etwas anderes der Fall, aber es gibt schließlich artspezifische Gemeinsamkeiten, die die Wissenschaft versucht zu erforschen und zu formalisieren.

Peter Addor
Peter Addor
2 Monate zuvor

Lieber Herr Stegmann, ja, ich denke, dass ich Wittgensteins Definition der Welt schon richtig verstanden habe. Aber Sachverhalte, Tatsachen, das, was der Fall ist, lassen sich eben niemals feststellen. Daher kann ich Wittganstein nicht folgen. Was sind denn Ihre „artspezifischen Gemeinsamkeiten“? Meinen Sie z.B. das Gefühl, wenn wir beide vom Regen klitschnass sind? Ja, dieses Gefühl ist vermutlich für alle Menschen gleich. Und dennoch können wir nicht sagen, ob es der Fall ist, dass es regnet.
Freundliche Grüsse, Peter Addor

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Peter Addor

Lieber Peter Addor,

ich denke, man muss eine mehrstufige Erkenntnistheorie einführen. Sie kann helfen, verschiedene Ebenen der Wahrheitserkenntnis zu unterscheiden:

1. Subjektive Ebene: Die persönliche, erfahrungsbasierte Wahrheit.

2. Formale Ebene: Logische oder mathematische Wahrheit, unabhängig von subjektiver Wahrnehmung.

3. Meta-Ebene: Reflexion über die Bedingungen und Grenzen der Erkenntnis.

4. Meta-Meta-Ebene: Eine tiefere Ebene, die die Strukturen und Voraussetzungen der Meta-Erkenntnisse selbst kritisch hinterfragt.

Nur so ist es m.E. möglich, zwischen persönlicher Wahrnehmung und übergeordneten Erkenntnisstrukturen zu differenzieren und die Komplexität der Wahrheitstheorien zu fassen.

Und dann kann man seine eigene Wahrheits- oder Erkenntnistheorie entfalten.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor

Ich habe diesen Zusammenhang versucht, differenziert zu beschreiben. Bevor ich das hier seitenlang ausführe, verweise ich lieber auf meinen Artikel: https://www.dr-stegemann.de/erkenntnistheorie-anthropischer-relativismus/genetisch-relativistische-erkenntnistheorie/

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Peter Addor

Nur so kann man die Frage, ob es draußen regnet, richtig einordnen und beantworten.

Bernd Stein
Bernd Stein
2 Monate zuvor

Hallo Wolfgang,
iuch habe mir Deinen Artikel durch gelesen. Das ist alles schöne Theorie, die in ihrer Argumentation konsistent ist. Sie läßt nur die Erfahrung außer acht. Denn unser Verstand arbeitet nicht systematisch, sondern selektiv, er wäre sonst überfordert. Und weil er selektiv arbeitet, irrt er, denn im Zuge der Selektion wird das was unwichtig erscheint, oder automatisch geschieht, ausgeblendet. Wo kommen Irrtümer in Deiner Thorie vor? Und was sind die Mechanismen, diese zu überwinden?

Grüße Bernd

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Bernd Stein

Mir kommt dein Kommentar so vor, als hätte ich die Prinzipien des E-Autos beschrieben und du wendest ein, dass es draußen aber regnen würde.

Bernd Stein
Bernd Stein
2 Monate zuvor

Ja, eines Kabrio-E-Autos.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Bernd Stein

Ja genau, der Fokus liegt auf dem Prinzip des E-Autos und nicht des Cabrios!

Bernd Stein
Bernd Stein
2 Monate zuvor

Hallo Herr Addor,

Was ist „die Welt“, was sind „Tatsachen und was ist „der Fall“. Sagten Sie nicht im Zusammenhang mit der Logik der Sprache „… man muss genau definieren, was eine Aussage ist…“ ( wenn sie „wahr“ sein soll).  Ja was soll das denn sein „der Fall“ oder eine „Tatsache“. Redet Wittgenstein nicht auch um den Brei herum ?

Und soll die Wirklichkeit wirklich aus immateriellen Vorstellungen, Modellen und Ideen bestünde, „die lediglich in unseren Köpfen verankert sind“. Das ist die resignierende Folgerung des Realisten, der mit seiner Vorstellung, es würde eine äußere objektive beschreibbare Wahrheit existieren, gescheitert ist.

Wenn die Welt vom Standpunkt  des wissenschaftlichen  Realisten betrachtet wird, in der es in der Welt Wahrheiten geben sollte, zum Beispiel dass es eine Wahrheit über von unserem Erkenntnisvermögen unabhängigen Gegenstände und Strukturen gibt, die auf bestimmte Weise beschaffen sind, landet man am Ende immer in Problemen. Zwar streben wir danach, die  Wahrheit dieser Strukturen zu erkennen, aber wir kriegen sie weder mit der natürlichen Sprache, auch nicht mit der Logik und auch nicht mit der formalen Sprachen zu fassen. Dann muss man sich doch die Frage stellen, ob die Voraussetzungen, unter denen die äußere Welt in den Blick genommen wird (realistische Sichtweise), zutreffen.

Das Problem setzt sich ja fort, und führt den Realisten, der an Wahrheiten in der gegenständlichen Welt glaubt, schnurstrasks zu den unbeantworteten Fragen der Quantenphysik, die eingangs meines letzten Beitrags auf diesem Forum genannt sind.

Ich meine, es gibt alternative Betrachtungsweisen, die an der praktischen Handhabung „der Welt“ ansetzen.  Was halten sie von folgender Idee:  

Aussagen über Etwas können wir erst machen, wenn wir dieses Etwas beobachten, rationalisieren, Erfahrungen sammeln, und wenn wir dann eine Sprache (Begriffe) erschaffen, um gemeinsam in überliebensdienliche Weise mit diesem Etwas gut und immer besser umzugehen. Und wenn diese Sprache gut funktioniert, dann ist es in der Kommunikation sehr effektiv, so zu tun, als gäbe es  dieses Etwas auch unabhängig von der Sprache und unseren Rationalisierungen. Unsere Beschreibungen von dem was es alles gibt, sind dann Konstruktion und Konvention – wir sind dann sehr pragmatische Konstruktivisten und gleichzeitig Instrumentalisten, und gleichzeitig gerieren uns auch als Realisten, weil oder falls dies so bequem ist. Bei diesen Rationalisierungen hat auch die „Wahrheit“ einen Platz, aus der Distanz wissen wir auch welchen, eben einen relationalen.

Probleme mit der Wahrheit entstehen nur, wenn man an der reinen Lehre des Realisten festhält, Begriffe seien nicht zu instrumentalischen Zwecken konstruiert, sondern in Korrespondenz zu einer Wahrheit, wenn also die dem realistischen Blick vorgängige konstruktive und instrumentalistische Phase pragmatischer Begriffbildung vergessen worden ist.

Es ist dieses Vergessen, das uns in die Sackgasse führt.

Ihre Meinung zu dieser These, mit der ich offenbar auf weiter Flur alleine dastehe, würde mich interessieren.

Es grüßt Sie
Bernd Stein

Peter Addor
Peter Addor
2 Monate zuvor
Reply to  Bernd Stein

Lieber Herr Stein

Vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar. Trotzdem verstehe ich nicht ganz, was Sie sagen wollen. Zunächst kritisieren Sie mich. Dann sprechen Sie von Wahrheit, die ich ja ins Reich der Platonschen Ideen verbannt habe. Schliesslich übertreffen Sie meinen Pessimusmus noch, indem Sie feststellen, dass „…wir [die Wahrheit] … weder mit der natürlichen Sprache, auch nicht mit der Logik und auch nicht mit der formalen Sprachen zu fassen [kriegen] … [und uns] die Frage stellen, ob die Voraussetzungen, unter denen die äußere Welt in den Blick genommen wird…, zutreffen“. Immerhin gibt es für mich eine formale Wahrheit innerhalb formaler Sprachen. Nur ist diese nicht auf „die Welt da draussen“ anwendbar.

Gemeinsam ist uns, dass wir etwas ratlos herumstehen und uns fragen: „was nun?“. Ihre Idee, die Sie dann präsentieren, ist mir nicht unsympatisch, wenngleich noch viel zu platonisch, da Sie irgendwie an der Wahrheit hängen. Nochmals: Die Aussage „es regnet“ kann weder wahr noch unwahr sein, weil wir gar keine Möglichkeit haben festzustellen, ob es tatsächlich regnet. Zwar bin ich bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass wir „beobachten, rationalisieren, Erfahrungen sammeln, und wenn wir dann eine Sprache erschaffen, um gemeinsam in überliebensdienliche Weise mit diesem Etwas gut und immer besser umzugehen“ (dann was? Da fehlt irgend ein Ziel oder Grund). Ja, wir beobachten und sammeln Erfahrungen. Beide kommen wir zur Überzeugung, dass es sehr wahrscheinlich regnet und wir tauschen Indizien und Argumente dafür aus und etablieren in unseren Köpfen die Vorstellung, dass es jetzt und hier tatsächlich richtig regnet. Und dennoch werden wir nie wissen, ob es der Fall ist, dass es regnet.

Sie sprechen auch mehrmals von „Sackgassen“. Aber wir haben gar keine Möglichkeit, dies festzustellen, weil das Deadend von Nebel verhüllt ist. Wir können uns vorstellen, dass die Gasse durchgängig oder eine Sackgasse ist. It’s up to you!

Erzählen Sie mir mehr von Ihrer „alternativen Betrachtungsweisen, die an der praktischen Handhabung „der Welt“ ansetzt“!

Freundliche Grüsse,
Peter Addor

Bernd Stein
Bernd Stein
2 Monate zuvor
Reply to  Peter Addor

Hallo Herr Addor,

Was ich meine, lässt sich an einem Beispiel darstellen:  

Wir beobachten einen Gegenstand und sagen, er ist an einem Ort, er ist genau da (Ortskoordinaten). Aus realistischer Sicht „hat“ ein Gegenstand immer einen Ort (laut Herrn Stegmann hat er diesen möglicherweise als ontologische Entität in Besitz genommen). Es ist tiefste Erfahrung, dass ein Gegenstand einen Ort hat, und zwar unabhängig davon, ob wir hinsehen oder nicht: schon vor 1 Mio Jahren waren alle Gegenstände im Universum an einem Ort – oder nicht ?

Dann kam die Quentenphysik und sagte: nein ein Gegenstand ist im Allgemeinen nicht an einem Ort. Er ist gleichzeitig irgendwo und nirgends. Er ist an allen Orten gleichzeitig. Erfahrene Physiker sagen vorsischtig: man kann im Allgemeinen (!) im atomaren und subatomaren Bereich vom „ Ort“ eines Gegenstandes nicht sprechen.

Ja nun ? 2000 Jahre Erfahrung wird auf einmal widersprochen. Ein Weltbild bricht zusammen. Dabei ist die Lösung ganz einfach: einen Ort „hat“ ein Gegenstand nur, wenn wir ihm einen Ort zuordnen. So muss es auch ganz am Anfang gewesen sein: Lebewesen teilen dem anderen Lebewesen mit, wo sie den Gegenstand sehen, sie ordnen einen Ort zu, andere machen das auch, und dann stellt man fest, ja jeder (fast jeder) ordnet bei ein- und demselben Gegenstand den gleichen Ort zu, und dann einigt man sich auf die einfache Sprachregelung: dieser Gegenstand, genauso wie alle anderen beobachteten, ist immer an dem beobachteten Ort, und weil das gut funktioniert kann man irgendwann sagen (kürzere Sprechweise, Objektivierung um Subjektives auszuschalten): der Gegenstand ist da und da.

Es ist nur eine andere Sprechweise. Eine verkürzte. Man versteht aus dem Kontext, was mit dem Begriff Ort gemeint ist.Verkürzte Sprechweisen sind gang und gäbe: „Herr Doktor, ich habe Rücken.“ Wir sind sehr eingeübt damit, wir objektivieren damit, und durch diese objektivierende Sprachregelung wird die Beschreibung der Dinge durch die Perspektive, Intention und Begriffsstruktur des Sprechenden nicht gefärbt.

Das ist, wenn Sie so wollen, ein Meta-Realismus, den wir praktizieren. Es ist eben praktisch, so zu verfahren, als gäbe es objektive Wahrheiten, das vereinfacht den Umgang mit der Natur, es gibt also durchaus ein Ziel und einen Grund: die Effektivität der Kommunikation (bei Gefahr wichtig). Wir praktizieren dies so im Alltag und in der Wissenschaft auf grandiose Weise. Und viele Philosophen kommen daher und wollen diesen Pragmatismus nicht wahrhaben. Und vor allem die Phyisker, die an ihrem wissenschaftlichen Realismus festhalten bis zum Untergang, dem Untergang jeder Erklärungskraft, die ihre Sprache bezogen auf die Fragen der Quantenphysik noch bereithält. Ende der Straße ist die Quantenphysik und die sagt uns, die Dinge sind nicht so wie sie sind, sie lassen sich nicht vollständig objektivieren, ihr müßt wieder mit Zuordnungen anfangen und neue Begriffe suchen – die realistische Sicht endet grandios in Sackgasse. Mich wuder nur, dass wenn man dann neue Begriffe an, diese abgwiesen werden.

Letztlich lässt sich alles, was objektiviert ist (z.B. formale Sprachen), zur Wahrheit erklären, eben am leichtesten erklären, und dem, was nicht objektivierbar ist, nämlich individuelle Abstraktionen, kann man leicht widersprechen.

Es gibt also ein Ziel (vereinfachte Sprechweise, Verlagern des Verstehens in den Kontext), und es gibt auch ein schreckliches Dead End in der Sackgasse des
Realisten – dies seit hundert Jahren.

Aber ich würde Ihnen gerne am Ende doch eine Wahrheit anbieten, einmal zum Diskutieren. Diese Wahrheit ist nicht in der wirklichen gegenständlichen Welt gelegen, sondern in der modalen Welt. Die Menge an realisierbaren Möglichkeiten, von der wir sprechen, dass es sie gibt, sind diese wahr oder unwahr ? Ich meine sie sind das Einzige, was wir wirklich objektivieren können, daher besitzen sie Wahrheitsgehalt. Wenn ich sage, ein Lichtalter ist so konstruiert, dass es nur zwei Möglichkeit einer Schalterstellung gibt, ein oder aus – ist das dann wahr oder unwahr? Ich meine es ist immer wahr, es ist so wahr wie 1+1 = 2, es gibt also doch eine Sprache, die Wahrheiten ausspricht – dabei müssen wir über die „Wahrheiten“ in der Realität – die Schalterstellung selbst -gar nichts wissen.

Es gibt also auch Wahrheiten über dem Raum der Möglichkeiten, und diese lassen sich sogar in der natürlichen Sprache u n d aiuch in einer formalen Sprache darstellen, also in der, von der sie behaupten, sie würden Wahres aussagen.

Was halten Sie davon?

Grüße
Bernd Stein

Peter Addor
Peter Addor
2 Monate zuvor
Reply to  Bernd Stein

Guten Tag, Herr Stein!

Im ersten Teil Ihrer Replik sprechen Sie von Konsens. Die Tatsache, dass die meisten Menschen den Gegenstand am selben Ort sehen, ermöglicht uns abkürzend zu sagen, der Gegenstand sei tatsächlich an diesem Ort. Da bin ich ganz mit Ihnen und sehe das gleich. Nur ist diese konsensbasierte Wahrheitstheorie in einer Zeit, wo alle einander hasserfüllt widersprechen, nicht immer zielführend.

Im zweiten Teil sprechen Sie von realisierbaren Möglichkeiten. Meinen Sie, dass in einer Menge von realisierbaren Möglichkeiten immer mindestens eine „wahr“ ist? Ihr Beispiel vom Lichtschalter erhellt mir die Konstruktion nicht vollständig. Schliesslich kann ich den Schalter auch in eine Mittelstellung setzen oder er steht auf „ein“, aber das Licht brennt nicht, oder andere denkbare Kombinationen.
Ihrer abschliessenden Bemerkung „Es gibt also auch Wahrheiten über dem Raum der Möglichkeiten“ stehe ich noch etwas skeptisch gegenüber.

Freundliche Grüsse,
Peter Addor

Bernd Stein
Bernd Stein
2 Monate zuvor
Reply to  Peter Addor

Hallo Herr Ador,
ja es kann sein, dass acuh Möglichkeiten nur relativ wahr sind, weil es sie für den einen gibt und für den anderen nicht.

Möglichkeiten werden von äußeren Umständen erzeugt und es gibt dann Möglichkeiten je nach der jeweiligen Konstellation der physikalischen Umgebung. Aber dann stellt sich die Frage, ob nicht den Naturgesetzen eine Wahrheit innewohnt. Das würde dann bedeuten, dass es wahr ist, dass es bestimmte Möglichkeiten im Raum der Möglichkeiten nicht gibt.

Die Tatsache, dass ein massebehafteter Gegenstand einen anderen gleichartigen im ganzen Universum regelhaft anzieht und nicht abstößt wäre dann eine universelle Wahrheit.

Grüße Bernd

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor

Typische Situation der Neuzeit – gilt es mir zunächst einmal dem entgegen zu bringen, was sich nämlich auch darüber explizit auszeichnet, derart man die ‚Philosophie‘ als einen Teil der Wissenschaft etabliert hat und dabei übergeht, derart ‚das darin Vollziehende‘. überhaupt nichts mit seinem Ursprung zu tun hat – außer in geschichtshistorischem Sinn in Teilen von Sammelwerken.

Ausgehend fehlt es hierin zwischenzeitlich völlig dem Verständnis für die Etablierungen der (deutschen) ‚Begriffe‘, in ihrer Konfrontation mit den (lateinischen/latinisierten) ‚Substantiven‘, gemäß dem man auch die Wörterbücher durch das Lexikon ersetzt hat. Zumal kennt man auch gar nicht den Umstand, seiner Unterscheidung des Griechischen/Lateinischen/Deutschen und WAS es mit den jeweiligen Etablierungen auf sich hat.

Dieser aufbringende Beitrag, ist ein wahrlich demonstratives Muster, derart ‚Wissenschaft‘ mit Scheuklappen hantiert und DEM Dualismus entspricht, welcher tatsächlich ein (verdeckter) Monismus ist. NUR wer DEN Kern der kulturell durchgängigen Verhältnisse er-/kennt, gelangt überhaupt zu einem Durchblick – ansonsten entsteht einzig Verwirrendes – wie eben auch dieser Beitrag vollzieht, worin gemäß des Regulären, DIE elementaren Unterscheidungen des jeweiligen Zugrundeliegenden der synomynem Bestandteile, gänzlich übergangen wird – somit überhaupt erst DIE Ver(w)irrung etabliert.

Als Muster gilt es mir hierzu den ‚Begriff‘ Wahrnehmung herauszugreifen, derart dieser nämlich in seiner Bedeutung von ‚für wahr nehmen‘ seine deutschsprachige Etablierung erfuhr und darum auch NICHT von den Philosophen überhaupt verwandt wurde, sondern man sich stattdessen auf die englischsprachigen Grundlagen von perception, apperception, etc. bezog – im Gegensatz zu Kant, welcher die Situation deregulierend klärte, derart sich ‚der Vorgang der Bewußtwerdung‘ doch über die ‚Anschauung‘ und somit über den ‚inneren Sinn‘ vollzieht.

WO findet man DEN Bezug des ‚inneren Sinnes‘?

Für die Wahr-heit gilt eben auch Gleiches, was hingegen seine zugrundeliegende Misere darin erfährt, derart sämtliche Lehren sich einzig auf Worten begründen – somit der Rationalismus gegenüber dem Empirismus, sich entsprechend durchsetzte, gemäß in dem reinen Sprachbezug, eben auch keine Realisierung überhaupt möglich ist. Insofern man darin nach ‚Wahrheit‘ gemäß DER ‚Wahrnehmung‘ sucht, man sich eben einzig in DEM Käfig der Gefangenheit bewegt, worin es kein entkommen daraus sich ergibt. Verknüpft wird dies mit dem Umstand, derart die Sinne weder Begründungen, noch Erklärungen liefern. Und WAS DEM gegenüber die Sinne ‚besagen‘, kann sich SOMIT auch DEM gegenüber gar nicht behaupten.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor
Reply to  Jörg Lenau

„Als Muster gilt es mir hierzu den ‚Begriff‘ der Wahrnehmung herauszugreifen, derart dieser nämlich in seiner Bedeutung von ‚für wahr nehmen‘ seine deutsche Etablierung erfuhr…“

Etymologie Wahrnehmung/wahrnehmen: von ahdt. wara neman und mhdt. war nemen; bedeutet soviel wie ‚in die Acht nehmen‘ oder ‚die Aufmerksam auf etwas richten‘ und hat mit ‚Wahrheit‘ bzw. ‚für wahr nehmen’ nichts zu tun.

‚Wahrnehmen‘ ist also mit dem frz. ‚apercevoir‘ (erkennen, erblicken, bemerken, etc.) gleichbedeutend.

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich rezitiere als Gegenüberstellung:
“ wahrnehmen Vb. ‘durch Sinnesorgane zur Kenntnis nehmen, bemerken’, ahd.wara neman (10. Jh.), …“
Dies bezieht sich somit auch einzig auf den Bezug von ‚perception‘ (perceive) und entbehrt DEM Bezug von apperception.
Maßgeblich: ohne ‚Reflektion‘ vollzieht sich überhaupt keine ‚wahrnehmende Wahrnehmung‘ – WAS reflektiert somit, ist das Maßgebliche, worum es sich darin dreht.
Sind es die äußeren/inneren Sinne, oder ‚das Geistige‘ – darum dreht sich das Elementare der Auseinandersetzung von Emprismus und Rationalismus.

Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
2 Monate zuvor
Reply to  Jörg Lenau

Perception und apperception sind zwei Aspekte der Wahrnehmung, aber nicht ihre ontologische Grundlage. In der Realität kann man die Prozesse der Wahrnehmung und Reflexion nicht trennen, da sie untrennbar miteinander verbunden sind. Die Bewusstwerdung dessen, was wahrgenommen wird, also die Reflexion (Apperzeption), ist immer Teil des Wahrnehmungsprozesses und nicht als separater Schritt zu verstehen.

Der Bezug zu Empirismus und Rationalismus ist hier fehl am Platz. Diese philosophischen Strömungen sind erkenntnistheoretische Ansätze und beschäftigen sich mit der Frage, wie Wissen gewonnen wird, also mit den methodologischen Grundlagen der Erkenntnis. Sie behandeln abstrakte Theorien darüber, wie Erkenntnis zustande kommt – ob durch Sinneserfahrung (Empirismus) oder durch Vernunft (Rationalismus) –, aber sie zielen nicht direkt darauf ab, zu erklären, wie Wahrnehmung oder Reflexion im konkreten Sinne funktionieren.

Wahrnehmung und Reflexion sind Prozesse, die ontologisch untrennbar miteinander verwoben sind, während der Empirismus und der Rationalismus auf einer abstrakten Ebene diskutieren, wie man Erkenntnisse gewinnt.
Ich hoffe, der Unterschied wird klar.

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor

Mir ist ihr ‚Abbild‘ sogar sehr klar, denn dies entspricht dem Generellen der etablierten Neuzeit einer ‚Wissenschaftsphilosophie‘, worin es weder die inneren Sinne (zumal noch nicht einmal die inneren körperlichen Organe) im ‚Sinnesbezug‘ gibt – hingegen sich auf den abseitigen Physikalismus – auf Körper und Gehirn bezieht.
Auch wenn man es ersucht, so kann man hingegen doch nicht die ‚Ursprünge‘ verändern, zumal derart immer mehr die Originale öffentlich und somit zum Inhalt werden, so es auch mir zugänglich wurde und sich darin eben auch mit einer Aufklärung verband, derart DIE Wissenschaft eben DAS Alles überhaupt nicht enthält.
Indess gilt es mir eben auch auf meinen Ursprung zurück zu kommen, derart man gemäß des Rationalismus, ein ‚für wahr nehmen‘ etablierte (DAS repräsentiert die Vernunft). Somit bilden unsere beider Gegenüberstellungen, eben gar keinen ‚Widerspruch‘ darin, sondern vielmehr liefert dies darüber DIE erforderlichen scheidenden Aufklärungen.

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor
Reply to  Jörg Lenau

Mir ging es eigentlich nur um den Wahrheitsbegriff in „für wahr nehmen“. Der liegt nicht im Begriff der Wahrnehmung, sondern entsteht erst als Kampfbegriff in der logisch-analytischen Reflexion scheinbar entgegengesetzter (dualer bzw. komplementärer) Begriffe. Aber diese sind, falls gut gewählt, Kategorien zwischen denen keine logische Verbindung besteht. Mit der Kategorie verläßt das Denken die Zeit-Linearität der Reflexion und breitet sich im ‚Raum‘ zu Gestalten aus, die der algorithmisch verfahrenden Logik prinzipiell nicht zugänglich sind. Denn im ‚Raum‘ ist A & Absolut_nicht_A wahr; im Raumpunkt x,y,z z.B. finden sich die orthogonalen/kategorialen Größen x, y und z nicht nur widerspruchsfrei zusammen, sie erzeugen ihn!

Fazit: der Rationalist denkt widerspruchslos ‚räumlich‘; dem Intellektuellen gibt die Logik alles Seil sich an Scheinwidersprüchen aufzuhängen.

————————————

P.S. Hamlets Zeit ist abgelaufen, weil er im Gegensatz zu Ho-ratio nicht vernünftig (rational) sondern logisch-analytisch denkt und folgerichtig entscheidungs- und handlungsunfähig wird. War je ein Theaterstück aktueller?

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Sie (an-)erkennen offensichtlich beide nicht, derart wir es hierin mit einem ‚urdeutschen‘ Begriff zu tun haben, welcher zwar in Wissenschaft und Philosophie gelangte, jedoch sein ‚Prinzip‘ von ‚für wahr nehmen‘ eine entsprechend ureigenständige ist. So haben Sie zwar in ihrer Bezugnahme, derart es sich um eine Reflektion handelt, den entsprechenden Bezug, jedoch entspricht DAS ’nehmen‘ hingegen ein ‚annehmen‘ und ist vielmehr mit dem ‚Glauben‘ verknüpft und eben in keiner Weise zumal auf eine ‚analytische Ergründung‘ bezogen – eben DER reguläre Akt des Menschen, derart dieser ‚regulär‘ die Dinge so nimmt, wie sie sind (diesem in Erscheinung gelangen).

Ich verweise hierzu auf den Sachverhalt, derart die ‚deutschsprachige‘ Philosophie sich auf dessen ‚lateinisch begründeten Übertragung‘ (des Christentums) etablierte, hingegen explizit das Umgangssprachwesen vollzog, weil es universitäre Grundlage (in seiner Scheidung dem gegenüber) wurde. Und wie besagt, treffe ich ‚darin‘ in keiner Weise, auf die Anwendung des Bezuges von ‚Wahrnehmung‘. Man möge mich des Besseren belehren, falls ich damit falsch liegen sollte, derart ich besage, daß das Wort keine Verwendung derzeit erfuhr, sondern dies sich erst über die Wissenschaft vollzogen hat – darin sich jedoch davon isolierend, stattdessen auf die kürperlichen Sinne und Gehirn bezieht.

Mario
Mario
2 Monate zuvor

Hallo,
Ich bin zufällig hier angekommen.
Ich bin auf der Suche nach Infos über weniger bekannte griechische Philosophen.
… ich bin sprachlos… so viel geballte Philosophie… da fällt mir echt nur der Satz von Sokrates: Ich weiß, dass ich nichts weiß…
Nicht ein Thema wo ich mitreden könnte… aber ich werde hier weiterstochern… mich durchbeißen bis ich was kapiere 😉
Endlich mal ein Blog mit IQ zum Nachdenken.

Muchas gracias
Mario

Mario
Mario
2 Monate zuvor
Reply to  Philo Sophies

Hallo Dirk,
vielen Dank für deine aufmunternden Worte.
Ich sehe schon: Wasser ist nicht gleich Wasser,
Es ist voll spannend, auch wenn ich nur die Hälfte verstehe.
Auch die Seite von Dirk Bührig ist sehr Lesenswert. Danke für den Tipp.

Solltet Ihr bei Gelegenheit in Karlsruhe sein, besucht mich, ein Glas Rotwein geht aufś Haus.

Muchas gracias

Grüße aus Karlsruhe
Mario

Mario
Mario
2 Monate zuvor
Reply to  Philo Sophies

Ach das ist ja richtig cool!!
Toro Tapasbar,
Ich freue mich mega wenn Christian vorbeikommt!!!
Ole!!

Christian Bührig
2 Monate zuvor
Reply to  Mario

Lieber Mario,

gern besuche ich Dich demnächst mal in Deiner Tapasbar in der Akademiestraße!

Mein Einsteig zum Bloggen setzte bei den Griechen und deren Metaphysik an, wie Dirk andeutete! Und auf der Suche nach neuen Theorien in dieser Denktradition jenseits von Demokrit stieß ich dann eher zufällig auf das Konzept „Materiewelle“ von Schrödinger in der modernen Quantenphysik. Und wunderte mich sodann, an einigen Stellen einen Anachronismus zu Anaximanders Apeiron entdeckt zu haben.

Gern bei einem Glas Wein mehr, wenn es Dich tatsächlich interessiert!

LG, Christian
Ole!

Mario
Mario
2 Monate zuvor

Hi Christian,
Fangen wir mit den Griechen an.
Step by Step!
Ich freue mich auf deine Erzählungen.
Bis Baaaaaald.
Oleeee

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor

‚Matter‘ und ‚Mind‘ sind keine analytischen, sondern synthetische Begriffe. Indem sie Kategorien und damit orthogonal sind (nichts ist in ‚Matter‘ was in ‚Mind‘ ist), sind sie wechselweise konstitutiv. Es macht daher keinen Sinn ‚Mind‘ in der Abwesenheit von ‚Matter‘ zu diskutieren (oder umgekehrt). Logisch (affirmativ) ist der Dualismus ein unentwirrbares Konundrum – geometrisch ist er trivial, nämlich unmöglich-widersprüchlich.

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Sie sind ‚umgangssprachliche‘ Begriffe, worin ‚matter‘ von Newton naturwissenschaftlich und ‚mind‘ von Locke philosophisch seine Etablierung erlangte – haben somit auch gar nichts miteinander zu tun!

Heinz Luediger
Heinz Luediger
2 Monate zuvor
Reply to  Jörg Lenau

Matter und Mind „…haben somit auch gar nichts miteinander zu tun!“

Richtig! – Sie haben es kapiert! Gratulation!

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor
Reply to  Heinz Luediger

Ich hoffe, Sie ebenfalls, denn DIES bezog sich auf die Scheidung von Wissenschaft und Philosophie, hingegen hat sich nie etwas daran geändert ‚derart‘ mind matters – und wurde entsprechend auch zum Zentrum der Belange, nicht erst in seinen europäischen Etablierungen, woraus hervorging, WAS es damit auf sich hat – dessen Aufklärung jedoch in der Versenkung verschwunden ist – DER Zerfall eben auch die Gegenwart ‚darstellt‘. Nur wer DEN Grundstock kennt, gelangt eben auch einzig zur ‚Vergegenwärtigung‘!

Thorbjørn Mann
Thorbjørn Mann
2 Monate zuvor

Der Artikel und die Kommentare zu dem alten Problem der Wahrheit sind interessant. Was mich aber seit langem – wundert, ist der Anschein (ich kann nicht behaupten, alles erforschte und geschriebene dazu gelesen zu haben — dass Philosophie und Logik einen Aspekt aus der Diskussion auslassen, der für die Praxis der Planer, Architekten und Politiker sehr wichtig ist. Ich habe den oft erhobenen Anspruch gehört, dass man doch bei diesen Tätigkeiten sich an die Fakten und deren Wahrheit halten soll, was mit ‘Argumenten’ diskutiert (und z. B. von H. Rittel als Argumentative Modells der Planung vorgeschlagen wurde). 
Von Architektur und deren Methodik kommend, begann ich dann in den für Argumentation ‘zuständigen’ Disziplinen um Hilfe zu suchen, wie man die Argumente — die ‘Für und Wider’ der Planungsdiskussion bewerten sollte. Ich fand aber, dass die Argumente, die z.B. in den Logik-Texten behandelt werden, mit der ‘Wirklichkeit’ der in sochen Diskussionen vorkommenden Argumenten nur zu einem sehr geringen Teil zu tun haben. Schon das Kriterium der Wahrheit der Schlussfolgeringen zur Fraga (‘Soll Plan A umgesetzt werden?’) erwies sich als unzutreffend für mindestens zwei der Prämissen des typischen ‘Planungs-arguments’: 
‘Schlussfolgerung’: Plan A soll zur Umsetzung akzeptiert werden’
weil
1)  Plan A zur Wirkung B führen wird, angenommen Bedingungen C
und
2) Effekt B soll angestrebt werden’
und
3) Bedingungen C sind gegeben (bzw werden bei der Umsetzung gegeben sein).
Für und Wider-argumente können durch einfache +(‘Ja’) oder -(Nein) Zusätze unterschieden werden. Natürlich werden in der Praxis nicht immer alle Prämissen erwähnt sondern als zutreffend angenommen, und auch nicht in immer dieser ‘Standard-form’, in die aber die meisten Diskussionsbeiträge ausgedrückt werden können. 
Aber schon der Ausdruck ‘Für und Wider’ belegt doch, dass es für jeden Plan mehrere Argumente gibt, (mindestens zwei: Nutzen und Kosten) und dass es für Planungsentscheidungen eher um deren ‘Gewicht’ geht, als um die Frage oder Annahme, dass es e i n ‘Argument gäbe, (ein ‘clinching’ argument) welches den unabweisbar ‘wahren’ Schuss erzeugt und damit alle anderen Argumente logisch als ‘Falsch’ beweist, nach dem alten Mantra ‘tertium non datum’. 
Weiter: Die Prämissen 1 und 2 beziehen sich auf die Zukunft (ebenso die Behauptung in der Klammer der Prämisse 3). Sie können doch nicht als ‘objektiv beobachtbar’, (ein in der Naturwissenschaft primäres Kriterium) wahr’ oder ‘falsch’ angesehen werden. Bestenfalls als ‘wahrscheinlich’ was aber nicht den Sinn der Prämisse 2 trifft, ebenso wie Bestrebungen z.B der deontischen Logik, dennoch zu deduktiven W/F Resultaten zu kommen. Ich schlage deshalb vor, den Anspruch auf W/F Wahrheit für solche Argumente aufzugeben und stattdessen den Ausdruck ‘Plausibiliät’ zu benutzen, (der Einfachkeit halber für alle drei Prämissen), etwa auf einer vereinbarten +n zu -n Skala mit Mittelpunkt 0 (interpretiert als ‘weiss nicht’, währed die Endpunkte +/-n als ‘total plausibel’ nur bei ‘fast sicherer’ Meinung zu bewerten sein sollten.  

Dies mag natürlich für ernsthafte Sucher nach Wahrheit enttäuschend sein, scheint mir aber der ‘Wirklichkeit’ solcher Entscheidungen eher zu entsprechen: Können wir ‘wahr-haftig’ behaupten, unsere Entscheidungen für die Zukunft auf ‘Wahrheit’ zu begründen? Oder zugeben dass wir solche Entscheidungen nur auf unsere mehr oder weniger plausible Meinungen stützen? 

Jörg Lenau
Jörg Lenau
2 Monate zuvor

Dies klingt offensichtlich nach einem reinen Bezug der neuzeitlichen Philosophie, welche gar keinen Bezug mehr hat zu seinen Ursprüngen – zumal dem Zentrum der Auseinandersetzung und Spaltung des Empirismus und Rationalismus, in seiner deutschsprachigen Etablierung, was in seiner Aufklärung durch Kant mündete, jedoch von Schopenhauer noch seine Klarstellung erlangte, derart in DEN Vollzügen, doch überhaupt nicht der Sinnesbezug (tatsächlich) ermessen wird.

Meine Aufklärung beruht hingegen zwischenzeitlich darin, derart man gar nicht erkennt, derart man tatsächlich gar nicht mehr mit der deutschen, sondern romanisierten deutschen Sprache kommuniziert, worin gemäß der Grundlage des Latein, dies auf einer Objektivität beruht, welche das Subjekt überhaupt nicht enthält.

Vereinfacht ausgedrückt, hat man das, was man in der Mathematik etablierte (in seiner außen-vor-Stellung des Kontextes) und in dem Leitwesen der Physik umsetzte, ebenfalls generalisierend im Sprachbezug vollzogen und systemtisch die ‚deutschen Begrifflichkeiten‘, durch die lateinischen/latinisierten Substantive ersetzt.

cogito ergo sum -> (ICH) denke, also bin (ICH)!

Philo
Philo
1 Monat zuvor

Dear N. H. B.,

thank you for your very interesting contribution and the clear illustration of how „epistemology“, „metaphysics“ and „ontology“ are connected. I absolutely agree with this picture, but would like to add that this perspective requires a system-theoretical approach that stands outside the whole. I would therefore like to bring the term „metatheory“ into the discussion here. A few explanatory words on this.

Metaphysics is known to deal with the „underlying of natural phenomena“ and ontology with the „doctrine of being“. For me, there is not much difference between the two conceptual systems, since both deal with „entities“ that occur in nature or exist in our observation of nature and the attempt to justify them philosophically. However, in my view, ontology can actually be subsumed as a sub-area of ​​metaphysics. However, metaphysics is ultimately just a philosophical theory and therefore cannot be a „final justification“ in the sense of Hans Albert.

This is where things get much more exciting, however, as epistemology or the theory of knowledge comes into play. In my opinion, it is ultimately about one of the big questions: whether there is a reality in our reality that is independent of us. The dispute between realism and constructivism has not yet been finally settled.

So, in order to be able to answer your question in a more or less conclusive way, I would rather focus on epistemology, because otherwise you end up with anthropocentrism.

Thank you for your attention and
best regards
Philo

Philo
Philo
1 Monat zuvor

Dear K. S.,

thank you for your interesting objection, to which I would like to respond briefly, if I may.

I don’t think that „Metaphysics is More Necessary than Epistemology“. And that’s for a very simple reason, because we have no way of getting to the causal foundations of metaphysics, otherwise it wouldn’t be the concepts behind physics. This is where the system theory problem of „ineluctability“ lies.

Therefore, I think it makes more sense to explore our human epistemology, because we have better access to it thanks to the findings of cognitive neuroscience. This may not give us a new worldview or a new metaphysics, but we can at least learn more about ourselves and clarify how realistic or constructivistic our view of reality is.

Thank you for your attention and
best regards
Philo

Philo
Philo
1 Monat zuvor

K. S.,
thank you for your reply. I think I can understand your point very well, as it has been the basis of philosophy for over 2500 years.

The question that has preoccupied humanity is whether we can get to the underlying things that lie behind objective physics. Of course, you can put forward all sorts of concepts here. The problem, however, lies in verifiability, as they can only be justified purely logically and deductively.

So they actually represent a circular argument, as I cannot prove the premises that I put forward in the proof. There is a metalogical problem here that I have already tried to explore in an older essay „Metamathematics – isn’t it metalogical?!?“ (https://philosophies.de/…/2023/05/24/die-metamathematik/).

You write: „The very nature of information, its rapid expansion, and the questions it raises about how we understand the cosmos cannot be fully addressed by epistemology alone.“ Unfortunately, I see it differently. The „nature of information“ can be described very well in information theory. Shannon/Weaver, Wheeler and von Weizsäcker have developed very useful theories here that can also be used in practice.

I find your comment on „These are questions that touch on the essence of existence itself“ more interesting, because this is exactly where we end up back at epistemology. These are questions that are at least testable. That doesn’t mean that we get definitive answers here. But at least they can be examined.

To your question: „If the expansion of information is a co-evolution of knowledge and reality, would not metaphysics offer a more fitting lens to explore this phenomenon?“ I would answer „yes“, but only in the sense of a metatheory and not in the sense of a philosophical theory that adds new entities. So in this sense again more epistemological than ontological.

„Perhaps I am misunderstanding your position, but I do wonder whether focusing solely on epistemology might be missing the broader picture—one where metaphysical inquiries are more urgently needed than ever.“ You understand my point of view absolutely correctly and I agree with you.

I think we can never reach this „extra-systemic“ point of view because we are trapped in our „epistemic cave“ in the sense of the „Platonic cave allegory“. But I don’t think that’s so bad. It would be enough for me if we could at least learn a little more about ourselves.

Thank you for your interest and
best regards
Philo