Zoomposium mit Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter: „Energie aus dem «Nichts»“
1. Informationen zur Person
In dieser neuen Folge aus unserer aktuellen „Zoomposium-Reihe“ zum Thema „Energie und Klima“ oder den konkreten Lösungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Energieversorgung und Klimastabilität der Zukunft der Menschheit hatte mein Kollege Axel Stöcker vom „Blog der großen Fragen“ und ich die Möglichleit mit dem bekannten und renommierten Wissenschaftler des Fachbereichs Energie · Gebäude · Umwelt der FH Münster Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter ein Interview führen zu können.
„Herr Wetter ist seit mehr als 20 Jahren fortdauernd in einer Vielzahl von Projekten in umweltrelevanten Bereichen, insbesondere in der kommunalen und industriellen Abwassertechnik sowie im Bereich der erneuerbaren Energien in verantwortlicher Position tätig. Im Rahmen seiner Tätigkeiten ist Herr Prof. Dr. C. Wetter als Projektingenieur, als Gutachter, als Berater und als wissenschaftlicher Leiter einer Forschungsgruppe mit derzeit 40 Mitarbeitern tätig.
Seit 1999 ist Herr Prof. C. Wetter an der FH Münster für das Lehrgebiet Abwassertechnik und Gewässerreinhaltung verantwortlich und hat eine Vielzahl von Forschungs- und Entwicklungsprojekten auch im Bereich der industriellen Forschung erfolgreich durchgeführt. Seit vielen Jahren ist er insbesondere im Bereich Nutzung organischer Reststoffe (inkl. Biogastechnologien), Erneuerbare Energien und Elektromobilität tätig und hat in dieser Zeit viele neue Konzepte entwickelt.
Seit 2000 hat Herr Prof C. Wetter mehr als 200 Veröffentlichungen / Vorträge in verschiedenen Fachzeitschriften publiziert und mehr als 250 Vorträge gehalten.
Des Weiteren ist er in vielen Arbeitskreisen und Fachgremien tätig, wie z. B. Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstandes des Instituts für Energie und Prozesstechnik (IEP) (seit 01/2014), Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstandes des Instituts für Wasser · Ressourcen · Umwelt (IWARU) (seit 05/2011), Gründungsmitglied und Mitglied des Instituts für nachhaltige Ernährung und Ernährungswirtschaft (iSun) (02/2009), Dekan des Fachbereichs Energie · Gebäude · Umwelt der FH Münster (08/2008 – 03/2012).“ (Quelle: https://battery-power.eu/prof-dr-ing-christof-wetter/, Hervorhebungen hinzugefügt)
Lehr-und Forschungsgebiet:
- Abwassertechnik und Gewässerreinhaltung
- Produktionsintegrierter Umweltschutz
- Biogasnutzung
- Bioethanol
2. Informationen zu der wissenschaftlichen Arbeit
Auf Herrn Wetter war ich im Zusammenhang mit meinen Recherchen zum Thema „Energie und Klima“ im Netz gestoßen und fand es zudem ganz spannend, dass „High-Tech-Forschung“ bei mir „ganz um die Ecke im Münsterland“ stattfindet. In dem Curriculum NRW für das Fach Chemie wird das Thema „Gase – wichtige Ausgangsstoffe für Industrierohstoffe (Power-to-Gas-Verfahren)“ in der Klasse 9 behandelt. Insofern bot sich hier eine „Win-Win-Situation“, da das Thema nicht nur rein theoretisch dargestellt, sondern auch sehr praktisch in einer Zusammenarbeit mit der FH Münster Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt (Steinfurt), z. B. mit Exkursionen in das Forschungslabor des Bioenergieparks Saerbeck umgesetzt werden kann.
Das Interview mit Herrn Professor Wetter schließt zudem nahtlos an meinen letzten Essay „Am Anfang war der Wasserstoff“ an, da ich dort ja bereits schon auf die vielfältigen technologischen Möglichkeiten zur Herstellung von „grünen Wasserstoff“ verwiesen hatte.
Zur Erläuterung der wissenschaftlichen Arbeiten von Herrn Wetter und zum besseren Verständnis des Interviews zitiere ich daher noch einmal aus meinem erwähnten Essay:
„Es gibt hierzu mittlerweile auch bereits vielversprechende Projekte den Wasserstoff zum Beispiel mit Hilfe einer bakteriellen Zersetzung („dunkle Fermentation“) ohne großen Energieaufwand aus biologischen Abfällen oder Abwässern zu gewinnen. Hierzu hatten wir auch bereits ein sehr informatives und aufschlussreiches Interview mit Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter führen können, der uns zum Beispiel von seinen vielversprechenden Projekten „BioTechH2“, „Hytech“ und „BioRest“ berichtete.
Hierbei wird in einem zweistufigen Verfahren aus biologischen Reststoffen, besser gesagt wertvollen Rohstoffen mit Hilfe von zwei hintereinander geschalteten Fermentern zunächst „grüner Wasserstoff“ und dann „Biomethangas“ gewonnen. Das Verfahren ist bereits über die Laborstufe hinaus ausgetestet. Die Effizienz bei stärke- oder zuckerhaltigen Substraten lag bei 50 Vol. % Wasserstoffausbeute in den Gärgasen oder anders ausgedrückt bei 90 bis 160 Liter reinen Wasserstoff auf 1 kg eingesetzte Trockenmasse an Substrat.
Herr Wetter prognostizierte für dieses vielversprechende Verfahren der allerdings nur wenige % Anteile an der Gesamtproduktion an Wasserstoff. Dafür kann diese Technik im Unterschied zur Photovoltaik (s. u.) ganzjährig betrieben werden und führt zudem zu einer bereits erwähnten „Win-Win-Situation“, da hierbei Energie „aus dem Nichts (Abwässer-/fällen)“ gewonnen werden kann und diese gleichzeitig einer biologischen Aufbereitung unterzogen werden können. Die oben genannten Projekte sind bereits im halbtechnischen Maßstab getestet und warten nur noch auf „Joint Ventures“ aus der Industrie.“ (https://philosophies.de/index.php/2023/11/12/am-anfang-war-der-wasserstoff/#Loesungsmoeglichkeit_%E2%80%9EStrom_aus_dem_Nichts%E2%80%9C_%E2%80%93_oder_wie_aus_Abfaellen_Energie_wird)
Insofern kann man auch jetzt vielleicht den zunächst befremdlichen Titel des Interviews „Energie aus dem «Nichts»“ etwas besser verstehen, der ja zunächst einmal dem „1. Hauptsatz der Thermodynamik“ oder einfach dem „1. Hauptsatz des gesunden Menschverstandes: von nix kommt nix“ gänzlich widerspricht. Mit «Nichts» ist hier natürlich nicht schon etwas Materielles gemeint, nur dem Unterschied, dass wir Abfall-/Reststoffen keine wirtschaftliche Bedeutung beigemesssen haben. Im Gegenteil zum Umweltschutz mussten bislang diese Abfall-/Reststoffe noch teuer entsorgt und wieder aufbereitet werden. Mit den von Professor Wetter und seinem Team entwickelten Verfahren ist nun eine kostengünstigere Entsorgung der nun wertvollen Rohstoffe möglich. Im Gegenteil man kann in dieser „Win-Win-Situation“ nun sogar noch Energie aus dem Nichts gewinnen. Aber das wird uns Herr Wetter dann in unserem gemeinsamen Interview einmal genauer erklären. Hier zunächst schon einmal die Interviewfragen.
3. Interviewfragen: „Energie aus dem «Nichts»“
1. Sehr geehrter Herr Professor Wetter, „Wasserstoff als Energieträger der Zukunft“ ist momentan „in aller Munde“, nachdem man mittlerweile festgestellt hat, dass die „fossilen Energieträger“ doch endlich sind und in näherer Zukunft defintiv zu Ende gehen werden. Der aus Erdgasen durch „Reforming“ gewonnene „graue Wasserstoff“ ist hinsichtlich seiner Verfügbarkeit auch aufgrund seiner fehlenden Klimaneutralität keine echte Option.
Im Zusammenhang mit Ihrer Professur an der FH Münster haben Sie hierzu auch eine sehr interessantes Broschüre „FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSPROJEKTE 2022/2023“ zusammen mit Prof. Dr. Elmar Brügging herausgebracht. Die hierin erwähnten Projekte „HYTECH“ und „BioTechH2“ beschäftigen sich explizit mit der Gewinnung von „grünem Wasserstoff“ aus „Rest- und Abfallstoffen“.
- Zu anfangs hätten wir hier zunächst einmal eine etwas allgemeinere Frage: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum wir in Deutschland hinsichtlich der „Wasserstofftechnologie“ im Vergleich zu anderen Ländern wie z. B. Island, die schon seit 2003 auf „grünen Wasserstoff“ als Energieträger setzt noch ein wenig „hinterherhinken“?
- Der Bedarf an „grünem Wasserstoff“ wird laut einer Studie des Fraunhofer Institutes (IKTS) bis „2050 ein Wasserstoffbedarf von 400 TWh pro Jahr“ ansteigen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, dass die von Ihnen betreuten Forschungsprojekte, wie „HYTECH“ und „BioTechH2“ einen Beitrag zur Deckung des Bedarfes an „grünem Wasserstoff“ erbringen können?
2. Ein Forschungsschwerpunkt Ihrer Arbeit an der FH Münster bildet „Produktionsintegrierter Umweltschutz, Biogasnutzung, Bioethanol“.
- Könnten Sie uns und unseren Zuschauer:innen vielleicht zunächst einmal erklären, worin genau Ihre Forschung besteht und welche längerfristigen Ziele Sie hiermit verfolgen möchten?
- Ca. 9700 „konventionlle Biogasanlage“ existieren ja bereits in Deutschland. Inwiefern könnten aber Ihre Projekte „BIOTECH2“ und „EMMA“ neue zukunftsfähige Konzepte darstellen, die zu einer nachhaltigen Energieversorgung und Klimastabilität beitragen könnten?
- In „Regionen mit hoher Viehhaltungsdichte“ sind „häufig Nährstoffüberschüsse vorzufinden, während in vieharmen Regionen überwiegend künstlich erzeugter Mineraldünger eingesetzt wird. Vor allem in Regionen mit Nährstoffüberschüssen bestehen häufig Umweltprobleme wie z.B. zu hohe Nitratgehalte im Grundwasser.“ (ebd. S. 14) Könnten man dies nicht als eine „Win-Win-Situation“, dass die ökologische Aufarbeitung und energetische Nutzung von „Rest- und Abfallstoffen“ in Biogasanlagen sogar zu einer ökonomisch positiven Bilanz führt und sogar noch die Umwelt schont?
3. „Das Ziel ist die bisher eingesetzten Getreide- und Maismengen zu reduzieren und Substratkosten zu senken. Der vermehrte Einsatz von Reststoffen beschreibt hier einen Lösungsansatz.“ (ebd. S. 5) formulieren Sie als Ziel in Ihren Projekten „BIOREST“ oder „BIO-SMART“ für eine nachhaltige Nutzung von Reststoffen in Biogasanlagen.
- Wo sehen Sie die Schwerpunkte für eine Mobilität der Zukunft?
- Geht es um die Weiterentwicklung von Produktionstechnologien für „E-Fuels“ (Bioethanol, Biodiesel) oder sollte man nicht direkt auf Wasserstofftechnologien in Form von „grünen Wasserstoff“ z. B. aus Biogasanlagen für die Mobilität der Zukunft setzen?
Das vollständige Interview ist auf unserem Youtube-Kanal „Zoomposium“ unter folgendem Link zu sehen:
© Dirk Boucsein (philosophies.de) & Axel Stöcker (die-grossen-fragen.com)
Liebe Mitglieder*innen der W.Z.E-Gruppe,
wenn es gestattet ist, würde ich gerne an dieser Stelle auf das Video „Zoomposium mit Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter: „Energie aus dem «Nichts»“ (https://philosophies.de/index.php/2023/11/26/energie-aus-dem-nichts/) verweisen, das ich vor einiger Zeit auch schon hier in der Gruppe gepostet hatte.
In diesem Interview geht es genau um technologischen Möglichkeit der Gewinnung von „grünem Wasserstoff“ aus Abfallresten, wie in der von Ihnen erwähnten Anlage von Hyundai. Mit dem einzigen Uinterschied, dass die Realisierung in Südkorea schon vorangeschritten ist und hier in Deutschland das Ganze noch im Halbtechnikum läuft und von einer großtechnischen Anlage noch entfernt ist.
Daher kann ich Ihren berechtigten Zweifel an dem politischen Willen einer Umsetzung durchaus teilen. Ich würde mir auch wünschen, dass die „bürokratischen Mühlen“ etwas „schneller mahlen“ könnten und dieses wichtige ressourcen- und umweltschonende, nachhaltige Projekt auch in Deutschland endlich in Gang kommt.
Vielen Dank für Ihr Interesse
und viele Grüße
Philo