Die Metaphysik des Bewusstseins

Zoomposium-Interview mit Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ: „Die Metaphysik des Bewusstseins“

„Die Metaphysik des Bewusstseins“

Ein Zoomposium-Interview mit Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ, dem renommierten deutschen Philosophen und Jesuitenpater, der seit 2003 Professur für Philosophie an der Hochschule für Philosophie München mit den Schwerpunkten Metaphysik, Philosophie des Geistes und Sprachphilosophie innehält. 

Das Interview kann man hinsichtlich seiner Thematik als zweigeteilt betrachten.

Im ersten Teil befragen wir Professor Brüntrup hauptsächlich zu den Möglichkeiten einer Neuen Metaphysik des Bewusstseins, die sich aus seinen philosophischen Positionen bezüglich des liberalen Naturalismus, der Prozessphilosophie nach Alfred N. Whitehead und eines Panpsychismus ergeben.

Im zweiten Teil gehen wir auf Professor Brüntrups selbsterlebte Nahtoderfahrungen ein, die wir in einen thematischen Zusammenhang zu seinen zuvor genannten philosophischen Positionen als Möglichkeit einer Neuen Metaphysik des Bewusstseins in Form eines Neuroskeptizismus bringen.

 

Interviewfragen: „Die Metaphysik des Bewusstseins

1. Herr Prof. Brüntrup in der Philosophie des Geistes besteht nach wie vor eine Erklärungslücke zwischen dem phänomenalen, bewussten Selbst und den physikalistischen neuronalen Aktivitäten.

  • Können Sie diese Erklärungslücke mit Hilfe Ihrer Position des liberalen Naturalismus füllen oder bedarf es nicht sogar einer Neuen Metaphysik des Bewusstseins?

2. In Ihrer Forschungstätigkeit haben Sie sich sehr viel mit der Prozessphilosophie von Alfred North Whitehead beschäftigt, die sich von einer entitätsbasierten Metaphysik vollständig gelöst hat und nur noch Prozesse als Grundlage sieht.

  • Wie kann man mit Hilfe der Prozessphilosophie das phänomenale Bewusstsein beschreiben?
  • Oder könnte die Prozessphilosophie neue Impulse für eine Metaphysik der Bewusstseinsforschung in den kognitiven Neurowissenschaften liefern?

3. In zahlreichen Interviews und Ihrem Auditorium-Podcast „Nahtoderfahrung und das Leib-Seele-Problem‟ gehen Sie auf Ihre selbst erlebte Nahtoderfahrung (NTE) ein.

  • Ergeben NTEn einen Sinn in einem naturalistischen Weltbild oder ist hierdurch eine ganz neue Sichtweise auf die Konstitution von Bewusstsein notwendig?
  • Inwiefern könnten empirische Befunde zu diesem Thema vielleicht für einen Neuroskeptizismus sprechen?

4. Nahtoderfahrungen (NTE) stellen ein doppeltes Rätsel dar. Zunächst wäre zu klären, warum es sie überhaupt gibt. Danach käme die Frage, wie ihr semantischer Gehalt, der ja nicht beliebig ist, zustande kommt.

  • Lassen sich beim jetzigen Wissensstand Folgerungen aus dem semantische Gehalt von NTEn ziehen?
  • Wie beurteilen Sie den Stand der Nahtodforschung?
  • Können sich Ihrer Einschätzung nach Forscher auf diesem Gebiet engagieren, ohne Ihren Ruf zu gefährden oder als Esoteriker abgestempelt zu werden?

Das Interview „Die Metaphysik des Bewusstseins “ mit Herrn Professor Dr. Godehard Brüntrup, das ich mit meinem sehr geschätzten Blogger-Kollegen Axel Stöcker von „Der Blog der großen Fragen“ geführt habe, ist in voller Länge auf unserem gemeinsamen Youtube-ChannelZoomposium“ erschienen unter folgendem Link:

https://youtu.be/hoqiI_TElv4

© Der Blog der großen Fragen, philosophies.de

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
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Wolfgang Stegemann
Wolfgang Stegemann
1 Jahr zuvor

Ich sehe hier weniger analytische als vielmehr methaphorische Philosophie. Der Panpsychismus verallgemeinert die menschliche Psyche unnötig auf die gesamte Materie, anstatt hier Symmetriebrüche zu formulieren. Dabei benennt Herr Brüntrup ein allgemeineres Prinzip, das allem Leben zu eigen ist, mit seinen Worten als Fähigkeit zur Rezeption. Diese Rezeptionsfähigkeit muss man aber hinsichtlich der phylogenetischen Stufen vom Einzeller bis zum ZNS spezifizieren und da ist für das ZNS der Begriff des Mentalen reserviert. Schließlich erledigen Einzeller und Mensch den Austausch mit der Umwelt auf unterschiedliche Arten. Ich finde hier den Begriff Strukturbildung insofern sinnvoller, da Leben Umwelt nicht rezipiert, sondern transformiert, und zwar in für sich adäquate Strukturen, also Ordnung in seinem Sinn, und zwar aus der für es zunächst als Rauschen erscheinden Umwelt. Es ist übrigens das Hirn, welches das beim Menschen erledigt. Zwar bin ich als Subjekt nicht nur mein Gehirn (natürlich nicht), sondern mein ganzer Körper. Aber es ist das Gehirn, das mich meinen ganzen Körper erleben lässt. Auch hier sollte man analytisch trennen.

Die Ausweitung dieser Rezipierbarkeit auf die gesamte Materie berücksichtigt die besondere Organisationsform von Materie bezogen auf Leben gerade nicht, für den Panpsychismus ist das alles ein Quark.

Seine Kritik am Strukturenrealismus teile ich, denn Relationen ohne Entitäten machen keinen Sinn, etwa x ist größer als y ist Unsinn, wenn man x und y wegnimmt.

Brüntrup will den cartesischen Dualismus überwinden, sagt auch, das Mentale und das Physische wären zwei Seiten derselben Entität (ich sage, es ist ein und dieselbe Seite, nur aus zwei Perspektiven), proklamiert dann aber den Geist als einziges ontisches Prinzip, also Dualismus pur. Das tritt auch an den berichteten NTEs zutage.
Sollte meine Ausdrucksweise zu schroff rüberkommen, bitte ich um Nachsicht.

Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Ist nicht das Leben bereits die Transformierung dessen, was möglich ist und der Mensch versucht dies zu belegen?
Woraus erwächst der Mensch, aus dem Herz oder aus dem Hirn?
Entwickelt sich nicht durch das Herz ein Gehirn für das Leben, in das es hineingeboren wird?
Wie tauschen sich Herz und Hirn über das Leben aus?
Gibt es dafür bestimmte Vorschriften, damit sie sich auch wirklich über die Aktualität eines Wissensstandes informieren
können, oder unterliegt das der X-Beliebigkeit?
Die menschliche Organisationsform ist Demokratie im Körper all dessen, was in seiner geistigen Verfassung zu diesem
Ordnungssystem berufen ist.
Entität liegt meines Erachtens in der Einheit all derer, die fähig sind, die Union nicht nur als solche zu verifizieren, also
wissenschaftlich belegbar darstellen zu können, sondern Entität fällt durch ihren Erkenntnisgewinn auf dessen
Identität zurück.
Dualismus herrscht, bis er in seiner Union endet, die durch ihre Substanz aus einem (neuen) Herz hervortritt.

Ihre Ansichten über diesen Beitrag zum Bewusstsein sind sehr interessant! Ich glaube jedoch, sie basieren auf dem Austausch unter Menschen, die ihr Bewusstsein nicht als substanzielles Gemeingut einer ganzen Menschheit sehen wollen, sondern ihm ein gewisses Ideal zuschreiben oder auch abverlangen. Dieses Ideal existiert in seiner Substanz schlicht und ergreifend nicht, das Bewusstsein müsste es erst erzeugen.

Wie sie unschwer erkennen können, will ich auf Gott hinaus, denn ohne ihn bleibt unser Herz der Substanz enthoben und führt nicht zu seinem Gedächtnis. Mit Gott hätte es sein Ziel erreicht und würde an den Aufgaben der Gegenwart scheitern. Durch Jesus erhält dieses Ziel einen neuen Lebenssinn, den es in seiner Einheit als sie Substanz begleitet, die ihren Entwicklungsprozess fördert. So erkennt der Mensch durch Jesus seine eigene Substanz und fördert ihren geistigen Anspruch durch sein Herz zutage. Ich glaube, wir, die Menschheit, stehen gerade am Anfang dieser Entwicklung durch das Bewusstsein aus ihrer Substanz. Substanz endet nicht, solange sich ihre Vorgaben nicht verändern und bei Gott bleibt, was ihm in seiner Einheit bereits zugeschrieben ist.

Philo Sophies
1 Jahr zuvor

Liebe Roswitha Steffens,

vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Fragen, die ich mit großem Interesse gelesen habe und auf den ich hier kurz antworten möchte.

Bezüglich Ihren Fragen hinsichtlich der „Transformierung“ des „Lebens“ oder dem Verhältnis von „Herz und Hirn“ würde ich ebenfalls eher von einer „Union“ ausgehen. Die Konstitution des Bewusstseins lässt sich aus meiner Sicht nur im Zusammenhang mit dem Phänomen sehen, da es sich meiner Meinung nach ebenfalls um einen autopoietischen Prozess handelt, der mit Hilfe des Konzeptes der Verkörperung („embodiment“) oder Einbettung in die Umwelt („embeddedness“) beschrieben werden kann.

Dieser neurophilosophische Ansatz wird auch Thema unseres nächsten Interviews mit dem Karl-Jaspers-Professor für Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Thomas Fuchs von der Universität Heidelberg nächste Woche sein, auf das ich hier aber schon einmal hinweisen möchte. Insofern soll hier kein „Austausch unter Menschen, die ihr Bewusstsein nicht als substanzielles Gemeingut einer ganzen Menschheit sehen wollen, sondern ihm ein gewisses Ideal zuschreiben oder auch abverlangen“ stattfinden, sondern im Gegenteil der „Erkenntnisgewinn“ soll ein größeren Menge Menschen ganz im Sinne der „Demokratie“ zugänglich gemacht werden. Das einzige „Ideal“, was hier benötigt wird, ist die Philosophie als Liebe zur Suche nach Wissen.

Und wenn hierzu Gott benötigt werden sollte, ist dies auch kein Hindernis. Im Gegenteil, der Glaube ist etwas sehr Wichtiges, aber zugleich auch etwas sehr Persönliches und Privates im Leben eines Menschen. Inwiefern er allerdings in der Wissenschaft oder Forschung eine Rolle spielen sollte, lasse ich gerne jedem Menschen persönlich anheim gestellt.

Vielen Dank für Ihr Interesse und
viele Grüße

maria reinecke
1 Jahr zuvor

Der Begriff ‚Panpsychismus‘ (Leib-Seele-Problem) kommt bei A.N. Whitehead nirgendwo vor und ist in dem Zusammenhang mit Whiteheads Prozssmetaphysik m.E. äußerst unglücklich/missverständlich gewählt.

Whitehead selber nennt seine neue prozessmetaphysische Perspektive an einer Stelle mal „organistischer Realismus“ – in dem Sinne, dass er den materialistischen Begriff des statischen Stoffes durch den Begriff der fließenden Energie ersetzt.
Und er sagt: „Die mathematische Physik übersetzt die Aussage Heraklits: ‚Alles fließt‘ in ihre eigene Sprache. Sie wird dann zu : Alle Dinge sind Vektoren. Die mathematische Physik akzeptiert auch die atomistische Lehre Demokrits. Diese übersetzt sie in die Formulierung: Aller Energiefluss unterliegt Quantenbedingungen…“ (A. N. Whitehead, Prozess und Realität, 1987, stw 690)
etc.

Wenn Whitehead von der Bipolarität, dem physischen und geistigen Pol eines ‚wirklichen Einzelwesens‘ (oder wirklichen Ereignisses) spricht, steht ‚geistig‘ zunächst keineswegs für (bewusst) mental, sondern meint bereits jedwedes vektorielle Streben/Vorliebe/Wahl/Option eines solchen (z.B. weisen Moleküle innerhalb eines tierischen Körpers gewisse Besonderheiten auf, die außerhalb eines tierischen Körpers nicht festzustellen sind).

Whitehead unterscheidet 4 Stufen von ‚wirklichen Ereignissen‘:
wirkliche Ereignisse im sog. leeren Raum,
wirkliche Ereignisse, Momente in der Lebensgeschichte dauerhafter, nicht lebender Objekte, (Elektronen oder andere einfache Organismen)
wirkliche Ereignisse als Momente in den Lebensgeschichten dauerhafter lebender Objekte,
wirkliche Ereignisse als Momente in den Lebensgeschichten dauerhafter Objekte mit bewusster Erkenntnis.

In seiner ‚Theorie des Erfassens‘, des Empfindens und der Empfindungen und der höheren Phasen der Erfahrung entwickelt Whitehead den Erkenntnisvorgang als einen von der unmittelbaren Erfahrung abgeleiteten, immer weiter sich entfernenden Abstraktionsprozess, an dessen Ende erst das Bewusstsein von etwas (ent)steht. Sinnliche Erfahrung bringt zwar geistige Operationen mit sich, diese müssen jedoch nicht Bewusstsein enthalten; das Bewusstsein ist erst Produkt einer komplizierten Integration…
etc.
….

Whitehead stellt die Natur als einen umfassenden interaktiven Wirkzusammenhang dar; als ein grenzenloses, wechselseitig sich bewirkendes Energie-Beziehungsgeflecht. Die Natur ist reine Aktualität; wirklich ist, was geschieht, und außer Geschehnissen/Ereignissen gibt es nichts. Jedes Ereignis ist Konkretisierung; was sich ereignet, hinterlässt Spuren, zeigt Wirkung, bis in die molekularen, atomaren und subatomaren Vorgänge hinein. Die Natur wird zu einem lebendigen Theater voller Wechselbeziehungen von Aktivitäten und Ereignissen. Der Mensch ist nicht mehr isoliertes Subjekt in einer fremden, entfremdeten, befremdenden Natur (Kant), sondern vor aller Bewusstheit immer schon konkret mit ihr verbunden, vertraut, von ihr durchdrungen, von ihr abhängig.
Pointiert: Für Kant taucht die Natur/Welt aus dem Subjekt auf. Für Whitehead taucht das Subjekt aus der Natur/Welt auf.
….

Und was den armen Stein angeht mit dem heftigen Verhalten von Molekülen in seinem Innern, so ist er prozessphilosophisch gesehen natürlich auch ein nexus von wirklichen Ereignissen, deren vektorielle Vorlieben/Freiheiten allerdings überschaubar sind…

etc.

Bleiben Sie bitte neugierig auf Whitehead! Sein organistischer prozessphilosophischer Ansatz bietet überraschende Möglichkeiten, sich auch der Bewusstseinsproblematik neu zu nähern!

Gruß aus Berlin,
Maria Reinecke

„Das Leben liegt in den Zwischenräumen“

maria reinecke
1 Jahr zuvor

p.s.
Brüntrup erwähnt in dem Video den Philosophen/Whiteheadkenner:

Spyridon Koutroufinis TU Berlin (der Name war undeutlich zu hören)

Joel
1 Jahr zuvor

Ganz großartiger Beitrag;)

maria reineckema
1 Jahr zuvor

Impulse:
Metaphysik des Bewusstseins
‚Leere Räume – ‚Zwischenräume‘ – Vakuum Quantenfluktuationen etc.

Im Blog AKADEMIE OLYMPIA von Christian Bührig habe ich ein höchst beeindruckendes, sensationelles Video entdeckt: den Vortrag von Prof. David Tong über „Quantenfelder: Die wirklichen Bausteine des Universums“: eine m.E. unabdingabare, allgemein verständliche, physikalisch-mathematische Grundlage/Voraussetzung für jegliches Nachdenken über eine ’neue Metaphysik‘ (auch eine Metaphysik des Bewusstseins, wenn wir so wollen) im XXI. Jahrhundert.
https://cbuphilblog.wordpress.com/2017/12/05/prof-david-tong-quantenfelder-die-wirklichen-bausteine-des-universums/

Ich möchte einen Aspekt aus dem Vortrag herausgreifen, der mir besonders wichtig erscheint, nicht zuletzt in Zusammenhang mit dem frühen, kühnen prozessmetaphysischen Denkansatz von A. N. Whitehead: ‚leere Räume‘, Vakuumstrukturen, in denen NICHTS mehr an Teilchen ist, in denen es dennoch ‚hoch hergeht’… Stichworte: physik. Feld, Vakuum Quantenfluktuationen, s. David Tong, Zeitleiste 21:25 etc.

Bleiben wir bei den ‚leeren Räumen‘ – den ‚Zwischenräumen‘:
Alfred N. Whitehead (1861-1947) ist der erste Philosoph/Metaphysiker, der die ‚leeren‘ Räume in lebenden Strukturen als Zwischenräume (interstices) bezeichnet und ihnen eine grundlegende Bedeutung beimisst, indem er sie mit der physikalischen Feldtheorie und den Wechselwirkungen des elektromagnetischen Feldes in leeren Räumen in Zusammenhang bringt. Bereits 1929 schreibt Whitehead in seinem Hauptwerk ‚Prozess und Realität‘ (stw 690, Frankfurt a. M. 1987) den kaum beachteten Satz:
„Das Leben liegt in den Zwischenräumen jeder lebenden Zelle und in den Zwischenräumen des Gehirns verborgen“; und er meint das nicht metaphorisch, sondern wirklich. (a.a.O. S. 206 f)
etc..

Finden (Ich-)Bewusstseinsprozesse auch in ‚leeren Räumen‘ – ‚Zwischenräumen‘ statt?
Der Biologe und Hirnforscher Gerhard Roth weist auf die ‚leeren‘ Räume, ‚Zwischenräume‘ hin; er räumt ein, dass man zwar schon „ziemlich gut die Vorgänge auf der zellulären und molekularen Ebene“ der aktiven Gehirnzentren verstünde, dass „das größte Rätsel (ist) aber das Geschehen dazwischen“ sei („Aus Sicht des Gehirns“, Suhrkamp 2003). Und für den Hirnforscher Antonio Damasio liegt das „Geheimnis“ des Bewusstseins gerade in der Interaktion neuronaler und chemischer Signale, die sich zwischen den Zellen und den Hirnregionen abspielen, („Descartes‘ Irrtum“, Berlin 2006). Der Neurowissenschaftler Joseph LeDoux konstatiert provokant: „Wir sind unsere Synapsen“ („Das Netz der Persönlichkeit“ Patmos, 2003) – was letztlich soviel heißt wie: wir sind unsere/die Zwischenräume, denn die Synapsen sind ja die Zwischenräume zwischen den Hirnzellen, durch die diese Zellen kommunizieren; was nun aber genau in den Synapsen geschieht, damit wir uns als Selbst empfinden können, bleibt auch bei ihm rätselhaft.
Eines ist gewiss: In den ‚leeren‘ Räumen/’Zwischenräumen‘ geschieht Wesentliches; sie gilt es zu erforschen!

Oktobergrüße,
Maria Reinecke

„Das Leben liegt in den Zwischenräumen“

Kinseher Richard
Kinseher Richard
1 Jahr zuvor

Das Phänomen ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) ist längst komplett als Ergebnis eines einfachen Erinnerungsvorgangs erklärt:
Bei einer NTE kann man bewusst erleben, wie das Gehirn einen einzelnen Reiz/Gedanken systematisch und strukturiert verarbeitet. D.h. die Arbeitsweise des Gehirns wird dabei der bewussten Wahrnehmung zugänglich und man kann verstehen, wie DENKEN funktioniert (als Mustervergleichsaktivität mit 3 Regeln beschreibbar)
Um NTEs erklären zu können, braucht man nur die beiden Fachbegriffe ´predictive coding + state dependent retrieval´ kennen und anwenden. Mehr nicht!
Mit dem Verständnis von NTEs kann man auch belegen, dass es mit der Art und Weise wie wir uns erinnern – eine konkrete und nachvollziehbare biologische(!) Grundlage für das Entstehen von Spiritualität gibt – die allen Menschen gemeinsam ist; auch Atheisten. Weil das Gehirn aller Menschen biologisch gleich arbeitet, haben wir mit der Struktur von Erinnerungsvorgängen eine allen Kulturen gleiche iologische Ursache von Spiritualität – deshalb gibt es diese überall.
Buch-Quelle: ´Kinseher Richard: Pfusch, Betrug, Nahtod-Erfahrung´ (Der Vorwurf im Buchtitel bezieht sich darauf, dass NTEs schon längst komplett erklärbar gewesen wären, wenn man die vorhandene Literatur gelesen hätte. Denn das NTE-Erklärungsmodell wurde auf Grundlage von Informationen des Buches von Dr Moody ´Life after Life / Leben nach dem Tod´ erstellt – dieses Buch ist seit 1975 im Handel erhältlich)

Zum Panpsychismus zwei Anmerkungen:
1) Weil Menschen die von Ärzten für tot erklärt wurden – danach von intensiven NTEs berichten konnten, entstand die Idee, das es ein Bewusstein unabhängig vom biologischen Gehirn geben könne/müsse (Prof. Pim van Lommel: Endloses Bewusstsein). Diese Idee ist ein Unsinn – denn wenn ein Patient vom Arzt für tot erklärt wird und danach weiterlebt, dann hat er nur eine schlimme Fehldiagnose überlebt – mehr nicht!
2) Menschen die unter Vollnarkose operiert werden, berichten manchmal dass sie während der Operation das Geschehen im Operationssaal beobachten konnten. Auch diese ´übersinnliche Wahrnehmung´ wird als ´Beleg´ dafür gesehen, dass es ein Bewusstsein unabhängig vom Gehirn geben muss. Auch diese Sichtweise ist ein Unsinn: Es ist bekannt, dass Patienten bei jeder 300.-1000. Operation kurzzeitig aus der Vollnarkose aufwachen und dadurch ihre Umgebung bewusst wahrnehmen können.

(Herr Prof. Brüntrup ist mit dem ´Netzwerk Nahtoderfahrung e.V.´ zusammen aktiv. Leute dieses Veriens habe ich seit 2006 mehrmals darauf hingewiesen, DASS/WIE NTEs komplett erklärt werden können: man hat mir zu verstehen gegeben, dass man nicht will, dass NTEs erklärbar sind – ich wurde beleidigt und mir wurden sogar Gerichtsprozesse angedroht.)

Roswitha Steffens
1 Jahr zuvor

Nur ungern mische ich mich in diese Diskussion um das Bewusstsein ein, dessen Induktionsfeld die Seele sein kann, die sich durch ihr Herz in ihm wiederfinden will. Da ich nicht wissenschaftlich fundiert argumentieren, dennoch empirisch etwas zu diesem Thema beitragen kann, bleibt mir im Grunde meine Wahrnehmungsfähigkeit, die zunächst erreicht sein will, bevor sie als Vorgabe dienen kann. Diese Tatsache birgt in sich bereits das Problem der Rechtfertigung ihren Mitmenschen gegenüber, die diese Fähigkeit, aus welchen Gründen auch immer, vielleicht noch nicht besitzen, oder auch nie besitzen werden. Im Grunde dient eben diese Wahrnehmungsfähigkeit immer der Einheit, aus der sie hervortritt, denn ohne ihre Wahrnehmbarkeit endet ein Entwicklungsprozess, der zunächst kommuniziert sein will, bevor er in der nächsten Dimension seinen Anspruch finden kann.

Letztendlich unterliegt also, nach meinen Erfahrungswerten, dem Bewusstsein ein Entwicklungsprozess, der von einer Menschheit ausgeht, die sich in der Person rechtfertigen kann, der sie sich als unbekannte Größe erschließt, die ihr als bekannte Größe seine Geburt unterstellt. Damit erreicht das Bewusstsein durch das Gedächtnis seit seiner Geburt den ihm bis dato bekannten Inhalt, mit dem es weiterarbeiten kann. Der Unterschied liegt einzig in dem Menschen, der denkt, sein Wissen wäre ausreichend für die Menschheit, die damit leben muss. Das ist eine Annahme, die alle Mitmenschen von einem Entwicklungsprozess ausschließt, der erst durch sie überhaupt seine Rechtskraft erhält und damit ihre Allgemeingültigkeit für die Person freisetzt, aus der sie hervortritt.

Was das bedeutet, das zeigt uns die Gegenwart, in der um eine Zusammenarbeit aller Völker gerungen wird, die immer von den entsprechenden Regenten und ihrer Kommunikationsfähigkeit abhängig ist, die sich erst aus der Bereitschaft zur Zusammenarbeit ergibt. Aus dieser Erkenntnis, insbesondere im Zusammenhang mit der Person Putin, ergibt sich ein Bedarf, der sich zum einen auf die Gegenwart konzentriert und zum anderen aus Zeit resultiert. Transzendenz, ich will sie hier als einzelne Person in der»Entwicklung aus einem Glaubensprozess« anerkennen, der als Leseverständnis aus der Liebe zum Herrn erwächst, der damit die Gegenwart bereichert. Indem sie sich aus der entsprechenden Substanz ergibt, die Tag für Tag an dem Wert gewinnt, der seit seiner Geburt feststeht.

Ich muss gestehen, dass mich der Glaube eines Priesters in der Annahme meiner Mutterschaft so stärken konnte, dass ich mich mit der Familienpolitik unseres Landes auseinandersetzte. Dadurch wiederum offenbarte sich mir, im Umgang mit meinen Kindern und ihrer Würde als Mensch eine Lebensvoraussetzung, über die ich als Kind noch ganz selbstverständlich verfügen konnte, die heute jedoch vom Staat aberkannt wird. Wie und vor allem, mit wessen Hilfe, verbringe ich all die Zeit, die sich mir im Wert ihrer ganzen Einheit erschlossen hat, die meine Geburt bereits mit sich bringt? Ich glaube, nicht jeder Mensch wartet und erwartet heute, was das im Einzelnen für die Geburt bedeutet, aus der er hervorgeht. Als Mutter kann und will ich hier und jetzt bestätigen, dass mit meinen beiden Kindern ihre Geburt so viele Fragen mit sich brachte, dass ich daran beinahe verzweifelt wäre. Als Mutter hat man eine unsagbare Angst, dass einem die Kinder genommen werden, insbesondere dann, wenn man ihrer Erziehung nicht gewachsen zu sein scheint. Gott sei Dank konnte ich dieser Lebensphase letztendlich einen Ertrag abgewinnen, den ich in meiner Verantwortung als Mutter weitergegeben habe, so gut ich das konnte.

maria reinecke
1 Jahr zuvor

@ Roswitha Steffens
Ihr Beitrag hat mich tief berührt; schon der erste Absatz führt zu einer Meta-Ebene, die mich selber rundum beschäftigt. Stichworte Wahrnehmung, Wahrnehmbarkeit, ‚Rechtfertigung‘, Wirklichkeit…
Im letzten Abschnitt sprechen Sie etwas sehr Persönliches/Intimes an, wenn ich das richtig verstanden habe: die Annahme einer nicht gewollten Mutterschaft und die damit verbundene Dankbarkeit im Nachhinein…
Dazwischen interessanten Gedanken, Kultur, Gesellschaft, Transzendenz betreffend.
Ich würde gern mit Ihnen persönlich ins Gespräch kommen, wenn Sie erlauben: mariareinecke@aol.com
Danke.
Mit weihnachtlichen Grüßen aus Berlin,
Maria
„Das Leben liegt in den Zwischenräumen“
https://zwischenraeume-konkret.blogspot.com/

maria reinecke
1 Jahr zuvor

@ Kinseher Richard
Vielen Dank für Ihren klaren Kommentar.
Auf die Ignoranz, selbstherrlich-autoritäre Macht und Geschlossenheit esoterischer Kreise kann nicht genügend hingewiesen werden.

Kinseher Richard
Kinseher Richard
1 Jahr zuvor

@ maria reinecke
Vielen Dank für die positive Unterstützung
Ich habe in meinen Unterlagen nachgeschaut, Herrn Prof. Brüntrup habe ich am 29.3.2013 und am 29.10.2017 per mail mit ausführlichen Informationen darauf aufmerksam gemacht, DASS/WIE NTEs komplett erklärbar sind.
D.h. er hat mittlerweile 9,5 Jahre Zeit für Rückfagen gehabt – um Unverständliches abzuklären.

(Ich lege Wert auf den Hinweis, dass es nicht mein Verschulden ist, wenn Leute keine Recherche für ihre Aussagen machen oder wenn Leute trotz besseren Wissens fragwürdige Aussagen machen. Z.B. werden in allen Medien-Beiträgen die NTEs ausschließlich nur als unerklärbar dargestellt. D.h. entweder haben diese Leute keine Recherche gemacht (denn dann hätten sie mein NTE-Erklärungsmodell finden müssen) oder es wird mit Absicht vorsätzlich falsch berichtet. )

Zum obigen Blog-Beitrag:
Ich habe mir erst kürzlich bei einem Spaziergang ein paar Gedanken zum Panpsychismus (Allbesselungslehre) gemacht – als ich sah, wie ein Hund einen Haufen auf die Straße gesetzt hat.
Nach dieser Lehre sind sowohl Straße, wie auch der Kothaufen, der Hund und der Hundebesitzer gleichermaßen von einer Weltseele (anima mundi) beseelt.

Kinseher Richard
Kinseher Richard
1 Jahr zuvor

Zum Thema ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) noch ein paar Anmerkungen:
1) Epikur schrieb vor 2300 Jahren im Brief an Menoikeus „… der Tod, hat also keine Bedeutung für uns; denn solange wir da sind, ist der Tod nicht da, wenn aber der Tod da ist, sind wir nicht mehr …“

D.h. der Begriff ´Nahtod-…´ hat keine sinnvolle Bedeutung; so etwas gibt es nicht. Was dieses Wort bedeuten soll, darüber sollte man nachdenken

2) Einer der wichtigsten Klassiker der NTE-Literatur ist das Buch von Dr. Raymond Moody ´Life after Life – The Investigation of a Phenomenon – Survival of Bodily Death´. Im Buchtitel wird deutlich das Überleben des körperlichen Todes suggeriert – im Buchtext (Kap. 4 Questions / Fragen) steht aber ganz klar und eindeutig, dass alle Menschen beim Erleben einer NTE lebendig sind.

Schon Grundschüler wissen, dass der biologische Tod nicht reversibel ist! Und – wer das Buch von Dr. Moody als Quelle für seine Arbeit nimmt, sollte nicht nur den Titel lesen, sondern auch den Inhalt.

3) Moody beschreibt NTEs als ´Die Erfahrung des Sterbens´(Kap. 2).
Sterben ist ein Vorgang, aber wer eine Sterbeerfahrung hat, muss danach immer eine Leiche sein – und kann nichts mehr erzählen, da der biologische Tod nicht reversibel ist.

In der Grundschule lernten wir, dass wir uns etwas gedanklich vorstellen können – das ist eine Phantasie. Aber etwas zu erleben bedeutet, dass dieses Ereignis tatsächlich komplett geschehen sein muss. D.h. der Begriff ´Sterbeerfahrung´ ist Unsinn und muss hinterfragt werden.

4) Es ist gut belegt, dass von Inhalt/Struktur gleichartige NTEs von Menschen in a) nicht-lebensbedrohenden Situationen und in b) lebensbedrohenden Situationen erlebt werden.
In vielen Beiträgen zum Thema NTE lässt man die Erlebnisse der a)-Gruppe weg – um dann mit selektiver Verwendung von b)-Gruppe-Erlebnissen zu suggerieren, dass NTEs etwas mit Lebensbedrohung zu tun haben müssen.

Wenn man aus einer Gruppe von gleichartigen Daten (NTEs von a)+b) ) absichtlich bestimmte Daten selektiv entfernt/ignoriert (die NTEs von der a)-Gruppe) um dann mit den verbliebenen Daten eine Aussage zu suggerieren ( NTEs haben mit Lebensbedrohung zu tun), dann ist diese Vorgehensweise eine absichtliche Datenmanipulation – oder anders ausgedrückt: das ist betrügerische Manipulation.

5) Das ´Totenbuch der Tibeter´ wurde vor 800-1200 Jahren geschrieben. Darin ist zwar der Begriff NTE nicht zu finden – aber solche Erlebnisse werden geschildert. Diese werden nur als aus dem Gedächtnis aufsteigende Erinnerungen/Illusionen betrachtet.

In der aktuellen NTE-Literatur (Ausnahme: mein NTE-Erklärungsmodell) ist die Idee, das Menschen ein Gedächtnis haben und sich erinnern können – nicht zu finden.

Diese Beispiele sollen anregen, sich mit einigen Begriffen um das Thema NTE ernsthaft zu beschäftigen. Manche Aussagen / Ideen die immer noch zum Thema NTE verbreiten werden, machen gar keinen Sinn mehr, wenn man sie hinterfrägt.

maria reinecke
1 Jahr zuvor

@philo sophies

Bevor das Jahr 2022 zu Ende geht, kurze Nachbesinnung zu dem m.E. wenig aufschlussreichen, unbefriedigenden Zoomposium-Interview mit G. Brüntrup (s.o.) und dem festgefahrenen Kommentar-Thread in Folge, den ich leider mit zu verantworten habe.

Wo stehe ich?
Ich habe weder Interesse an sog. Nahtoderfahrungen (Brüntrup), noch bin ich davon überzeugt, dass die Neurowissenschaften derartige Erfahrungen restlos adäquat erklären können (Kinseher).
Wer offenen Geistes durch das Leben geht, weiß, dass es mehr Unerklärliches gibt als Erklärliches.
Auch Wissenschaftler offenen Geistes anerkennen immer wieder die Grenzen des Erklärbaren, Erkennbaren und staunen, wie sehr die Dinge umso rätselhafter/unerklärlicher werden, je mehr sie erforscht werden.

Wie komme ich darauf, Büntrup in diesem Zusammenhang implizit in die esoterische Ecke zu stellen – unbedacht, kenne die Büntrupsche Gedankenwelt gar nicht – indem ich pauschalisierend provokant kommentiere:
„Auf die Ignoranz, selbstherrlich-autoritäre Macht und Geschlossenheit esoterischer Kreise kann nicht genügend hingewiesen werden.“ (s. Kommentar o.)

Wie meine ich das?
Esoterik hier im allgem. ursprüngl. Sinne einer ‚geschlossenen Geheimlehre nur für Eingeweihte‘; d.h. wer die geheime Lehre argumentativ zu hinterfragen wagt, ist/wird automatisch ausgeschlossen mit der Begründung: das könnten nur Eingeweihte verstehen… Unschwer tagtäglich in social media und konkret zu beobachten, wie esoterische Strömungen latent zu einem gefährlichen Närboden für Verschwörungstheorien jeglicher Art werden (können), denen längst nicht mehr rational beizukommen ist – womit ich selbstverständlich nicht G. Büntrup meine!)

Glaube – Esoterik: Versuch einer Abgrenzung

I
Wenn ich als Gläubige sage:
Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, ganz Mensch und ganz Gott…
ich glaube, dass Jesus Christus am Kreuz gestorben und am 3. Tage auferstanden ist etc…
Dann kann kommen, wer will, mir die Ungereimtheiten, Unmöglichkeiten, Unerklärlichkeiten, Lächerlichkeiten
meines Glaubens beweisen, logisch und empirisch auf den Tisch legen, ich werde die Argumente anhören und als allgemein gebildete Frau wahrscheinlich vielen zustimmen und am Ende umso ernster mein Credo wiederholen:
Ja, ich glaube an Jesus Christus etc…

II
Wenn A als Philosoph publiziert, lehrt, dass es ohne jeden Zweifel Nahtoderlebnisse gibt und diese Nahtoderlebnisse wesentlich unerklärbar (also transzendent) seien und wenn er begründet, dass er und viele Menschen diese Erfahrungen gemacht und übereinstimmend detailliert darüber berichtet hätten und er passend dazu (s)eine spekulative ‚Metaphysik des Bewusstseins‘ entwirft, um das Ganze kohärent zu machen, dann ist A Esoteriker.
Wenn B, der Neurowissenschaftler, zu ihm mit logischen und neurowissenschaftlichen Beweisen gegen Nahtoderlebnisse kommt, verschließt A Ohren und Türen, lässt keine Argumente zu, sondern kraft seiner Autorität besteht er darauf, dass Nahtoderlebnisse ‚Tatsachen‘ seien – wenn auch geheimnisvolle; und nur er als Eingeweihter bzw. ‚Meister‘ der Lehre hat Zugriff auf das geheime Wissen, das B und alle Nichteingeweihten eben nicht haben können. Esoterik pur.

A könnte einfach sagen: Ich glaube fest daran, dass es Nahtoderlebnisse gibt.
Das wäre überzeugender.
….

Uns Allen ein gutes neues Jahr 2023!
Maria Reinecke, Berlin
mariareinecke@aol.com

„Das Leben liegt in den Zwischenräumen“
„Interstices -the hidden locations of actuality“
https://www.linkedin.com/posts/zwischenraeume_interstices-the-hidden-locations-of-actuality-activity-7010175281571241984-nbvz?utm_source=share&utm_medium=member_desktop

Philo Sophies
1 Jahr zuvor

Liebe Maria Reinecke,

vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre „kurze Nachbesinnung“.

Vielleicht aber zunächst einmal eine allgemeine Information vorab, damit später Geschriebenes besser einzuordnen ist. Der Wissenschafts- und Philosophieblog „philosophies – Freunde der Philosophien“ ist als eine Plattform zu verstehen, auf der Menschen mit den „unterschiedlichsten Philosophien“ einen gemeinsamen Gedankenaustausch in Form von Gastbeiträgen und Kommentaren pflegen können. Die Beiträge und Kommentare unterliegen hierbei zunächst einmal keinerlei Rezension oder Zenszur.

Die einzige Bedingung ist, dass es einen substanziellen Inhalt besitzen und keine Beleidigungen, Obszönitäten, persönliche Angriffe, gewaltverherrlichende, rassistische, antisemitische, homophobe, sexistische oder anderweitig diskriminierende Äußerungen enthalten. Diese Grenzlatte ist nicht sehr hoch, wird leider auch nicht immer von allen Mitmenschen eingehalten, so dass manche Beiträge oder Kommentare leider nicht veröffentlicht werden können; selbst ein geschmackloses „argumentum ad canem“ kann man noch aushalten ;-). Dies ist leider ein unschöner Teil der neuen „digitalen Wirklichkeit“. Nun aber zu Ihrer beschriebenen „digitalen Wirklichkeit“.

Zunächst finde ich es sehr schade, dass Ihnen unser Zoomposium-Interview mit Herrn Professor Brüntrup nicht gefallen hat und Sie es als „wenig aufschlussreich, unbefriedigend“ empfunden haben. „Daran kann man aber wohl nichts ändern“, sagte der Affe und biss in ein Stück grüne Seife. Die Geschmäcker sind nun einmal verschieden und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Was ich allerdings so nicht unkommentiert stehen lassen wollte, waren die unschönen Auslassungen zur Person Professor Brüntrup.

Es sei hier nur noch einmal der Hinweis erlaubt, dass es in dem Interview weniger um „Nahtoderfahrungen“ als viel mehr um die „Metaphysik des Bewusstseins“ in einem ontologischen Sinne ging; die NTEs waren nur eine Ergänzung des Interviews da sie themenbezogen waren und auf persönlichen Erlebnissen von Herrn Professor Brüntrup beruhen.

Herr Professor Brüntrup vertritt nämlich eigentlich eine sehr interessante Position des „liberalen Naturalismus“, der zwischen dem phänomenalen, bewussten Selbst und den physikalistischen neuronalen Aktivitäten zu vermitteln versucht. Was für Sie aber eigentlich noch viel interessanter sein müsste, ist seine Forschungstätigkeit zu der „Prozessphilosophie“ von Alfred North Whitehead, mit der er sich viel beschäftigt hat und auch zu diesem Thema zu Gastprofessuren in die USA eingeladen wird. Daher schlägt er auch eine „prozessorientierte Metaphysik“ zur Beschreibung des Phänomens Bewusstsein im Gegensatz zu der bislang kanonisierten entitätsbasierten Metaphysik vor. Das müsste Ihnen doch, aus dem, was ich bisher von Ihnen gelesen habe, sehr entgegen kommen.

Nun aber zu Ihrem „Glaube – Esoterik: Versuch einer Abgrenzung“.

Zu I): Ich glaube, dass man Herrn Professor Brüntrup vielleicht alles Mögliche vorwerfen mag, aber bestimmt zählt hierzu keinesfalls das Etikett „Esoterik“. Er ist als Jesuitenpater wahrscheinlich genauso gefestigt in seinem Glauben wie Sie. Aber über Glauben lässt sich noch weniger streiten,als über Geschmack (s. o.).

Zu II): Das ist eigentlich schon mit dem „Getier-Problem“ gelöst worden:
Die klassische Analyse, Standardanalyse des Wissens (KAW), mit deren Hilfe man von einer gerechtfertigten wahren Meinung sprechen kann, ist hinlänglich bekannt als:
„Ein Subjekt S weiß, dass P, dann und nur dann, wenn:
(i) S glaubt, dass P,
(ii) P ist wahr, und
(iii) S hat gute Gründe zu glauben, dass P.
(i) = Überzeugungsbedingung, (ii) = Wahrheitsbedingung und (iii) = Rechtfertigungsbedingung“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Gettier-Problem#Die_Standardanalyse_von_Wissen_als_gerechtfertigte_wahre_Meinung)

Das bedeutet, dass man bei der NTE nicht von einem „Wahrheits-“, sondern lediglich von einem „Wahrhaftigkeits“-Problem sprechen kann. Herr Professor Brüntrup hat in keiner Publikation und auch nicht in unserem Interview von der „Wahrheit der NTEs“, sondern lediglich von seinen persönlichen, phänomenologischen Erfahrungen im Sinne einer „Wahrhaftigkeit der NTEs“. Insofern sind die Wahrheitsbedingungen (s. o.) erfüllt.

Zu III): Die weiterführenden Implikationen der „digitalen Wirklichkeit“. An diesem Beispiel wird meines Erachtens aber sehr schön unsere Probleme mit der „digitalen Wirklichkeit“ deutlich. Der „digitale Tribalismus“ (https://philosophies.de/index.php/2022/01/21/digitaler-tribalismus/) geht davon aus, dass man sich zunächst einmal „seinem Tribe“ anschließen muss. Kardinalfragen: I) Bist Du gläubig oder Atheist?, II) Glaubst Du an einem Leben nach dem Tod oder nicht?, III) Wie hältst Du es mit dem naturwissenschaftlichen Realismus oder glaubst Du lieber an den geisteswissenschaftlichen Idealismus?, u.s.w.u.s.f. Gehört man dann zum „feindlichen Tribe“ ist man „Esoteriker“ oder „Metaphysiker“, retro versa.

Um zu Ihrem Vorwurf zu „Esoterikern in neurowissenschaftlichen Kreisen“ zu kommen. Herr Professor Brüntrup geht, wenn Sie das Interview aufmerksam verfolgt haben, auf „logische und neurowissenschaftliche Beweise gegen Nahtoderlebnisse ein, und verschließt auch nicht Ohren und Türen“, geschweige denn „lässt [er] keine Argumente zu, sondern kraft seiner Autorität besteht er darauf, dass Nahtoderlebnisse ‚Tatsachen‘ seien – wenn auch geheimnisvolle; und nur er als Eingeweihter bzw. ‚Meister‘ der Lehre hat Zugriff auf das geheime Wissen, das B und alle Nichteingeweihten eben nicht haben können. Esoterik pur.“.

Metaphysik, ja, aber Esoterik nein. Wer sich „einweihen“ lassen will, kann dies tun, wer nicht, eben nicht. Wenn es interessiert, kann ich die empirischen Daten zu den NTEs auch noch einmal nachliefern; muss aber nicht, weil jeder daran glauben mag, woran, er möchte. Ich beiße mal eben in die „grüne Seife“.

In diesem Sinne wünsche ich uns Allen auch ein schönes, erkenntnisreiches „Neues Jahr 2023“, auf das alles besser werde, was auch immer ;-).

Viele Grüße

Dirk Boucsein

maria reinecke
1 Jahr zuvor

@ Dirk Boucsein

Der Countdown läuft, noch schnell, bevor das neue Jahr 2023 beginnt:

Lieber Dirk Boucsein,
Sie sind über meine vermeintlich „unschönen Auslassungen zur Person Professor Brüntrup“ (Zitat) verärgert – das tut mir leid – zum Glück gibt es keinen Grund dafür; mein (selbstkritischer) Kommentar sollte gerade einem möglicherweise entstandenen Missverständnis diesbezüglich entgegenwirken, in dem ich u.a. betone,
„…womit ich selbstverständlich nicht G. Büntrup meine!“ etc.

Und bewusst losgelöst von der Person Büntrup, spreche ich im Teil II allgemein von Person A (Philosoph)
und formuliere ANNAHMEN, die m.E. bezeichnend für Esoterik(er) sind:
WENN das und das…. – DANN… Esoterik.
s.u. Kopie:

II
Wenn A als Philosoph publiziert, lehrt, dass es ohne jeden Zweifel Nahtoderlebnisse gibt und diese Nahtoderlebnisse wesentlich unerklärbar (also transzendent) seien und wenn er begründet, dass er und viele Menschen diese Erfahrungen gemacht und übereinstimmend detailliert darüber berichtet hätten und er passend dazu (s)eine spekulative ‚Metaphysik des Bewusstseins‘ entwirft, um das Ganze kohärent zu machen, dann ist A Esoteriker.

Wenn B, der Neurowissenschaftler, zu ihm mit logischen und neurowissenschaftlichen Beweisen gegen Nahtoderlebnisse kommt, verschließt A Ohren und Türen, lässt keine Argumente zu, sondern kraft seiner Autorität besteht er darauf, dass Nahtoderlebnisse ‚Tatsachen‘ seien – wenn auch geheimnisvolle; und nur er als Eingeweihter bzw. ‚Meister‘ der Lehre hat Zugriff auf das geheime Wissen, das B und alle Nichteingeweihten eben nicht haben können. Esoterik pur.

Bleibt ein Dissens, lieber Dirk Boucsein:
Büntrups ‚Panpsychismus‘, wie in Ihrem Interview vorgestellt, lässt leider keine Nähe zur Whiteheadschen Prozessmetaphysik erkennen (s. Kommentar M.R. 27. September 2022).

Philo Sophies können das aushalten, nicht wahr?
Alles Gute!
DANKE für Ihren Blog!
Maria Reinecke

„Zwischenräume – Die verborgenen Schauplätze der Wirklichkeit“
Zwischenräumlich denken und (er)leben
https://zwischenraeume-konkret.blogspot.com/

Kinseher Richard
Kinseher Richard
1 Jahr zuvor

@Maria Reinecke
Nahtod-Erlebnisse(NTEs) sind Tatsachen – deren Existenz abzustreiten keinen Sinn macht. Es gibt mittlerweile online-Bibliotheken mit Tausenden davon (z.B. bei NDERF IANDS).
NTE ist ein Sammelbegriff für solche Erlebnisse, wo eine bestimmte einheitliche Struktur und bestimmte Inhalte deutlich erkennbar sind. Inhalte/Strukturen von NTEs sind schon z.B. 1975 im Buch ´Life after Life / Leben nach dem Tod´ – von Dr Raymond Moody – vorgestellt worden. (Mit dem Vorhandensein von einheitlichen Inhalten / Strukturen kann man NTEs von uneinheitlichen Halluzinationen deutlich abgrenzen, unterscheiden).
Der Begriff ´Nahtod-´ ist aber schon seit 2300 Jahren sinnlos – denn Epikur meinte – dass der Tod für uns keine Bedeutung hat, denn solange wir existieren – ist der Tod nicht da und wenn der Tod da ist – haben wir aufgehört zu existieren.
NTEs haben nichts mit Sterben, Tod bzw. Lebensbedrohung zu tun – auch wenn dieser Unsinn immer wieder verbreitet wird. Es ist bekannt, dass von Inhalt/Struktur gleichartige NTEs von Menschen sowohl in a) NICHT-lebensbedrohenden Situationen, wie auch in b) lebensbedrohenden Situationen auftreten können.

Ich habe seit 2006 ein komplettes Erklärungsmodell für NTEs erstellt und veröffentlicht – wo NTEs als Ergebnis eines einfachen Erinnerungsvorgangs erklärt werden. Der Begriff ´Philosophie´ bedeutet ´Liebe zur Weisheit´. D.h. mein NTE-Erklärungsmodell trotz Wissens zu ignorieren ist keine angemessene Reaktion für Philosophen.
Weise wäre es, mein NTE-Erklärungsmodell ernsthaft zu diskutieren und es mit Argumenten entweder A) zu bestätigen oder B) zu widerlegen.