Glücksmomente

Glücksmomente

Glücksmomente – der flüchtige Stoff

Verweile doch, Du bist so schön!

Als „Jäger des verlorenen Schatzes“ möchte ich mich hier auf die Suche nach diesen nach diesen Kostbarkeiten machen, die Glücksmomente zu finden und zu behalten. Die Menschheit ist wahrscheinlich schon immer auf der Suche nach diesem sehr flüchtigen Stoff gewesen. Die oder der eine oder andere hat auch das Glück vielleicht auch schon einmal in irgendeiner Form finden und für eine zeitlang behalten dürfen. Wobei die Meinungen zu dem, was Glück eigentlich ist, unter Umständen auch sehr weit auseinander gehen dürften. Aber auf einem gemeinsamen Nenner könnte man sich vielleicht einigen. Dieses einzigartige Gefühl oder dieser wunderbare Zustand ist manchmal nicht von langer Dauer.

Glück kann aber nur als intrinsischer Zustand gesehen werden, der nicht durch extrinsische Manipulationen erreicht werden kann. Im Gegenteil je stärker wir versuchen das Glück zu forcieren und zu intensivieren, umso mehr entgleitet es uns, da es wertlos und inflationär wird. Wenn ich es  einmal bildlich ausdrücken darf. Das Glück ist wie ein Schmetterling, dessen zarter Schönheit wir uns kurzzeitig erfreuen dürfen, wenn er vorbei fliegt. Versuchen wir aber ihn zu fangen und festzuhalten, zerbricht er in unseren Händen.

Der deutsche Barde Herbert Grönemeyer hat es in seinem Lied „Sekundenglück“ sehr trefflich beschrieben:

Und du denkst, dein Herz schwappt dir über
Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt
Es sind die einzigartigen Tausendstel-Momente
Das ist, was man Sekundenglück nennt
(Quelle:LyricFind, Songwriter: Herbert Grönemeyer, Songtext von Sekundenglück © Kobalt Music Publishing Ltd.)

Glücksmomente als Leerstelle

Glücksmomente in der Rückschau sind wie die verblassende Schwarz-Weiß-Aufnahme der Erstkommunion. Man weiß, dass man an dem dargestellten Ort war und die abgebildete Person auf dem Bild darstellen soll. Nur fällt es einem immer schwerer sich daran zu erinnern. Und das muss kein beginnender Alzheimer sein. Noch schmerzlicher allerdings ist eine andere Erfahrung. Man stellt erst fest, welches Glück man hatte, wenn es nicht mehr da ist.

„Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens was Glück war.“(Francoise Sagan, französische Schriftstellerin (1935 – 2004)

Glücksmomente und Zeit

An dieser Frage haben sich auch schon zahlreiche Philosophen aus den verschiedensten Epochen mit den unterschiedlichsten Ergebnissen abgearbeitet. Einen Ansatz des deutschen Philosophen Dieter Birnbacher zum Thema Glücksmomente fand ich sehr intersessant. Birnbacher unterscheidet zum Beispiel in seinem Essay „Philosophie des Glücks“ zwei Arten des Glücks : das episodische versus das periodische Glück.

Glücksmomente als Episode

Das episodische Glück sieht er als einen inneren Zustand, der eine bestimmte Zeit andauert und sich während dieser Zeit mehr oder weniger konstant hält. Es soll einem als akutes Glücksgefühl oder in der Form der Hingabe begegnen. Als akutes Glücksgefühl (Euphorie) kann man vielleicht das Verliebtsein beschreiben. Das Glück in der Hingabe (Versunkenheit) kann man am besten anhand einer Lieblingsbeschäftigung beschreiben. Wenn man mit einer Sache so beschäftigt ist, dass man hierbei die Zeit vergisst. Wie zum Beispiel gerade das Schreiben dieses Posts ;-). Beide Formen rechnet er aber der Kategorie der Empfindungen und Stimmungen zu.

Glücksmomente als Periode

Ganz anders verhält es sich nach seiner Sicht mit dem periodischen Glück. „Bei diesem handelt es sich nicht um Zustände, sondern um Urteile, nämlich um Urteile über die Gesamtqualität unterschiedlich ausgedehnter Perioden des eigenen oder eines fremden Lebens.“ Das bedeutet, dass man nur in der Rückschau auf das vergangene Leben erkennen kann, wie glücklich oder unglücklich man war. Dies hat laut Birnbacher weitreichende Folgen.

Periodische und insbesondere „übergreifende“ Selbst- und Fremdzuschreibungen von Glück oder Unglück sind in viel höherem Maße als Urteile über aktuelle Empfindungen und Stimmungen kognitiven und affektiven Verzerrungstendenzen ausgesetzt: der illusionären „Verklärung“ der Vergangenheit, der Verdrängung unangenehmer oder peinlicher Vorkommnisse, der depressiven Verdüsterung der Erinnerungen oder schlicht der Überbewertung der jeweils letzten und deshalb am lebendigsten haften gebliebenen Phase.(Quelle: https://www.information-philosophie.de/?a=1&t=218&n=2&y=1&c=1, Birnbacher, Dieter: Philosophie des Glücks)

Glücksmomente als Dilemma

Wenn man diesem Konzept von Glück Folge leisten möchte, hätte dies aus meiner Sicht zwei Konsequenzen:

  1. Das episodische Glück ist nur von kurzer Dauer, also zeitlich begrenzt. Dafür ist wird es als echt und wahr empfunden.
  2. Das periodische Glück dauert zwar länger, kann aber erst in der Rückschau gesehen werden. Also kann es einer illusionären Verklärung unterliegen.

Also kann man hier von einem klassischen Dilemma sprechen. Möchte ich das „echte und wahre“ Glück erleben, bin ich auf den Moment verdammt. Der ist aber – verdammt nochmal – viel zu schnell vorbei. Manchmal so schnell, dass ich es gar nicht mitbekommen habe. Möchte ich dem Glücksmoment eine größere Verweildauer geben, bin ich auf die Rückschau angewiesen und muss dem vergangenen Moment eine nachträgliche Bedeutung geben.

Manchmal ist weniger mehr!

Es drängt sich hier die Frage auf, ob es vielleicht auch nur an einer Überbewertung der Glücksmomente liegen könnte. Erleuchtend ist an dieser Stelle auch einmal ein kleiner Blick über den Tellerrand in die Hirnforschung. Hier wird im Oberstübchen untersucht, wie das mit dem Glück geregelt wird.

Aus Sicht der Hirnforschung hängt das Erleben von Glücksgefühlen sehr eng mit den Begriffen Motivation und Belohnung zusammen. […] Um das Glücks- und Belohnungssystem des Gehirns zu stimulieren, müssen wir keine große Erfindungen machen oder bedeutende Kunstwerke schaffen. Es reichen kleine, alltägliche Erfolgserlebnisse die uns ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit bescheren.(Interview mit dem Neurologen Christof Kessler in https://kurier.at/leben/die-tipps-eines-gehirnforschers-wie-man-das-glueck-trainieren-kann/290.669.482, der sich in seinem neuen Buch mit „Glücksgefühle“beschäftigt)

Nicht die ewige Suche nach den großen und größeren Glücksmomenten bringt also innere Zufriedenheit und periodisches Glück. Diese episodischen Glücksmomente werden inflationär und müssen ständig gesteigert werden. Dies kommt wohl echten Tantalos-Qualen nahe: ständiges Essen und nicht satt werden, Trinken und immer Durst haben. Vielleicht wäre eine neue Form des Hedonismuses hier ganz hilfreich. Aber dazu mehr im nächsten Post „Genusstraining„.

Ich bin immer mit meiner „Diogenes-Lampe“ unterwegs, um Menschen zu finden, die sich auch nach ein wenig „Licht der Erkenntnis“ sehnen. Also wenn Ihr eigene Beiträge oder Posts für meinen Wissenschaft-/Philosophie-Blog habt, immer her damit. Sie werden mit Eurem Namen als Autor auf meiner Seite veröffentlicht, so lange sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Denn nur geteiltes Wissen ist vermehrtes Wissen.
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15 Comments
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Thomas
Thomas
1 Jahr zuvor

Der Mensch ist schon immer auf der Suche nach dem Glück und hat es bisher scheinbar nie gefunden. Was ist dieses Glück? Wenn Umfragen gemacht werden, was die Menschen glücklich macht, erhält man als Antwort: z.B. Freunde treffen, anderen helfen, die Sonne genießen, Freiheit, den richtigen Partner finden, ein gutes Essen, die Familie, sich Gesund fühlen, das Lachen nicht verlieren, Sport machen, ausschlafen, … und Millionen andere Dinge. Um herauszufinden, was Glück ist, muss man erkennen, was all diesen genannten und ungenannten Dingen gemeinsam ist. Es sind alles Ziele! (Ein Ziel ist: ein angestrebter Zustand) Genauer, es ist immer das eigene Ziel der Person, die die Antwort in der Umfrage gibt. Jede Person nennt bei den Umfragen seine eigenen Zielen mit denen er glücklich wird. Nur die eigenen Ziele, die man hat führen letztendlich zum Glück. Und wann tritt der Glücksmoment ein? Genau in dem Moment, in dem das angestrebte eigene Ziel erreicht wird. Der 100m Läufer reißt genau in dem Moment die Arme nach oben, wo er die Ziellinie überquert. Wie macht sich der Glücksmoment bemerkbar? Er macht sich im Körper durch die Ausschüttung körpereigener Stoffe bemerkbar und äußerlich durch Handlungen die für Freude stehen. Die Person lacht, hat Freudentränen in den Augen, reißt die Arme in die Höhe, klatscht in die Hände, teilt jedem seine Freude mit, … oder freut sich einfach nur innerlich. Es ist also eine sehr persönliche Angelegenheit, wie sich die Person selbst belohnt. Damit haben wir alle Bestandteile, die alle Glücksmomente vollständig charakterisieren und können damit eine Definition formulieren, die alles enthält, was zum glücklich werden notwendig ist. Glück ist: „Die persönliche Belohnung für das Erreichen eines eigenen Ziels“.

Philo Sophies
11 Monate zuvor

Dear D.P.,

thank you very much for your comment and justified hint.

I see it the same way as you do, I have already written in more detail in the answer to Mango-Bob’s comment that „chasing happiness is pretty counterproductive“. On the contrary it does more harm than good.

I just find „‚efficiently aligning with absolute value‘ is pretty solid and virtuous as a goal“ a bit problematic, since the point is to find that „absolute value“ in one’s life, since it also has a lot to do with „personal values“ that each person has to find individually. I always get a bit puzzled by the term „absolute“ ;-).

And in my opinion, there is no „constant thing“ when it comes to happiness, which is why Dieter Birnbacher also distinguishes between periodic and episodic happiness in his book „Philosophy of Happiness“. Here, however, a dilemma arises:

„1. Episodic happiness is only of short duration, i.e. limited in time. In return, it is perceived as real and true.

periodic happiness lasts longer, but can only be seen in retrospect. So it can be subject to illusionary transfiguration. (https://philosophies.de/index.php/2020/09/04/gluecksmomente/)

„You find it by living well and meaningfully.“, yo, I’ll go with that, „The meaning of life is to live life 😉

In this sense I wish you many more „moments of happiness“ and
many greetings

Philo Sophies